Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

hat je mehr gethan? Jst weiter gekommen? Hat
diese Uebel mächtiger zerstört?

Wem danken wirs, daß wir Gott mit freu-
digem Geiste dienen können? Daß wir nicht mehr
einem Gott, der kein Gott ist, einem unbekannten
Wesen, das nichts von uns weiß, uns mit blutigen
Händen nahen, sondern ihm -- dem großen Be-
kannten
-- die bessern, ihm angenehmern Opfer
eines stillen Danks, einer frommen Ehrfurcht, eines
ihm sich aufopfernden Willens, eines thätigen Ge-
horsams bringen können? Wem danken wir diesen
Muth, nicht erst durch Mittelspersonen zu seiner
heiligen unzugänglichen Majestät hinzuzutreten, son-
dern mit kindlichem Geiste, ihn, unsern Vater,
der uns selbst liebt, so oft wir wollen, wo wir
wollen, anreden, jedes Bedürfniß der Seele ihm
sagen, jeden Kummer vor ihm ausschütten, jede
Sorge auf ihn werfen zu können? Jst es nicht Je-
sus?
-- der Heilbringer? Und wem wir so viel
danken, ohne den wir so viel entbehren, -- ist der
nicht uns gebohren?

Und diese Ruhe der Seelen -- dies theuerste,
kostbarste aller Güter -- wer genießt sie mehr als die,
die zu Jhm kamen, sein sanftes Joch, seine leichte
Last auf sich nahmen, und durch seine himmlischen

Lehren

hat je mehr gethan? Jſt weiter gekommen? Hat
dieſe Uebel mächtiger zerſtört?

Wem danken wirs, daß wir Gott mit freu-
digem Geiſte dienen können? Daß wir nicht mehr
einem Gott, der kein Gott iſt, einem unbekannten
Weſen, das nichts von uns weiß, uns mit blutigen
Händen nahen, ſondern ihm — dem großen Be-
kannten
— die beſſern, ihm angenehmern Opfer
eines ſtillen Danks, einer frommen Ehrfurcht, eines
ihm ſich aufopfernden Willens, eines thätigen Ge-
horſams bringen können? Wem danken wir dieſen
Muth, nicht erſt durch Mittelsperſonen zu ſeiner
heiligen unzugänglichen Majeſtät hinzuzutreten, ſon-
dern mit kindlichem Geiſte, ihn, unſern Vater,
der uns ſelbſt liebt, ſo oft wir wollen, wo wir
wollen, anreden, jedes Bedürfniß der Seele ihm
ſagen, jeden Kummer vor ihm ausſchütten, jede
Sorge auf ihn werfen zu können? Jſt es nicht Je-
ſus?
— der Heilbringer? Und wem wir ſo viel
danken, ohne den wir ſo viel entbehren, — iſt der
nicht uns gebohren?

Und dieſe Ruhe der Seelen — dies theuerſte,
koſtbarſte aller Güter — wer genießt ſie mehr als die,
die zu Jhm kamen, ſein ſanftes Joch, ſeine leichte
Laſt auf ſich nahmen, und durch ſeine himmliſchen

Lehren
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0096" n="80[92]"/>
hat je mehr gethan? J&#x017F;t weiter gekommen? Hat<lb/>
die&#x017F;e Uebel mächtiger zer&#x017F;tört?</p><lb/>
          <p>Wem danken wirs, daß wir Gott mit freu-<lb/>
digem Gei&#x017F;te dienen können? Daß wir nicht mehr<lb/>
einem Gott, der kein Gott i&#x017F;t, einem unbekannten<lb/>
We&#x017F;en, das nichts von uns weiß, uns mit blutigen<lb/>
Händen nahen, &#x017F;ondern ihm &#x2014; dem großen <hi rendition="#fr">Be-<lb/>
kannten</hi> &#x2014; die be&#x017F;&#x017F;ern, ihm angenehmern Opfer<lb/>
eines &#x017F;tillen Danks, einer frommen Ehrfurcht, eines<lb/>
ihm &#x017F;ich aufopfernden Willens, eines thätigen Ge-<lb/>
hor&#x017F;ams bringen können? Wem danken wir die&#x017F;en<lb/>
Muth, nicht er&#x017F;t durch Mittelsper&#x017F;onen zu &#x017F;einer<lb/>
heiligen unzugänglichen Maje&#x017F;tät hinzuzutreten, &#x017F;on-<lb/>
dern mit kindlichem Gei&#x017F;te, ihn, <hi rendition="#fr">un&#x017F;ern Vater,</hi><lb/>
der uns &#x017F;elb&#x017F;t liebt, &#x017F;o oft wir wollen, wo wir<lb/>
wollen, anreden, jedes Bedürfniß der Seele ihm<lb/>
&#x017F;agen, jeden Kummer vor ihm aus&#x017F;chütten, jede<lb/>
Sorge auf ihn werfen zu können? J&#x017F;t es nicht <hi rendition="#fr">Je-<lb/>
&#x017F;us?</hi> &#x2014; der <hi rendition="#fr">Heilbringer? Und wem</hi> wir &#x017F;o viel<lb/>
danken, ohne den wir &#x017F;o viel entbehren, &#x2014; i&#x017F;t der<lb/>
nicht <hi rendition="#fr">uns gebohren?</hi></p><lb/>
          <p>Und die&#x017F;e Ruhe der Seelen &#x2014; dies theuer&#x017F;te,<lb/>
ko&#x017F;tbar&#x017F;te aller Güter &#x2014; wer genießt &#x017F;ie mehr als die,<lb/>
die zu <hi rendition="#fr">Jhm</hi> kamen, &#x017F;ein &#x017F;anftes Joch, &#x017F;eine leichte<lb/>
La&#x017F;t auf &#x017F;ich nahmen, und durch &#x017F;eine himmli&#x017F;chen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Lehren</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80[92]/0096] hat je mehr gethan? Jſt weiter gekommen? Hat dieſe Uebel mächtiger zerſtört? Wem danken wirs, daß wir Gott mit freu- digem Geiſte dienen können? Daß wir nicht mehr einem Gott, der kein Gott iſt, einem unbekannten Weſen, das nichts von uns weiß, uns mit blutigen Händen nahen, ſondern ihm — dem großen Be- kannten — die beſſern, ihm angenehmern Opfer eines ſtillen Danks, einer frommen Ehrfurcht, eines ihm ſich aufopfernden Willens, eines thätigen Ge- horſams bringen können? Wem danken wir dieſen Muth, nicht erſt durch Mittelsperſonen zu ſeiner heiligen unzugänglichen Majeſtät hinzuzutreten, ſon- dern mit kindlichem Geiſte, ihn, unſern Vater, der uns ſelbſt liebt, ſo oft wir wollen, wo wir wollen, anreden, jedes Bedürfniß der Seele ihm ſagen, jeden Kummer vor ihm ausſchütten, jede Sorge auf ihn werfen zu können? Jſt es nicht Je- ſus? — der Heilbringer? Und wem wir ſo viel danken, ohne den wir ſo viel entbehren, — iſt der nicht uns gebohren? Und dieſe Ruhe der Seelen — dies theuerſte, koſtbarſte aller Güter — wer genießt ſie mehr als die, die zu Jhm kamen, ſein ſanftes Joch, ſeine leichte Laſt auf ſich nahmen, und durch ſeine himmliſchen Lehren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/96
Zitationshilfe: Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 80[92]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/96>, abgerufen am 21.11.2024.