Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.Und selbst unsre Lasten -- die wir in höherem Jst das nicht alles Ursache der Freude? seligen,
Und ſelbſt unſre Laſten — die wir in höherem Jſt das nicht alles Urſache der Freude? ſeligen,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0077" n="61[73]"/> <p>Und ſelbſt unſre Laſten — die wir in höherem<lb/> und geringerem Maaß tragen — konnten ſie nicht<lb/> viel ſchwerer ſeyn? Von wie vielen wußten wir<lb/> nichts, die andre faſt zu Boden drücken; und wie<lb/> viel leichter wurden uns manche, von denen wir<lb/> vorher fürchteten, wir würden ſie nicht ertragen<lb/> können! O es wurde uns ſo wahr, daß Gott alles<lb/> ein Ende gewinnen läßt, das unſre Kräfte nicht<lb/> überſteigt; daß, wenn er etwas auflegt, er es<lb/> tragen hilft, und daß unſre Leiden ſehr oft Urſachen<lb/> unſers innigſten Danks werden.</p><lb/> <p>Jſt das nicht alles Urſache der Freude?<lb/> Sollten wir heute nicht danken und fröhlich ſeyn<lb/> vor unſern Gott? Das genoſſne Gute iſt faſt ſüßer<lb/> als das, was uns erwartet. Es iſt zwar vorüber.<lb/> Aber wir haben es auch <hi rendition="#fr">gewiß,</hi> und die Wieder-<lb/> erinnerung daran, wenn ſie lebhaft iſt, kann faſt ein<lb/> zweyter Genuß genannt werden, der es uns noch ge-<lb/> wiſſer macht, wie ſehr Gott für unſre Glückſeligkeit<lb/> geſorgt hat! Und iſt dies nicht zugleich ein Unter-<lb/> pfand deſſen, was wir ferner zu hoffen haben?<lb/> Gott kann ſich, Gott wird ſich nicht ändern. Für<lb/> ihn giebt es keinen Wechſel der Zeit, ſo wenig als<lb/> der Geſinnungen gegen ſein Geſchöpf. Er <hi rendition="#fr">will</hi> ohne<lb/> Aufhören ein jedes nach ſeiner Empfänglichkeit be-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſeligen,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61[73]/0077]
Und ſelbſt unſre Laſten — die wir in höherem
und geringerem Maaß tragen — konnten ſie nicht
viel ſchwerer ſeyn? Von wie vielen wußten wir
nichts, die andre faſt zu Boden drücken; und wie
viel leichter wurden uns manche, von denen wir
vorher fürchteten, wir würden ſie nicht ertragen
können! O es wurde uns ſo wahr, daß Gott alles
ein Ende gewinnen läßt, das unſre Kräfte nicht
überſteigt; daß, wenn er etwas auflegt, er es
tragen hilft, und daß unſre Leiden ſehr oft Urſachen
unſers innigſten Danks werden.
Jſt das nicht alles Urſache der Freude?
Sollten wir heute nicht danken und fröhlich ſeyn
vor unſern Gott? Das genoſſne Gute iſt faſt ſüßer
als das, was uns erwartet. Es iſt zwar vorüber.
Aber wir haben es auch gewiß, und die Wieder-
erinnerung daran, wenn ſie lebhaft iſt, kann faſt ein
zweyter Genuß genannt werden, der es uns noch ge-
wiſſer macht, wie ſehr Gott für unſre Glückſeligkeit
geſorgt hat! Und iſt dies nicht zugleich ein Unter-
pfand deſſen, was wir ferner zu hoffen haben?
Gott kann ſich, Gott wird ſich nicht ändern. Für
ihn giebt es keinen Wechſel der Zeit, ſo wenig als
der Geſinnungen gegen ſein Geſchöpf. Er will ohne
Aufhören ein jedes nach ſeiner Empfänglichkeit be-
ſeligen,
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