Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883.Geist hat der Schauspieler, doch wenig Gewissen Morgen hat er einen neuen Glauben und über¬ Umwerfen -- das heisst ihm: beweisen. Toll Eine Wahrheit, die nur in feine Ohren schlüpft, Voll von feierlichen Possenreissern ist der Markt Aber die Stunde drängt sie: so drängen sie dich: Dieser Unbedingten und Drängenden halber sei Dieser Plötzlichen halber gehe zurück in deine Langsam ist das Erleben allen tiefen Brunnen: Abseits vom Markte und Ruhme begiebt sich Geist hat der Schauspieler, doch wenig Gewissen Morgen hat er einen neuen Glauben und über¬ Umwerfen — das heisst ihm: beweisen. Toll Eine Wahrheit, die nur in feine Ohren schlüpft, Voll von feierlichen Possenreissern ist der Markt Aber die Stunde drängt sie: so drängen sie dich: Dieser Unbedingten und Drängenden halber sei Dieser Plötzlichen halber gehe zurück in deine Langsam ist das Erleben allen tiefen Brunnen: Abseits vom Markte und Ruhme begiebt sich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0076" n="70"/> <p>Geist hat der Schauspieler, doch wenig Gewissen<lb/> des Geistes. Er glaubt immer an Das, womit er am<lb/> stärksten glauben macht, — glauben an <hi rendition="#g">sich</hi> macht!</p><lb/> <p>Morgen hat er einen neuen Glauben und über¬<lb/> morgen einen neueren. Rasche Sinne hat er, gleich<lb/> dem Volke, und veränderliche Witterungen.</p><lb/> <p>Umwerfen — das heisst ihm: beweisen. Toll<lb/> machen — das heisst ihm: überzeugen. Und Blut gilt<lb/> ihm als aller Gründe bester.</p><lb/> <p>Eine Wahrheit, die nur in feine Ohren schlüpft,<lb/> nennt er Lüge und Nichts. Wahrlich, er glaubt nur<lb/> an Götter, die grossen Lärm in der Welt machen!</p><lb/> <p>Voll von feierlichen Possenreissern ist der Markt<lb/> — und das Volk rühmt sich seiner grossen Männer!<lb/> das sind ihm die Herrn der Stunde.</p><lb/> <p>Aber die Stunde drängt sie: so drängen sie dich:<lb/> Und auch von dir wollen sie Ja oder Nein. Wehe, du<lb/> willst zwischen Für und Wider deinen Stuhl setzen?</p><lb/> <p>Dieser Unbedingten und Drängenden halber sei<lb/> ohne Eifersucht, du Liebhaber der Wahrheit! Niemals<lb/> noch hängte sich die Wahrheit an den Arm eines Un¬<lb/> bedingten.</p><lb/> <p>Dieser Plötzlichen halber gehe zurück in deine<lb/> Sicherheit: nur auf dem Markt wird man mit Ja? oder<lb/> Nein? überfallen.</p><lb/> <p>Langsam ist das Erleben allen tiefen Brunnen:<lb/> lange müssen sie warten, bis sie wissen, was in ihre<lb/> Tiefe fiel.</p><lb/> <p>Abseits vom Markte und Ruhme begiebt sich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0076]
Geist hat der Schauspieler, doch wenig Gewissen
des Geistes. Er glaubt immer an Das, womit er am
stärksten glauben macht, — glauben an sich macht!
Morgen hat er einen neuen Glauben und über¬
morgen einen neueren. Rasche Sinne hat er, gleich
dem Volke, und veränderliche Witterungen.
Umwerfen — das heisst ihm: beweisen. Toll
machen — das heisst ihm: überzeugen. Und Blut gilt
ihm als aller Gründe bester.
Eine Wahrheit, die nur in feine Ohren schlüpft,
nennt er Lüge und Nichts. Wahrlich, er glaubt nur
an Götter, die grossen Lärm in der Welt machen!
Voll von feierlichen Possenreissern ist der Markt
— und das Volk rühmt sich seiner grossen Männer!
das sind ihm die Herrn der Stunde.
Aber die Stunde drängt sie: so drängen sie dich:
Und auch von dir wollen sie Ja oder Nein. Wehe, du
willst zwischen Für und Wider deinen Stuhl setzen?
Dieser Unbedingten und Drängenden halber sei
ohne Eifersucht, du Liebhaber der Wahrheit! Niemals
noch hängte sich die Wahrheit an den Arm eines Un¬
bedingten.
Dieser Plötzlichen halber gehe zurück in deine
Sicherheit: nur auf dem Markt wird man mit Ja? oder
Nein? überfallen.
Langsam ist das Erleben allen tiefen Brunnen:
lange müssen sie warten, bis sie wissen, was in ihre
Tiefe fiel.
Abseits vom Markte und Ruhme begiebt sich
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