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Niekamp, Johann: Der Ruhm eines tüchtigen Regenten, aus Gottes Wort ... und des weyland ... Herrn Rudolph-Augusti, Regirenden Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg. Wolfenbüttel, 1704.

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Gegentheil sey wahr / er habe sich der Gerechtigkeit / Barmhertzigkeit / und Wolthätigkeit gegen seinen Nächsten allewege beflissen. Daß demnach diese Antwort nicht ein stinckendes eigen Lob / noch eitele und thörichte Pralerey ist / sondern vielmehr eine Bekäntnüß und Rettunge der Warheit und seiner Unschuld / die nicht anders konnte gerettet werden / als daß er / so ungerne er es auch that / und ausser diesem Fall nimmer würde gethan haben / seinen geführten Wandel rühmete. So gar falsch ists / will er sagen / daß ich im Lande Gewalt geübet habe / daß ich vielmehr mich vor andern der Gerechtigkeit / Milde und Weißheit beflissen. Welches gewißlich ein rechter Regenten-Ruhm ist / der aus den itzo benimten drey Regenten-Tugenden bestehet: Gerechtigkeit / Milde und Weißheit.

(I.) Die Gerechtigkeit ist nicht einerley Art / wenn sie von den Menschen gerühmet und erfodert wird. Es ist eine Gerechtigkeit GOttes / oder wie es Lutherus gedeutschet hat / eine Gerechtigkeit die vor GOtt gilt / da den Menschen die Gerechtigkeit GOttes und unsers Heylandes JESU Christi zugerechnet / und also der arme Sünder in eines andern Gerechtigkeit / wie Jacob in eines andern / seines Bruders / Kleide / gesegnet wird mit allerley geistlichen Seegen in Himmlischen Gütern durch Christum: Und diese Gerechtigkeit ist des Glaubens / und wird durch den Glauben allein erlanget ohne zuthun der Wercke. Nechst dieser ist eine Gerechtigkeit vor den Menschen / die ist die Gerechtigkeit des Lebens: Und diese ist entweder allgemein oder eine besondere Gerechtigkeit. Die allgemeine ist ein Complexus und Begriff aller Tugenden / und nichts anders als die ungefärbte 1. Joh. 4. v. 7.Gottseeligkeit / oder Furcht GOTTes? Die besondere aber ist die Pflicht und Beobachtung derselben gegen den Nächsten Tit. 2. v. 13./ da der Gläubige gerecht gegen seinen Nächsten lebet. Diese Gerechtigkeit hat entweder mit den Contracten / Kauffen / Verkauffen und dergleichen Bürgerlichen Händeln zu thun / oder mit Vergeltung und Belohnung des Guten und Bösen; Jene wird von den Sitten-Lehrern commutativa Justitia genannt / wir mögen sie die Bürgerliche Gerechtigkeit benahmsen / diese aber sonst distributiva genannt / mögen wir die Obrigkeitliche oder Richterliche Gerechtigkeit heissen.

Nun sollten alle diese Sorten der Gerechtigkeit billig beysammen seyn / sind auch die güldene Kette um den Halß aller

Gegentheil sey wahr / er habe sich der Gerechtigkeit / Barmhertzigkeit / und Wolthätigkeit gegen seinen Nächsten allewege beflissen. Daß demnach diese Antwort nicht ein stinckendes eigen Lob / noch eitele und thörichte Pralerey ist / sondern vielmehr eine Bekäntnüß und Rettunge der Warheit und seiner Unschuld / die nicht anders konnte gerettet werden / als daß er / so ungerne er es auch that / und ausser diesem Fall nimmer würde gethan haben / seinen geführten Wandel rühmete. So gar falsch ists / will er sagen / daß ich im Lande Gewalt geübet habe / daß ich vielmehr mich vor andern der Gerechtigkeit / Milde und Weißheit beflissen. Welches gewißlich ein rechter Regenten-Ruhm ist / der aus den itzo benimten drey Regenten-Tugenden bestehet: Gerechtigkeit / Milde und Weißheit.

(I.) Die Gerechtigkeit ist nicht einerley Art / wenn sie von den Menschen gerühmet und erfodert wird. Es ist eine Gerechtigkeit GOttes / oder wie es Lutherus gedeutschet hat / eine Gerechtigkeit die vor GOtt gilt / da den Menschen die Gerechtigkeit GOttes und unsers Heylandes JESU Christi zugerechnet / und also der arme Sünder in eines andern Gerechtigkeit / wie Jacob in eines andern / seines Bruders / Kleide / gesegnet wird mit allerley geistlichen Seegen in Himmlischen Gütern durch Christum: Und diese Gerechtigkeit ist des Glaubens / und wird durch den Glauben allein erlanget ohne zuthun der Wercke. Nechst dieser ist eine Gerechtigkeit vor den Menschen / die ist die Gerechtigkeit des Lebens: Und diese ist entweder allgemein oder eine besondere Gerechtigkeit. Die allgemeine ist ein Complexus und Begriff aller Tugenden / und nichts anders als die ungefärbte 1. Joh. 4. v. 7.Gottseeligkeit / oder Furcht GOTTes? Die besondere aber ist die Pflicht und Beobachtung derselben gegen den Nächsten Tit. 2. v. 13./ da der Gläubige gerecht gegen seinen Nächsten lebet. Diese Gerechtigkeit hat entweder mit den Contracten / Kauffen / Verkauffen und dergleichen Bürgerlichen Händeln zu thun / oder mit Vergeltung und Belohnung des Guten und Bösen; Jene wird von den Sitten-Lehrern commutativa Justitia genannt / wir mögen sie die Bürgerliche Gerechtigkeit benahmsen / diese aber sonst distributiva genannt / mögen wir die Obrigkeitliche oder Richterliche Gerechtigkeit heissen.

Nun sollten alle diese Sorten der Gerechtigkeit billig beysammen seyn / sind auch die güldene Kette um den Halß aller

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[12/0016] Gegentheil sey wahr / er habe sich der Gerechtigkeit / Barmhertzigkeit / und Wolthätigkeit gegen seinen Nächsten allewege beflissen. Daß demnach diese Antwort nicht ein stinckendes eigen Lob / noch eitele und thörichte Pralerey ist / sondern vielmehr eine Bekäntnüß und Rettunge der Warheit und seiner Unschuld / die nicht anders konnte gerettet werden / als daß er / so ungerne er es auch that / und ausser diesem Fall nimmer würde gethan haben / seinen geführten Wandel rühmete. So gar falsch ists / will er sagen / daß ich im Lande Gewalt geübet habe / daß ich vielmehr mich vor andern der Gerechtigkeit / Milde und Weißheit beflissen. Welches gewißlich ein rechter Regenten-Ruhm ist / der aus den itzo benimten drey Regenten-Tugenden bestehet: Gerechtigkeit / Milde und Weißheit. (I.) Die Gerechtigkeit ist nicht einerley Art / wenn sie von den Menschen gerühmet und erfodert wird. Es ist eine Gerechtigkeit GOttes / oder wie es Lutherus gedeutschet hat / eine Gerechtigkeit die vor GOtt gilt / da den Menschen die Gerechtigkeit GOttes und unsers Heylandes JESU Christi zugerechnet / und also der arme Sünder in eines andern Gerechtigkeit / wie Jacob in eines andern / seines Bruders / Kleide / gesegnet wird mit allerley geistlichen Seegen in Himmlischen Gütern durch Christum: Und diese Gerechtigkeit ist des Glaubens / und wird durch den Glauben allein erlanget ohne zuthun der Wercke. Nechst dieser ist eine Gerechtigkeit vor den Menschen / die ist die Gerechtigkeit des Lebens: Und diese ist entweder allgemein oder eine besondere Gerechtigkeit. Die allgemeine ist ein Complexus und Begriff aller Tugenden / und nichts anders als die ungefärbte Gottseeligkeit / oder Furcht GOTTes? Die besondere aber ist die Pflicht und Beobachtung derselben gegen den Nächsten / da der Gläubige gerecht gegen seinen Nächsten lebet. Diese Gerechtigkeit hat entweder mit den Contracten / Kauffen / Verkauffen und dergleichen Bürgerlichen Händeln zu thun / oder mit Vergeltung und Belohnung des Guten und Bösen; Jene wird von den Sitten-Lehrern commutativa Justitia genannt / wir mögen sie die Bürgerliche Gerechtigkeit benahmsen / diese aber sonst distributiva genannt / mögen wir die Obrigkeitliche oder Richterliche Gerechtigkeit heissen. 1. Joh. 4. v. 7. Tit. 2. v. 13. Nun sollten alle diese Sorten der Gerechtigkeit billig beysammen seyn / sind auch die güldene Kette um den Halß aller

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

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Anmerkungen zur Transkription:

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Zitationshilfe: Niekamp, Johann: Der Ruhm eines tüchtigen Regenten, aus Gottes Wort ... und des weyland ... Herrn Rudolph-Augusti, Regirenden Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg. Wolfenbüttel, 1704, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niekamp_ruhm_1704/16>, abgerufen am 21.11.2024.