Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

pian 81) wurden die Bürger vom Staat aufgefordert
die wüsten Strecken zur Benutzung in Besitz zu nehmen.
Von welcher Magistratur das Edict ausging, und welche
Ordnung Gewaltthätigkeiten und Verwirrung hinderte,
meldet er nicht. So gering Appians Werth sonst im Gan-
zen ist, so vorzüglich ist die allgemeine Darstellung der
rechtlichen Verhältnisse welche er vor der Geschichte der
gracchischen Unruhen giebt: ich glaube daß man ohne
einigen Zweifel annehmen kann, er folge, hier und im
ganzen ersten Buch von den bürgerlichen Unruhen, dem
im Alterthum sehr hochgeachteten Posidonius von Apa-
mea, welcher Polybius Geschichte mit seinem Geist und
seiner Einsicht fortsetzte.

Dieser Besitz war der Uebertragung durch Schen-
kung, Verkauf, Vererbung fähig 82); wodurch aber,
wie bemerkt ist, niemals durch Usucapion Eigenthum
entstehen konnte. Dieses blieb dem Staat, bis er es
förmlich übertrug, mit uneingeschränkter Befugniß den
immer precaren Besitz aufzuheben, und die erledigten
Grundstücke zu verkaufen oder zu assigniren. Der Un-
terthan der das eingeräumte Land seiner Vorfahren
baute, konnte nicht murren wenn die Republik für gut

81) Appian de bell. civil. I. p. 353. ed. Steph.
82) S. die schon angeführten Stellen aus Cicero de off. II.
c.
22. 23. Ferner Appian de bell. civil. I. p. 355. A. B.
ed. Steph.
Florus III. c. 13. Relictas sibi a majoribus
sedes, aetate, quasi jure hereditario possidebant.
Paulus
l. 11. D. de eviction.

pian 81) wurden die Buͤrger vom Staat aufgefordert
die wuͤſten Strecken zur Benutzung in Beſitz zu nehmen.
Von welcher Magiſtratur das Edict ausging, und welche
Ordnung Gewaltthaͤtigkeiten und Verwirrung hinderte,
meldet er nicht. So gering Appians Werth ſonſt im Gan-
zen iſt, ſo vorzuͤglich iſt die allgemeine Darſtellung der
rechtlichen Verhaͤltniſſe welche er vor der Geſchichte der
gracchiſchen Unruhen giebt: ich glaube daß man ohne
einigen Zweifel annehmen kann, er folge, hier und im
ganzen erſten Buch von den buͤrgerlichen Unruhen, dem
im Alterthum ſehr hochgeachteten Poſidonius von Apa-
mea, welcher Polybius Geſchichte mit ſeinem Geiſt und
ſeiner Einſicht fortſetzte.

Dieſer Beſitz war der Uebertragung durch Schen-
kung, Verkauf, Vererbung faͤhig 82); wodurch aber,
wie bemerkt iſt, niemals durch Uſucapion Eigenthum
entſtehen konnte. Dieſes blieb dem Staat, bis er es
foͤrmlich uͤbertrug, mit uneingeſchraͤnkter Befugniß den
immer precaren Beſitz aufzuheben, und die erledigten
Grundſtuͤcke zu verkaufen oder zu aſſigniren. Der Un-
terthan der das eingeraͤumte Land ſeiner Vorfahren
baute, konnte nicht murren wenn die Republik fuͤr gut

81) Appian de bell. civil. I. p. 353. ed. Steph.
82) S. die ſchon angefuͤhrten Stellen aus Cicero de off. II.
c.
22. 23. Ferner Appian de bell. civil. I. p. 355. A. B.
ed. Steph.
Florus III. c. 13. Relictas sibi a majoribus
sedes, ætate, quasi jure hereditario possidebant.
Paulus
l. 11. D. de eviction.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0382" n="366"/>
pian <note place="foot" n="81)">Appian <hi rendition="#aq">de bell. civil. I. p. 353. ed. Steph.</hi></note> wurden die Bu&#x0364;rger vom Staat aufgefordert<lb/>
die wu&#x0364;&#x017F;ten Strecken zur Benutzung in Be&#x017F;itz zu nehmen.<lb/>
Von welcher Magi&#x017F;tratur das Edict ausging, und welche<lb/>
Ordnung Gewalttha&#x0364;tigkeiten und Verwirrung hinderte,<lb/>
meldet er nicht. So gering Appians Werth &#x017F;on&#x017F;t im Gan-<lb/>
zen i&#x017F;t, &#x017F;o vorzu&#x0364;glich i&#x017F;t die allgemeine Dar&#x017F;tellung der<lb/>
rechtlichen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e welche er vor der Ge&#x017F;chichte der<lb/>
gracchi&#x017F;chen Unruhen giebt: ich glaube daß man ohne<lb/>
einigen Zweifel annehmen kann, er folge, hier und im<lb/>
ganzen er&#x017F;ten Buch von den bu&#x0364;rgerlichen Unruhen, dem<lb/>
im Alterthum &#x017F;ehr hochgeachteten Po&#x017F;idonius von Apa-<lb/>
mea, welcher Polybius Ge&#x017F;chichte mit &#x017F;einem Gei&#x017F;t und<lb/>
&#x017F;einer Ein&#x017F;icht fort&#x017F;etzte.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er Be&#x017F;itz war der Uebertragung durch Schen-<lb/>
kung, Verkauf, Vererbung fa&#x0364;hig <note place="foot" n="82)">S. die &#x017F;chon angefu&#x0364;hrten Stellen aus Cicero <hi rendition="#aq">de off. II.<lb/>
c.</hi> 22. 23. Ferner Appian <hi rendition="#aq">de bell. civil. I. p. 355. A. B.<lb/>
ed. Steph.</hi> Florus <hi rendition="#aq">III. c. 13. Relictas sibi a majoribus<lb/>
sedes, ætate, quasi jure hereditario possidebant.</hi> Paulus<lb/><hi rendition="#aq">l. 11. D. de eviction.</hi></note>; wodurch aber,<lb/>
wie bemerkt i&#x017F;t, niemals durch U&#x017F;ucapion Eigenthum<lb/>
ent&#x017F;tehen konnte. Die&#x017F;es blieb dem Staat, bis er es<lb/>
fo&#x0364;rmlich u&#x0364;bertrug, mit uneinge&#x017F;chra&#x0364;nkter Befugniß den<lb/>
immer precaren Be&#x017F;itz aufzuheben, und die erledigten<lb/>
Grund&#x017F;tu&#x0364;cke zu verkaufen oder zu a&#x017F;&#x017F;igniren. Der Un-<lb/>
terthan der das eingera&#x0364;umte Land &#x017F;einer Vorfahren<lb/>
baute, konnte nicht murren wenn die Republik fu&#x0364;r gut<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[366/0382] pian 81) wurden die Buͤrger vom Staat aufgefordert die wuͤſten Strecken zur Benutzung in Beſitz zu nehmen. Von welcher Magiſtratur das Edict ausging, und welche Ordnung Gewaltthaͤtigkeiten und Verwirrung hinderte, meldet er nicht. So gering Appians Werth ſonſt im Gan- zen iſt, ſo vorzuͤglich iſt die allgemeine Darſtellung der rechtlichen Verhaͤltniſſe welche er vor der Geſchichte der gracchiſchen Unruhen giebt: ich glaube daß man ohne einigen Zweifel annehmen kann, er folge, hier und im ganzen erſten Buch von den buͤrgerlichen Unruhen, dem im Alterthum ſehr hochgeachteten Poſidonius von Apa- mea, welcher Polybius Geſchichte mit ſeinem Geiſt und ſeiner Einſicht fortſetzte. Dieſer Beſitz war der Uebertragung durch Schen- kung, Verkauf, Vererbung faͤhig 82); wodurch aber, wie bemerkt iſt, niemals durch Uſucapion Eigenthum entſtehen konnte. Dieſes blieb dem Staat, bis er es foͤrmlich uͤbertrug, mit uneingeſchraͤnkter Befugniß den immer precaren Beſitz aufzuheben, und die erledigten Grundſtuͤcke zu verkaufen oder zu aſſigniren. Der Un- terthan der das eingeraͤumte Land ſeiner Vorfahren baute, konnte nicht murren wenn die Republik fuͤr gut 81) Appian de bell. civil. I. p. 353. ed. Steph. 82) S. die ſchon angefuͤhrten Stellen aus Cicero de off. II. c. 22. 23. Ferner Appian de bell. civil. I. p. 355. A. B. ed. Steph. Florus III. c. 13. Relictas sibi a majoribus sedes, ætate, quasi jure hereditario possidebant. Paulus l. 11. D. de eviction.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/382
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/382>, abgerufen am 22.11.2024.