Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808.Dritter Abschnitt. mit Recht aus dem Unterrichte verbannt wissen will.Viertens, in Absicht auf die Darstellung der geistigen Gegenstände durch Wort und Rede, ist vorzüg- lich der Unterschied wohl zu beherzigen, ob die Dar- stellung unmittelbar das Aussprechen der Ideen, der Gefühle etc. zur Mittheilung an Andre, und insofern gleichsam die Erscheinung derselben selbst, oder ob sie nur mittelbar die Beschreibung dieser Erscheinung seyn solle. Die Darstellungen der erstern Art gehören der Kunst, die der letztern Art der Wissenschaft an. Diese Unterscheidung ist für den Erziehungsunterricht Man sieht deutlich, daß die Pädagogen eben da- Dritter Abſchnitt. mit Recht aus dem Unterrichte verbannt wiſſen will.Viertens, in Abſicht auf die Darſtellung der geiſtigen Gegenſtaͤnde durch Wort und Rede, iſt vorzuͤg- lich der Unterſchied wohl zu beherzigen, ob die Dar- ſtellung unmittelbar das Ausſprechen der Ideen, der Gefuͤhle ꝛc. zur Mittheilung an Andre, und inſofern gleichſam die Erſcheinung derſelben ſelbſt, oder ob ſie nur mittelbar die Beſchreibung dieſer Erſcheinung ſeyn ſolle. Die Darſtellungen der erſtern Art gehoͤren der Kunſt, die der letztern Art der Wiſſenſchaft an. Dieſe Unterſcheidung iſt fuͤr den Erziehungsunterricht Man ſieht deutlich, daß die Paͤdagogen eben da- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <p><pb facs="#f0186" n="174"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dritter Abſchnitt</hi>.</fw><lb/> mit Recht aus dem Unterrichte verbannt wiſſen will.<lb/> Viertens, in Abſicht auf die Darſtellung der <hi rendition="#g">geiſtigen<lb/> Gegenſtaͤnde</hi> durch <hi rendition="#g">Wort</hi> und <hi rendition="#g">Rede</hi>, iſt vorzuͤg-<lb/> lich der Unterſchied wohl zu beherzigen, ob die Dar-<lb/> ſtellung unmittelbar das Ausſprechen der Ideen, der<lb/> Gefuͤhle ꝛc. zur Mittheilung an Andre, und inſofern<lb/> gleichſam die Erſcheinung derſelben ſelbſt, oder ob ſie<lb/> nur mittelbar die Beſchreibung dieſer Erſcheinung ſeyn<lb/> ſolle. Die Darſtellungen der erſtern Art gehoͤren der<lb/><hi rendition="#g">Kunſt</hi>, die der letztern Art der <hi rendition="#g">Wiſſenſchaft</hi> an.</p><lb/> <p>Dieſe Unterſcheidung iſt fuͤr den Erziehungsunterricht<lb/> um ſo mehr von Wichtigkeit, weil die Vernachlaͤſſigung<lb/> derſelben ohne Zweifel Schuld iſt, daß man das eigentliche<lb/> Object des Unterrichts in <hi rendition="#g">geiſtigen Gegenſtaͤnden</hi><lb/> ſo haͤufig verkannt hat, naͤmlich die Darſtellungen derſel-<lb/> ben <hi rendition="#g">in der Kunſt der Rede</hi>, in denen ſie nicht nur<lb/> die Seele durch Aufregung der innerſten Tiefen des<lb/> Geiſtes ergreifen, ſondern ſich auch in einer feſten Ge-<lb/> ſtaltung gleichſam fuͤr die Betrachtung fixiren. Die<lb/> hoͤchſten Ideen, die zwar in allen vernuͤnftigen Indivi-<lb/> duen liegen, aber nicht in allen zu beſtimmten Gedan-<lb/> ken hervortreten, laſſen ſich in ſolchen Darſtellungen<lb/> begeiſterter Maͤnner zum Eigenthum Aller erheben, und<lb/> insbeſondre auch zum allgemeinen Object des Unterrichts<lb/> machen.</p><lb/> <p>Man ſieht deutlich, daß die Paͤdagogen eben da-<lb/> durch, weil ſie dieſen letzteren Unterſchied nicht ſcharf<lb/> genug gefaßt hatten, mit dem Erziehungsunterricht<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [174/0186]
Dritter Abſchnitt.
mit Recht aus dem Unterrichte verbannt wiſſen will.
Viertens, in Abſicht auf die Darſtellung der geiſtigen
Gegenſtaͤnde durch Wort und Rede, iſt vorzuͤg-
lich der Unterſchied wohl zu beherzigen, ob die Dar-
ſtellung unmittelbar das Ausſprechen der Ideen, der
Gefuͤhle ꝛc. zur Mittheilung an Andre, und inſofern
gleichſam die Erſcheinung derſelben ſelbſt, oder ob ſie
nur mittelbar die Beſchreibung dieſer Erſcheinung ſeyn
ſolle. Die Darſtellungen der erſtern Art gehoͤren der
Kunſt, die der letztern Art der Wiſſenſchaft an.
Dieſe Unterſcheidung iſt fuͤr den Erziehungsunterricht
um ſo mehr von Wichtigkeit, weil die Vernachlaͤſſigung
derſelben ohne Zweifel Schuld iſt, daß man das eigentliche
Object des Unterrichts in geiſtigen Gegenſtaͤnden
ſo haͤufig verkannt hat, naͤmlich die Darſtellungen derſel-
ben in der Kunſt der Rede, in denen ſie nicht nur
die Seele durch Aufregung der innerſten Tiefen des
Geiſtes ergreifen, ſondern ſich auch in einer feſten Ge-
ſtaltung gleichſam fuͤr die Betrachtung fixiren. Die
hoͤchſten Ideen, die zwar in allen vernuͤnftigen Indivi-
duen liegen, aber nicht in allen zu beſtimmten Gedan-
ken hervortreten, laſſen ſich in ſolchen Darſtellungen
begeiſterter Maͤnner zum Eigenthum Aller erheben, und
insbeſondre auch zum allgemeinen Object des Unterrichts
machen.
Man ſieht deutlich, daß die Paͤdagogen eben da-
durch, weil ſie dieſen letzteren Unterſchied nicht ſcharf
genug gefaßt hatten, mit dem Erziehungsunterricht
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