Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niekamp, Johann: Der Ruhm eines tüchtigen Regenten, aus Gottes Wort ... und des weyland ... Herrn Rudolph-Augusti, Regirenden Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg. Wolfenbüttel, 1704.

Bild:
<< vorherige Seite

zu verdencken ist / welcher es mit den Worte diadema gegeben Es könte noch mehr von diesen Hüten angeführet werden / wenn wir versichert wären / daß es der Mühe verlohnete / und der Zeit / die uns köstlich ist / wehrt wäre; Wir lassen uns daran gnügen / daß wir verstehen / daß Hiob im Gericht viel schöner innerlich mit Recht und Gerechtigkeit / als äusserlich mit seinem kostbaren Staats- und Standes-Kleide / Rocke und Mantel am Leibe / und am Haupt mit dem allerköstlichsten Bunde gezieret gewesen sey.

(2.) Die Fürstliche Milde und Clemence äusserte sich unter andern gegen zweyerley Personen / gegen die Gebrechlichen oder Preßhaffte / und gegen die Armen oder Dürfftigen. Unter den Gebrechlichen finden sich die Blinden und Lahmen. Ich war / sagt der Fürste Hiob / des Blinden Auge und des Lahmen Fuß. Etliche von den Außlegern der Heil. Schrifft / und zwar die meisten / nehmen das Wort / Blind und Lahm / im uneigentlichen und verblümten Verstande / und verstehen durch die Blinde solche / die ihnen selbst wegen ihrer Unwissenheit und Verstandes Schwachheit nicht rahten können: Durch die Lahme die ihnen selbst nicht helffen können wegen ihres Unvermögens; Doch der eigentliche und unverblümte Verstand / nach welchen ein Blinder ist und heisset / der seines Gesichts beraubet / und ein Lahmer / der contract an den Füssen ist / findet auch Beyfall. Also daß die Clemence und Barmhertzigkeit des Hiobs darinnen bestanden; Daß er den Blinden und Lahmen in ihren Gerechtsamen beygestanden / und damit was ihnen an Augen und Füssen gemangelt / ersetzet habe. Allein weil dieser letzterer Dienst in der ersten Erklärunge mit eingeschlossen ist / nach welcher Blinde und Lahme alle die sind / welchen es an Vermögen des Verstandes und des Leibes mangelt / so bleiben wir bey solcher gemeinen Erklärunge / und halten / Hiob wolle so viel sagen: Dem es mangelte am Rath / dem habe ich mit meinem Rath gedienet / und bin sein Auge in seiner Blindheit gewesen / und gleichsam sein Wegweiser / da ich ihn mit meinen Augen geleitet habe / und den WegPsal. 32. v. 8. 4. Buch. Mos. 10. v. 31. gezeiget den er wandeln müste. (Wie also Mose zu seinen Schwager Hobab sagte: Lieber verlaß uns nicht / du weisest / wo wir in der Wüsten uns lagern sollen / und solt unser Auge seyn.) Dem es aber mangelte an leiblichen Vermögen / dem

zu verdencken ist / welcher es mit den Worte diadema gegeben Es könte noch mehr von diesen Hüten angeführet werden / wenn wir versichert wären / daß es der Mühe verlohnete / und der Zeit / die uns köstlich ist / wehrt wäre; Wir lassen uns daran gnügen / daß wir verstehen / daß Hiob im Gericht viel schöner innerlich mit Recht und Gerechtigkeit / als äusserlich mit seinem kostbaren Staats- und Standes-Kleide / Rocke und Mantel am Leibe / und am Haupt mit dem allerköstlichsten Bunde gezieret gewesen sey.

(2.) Die Fürstliche Milde und Clemence äusserte sich unter andern gegen zweyerley Personen / gegen die Gebrechlichen oder Preßhaffte / und gegen die Armen oder Dürfftigen. Unter den Gebrechlichen finden sich die Blinden und Lahmen. Ich war / sagt der Fürste Hiob / des Blinden Auge und des Lahmen Fuß. Etliche von den Außlegern der Heil. Schrifft / und zwar die meisten / nehmen das Wort / Blind und Lahm / im uneigentlichen und verblümten Verstande / und verstehen durch die Blinde solche / die ihnen selbst wegen ihrer Unwissenheit und Verstandes Schwachheit nicht rahten können: Durch die Lahme die ihnen selbst nicht helffen können wegen ihres Unvermögens; Doch der eigentliche und unverblümte Verstand / nach welchen ein Blinder ist und heisset / der seines Gesichts beraubet / und ein Lahmer / der contract an den Füssen ist / findet auch Beyfall. Also daß die Clemence und Barmhertzigkeit des Hiobs darinnen bestanden; Daß er den Blinden und Lahmen in ihren Gerechtsamen beygestanden / und damit was ihnen an Augen und Füssen gemangelt / ersetzet habe. Allein weil dieser letzterer Dienst in der ersten Erklärunge mit eingeschlossen ist / nach welcher Blinde und Lahme alle die sind / welchen es an Vermögen des Verstandes und des Leibes mangelt / so bleiben wir bey solcher gemeinen Erklärunge / und halten / Hiob wolle so viel sagen: Dem es mangelte am Rath / dem habe ich mit meinem Rath gedienet / und bin sein Auge in seiner Blindheit gewesen / und gleichsam sein Wegweiser / da ich ihn mit meinen Augen geleitet habe / und den WegPsal. 32. v. 8. 4. Buch. Mos. 10. v. 31. gezeiget den er wandeln müste. (Wie also Mose zu seinen Schwager Hobab sagte: Lieber verlaß uns nicht / du weisest / wo wir in der Wüsten uns lagern sollen / und solt unser Auge seyn.) Dem es aber mangelte an leiblichen Vermögen / dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0019" n="15"/>
zu verdencken ist /                      welcher es mit den Worte diadema gegeben Es könte noch mehr von diesen Hüten                      angeführet werden / wenn wir versichert wären / daß es der Mühe verlohnete / und                      der Zeit / die uns köstlich ist / wehrt wäre; Wir lassen uns daran gnügen / daß                      wir verstehen / daß Hiob im Gericht viel schöner innerlich mit Recht und                      Gerechtigkeit / als äusserlich mit seinem kostbaren Staats- und Standes-Kleide /                      Rocke und Mantel am Leibe / und am Haupt mit dem allerköstlichsten Bunde                      gezieret gewesen sey.</p>
        <p>(2.) Die Fürstliche Milde und Clemence äusserte sich unter andern gegen zweyerley                      Personen / gegen die Gebrechlichen oder Preßhaffte / und gegen die Armen oder                      Dürfftigen. Unter den Gebrechlichen finden sich die Blinden und Lahmen. Ich war                      / sagt der Fürste Hiob / des Blinden Auge und des Lahmen Fuß. Etliche von den                      Außlegern der Heil. Schrifft / und zwar die meisten / nehmen das Wort / Blind                      und Lahm / im uneigentlichen und verblümten Verstande / und verstehen durch die                      Blinde solche / die ihnen selbst wegen ihrer Unwissenheit und Verstandes                      Schwachheit nicht rahten können: Durch die Lahme die ihnen selbst nicht helffen                      können wegen ihres Unvermögens; Doch der eigentliche und unverblümte Verstand /                      nach welchen ein Blinder ist und heisset / der seines Gesichts beraubet / und                      ein Lahmer / der contract an den Füssen ist / findet auch Beyfall. Also daß die                      Clemence und Barmhertzigkeit des Hiobs darinnen bestanden; Daß er den Blinden                      und Lahmen in ihren Gerechtsamen beygestanden / und damit was ihnen an Augen und                      Füssen gemangelt / ersetzet habe. Allein weil dieser letzterer Dienst in der                      ersten Erklärunge mit eingeschlossen ist / nach welcher Blinde und Lahme alle                      die sind / welchen es an Vermögen des Verstandes und des Leibes mangelt / so                      bleiben wir bey solcher gemeinen Erklärunge / und halten / Hiob wolle so viel                      sagen: Dem es mangelte am Rath / dem habe ich mit meinem Rath gedienet / und bin                      sein Auge in seiner Blindheit gewesen / und gleichsam sein Wegweiser / da ich                      ihn mit meinen Augen geleitet habe / und den Weg<note place="right">Psal.                          32. v. 8. 4. Buch. Mos. 10. v. 31.</note> gezeiget den er wandeln müste.                      (Wie also Mose zu seinen Schwager Hobab sagte: Lieber verlaß uns nicht / du                      weisest / wo wir in der Wüsten uns lagern sollen / und solt unser Auge seyn.)                      Dem es aber mangelte an leiblichen Vermögen / dem
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0019] zu verdencken ist / welcher es mit den Worte diadema gegeben Es könte noch mehr von diesen Hüten angeführet werden / wenn wir versichert wären / daß es der Mühe verlohnete / und der Zeit / die uns köstlich ist / wehrt wäre; Wir lassen uns daran gnügen / daß wir verstehen / daß Hiob im Gericht viel schöner innerlich mit Recht und Gerechtigkeit / als äusserlich mit seinem kostbaren Staats- und Standes-Kleide / Rocke und Mantel am Leibe / und am Haupt mit dem allerköstlichsten Bunde gezieret gewesen sey. (2.) Die Fürstliche Milde und Clemence äusserte sich unter andern gegen zweyerley Personen / gegen die Gebrechlichen oder Preßhaffte / und gegen die Armen oder Dürfftigen. Unter den Gebrechlichen finden sich die Blinden und Lahmen. Ich war / sagt der Fürste Hiob / des Blinden Auge und des Lahmen Fuß. Etliche von den Außlegern der Heil. Schrifft / und zwar die meisten / nehmen das Wort / Blind und Lahm / im uneigentlichen und verblümten Verstande / und verstehen durch die Blinde solche / die ihnen selbst wegen ihrer Unwissenheit und Verstandes Schwachheit nicht rahten können: Durch die Lahme die ihnen selbst nicht helffen können wegen ihres Unvermögens; Doch der eigentliche und unverblümte Verstand / nach welchen ein Blinder ist und heisset / der seines Gesichts beraubet / und ein Lahmer / der contract an den Füssen ist / findet auch Beyfall. Also daß die Clemence und Barmhertzigkeit des Hiobs darinnen bestanden; Daß er den Blinden und Lahmen in ihren Gerechtsamen beygestanden / und damit was ihnen an Augen und Füssen gemangelt / ersetzet habe. Allein weil dieser letzterer Dienst in der ersten Erklärunge mit eingeschlossen ist / nach welcher Blinde und Lahme alle die sind / welchen es an Vermögen des Verstandes und des Leibes mangelt / so bleiben wir bey solcher gemeinen Erklärunge / und halten / Hiob wolle so viel sagen: Dem es mangelte am Rath / dem habe ich mit meinem Rath gedienet / und bin sein Auge in seiner Blindheit gewesen / und gleichsam sein Wegweiser / da ich ihn mit meinen Augen geleitet habe / und den Weg gezeiget den er wandeln müste. (Wie also Mose zu seinen Schwager Hobab sagte: Lieber verlaß uns nicht / du weisest / wo wir in der Wüsten uns lagern sollen / und solt unser Auge seyn.) Dem es aber mangelte an leiblichen Vermögen / dem Psal. 32. v. 8. 4. Buch. Mos. 10. v. 31.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niekamp_ruhm_1704
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niekamp_ruhm_1704/19
Zitationshilfe: Niekamp, Johann: Der Ruhm eines tüchtigen Regenten, aus Gottes Wort ... und des weyland ... Herrn Rudolph-Augusti, Regirenden Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg. Wolfenbüttel, 1704, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niekamp_ruhm_1704/19>, abgerufen am 03.12.2024.