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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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Geschlechtern genannt. Freylich aber ist diese Anklage
der Tribunen nicht von allen Annalen erzählt geworden:
eine andere Sage, deren Livius selbst gedenkt, meldete,
er sey von Duumvirn, erwählten Richtern über Hoch-
verrath, zum Tode verurtheilt, und vor diesen klag-
ten gewiß die Volkstribunen nicht an. Dio Cassius
freylich 23) hat die Geschichte einer Empörung der fre-
velhaftesten Art erzählt. Nach ihm hatte Manlius mit
seinen Anhängern das Capitol eingenommen: Camillus
war zum Dictator ernannt, und der Bürgerkrieg herrschte
in der Stadt. Unter dem Vorwand daß er der Bote
einer Verschwörung seiner Mitbrüder sey welche um den
Preis der Freyheit ihre Hülfe anböten, wäre ein Sklav
auf dem Capitol zugelassen, hätte Manlius in einer vor-
geblichen geheimen Unterredung an dem Rand des Hü-
gels hin geführt, bis zu einer Stelle wo am Fuß Sol-
daten verborgen gewesen wären, und hier habe er ihn
hinuntergestoßen. Camillus habe den Gefangenen vor
Gericht gestellt. In dieser Erzählung steht Dio ganz
allein: und sie ist um so auffallender da Livius, nach
seiner Versicherung, beweisende Umstände der Schuld
des Manlius, die ihm freylich deswegen nicht zweifel-
haft wird, in allen Annalen vergebens gesucht hatte,
also nirgends etwas gefunden haben kann was der Er-
zählung des Dio ähnlich war. Nach Livius war auch
kein Dictator ernannt, sondern den Proconsulartribu-

23) Fragm, XXXI. ed. Reim. besonders aber sein Epitoma-
tor Zonaras VII. c. 24., durch den jenes Fragment erst
verständlich wird.

Geſchlechtern genannt. Freylich aber iſt dieſe Anklage
der Tribunen nicht von allen Annalen erzaͤhlt geworden:
eine andere Sage, deren Livius ſelbſt gedenkt, meldete,
er ſey von Duumvirn, erwaͤhlten Richtern uͤber Hoch-
verrath, zum Tode verurtheilt, und vor dieſen klag-
ten gewiß die Volkstribunen nicht an. Dio Caſſius
freylich 23) hat die Geſchichte einer Empoͤrung der fre-
velhafteſten Art erzaͤhlt. Nach ihm hatte Manlius mit
ſeinen Anhaͤngern das Capitol eingenommen: Camillus
war zum Dictator ernannt, und der Buͤrgerkrieg herrſchte
in der Stadt. Unter dem Vorwand daß er der Bote
einer Verſchwoͤrung ſeiner Mitbruͤder ſey welche um den
Preis der Freyheit ihre Huͤlfe anboͤten, waͤre ein Sklav
auf dem Capitol zugelaſſen, haͤtte Manlius in einer vor-
geblichen geheimen Unterredung an dem Rand des Huͤ-
gels hin gefuͤhrt, bis zu einer Stelle wo am Fuß Sol-
daten verborgen geweſen waͤren, und hier habe er ihn
hinuntergeſtoßen. Camillus habe den Gefangenen vor
Gericht geſtellt. In dieſer Erzaͤhlung ſteht Dio ganz
allein: und ſie iſt um ſo auffallender da Livius, nach
ſeiner Verſicherung, beweiſende Umſtaͤnde der Schuld
des Manlius, die ihm freylich deswegen nicht zweifel-
haft wird, in allen Annalen vergebens geſucht hatte,
alſo nirgends etwas gefunden haben kann was der Er-
zaͤhlung des Dio aͤhnlich war. Nach Livius war auch
kein Dictator ernannt, ſondern den Proconſulartribu-

23) Fragm, XXXI. ed. Reim. beſonders aber ſein Epitoma-
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[327/0343] Geſchlechtern genannt. Freylich aber iſt dieſe Anklage der Tribunen nicht von allen Annalen erzaͤhlt geworden: eine andere Sage, deren Livius ſelbſt gedenkt, meldete, er ſey von Duumvirn, erwaͤhlten Richtern uͤber Hoch- verrath, zum Tode verurtheilt, und vor dieſen klag- ten gewiß die Volkstribunen nicht an. Dio Caſſius freylich 23) hat die Geſchichte einer Empoͤrung der fre- velhafteſten Art erzaͤhlt. Nach ihm hatte Manlius mit ſeinen Anhaͤngern das Capitol eingenommen: Camillus war zum Dictator ernannt, und der Buͤrgerkrieg herrſchte in der Stadt. Unter dem Vorwand daß er der Bote einer Verſchwoͤrung ſeiner Mitbruͤder ſey welche um den Preis der Freyheit ihre Huͤlfe anboͤten, waͤre ein Sklav auf dem Capitol zugelaſſen, haͤtte Manlius in einer vor- geblichen geheimen Unterredung an dem Rand des Huͤ- gels hin gefuͤhrt, bis zu einer Stelle wo am Fuß Sol- daten verborgen geweſen waͤren, und hier habe er ihn hinuntergeſtoßen. Camillus habe den Gefangenen vor Gericht geſtellt. In dieſer Erzaͤhlung ſteht Dio ganz allein: und ſie iſt um ſo auffallender da Livius, nach ſeiner Verſicherung, beweiſende Umſtaͤnde der Schuld des Manlius, die ihm freylich deswegen nicht zweifel- haft wird, in allen Annalen vergebens geſucht hatte, alſo nirgends etwas gefunden haben kann was der Er- zaͤhlung des Dio aͤhnlich war. Nach Livius war auch kein Dictator ernannt, ſondern den Proconſulartribu- 23) Fragm, XXXI. ed. Reim. beſonders aber ſein Epitoma- tor Zonaras VII. c. 24., durch den jenes Fragment erſt verſtaͤndlich wird.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/343>, abgerufen am 22.11.2024.