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Allgemeine Zeitung, Nr. 4, 4. Januar 1830.

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4 Januar.
Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Nro. 4. 1830.


[Spaltenumbruch]
Brasilien.
(Beschluß.)

Der Vaqueiro bezieht keinen Gehalt, sondern zur Entschädi-
gung für seine Mühe wird ihm ein Drittheil oder die Hälfte
der Erzeugnisse oder der jungen Thiere, je nachdem man sich darüber
mit ihm einverstanden hat, überlassen. Er ist befugt auf der Be-
sizung die ihm auf solche Art zugehörenden Thiere zu erziehen,
wie auch jene, welche von diesen abstammen und fortgehend sein
Eigenthum bleiben, so daß öfters der Fall eintritt, daß nach Ab-
fluß einer Reihe von Jahren, das dem Vaqueiro zugehörende Vieh
zahlreicher ist, als das dem Eigenthümer zustehende; und da hin-
wieder öfters geschieht, daß ein Vaqueiro das ihm nothwendiger
Weise zu schenkende Zutrauen mißbraucht, so ziehen manche Eigen-
thümer vor, um einen einverstandenen Preis die jenem zufallen-
den Thiere ihm abzukaufen, und zuverlässig wird man sich dabei
am besten befinden. Jeder Eigenthümer hat sein eigenes Zeichen
(marque), das er mittelst glühenden Eisens dem Thiere aufdrükt.
Diese Vorkehrung ist unentbehrlich nothwendig, um sein Eigen-
thum erkennen zu können, denn es geschieht sehr häufig, daß ein-
zelne Stüke eines solchen Thiergehegs (menagerie) sich mit denen
des zunächst gelegenen vermengen, was dann erst beim Zusammen-
treiben und Kontrolliren wahrgenommen wird. Alljährlich um St.
Johannistag werden solche Viehschauen gehalten, für die man alle
Thiere zusammen treiben läßt, wozu öfters mehrere Tage erfor-
derlich sind. Jeden Tag wird, was zusammen gebracht werden
konnte, in die vorgedachten Einfänge versammelt, und da bleiben
die Thiere ohne Futter und Wasser bis das Geschäft vollendet ist.
Finden sich darunter fremde Stüke, was durch die Zeichnung er-
kannt wird, so gibt man dem Eigenthümer, dem sie zustehen, da-
von Kenntniß, welcher wechselseitig wieder ein Gleiches thut, so
daß jeder Eigenthümer ziemlich vollständig seine Heerden beisam-
men hat, mit Ausnahme der einzelnen Stüke, die wegen besonde-
rer Wildheit sich an unzugängliche Orte verlaufen haben mögen,
und deshalb nicht eingebracht werden konnten. Ist die Heerde
versammelt, so wird die Zählung und Bezeichnung der im Laufe
des Jahrs geworfenen Thiere, so wie die Ausscheidung derer, die
dem Vaqueiro angehören, vorgenommen. Die Erfahrung hat ge-
zeigt, daß ein solches Thiergehege, wenn es gedeihen soll, nicht
allzu zahlreich seyn darf, und es wird allgemein dafür gehalten,
man soll bei 300 bis 400 Stüken für eine Viehheerde stehen blei-
ben. Eine solche erheischt ununterbrochene Aufsicht und eine nicht
immer sattsam beobachtete Sorgfalt für die Ausscheidung der al-
ternden Thiere, um sie zu verkaufen oder zu tödten. Ein Va-
queiro mit drei bis vier untergeordneten Gehülfen, wozu er ge-
wöhnlich Kinder oder Verwandte gebraucht, kan zur Besorgung
einer auf 300 Stüke ansteigenden Menagerie ausreichen. Unstrei-
tig ist dieser Beruf der mühsamste und auch lebensgefährlichste von
allen, die in Brasilien betrieben werden, und obgleich selten nur
ein Vaqueiro sich bereichert oder alt wird, so hat jedoch diese Be-
schäftigung so vielen Reiz für sie, daß höchst selten einer darauf
verzichtet, oder ihn vertauschen wird. Ueber den Ertrag solcher
Thiergehege hält es schwer, etwas zu sagen, da derselbe mehr als
irgend ein anderer von Wechselfällen abhängt. Zuverlässig sind Ka-
pitalien darin vortheilhaft angelegt, wofern auf dem guten Lande,
[Spaltenumbruch] das nie an Wasser Mangel leidet, keine Viehseuche und keine
Trokniß statt findet, und man einen guten redlichen Vaqueiro hat.
Wenn hingegen dieser, wie oft geschieht, unredlich, oder träge
und unverständig ist, wenn eine Viehseuche eintritt, oder wenn
auch nur bei andauernder Trokniß Wassermangel eintritt, und die
Weiden verdorren, dann steht man in Gefahr, binnen kurzer Zeit
den Gewinn mancher Jahre wieder einzubüßen, und man muß
sich glüklich schäzen, wenn der Schaden nicht noch ungleich größer
wird. Wie viele solcher Menagerien sind nicht in den Jahren 1824,
1825 und 1826 völlig zu Grunde gegangen! Der Zehente von al-
lem geworfenen Vieh gehört der Regierung, und er kan entweder
in Natura oder in Geld nach der Wahl des Eigenthümers entrich-
tet werden. Der Handel mit Vieh wird durch Personen betrieben,
die von einer Menagerie zur andern reisen, zuweilen 300 bis 400
Stüke Ochsen ankaufen, die sie in Heerden von 80 bis 100 mit sich
führen und unterwegs, wofern dieses mit Vortheil geschehen kan,
auch wieder verkaufen. Was aber nicht also verkauft wird, das
gelangt aus dem nördlichen Theile nach Goianna, zwölf Meilen
von Recife, und aus dem südlichen nach St. Antas in gleicher Ent-
fernung. In jeder dieser zwei Städte wird wöchentlich ein Vieh-
markt abgehalten für Pferde sowol als Hornvieh; auf denjenigen
von Goianna werden öfters tausend bis zwölfhundert Ochsen zum
Verkaufe gebracht, so wie fünf bis sechshundert auf den minder be-
trächtlichen von St. Antas. Der größte Theil dieses Hornviehs
wird in die Schlachthäuser verkauft. Der Durchschnittspreis der
Ochsen ist 150 Fr., der Kühe 100 bis 125 und ein Lastpferd gilt
150 bis 200 Fr. Aus allem Vorstehenden ergibt sich, daß der
ganze reine Ertrag, welcher vom Anbau des Zukerrohrs und der
Baumwollenstande in dieser Provinz beim gegenwärtigen Stande
der Dinge gehoft werden kan, nicht über 5 vom 100 des verwende-
ten Kapitals berechnet werden darf, und daß dieser annoch ver-
mindert oder auf Nichts herabgebracht werden kan durch Ursachen,
die außer aller menschlichen Voraussehung liegen, weil es dafür
anders nicht als eines Jahres Trokniß bedarf, um eine Erndte wo
nicht ganz zu vernichten, doch wesentlich zu mindern, und daß
diese Plage leider die Provinz nur allzu oft heimsucht. Der Land-
bau bietet demnach keine Vortheile, wodurch Europäer sich bewogen
finden könnten, mit Kapitalien hinzuziehen, um sie darauf zu ver-
wenden, und ich spreche es unbedenklich aus, ein solches Unter-
nehmen müßte unvermeidlich diejenigen zu Grunde richten, die
sich damit abgeben würden. Bei den obstehenden Berechnungen
habe ich nemlich allzeit Besizungen vorausgesezt, die bereits einge-
richtet, mit allem Nöthigen versehen wären, und deren Leitung
von einem tüchtigen Besizer abhinge, der davon möglichst guten
Vortheil zu ziehen im Stande ist. Kan nun aber ein einwan-
dernder Europäer hoffen, sich in dieser Lage zu befinden? Gewiß
nicht. Das Glüklichste für ihn, wofern er mit hinlänglichen Fonds
versehen ist, wäre, wenn er eine schon eingerichtete Besizung zu
kaufen fände, auf gutem und wohl gelegenem Lande. Einen
solchen Ankauf jedoch zu machen, hält sehr schwer, indem diese
Besizungen nur selten verkauft werden; sollte er jedoch eine zu
kaufen finden, wird er alsdann sie auch selbst zu verwalten im
Stande seyn? Man darf hieran zweifeln. Den Sitten und Ue-
bungen des Landes fremd, und vermuthlich ohne Kenntniß seiner
Sprache, unbekannt mit dem hier üblichen Kulturverfahren

4 Januar.
Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Nro. 4. 1830.


[Spaltenumbruch]
Braſilien.
(Beſchluß.)

Der Vaqueiro bezieht keinen Gehalt, ſondern zur Entſchädi-
gung für ſeine Mühe wird ihm ein Drittheil oder die Hälfte
der Erzeugniſſe oder der jungen Thiere, je nachdem man ſich darüber
mit ihm einverſtanden hat, überlaſſen. Er iſt befugt auf der Be-
ſizung die ihm auf ſolche Art zugehörenden Thiere zu erziehen,
wie auch jene, welche von dieſen abſtammen und fortgehend ſein
Eigenthum bleiben, ſo daß öfters der Fall eintritt, daß nach Ab-
fluß einer Reihe von Jahren, das dem Vaqueiro zugehörende Vieh
zahlreicher iſt, als das dem Eigenthümer zuſtehende; und da hin-
wieder öfters geſchieht, daß ein Vaqueiro das ihm nothwendiger
Weiſe zu ſchenkende Zutrauen mißbraucht, ſo ziehen manche Eigen-
thümer vor, um einen einverſtandenen Preis die jenem zufallen-
den Thiere ihm abzukaufen, und zuverläſſig wird man ſich dabei
am beſten befinden. Jeder Eigenthümer hat ſein eigenes Zeichen
(marque), das er mittelſt glühenden Eiſens dem Thiere aufdrükt.
Dieſe Vorkehrung iſt unentbehrlich nothwendig, um ſein Eigen-
thum erkennen zu können, denn es geſchieht ſehr häufig, daß ein-
zelne Stüke eines ſolchen Thiergehegs (ménagerie) ſich mit denen
des zunächſt gelegenen vermengen, was dann erſt beim Zuſammen-
treiben und Kontrolliren wahrgenommen wird. Alljährlich um St.
Johannistag werden ſolche Viehſchauen gehalten, für die man alle
Thiere zuſammen treiben läßt, wozu öfters mehrere Tage erfor-
derlich ſind. Jeden Tag wird, was zuſammen gebracht werden
konnte, in die vorgedachten Einfänge verſammelt, und da bleiben
die Thiere ohne Futter und Waſſer bis das Geſchäft vollendet iſt.
Finden ſich darunter fremde Stüke, was durch die Zeichnung er-
kannt wird, ſo gibt man dem Eigenthümer, dem ſie zuſtehen, da-
von Kenntniß, welcher wechſelſeitig wieder ein Gleiches thut, ſo
daß jeder Eigenthümer ziemlich vollſtändig ſeine Heerden beiſam-
men hat, mit Ausnahme der einzelnen Stüke, die wegen beſonde-
rer Wildheit ſich an unzugängliche Orte verlaufen haben mögen,
und deshalb nicht eingebracht werden konnten. Iſt die Heerde
verſammelt, ſo wird die Zählung und Bezeichnung der im Laufe
des Jahrs geworfenen Thiere, ſo wie die Ausſcheidung derer, die
dem Vaqueiro angehören, vorgenommen. Die Erfahrung hat ge-
zeigt, daß ein ſolches Thiergehege, wenn es gedeihen ſoll, nicht
allzu zahlreich ſeyn darf, und es wird allgemein dafür gehalten,
man ſoll bei 300 bis 400 Stüken für eine Viehheerde ſtehen blei-
ben. Eine ſolche erheiſcht ununterbrochene Aufſicht und eine nicht
immer ſattſam beobachtete Sorgfalt für die Ausſcheidung der al-
ternden Thiere, um ſie zu verkaufen oder zu tödten. Ein Va-
queiro mit drei bis vier untergeordneten Gehülfen, wozu er ge-
wöhnlich Kinder oder Verwandte gebraucht, kan zur Beſorgung
einer auf 300 Stüke anſteigenden Menagerie ausreichen. Unſtrei-
tig iſt dieſer Beruf der mühſamſte und auch lebensgefährlichſte von
allen, die in Braſilien betrieben werden, und obgleich ſelten nur
ein Vaqueiro ſich bereichert oder alt wird, ſo hat jedoch dieſe Be-
ſchäftigung ſo vielen Reiz für ſie, daß höchſt ſelten einer darauf
verzichtet, oder ihn vertauſchen wird. Ueber den Ertrag ſolcher
Thiergehege hält es ſchwer, etwas zu ſagen, da derſelbe mehr als
irgend ein anderer von Wechſelfällen abhängt. Zuverläſſig ſind Ka-
pitalien darin vortheilhaft angelegt, wofern auf dem guten Lande,
[Spaltenumbruch] das nie an Waſſer Mangel leidet, keine Viehſeuche und keine
Trokniß ſtatt findet, und man einen guten redlichen Vaqueiro hat.
Wenn hingegen dieſer, wie oft geſchieht, unredlich, oder träge
und unverſtändig iſt, wenn eine Viehſeuche eintritt, oder wenn
auch nur bei andauernder Trokniß Waſſermangel eintritt, und die
Weiden verdorren, dann ſteht man in Gefahr, binnen kurzer Zeit
den Gewinn mancher Jahre wieder einzubüßen, und man muß
ſich glüklich ſchäzen, wenn der Schaden nicht noch ungleich größer
wird. Wie viele ſolcher Menagerien ſind nicht in den Jahren 1824,
1825 und 1826 völlig zu Grunde gegangen! Der Zehente von al-
lem geworfenen Vieh gehört der Regierung, und er kan entweder
in Natura oder in Geld nach der Wahl des Eigenthümers entrich-
tet werden. Der Handel mit Vieh wird durch Perſonen betrieben,
die von einer Menagerie zur andern reiſen, zuweilen 300 bis 400
Stüke Ochſen ankaufen, die ſie in Heerden von 80 bis 100 mit ſich
führen und unterwegs, wofern dieſes mit Vortheil geſchehen kan,
auch wieder verkaufen. Was aber nicht alſo verkauft wird, das
gelangt aus dem nördlichen Theile nach Goianna, zwölf Meilen
von Recife, und aus dem ſüdlichen nach St. Antas in gleicher Ent-
fernung. In jeder dieſer zwei Städte wird wöchentlich ein Vieh-
markt abgehalten für Pferde ſowol als Hornvieh; auf denjenigen
von Goianna werden öfters tauſend bis zwölfhundert Ochſen zum
Verkaufe gebracht, ſo wie fünf bis ſechshundert auf den minder be-
trächtlichen von St. Antas. Der größte Theil dieſes Hornviehs
wird in die Schlachthäuſer verkauft. Der Durchſchnittspreis der
Ochſen iſt 150 Fr., der Kühe 100 bis 125 und ein Laſtpferd gilt
150 bis 200 Fr. Aus allem Vorſtehenden ergibt ſich, daß der
ganze reine Ertrag, welcher vom Anbau des Zukerrohrs und der
Baumwollenſtande in dieſer Provinz beim gegenwärtigen Stande
der Dinge gehoft werden kan, nicht über 5 vom 100 des verwende-
ten Kapitals berechnet werden darf, und daß dieſer annoch ver-
mindert oder auf Nichts herabgebracht werden kan durch Urſachen,
die außer aller menſchlichen Vorausſehung liegen, weil es dafür
anders nicht als eines Jahres Trokniß bedarf, um eine Erndte wo
nicht ganz zu vernichten, doch weſentlich zu mindern, und daß
dieſe Plage leider die Provinz nur allzu oft heimſucht. Der Land-
bau bietet demnach keine Vortheile, wodurch Europäer ſich bewogen
finden könnten, mit Kapitalien hinzuziehen, um ſie darauf zu ver-
wenden, und ich ſpreche es unbedenklich aus, ein ſolches Unter-
nehmen müßte unvermeidlich diejenigen zu Grunde richten, die
ſich damit abgeben würden. Bei den obſtehenden Berechnungen
habe ich nemlich allzeit Beſizungen vorausgeſezt, die bereits einge-
richtet, mit allem Nöthigen verſehen wären, und deren Leitung
von einem tüchtigen Beſizer abhinge, der davon möglichſt guten
Vortheil zu ziehen im Stande iſt. Kan nun aber ein einwan-
dernder Europäer hoffen, ſich in dieſer Lage zu befinden? Gewiß
nicht. Das Glüklichſte für ihn, wofern er mit hinlänglichen Fonds
verſehen iſt, wäre, wenn er eine ſchon eingerichtete Beſizung zu
kaufen fände, auf gutem und wohl gelegenem Lande. Einen
ſolchen Ankauf jedoch zu machen, hält ſehr ſchwer, indem dieſe
Beſizungen nur ſelten verkauft werden; ſollte er jedoch eine zu
kaufen finden, wird er alsdann ſie auch ſelbſt zu verwalten im
Stande ſeyn? Man darf hieran zweifeln. Den Sitten und Ue-
bungen des Landes fremd, und vermuthlich ohne Kenntniß ſeiner
Sprache, unbekannt mit dem hier üblichen Kulturverfahren

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[0005] 4 Januar. Beilage zur Allgemeinen Zeitung. Nro. 4. 1830. Braſilien. (Beſchluß.) Der Vaqueiro bezieht keinen Gehalt, ſondern zur Entſchädi- gung für ſeine Mühe wird ihm ein Drittheil oder die Hälfte der Erzeugniſſe oder der jungen Thiere, je nachdem man ſich darüber mit ihm einverſtanden hat, überlaſſen. Er iſt befugt auf der Be- ſizung die ihm auf ſolche Art zugehörenden Thiere zu erziehen, wie auch jene, welche von dieſen abſtammen und fortgehend ſein Eigenthum bleiben, ſo daß öfters der Fall eintritt, daß nach Ab- fluß einer Reihe von Jahren, das dem Vaqueiro zugehörende Vieh zahlreicher iſt, als das dem Eigenthümer zuſtehende; und da hin- wieder öfters geſchieht, daß ein Vaqueiro das ihm nothwendiger Weiſe zu ſchenkende Zutrauen mißbraucht, ſo ziehen manche Eigen- thümer vor, um einen einverſtandenen Preis die jenem zufallen- den Thiere ihm abzukaufen, und zuverläſſig wird man ſich dabei am beſten befinden. Jeder Eigenthümer hat ſein eigenes Zeichen (marque), das er mittelſt glühenden Eiſens dem Thiere aufdrükt. Dieſe Vorkehrung iſt unentbehrlich nothwendig, um ſein Eigen- thum erkennen zu können, denn es geſchieht ſehr häufig, daß ein- zelne Stüke eines ſolchen Thiergehegs (ménagerie) ſich mit denen des zunächſt gelegenen vermengen, was dann erſt beim Zuſammen- treiben und Kontrolliren wahrgenommen wird. Alljährlich um St. Johannistag werden ſolche Viehſchauen gehalten, für die man alle Thiere zuſammen treiben läßt, wozu öfters mehrere Tage erfor- derlich ſind. Jeden Tag wird, was zuſammen gebracht werden konnte, in die vorgedachten Einfänge verſammelt, und da bleiben die Thiere ohne Futter und Waſſer bis das Geſchäft vollendet iſt. Finden ſich darunter fremde Stüke, was durch die Zeichnung er- kannt wird, ſo gibt man dem Eigenthümer, dem ſie zuſtehen, da- von Kenntniß, welcher wechſelſeitig wieder ein Gleiches thut, ſo daß jeder Eigenthümer ziemlich vollſtändig ſeine Heerden beiſam- men hat, mit Ausnahme der einzelnen Stüke, die wegen beſonde- rer Wildheit ſich an unzugängliche Orte verlaufen haben mögen, und deshalb nicht eingebracht werden konnten. Iſt die Heerde verſammelt, ſo wird die Zählung und Bezeichnung der im Laufe des Jahrs geworfenen Thiere, ſo wie die Ausſcheidung derer, die dem Vaqueiro angehören, vorgenommen. Die Erfahrung hat ge- zeigt, daß ein ſolches Thiergehege, wenn es gedeihen ſoll, nicht allzu zahlreich ſeyn darf, und es wird allgemein dafür gehalten, man ſoll bei 300 bis 400 Stüken für eine Viehheerde ſtehen blei- ben. Eine ſolche erheiſcht ununterbrochene Aufſicht und eine nicht immer ſattſam beobachtete Sorgfalt für die Ausſcheidung der al- ternden Thiere, um ſie zu verkaufen oder zu tödten. Ein Va- queiro mit drei bis vier untergeordneten Gehülfen, wozu er ge- wöhnlich Kinder oder Verwandte gebraucht, kan zur Beſorgung einer auf 300 Stüke anſteigenden Menagerie ausreichen. Unſtrei- tig iſt dieſer Beruf der mühſamſte und auch lebensgefährlichſte von allen, die in Braſilien betrieben werden, und obgleich ſelten nur ein Vaqueiro ſich bereichert oder alt wird, ſo hat jedoch dieſe Be- ſchäftigung ſo vielen Reiz für ſie, daß höchſt ſelten einer darauf verzichtet, oder ihn vertauſchen wird. Ueber den Ertrag ſolcher Thiergehege hält es ſchwer, etwas zu ſagen, da derſelbe mehr als irgend ein anderer von Wechſelfällen abhängt. Zuverläſſig ſind Ka- pitalien darin vortheilhaft angelegt, wofern auf dem guten Lande, das nie an Waſſer Mangel leidet, keine Viehſeuche und keine Trokniß ſtatt findet, und man einen guten redlichen Vaqueiro hat. Wenn hingegen dieſer, wie oft geſchieht, unredlich, oder träge und unverſtändig iſt, wenn eine Viehſeuche eintritt, oder wenn auch nur bei andauernder Trokniß Waſſermangel eintritt, und die Weiden verdorren, dann ſteht man in Gefahr, binnen kurzer Zeit den Gewinn mancher Jahre wieder einzubüßen, und man muß ſich glüklich ſchäzen, wenn der Schaden nicht noch ungleich größer wird. Wie viele ſolcher Menagerien ſind nicht in den Jahren 1824, 1825 und 1826 völlig zu Grunde gegangen! Der Zehente von al- lem geworfenen Vieh gehört der Regierung, und er kan entweder in Natura oder in Geld nach der Wahl des Eigenthümers entrich- tet werden. Der Handel mit Vieh wird durch Perſonen betrieben, die von einer Menagerie zur andern reiſen, zuweilen 300 bis 400 Stüke Ochſen ankaufen, die ſie in Heerden von 80 bis 100 mit ſich führen und unterwegs, wofern dieſes mit Vortheil geſchehen kan, auch wieder verkaufen. Was aber nicht alſo verkauft wird, das gelangt aus dem nördlichen Theile nach Goianna, zwölf Meilen von Recife, und aus dem ſüdlichen nach St. Antas in gleicher Ent- fernung. In jeder dieſer zwei Städte wird wöchentlich ein Vieh- markt abgehalten für Pferde ſowol als Hornvieh; auf denjenigen von Goianna werden öfters tauſend bis zwölfhundert Ochſen zum Verkaufe gebracht, ſo wie fünf bis ſechshundert auf den minder be- trächtlichen von St. Antas. Der größte Theil dieſes Hornviehs wird in die Schlachthäuſer verkauft. Der Durchſchnittspreis der Ochſen iſt 150 Fr., der Kühe 100 bis 125 und ein Laſtpferd gilt 150 bis 200 Fr. Aus allem Vorſtehenden ergibt ſich, daß der ganze reine Ertrag, welcher vom Anbau des Zukerrohrs und der Baumwollenſtande in dieſer Provinz beim gegenwärtigen Stande der Dinge gehoft werden kan, nicht über 5 vom 100 des verwende- ten Kapitals berechnet werden darf, und daß dieſer annoch ver- mindert oder auf Nichts herabgebracht werden kan durch Urſachen, die außer aller menſchlichen Vorausſehung liegen, weil es dafür anders nicht als eines Jahres Trokniß bedarf, um eine Erndte wo nicht ganz zu vernichten, doch weſentlich zu mindern, und daß dieſe Plage leider die Provinz nur allzu oft heimſucht. Der Land- bau bietet demnach keine Vortheile, wodurch Europäer ſich bewogen finden könnten, mit Kapitalien hinzuziehen, um ſie darauf zu ver- wenden, und ich ſpreche es unbedenklich aus, ein ſolches Unter- nehmen müßte unvermeidlich diejenigen zu Grunde richten, die ſich damit abgeben würden. Bei den obſtehenden Berechnungen habe ich nemlich allzeit Beſizungen vorausgeſezt, die bereits einge- richtet, mit allem Nöthigen verſehen wären, und deren Leitung von einem tüchtigen Beſizer abhinge, der davon möglichſt guten Vortheil zu ziehen im Stande iſt. Kan nun aber ein einwan- dernder Europäer hoffen, ſich in dieſer Lage zu befinden? Gewiß nicht. Das Glüklichſte für ihn, wofern er mit hinlänglichen Fonds verſehen iſt, wäre, wenn er eine ſchon eingerichtete Beſizung zu kaufen fände, auf gutem und wohl gelegenem Lande. Einen ſolchen Ankauf jedoch zu machen, hält ſehr ſchwer, indem dieſe Beſizungen nur ſelten verkauft werden; ſollte er jedoch eine zu kaufen finden, wird er alsdann ſie auch ſelbſt zu verwalten im Stande ſeyn? Man darf hieran zweifeln. Den Sitten und Ue- bungen des Landes fremd, und vermuthlich ohne Kenntniß ſeiner Sprache, unbekannt mit dem hier üblichen Kulturverfahren

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 4, 4. Januar 1830, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine04_1830/5>, abgerufen am 21.11.2024.