Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.Zu jeder Seele gehört eine andre Welt; für jede Zwischen dem Ähnlichsten gerade lügt der Schein Für mich -- wie gäbe es ein Ausser-mir? Es giebt Sind nicht den Dingen Namen und Töne geschenkt, Wie lieblich ist alles Reden und alle Lüge der -- "Oh Zarathustra, sagten darauf die Thiere, Alles geht, Alles kommt zurück; ewig rollt das Alles bricht, Alles wird neu gefügt; ewig baut In jedem Nu beginnt das Sein; um jedes Hier -- Oh ihr Schalks-Narren und Drehorgeln! Zu jeder Seele gehört eine andre Welt; für jede Zwischen dem Ähnlichsten gerade lügt der Schein Für mich — wie gäbe es ein Ausser-mir? Es giebt Sind nicht den Dingen Namen und Töne geschenkt, Wie lieblich ist alles Reden und alle Lüge der — „Oh Zarathustra, sagten darauf die Thiere, Alles geht, Alles kommt zurück; ewig rollt das Alles bricht, Alles wird neu gefügt; ewig baut In jedem Nu beginnt das Sein; um jedes Hier — Oh ihr Schalks-Narren und Drehorgeln! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0105" n="95"/> <p>Zu jeder Seele gehört eine andre Welt; für jede<lb/> Seele ist jede andre Seele eine Hinterwelt.</p><lb/> <p>Zwischen dem Ähnlichsten gerade lügt der Schein<lb/> am schönsten; denn die kleinste Kluft ist am schwersten<lb/> zu überbrücken.</p><lb/> <p>Für mich — wie gäbe es ein Ausser-mir? Es giebt<lb/> kein Aussen! Aber das vergessen wir bei allen Tönen;<lb/> wie lieblich ist es, dass wir vergessen!</p><lb/> <p>Sind nicht den Dingen Namen und Töne geschenkt,<lb/> dass der Mensch sich an den Dingen erquicke? Es ist<lb/> eine schöne Narrethei, das Sprechen: damit tanzt der<lb/> Mensch über alle Dinge.</p><lb/> <p>Wie lieblich ist alles Reden und alle Lüge der<lb/> Töne! Mit Tönen tanzt unsre Liebe auf bunten Regen¬<lb/> bögen. —</p><lb/> <p>— „Oh Zarathustra, sagten darauf die Thiere,<lb/> Solchen, die denken wie wir, tanzen alle Dinge selber:<lb/> das kommt und reicht sich die Hand und lacht und<lb/> flieht — und kommt zurück.</p><lb/> <p>Alles geht, Alles kommt zurück; ewig rollt das<lb/> Rad des Seins. Alles stirbt, Alles blüht wieder auf,<lb/> ewig läuft das Jahr des Seins.</p><lb/> <p>Alles bricht, Alles wird neu gefügt; ewig baut<lb/> sich das gleiche Haus des Seins. Alles scheidet,<lb/> Alles grüsst sich wieder; ewig bleibt sich treu der<lb/> Ring des Seins.</p><lb/> <p>In jedem Nu beginnt das Sein; um jedes Hier<lb/> rollt sich die Kugel Dort. Die Mitte ist überall.<lb/> Krumm ist der Pfad der Ewigkeit.“ —</p><lb/> <p>— Oh ihr Schalks-Narren und Drehorgeln!<lb/> antwortete Zarathustra und lächelte wieder, wie<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0105]
Zu jeder Seele gehört eine andre Welt; für jede
Seele ist jede andre Seele eine Hinterwelt.
Zwischen dem Ähnlichsten gerade lügt der Schein
am schönsten; denn die kleinste Kluft ist am schwersten
zu überbrücken.
Für mich — wie gäbe es ein Ausser-mir? Es giebt
kein Aussen! Aber das vergessen wir bei allen Tönen;
wie lieblich ist es, dass wir vergessen!
Sind nicht den Dingen Namen und Töne geschenkt,
dass der Mensch sich an den Dingen erquicke? Es ist
eine schöne Narrethei, das Sprechen: damit tanzt der
Mensch über alle Dinge.
Wie lieblich ist alles Reden und alle Lüge der
Töne! Mit Tönen tanzt unsre Liebe auf bunten Regen¬
bögen. —
— „Oh Zarathustra, sagten darauf die Thiere,
Solchen, die denken wie wir, tanzen alle Dinge selber:
das kommt und reicht sich die Hand und lacht und
flieht — und kommt zurück.
Alles geht, Alles kommt zurück; ewig rollt das
Rad des Seins. Alles stirbt, Alles blüht wieder auf,
ewig läuft das Jahr des Seins.
Alles bricht, Alles wird neu gefügt; ewig baut
sich das gleiche Haus des Seins. Alles scheidet,
Alles grüsst sich wieder; ewig bleibt sich treu der
Ring des Seins.
In jedem Nu beginnt das Sein; um jedes Hier
rollt sich die Kugel Dort. Die Mitte ist überall.
Krumm ist der Pfad der Ewigkeit.“ —
— Oh ihr Schalks-Narren und Drehorgeln!
antwortete Zarathustra und lächelte wieder, wie
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