Als einst Jesus vor den Ohren des versammelten Volks eine Rede voll hohen Sinnes und voll himmlischer Weisheit gehalten hatte, erhub sich un- ter der Menge eine Stimme und rief: Selig ist der Leib, der dich getragen, und die Brüste, die dich gesäugt haben! So fieng es schon zeitig an, was die demuthsvolle Maria vorher ahndete, daß späte Geschlechte sie selig preisen würden, die Mutter eines solchen Sohnes zu seyn. Man hat von jeher Eltern gesegnet, die weise und gute Kinder für die menschliche Gesellschaft erzeugten, gebaren, erzogen; -- wer muß die nicht die Gesegnetste unter den Weibern nennen, die den Lehrer und Heiland der Welt ge- bar?
In diesem Gedanken eröffnet sich eine herrliche Aussicht für alle, die Gott würdigt Eltern zu seyn, und je tiefer sie diese Würde empfinden, desto mehr werden sie auch suchen sie zu verdienen. Viele schei- nen dies blos deswegen weniger zu thun, weil sie nicht genug fühlen, was es heißt. Vater -- Mut- ter zu seyn.
Wie
G 5
Für Eltern, beſonders Mütter.
Als einſt Jeſus vor den Ohren des verſammelten Volks eine Rede voll hohen Sinnes und voll himmliſcher Weisheit gehalten hatte, erhub ſich un- ter der Menge eine Stimme und rief: Selig iſt der Leib, der dich getragen, und die Brüſte, die dich geſäugt haben! So fieng es ſchon zeitig an, was die demuthsvolle Maria vorher ahndete, daß ſpäte Geſchlechte ſie ſelig preiſen würden, die Mutter eines ſolchen Sohnes zu ſeyn. Man hat von jeher Eltern geſegnet, die weiſe und gute Kinder für die menſchliche Geſellſchaft erzeugten, gebaren, erzogen; — wer muß die nicht die Geſegnetſte unter den Weibern nennen, die den Lehrer und Heiland der Welt ge- bar?
In dieſem Gedanken eröffnet ſich eine herrliche Ausſicht für alle, die Gott würdigt Eltern zu ſeyn, und je tiefer ſie dieſe Würde empfinden, deſto mehr werden ſie auch ſuchen ſie zu verdienen. Viele ſchei- nen dies blos deswegen weniger zu thun, weil ſie nicht genug fühlen, was es heißt. Vater — Mut- ter zu ſeyn.
Wie
G 5
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[105[117]/0121]
Für Eltern,
beſonders Mütter.
Als einſt Jeſus vor den Ohren des verſammelten
Volks eine Rede voll hohen Sinnes und voll
himmliſcher Weisheit gehalten hatte, erhub ſich un-
ter der Menge eine Stimme und rief: Selig iſt der
Leib, der dich getragen, und die Brüſte, die dich
geſäugt haben! So fieng es ſchon zeitig an, was
die demuthsvolle Maria vorher ahndete, daß ſpäte
Geſchlechte ſie ſelig preiſen würden, die Mutter eines
ſolchen Sohnes zu ſeyn. Man hat von jeher Eltern
geſegnet, die weiſe und gute Kinder für die menſchliche
Geſellſchaft erzeugten, gebaren, erzogen; — wer
muß die nicht die Geſegnetſte unter den Weibern
nennen, die den Lehrer und Heiland der Welt ge-
bar?
In dieſem Gedanken eröffnet ſich eine herrliche
Ausſicht für alle, die Gott würdigt Eltern zu ſeyn,
und je tiefer ſie dieſe Würde empfinden, deſto mehr
werden ſie auch ſuchen ſie zu verdienen. Viele ſchei-
nen dies blos deswegen weniger zu thun, weil ſie
nicht genug fühlen, was es heißt. Vater — Mut-
ter zu ſeyn.
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Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 105[117]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/121>, abgerufen am 16.02.2025.
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