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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.

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Weh spricht: "Brich, blute, Herz! Wandle, Bein!
Flügel, flieg! Hinan! Hinauf! Schmerz!" Wohlan!
Wohlauf! Oh mein altes Herz: Weh spricht: "vergeh!"


10.

Ihr höheren Menschen, was dünket euch? Bin ich
ein Wahrsager? Ein Träumender? Trunkener? Ein
Traumdeuter? Eine Mitternachts-Glocke?

Ein Tropfen Thau's? Ein Dunst und Duft der Ewig¬
keit? Hört ihr's nicht? Riecht ihr's nicht? Eben ward
meine Welt vollkommen, Mitternacht ist auch Mittag, --

Schmerz ist auch eine Lust, Fluch ist auch ein
Segen, Nacht ist auch eine Sonne, -- geht davon oder
ihr lernt: ein Weiser ist auch ein Narr.

Sagtet ihr jemals Ja zu Einer Lust? Oh, meine
Freunde, so sagtet ihr Ja auch zu allem Wehe. Alle
Dinge sind verkettet, verfädelt, verliebt, --

-- wolltet ihr jemals Ein Mal zweimal, spracht ihr
jemals "du gefällst mir, Glück! Husch! Augenblick!"
so wolltet ihr Alles zurück!

-- Alles von neuem, Alles ewig, Alles verkettet,
verfädelt, verliebt, oh so liebtet ihr die Welt, --

-- ihr Ewigen, liebt sie ewig und allezeit: und auch
zum Weh sprecht ihr: vergeh, aber komm zurück!
Denn alle Lust will -- Ewigkeit!


Weh spricht: „Brich, blute, Herz! Wandle, Bein!
Flügel, flieg! Hinan! Hinauf! Schmerz!“ Wohlan!
Wohlauf! Oh mein altes Herz: Weh spricht: „vergeh!“


10.

Ihr höheren Menschen, was dünket euch? Bin ich
ein Wahrsager? Ein Träumender? Trunkener? Ein
Traumdeuter? Eine Mitternachts-Glocke?

Ein Tropfen Thau's? Ein Dunst und Duft der Ewig¬
keit? Hört ihr's nicht? Riecht ihr's nicht? Eben ward
meine Welt vollkommen, Mitternacht ist auch Mittag, —

Schmerz ist auch eine Lust, Fluch ist auch ein
Segen, Nacht ist auch eine Sonne, — geht davon oder
ihr lernt: ein Weiser ist auch ein Narr.

Sagtet ihr jemals Ja zu Einer Lust? Oh, meine
Freunde, so sagtet ihr Ja auch zu allem Wehe. Alle
Dinge sind verkettet, verfädelt, verliebt, —

— wolltet ihr jemals Ein Mal zweimal, spracht ihr
jemals „du gefällst mir, Glück! Husch! Augenblick!“
so wolltet ihr Alles zurück!

— Alles von neuem, Alles ewig, Alles verkettet,
verfädelt, verliebt, oh so liebtet ihr die Welt, —

— ihr Ewigen, liebt sie ewig und allezeit: und auch
zum Weh sprecht ihr: vergeh, aber komm zurück!
Denn alle Lust willEwigkeit!


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[127/0134] Weh spricht: „Brich, blute, Herz! Wandle, Bein! Flügel, flieg! Hinan! Hinauf! Schmerz!“ Wohlan! Wohlauf! Oh mein altes Herz: Weh spricht: „vergeh!“ 10. Ihr höheren Menschen, was dünket euch? Bin ich ein Wahrsager? Ein Träumender? Trunkener? Ein Traumdeuter? Eine Mitternachts-Glocke? Ein Tropfen Thau's? Ein Dunst und Duft der Ewig¬ keit? Hört ihr's nicht? Riecht ihr's nicht? Eben ward meine Welt vollkommen, Mitternacht ist auch Mittag, — Schmerz ist auch eine Lust, Fluch ist auch ein Segen, Nacht ist auch eine Sonne, — geht davon oder ihr lernt: ein Weiser ist auch ein Narr. Sagtet ihr jemals Ja zu Einer Lust? Oh, meine Freunde, so sagtet ihr Ja auch zu allem Wehe. Alle Dinge sind verkettet, verfädelt, verliebt, — — wolltet ihr jemals Ein Mal zweimal, spracht ihr jemals „du gefällst mir, Glück! Husch! Augenblick!“ so wolltet ihr Alles zurück! — Alles von neuem, Alles ewig, Alles verkettet, verfädelt, verliebt, oh so liebtet ihr die Welt, — — ihr Ewigen, liebt sie ewig und allezeit: und auch zum Weh sprecht ihr: vergeh, aber komm zurück! Denn alle Lust will — Ewigkeit!

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891/134>, abgerufen am 21.11.2024.