Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.Wirbel des herrschenden Vorurtheils würden "Dies," schloß endlich Timotheus, "läßt genheit
Wirbel des herrſchenden Vorurtheils würden „Dies,“ ſchloß endlich Timotheus, „läßt genheit
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012" n="8"/> Wirbel des herrſchenden Vorurtheils würden<lb/> verſchlungen werden. Jch muß darinn völlig<lb/> einem neuern Schriftſteller beyſtimmen, welcher<lb/> fehr richtig ſagt: Der fehlerhafte Religions-<lb/> unterricht in der Jugend, trägt ſowohl bey den<lb/> gewöhnlichen als auch bey den geiſtreichen und<lb/> lebhaften Menſchen zur Ausbreitung der Jrreli-<lb/> gion mehr bey, als man zu glauben geneigt iſt.<lb/> Die erſteren ſuchen den Gedanken an die Gott-<lb/> heit, die ihnen nur in der fürchterlichen Geſtalt<lb/> eines willkührlichen und grauſamen Despoten<lb/> iſt vorgeſtellt worden, auszuweichen; und die<lb/> Andern halten wegen der kindiſchen Zuſätze des<lb/> Aberglaubens, die man ihnen als weſentliche<lb/> Theile der Religion aufgedrungen hat, alle Re-<lb/> ligion für einen Gegenſtand, der der Aufmerk-<lb/> ſamkeit eines geiſtreichen Mannes unwürdig iſt.<lb/> Und durch dieſe unglücklichen Vorurtheile, wo-<lb/> mit ſie gegen alle Religion ſchon zum voraus<lb/> eingenommen ſind, verſchließen ſie ſich auf im-<lb/> mer den Zugang zu aller beſſern Kenntniß der-<lb/> ſelben; bis etwa die Vorſehung es für gut fin-<lb/> det, ſie auf Wegen, die ihr allein bekannt ſind,<lb/> einer reinern Erkenntniß der Religion näher zu<lb/> bringen.“</p><lb/> <p>„Dies,“ ſchloß endlich <hi rendition="#fr">Timotheus,</hi> „läßt<lb/> ſich mit eben ſo viel Wahrheit auf jeden Reli-<lb/> gionsunterricht anwenden. Man kann dadurch<lb/> auch dem Erwachſenen Hinderniß oder Förde-<lb/> rungsmittel ſeiner innern ausdauernden Reli-<lb/> gion werden; man kann zuweilen durch einen<lb/> unvorſichtigen, unbeſtimmten Ausdruck Gele-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">genheit</fw><lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [8/0012]
Wirbel des herrſchenden Vorurtheils würden
verſchlungen werden. Jch muß darinn völlig
einem neuern Schriftſteller beyſtimmen, welcher
fehr richtig ſagt: Der fehlerhafte Religions-
unterricht in der Jugend, trägt ſowohl bey den
gewöhnlichen als auch bey den geiſtreichen und
lebhaften Menſchen zur Ausbreitung der Jrreli-
gion mehr bey, als man zu glauben geneigt iſt.
Die erſteren ſuchen den Gedanken an die Gott-
heit, die ihnen nur in der fürchterlichen Geſtalt
eines willkührlichen und grauſamen Despoten
iſt vorgeſtellt worden, auszuweichen; und die
Andern halten wegen der kindiſchen Zuſätze des
Aberglaubens, die man ihnen als weſentliche
Theile der Religion aufgedrungen hat, alle Re-
ligion für einen Gegenſtand, der der Aufmerk-
ſamkeit eines geiſtreichen Mannes unwürdig iſt.
Und durch dieſe unglücklichen Vorurtheile, wo-
mit ſie gegen alle Religion ſchon zum voraus
eingenommen ſind, verſchließen ſie ſich auf im-
mer den Zugang zu aller beſſern Kenntniß der-
ſelben; bis etwa die Vorſehung es für gut fin-
det, ſie auf Wegen, die ihr allein bekannt ſind,
einer reinern Erkenntniß der Religion näher zu
bringen.“
„Dies,“ ſchloß endlich Timotheus, „läßt
ſich mit eben ſo viel Wahrheit auf jeden Reli-
gionsunterricht anwenden. Man kann dadurch
auch dem Erwachſenen Hinderniß oder Förde-
rungsmittel ſeiner innern ausdauernden Reli-
gion werden; man kann zuweilen durch einen
unvorſichtigen, unbeſtimmten Ausdruck Gele-
genheit
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