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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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millus, dem der Senat die Wahlen für das nächste Jahr
anvertraute, erreichte den Zweck seiner Faction. Nicht
unbelohnt: denn während ein altes Senatusconsult die
Wiedererwählung curulischer Magistrate verbot, und ob-
gleich die äußerste Schmach unanständiger Herrschsucht
den traf, der für sich selbst Stimmen annahm, so er-
nannte dieser Dictator dennoch sich selbst mit einem patri-
cischen Collegen durch erzwungene Stimmen, und eine so
schamlose Wahl billigten die Patricier wie sie mit äußer-
ster Anstrengung sie unterstützt hatten 1). So hoch ward
sein Verdienst geachtet, so erheuchelt war das Bedürfniß
der Dictatur, daß, als ihm sein College Appius Claudius
starb, nicht allein kein Consul nachgewählt ward, wo ein
Plebejer vielleicht nicht hätte entfernt werden können,
sondern der Senat auch nicht die Ernennung eines Dicta-
tors forderte 2). Das Uebermaaß der Frechheit, im
Lichte des glänzenden plebejischen Consulats des Jahrs
an dessen Schluß diese schmähliche Wahl gehalten war,
erleichterte vielleicht die Behauptung des licinischen Ge-
setzes während drey Jahren: aufs neue ward es verletzt in
den Jahren 410 und 412. Dieses war das letzte Mal.
Unter dreyzehn Consulaten die vom Jahr 400, da das li-
cinische Gesetz zuerst gebrochen ward, bis zu dem genann-
ten sich folgten, waren sieben gesetzwidrig. Rom war
fortwährend in einem Zustand innerer Angst und gewalt-
samer Stöhrung, der um jeden Preis endigen mußte.
Alle Hoffnung war verschwunden daß die Patricier mit
ihren unseligen Quälereyen nachlassen würden. Wie die

1) Livius VII. c. 24.
2) Ders. c. 25.

millus, dem der Senat die Wahlen fuͤr das naͤchſte Jahr
anvertraute, erreichte den Zweck ſeiner Faction. Nicht
unbelohnt: denn waͤhrend ein altes Senatusconſult die
Wiedererwaͤhlung curuliſcher Magiſtrate verbot, und ob-
gleich die aͤußerſte Schmach unanſtaͤndiger Herrſchſucht
den traf, der fuͤr ſich ſelbſt Stimmen annahm, ſo er-
nannte dieſer Dictator dennoch ſich ſelbſt mit einem patri-
ciſchen Collegen durch erzwungene Stimmen, und eine ſo
ſchamloſe Wahl billigten die Patricier wie ſie mit aͤußer-
ſter Anſtrengung ſie unterſtuͤtzt hatten 1). So hoch ward
ſein Verdienſt geachtet, ſo erheuchelt war das Beduͤrfniß
der Dictatur, daß, als ihm ſein College Appius Claudius
ſtarb, nicht allein kein Conſul nachgewaͤhlt ward, wo ein
Plebejer vielleicht nicht haͤtte entfernt werden koͤnnen,
ſondern der Senat auch nicht die Ernennung eines Dicta-
tors forderte 2). Das Uebermaaß der Frechheit, im
Lichte des glaͤnzenden plebejiſchen Conſulats des Jahrs
an deſſen Schluß dieſe ſchmaͤhliche Wahl gehalten war,
erleichterte vielleicht die Behauptung des liciniſchen Ge-
ſetzes waͤhrend drey Jahren: aufs neue ward es verletzt in
den Jahren 410 und 412. Dieſes war das letzte Mal.
Unter dreyzehn Conſulaten die vom Jahr 400, da das li-
ciniſche Geſetz zuerſt gebrochen ward, bis zu dem genann-
ten ſich folgten, waren ſieben geſetzwidrig. Rom war
fortwaͤhrend in einem Zuſtand innerer Angſt und gewalt-
ſamer Stoͤhrung, der um jeden Preis endigen mußte.
Alle Hoffnung war verſchwunden daß die Patricier mit
ihren unſeligen Quaͤlereyen nachlaſſen wuͤrden. Wie die

1) Livius VII. c. 24.
2) Derſ. c. 25.
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[429/0445] millus, dem der Senat die Wahlen fuͤr das naͤchſte Jahr anvertraute, erreichte den Zweck ſeiner Faction. Nicht unbelohnt: denn waͤhrend ein altes Senatusconſult die Wiedererwaͤhlung curuliſcher Magiſtrate verbot, und ob- gleich die aͤußerſte Schmach unanſtaͤndiger Herrſchſucht den traf, der fuͤr ſich ſelbſt Stimmen annahm, ſo er- nannte dieſer Dictator dennoch ſich ſelbſt mit einem patri- ciſchen Collegen durch erzwungene Stimmen, und eine ſo ſchamloſe Wahl billigten die Patricier wie ſie mit aͤußer- ſter Anſtrengung ſie unterſtuͤtzt hatten 1). So hoch ward ſein Verdienſt geachtet, ſo erheuchelt war das Beduͤrfniß der Dictatur, daß, als ihm ſein College Appius Claudius ſtarb, nicht allein kein Conſul nachgewaͤhlt ward, wo ein Plebejer vielleicht nicht haͤtte entfernt werden koͤnnen, ſondern der Senat auch nicht die Ernennung eines Dicta- tors forderte 2). Das Uebermaaß der Frechheit, im Lichte des glaͤnzenden plebejiſchen Conſulats des Jahrs an deſſen Schluß dieſe ſchmaͤhliche Wahl gehalten war, erleichterte vielleicht die Behauptung des liciniſchen Ge- ſetzes waͤhrend drey Jahren: aufs neue ward es verletzt in den Jahren 410 und 412. Dieſes war das letzte Mal. Unter dreyzehn Conſulaten die vom Jahr 400, da das li- ciniſche Geſetz zuerſt gebrochen ward, bis zu dem genann- ten ſich folgten, waren ſieben geſetzwidrig. Rom war fortwaͤhrend in einem Zuſtand innerer Angſt und gewalt- ſamer Stoͤhrung, der um jeden Preis endigen mußte. Alle Hoffnung war verſchwunden daß die Patricier mit ihren unſeligen Quaͤlereyen nachlaſſen wuͤrden. Wie die 1) Livius VII. c. 24. 2) Derſ. c. 25.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/445>, abgerufen am 22.11.2024.