Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808.Vierter Abschnitt. und zu ordnen: der muß vor allen andern der Natur-ideen fähig, und der Naturideen Meister seyn; der muß im Stande seyn, die Naturideen subjectiv zu ma- chen, auch die Außenwelt als Idee zu sehen, und ihre Theile und Ordnung als Darstellungen der Idee zu erkennen. Zu dieser contemplativen Fertig- keit in Absicht auf die Gegenstände der Außenwelt wird eine ganz andre Uebung erfordert, als zu jener speculativen Fertigkeit in Absicht auf die Ge- genstände der Innenwelt, wenn gleich in beiden die Geistesthätigkeit auch als bloß betrachtende ge- dacht wird. Die Verschiedenheit erscheint aber noch größer, Vierter Abſchnitt. und zu ordnen: der muß vor allen andern der Natur-ideen faͤhig, und der Naturideen Meiſter ſeyn; der muß im Stande ſeyn, die Naturideen ſubjectiv zu ma- chen, auch die Außenwelt als Idee zu ſehen, und ihre Theile und Ordnung als Darſtellungen der Idee zu erkennen. Zu dieſer contemplativen Fertig- keit in Abſicht auf die Gegenſtaͤnde der Außenwelt wird eine ganz andre Uebung erfordert, als zu jener ſpeculativen Fertigkeit in Abſicht auf die Ge- genſtaͤnde der Innenwelt, wenn gleich in beiden die Geiſtesthaͤtigkeit auch als bloß betrachtende ge- dacht wird. Die Verſchiedenheit erſcheint aber noch groͤßer, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0328" n="316"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vierter Abſchnitt</hi>.</fw><lb/> und zu ordnen: der muß vor allen andern der Natur-<lb/> ideen faͤhig, und der Naturideen Meiſter ſeyn; der<lb/> muß im Stande ſeyn, die Naturideen ſubjectiv zu ma-<lb/> chen, auch die Außenwelt als Idee zu ſehen, und<lb/> ihre Theile und Ordnung als Darſtellungen der Idee<lb/> zu erkennen. Zu dieſer <hi rendition="#g">contemplativen Fertig-<lb/> keit</hi> in Abſicht auf die Gegenſtaͤnde der Außenwelt<lb/> wird eine ganz andre Uebung erfordert, als zu jener<lb/><hi rendition="#g">ſpeculativen Fertigkeit</hi> in Abſicht auf die Ge-<lb/> genſtaͤnde der Innenwelt, wenn gleich in beiden die<lb/> Geiſtesthaͤtigkeit auch als <hi rendition="#g">bloß betrachtende</hi> ge-<lb/> dacht wird.</p><lb/> <p>Die Verſchiedenheit erſcheint aber noch groͤßer,<lb/> wenn man in Erwaͤgung zieht, daß die Geiſtesthaͤtig-<lb/> keit auch in der <hi rendition="#g">Contemplation</hi> eben o wenig als<lb/> in der <hi rendition="#g">Speculation</hi> eine <hi rendition="#g">bloß betrachtende</hi> iſt.<lb/> Es ſcheint zwar, daß, waͤhrend die <hi rendition="#g">Speculation</hi><lb/> ihre Gegenſtaͤnde (der Innenwelt) ſelbſt erſt fuͤr die<lb/> Betrachtung componiren und fixiren muͤſſe, die <hi rendition="#g">Con-<lb/> templation</hi> ihre Gegenſtaͤnde (der Außenwelt) als<lb/> gegeben und ruhend nur aufnehmen und ordnen duͤrfe.<lb/> Allein das Geſchaͤft des wahren Contemplators erfor-<lb/> dert allerdings mehr. So wie ſie dem leiblichen Auge<lb/> gegeben ſind, ſind die Gegenſtaͤnde der Außenwelt nur<lb/> Gegenſtaͤnde der gemeinen Betrachtung, bei der ſich<lb/> die Geiſtesthaͤtigkeit nur auf der niedrigen Stufe des<lb/> bloßen Fachwerkmachens zeigt. Der wahre Contempla-<lb/> tor durchdringt die Gegenſtaͤnde, ſucht ihre innere<lb/> Verwandtſchaft auf; er hat eben ſo die inneren Geſetze<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [316/0328]
Vierter Abſchnitt.
und zu ordnen: der muß vor allen andern der Natur-
ideen faͤhig, und der Naturideen Meiſter ſeyn; der
muß im Stande ſeyn, die Naturideen ſubjectiv zu ma-
chen, auch die Außenwelt als Idee zu ſehen, und
ihre Theile und Ordnung als Darſtellungen der Idee
zu erkennen. Zu dieſer contemplativen Fertig-
keit in Abſicht auf die Gegenſtaͤnde der Außenwelt
wird eine ganz andre Uebung erfordert, als zu jener
ſpeculativen Fertigkeit in Abſicht auf die Ge-
genſtaͤnde der Innenwelt, wenn gleich in beiden die
Geiſtesthaͤtigkeit auch als bloß betrachtende ge-
dacht wird.
Die Verſchiedenheit erſcheint aber noch groͤßer,
wenn man in Erwaͤgung zieht, daß die Geiſtesthaͤtig-
keit auch in der Contemplation eben o wenig als
in der Speculation eine bloß betrachtende iſt.
Es ſcheint zwar, daß, waͤhrend die Speculation
ihre Gegenſtaͤnde (der Innenwelt) ſelbſt erſt fuͤr die
Betrachtung componiren und fixiren muͤſſe, die Con-
templation ihre Gegenſtaͤnde (der Außenwelt) als
gegeben und ruhend nur aufnehmen und ordnen duͤrfe.
Allein das Geſchaͤft des wahren Contemplators erfor-
dert allerdings mehr. So wie ſie dem leiblichen Auge
gegeben ſind, ſind die Gegenſtaͤnde der Außenwelt nur
Gegenſtaͤnde der gemeinen Betrachtung, bei der ſich
die Geiſtesthaͤtigkeit nur auf der niedrigen Stufe des
bloßen Fachwerkmachens zeigt. Der wahre Contempla-
tor durchdringt die Gegenſtaͤnde, ſucht ihre innere
Verwandtſchaft auf; er hat eben ſo die inneren Geſetze
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