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Allgemeine Zeitung, Nr. 2, 2. Januar 1872.

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[Spaltenumbruch] lichen Bericht, zur Verhandlung gelange. (Allgemeiner Beifall.) Hr. Alfred Andre
will nur noch zur öffentlichen Beruhigung bemerken daß seiner Ansicht nach der kritischste
Augenblick vorüber sei. Damit wird dieser Gegenstand verlassen und zu der Debatte
über die Einkommensteuer zurückgekehrt. Noch vertheidigt in dieser Sitzung Hr.
Langlois seinen Vorschlag einer graduellen Steuer von 5 bis 20 Procent auf alle
Einkünfte von Arbeit und von 20 Procent auf alle Einkünfte von Capital -- einer
Steuer, deren Erträgniß der Redner auf 1600 Millionen berechnet.


Hr. Thiers wohnt der Sitzung bei. Das Steuerproject
des Hrn. Langlois wird nach kurzer Debatte verworfen; der Rest der bis 8 Uhr Abends
währenden Sitzung ist der Bankvorlage gewidmet, nachdem der Referent Bocher sich
zu mündlicher Berichterstattung bereit erklärt und das Haus die Dringlichkeit
votirt hat. Die Regierung hatte, wie man sich erinnert, eine Erhöhung des Notenum-
laufs um 600 Millionen, d. i. von 2400 Millionen auf drei Milliarden, beantragt,
wobei jedoch die Erhöhung um die letzten 200 Millionen, also von 2800 Millionen ab,
an ein besonderes Decret des Präsidenten geknüpft bleiben sollte; ferner sollte die Bank
ermächtigt werden auch Noten von 10 Fr. und 5 Fr. auszugeben. Die Commission
schlägt dagegen nur eine Erhöhung des Notenumlaufes um 300 Millionen, also bis
auf 2700 Millionen, vor; diese neuen Noten sollen nach Maßgabe der Rückzahlungen,
welche der Staat und die Stadt Paris im Laufe des neuen Jahrs an die Bank leisten
werden, aus dem Verkehr gezogen werden; endlich soll die Bank nur 100 Millionen
(die also in jenen 300 Millionen einbegriffen sind) in Noten von 10 Fr. und 5 Fr.
ausgeben, und die Privatinstitute welche Papiergeld emittirt haben angehalten werden
dasselbe binnen sechs Monaten aus dem Verkehr zu ziehen. Hr. Germain unterstützt
die Regierungsvorlage, Hr. Alfred Andre den von der Commission vorgeschlagenen
Modus. Nach einigen aphoristischen Bemerkungen des Finanzministers wird der
Gegenstand erschöpfend in zwei Reden der HH. Bocher und Thiers behandelt. Hr.
Bocher: Vor dem Kriege war die Lage der Bank eine sehr blühende, ihr Notenumlauf
betrug 1450, und ihr Baarvorrath 1250 Millionen; dann brachte das Gesetz vom
14 Aug. 1870 den Notenumlauf auf 2400 Millionen. Aber als der Krieg ausbrach,
hatten wir einen bedeutenden Credit-Conto im Auslande, und dieß erhielt den Werth un-
serer Banknoten bis zum Juni 1871 aufrecht. Seitdem ist aber durch die Zahlungen
an Deutschland das Metall ausgewandert, und das Bankpapier mußte nothwendig an
Werth verlieren. Theoretisch bleibt es doch, um nun zu der Vorlage überzugehen, un-
bestreitbar daß, je mehr man die Masse des Papiers vergrößert, desto mehr der Werth
desselben auch zurückgeht. Wenn nun der Credit der Bank von dem Werth ihrer Noten
abhängt, so mußte die Regierung uns von der Nothwendigkeit der beantragten Ver-
mehrung überzeugen. Die Regierung hat noch das Recht 277 Millionen von der Bank
zu verlangen, zu diesem Behufe wollen wir in eine Erhöhung von 300 Millionen wil-
ligen. Warum aber noch mehr? Wer wollte ermessen an welcher Gränze die Ent-
werthung der Banknote anfangen würde? Redner verweilt so wohlgefällig bei der
Gefahr der Entwerthung der Banknoten, daß er endlich allgemeine Unruhe erregt, und
nur unter schwachem, von den orleanistischen Bänken ausgehendem, Beifall die Tribüne
verläßt. Hr. Thiers (Rufe: Auf morgen! Sprechen Sie!): Wenn die Kammer die
Disenssion fortsetzen will -- und nach meiner Ansicht sollte sie das -- so bitte ich sie mich
mit Geduld anzuhören. Die Erhöhung des Notenumlaufes ist, wie die Dinge nun ein-
mal stehen, unsere einzige Hülfsquelle. Sind wir für diese Lage verantwortlich? Haben
wir sie etwa geschaffen? Wenn Sie eine andere Hülfsquelle wissen, so bin ich bereit so-
fort die Tribüne zu verlassen. (Beifall links; Unruhe rechts.) Man muß nichts über-
treiben, und es ist nicht Sache eines guten Bürgers den Credit des Landes in Verruf
zu bringen. Das Land hat in einem einzigen Jahr zwei Milliarden gezahlt ohne daß
die Banknote einen Augenblick entwerthet worden wäre. Das Budget welches wir
Ihnen vorgelegt haben, erfordert 650 Millionen neue Steuern, wovon 247 noch zu
votiren sind. Das Kriegsbudget enthält ein Mehrerforderniß von 75 Millionen (Nein,
Nein!). Wir werden seiner Zeit sehen ob diese Mehrforderung gerechtfertigt ist. Die
Capitalisten kennen diese Lage, sind sie deßhalb beunruhigt? Durchaus nicht. Daß
das Gold eine kleine Prämie macht, etwa 1 Procent, kann nach so furchtbaren Krisen
doch nicht wundernehmen. Nach dem Kriege, nach der Commune, nach Auferlegung
einer ungeheuren Kriegsentschädigung hat die Banknote sich unerschütterlich gehalten.
In Bordeaux wußte ich nicht gewiß, konnte unser Gläubiger auch nicht mit Bestimmt-
heit wissen, ob wir im Stande sein würden auch nur zwei Milliarden zu zahlen. Gewiß,
wir haben noch nicht alle Schwierigkeiten überstanden; aber wenn wir bedenken welche
Krisen schon hinter uns liegen, brauchen wir uns auch über den künftigen Werth der
Banknoten nicht zu beunruhigen. Es ist auch richtig daß eine bedeutende Quantität
Metall aus Frankreich ausgewandert ist; dasselbe wird aber allmählich zurückfließen,
wenn wir auch die Ziffer unseres Notenumlaufes im Auge haben, und namentlich mit
den neuen Steuern unsere Einkünfte vermehren. Unsere schwebende Schuld beträgt
nur 625 Millionen, wir haben also nichts zu fürchten. Wir wollen jetzt den Frieden,
wir wollen ihn alle; er ist hart, aber gerade je härter er ist, desto mehr müssen wir ihn
erhalten, und nicht leichtsinnig das Wohl des Landes auf das Spiel setzen (Sehr gut!),
wie wenn man neulich strafbare Unvorsichtigkeiten (imprudences criminelles) be-
gieng, und uns damit Worte zuzog auf welche unsere Würde erheischt nur mit Schwei-
gen zu antworten. (Lebhafte Zustimmung.) Mit dieser Sicherheit des Friedens, und
wie Ihnen jetzt die Finanzlage im allgemeinen bekannt ist, welchen Grund hätten Sie
da zu Besergnissen? Unser Verhältniß zur Bank ist Ihnen ebenfalls bekannt, wir kön-
nen von ihr einen Credit bis 1530 Millionen in Anspruch nehmen, und dazu bleiben
uns noch 254 Millionen zur Verfügung. Mit Hülfe des Friedens und einer maßvollen
Politik kann es nicht fehlen daß die Arbeit wieder auflebt; dann werden jährlich wieder
300 bis 400 Millionen Metall in die Bank fließen. Redner sährt dann fort: er sei in
frühern Zeiten ein Gegner schon der Banknoten von 50 Fr. gewesen; jetzt müsse er die
Nothwendigkeit der Conpüren von 10 und 5 Fr. anerkennen; die von den Gesellschaf-
ten ausgegebenen Noten hätten im Publicum doch immer nur einen relativen Credit
gefunden. Dann zur Hauptsache zurückkehrend, sagt er weiter: das Gold ist im Preise
gestiegen, aber die Banknote hat darum in ihrem Werthe nicht verloren, weil die Ge-
genstände welche man mit Banknoten bezahlt bis jetzt noch nicht theurer geworden sind.
Gewiß darf mar ein so kostbares Werkzeug nicht mißbrauchen, aber man kennt die Vor-
sicht des Regentschaftsraths der Bank, und doch hat dieser selbst in meiner Gegenwart
eine Erhöhung von 2800 Millionen verlangt. (Hr. Jules de Lasteyrie: Vor der Com-
mission verlangte der Regentschaftsrath eine andere Ziffer.) Welche sonstigen Hülfs-
quellen blieben uns übrig? Ist eine Anleihe jetzt möglich, wo die letzte Anleihe zwar
beinahe, aber doch noch nicht immer ganz untergebracht, hiezu vielmehr noch ein
Jahr erforderlich ist? Andrerseits dürfen wir keinen Augenblick die Befreiung unseres
Landesgebiets aus dem Auge verlieren, und müßte ein solches Zwischenanlehen nicht
den Operationen schaden die für diesen Zweck in den nächsten Jahren nöthig sein
werden? (Beifall.) Ich begreife wirklich nicht warum man uns so viele Schwierigkei-
ten macht. Glauben Sie etwa daß diese Discussion dem Lande Vortheil bringt? Er-
kennen Sie nicht vielmehr daß der Schaden den sie stiften kann, die Differenz von hun-
dert Millionen aufwiegen dürfte welche zwischen unserm Antrag und dem der Commis-
sion besteht? Was mich betrifft, so muß ich im Einklang mit meinen Collegen erllären
daß ich auf unsern ursprünglichen Anträgen bestehe. Wollen Sie uns 400 Millionen
[Spaltenumbruch] geben? Wir nehmen sie an. 600 Millionen? Das wäre noch zweckmäßiger. Unter
400 Millionen können wir nicht herabgehen. (Lebhafter Beifall.) Hr. Bocher erklärt:
daß die Commission sich unter dem Eindruck der Rede des Hrn. Thiers zu der Ziffer von
400 Millionen bekehrt habe. In diesem Sinne wird Art. 1 einstimmig angenommen;
deßgleichen erwirkt Hr. Thiers daß für die kleinen Coupüren von 10 und 5 Fr. keine
bestimmte Ziffer festgesetzt wird. Nur in den Nebenbestimmungen dringt die Commission.
durch; insbesondere sollen also die von den Privatgesellschaften ausgegebenen Noten
binnen sechs Monaten aus dem Verkehr gezogen werden.



Deutsches Reich.

Der langjährige Gesandte Englands an unserem
kgl. Hofe, Sir Henry Howard, hat aus Anlaß seiner Abberufung von Sr. Maj.
dem König mit einem äußerst huldvollen Schreiben das königl. Bildniß übersendet
erhalten. -- Graf Beust ist auf der Rückreise nach Wien heute Morgens hier durch-
gereist.


Das Ordensfest, welches, wie alljährlich, am 18 Jan.
stattfinden soll, ist, wie es scheint, dazu ausersehen die Dotationen zur Vertheilung
zu bringen. Von gut unterrichteter Seite wird (in den "Hamb. Nachr.") mitge-
theilt: daß der Kaiser zur Verkündigung seiner Beschlüsse wahrscheinlich das Neu-
jahrsfest oder einen "andern naheliegenden Erinnerungstag" wählen werde, und
wird zugleich wiederholt betont daß auf Grund der der Reichstagscommission ge-
gebenen vertraulichen Erläuterungen die definitive Regelung der ganzen Ange-
legenheit lediglich dem Ermessen des Reichsoberhauptes anheim gegeben wurde.
Deßhalb habe man auch selbst in Regierungskreisen nur Vermuthungen über die
Absichten des Kaisers und halte sich in den Gränzen strengster Discretion. Im
übrigen soll das Ordensfest einen überwiegend militärischen Charakter erhalten,
und die Verleihung von Decorationen wird hauptsächlich Officiere treffen. --
Gegenüber der in verschiedenen Blättern umlaufenden Nachricht von einer Anstel-
lung des früheren Chef-Constructeurs der englischen Marine, Hrn. Reed, im dies-
seitigen Staatsdienst kann die "N. A. Z." auf Grund zuverlässiger Mittheilungen
bestimmt versichern: daß an maßgebender Stelle von einer solchen Anstellung nie-
mals auch nur die Rede gewesen ist, und daß somit alle an eine derartige Even-
tualität geknüpften Vermuthungen u. s. w. völlig gegenstandslos sind. -- Ueber
die Principien des in der Frühjahrssession des Reichstags zu berathenden allge-
meinen Reichsmünzgesetzes erfährt die "D. R. C." folgendes: "Das Gesetz soll
namentlich die Ausgabe von Scheidemünzen und deren Ausprägung regeln, da
durch das Gesetz über die Ausprägung von Reichsgoldmünzen bereits die größeren
Werthstücke ihre Regelung gefunden haben. Selbstverständlich wird auch in dem
neuen Gesetze die Mark als die Münz-Einheit angenommen werden, und hiernach
sich die Höhe der auszuprägenden Scheidemünze, welche selbstverständlich als Sil-
bermünze zu prägen ist, richten. Die Mark wird dem entsprechend den Werth
von 100 Pfennigen enthalten.(?) Es werden sodann von weiteren Scheidemünzen
zur Ausprägung gelangen die Zehnpfen nigstücke, von denen 1035 Stück ein Pfund
feines Silber enthalten und 227 Stück ein Pfund wiegen werden; ferner Fünf-
pfennigstücke mit dem halben Werth in Silber und Kupfer, Zweipfennigstücke und
Einpfennigstücke in Kupfer mit dem entsprechenden Werthverhältniß. Bei den
letzteren beiden Werthstücken werden 100 Pfund Kupfer zu 336 Mark ausgebracht
werden. Von den höheren Silberstücken werden darnach ferner auszuprägen sein
Viertelmarkstücke im Werthe von 25 Pfennigen, unseren gegenwärtigen Zwei-
groschenstücken entsprechend; weiter Halbemarkstücke im Werthe von 50 Pfennigen,
die unseren gegenwärtigen Viergroschenstücken gleich zu erachten wären, Markstücke
zu 100 Pfennigen und Dreimarkstücke, die unseren gegenwärtigen Thalern im
Werthe gleich stehen. Die Prägung dieser Silbermünzen würde derjenigen der
neuen Goldmünzen vollkommen entsprechen, so daß auf der einen Seite das Bild-
niß des Landesfürsten, auf der andern der Reichsadler mit darunter befindlicher
Werthangabe zur Ausprägung gelangen werden. Dagegen würde hervorzu-
heben sein, daß die Zahl der auszuprägenden Dreimarkstücke, wie auch der Mark-
stücke, deren Bedürfniß zum großen Theil ja bereits durch die Goldmünzen ge-
deckt ist, nur in beschränktem Maße zur Ausprägung gelangen dürfte, während die-
jenigen Geldstücke von geringerem Werth in der durch die Verkehrsverhältnisse ge-
botenen Menge zur Ausprägung gelangen müssen. Die Einziehung der jetzt cur-
sirenden Scheide- und Silberm ünze würde entsprechend dem Gesetz über die Gold-
münzen von Reichswegen erfolgen, und zwar nach Maßgabe der zur Ausprägung
gelangenden neuen Reichsscheide-, resp. Silbermünzen."


Trotz dem äußerst beruhigenden Artikel welchen
die "Prov.-Corresp." gestern über die politische Lage brachte, verbreitete sich gleich-
zeitig an der Börse das Gerücht von der angeordneten Mobilmachung zweier Armee-
corps, welche zur Verstärkung der Occupationstruppen in Frankreich bestimmt seien.
Das in tendentiöser Absicht erfundene Gerücht verfehlte seinen Zweck auch durch-
aus nicht, indem es weithin Bennruhigung erzeugte und die Curse zum Weichen
brachte. Selbstverständlich war dasselbe vollständig aus der Luft gegriffen. --
Der russische Votschafter Hr. v. Oubril ist gestern aus St. Petersburg hieher zu-
rückgekehrt, und wird dem Kaiser wahrscheinlich morgen sein neues Beglaubigungs-
schreiben überreichen. Der wenige Tage zuvor von St. Petersburg heimgekehrte
Feldmarschall Graf Moltke hatte mit dem Fürsten Bismarck vor dessen Abreise in
die Provinz Sachsen eine längere Unterredung, die sich wesentlich um die in Ruß-
land gemachten Beobachtungen drehte. Kriegsminister Graf Roon hat sich vor-
gestern zur Jagd auf das Gut des bekannten Abgeordneten v. Blanckenburg be-
geben, dessen Tochter mit einem Sohne des Grafen Roon verheirathet ist. Wäh-
rend seiner bis morgen dauernden Abwesenheit vertritt ihn der General v. Stiehle.
-- Gestern ist der bayerische Gesandte am russischen Hofe, Frhr. v. Truchseß, auf
seine Besitzungen abgereist. -- Wie es heißt, hat der Oberpräsident der Provinz
Hannover, Graf Stolberg, um seine Entlassung gebeten. -- Die österreichische
Botschaft befindet sich seit heut in dem am Pariser Platz belegenen Palais des Für-
sten Blücher. -- Der gestern hier eröffnete deutsche Anwaltstag, welcher sich ledig-
lich mit der Verathung der deutschen Civilproceß-Ordnung beschäftigt, wählte den
Advocaten Kreitmair aus Vamberg zum Vorsitzenden, den Justizrath Ulfert aus
Berlin zum ersten und den Justizrath Hoffmann aus Bonn zum zweiten Stellver-
treter, sowie die Rechtsanwälte Meinhard aus Gnesen, Johannsen aus Berlin,
Weber aus Aachen und Kretschmann aus Burg zu Schriftführern.


Der vorgestern von St. Petersburg zurückgekehrte
russische Botschafter, Hr. v. Oubril, überreichte dem Kaiser diesen Nachmittag sein

[Spaltenumbruch] lichen Bericht, zur Verhandlung gelange. (Allgemeiner Beifall.) Hr. Alfred André
will nur noch zur öffentlichen Beruhigung bemerken daß ſeiner Anſicht nach der kritiſchſte
Augenblick vorüber ſei. Damit wird dieſer Gegenſtand verlaſſen und zu der Debatte
über die Einkommenſteuer zurückgekehrt. Noch vertheidigt in dieſer Sitzung Hr.
Langlois ſeinen Vorſchlag einer graduellen Steuer von 5 bis 20 Procent auf alle
Einkünfte von Arbeit und von 20 Procent auf alle Einkünfte von Capital — einer
Steuer, deren Erträgniß der Redner auf 1600 Millionen berechnet.


Hr. Thiers wohnt der Sitzung bei. Das Steuerproject
des Hrn. Langlois wird nach kurzer Debatte verworfen; der Reſt der bis 8 Uhr Abends
währenden Sitzung iſt der Bankvorlage gewidmet, nachdem der Referent Bocher ſich
zu mündlicher Berichterſtattung bereit erklärt und das Haus die Dringlichkeit
votirt hat. Die Regierung hatte, wie man ſich erinnert, eine Erhöhung des Notenum-
laufs um 600 Millionen, d. i. von 2400 Millionen auf drei Milliarden, beantragt,
wobei jedoch die Erhöhung um die letzten 200 Millionen, alſo von 2800 Millionen ab,
an ein beſonderes Decret des Präſidenten geknüpft bleiben ſollte; ferner ſollte die Bank
ermächtigt werden auch Noten von 10 Fr. und 5 Fr. auszugeben. Die Commiſſion
ſchlägt dagegen nur eine Erhöhung des Notenumlaufes um 300 Millionen, alſo bis
auf 2700 Millionen, vor; dieſe neuen Noten ſollen nach Maßgabe der Rückzahlungen,
welche der Staat und die Stadt Paris im Laufe des neuen Jahrs an die Bank leiſten
werden, aus dem Verkehr gezogen werden; endlich ſoll die Bank nur 100 Millionen
(die alſo in jenen 300 Millionen einbegriffen ſind) in Noten von 10 Fr. und 5 Fr.
ausgeben, und die Privatinſtitute welche Papiergeld emittirt haben angehalten werden
dasſelbe binnen ſechs Monaten aus dem Verkehr zu ziehen. Hr. Germain unterſtützt
die Regierungsvorlage, Hr. Alfred André den von der Commiſſion vorgeſchlagenen
Modus. Nach einigen aphoriſtiſchen Bemerkungen des Finanzminiſters wird der
Gegenſtand erſchöpfend in zwei Reden der HH. Bocher und Thiers behandelt. Hr.
Bocher: Vor dem Kriege war die Lage der Bank eine ſehr blühende, ihr Notenumlauf
betrug 1450, und ihr Baarvorrath 1250 Millionen; dann brachte das Geſetz vom
14 Aug. 1870 den Notenumlauf auf 2400 Millionen. Aber als der Krieg ausbrach,
hatten wir einen bedeutenden Credit-Conto im Auslande, und dieß erhielt den Werth un-
ſerer Banknoten bis zum Juni 1871 aufrecht. Seitdem iſt aber durch die Zahlungen
an Deutſchland das Metall ausgewandert, und das Bankpapier mußte nothwendig an
Werth verlieren. Theoretiſch bleibt es doch, um nun zu der Vorlage überzugehen, un-
beſtreitbar daß, je mehr man die Maſſe des Papiers vergrößert, deſto mehr der Werth
desſelben auch zurückgeht. Wenn nun der Credit der Bank von dem Werth ihrer Noten
abhängt, ſo mußte die Regierung uns von der Nothwendigkeit der beantragten Ver-
mehrung überzeugen. Die Regierung hat noch das Recht 277 Millionen von der Bank
zu verlangen, zu dieſem Behufe wollen wir in eine Erhöhung von 300 Millionen wil-
ligen. Warum aber noch mehr? Wer wollte ermeſſen an welcher Gränze die Ent-
werthung der Banknote anfangen würde? Redner verweilt ſo wohlgefällig bei der
Gefahr der Entwerthung der Banknoten, daß er endlich allgemeine Unruhe erregt, und
nur unter ſchwachem, von den orleaniſtiſchen Bänken ausgehendem, Beifall die Tribüne
verläßt. Hr. Thiers (Rufe: Auf morgen! Sprechen Sie!): Wenn die Kammer die
Disenſſion fortſetzen will — und nach meiner Anſicht ſollte ſie das — ſo bitte ich ſie mich
mit Geduld anzuhören. Die Erhöhung des Notenumlaufes iſt, wie die Dinge nun ein-
mal ſtehen, unſere einzige Hülfsquelle. Sind wir für dieſe Lage verantwortlich? Haben
wir ſie etwa geſchaffen? Wenn Sie eine andere Hülfsquelle wiſſen, ſo bin ich bereit ſo-
fort die Tribüne zu verlaſſen. (Beifall links; Unruhe rechts.) Man muß nichts über-
treiben, und es iſt nicht Sache eines guten Bürgers den Credit des Landes in Verruf
zu bringen. Das Land hat in einem einzigen Jahr zwei Milliarden gezahlt ohne daß
die Banknote einen Augenblick entwerthet worden wäre. Das Budget welches wir
Ihnen vorgelegt haben, erfordert 650 Millionen neue Steuern, wovon 247 noch zu
votiren ſind. Das Kriegsbudget enthält ein Mehrerforderniß von 75 Millionen (Nein,
Nein!). Wir werden ſeiner Zeit ſehen ob dieſe Mehrforderung gerechtfertigt iſt. Die
Capitaliſten kennen dieſe Lage, ſind ſie deßhalb beunruhigt? Durchaus nicht. Daß
das Gold eine kleine Prämie macht, etwa 1 Procent, kann nach ſo furchtbaren Kriſen
doch nicht wundernehmen. Nach dem Kriege, nach der Commune, nach Auferlegung
einer ungeheuren Kriegsentſchädigung hat die Banknote ſich unerſchütterlich gehalten.
In Bordeaux wußte ich nicht gewiß, konnte unſer Gläubiger auch nicht mit Beſtimmt-
heit wiſſen, ob wir im Stande ſein würden auch nur zwei Milliarden zu zahlen. Gewiß,
wir haben noch nicht alle Schwierigkeiten überſtanden; aber wenn wir bedenken welche
Kriſen ſchon hinter uns liegen, brauchen wir uns auch über den künftigen Werth der
Banknoten nicht zu beunruhigen. Es iſt auch richtig daß eine bedeutende Quantität
Metall aus Frankreich ausgewandert iſt; dasſelbe wird aber allmählich zurückfließen,
wenn wir auch die Ziffer unſeres Notenumlaufes im Auge haben, und namentlich mit
den neuen Steuern unſere Einkünfte vermehren. Unſere ſchwebende Schuld beträgt
nur 625 Millionen, wir haben alſo nichts zu fürchten. Wir wollen jetzt den Frieden,
wir wollen ihn alle; er iſt hart, aber gerade je härter er iſt, deſto mehr müſſen wir ihn
erhalten, und nicht leichtſinnig das Wohl des Landes auf das Spiel ſetzen (Sehr gut!),
wie wenn man neulich ſtrafbare Unvorſichtigkeiten (imprudences criminelles) be-
gieng, und uns damit Worte zuzog auf welche unſere Würde erheiſcht nur mit Schwei-
gen zu antworten. (Lebhafte Zuſtimmung.) Mit dieſer Sicherheit des Friedens, und
wie Ihnen jetzt die Finanzlage im allgemeinen bekannt iſt, welchen Grund hätten Sie
da zu Beſergniſſen? Unſer Verhältniß zur Bank iſt Ihnen ebenfalls bekannt, wir kön-
nen von ihr einen Credit bis 1530 Millionen in Anſpruch nehmen, und dazu bleiben
uns noch 254 Millionen zur Verfügung. Mit Hülfe des Friedens und einer maßvollen
Politik kann es nicht fehlen daß die Arbeit wieder auflebt; dann werden jährlich wieder
300 bis 400 Millionen Metall in die Bank fließen. Redner ſährt dann fort: er ſei in
frühern Zeiten ein Gegner ſchon der Banknoten von 50 Fr. geweſen; jetzt müſſe er die
Nothwendigkeit der Conpüren von 10 und 5 Fr. anerkennen; die von den Geſellſchaf-
ten ausgegebenen Noten hätten im Publicum doch immer nur einen relativen Credit
gefunden. Dann zur Hauptſache zurückkehrend, ſagt er weiter: das Gold iſt im Preiſe
geſtiegen, aber die Banknote hat darum in ihrem Werthe nicht verloren, weil die Ge-
genſtände welche man mit Banknoten bezahlt bis jetzt noch nicht theurer geworden ſind.
Gewiß darf mar ein ſo koſtbares Werkzeug nicht mißbrauchen, aber man kennt die Vor-
ſicht des Regentſchaftsraths der Bank, und doch hat dieſer ſelbſt in meiner Gegenwart
eine Erhöhung von 2800 Millionen verlangt. (Hr. Jules de Laſteyrie: Vor der Com-
miſſion verlangte der Regentſchaftsrath eine andere Ziffer.) Welche ſonſtigen Hülfs-
quellen blieben uns übrig? Iſt eine Anleihe jetzt möglich, wo die letzte Anleihe zwar
beinahe, aber doch noch nicht immer ganz untergebracht, hiezu vielmehr noch ein
Jahr erforderlich iſt? Andrerſeits dürfen wir keinen Augenblick die Befreiung unſeres
Landesgebiets aus dem Auge verlieren, und müßte ein ſolches Zwiſchenanlehen nicht
den Operationen ſchaden die für dieſen Zweck in den nächſten Jahren nöthig ſein
werden? (Beifall.) Ich begreife wirklich nicht warum man uns ſo viele Schwierigkei-
ten macht. Glauben Sie etwa daß dieſe Discuſſion dem Lande Vortheil bringt? Er-
kennen Sie nicht vielmehr daß der Schaden den ſie ſtiften kann, die Differenz von hun-
dert Millionen aufwiegen dürfte welche zwiſchen unſerm Antrag und dem der Commiſ-
ſion beſteht? Was mich betrifft, ſo muß ich im Einklang mit meinen Collegen erllären
daß ich auf unſern urſprünglichen Anträgen beſtehe. Wollen Sie uns 400 Millionen
[Spaltenumbruch] geben? Wir nehmen ſie an. 600 Millionen? Das wäre noch zweckmäßiger. Unter
400 Millionen können wir nicht herabgehen. (Lebhafter Beifall.) Hr. Bocher erklärt:
daß die Commiſſion ſich unter dem Eindruck der Rede des Hrn. Thiers zu der Ziffer von
400 Millionen bekehrt habe. In dieſem Sinne wird Art. 1 einſtimmig angenommen;
deßgleichen erwirkt Hr. Thiers daß für die kleinen Coupüren von 10 und 5 Fr. keine
beſtimmte Ziffer feſtgeſetzt wird. Nur in den Nebenbeſtimmungen dringt die Commiſſion.
durch; insbeſondere ſollen alſo die von den Privatgeſellſchaften ausgegebenen Noten
binnen ſechs Monaten aus dem Verkehr gezogen werden.



Deutſches Reich.

Der langjährige Geſandte Englands an unſerem
kgl. Hofe, Sir Henry Howard, hat aus Anlaß ſeiner Abberufung von Sr. Maj.
dem König mit einem äußerſt huldvollen Schreiben das königl. Bildniß überſendet
erhalten. — Graf Beuſt iſt auf der Rückreiſe nach Wien heute Morgens hier durch-
gereist.


Das Ordensfeſt, welches, wie alljährlich, am 18 Jan.
ſtattfinden ſoll, iſt, wie es ſcheint, dazu auserſehen die Dotationen zur Vertheilung
zu bringen. Von gut unterrichteter Seite wird (in den „Hamb. Nachr.“) mitge-
theilt: daß der Kaiſer zur Verkündigung ſeiner Beſchlüſſe wahrſcheinlich das Neu-
jahrsfeſt oder einen „andern naheliegenden Erinnerungstag“ wählen werde, und
wird zugleich wiederholt betont daß auf Grund der der Reichstagscommiſſion ge-
gebenen vertraulichen Erläuterungen die definitive Regelung der ganzen Ange-
legenheit lediglich dem Ermeſſen des Reichsoberhauptes anheim gegeben wurde.
Deßhalb habe man auch ſelbſt in Regierungskreiſen nur Vermuthungen über die
Abſichten des Kaiſers und halte ſich in den Gränzen ſtrengſter Discretion. Im
übrigen ſoll das Ordensfeſt einen überwiegend militäriſchen Charakter erhalten,
und die Verleihung von Decorationen wird hauptſächlich Officiere treffen. —
Gegenüber der in verſchiedenen Blättern umlaufenden Nachricht von einer Anſtel-
lung des früheren Chef-Conſtructeurs der engliſchen Marine, Hrn. Reed, im dieſ-
ſeitigen Staatsdienſt kann die „N. A. Z.“ auf Grund zuverläſſiger Mittheilungen
beſtimmt verſichern: daß an maßgebender Stelle von einer ſolchen Anſtellung nie-
mals auch nur die Rede geweſen iſt, und daß ſomit alle an eine derartige Even-
tualität geknüpften Vermuthungen u. ſ. w. völlig gegenſtandslos ſind. — Ueber
die Principien des in der Frühjahrsſeſſion des Reichstags zu berathenden allge-
meinen Reichsmünzgeſetzes erfährt die „D. R. C.“ folgendes: „Das Geſetz ſoll
namentlich die Ausgabe von Scheidemünzen und deren Ausprägung regeln, da
durch das Geſetz über die Ausprägung von Reichsgoldmünzen bereits die größeren
Werthſtücke ihre Regelung gefunden haben. Selbſtverſtändlich wird auch in dem
neuen Geſetze die Mark als die Münz-Einheit angenommen werden, und hiernach
ſich die Höhe der auszuprägenden Scheidemünze, welche ſelbſtverſtändlich als Sil-
bermünze zu prägen iſt, richten. Die Mark wird dem entſprechend den Werth
von 100 Pfennigen enthalten.(?) Es werden ſodann von weiteren Scheidemünzen
zur Ausprägung gelangen die Zehnpfen nigſtücke, von denen 1035 Stück ein Pfund
feines Silber enthalten und 227 Stück ein Pfund wiegen werden; ferner Fünf-
pfennigſtücke mit dem halben Werth in Silber und Kupfer, Zweipfennigſtücke und
Einpfennigſtücke in Kupfer mit dem entſprechenden Werthverhältniß. Bei den
letzteren beiden Werthſtücken werden 100 Pfund Kupfer zu 336 Mark ausgebracht
werden. Von den höheren Silberſtücken werden darnach ferner auszuprägen ſein
Viertelmarkſtücke im Werthe von 25 Pfennigen, unſeren gegenwärtigen Zwei-
groſchenſtücken entſprechend; weiter Halbemarkſtücke im Werthe von 50 Pfennigen,
die unſeren gegenwärtigen Viergroſchenſtücken gleich zu erachten wären, Markſtücke
zu 100 Pfennigen und Dreimarkſtücke, die unſeren gegenwärtigen Thalern im
Werthe gleich ſtehen. Die Prägung dieſer Silbermünzen würde derjenigen der
neuen Goldmünzen vollkommen entſprechen, ſo daß auf der einen Seite das Bild-
niß des Landesfürſten, auf der andern der Reichsadler mit darunter befindlicher
Werthangabe zur Ausprägung gelangen werden. Dagegen würde hervorzu-
heben ſein, daß die Zahl der auszuprägenden Dreimarkſtücke, wie auch der Mark-
ſtücke, deren Bedürfniß zum großen Theil ja bereits durch die Goldmünzen ge-
deckt iſt, nur in beſchränktem Maße zur Ausprägung gelangen dürfte, während die-
jenigen Geldſtücke von geringerem Werth in der durch die Verkehrsverhältniſſe ge-
botenen Menge zur Ausprägung gelangen müſſen. Die Einziehung der jetzt cur-
ſirenden Scheide- und Silberm ünze würde entſprechend dem Geſetz über die Gold-
münzen von Reichswegen erfolgen, und zwar nach Maßgabe der zur Ausprägung
gelangenden neuen Reichsſcheide-, reſp. Silbermünzen.“


Trotz dem äußerſt beruhigenden Artikel welchen
die „Prov.-Correſp.“ geſtern über die politiſche Lage brachte, verbreitete ſich gleich-
zeitig an der Börſe das Gerücht von der angeordneten Mobilmachung zweier Armee-
corps, welche zur Verſtärkung der Occupationstruppen in Frankreich beſtimmt ſeien.
Das in tendentiöſer Abſicht erfundene Gerücht verfehlte ſeinen Zweck auch durch-
aus nicht, indem es weithin Bennruhigung erzeugte und die Curſe zum Weichen
brachte. Selbſtverſtändlich war dasſelbe vollſtändig aus der Luft gegriffen. —
Der ruſſiſche Votſchafter Hr. v. Oubril iſt geſtern aus St. Petersburg hieher zu-
rückgekehrt, und wird dem Kaiſer wahrſcheinlich morgen ſein neues Beglaubigungs-
ſchreiben überreichen. Der wenige Tage zuvor von St. Petersburg heimgekehrte
Feldmarſchall Graf Moltke hatte mit dem Fürſten Bismarck vor deſſen Abreiſe in
die Provinz Sachſen eine längere Unterredung, die ſich weſentlich um die in Ruß-
land gemachten Beobachtungen drehte. Kriegsminiſter Graf Roon hat ſich vor-
geſtern zur Jagd auf das Gut des bekannten Abgeordneten v. Blanckenburg be-
geben, deſſen Tochter mit einem Sohne des Grafen Roon verheirathet iſt. Wäh-
rend ſeiner bis morgen dauernden Abweſenheit vertritt ihn der General v. Stiehle.
— Geſtern iſt der bayeriſche Geſandte am ruſſiſchen Hofe, Frhr. v. Truchſeß, auf
ſeine Beſitzungen abgereist. — Wie es heißt, hat der Oberpräſident der Provinz
Hannover, Graf Stolberg, um ſeine Entlaſſung gebeten. — Die öſterreichiſche
Botſchaft befindet ſich ſeit heut in dem am Pariſer Platz belegenen Palais des Für-
ſten Blücher. — Der geſtern hier eröffnete deutſche Anwaltstag, welcher ſich ledig-
lich mit der Verathung der deutſchen Civilproceß-Ordnung beſchäftigt, wählte den
Advocaten Kreitmair aus Vamberg zum Vorſitzenden, den Juſtizrath Ulfert aus
Berlin zum erſten und den Juſtizrath Hoffmann aus Bonn zum zweiten Stellver-
treter, ſowie die Rechtsanwälte Meinhard aus Gneſen, Johannſen aus Berlin,
Weber aus Aachen und Kretſchmann aus Burg zu Schriftführern.


Der vorgeſtern von St. Petersburg zurückgekehrte
ruſſiſche Botſchafter, Hr. v. Oubril, überreichte dem Kaiſer dieſen Nachmittag ſein

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lichen Bericht, zur Verhandlung gelange. (Allgemeiner Beifall.) Hr. Alfred <hi rendition="#g">Andr<hi rendition="#aq">é</hi></hi><lb/>
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über die Einkommen&#x017F;teuer zurückgekehrt. Noch vertheidigt in die&#x017F;er Sitzung Hr.<lb/><hi rendition="#g">Langlois</hi> &#x017F;einen Vor&#x017F;chlag einer graduellen Steuer von 5 bis 20 Procent auf alle<lb/>
Einkünfte von Arbeit und von 20 Procent auf alle Einkünfte von Capital &#x2014; einer<lb/>
Steuer, deren Erträgniß der Redner auf 1600 Millionen berechnet.</p>
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währenden Sitzung i&#x017F;t der Bankvorlage gewidmet, nachdem der Referent <hi rendition="#g">Bocher</hi> &#x017F;ich<lb/>
zu mündlicher Berichter&#x017F;tattung bereit erklärt und das Haus die Dringlichkeit<lb/>
votirt hat. Die Regierung hatte, wie man &#x017F;ich erinnert, eine Erhöhung des Notenum-<lb/>
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an ein be&#x017F;onderes Decret des Prä&#x017F;identen geknüpft bleiben &#x017F;ollte; ferner &#x017F;ollte die Bank<lb/>
ermächtigt werden auch Noten von 10 Fr. und 5 Fr. auszugeben. Die Commi&#x017F;&#x017F;ion<lb/>
&#x017F;chlägt dagegen nur eine Erhöhung des Notenumlaufes um 300 Millionen, al&#x017F;o bis<lb/>
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welche der Staat und die Stadt Paris im Laufe des neuen Jahrs an die Bank lei&#x017F;ten<lb/>
werden, aus dem Verkehr gezogen werden; endlich &#x017F;oll die Bank nur 100 Millionen<lb/>
(die al&#x017F;o in jenen 300 Millionen einbegriffen &#x017F;ind) in Noten von 10 Fr. und 5 Fr.<lb/>
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das&#x017F;elbe binnen &#x017F;echs Monaten aus dem Verkehr zu ziehen. Hr. <hi rendition="#g">Germain</hi> unter&#x017F;tützt<lb/>
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Modus. Nach einigen aphori&#x017F;ti&#x017F;chen Bemerkungen des <hi rendition="#g">Finanzmini&#x017F;ters</hi> wird der<lb/>
Gegen&#x017F;tand er&#x017F;chöpfend in zwei Reden der HH. Bocher und Thiers behandelt. Hr.<lb/><hi rendition="#g">Bocher:</hi> Vor dem Kriege war die Lage der Bank eine &#x017F;ehr blühende, ihr Notenumlauf<lb/>
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14 Aug. 1870 den Notenumlauf auf 2400 Millionen. Aber als der Krieg ausbrach,<lb/>
hatten wir einen bedeutenden Credit-Conto im Auslande, und dieß erhielt den Werth un-<lb/>
&#x017F;erer Banknoten bis zum Juni 1871 aufrecht. Seitdem i&#x017F;t aber durch die Zahlungen<lb/>
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Gefahr der Entwerthung der Banknoten, daß er endlich allgemeine Unruhe erregt, und<lb/>
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Disen&#x017F;&#x017F;ion fort&#x017F;etzen will &#x2014; und nach meiner An&#x017F;icht &#x017F;ollte &#x017F;ie das &#x2014; &#x017F;o bitte ich &#x017F;ie mich<lb/>
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treiben, und es i&#x017F;t nicht Sache eines guten Bürgers den Credit des Landes in Verruf<lb/>
zu bringen. Das Land hat in einem einzigen Jahr zwei Milliarden gezahlt ohne daß<lb/>
die Banknote einen Augenblick entwerthet worden wäre. Das Budget welches wir<lb/>
Ihnen vorgelegt haben, erfordert 650 Millionen neue Steuern, wovon 247 noch zu<lb/>
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Nein!). Wir werden &#x017F;einer Zeit &#x017F;ehen ob die&#x017F;e Mehrforderung gerechtfertigt i&#x017F;t. Die<lb/>
Capitali&#x017F;ten kennen die&#x017F;e Lage, &#x017F;ind &#x017F;ie deßhalb beunruhigt? Durchaus nicht. Daß<lb/>
das Gold eine kleine Prämie macht, etwa 1 Procent, kann nach &#x017F;o furchtbaren Kri&#x017F;en<lb/>
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einer ungeheuren Kriegsent&#x017F;chädigung hat die Banknote &#x017F;ich uner&#x017F;chütterlich gehalten.<lb/>
In Bordeaux wußte ich nicht gewiß, konnte un&#x017F;er Gläubiger auch nicht mit Be&#x017F;timmt-<lb/>
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wir haben noch nicht alle Schwierigkeiten über&#x017F;tanden; aber wenn wir bedenken welche<lb/>
Kri&#x017F;en &#x017F;chon hinter uns liegen, brauchen wir uns auch über den künftigen Werth der<lb/>
Banknoten nicht zu beunruhigen. Es i&#x017F;t auch richtig daß eine bedeutende Quantität<lb/>
Metall aus Frankreich ausgewandert i&#x017F;t; das&#x017F;elbe wird aber allmählich zurückfließen,<lb/>
wenn wir auch die Ziffer un&#x017F;eres Notenumlaufes im Auge haben, und namentlich mit<lb/>
den neuen Steuern un&#x017F;ere Einkünfte vermehren. Un&#x017F;ere &#x017F;chwebende Schuld beträgt<lb/>
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erhalten, und nicht leicht&#x017F;innig das Wohl des Landes auf das Spiel &#x017F;etzen (Sehr gut!),<lb/>
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nen von ihr einen Credit bis 1530 Millionen in An&#x017F;pruch nehmen, und dazu bleiben<lb/>
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Politik kann es nicht fehlen daß die Arbeit wieder auflebt; dann werden jährlich wieder<lb/>
300 bis 400 Millionen Metall in die Bank fließen. Redner &#x017F;ährt dann fort: er &#x017F;ei in<lb/>
frühern Zeiten ein Gegner &#x017F;chon der Banknoten von 50 Fr. gewe&#x017F;en; jetzt mü&#x017F;&#x017F;e er die<lb/>
Nothwendigkeit der Conpüren von 10 und 5 Fr. anerkennen; die von den Ge&#x017F;ell&#x017F;chaf-<lb/>
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Gewiß darf mar ein &#x017F;o ko&#x017F;tbares Werkzeug nicht mißbrauchen, aber man kennt die Vor-<lb/>
&#x017F;icht des Regent&#x017F;chaftsraths der Bank, und doch hat die&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t in meiner Gegenwart<lb/>
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Landesgebiets aus dem Auge verlieren, und müßte ein &#x017F;olches Zwi&#x017F;chenanlehen nicht<lb/>
den Operationen &#x017F;chaden die für die&#x017F;en Zweck in den näch&#x017F;ten Jahren nöthig &#x017F;ein<lb/>
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&#x017F;ion be&#x017F;teht? Was mich betrifft, &#x017F;o muß ich im Einklang mit meinen Collegen erllären<lb/>
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400 Millionen können wir nicht herabgehen. (Lebhafter Beifall.) Hr. <hi rendition="#g">Bocher</hi> erklärt:<lb/>
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Werth&#x017F;tücke ihre Regelung gefunden haben. Selb&#x017F;tver&#x017F;tändlich wird auch in dem<lb/>
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&#x017F;ich die Höhe der auszuprägenden Scheidemünze, welche &#x017F;elb&#x017F;tver&#x017F;tändlich als Sil-<lb/>
bermünze zu prägen i&#x017F;t, richten. Die Mark wird dem ent&#x017F;prechend den Werth<lb/>
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Einpfennig&#x017F;tücke in Kupfer mit dem ent&#x017F;prechenden Werthverhältniß. Bei den<lb/>
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[12/0004] lichen Bericht, zur Verhandlung gelange. (Allgemeiner Beifall.) Hr. Alfred André will nur noch zur öffentlichen Beruhigung bemerken daß ſeiner Anſicht nach der kritiſchſte Augenblick vorüber ſei. Damit wird dieſer Gegenſtand verlaſſen und zu der Debatte über die Einkommenſteuer zurückgekehrt. Noch vertheidigt in dieſer Sitzung Hr. Langlois ſeinen Vorſchlag einer graduellen Steuer von 5 bis 20 Procent auf alle Einkünfte von Arbeit und von 20 Procent auf alle Einkünfte von Capital — einer Steuer, deren Erträgniß der Redner auf 1600 Millionen berechnet. * Verſailles, 29 Dec. Hr. Thiers wohnt der Sitzung bei. Das Steuerproject des Hrn. Langlois wird nach kurzer Debatte verworfen; der Reſt der bis 8 Uhr Abends währenden Sitzung iſt der Bankvorlage gewidmet, nachdem der Referent Bocher ſich zu mündlicher Berichterſtattung bereit erklärt und das Haus die Dringlichkeit votirt hat. Die Regierung hatte, wie man ſich erinnert, eine Erhöhung des Notenum- laufs um 600 Millionen, d. i. von 2400 Millionen auf drei Milliarden, beantragt, wobei jedoch die Erhöhung um die letzten 200 Millionen, alſo von 2800 Millionen ab, an ein beſonderes Decret des Präſidenten geknüpft bleiben ſollte; ferner ſollte die Bank ermächtigt werden auch Noten von 10 Fr. und 5 Fr. auszugeben. Die Commiſſion ſchlägt dagegen nur eine Erhöhung des Notenumlaufes um 300 Millionen, alſo bis auf 2700 Millionen, vor; dieſe neuen Noten ſollen nach Maßgabe der Rückzahlungen, welche der Staat und die Stadt Paris im Laufe des neuen Jahrs an die Bank leiſten werden, aus dem Verkehr gezogen werden; endlich ſoll die Bank nur 100 Millionen (die alſo in jenen 300 Millionen einbegriffen ſind) in Noten von 10 Fr. und 5 Fr. ausgeben, und die Privatinſtitute welche Papiergeld emittirt haben angehalten werden dasſelbe binnen ſechs Monaten aus dem Verkehr zu ziehen. Hr. Germain unterſtützt die Regierungsvorlage, Hr. Alfred André den von der Commiſſion vorgeſchlagenen Modus. Nach einigen aphoriſtiſchen Bemerkungen des Finanzminiſters wird der Gegenſtand erſchöpfend in zwei Reden der HH. Bocher und Thiers behandelt. Hr. Bocher: Vor dem Kriege war die Lage der Bank eine ſehr blühende, ihr Notenumlauf betrug 1450, und ihr Baarvorrath 1250 Millionen; dann brachte das Geſetz vom 14 Aug. 1870 den Notenumlauf auf 2400 Millionen. Aber als der Krieg ausbrach, hatten wir einen bedeutenden Credit-Conto im Auslande, und dieß erhielt den Werth un- ſerer Banknoten bis zum Juni 1871 aufrecht. Seitdem iſt aber durch die Zahlungen an Deutſchland das Metall ausgewandert, und das Bankpapier mußte nothwendig an Werth verlieren. Theoretiſch bleibt es doch, um nun zu der Vorlage überzugehen, un- beſtreitbar daß, je mehr man die Maſſe des Papiers vergrößert, deſto mehr der Werth desſelben auch zurückgeht. Wenn nun der Credit der Bank von dem Werth ihrer Noten abhängt, ſo mußte die Regierung uns von der Nothwendigkeit der beantragten Ver- mehrung überzeugen. Die Regierung hat noch das Recht 277 Millionen von der Bank zu verlangen, zu dieſem Behufe wollen wir in eine Erhöhung von 300 Millionen wil- ligen. Warum aber noch mehr? Wer wollte ermeſſen an welcher Gränze die Ent- werthung der Banknote anfangen würde? Redner verweilt ſo wohlgefällig bei der Gefahr der Entwerthung der Banknoten, daß er endlich allgemeine Unruhe erregt, und nur unter ſchwachem, von den orleaniſtiſchen Bänken ausgehendem, Beifall die Tribüne verläßt. Hr. Thiers (Rufe: Auf morgen! Sprechen Sie!): Wenn die Kammer die Disenſſion fortſetzen will — und nach meiner Anſicht ſollte ſie das — ſo bitte ich ſie mich mit Geduld anzuhören. Die Erhöhung des Notenumlaufes iſt, wie die Dinge nun ein- mal ſtehen, unſere einzige Hülfsquelle. Sind wir für dieſe Lage verantwortlich? Haben wir ſie etwa geſchaffen? Wenn Sie eine andere Hülfsquelle wiſſen, ſo bin ich bereit ſo- fort die Tribüne zu verlaſſen. (Beifall links; Unruhe rechts.) Man muß nichts über- treiben, und es iſt nicht Sache eines guten Bürgers den Credit des Landes in Verruf zu bringen. Das Land hat in einem einzigen Jahr zwei Milliarden gezahlt ohne daß die Banknote einen Augenblick entwerthet worden wäre. Das Budget welches wir Ihnen vorgelegt haben, erfordert 650 Millionen neue Steuern, wovon 247 noch zu votiren ſind. Das Kriegsbudget enthält ein Mehrerforderniß von 75 Millionen (Nein, Nein!). Wir werden ſeiner Zeit ſehen ob dieſe Mehrforderung gerechtfertigt iſt. Die Capitaliſten kennen dieſe Lage, ſind ſie deßhalb beunruhigt? Durchaus nicht. Daß das Gold eine kleine Prämie macht, etwa 1 Procent, kann nach ſo furchtbaren Kriſen doch nicht wundernehmen. Nach dem Kriege, nach der Commune, nach Auferlegung einer ungeheuren Kriegsentſchädigung hat die Banknote ſich unerſchütterlich gehalten. In Bordeaux wußte ich nicht gewiß, konnte unſer Gläubiger auch nicht mit Beſtimmt- heit wiſſen, ob wir im Stande ſein würden auch nur zwei Milliarden zu zahlen. Gewiß, wir haben noch nicht alle Schwierigkeiten überſtanden; aber wenn wir bedenken welche Kriſen ſchon hinter uns liegen, brauchen wir uns auch über den künftigen Werth der Banknoten nicht zu beunruhigen. Es iſt auch richtig daß eine bedeutende Quantität Metall aus Frankreich ausgewandert iſt; dasſelbe wird aber allmählich zurückfließen, wenn wir auch die Ziffer unſeres Notenumlaufes im Auge haben, und namentlich mit den neuen Steuern unſere Einkünfte vermehren. Unſere ſchwebende Schuld beträgt nur 625 Millionen, wir haben alſo nichts zu fürchten. Wir wollen jetzt den Frieden, wir wollen ihn alle; er iſt hart, aber gerade je härter er iſt, deſto mehr müſſen wir ihn erhalten, und nicht leichtſinnig das Wohl des Landes auf das Spiel ſetzen (Sehr gut!), wie wenn man neulich ſtrafbare Unvorſichtigkeiten (imprudences criminelles) be- gieng, und uns damit Worte zuzog auf welche unſere Würde erheiſcht nur mit Schwei- gen zu antworten. (Lebhafte Zuſtimmung.) Mit dieſer Sicherheit des Friedens, und wie Ihnen jetzt die Finanzlage im allgemeinen bekannt iſt, welchen Grund hätten Sie da zu Beſergniſſen? Unſer Verhältniß zur Bank iſt Ihnen ebenfalls bekannt, wir kön- nen von ihr einen Credit bis 1530 Millionen in Anſpruch nehmen, und dazu bleiben uns noch 254 Millionen zur Verfügung. Mit Hülfe des Friedens und einer maßvollen Politik kann es nicht fehlen daß die Arbeit wieder auflebt; dann werden jährlich wieder 300 bis 400 Millionen Metall in die Bank fließen. Redner ſährt dann fort: er ſei in frühern Zeiten ein Gegner ſchon der Banknoten von 50 Fr. geweſen; jetzt müſſe er die Nothwendigkeit der Conpüren von 10 und 5 Fr. anerkennen; die von den Geſellſchaf- ten ausgegebenen Noten hätten im Publicum doch immer nur einen relativen Credit gefunden. Dann zur Hauptſache zurückkehrend, ſagt er weiter: das Gold iſt im Preiſe geſtiegen, aber die Banknote hat darum in ihrem Werthe nicht verloren, weil die Ge- genſtände welche man mit Banknoten bezahlt bis jetzt noch nicht theurer geworden ſind. Gewiß darf mar ein ſo koſtbares Werkzeug nicht mißbrauchen, aber man kennt die Vor- ſicht des Regentſchaftsraths der Bank, und doch hat dieſer ſelbſt in meiner Gegenwart eine Erhöhung von 2800 Millionen verlangt. (Hr. Jules de Laſteyrie: Vor der Com- miſſion verlangte der Regentſchaftsrath eine andere Ziffer.) Welche ſonſtigen Hülfs- quellen blieben uns übrig? Iſt eine Anleihe jetzt möglich, wo die letzte Anleihe zwar beinahe, aber doch noch nicht immer ganz untergebracht, hiezu vielmehr noch ein Jahr erforderlich iſt? Andrerſeits dürfen wir keinen Augenblick die Befreiung unſeres Landesgebiets aus dem Auge verlieren, und müßte ein ſolches Zwiſchenanlehen nicht den Operationen ſchaden die für dieſen Zweck in den nächſten Jahren nöthig ſein werden? (Beifall.) Ich begreife wirklich nicht warum man uns ſo viele Schwierigkei- ten macht. Glauben Sie etwa daß dieſe Discuſſion dem Lande Vortheil bringt? Er- kennen Sie nicht vielmehr daß der Schaden den ſie ſtiften kann, die Differenz von hun- dert Millionen aufwiegen dürfte welche zwiſchen unſerm Antrag und dem der Commiſ- ſion beſteht? Was mich betrifft, ſo muß ich im Einklang mit meinen Collegen erllären daß ich auf unſern urſprünglichen Anträgen beſtehe. Wollen Sie uns 400 Millionen geben? Wir nehmen ſie an. 600 Millionen? Das wäre noch zweckmäßiger. Unter 400 Millionen können wir nicht herabgehen. (Lebhafter Beifall.) Hr. Bocher erklärt: daß die Commiſſion ſich unter dem Eindruck der Rede des Hrn. Thiers zu der Ziffer von 400 Millionen bekehrt habe. In dieſem Sinne wird Art. 1 einſtimmig angenommen; deßgleichen erwirkt Hr. Thiers daß für die kleinen Coupüren von 10 und 5 Fr. keine beſtimmte Ziffer feſtgeſetzt wird. Nur in den Nebenbeſtimmungen dringt die Commiſſion. durch; insbeſondere ſollen alſo die von den Privatgeſellſchaften ausgegebenen Noten binnen ſechs Monaten aus dem Verkehr gezogen werden. Deutſches Reich.  München, 31 Dec. Der langjährige Geſandte Englands an unſerem kgl. Hofe, Sir Henry Howard, hat aus Anlaß ſeiner Abberufung von Sr. Maj. dem König mit einem äußerſt huldvollen Schreiben das königl. Bildniß überſendet erhalten. — Graf Beuſt iſt auf der Rückreiſe nach Wien heute Morgens hier durch- gereist. * Berlin, 30 Dec. Das Ordensfeſt, welches, wie alljährlich, am 18 Jan. ſtattfinden ſoll, iſt, wie es ſcheint, dazu auserſehen die Dotationen zur Vertheilung zu bringen. Von gut unterrichteter Seite wird (in den „Hamb. Nachr.“) mitge- theilt: daß der Kaiſer zur Verkündigung ſeiner Beſchlüſſe wahrſcheinlich das Neu- jahrsfeſt oder einen „andern naheliegenden Erinnerungstag“ wählen werde, und wird zugleich wiederholt betont daß auf Grund der der Reichstagscommiſſion ge- gebenen vertraulichen Erläuterungen die definitive Regelung der ganzen Ange- legenheit lediglich dem Ermeſſen des Reichsoberhauptes anheim gegeben wurde. Deßhalb habe man auch ſelbſt in Regierungskreiſen nur Vermuthungen über die Abſichten des Kaiſers und halte ſich in den Gränzen ſtrengſter Discretion. Im übrigen ſoll das Ordensfeſt einen überwiegend militäriſchen Charakter erhalten, und die Verleihung von Decorationen wird hauptſächlich Officiere treffen. — Gegenüber der in verſchiedenen Blättern umlaufenden Nachricht von einer Anſtel- lung des früheren Chef-Conſtructeurs der engliſchen Marine, Hrn. Reed, im dieſ- ſeitigen Staatsdienſt kann die „N. A. Z.“ auf Grund zuverläſſiger Mittheilungen beſtimmt verſichern: daß an maßgebender Stelle von einer ſolchen Anſtellung nie- mals auch nur die Rede geweſen iſt, und daß ſomit alle an eine derartige Even- tualität geknüpften Vermuthungen u. ſ. w. völlig gegenſtandslos ſind. — Ueber die Principien des in der Frühjahrsſeſſion des Reichstags zu berathenden allge- meinen Reichsmünzgeſetzes erfährt die „D. R. C.“ folgendes: „Das Geſetz ſoll namentlich die Ausgabe von Scheidemünzen und deren Ausprägung regeln, da durch das Geſetz über die Ausprägung von Reichsgoldmünzen bereits die größeren Werthſtücke ihre Regelung gefunden haben. Selbſtverſtändlich wird auch in dem neuen Geſetze die Mark als die Münz-Einheit angenommen werden, und hiernach ſich die Höhe der auszuprägenden Scheidemünze, welche ſelbſtverſtändlich als Sil- bermünze zu prägen iſt, richten. Die Mark wird dem entſprechend den Werth von 100 Pfennigen enthalten.(?) Es werden ſodann von weiteren Scheidemünzen zur Ausprägung gelangen die Zehnpfen nigſtücke, von denen 1035 Stück ein Pfund feines Silber enthalten und 227[FORMEL] Stück ein Pfund wiegen werden; ferner Fünf- pfennigſtücke mit dem halben Werth in Silber und Kupfer, Zweipfennigſtücke und Einpfennigſtücke in Kupfer mit dem entſprechenden Werthverhältniß. Bei den letzteren beiden Werthſtücken werden 100 Pfund Kupfer zu 336 Mark ausgebracht werden. Von den höheren Silberſtücken werden darnach ferner auszuprägen ſein Viertelmarkſtücke im Werthe von 25 Pfennigen, unſeren gegenwärtigen Zwei- groſchenſtücken entſprechend; weiter Halbemarkſtücke im Werthe von 50 Pfennigen, die unſeren gegenwärtigen Viergroſchenſtücken gleich zu erachten wären, Markſtücke zu 100 Pfennigen und Dreimarkſtücke, die unſeren gegenwärtigen Thalern im Werthe gleich ſtehen. Die Prägung dieſer Silbermünzen würde derjenigen der neuen Goldmünzen vollkommen entſprechen, ſo daß auf der einen Seite das Bild- niß des Landesfürſten, auf der andern der Reichsadler mit darunter befindlicher Werthangabe zur Ausprägung gelangen werden. Dagegen würde hervorzu- heben ſein, daß die Zahl der auszuprägenden Dreimarkſtücke, wie auch der Mark- ſtücke, deren Bedürfniß zum großen Theil ja bereits durch die Goldmünzen ge- deckt iſt, nur in beſchränktem Maße zur Ausprägung gelangen dürfte, während die- jenigen Geldſtücke von geringerem Werth in der durch die Verkehrsverhältniſſe ge- botenen Menge zur Ausprägung gelangen müſſen. Die Einziehung der jetzt cur- ſirenden Scheide- und Silberm ünze würde entſprechend dem Geſetz über die Gold- münzen von Reichswegen erfolgen, und zwar nach Maßgabe der zur Ausprägung gelangenden neuen Reichsſcheide-, reſp. Silbermünzen.“ (—) Berlin, 29 Dec. Trotz dem äußerſt beruhigenden Artikel welchen die „Prov.-Correſp.“ geſtern über die politiſche Lage brachte, verbreitete ſich gleich- zeitig an der Börſe das Gerücht von der angeordneten Mobilmachung zweier Armee- corps, welche zur Verſtärkung der Occupationstruppen in Frankreich beſtimmt ſeien. Das in tendentiöſer Abſicht erfundene Gerücht verfehlte ſeinen Zweck auch durch- aus nicht, indem es weithin Bennruhigung erzeugte und die Curſe zum Weichen brachte. Selbſtverſtändlich war dasſelbe vollſtändig aus der Luft gegriffen. — Der ruſſiſche Votſchafter Hr. v. Oubril iſt geſtern aus St. Petersburg hieher zu- rückgekehrt, und wird dem Kaiſer wahrſcheinlich morgen ſein neues Beglaubigungs- ſchreiben überreichen. Der wenige Tage zuvor von St. Petersburg heimgekehrte Feldmarſchall Graf Moltke hatte mit dem Fürſten Bismarck vor deſſen Abreiſe in die Provinz Sachſen eine längere Unterredung, die ſich weſentlich um die in Ruß- land gemachten Beobachtungen drehte. Kriegsminiſter Graf Roon hat ſich vor- geſtern zur Jagd auf das Gut des bekannten Abgeordneten v. Blanckenburg be- geben, deſſen Tochter mit einem Sohne des Grafen Roon verheirathet iſt. Wäh- rend ſeiner bis morgen dauernden Abweſenheit vertritt ihn der General v. Stiehle. — Geſtern iſt der bayeriſche Geſandte am ruſſiſchen Hofe, Frhr. v. Truchſeß, auf ſeine Beſitzungen abgereist. — Wie es heißt, hat der Oberpräſident der Provinz Hannover, Graf Stolberg, um ſeine Entlaſſung gebeten. — Die öſterreichiſche Botſchaft befindet ſich ſeit heut in dem am Pariſer Platz belegenen Palais des Für- ſten Blücher. — Der geſtern hier eröffnete deutſche Anwaltstag, welcher ſich ledig- lich mit der Verathung der deutſchen Civilproceß-Ordnung beſchäftigt, wählte den Advocaten Kreitmair aus Vamberg zum Vorſitzenden, den Juſtizrath Ulfert aus Berlin zum erſten und den Juſtizrath Hoffmann aus Bonn zum zweiten Stellver- treter, ſowie die Rechtsanwälte Meinhard aus Gneſen, Johannſen aus Berlin, Weber aus Aachen und Kretſchmann aus Burg zu Schriftführern. (—) Berlin, 30 Dec. Der vorgeſtern von St. Petersburg zurückgekehrte ruſſiſche Botſchafter, Hr. v. Oubril, überreichte dem Kaiſer dieſen Nachmittag ſein

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 2, 2. Januar 1872, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine02_1872/4>, abgerufen am 01.06.2024.