Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.Das Feuerzeichen. Hier, wo zwischen Meeren die Insel wuchs, ein Opferstein jäh hinaufgethürmt, hier zündet sich unter schwarzem Himmel Zarathustra seine Höhenfeuer an, Feuerzeichen für verschlagne Schiffer, Fragezeichen für Solche, die Antwort haben ... Diese Flamme mit weissgrauem Bauche -- in kalte Fernen züngelt ihre Gier, nach immer reineren Höhen biegt sie den Hals -- eine Schlange gerad aufgerichtet vor Ungeduld: dieses Zeichen stellte ich vor mich hin. Meine Seele selber ist diese Flamme,
unersättlich nach neuen Fernen lodert aufwärts, aufwärts ihre stille Gluth. Was floh Zarathustra vor Thier und Menschen? Was entlief er jäh allem festen Lande? Sechs Einsamkeiten kennt er schon --, aber das Meer selbst war nicht genug ihm einsam, die Insel liess ihn steigen, auf dem Berg wurde er zur Flamme, Das Feuerzeichen. Hier, wo zwischen Meeren die Insel wuchs, ein Opferstein jäh hinaufgethürmt, hier zündet sich unter schwarzem Himmel Zarathustra seine Höhenfeuer an, Feuerzeichen für verschlagne Schiffer, Fragezeichen für Solche, die Antwort haben ... Diese Flamme mit weissgrauem Bauche — in kalte Fernen züngelt ihre Gier, nach immer reineren Höhen biegt sie den Hals — eine Schlange gerad aufgerichtet vor Ungeduld: dieses Zeichen stellte ich vor mich hin. Meine Seele selber ist diese Flamme,
unersättlich nach neuen Fernen lodert aufwärts, aufwärts ihre stille Gluth. Was floh Zarathustra vor Thier und Menschen? Was entlief er jäh allem festen Lande? Sechs Einsamkeiten kennt er schon —, aber das Meer selbst war nicht genug ihm einsam, die Insel liess ihn steigen, auf dem Berg wurde er zur Flamme, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0151" n="8"/> <div n="2"> <head>Das Feuerzeichen.<lb/></head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Hier, wo zwischen Meeren die Insel wuchs,</l><lb/> <l>ein Opferstein jäh hinaufgethürmt,</l><lb/> <l>hier zündet sich unter schwarzem Himmel</l><lb/> <l>Zarathustra seine Höhenfeuer an,</l><lb/> <l>Feuerzeichen für verschlagne Schiffer,</l><lb/> <l>Fragezeichen für Solche, die Antwort haben ...</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Diese Flamme mit weissgrauem Bauche</l><lb/> <l>— in kalte Fernen züngelt ihre Gier,</l><lb/> <l>nach immer reineren Höhen biegt sie den Hals —</l><lb/> <l>eine Schlange gerad aufgerichtet vor Ungeduld:</l><lb/> <l>dieses Zeichen stellte ich vor mich hin.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Meine Seele selber ist diese Flamme,</l><lb/> <l>unersättlich nach neuen Fernen</l><lb/> <l>lodert aufwärts, aufwärts ihre stille Gluth.</l><lb/> <l>Was floh Zarathustra vor Thier und Menschen?</l><lb/> <l>Was entlief er jäh allem festen Lande?</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Sechs</hi> Einsamkeiten kennt er schon —,</l><lb/> <l>aber das Meer selbst war nicht genug ihm einsam,</l><lb/> <l>die Insel liess ihn steigen, auf dem Berg wurde</l><lb/> <l>er zur Flamme,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [8/0151]
Das Feuerzeichen.
Hier, wo zwischen Meeren die Insel wuchs,
ein Opferstein jäh hinaufgethürmt,
hier zündet sich unter schwarzem Himmel
Zarathustra seine Höhenfeuer an,
Feuerzeichen für verschlagne Schiffer,
Fragezeichen für Solche, die Antwort haben ...
Diese Flamme mit weissgrauem Bauche
— in kalte Fernen züngelt ihre Gier,
nach immer reineren Höhen biegt sie den Hals —
eine Schlange gerad aufgerichtet vor Ungeduld:
dieses Zeichen stellte ich vor mich hin.
Meine Seele selber ist diese Flamme,
unersättlich nach neuen Fernen
lodert aufwärts, aufwärts ihre stille Gluth.
Was floh Zarathustra vor Thier und Menschen?
Was entlief er jäh allem festen Lande?
Sechs Einsamkeiten kennt er schon —,
aber das Meer selbst war nicht genug ihm einsam,
die Insel liess ihn steigen, auf dem Berg wurde
er zur Flamme,
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