Zukunft gemacht?" -- o meine Freunde, wie be- schämend fiel da oft die Antwort aus, und wie fühlte ich, was mir an der wahren Weisheit des Lebens noch mangelte! Jch machte mir dann einen neuen Plan des Lebens; dachte ernsthafter als sonst über die vielen Mittel nach, die mir Gott zu mei- nem Wohl gegeben hatte, und segnete noch oft lan- ge hernach die Stunde, in der sie mir wichtiger wurden.
Von dieser meiner Erfahrung darf ich in diesem Fall gewiß anf die Erfahrung schließen, die auch andre machen könnten. Wenn Lehrer den Tag der Ruhe dazu nützten, nach den Gründen zu forschen, warum sie bey ihren Anvertrauten nicht mehr aus- richten; wenn Eltern daran nachdenken wollten, warum ihre Kinder nicht besser gerathen, oder warum sie, zumal in ihrem sittlichen Verhalten, noch nicht so weit sind als andre; wenn Leute, die viel Feinde zu haben glauben, und denen manche Widerwärtigkeiten von andern begegnen, überlegten, warum doch gerade sie so wenig Friede und Ein- tracht mit andern haben, indeß andre ein so ruhiges Leben führen; -- wenn, mit einem Wort, eine jede Classe von Menschen, in allen Ständen und in je- dem Beruf, den Sonntag zum Ruhetag im edlern
Sinn
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Zukunft gemacht?“ — o meine Freunde, wie be- ſchämend fiel da oft die Antwort aus, und wie fühlte ich, was mir an der wahren Weisheit des Lebens noch mangelte! Jch machte mir dann einen neuen Plan des Lebens; dachte ernſthafter als ſonſt über die vielen Mittel nach, die mir Gott zu mei- nem Wohl gegeben hatte, und ſegnete noch oft lan- ge hernach die Stunde, in der ſie mir wichtiger wurden.
Von dieſer meiner Erfahrung darf ich in dieſem Fall gewiß anf die Erfahrung ſchließen, die auch andre machen könnten. Wenn Lehrer den Tag der Ruhe dazu nützten, nach den Gründen zu forſchen, warum ſie bey ihren Anvertrauten nicht mehr aus- richten; wenn Eltern daran nachdenken wollten, warum ihre Kinder nicht beſſer gerathen, oder warum ſie, zumal in ihrem ſittlichen Verhalten, noch nicht ſo weit ſind als andre; wenn Leute, die viel Feinde zu haben glauben, und denen manche Widerwärtigkeiten von andern begegnen, überlegten, warum doch gerade ſie ſo wenig Friede und Ein- tracht mit andern haben, indeß andre ein ſo ruhiges Leben führen; — wenn, mit einem Wort, eine jede Claſſe von Menſchen, in allen Ständen und in je- dem Beruf, den Sonntag zum Ruhetag im edlern
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[7[19]/0023]
Zukunft gemacht?“ — o meine Freunde, wie be-
ſchämend fiel da oft die Antwort aus, und wie
fühlte ich, was mir an der wahren Weisheit des
Lebens noch mangelte! Jch machte mir dann einen
neuen Plan des Lebens; dachte ernſthafter als ſonſt
über die vielen Mittel nach, die mir Gott zu mei-
nem Wohl gegeben hatte, und ſegnete noch oft lan-
ge hernach die Stunde, in der ſie mir wichtiger
wurden.
Von dieſer meiner Erfahrung darf ich in dieſem
Fall gewiß anf die Erfahrung ſchließen, die auch
andre machen könnten. Wenn Lehrer den Tag der
Ruhe dazu nützten, nach den Gründen zu forſchen,
warum ſie bey ihren Anvertrauten nicht mehr aus-
richten; wenn Eltern daran nachdenken wollten,
warum ihre Kinder nicht beſſer gerathen, oder
warum ſie, zumal in ihrem ſittlichen Verhalten,
noch nicht ſo weit ſind als andre; wenn Leute, die
viel Feinde zu haben glauben, und denen manche
Widerwärtigkeiten von andern begegnen, überlegten,
warum doch gerade ſie ſo wenig Friede und Ein-
tracht mit andern haben, indeß andre ein ſo ruhiges
Leben führen; — wenn, mit einem Wort, eine jede
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Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 7[19]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/23>, abgerufen am 26.06.2024.
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