Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

(ob avaritiam prope novissimi octavi saeculi) beweißt
die Aechtheit nach der etruskischen Lehre von den Welt-
altern (Th. I. S. 91.).

Die Schrift welche Rigaltius aus dem Codex Ar-
cerianus
unter dem Titel Aggenus de controversiis
gegeben hat, trägt diesen wohl in der Handschrift: er
aber setzte hinzu Pars altera. Sie ist offenbar unter
Domitian geschrieben, und, wenn auch entstellt, doch
sehr vorzüglich und antik. Nun will ich zwar nicht
läugnen daß ein Aggenus unter Domitian geschrieben
haben könnte, obwohl es befremdet daß es einem so
äußerst tüchtigen Gelehrten wie Rigaltius denkbar schien
daß dieses Fragment, und der elende, des schlechtesten
unter den Glossatoren würdige Commentar, von einem
Verfasser seyn könnten.

Weil aber Frontinus so häufig als Agrimensorischer
Auctor erwähnt wird, -- obwohl ihm, außer zwey Frag-
menten, von denen das eine vorzüglich (p. 215 -- 219)
seiner würdig ist, das übrige alles fälschlich zugeschrieben
wird, -- weil er unter Domitian die Bücher von den Kriegs-
listen schrieb, in denen er von ihm nicht weniger ehrerbie-
tig redet als hier, so halte ich es für höchst wahrschein-
lich daß diese wichtige Schrift von ihm ist. Die Sprache
sogar scheint denselben Verfasser anzudeuten: sie ist noch
nicht schlecht, aber sie hat schon die Schwerfälligkeit welche
in den späteren Jahrhunderten immer herrschender ward.

Die vier Controversen welche gewöhnlich zuerst ge-
nannt werden, de terminorum positione, de rigore,
de fine, de loco,
fehlen: sie lassen sich hingegen größten-

(ob avaritiam prope novissimi octavi sæculi) beweißt
die Aechtheit nach der etruskiſchen Lehre von den Welt-
altern (Th. I. S. 91.).

Die Schrift welche Rigaltius aus dem Codex Ar-
cerianus
unter dem Titel Aggenus de controversiis
gegeben hat, traͤgt dieſen wohl in der Handſchrift: er
aber ſetzte hinzu Pars altera. Sie iſt offenbar unter
Domitian geſchrieben, und, wenn auch entſtellt, doch
ſehr vorzuͤglich und antik. Nun will ich zwar nicht
laͤugnen daß ein Aggenus unter Domitian geſchrieben
haben koͤnnte, obwohl es befremdet daß es einem ſo
aͤußerſt tuͤchtigen Gelehrten wie Rigaltius denkbar ſchien
daß dieſes Fragment, und der elende, des ſchlechteſten
unter den Gloſſatoren wuͤrdige Commentar, von einem
Verfaſſer ſeyn koͤnnten.

Weil aber Frontinus ſo haͤufig als Agrimenſoriſcher
Auctor erwaͤhnt wird, — obwohl ihm, außer zwey Frag-
menten, von denen das eine vorzuͤglich (p. 215 — 219)
ſeiner wuͤrdig iſt, das uͤbrige alles faͤlſchlich zugeſchrieben
wird, — weil er unter Domitian die Buͤcher von den Kriegs-
liſten ſchrieb, in denen er von ihm nicht weniger ehrerbie-
tig redet als hier, ſo halte ich es fuͤr hoͤchſt wahrſchein-
lich daß dieſe wichtige Schrift von ihm iſt. Die Sprache
ſogar ſcheint denſelben Verfaſſer anzudeuten: ſie iſt noch
nicht ſchlecht, aber ſie hat ſchon die Schwerfaͤlligkeit welche
in den ſpaͤteren Jahrhunderten immer herrſchender ward.

Die vier Controverſen welche gewoͤhnlich zuerſt ge-
nannt werden, de terminorum positione, de rigore,
de fine, de loco,
fehlen: ſie laſſen ſich hingegen groͤßten-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0558" n="542"/>
(<hi rendition="#aq">ob avaritiam prope novissimi octavi sæculi</hi>) beweißt<lb/>
die Aechtheit nach der etruski&#x017F;chen Lehre von den Welt-<lb/>
altern (Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 91.).</p><lb/>
          <p>Die Schrift welche Rigaltius aus dem <hi rendition="#aq">Codex Ar-<lb/>
cerianus</hi> unter dem Titel <hi rendition="#aq">Aggenus de controversiis</hi><lb/>
gegeben hat, tra&#x0364;gt die&#x017F;en wohl in der Hand&#x017F;chrift: er<lb/>
aber &#x017F;etzte hinzu <hi rendition="#aq">Pars altera.</hi> Sie i&#x017F;t offenbar unter<lb/>
Domitian ge&#x017F;chrieben, und, wenn auch ent&#x017F;tellt, doch<lb/>
&#x017F;ehr vorzu&#x0364;glich und antik. Nun will ich zwar nicht<lb/>
la&#x0364;ugnen daß ein Aggenus unter Domitian ge&#x017F;chrieben<lb/>
haben ko&#x0364;nnte, obwohl es befremdet daß es einem &#x017F;o<lb/>
a&#x0364;ußer&#x017F;t tu&#x0364;chtigen Gelehrten wie Rigaltius denkbar &#x017F;chien<lb/>
daß die&#x017F;es Fragment, und der elende, des &#x017F;chlechte&#x017F;ten<lb/>
unter den Glo&#x017F;&#x017F;atoren wu&#x0364;rdige Commentar, von einem<lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eyn ko&#x0364;nnten.</p><lb/>
          <p>Weil aber Frontinus &#x017F;o ha&#x0364;ufig als Agrimen&#x017F;ori&#x017F;cher<lb/>
Auctor erwa&#x0364;hnt wird, &#x2014; obwohl ihm, außer zwey Frag-<lb/>
menten, von denen das eine vorzu&#x0364;glich (<hi rendition="#aq">p.</hi> 215 &#x2014; 219)<lb/>
&#x017F;einer wu&#x0364;rdig i&#x017F;t, das u&#x0364;brige alles fa&#x0364;l&#x017F;chlich zuge&#x017F;chrieben<lb/>
wird, &#x2014; weil er unter Domitian die Bu&#x0364;cher von den Kriegs-<lb/>
li&#x017F;ten &#x017F;chrieb, in denen er von ihm nicht weniger ehrerbie-<lb/>
tig redet als hier, &#x017F;o halte ich es fu&#x0364;r ho&#x0364;ch&#x017F;t wahr&#x017F;chein-<lb/>
lich daß die&#x017F;e wichtige Schrift von ihm i&#x017F;t. Die Sprache<lb/>
&#x017F;ogar &#x017F;cheint den&#x017F;elben Verfa&#x017F;&#x017F;er anzudeuten: &#x017F;ie i&#x017F;t noch<lb/>
nicht &#x017F;chlecht, aber &#x017F;ie hat &#x017F;chon die Schwerfa&#x0364;lligkeit welche<lb/>
in den &#x017F;pa&#x0364;teren Jahrhunderten immer herr&#x017F;chender ward.</p><lb/>
          <p>Die vier Controver&#x017F;en welche gewo&#x0364;hnlich zuer&#x017F;t ge-<lb/>
nannt werden, <hi rendition="#aq">de terminorum positione, de rigore,<lb/>
de fine, de loco,</hi> fehlen: &#x017F;ie la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich hingegen gro&#x0364;ßten-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[542/0558] (ob avaritiam prope novissimi octavi sæculi) beweißt die Aechtheit nach der etruskiſchen Lehre von den Welt- altern (Th. I. S. 91.). Die Schrift welche Rigaltius aus dem Codex Ar- cerianus unter dem Titel Aggenus de controversiis gegeben hat, traͤgt dieſen wohl in der Handſchrift: er aber ſetzte hinzu Pars altera. Sie iſt offenbar unter Domitian geſchrieben, und, wenn auch entſtellt, doch ſehr vorzuͤglich und antik. Nun will ich zwar nicht laͤugnen daß ein Aggenus unter Domitian geſchrieben haben koͤnnte, obwohl es befremdet daß es einem ſo aͤußerſt tuͤchtigen Gelehrten wie Rigaltius denkbar ſchien daß dieſes Fragment, und der elende, des ſchlechteſten unter den Gloſſatoren wuͤrdige Commentar, von einem Verfaſſer ſeyn koͤnnten. Weil aber Frontinus ſo haͤufig als Agrimenſoriſcher Auctor erwaͤhnt wird, — obwohl ihm, außer zwey Frag- menten, von denen das eine vorzuͤglich (p. 215 — 219) ſeiner wuͤrdig iſt, das uͤbrige alles faͤlſchlich zugeſchrieben wird, — weil er unter Domitian die Buͤcher von den Kriegs- liſten ſchrieb, in denen er von ihm nicht weniger ehrerbie- tig redet als hier, ſo halte ich es fuͤr hoͤchſt wahrſchein- lich daß dieſe wichtige Schrift von ihm iſt. Die Sprache ſogar ſcheint denſelben Verfaſſer anzudeuten: ſie iſt noch nicht ſchlecht, aber ſie hat ſchon die Schwerfaͤlligkeit welche in den ſpaͤteren Jahrhunderten immer herrſchender ward. Die vier Controverſen welche gewoͤhnlich zuerſt ge- nannt werden, de terminorum positione, de rigore, de fine, de loco, fehlen: ſie laſſen ſich hingegen groͤßten-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/558
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/558>, abgerufen am 14.05.2024.