Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

der durch innere Unruhen zerrütteten Stadt. Schmach
und Gefahr weckten die Republik, wie immer: und das
Andenken eines Triumphs und ein Denkmahl auf dem
Capitol ließen an der Wahrhaftigkeit der Annalen nicht
zweifeln, wenn sie erzählten daß der kurze Feldzug des
T. Quinctius Cincinnatus glänzend gewesen sey, wel-
cher am zwanzigsten Tage nach seiner Ernennung, wie
sein Ahnherr, die Dictatur niederlegte. Freylich ist eine
Schlacht am Allia zwischen Römern und Pränestinern
unwahrscheinlich: doch ein goldner Kranz vom Gewicht
von zwey und einem Drittheil Pfund den Cincius selbst
auf dem Capitol gesehen zu haben scheint, mit seiner
Inschrift 93), und die Statue des Jupiter Imperator
bezeugten daß Präneste seine Thore geöffnet habe, nach-
dem acht unterthänige Städte in neun Tagen mit Ge-
walt eingenommen waren. Das Stillschweigen der In-
schrift über Veliträ widerlegt Livius, der auch diese Stadt
zu den Eroberungen des Dictators rechnet. Auffallend
ist es freylich daß Präneste schon im folgenden Jahr
Kraft hatte den Krieg zu erneuern, und seine Unabhän-
gigkeit noch beynahe vierzig Jahre lang behauptete: doch
jener Denkmähler Zeugniß darf nicht bestritten werden.
Unterwerfung mag genannt seyn was ein unrühmlicher
Friede war, dessen Schande ihn bey günstiger Gelegen-
heit zu brechen reizte, aber daß eine rebellische römische
Colonie erobert und doch mit solcher Milde behandelt
wäre, wie Veliträs bald aufs neue gegen Rom gewandte

Macht
93) Festus s. v. trientem tertium.

der durch innere Unruhen zerruͤtteten Stadt. Schmach
und Gefahr weckten die Republik, wie immer: und das
Andenken eines Triumphs und ein Denkmahl auf dem
Capitol ließen an der Wahrhaftigkeit der Annalen nicht
zweifeln, wenn ſie erzaͤhlten daß der kurze Feldzug des
T. Quinctius Cincinnatus glaͤnzend geweſen ſey, wel-
cher am zwanzigſten Tage nach ſeiner Ernennung, wie
ſein Ahnherr, die Dictatur niederlegte. Freylich iſt eine
Schlacht am Allia zwiſchen Roͤmern und Praͤneſtinern
unwahrſcheinlich: doch ein goldner Kranz vom Gewicht
von zwey und einem Drittheil Pfund den Cincius ſelbſt
auf dem Capitol geſehen zu haben ſcheint, mit ſeiner
Inſchrift 93), und die Statue des Jupiter Imperator
bezeugten daß Praͤneſte ſeine Thore geoͤffnet habe, nach-
dem acht unterthaͤnige Staͤdte in neun Tagen mit Ge-
walt eingenommen waren. Das Stillſchweigen der In-
ſchrift uͤber Velitraͤ widerlegt Livius, der auch dieſe Stadt
zu den Eroberungen des Dictators rechnet. Auffallend
iſt es freylich daß Praͤneſte ſchon im folgenden Jahr
Kraft hatte den Krieg zu erneuern, und ſeine Unabhaͤn-
gigkeit noch beynahe vierzig Jahre lang behauptete: doch
jener Denkmaͤhler Zeugniß darf nicht beſtritten werden.
Unterwerfung mag genannt ſeyn was ein unruͤhmlicher
Friede war, deſſen Schande ihn bey guͤnſtiger Gelegen-
heit zu brechen reizte, aber daß eine rebelliſche roͤmiſche
Colonie erobert und doch mit ſolcher Milde behandelt
waͤre, wie Velitraͤs bald aufs neue gegen Rom gewandte

Macht
93) Feſtus s. v. trientem tertium.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0320" n="304"/>
der durch innere Unruhen zerru&#x0364;tteten Stadt. Schmach<lb/>
und Gefahr weckten die Republik, wie immer: und das<lb/>
Andenken eines Triumphs und ein Denkmahl auf dem<lb/>
Capitol ließen an der Wahrhaftigkeit der Annalen nicht<lb/>
zweifeln, wenn &#x017F;ie erza&#x0364;hlten daß der kurze Feldzug des<lb/>
T. Quinctius Cincinnatus gla&#x0364;nzend gewe&#x017F;en &#x017F;ey, wel-<lb/>
cher am zwanzig&#x017F;ten Tage nach &#x017F;einer Ernennung, wie<lb/>
&#x017F;ein Ahnherr, die Dictatur niederlegte. Freylich i&#x017F;t eine<lb/>
Schlacht am Allia zwi&#x017F;chen Ro&#x0364;mern und Pra&#x0364;ne&#x017F;tinern<lb/>
unwahr&#x017F;cheinlich: doch ein goldner Kranz vom Gewicht<lb/>
von zwey und einem Drittheil Pfund den Cincius &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
auf dem Capitol ge&#x017F;ehen zu haben &#x017F;cheint, mit &#x017F;einer<lb/>
In&#x017F;chrift <note place="foot" n="93)">Fe&#x017F;tus <hi rendition="#aq">s. v. trientem tertium.</hi></note>, und die Statue des Jupiter Imperator<lb/>
bezeugten daß Pra&#x0364;ne&#x017F;te &#x017F;eine Thore geo&#x0364;ffnet habe, nach-<lb/>
dem acht untertha&#x0364;nige Sta&#x0364;dte in neun Tagen mit Ge-<lb/>
walt eingenommen waren. Das Still&#x017F;chweigen der In-<lb/>
&#x017F;chrift u&#x0364;ber Velitra&#x0364; widerlegt Livius, der auch die&#x017F;e Stadt<lb/>
zu den Eroberungen des Dictators rechnet. Auffallend<lb/>
i&#x017F;t es freylich daß Pra&#x0364;ne&#x017F;te &#x017F;chon im folgenden Jahr<lb/>
Kraft hatte den Krieg zu erneuern, und &#x017F;eine Unabha&#x0364;n-<lb/>
gigkeit noch beynahe vierzig Jahre lang behauptete: doch<lb/>
jener Denkma&#x0364;hler Zeugniß darf nicht be&#x017F;tritten werden.<lb/>
Unterwerfung mag genannt &#x017F;eyn was ein unru&#x0364;hmlicher<lb/>
Friede war, de&#x017F;&#x017F;en Schande ihn bey gu&#x0364;n&#x017F;tiger Gelegen-<lb/>
heit zu brechen reizte, aber daß eine rebelli&#x017F;che ro&#x0364;mi&#x017F;che<lb/>
Colonie erobert und doch mit &#x017F;olcher Milde behandelt<lb/>
wa&#x0364;re, wie Velitra&#x0364;s bald aufs neue gegen Rom gewandte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Macht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[304/0320] der durch innere Unruhen zerruͤtteten Stadt. Schmach und Gefahr weckten die Republik, wie immer: und das Andenken eines Triumphs und ein Denkmahl auf dem Capitol ließen an der Wahrhaftigkeit der Annalen nicht zweifeln, wenn ſie erzaͤhlten daß der kurze Feldzug des T. Quinctius Cincinnatus glaͤnzend geweſen ſey, wel- cher am zwanzigſten Tage nach ſeiner Ernennung, wie ſein Ahnherr, die Dictatur niederlegte. Freylich iſt eine Schlacht am Allia zwiſchen Roͤmern und Praͤneſtinern unwahrſcheinlich: doch ein goldner Kranz vom Gewicht von zwey und einem Drittheil Pfund den Cincius ſelbſt auf dem Capitol geſehen zu haben ſcheint, mit ſeiner Inſchrift 93), und die Statue des Jupiter Imperator bezeugten daß Praͤneſte ſeine Thore geoͤffnet habe, nach- dem acht unterthaͤnige Staͤdte in neun Tagen mit Ge- walt eingenommen waren. Das Stillſchweigen der In- ſchrift uͤber Velitraͤ widerlegt Livius, der auch dieſe Stadt zu den Eroberungen des Dictators rechnet. Auffallend iſt es freylich daß Praͤneſte ſchon im folgenden Jahr Kraft hatte den Krieg zu erneuern, und ſeine Unabhaͤn- gigkeit noch beynahe vierzig Jahre lang behauptete: doch jener Denkmaͤhler Zeugniß darf nicht beſtritten werden. Unterwerfung mag genannt ſeyn was ein unruͤhmlicher Friede war, deſſen Schande ihn bey guͤnſtiger Gelegen- heit zu brechen reizte, aber daß eine rebelliſche roͤmiſche Colonie erobert und doch mit ſolcher Milde behandelt waͤre, wie Velitraͤs bald aufs neue gegen Rom gewandte Macht 93) Feſtus s. v. trientem tertium.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/320
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/320>, abgerufen am 22.11.2024.