Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

verdiente Stern sich endlich an den schmalen Busen
hefte!

Aber der Mond dreht sich noch um alles Irdische:
so dreht sich auch der Fürst noch um das Aller-
Irdischste --: das aber ist das Gold der Krämer.

Der Gott der Heerschaaren ist kein Gott der Gold¬
barren; der Fürst denkt, aber der Krämer -- lenkt!

Bei Allem, was licht und stark und gut in dir
ist, oh Zarathustra! Speie auf diese Stadt der Krämer
und kehre um!

Hier fliesst alles Blut faulicht und lauicht und
schaumicht durch alle Adern: speie auf die grosse
Stadt, welche der grosse Abraum ist, wo aller Ab¬
schaum zusammenschäumt!

Speie auf die Stadt der eingedrückten Seelen und
schmalen Brüste, der spitzen Augen, der klebrigen
Finger --

-- auf die Stadt der Aufdringlinge, der Unver¬
schämten, der Schreib- und Schreihälse, der über¬
heizten Ehrgeizigen: --

-- wo alles Anbrüchige, Anrüchige, Lüsterne,
Düstere, Übermürbe, Geschwürige, Verschwörerische
zusammenschwärt: --

-- speie auf die grosse Stadt und kehre um!" -- --


Hier aber unterbrach Zarathustra den schäumenden
Narren und hielt ihm den Mund zu.

"Höre endlich auf! rief Zarathustra, mich ekelt
lange schon deiner Rede und deiner Art!

Warum wohntest du so lange am Sumpfe, dass du
selber zum Frosch und zur Kröte werden musstest?

verdiente Stern sich endlich an den schmalen Busen
hefte!

Aber der Mond dreht sich noch um alles Irdische:
so dreht sich auch der Fürst noch um das Aller-
Irdischste —: das aber ist das Gold der Krämer.

Der Gott der Heerschaaren ist kein Gott der Gold¬
barren; der Fürst denkt, aber der Krämer — lenkt!

Bei Allem, was licht und stark und gut in dir
ist, oh Zarathustra! Speie auf diese Stadt der Krämer
und kehre um!

Hier fliesst alles Blut faulicht und lauicht und
schaumicht durch alle Adern: speie auf die grosse
Stadt, welche der grosse Abraum ist, wo aller Ab¬
schaum zusammenschäumt!

Speie auf die Stadt der eingedrückten Seelen und
schmalen Brüste, der spitzen Augen, der klebrigen
Finger —

— auf die Stadt der Aufdringlinge, der Unver¬
schämten, der Schreib- und Schreihälse, der über¬
heizten Ehrgeizigen: —

— wo alles Anbrüchige, Anrüchige, Lüsterne,
Düstere, Übermürbe, Geschwürige, Verschwörerische
zusammenschwärt: —

— speie auf die grosse Stadt und kehre um!“ — —


Hier aber unterbrach Zarathustra den schäumenden
Narren und hielt ihm den Mund zu.

„Höre endlich auf! rief Zarathustra, mich ekelt
lange schon deiner Rede und deiner Art!

Warum wohntest du so lange am Sumpfe, dass du
selber zum Frosch und zur Kröte werden musstest?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0048" n="38"/>
verdiente Stern sich endlich an den schmalen Busen<lb/>
hefte!</p><lb/>
        <p>Aber der Mond dreht sich noch um alles Irdische:<lb/>
so dreht sich auch der Fürst noch um das Aller-<lb/>
Irdischste &#x2014;: das aber ist das Gold der Krämer.</p><lb/>
        <p>Der Gott der Heerschaaren ist kein Gott der Gold¬<lb/>
barren; der Fürst denkt, aber der Krämer &#x2014; lenkt!</p><lb/>
        <p>Bei Allem, was licht und stark und gut in dir<lb/>
ist, oh Zarathustra! Speie auf diese Stadt der Krämer<lb/>
und kehre um!</p><lb/>
        <p>Hier fliesst alles Blut faulicht und lauicht und<lb/>
schaumicht durch alle Adern: speie auf die grosse<lb/>
Stadt, welche der grosse Abraum ist, wo aller Ab¬<lb/>
schaum zusammenschäumt!</p><lb/>
        <p>Speie auf die Stadt der eingedrückten Seelen und<lb/>
schmalen Brüste, der spitzen Augen, der klebrigen<lb/>
Finger &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x2014; auf die Stadt der Aufdringlinge, der Unver¬<lb/>
schämten, der Schreib- und Schreihälse, der über¬<lb/>
heizten Ehrgeizigen: &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x2014; wo alles Anbrüchige, Anrüchige, Lüsterne,<lb/>
Düstere, Übermürbe, Geschwürige, Verschwörerische<lb/>
zusammenschwärt: &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x2014; speie auf die grosse Stadt und kehre um!&#x201C; &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
        <space dim="vertical"/>
        <p>Hier aber unterbrach Zarathustra den schäumenden<lb/>
Narren und hielt ihm den Mund zu.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Höre endlich auf! rief Zarathustra, mich ekelt<lb/>
lange schon deiner Rede und deiner Art!</p><lb/>
        <p>Warum wohntest du so lange am Sumpfe, dass du<lb/>
selber zum Frosch und zur Kröte werden musstest?</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0048] verdiente Stern sich endlich an den schmalen Busen hefte! Aber der Mond dreht sich noch um alles Irdische: so dreht sich auch der Fürst noch um das Aller- Irdischste —: das aber ist das Gold der Krämer. Der Gott der Heerschaaren ist kein Gott der Gold¬ barren; der Fürst denkt, aber der Krämer — lenkt! Bei Allem, was licht und stark und gut in dir ist, oh Zarathustra! Speie auf diese Stadt der Krämer und kehre um! Hier fliesst alles Blut faulicht und lauicht und schaumicht durch alle Adern: speie auf die grosse Stadt, welche der grosse Abraum ist, wo aller Ab¬ schaum zusammenschäumt! Speie auf die Stadt der eingedrückten Seelen und schmalen Brüste, der spitzen Augen, der klebrigen Finger — — auf die Stadt der Aufdringlinge, der Unver¬ schämten, der Schreib- und Schreihälse, der über¬ heizten Ehrgeizigen: — — wo alles Anbrüchige, Anrüchige, Lüsterne, Düstere, Übermürbe, Geschwürige, Verschwörerische zusammenschwärt: — — speie auf die grosse Stadt und kehre um!“ — — Hier aber unterbrach Zarathustra den schäumenden Narren und hielt ihm den Mund zu. „Höre endlich auf! rief Zarathustra, mich ekelt lange schon deiner Rede und deiner Art! Warum wohntest du so lange am Sumpfe, dass du selber zum Frosch und zur Kröte werden musstest?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884/48
Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884/48>, abgerufen am 03.12.2024.