Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883.Von alten und jungen Weiblein. "Was schleichst du so scheu durch die Dämme¬ "Ist es ein Schatz, der dir geschenkt? Oder ein Wahrlich, mein Bruder! sprach Zarathustra, es Aber sie ist ungebärdig wie ein junges Kind; und Als ich heute allein meines Weges gieng, zur "Vieles sprach Zarathustra auch zu uns Weibern, Und ich entgegnete ihr: "über das Weib soll man Von alten und jungen Weiblein. „Was schleichst du so scheu durch die Dämme¬ „Ist es ein Schatz, der dir geschenkt? Oder ein Wahrlich, mein Bruder! sprach Zarathustra, es Aber sie ist ungebärdig wie ein junges Kind; und Als ich heute allein meines Weges gieng, zur „Vieles sprach Zarathustra auch zu uns Weibern, Und ich entgegnete ihr: „über das Weib soll man <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0098" n="92"/> <div n="2"> <head>Von alten und jungen Weiblein.<lb/></head> <p>„Was schleichst du so scheu durch die Dämme¬<lb/> rung, Zarathustra? Und was birgst du behutsam unter<lb/> deinem Mantel?</p><lb/> <p>„Ist es ein Schatz, der dir geschenkt? Oder ein<lb/> Kind, das dir geboren wurde? Oder gehst du jetzt<lb/> selber auf den Wegen der Diebe, du Freund der<lb/> Bösen?“ —</p><lb/> <p>Wahrlich, mein Bruder! sprach Zarathustra, es<lb/> ist ein Schatz, der mir geschenkt wurde: eine kleine<lb/> Wahrheit ist's, die ich trage.</p><lb/> <p>Aber sie ist ungebärdig wie ein junges Kind; und<lb/> wenn ich ihr nicht den Mund halte, so schreit sie<lb/> überlaut.</p><lb/> <p>Als ich heute allein meines Weges gieng, zur<lb/> Stunde, wo die Sonne sinkt, begegnete mir ein altes<lb/> Weiblein und redete also zu meiner Seele:</p><lb/> <p>„Vieles sprach Zarathustra auch zu uns Weibern,<lb/> doch nie sprach er uns über das Weib.“</p><lb/> <p>Und ich entgegnete ihr: „über das Weib soll man<lb/> nur zu Männern reden.“<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0098]
Von alten und jungen Weiblein.
„Was schleichst du so scheu durch die Dämme¬
rung, Zarathustra? Und was birgst du behutsam unter
deinem Mantel?
„Ist es ein Schatz, der dir geschenkt? Oder ein
Kind, das dir geboren wurde? Oder gehst du jetzt
selber auf den Wegen der Diebe, du Freund der
Bösen?“ —
Wahrlich, mein Bruder! sprach Zarathustra, es
ist ein Schatz, der mir geschenkt wurde: eine kleine
Wahrheit ist's, die ich trage.
Aber sie ist ungebärdig wie ein junges Kind; und
wenn ich ihr nicht den Mund halte, so schreit sie
überlaut.
Als ich heute allein meines Weges gieng, zur
Stunde, wo die Sonne sinkt, begegnete mir ein altes
Weiblein und redete also zu meiner Seele:
„Vieles sprach Zarathustra auch zu uns Weibern,
doch nie sprach er uns über das Weib.“
Und ich entgegnete ihr: „über das Weib soll man
nur zu Männern reden.“
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