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Allgemeine Zeitung, Nr. 2, 2. Januar 1872.

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Allgemeine Zeitung.
Nr. 2. Augsburg, Dienstag, 2 Januar 1872.


Avis. Hierdurch die ergebene Mittheilung daß wir der Buchhandlung W. Adolf & Comp. (H. Hempel) in Berlin, 58, Unter den Linden, eine Agentur zur Annahme
von Inseraten und Abonnements für Berlin und Umgegend übertragen haben. Expedition der Allgemeinen Zeitung.
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. Für die Nedaction verantwortlich: Dr. J. v. Gosen.



[Spaltenumbruch]
Uebersicht.

Rückblicke auf die zweite Session des ersten Deutschen Reichs-
tags.
IV.
Aus der Türkei.
Aus der französischen Nationalversammlung.
Deutsches Reich.
München: Sir H. Howard. Graf Beust. Berlin: Das
Ordensfest. Hr. Reed. Die Principien des allgemeinen Münzgesetzes. Beun-
ruhigendes Gerücht. Hr. v. Oubril. Graf Moltke. Hr. v. Roon. Frhr.
v. Truchseß. Graf Stolberg. Oesterreichische Botschaft. Deutscher Anwaltstag.
Hr. v. Thile. Die Friedensaussichten und die diplomatische Vertretung der
Einzelstaaten im Auslande. Vorarbeiten für den Elbe-Spree-Canal. Köln: Alt-
katholiken und Kirchensteuer.
Oesterreichisch-ungarische Monarchie. Wien: Vertagung des Reichs-
raths. Die galizische Resolution im Abgeordnetenhause. Ernennung.
Großbritaunien. Der Prinz von Wales und die Königin. Die Rede Döllin-
gers. Begräbniß Lord Ellenboroughs. Ernennung. Erzdechant Pratt +.
Frankreich. Victor Hugo und das Mandat. Mac Mahon. Gratry und der
Erzbischof. Schwurgericht.
Italien. Rom: Gerüchte vom Rücktritt einiger Minister. Der Gesetzentwurf
über die Aufhebung der Klöster in Rom.
Griechenland. Athen: Wahrscheinlicher neuer Ministerwechsel. Ueber die
Laurion-Frage.
Montenegro. Von der montenegrinischen Gränze: Die neue mon-
tenegrinische Residenz. Der kleine Gränzkrieg. Der Abbruch der Arbeiten der
türkisch-montenegrischen Gränzregulirungs-Commission.
Türkei. Smyrna: Herstellung eines Eisenbahnnetzes in Anatolien. Die rus-
sische Dampfschifffahrtsgesellschaft. Ein archäologischer Fund.
Verschiedenes.
Industrie, Handel und Verkehr.
Reueste Posten.
Madrid: Wieder eine Krisis. Melilla: Vom Aufstand.
Rom: Diplomatisches. Kopenhagen: Aufhebung der Quarantäne.
Bukarest: Kammerbeschluß über die Convention Bleichröder.




Telegraphische Berichte.

Die Kammer votirte die vier ersten Artikel der
Gisenbahnconvention. Die Opposition zählte fünf Stimmen mehr als bei der
letzten Abstimmung.


Privatverkehr. Silberrente 60.50, Papierrente 103 30, Loose
von 1860 139 50, Creditactien 328, Lombarden 212.70, Staatsbahn 393, Auglo-Austrian
327 50, Franco-Austrian 132.50, Unionsbank 284.50, Napoleons 9.241/2. Tendenz
Schluß matt.


Schlußcurse. 3proc. Cousols 92, 1882er Amerikauer
92, Türken 51, 3proc. Spanier 33.


Goldagio 1091/4, Wechsel in Gold 109, 1882er Bonds
1101/4, 1885er 109, 1904er 1101/4, Illinois 132, Eriebahn 331/4, Baumwolle 20,
Petroleum in Philadelphia 22, Mehl --.


Baumwollen-Wochenbericht. Zufuhren in allen Unions-
häfen 127,000 Ballen, Ausfuhren nach England 37,000 B., Ausfuhreu nach Frankreich
9 00 B., Ausfuhren nach andern Häfen 6.00 B., Borrath in allen Umonshäfen
482,000 B., Preis für Middling Upland in New-York (inel. Kost und Fracht per Dampf
nach Liverpool) 9 Dollars.



Verkehr.

Das Postdampfschiff "Holsatia" (von der Linie der Hamburg-
Amerikanischen Paketfahrt-Actiengesellschaft), welches von New-York am 12 Dec. abgieng,
ist in Plymouth angelangt, und hat sogleich die Reise nach Hamburg fortgesetzt.


Das Postdampfschiff "Bandalia" (von der Linie der Hamburg-
Amerikanischen Paketfahrt-Actiengesellschaft), welches am 25 Nov. von Hamburg über Havre
abgieng ist in New-Orleans angekommen.


Das Postdampfschiff "Cimbria" (von der Linie der Hamburg-
Amerikanischen Patetfahrt-Actiengesellschaft), welches am 6 Dec. von Hamburg über Havre
abgieng, ist in New-York angekommen.


Laut einem heut eingetroffenen Kabeltelegramm aus New-York
haben die Directoren der Erie-Bahn für die Prioritäten 31/2Proc. Dividende, zahlbar am
1 Febr. nächsten Jahres, festgesetzt. -- In London macht sich der Mangel an Silber-
münze,
über welchen schon seit langer Zeit Klage geführt worden ist, gegenwärtig ganz
besonders fühlbar. Eine der ersten Banken versuchte gestern vergeblich 500 Pf. St. in
Silber aufzutreiben, um einem Auftrag aus der Provinz gerecht zu werden. Nur 100 Pf. St.
konnten beschafft werden, und eine Anfrage an der Münze wurde abschlägig beschieden.



Rückblicke auf die zweite Session des ersten Dentschen
Reichstags.

IV.*)

Wohl keiner dem Reichstage zu machenden
Vorlage hatte das große Publicum mit gleichem Interesse entgegengesehen wie
dem seit langer Zeit erwarteten Gesetz über die Ordnung des Münzwesens für
ganz Deutschland. Als der Entwurf der preußischen Regierung kurz vor dem Zu-
[Spaltenumbruch] sammentritt des Parlaments bekannt wurde, rief er eine allgemeine Enttäuschung
hervor. Auch im Bundesrathe fand derselbe wenig Beifall. Niemand hatte Nei-
gung das Referat in den vereinigten Ausschüssen für Handel und Verkehr und für
das Rechnungswesen zu übernehmen, und erst nach längerer Zögerung entschloß
sich der badische Finanzminister Elstätter dazu. Der Entwurf erfuhr durch die
Ausschuß-Berathungen wesentliche Verbesserungen. Den auszuprägenden Gold-
münzen wurde auch für den Privatverkehr Zwangscurs beigelegt; das 15 Mark-
oder 5 Thaler-Stück ward beseitigt; die Einführung der Goldwährung als End-
ziel wurde mit 10 gegen 6 Stimmen beschlossen, fand aber zunächst nur in den
Motiven des Gesetzes bestimmten Ausdruck. Bayern, Württemberg und Hessen
hatten sich vergebens bemüht die Mark durch die Doppelmark ("Bis-Mark") oder
den sogenannten Gulden zu ersetzen, nur Hessen den möglichst engen Anschluß an
das Frankensystem befürwortet. Die Hauptschwierigkeit hatte die Form des Ge-
präges der neuen Goldmünzen gemacht. Während man preußischerseits großen
Werth darauf legte dieselben nur mit dem Brustbilde des Kaisers geschmückt zu
sehen, beanspruchten die Vertreter der größeren andern Bundesstaaten daß die in
deren Münzstätten geprägten Münzen das Brustbild ihrer Souveräne trügen.
Sie beriefen sich auf die Analogie der bisherigen Vereinsthaler, die allerdings nicht
auf Grund einer Verfassungs-Bestimmung, sondern in Folge eines Vertrags aus-
gemünzt wurden, sowie darauf daß durch die Nr. 3 des Artikels 4 der Reichsver-
fassung die Münzhoheit der Einzelstaaten nicht alterirt sei. Nach langen Verhand-
lungen gelangte man zu dem Compromiß daß die Münzen als Reichsmünzen unter
der Controle des Reichs geprägt und auf der einen Seite den Reichsadler, auf der
andern das Bildniß des betreffenden Landesherrn, resp. das Hoheitszeichen der
freien Städte, tragen sollten. Die Könige von Bayern, Württemberg und Sachsen
hatten sich wohl dazu verstehen können als Delegirte des Deutschen Reichs Münzen
prägen zu lassen, man hätte ihnen aber nicht wohl zumuthen können als Münz-
wardeine des Kaisers zu fungiren. Mir würde ein anderer Ausweg glücklicher
erschienen sein, nämlich der: nach dem Beispiel des in Rußland bereits seit Kaiser
Paul üblichen Verfahrens von allen Bildnissen abzusehen, die Münzen lediglich
mit dem Reichswappen zu versehen, die andere Seite, mit oder ohne Beifügung der
Kaiserkrone, ausschließlich für die Bezeichnung von Werth und Gewicht der Mün-
zen zu verwenden. Für den Münzsammler würde die Münze dadurch allerdings
an Interesse verlieren, aber sie würde an Deutlichkeit des Gepräges und an
Circulirfähigkeit im Ausland entschieden gewonnen haben. Diese Idee ist zwar
bei den Verhandlungen des Bundesraths hingeworfen, aber nicht zum Gegenstand
eines förmlichen Antrags gemacht worden. Man wird sich gesagt haben daß es dem
Kaiser, der in seinem religiösen Sinn auf das Bibelwort (Luc. 20, V. 24): "Weß
ist das Bild und die Ueberschrift?" Gewicht legen werde, schwer geworden sein
dürfte auf solchen Vorschlag einzugehen. Im Reichstage würde derselbe schwerlich
Widerspruch gefunden haben, während jetzt -- wie gleich hier bemerkt werden mag
-- Graf Münster (Hannover), der sich das Verhältniß der Einzelstaaten zum Kai-
ser wie dasjenige des Bey's von Tunis zum Sultan zu denken scheint (vergl. den
Ferman vom 3 Schaban 1288), sich bemüssigt fand den Antrag zu stellen und in
schweifwedelnder Rede zu motiviren: alle Münzen nur unter dem Kaiserbilde zu
prägen. Die Vertreter Bayerns, Sachsens und Württembergs -- Hr. v. Mitt-
nacht in überaus geschickter und glänzender Rede -- legten Protest dagegen ein,
und Fürst Bismarck hielt, etwas vom hohen Olymp herab, einen Vortrag über
Werth und Bedeutung von Compromissen, den er mit einem "noli turbare circulos
meos"
schloß. Graf Münster hatte nicht den Tact sein Amendement vor der Ab-
stimmung zurückzuziehen. Außer ihm selbst erhoben sich nur sechs Abgeordnete für
dasselbe: Prinz Wilhelm von Baden, welcher dadurch die Zustimmung seines
Bruders, des Großherzogs, andeuten zu wollen schien, und Fürst Lichnowsky, die
neben ihm saßen, und -- les extremes se touchent -- Dr. Müller (Görlitz).
Dr. Banks und zwei andere Mitglieder der Fortschrittspartei, die ich von der Tri-
büne aus nicht zu erkennen vermochte. Der Reichstag sanctionirte das Compro-
miß der Regierungen mit großer Mehrheit, und verwarf auf Grund desselben auch
den von dem Minister Camphausen, der möglichen Consequenzen wegen, lebhaf
bekämpften Antrag Bambergers: das Ausprägen der Reichsmünzen, soweit es nicht
der Privatindustrie überlassen bleibe, von nun an und für immer für Sache des
Reichs zu erklären.

Am 6 November gelangte der Entwurf des Gesetzes betr. die Ausprägung
von Reichsgoldmünzen zur Vertheilung; am 11 begannen die Debatten darüber.
Zahlreiche Corporationen und Private haben durch jahrelang fortgesetzte gründ-
liche Erörterungen der Münzfrage eine besondere Enquete-Commission überflüssig
gemacht; die Presse, welche sich gleichfalls eifrig an diesen Arbeiten betheiligte, hat
eine eingehende Kritik des Entwurfs geliefert, und ist den Berathungen des Reichs-
tags darüber mit anerkennenswerther Genauigkeit gefolgt. Ich glaube mich daher
hier einer jeden Besprechung der einschlagenden Principfragen enthalten zu dürfen,
und mich darauf beschränken zu können die Hauptergebnisse der Verhandlungen
kurz zu recapituliren. Mit Ausnahme der Fortschrittspartei hatte fast niemand
eine Vorberathung des Entwurfs durch eine Commission für nothwendig gehalten.

*) S. Allg. Ztg. Nr. 365.

Allgemeine Zeitung.
Nr. 2. Augsburg, Dienſtag, 2 Januar 1872.


Avis. Hierdurch die ergebene Mittheilung daß wir der Buchhandlung W. Adolf & Comp. (H. Hempel) in Berlin, 58, Unter den Linden, eine Agentur zur Annahme
von Inſeraten und Abonnements für Berlin und Umgegend übertragen haben. Expedition der Allgemeinen Zeitung.
Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung. Für die Nedaction verantwortlich: Dr. J. v. Goſen.



[Spaltenumbruch]
Ueberſicht.

Rückblicke auf die zweite Seſſion des erſten Deutſchen Reichs-
tags.
IV.
Aus der Türkei.
Aus der franzöſiſchen Nationalverſammlung.
Deutſches Reich.
München: Sir H. Howard. Graf Beuſt. Berlin: Das
Ordensfeſt. Hr. Reed. Die Principien des allgemeinen Münzgeſetzes. Beun-
ruhigendes Gerücht. Hr. v. Oubril. Graf Moltke. Hr. v. Roon. Frhr.
v. Truchſeß. Graf Stolberg. Oeſterreichiſche Botſchaft. Deutſcher Anwaltstag.
Hr. v. Thile. Die Friedensausſichten und die diplomatiſche Vertretung der
Einzelſtaaten im Auslande. Vorarbeiten für den Elbe-Spree-Canal. Köln: Alt-
katholiken und Kirchenſteuer.
Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie. Wien: Vertagung des Reichs-
raths. Die galiziſche Reſolution im Abgeordnetenhauſe. Ernennung.
Großbritaunien. Der Prinz von Wales und die Königin. Die Rede Döllin-
gers. Begräbniß Lord Ellenboroughs. Ernennung. Erzdechant Pratt †.
Frankreich. Victor Hugo und das Mandat. Mac Mahon. Gratry und der
Erzbiſchof. Schwurgericht.
Italien. Rom: Gerüchte vom Rücktritt einiger Miniſter. Der Geſetzentwurf
über die Aufhebung der Klöſter in Rom.
Griechenland. Athen: Wahrſcheinlicher neuer Miniſterwechſel. Ueber die
Laurion-Frage.
Montenegro. Von der montenegriniſchen Gränze: Die neue mon-
tenegriniſche Reſidenz. Der kleine Gränzkrieg. Der Abbruch der Arbeiten der
türkiſch-montenegriſchen Gränzregulirungs-Commiſſion.
Türkei. Smyrna: Herſtellung eines Eiſenbahnnetzes in Anatolien. Die ruſ-
ſiſche Dampfſchifffahrtsgeſellſchaft. Ein archäologiſcher Fund.
Verſchiedenes.
Induſtrie, Handel und Verkehr.
Reueſte Poſten.
Madrid: Wieder eine Kriſis. Melilla: Vom Aufſtand.
Rom: Diplomatiſches. Kopenhagen: Aufhebung der Quarantäne.
Bukareſt: Kammerbeſchluß über die Convention Bleichröder.




Telegraphiſche Berichte.

Die Kammer votirte die vier erſten Artikel der
Giſenbahnconvention. Die Oppoſition zählte fünf Stimmen mehr als bei der
letzten Abſtimmung.


Privatverkehr. Silberrente 60.50, Papierrente 103 30, Looſe
von 1860 139 50, Creditactien 328, Lombarden 212.70, Staatsbahn 393, Auglo-Auſtrian
327 50, Franco-Auſtrian 132.50, Unionsbank 284.50, Napoleons 9.24½. Tendenz
Schluß matt.


Schlußcurſe. 3proc. Couſols 92, 1882er Amerikauer
92, Türken 51, 3proc. Spanier 33.


Goldagio 109¼, Wechſel in Gold 109, 1882er Bonds
110¼, 1885er 109, 1904er 110¼, Illinois 132, Eriebahn 33¼, Baumwolle 20,
Petroleum in Philadelphia 22, Mehl —.


Baumwollen-Wochenbericht. Zufuhren in allen Unions-
häfen 127,000 Ballen, Ausfuhren nach England 37,000 B., Ausfuhreu nach Frankreich
9 00 B., Ausfuhren nach andern Häfen 6.00 B., Borrath in allen Umonshäfen
482,000 B., Preis für Middling Upland in New-York (inel. Koſt und Fracht per Dampf
nach Liverpool) 9 Dollars.



Verkehr.

Das Poſtdampfſchiff „Holſatia“ (von der Linie der Hamburg-
Amerikaniſchen Paketfahrt-Actiengeſellſchaft), welches von New-York am 12 Dec. abgieng,
iſt in Plymouth angelangt, und hat ſogleich die Reiſe nach Hamburg fortgeſetzt.


Das Poſtdampfſchiff „Bandalia“ (von der Linie der Hamburg-
Amerikaniſchen Paketfahrt-Actiengeſellſchaft), welches am 25 Nov. von Hamburg über Havre
abgieng iſt in New-Orleans angekommen.


Das Poſtdampfſchiff „Cimbria“ (von der Linie der Hamburg-
Amerikaniſchen Patetfahrt-Actiengeſellſchaft), welches am 6 Dec. von Hamburg über Havre
abgieng, iſt in New-York angekommen.


Laut einem heut eingetroffenen Kabeltelegramm aus New-York
haben die Directoren der Erie-Bahn für die Prioritäten 3½Proc. Dividende, zahlbar am
1 Febr. nächſten Jahres, feſtgeſetzt. — In London macht ſich der Mangel an Silber-
münze,
über welchen ſchon ſeit langer Zeit Klage geführt worden iſt, gegenwärtig ganz
beſonders fühlbar. Eine der erſten Banken verſuchte geſtern vergeblich 500 Pf. St. in
Silber aufzutreiben, um einem Auftrag aus der Provinz gerecht zu werden. Nur 100 Pf. St.
konnten beſchafft werden, und eine Anfrage an der Münze wurde abſchlägig beſchieden.



Rückblicke auf die zweite Seſſion des erſten Dentſchen
Reichstags.

IV.*)

Wohl keiner dem Reichstage zu machenden
Vorlage hatte das große Publicum mit gleichem Intereſſe entgegengeſehen wie
dem ſeit langer Zeit erwarteten Geſetz über die Ordnung des Münzweſens für
ganz Deutſchland. Als der Entwurf der preußiſchen Regierung kurz vor dem Zu-
[Spaltenumbruch] ſammentritt des Parlaments bekannt wurde, rief er eine allgemeine Enttäuſchung
hervor. Auch im Bundesrathe fand derſelbe wenig Beifall. Niemand hatte Nei-
gung das Referat in den vereinigten Ausſchüſſen für Handel und Verkehr und für
das Rechnungsweſen zu übernehmen, und erſt nach längerer Zögerung entſchloß
ſich der badiſche Finanzminiſter Elſtätter dazu. Der Entwurf erfuhr durch die
Ausſchuß-Berathungen weſentliche Verbeſſerungen. Den auszuprägenden Gold-
münzen wurde auch für den Privatverkehr Zwangscurs beigelegt; das 15 Mark-
oder 5 Thaler-Stück ward beſeitigt; die Einführung der Goldwährung als End-
ziel wurde mit 10 gegen 6 Stimmen beſchloſſen, fand aber zunächſt nur in den
Motiven des Geſetzes beſtimmten Ausdruck. Bayern, Württemberg und Heſſen
hatten ſich vergebens bemüht die Mark durch die Doppelmark („Bis-Mark“) oder
den ſogenannten Gulden zu erſetzen, nur Heſſen den möglichſt engen Anſchluß an
das Frankenſyſtem befürwortet. Die Hauptſchwierigkeit hatte die Form des Ge-
präges der neuen Goldmünzen gemacht. Während man preußiſcherſeits großen
Werth darauf legte dieſelben nur mit dem Bruſtbilde des Kaiſers geſchmückt zu
ſehen, beanſpruchten die Vertreter der größeren andern Bundesſtaaten daß die in
deren Münzſtätten geprägten Münzen das Bruſtbild ihrer Souveräne trügen.
Sie beriefen ſich auf die Analogie der bisherigen Vereinsthaler, die allerdings nicht
auf Grund einer Verfaſſungs-Beſtimmung, ſondern in Folge eines Vertrags aus-
gemünzt wurden, ſowie darauf daß durch die Nr. 3 des Artikels 4 der Reichsver-
faſſung die Münzhoheit der Einzelſtaaten nicht alterirt ſei. Nach langen Verhand-
lungen gelangte man zu dem Compromiß daß die Münzen als Reichsmünzen unter
der Controle des Reichs geprägt und auf der einen Seite den Reichsadler, auf der
andern das Bildniß des betreffenden Landesherrn, reſp. das Hoheitszeichen der
freien Städte, tragen ſollten. Die Könige von Bayern, Württemberg und Sachſen
hatten ſich wohl dazu verſtehen können als Delegirte des Deutſchen Reichs Münzen
prägen zu laſſen, man hätte ihnen aber nicht wohl zumuthen können als Münz-
wardeine des Kaiſers zu fungiren. Mir würde ein anderer Ausweg glücklicher
erſchienen ſein, nämlich der: nach dem Beiſpiel des in Rußland bereits ſeit Kaiſer
Paul üblichen Verfahrens von allen Bildniſſen abzuſehen, die Münzen lediglich
mit dem Reichswappen zu verſehen, die andere Seite, mit oder ohne Beifügung der
Kaiſerkrone, ausſchließlich für die Bezeichnung von Werth und Gewicht der Mün-
zen zu verwenden. Für den Münzſammler würde die Münze dadurch allerdings
an Intereſſe verlieren, aber ſie würde an Deutlichkeit des Gepräges und an
Circulirfähigkeit im Ausland entſchieden gewonnen haben. Dieſe Idee iſt zwar
bei den Verhandlungen des Bundesraths hingeworfen, aber nicht zum Gegenſtand
eines förmlichen Antrags gemacht worden. Man wird ſich geſagt haben daß es dem
Kaiſer, der in ſeinem religiöſen Sinn auf das Bibelwort (Luc. 20, V. 24): „Weß
iſt das Bild und die Ueberſchrift?“ Gewicht legen werde, ſchwer geworden ſein
dürfte auf ſolchen Vorſchlag einzugehen. Im Reichstage würde derſelbe ſchwerlich
Widerſpruch gefunden haben, während jetzt — wie gleich hier bemerkt werden mag
— Graf Münſter (Hannover), der ſich das Verhältniß der Einzelſtaaten zum Kai-
ſer wie dasjenige des Bey’s von Tunis zum Sultan zu denken ſcheint (vergl. den
Ferman vom 3 Schaban 1288), ſich bemüſſigt fand den Antrag zu ſtellen und in
ſchweifwedelnder Rede zu motiviren: alle Münzen nur unter dem Kaiſerbilde zu
prägen. Die Vertreter Bayerns, Sachſens und Württembergs — Hr. v. Mitt-
nacht in überaus geſchickter und glänzender Rede — legten Proteſt dagegen ein,
und Fürſt Bismarck hielt, etwas vom hohen Olymp herab, einen Vortrag über
Werth und Bedeutung von Compromiſſen, den er mit einem „noli turbare circulos
meos“
ſchloß. Graf Münſter hatte nicht den Tact ſein Amendement vor der Ab-
ſtimmung zurückzuziehen. Außer ihm ſelbſt erhoben ſich nur ſechs Abgeordnete für
dasſelbe: Prinz Wilhelm von Baden, welcher dadurch die Zuſtimmung ſeines
Bruders, des Großherzogs, andeuten zu wollen ſchien, und Fürſt Lichnowsky, die
neben ihm ſaßen, und — les extrêmes se touchent — Dr. Müller (Görlitz).
Dr. Banks und zwei andere Mitglieder der Fortſchrittspartei, die ich von der Tri-
büne aus nicht zu erkennen vermochte. Der Reichstag ſanctionirte das Compro-
miß der Regierungen mit großer Mehrheit, und verwarf auf Grund desſelben auch
den von dem Miniſter Camphauſen, der möglichen Conſequenzen wegen, lebhaf
bekämpften Antrag Bambergers: das Ausprägen der Reichsmünzen, ſoweit es nicht
der Privatinduſtrie überlaſſen bleibe, von nun an und für immer für Sache des
Reichs zu erklären.

Am 6 November gelangte der Entwurf des Geſetzes betr. die Ausprägung
von Reichsgoldmünzen zur Vertheilung; am 11 begannen die Debatten darüber.
Zahlreiche Corporationen und Private haben durch jahrelang fortgeſetzte gründ-
liche Erörterungen der Münzfrage eine beſondere Enquête-Commiſſion überflüſſig
gemacht; die Preſſe, welche ſich gleichfalls eifrig an dieſen Arbeiten betheiligte, hat
eine eingehende Kritik des Entwurfs geliefert, und iſt den Berathungen des Reichs-
tags darüber mit anerkennenswerther Genauigkeit gefolgt. Ich glaube mich daher
hier einer jeden Beſprechung der einſchlagenden Principfragen enthalten zu dürfen,
und mich darauf beſchränken zu können die Hauptergebniſſe der Verhandlungen
kurz zu recapituliren. Mit Ausnahme der Fortſchrittspartei hatte faſt niemand
eine Vorberathung des Entwurfs durch eine Commiſſion für nothwendig gehalten.

*) S. Allg. Ztg. Nr. 365.
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[0001] Allgemeine Zeitung. Nr. 2. Augsburg, Dienſtag, 2 Januar 1872. Avis. Hierdurch die ergebene Mittheilung daß wir der Buchhandlung W. Adolf & Comp. (H. Hempel) in Berlin, 58, Unter den Linden, eine Agentur zur Annahme von Inſeraten und Abonnements für Berlin und Umgegend übertragen haben. Expedition der Allgemeinen Zeitung. Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung. Für die Nedaction verantwortlich: Dr. J. v. Goſen. Ueberſicht. Rückblicke auf die zweite Seſſion des erſten Deutſchen Reichs- tags. IV. Aus der Türkei. Aus der franzöſiſchen Nationalverſammlung. Deutſches Reich. München: Sir H. Howard. Graf Beuſt. Berlin: Das Ordensfeſt. Hr. Reed. Die Principien des allgemeinen Münzgeſetzes. Beun- ruhigendes Gerücht. Hr. v. Oubril. Graf Moltke. Hr. v. Roon. Frhr. v. Truchſeß. Graf Stolberg. Oeſterreichiſche Botſchaft. Deutſcher Anwaltstag. Hr. v. Thile. Die Friedensausſichten und die diplomatiſche Vertretung der Einzelſtaaten im Auslande. Vorarbeiten für den Elbe-Spree-Canal. Köln: Alt- katholiken und Kirchenſteuer. Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie. Wien: Vertagung des Reichs- raths. Die galiziſche Reſolution im Abgeordnetenhauſe. Ernennung. Großbritaunien. Der Prinz von Wales und die Königin. Die Rede Döllin- gers. Begräbniß Lord Ellenboroughs. Ernennung. Erzdechant Pratt †. Frankreich. Victor Hugo und das Mandat. Mac Mahon. Gratry und der Erzbiſchof. Schwurgericht. Italien. Rom: Gerüchte vom Rücktritt einiger Miniſter. Der Geſetzentwurf über die Aufhebung der Klöſter in Rom. Griechenland. Athen: Wahrſcheinlicher neuer Miniſterwechſel. Ueber die Laurion-Frage. Montenegro. Von der montenegriniſchen Gränze: Die neue mon- tenegriniſche Reſidenz. Der kleine Gränzkrieg. Der Abbruch der Arbeiten der türkiſch-montenegriſchen Gränzregulirungs-Commiſſion. Türkei. Smyrna: Herſtellung eines Eiſenbahnnetzes in Anatolien. Die ruſ- ſiſche Dampfſchifffahrtsgeſellſchaft. Ein archäologiſcher Fund. Verſchiedenes. Induſtrie, Handel und Verkehr. Reueſte Poſten. Madrid: Wieder eine Kriſis. Melilla: Vom Aufſtand. Rom: Diplomatiſches. Kopenhagen: Aufhebung der Quarantäne. Bukareſt: Kammerbeſchluß über die Convention Bleichröder. Telegraphiſche Berichte. (*) Bukareſt, 31 Dec. Die Kammer votirte die vier erſten Artikel der Giſenbahnconvention. Die Oppoſition zählte fünf Stimmen mehr als bei der letzten Abſtimmung. * Wien, 31 Dec. Privatverkehr. Silberrente 60.50, Papierrente 103 30, Looſe von 1860 139 50, Creditactien 328, Lombarden 212.70, Staatsbahn 393, Auglo-Auſtrian 327 50, Franco-Auſtrian 132.50, Unionsbank 284.50, Napoleons 9.24½. Tendenz Schluß matt. * London, 30 Dec. Schlußcurſe. 3proc. Couſols 92[FORMEL], 1882er Amerikauer 92[FORMEL], Türken 51[FORMEL], 3proc. Spanier 33[FORMEL]. * New-York, 30 Dec. Goldagio 109¼, Wechſel in Gold 109[FORMEL], 1882er Bonds 110¼, 1885er 109[FORMEL], 1904er 110¼, Illinois 132, Eriebahn 33¼, Baumwolle 20, Petroleum in Philadelphia 22, Mehl —. * New-York, 30 Dec. Baumwollen-Wochenbericht. Zufuhren in allen Unions- häfen 127,000 Ballen, Ausfuhren nach England 37,000 B., Ausfuhreu nach Frankreich 9 00 B., Ausfuhren nach andern Häfen 6.00 B., Borrath in allen Umonshäfen 482,000 B., Preis für Middling Upland in New-York (inel. Koſt und Fracht per Dampf nach Liverpool) 9[FORMEL] Dollars. Verkehr. * Hamburg. Das Poſtdampfſchiff „Holſatia“ (von der Linie der Hamburg- Amerikaniſchen Paketfahrt-Actiengeſellſchaft), welches von New-York am 12 Dec. abgieng, iſt in Plymouth angelangt, und hat ſogleich die Reiſe nach Hamburg fortgeſetzt. * Hamburg. Das Poſtdampfſchiff „Bandalia“ (von der Linie der Hamburg- Amerikaniſchen Paketfahrt-Actiengeſellſchaft), welches am 25 Nov. von Hamburg über Havre abgieng iſt in New-Orleans angekommen. * Hamburg. Das Poſtdampfſchiff „Cimbria“ (von der Linie der Hamburg- Amerikaniſchen Patetfahrt-Actiengeſellſchaft), welches am 6 Dec. von Hamburg über Havre abgieng, iſt in New-York angekommen. London, 29 Dec. Laut einem heut eingetroffenen Kabeltelegramm aus New-York haben die Directoren der Erie-Bahn für die Prioritäten 3½Proc. Dividende, zahlbar am 1 Febr. nächſten Jahres, feſtgeſetzt. — In London macht ſich der Mangel an Silber- münze, über welchen ſchon ſeit langer Zeit Klage geführt worden iſt, gegenwärtig ganz beſonders fühlbar. Eine der erſten Banken verſuchte geſtern vergeblich 500 Pf. St. in Silber aufzutreiben, um einem Auftrag aus der Provinz gerecht zu werden. Nur 100 Pf. St. konnten beſchafft werden, und eine Anfrage an der Münze wurde abſchlägig beſchieden. Rückblicke auf die zweite Seſſion des erſten Dentſchen Reichstags. IV. *) ̐ Berlin, Ende Decembers. Wohl keiner dem Reichstage zu machenden Vorlage hatte das große Publicum mit gleichem Intereſſe entgegengeſehen wie dem ſeit langer Zeit erwarteten Geſetz über die Ordnung des Münzweſens für ganz Deutſchland. Als der Entwurf der preußiſchen Regierung kurz vor dem Zu- ſammentritt des Parlaments bekannt wurde, rief er eine allgemeine Enttäuſchung hervor. Auch im Bundesrathe fand derſelbe wenig Beifall. Niemand hatte Nei- gung das Referat in den vereinigten Ausſchüſſen für Handel und Verkehr und für das Rechnungsweſen zu übernehmen, und erſt nach längerer Zögerung entſchloß ſich der badiſche Finanzminiſter Elſtätter dazu. Der Entwurf erfuhr durch die Ausſchuß-Berathungen weſentliche Verbeſſerungen. Den auszuprägenden Gold- münzen wurde auch für den Privatverkehr Zwangscurs beigelegt; das 15 Mark- oder 5 Thaler-Stück ward beſeitigt; die Einführung der Goldwährung als End- ziel wurde mit 10 gegen 6 Stimmen beſchloſſen, fand aber zunächſt nur in den Motiven des Geſetzes beſtimmten Ausdruck. Bayern, Württemberg und Heſſen hatten ſich vergebens bemüht die Mark durch die Doppelmark („Bis-Mark“) oder den ſogenannten Gulden zu erſetzen, nur Heſſen den möglichſt engen Anſchluß an das Frankenſyſtem befürwortet. Die Hauptſchwierigkeit hatte die Form des Ge- präges der neuen Goldmünzen gemacht. Während man preußiſcherſeits großen Werth darauf legte dieſelben nur mit dem Bruſtbilde des Kaiſers geſchmückt zu ſehen, beanſpruchten die Vertreter der größeren andern Bundesſtaaten daß die in deren Münzſtätten geprägten Münzen das Bruſtbild ihrer Souveräne trügen. Sie beriefen ſich auf die Analogie der bisherigen Vereinsthaler, die allerdings nicht auf Grund einer Verfaſſungs-Beſtimmung, ſondern in Folge eines Vertrags aus- gemünzt wurden, ſowie darauf daß durch die Nr. 3 des Artikels 4 der Reichsver- faſſung die Münzhoheit der Einzelſtaaten nicht alterirt ſei. Nach langen Verhand- lungen gelangte man zu dem Compromiß daß die Münzen als Reichsmünzen unter der Controle des Reichs geprägt und auf der einen Seite den Reichsadler, auf der andern das Bildniß des betreffenden Landesherrn, reſp. das Hoheitszeichen der freien Städte, tragen ſollten. Die Könige von Bayern, Württemberg und Sachſen hatten ſich wohl dazu verſtehen können als Delegirte des Deutſchen Reichs Münzen prägen zu laſſen, man hätte ihnen aber nicht wohl zumuthen können als Münz- wardeine des Kaiſers zu fungiren. Mir würde ein anderer Ausweg glücklicher erſchienen ſein, nämlich der: nach dem Beiſpiel des in Rußland bereits ſeit Kaiſer Paul üblichen Verfahrens von allen Bildniſſen abzuſehen, die Münzen lediglich mit dem Reichswappen zu verſehen, die andere Seite, mit oder ohne Beifügung der Kaiſerkrone, ausſchließlich für die Bezeichnung von Werth und Gewicht der Mün- zen zu verwenden. Für den Münzſammler würde die Münze dadurch allerdings an Intereſſe verlieren, aber ſie würde an Deutlichkeit des Gepräges und an Circulirfähigkeit im Ausland entſchieden gewonnen haben. Dieſe Idee iſt zwar bei den Verhandlungen des Bundesraths hingeworfen, aber nicht zum Gegenſtand eines förmlichen Antrags gemacht worden. Man wird ſich geſagt haben daß es dem Kaiſer, der in ſeinem religiöſen Sinn auf das Bibelwort (Luc. 20, V. 24): „Weß iſt das Bild und die Ueberſchrift?“ Gewicht legen werde, ſchwer geworden ſein dürfte auf ſolchen Vorſchlag einzugehen. Im Reichstage würde derſelbe ſchwerlich Widerſpruch gefunden haben, während jetzt — wie gleich hier bemerkt werden mag — Graf Münſter (Hannover), der ſich das Verhältniß der Einzelſtaaten zum Kai- ſer wie dasjenige des Bey’s von Tunis zum Sultan zu denken ſcheint (vergl. den Ferman vom 3 Schaban 1288), ſich bemüſſigt fand den Antrag zu ſtellen und in ſchweifwedelnder Rede zu motiviren: alle Münzen nur unter dem Kaiſerbilde zu prägen. Die Vertreter Bayerns, Sachſens und Württembergs — Hr. v. Mitt- nacht in überaus geſchickter und glänzender Rede — legten Proteſt dagegen ein, und Fürſt Bismarck hielt, etwas vom hohen Olymp herab, einen Vortrag über Werth und Bedeutung von Compromiſſen, den er mit einem „noli turbare circulos meos“ ſchloß. Graf Münſter hatte nicht den Tact ſein Amendement vor der Ab- ſtimmung zurückzuziehen. Außer ihm ſelbſt erhoben ſich nur ſechs Abgeordnete für dasſelbe: Prinz Wilhelm von Baden, welcher dadurch die Zuſtimmung ſeines Bruders, des Großherzogs, andeuten zu wollen ſchien, und Fürſt Lichnowsky, die neben ihm ſaßen, und — les extrêmes se touchent — Dr. Müller (Görlitz). Dr. Banks und zwei andere Mitglieder der Fortſchrittspartei, die ich von der Tri- büne aus nicht zu erkennen vermochte. Der Reichstag ſanctionirte das Compro- miß der Regierungen mit großer Mehrheit, und verwarf auf Grund desſelben auch den von dem Miniſter Camphauſen, der möglichen Conſequenzen wegen, lebhaf bekämpften Antrag Bambergers: das Ausprägen der Reichsmünzen, ſoweit es nicht der Privatinduſtrie überlaſſen bleibe, von nun an und für immer für Sache des Reichs zu erklären. Am 6 November gelangte der Entwurf des Geſetzes betr. die Ausprägung von Reichsgoldmünzen zur Vertheilung; am 11 begannen die Debatten darüber. Zahlreiche Corporationen und Private haben durch jahrelang fortgeſetzte gründ- liche Erörterungen der Münzfrage eine beſondere Enquête-Commiſſion überflüſſig gemacht; die Preſſe, welche ſich gleichfalls eifrig an dieſen Arbeiten betheiligte, hat eine eingehende Kritik des Entwurfs geliefert, und iſt den Berathungen des Reichs- tags darüber mit anerkennenswerther Genauigkeit gefolgt. Ich glaube mich daher hier einer jeden Beſprechung der einſchlagenden Principfragen enthalten zu dürfen, und mich darauf beſchränken zu können die Hauptergebniſſe der Verhandlungen kurz zu recapituliren. Mit Ausnahme der Fortſchrittspartei hatte faſt niemand eine Vorberathung des Entwurfs durch eine Commiſſion für nothwendig gehalten. *) S. Allg. Ztg. Nr. 365.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 2, 2. Januar 1872, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine02_1872/1>, abgerufen am 21.11.2024.