Urtheile und Gesinnungen gegen andre übergehen. Und auch dies laßt uns bey Gelegenheit dieser guten Hirten lernen!
Wir wollen nie die geringern Stände verachten! Was niedrig ist, das hat Gott erwählet, wenn es sich nicht selbst um seine Vorzüge bringt. Aus dem unwichtigscheinendsten, unbemerktsten Theil von Men- schen, sind in allen Zeiten die wichtigsten Menschen hervorgegangen. Jesus selbst und wie viel seiner edelsten und würdigsten Schüler! Denn Gott sah an die Niedrigkeit einer unbekannten Maria, und sie war die Erkohrne, die Kindeskinder selig preisen; er that große Dinge an ihr, gieng vorüber die Hoffär- tigen in ihrem Herzen, und erhob die Verachtete zur Mutter des Ersten aller Gebornen! Gott sah an die Niedrigkeit armer Hirten, und sie waren die Erwählten, denen vor allen große Freude ange- kündigt, die hingeführt wurden, den zuerst zu sehen, den viel Könige und Propheten Gottes zu sehen be- gehrt hatten und nicht sahen! -- Sollte uns ein Mensch verächtlich seyn, weil er unbedeutender und ärmer als wir ist? Unter ihnen -- den von dieser Welt wenig gekannten, -- da, da sind die Glück- lichsten, die Edelsten, die Unschuldigsten, die Besten unter den Menschen.
Und
Erste Abth. G
Urtheile und Geſinnungen gegen andre übergehen. Und auch dies laßt uns bey Gelegenheit dieſer guten Hirten lernen!
Wir wollen nie die geringern Stände verachten! Was niedrig iſt, das hat Gott erwählet, wenn es ſich nicht ſelbſt um ſeine Vorzüge bringt. Aus dem unwichtigſcheinendſten, unbemerktſten Theil von Men- ſchen, ſind in allen Zeiten die wichtigſten Menſchen hervorgegangen. Jeſus ſelbſt und wie viel ſeiner edelſten und würdigſten Schüler! Denn Gott ſah an die Niedrigkeit einer unbekannten Maria, und ſie war die Erkohrne, die Kindeskinder ſelig preiſen; er that große Dinge an ihr, gieng vorüber die Hoffär- tigen in ihrem Herzen, und erhob die Verachtete zur Mutter des Erſten aller Gebornen! Gott ſah an die Niedrigkeit armer Hirten, und ſie waren die Erwählten, denen vor allen große Freude ange- kündigt, die hingeführt wurden, den zuerſt zu ſehen, den viel Könige und Propheten Gottes zu ſehen be- gehrt hatten und nicht ſahen! — Sollte uns ein Menſch verächtlich ſeyn, weil er unbedeutender und ärmer als wir iſt? Unter ihnen — den von dieſer Welt wenig gekannten, — da, da ſind die Glück- lichſten, die Edelſten, die Unſchuldigſten, die Beſten unter den Menſchen.
Und
Erſte Abth. G
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[97[109]/0113]
Urtheile und Geſinnungen gegen andre übergehen.
Und auch dies laßt uns bey Gelegenheit dieſer guten
Hirten lernen!
Wir wollen nie die geringern Stände verachten!
Was niedrig iſt, das hat Gott erwählet, wenn es
ſich nicht ſelbſt um ſeine Vorzüge bringt. Aus dem
unwichtigſcheinendſten, unbemerktſten Theil von Men-
ſchen, ſind in allen Zeiten die wichtigſten Menſchen
hervorgegangen. Jeſus ſelbſt und wie viel ſeiner
edelſten und würdigſten Schüler! Denn Gott ſah an
die Niedrigkeit einer unbekannten Maria, und ſie
war die Erkohrne, die Kindeskinder ſelig preiſen; er
that große Dinge an ihr, gieng vorüber die Hoffär-
tigen in ihrem Herzen, und erhob die Verachtete
zur Mutter des Erſten aller Gebornen! Gott ſah an
die Niedrigkeit armer Hirten, und ſie waren die
Erwählten, denen vor allen große Freude ange-
kündigt, die hingeführt wurden, den zuerſt zu ſehen,
den viel Könige und Propheten Gottes zu ſehen be-
gehrt hatten und nicht ſahen! — Sollte uns ein
Menſch verächtlich ſeyn, weil er unbedeutender und
ärmer als wir iſt? Unter ihnen — den von dieſer
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lichſten, die Edelſten, die Unſchuldigſten, die Beſten
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Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 97[109]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/113>, abgerufen am 16.02.2025.
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