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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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Macht anzeigen würde, kann am wenigsten gegen Denk-
mähler zugegeben werden.

Schon im folgenden Jahr erscheinen diese Städte
wieder mit den Volskern verbunden, da ein römisches
Heer durch die Unvorsichtigkeit seiner Anführer großen
Verlust erlitten hatte: die Pränestiner aber als der Mit-
telpunkt anderer Latiner. Die Niederlage rächte die Re-
publik im nächsten Feldzuge durch Verheerung des Vols-
kerlands, und nachher (378) noch glücklicher durch einen
Sieg bey Satricum, worauf die Latiner -- auch hier
darf man nur an Pränestiner und Veliterner denken --
diese Stadt bey ihrem Rückzuge verbrannten; Antium
aber, von ihnen verlassen, sich Rom unterworfen haben
soll. Dies ist wieder ein mehr als zweifelhafter Be-
richt, oder die Befreyung wäre verschwiegen; ein Ereigniß
welches bey einer sehr festen Stadt, welche Rom sicher
nicht ohne Besatzung gelassen hätte, von einem fühlba-
ren Verlust unzertrennlich war; denn Antiums völlige
Unabhängigkeit ist in der Folge der Geschichte sonnen-
klar, ohne auch nur die leiseste Erwähnung einer vor-
übergehenden Abhängigkeit. Oftmals, von den Jahren
384 bis 388, wird von der Belagerung von Veliträ ge-
redet, bey dem letzten Jahr als von einer zwar lang-
wierigen, doch in ihrem Ausgang sichern Unterneh-
mung 94): dennoch ist auch diese Stadt zuverlässig nicht
erobert worden, wie Livius durch jene Wendung anzu-
deuten wünschte, zu erzählen nicht wagte: Plutarch aber
scheut sich nicht die Einnahme von Veliträ als die letzte

94) Livius VI. c. 42.
Zweiter Theil. U

Macht anzeigen wuͤrde, kann am wenigſten gegen Denk-
maͤhler zugegeben werden.

Schon im folgenden Jahr erſcheinen dieſe Staͤdte
wieder mit den Volskern verbunden, da ein roͤmiſches
Heer durch die Unvorſichtigkeit ſeiner Anfuͤhrer großen
Verluſt erlitten hatte: die Praͤneſtiner aber als der Mit-
telpunkt anderer Latiner. Die Niederlage raͤchte die Re-
publik im naͤchſten Feldzuge durch Verheerung des Vols-
kerlands, und nachher (378) noch gluͤcklicher durch einen
Sieg bey Satricum, worauf die Latiner — auch hier
darf man nur an Praͤneſtiner und Veliterner denken —
dieſe Stadt bey ihrem Ruͤckzuge verbrannten; Antium
aber, von ihnen verlaſſen, ſich Rom unterworfen haben
ſoll. Dies iſt wieder ein mehr als zweifelhafter Be-
richt, oder die Befreyung waͤre verſchwiegen; ein Ereigniß
welches bey einer ſehr feſten Stadt, welche Rom ſicher
nicht ohne Beſatzung gelaſſen haͤtte, von einem fuͤhlba-
ren Verluſt unzertrennlich war; denn Antiums voͤllige
Unabhaͤngigkeit iſt in der Folge der Geſchichte ſonnen-
klar, ohne auch nur die leiſeſte Erwaͤhnung einer vor-
uͤbergehenden Abhaͤngigkeit. Oftmals, von den Jahren
384 bis 388, wird von der Belagerung von Velitraͤ ge-
redet, bey dem letzten Jahr als von einer zwar lang-
wierigen, doch in ihrem Ausgang ſichern Unterneh-
mung 94): dennoch iſt auch dieſe Stadt zuverlaͤſſig nicht
erobert worden, wie Livius durch jene Wendung anzu-
deuten wuͤnſchte, zu erzaͤhlen nicht wagte: Plutarch aber
ſcheut ſich nicht die Einnahme von Velitraͤ als die letzte

94) Livius VI. c. 42.
Zweiter Theil. U
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[305/0321] Macht anzeigen wuͤrde, kann am wenigſten gegen Denk- maͤhler zugegeben werden. Schon im folgenden Jahr erſcheinen dieſe Staͤdte wieder mit den Volskern verbunden, da ein roͤmiſches Heer durch die Unvorſichtigkeit ſeiner Anfuͤhrer großen Verluſt erlitten hatte: die Praͤneſtiner aber als der Mit- telpunkt anderer Latiner. Die Niederlage raͤchte die Re- publik im naͤchſten Feldzuge durch Verheerung des Vols- kerlands, und nachher (378) noch gluͤcklicher durch einen Sieg bey Satricum, worauf die Latiner — auch hier darf man nur an Praͤneſtiner und Veliterner denken — dieſe Stadt bey ihrem Ruͤckzuge verbrannten; Antium aber, von ihnen verlaſſen, ſich Rom unterworfen haben ſoll. Dies iſt wieder ein mehr als zweifelhafter Be- richt, oder die Befreyung waͤre verſchwiegen; ein Ereigniß welches bey einer ſehr feſten Stadt, welche Rom ſicher nicht ohne Beſatzung gelaſſen haͤtte, von einem fuͤhlba- ren Verluſt unzertrennlich war; denn Antiums voͤllige Unabhaͤngigkeit iſt in der Folge der Geſchichte ſonnen- klar, ohne auch nur die leiſeſte Erwaͤhnung einer vor- uͤbergehenden Abhaͤngigkeit. Oftmals, von den Jahren 384 bis 388, wird von der Belagerung von Velitraͤ ge- redet, bey dem letzten Jahr als von einer zwar lang- wierigen, doch in ihrem Ausgang ſichern Unterneh- mung 94): dennoch iſt auch dieſe Stadt zuverlaͤſſig nicht erobert worden, wie Livius durch jene Wendung anzu- deuten wuͤnſchte, zu erzaͤhlen nicht wagte: Plutarch aber ſcheut ſich nicht die Einnahme von Velitraͤ als die letzte 94) Livius VI. c. 42. Zweiter Theil. U

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/321>, abgerufen am 22.11.2024.