Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.Er war weit entfernt, den äußern Reli- Daher lag es ihm auch an, seiner Familie, hend A 3
Er war weit entfernt, den äußern Reli- Daher lag es ihm auch an, ſeiner Familie, hend A 3
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <pb facs="#f0009" n="5"/> <p>Er war weit entfernt, den äußern Reli-<lb/> gionshandlungen eine andre als eine moraliſche<lb/> Kraft zuzuſchreiben, und warnte bey allen Ge-<lb/> legenheiten, ſich ſelbſt, bey ihrer noch ſo gewiſ-<lb/> ſenhaften Abwartung, zu ſehr zu gefallen.<lb/> Aber dies hielt ihn nicht ab, die weiſen Verord-<lb/> nungen der erſten Chriſten, die ſich von den<lb/> früheſten Jahrhunderten auf uns herunter erhal-<lb/> ten haben, hoch zu achten, ſo fern ſie die Be-<lb/> förderung der innern Frömmigkeit zur Abſicht<lb/> hatten. Er kannte alle Gebrechen und Mängel<lb/> unſrer öffentlichen Gottesverehrungen, ſah aber<lb/> gleichwohl ſeine Verachtung für eine ſchlimme<lb/> Vorbedeutung an, und fand das, was darinn<lb/> wohlthätig iſt, ſehr überwiegend. Er wußte<lb/> wohl, daß <hi rendition="#fr">Zeiten</hi> und <hi rendition="#fr">Tage</hi> gleichgültig ſind,<lb/> aber zugleich, daß es der menſchlichen Natur<lb/> höchſt angemeſſen ſey, daß man einige auszeich-<lb/> nete, um ſich darinn, bey der Ruhe von an-<lb/> dern Geſchäfften, näher und unmittelbarer mit<lb/> ſich ſelbſt und den höhern Angelegenheiten des<lb/> Geiſtes zu beſchäfftigen.</p><lb/> <p>Daher lag es ihm auch an, ſeiner Familie,<lb/> und denen, die von ihm abhiengen, dieſe Tage<lb/> recht nützlich zu machen. Nicht daß er ſie<lb/> einer unaufhörlichen Betrachtung und Einge-<lb/> zogenheit in ſich ſelbſt gewidmet, oder in ſteten<lb/> Uebungen der Andacht zugebracht wiſſen wollte.<lb/> Hievon erwartete er keine Würkung. Auch<lb/> nicht, daß er die Seinigen eine jede frohere<lb/> Empfindung, eine jede Theilnehmung an den<lb/> Dingen dieſer Welt, als unerlaubt und entwei-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 3</fw><fw place="bottom" type="catch">hend</fw><lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [5/0009]
Er war weit entfernt, den äußern Reli-
gionshandlungen eine andre als eine moraliſche
Kraft zuzuſchreiben, und warnte bey allen Ge-
legenheiten, ſich ſelbſt, bey ihrer noch ſo gewiſ-
ſenhaften Abwartung, zu ſehr zu gefallen.
Aber dies hielt ihn nicht ab, die weiſen Verord-
nungen der erſten Chriſten, die ſich von den
früheſten Jahrhunderten auf uns herunter erhal-
ten haben, hoch zu achten, ſo fern ſie die Be-
förderung der innern Frömmigkeit zur Abſicht
hatten. Er kannte alle Gebrechen und Mängel
unſrer öffentlichen Gottesverehrungen, ſah aber
gleichwohl ſeine Verachtung für eine ſchlimme
Vorbedeutung an, und fand das, was darinn
wohlthätig iſt, ſehr überwiegend. Er wußte
wohl, daß Zeiten und Tage gleichgültig ſind,
aber zugleich, daß es der menſchlichen Natur
höchſt angemeſſen ſey, daß man einige auszeich-
nete, um ſich darinn, bey der Ruhe von an-
dern Geſchäfften, näher und unmittelbarer mit
ſich ſelbſt und den höhern Angelegenheiten des
Geiſtes zu beſchäfftigen.
Daher lag es ihm auch an, ſeiner Familie,
und denen, die von ihm abhiengen, dieſe Tage
recht nützlich zu machen. Nicht daß er ſie
einer unaufhörlichen Betrachtung und Einge-
zogenheit in ſich ſelbſt gewidmet, oder in ſteten
Uebungen der Andacht zugebracht wiſſen wollte.
Hievon erwartete er keine Würkung. Auch
nicht, daß er die Seinigen eine jede frohere
Empfindung, eine jede Theilnehmung an den
Dingen dieſer Welt, als unerlaubt und entwei-
hend
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