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Allgemeine Zeitung, Nr. 8, 8. Januar 1830.

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[Spaltenumbruch] kaum irgend ein Schritt dem Ministerium mehr hätte schaden
können, als jene Verfolgungen, da nicht blos die Presse, sondern
fast das gesamte Publikum das Verfahren als unweise und un-
vereinbar mit den praktisch bestehenden Freiheiten der Nation miß-
billigt. Das Blatt selbst war seit seiner Entstehung als Mor-
ning-Journal unstreitig das mindest geachtete der Hauptstadt; nur
die Unterstüzungen des hiesigen Agenten Don Miguels hielten es
aufrecht, und die arme portugiesische Nation mußte die Kosten
eines Tagblattes hergeben, dessen sogar die Ultra-Tories sich schäm-
ten. Bei den Maaßregeln aber, welche die Minister gegen das-
selbe genommen, kommt der Charakter des Blattes weit weniger
in Betracht, als der dadurch angegriffene Grundsaz der Preßfrei-
heit, den die Jury selbst, von dem Kronanwald blindlings gelei-
tet, verlezt hat. Jedermann fand hier den Ausspruch über die
erste Anklage wegen Diffamation des Charakters des gegenwärti-
gen Lordkanzlers Lyndhurst gerecht, weil hier eine persönliche Ver-
läumdung zum Grunde lag, indem der Lordkanzler beschul-
digt war, die Stelle des Solicitor-General gegen ein Darlehn
von 30,000 Pf. verkauft zu haben. Lord Lyndhurst mußte eher
als jeder andere seiner Kollegen zu dieser Anklage sich entschlie-
ßen, weil er nichts weniger als reich ist, und die Führung seines
Haushalts eben nicht als Muster dienen kan. Anders aber ver-
hält es sich mit den sogenannten Schmähschriften gegen den Lord
Wellington, wodurch der Herausgeber nach Beschuldigung der An-
klage bezwekte, die Regierung des Königs herabzuwürdigen, in-
dem er den König als unfrei und unter der Herrschaft seines
Premierministers schilderte. Die Jury, eingeschüchtert durch das
Rednertalent des Generalanwaldes, sprach zwar den Angeklagten
von einem Vergehen gegen die Regierung frei, fand ihn aber ei-
ner Schmähung des Königs schuldig, und empfahl ihn hinwieder
auf das Dringendste der Gnade der Richter, -- ein Ausspruch, der
allgemeinen Tadel auf sich zog, und der gewiß nicht gegeben wor-
den wäre, hätte die hiesige Presse vor der Gerichtssizung die Jury
über die konstitutionelle Aufgabe, deren Lösung ihr bei Preßverge-
hen allein anvertraut wird, belehrt, was aber hier aus Zartge-
fühl nie geschieht. Glüklicher Weise kan der Irrthum einer Jury,
auf den bald der Geist einer andern unabhängigeren folgen würde,
hier die Preßfreiheit keineswegs gefährden, und das Verfahren
der Minister hat nur einen desto einstimmigern und allgemeinen
Tadel gegen sie hervorgerufen. -- Mit dem nächsten Paketboote
aus New-York sieht man der ersten Eröfnungsrede des Präsiden-
ten Jackson im Kongresse zu Washington entgegen, sie wird von
den Amerikanern mit Ungeduld erwartet; man glaubt, sie werde
eine Empfehlung an den Kongreß enthalten, den Tarif von 1828
zu modifiziren; Virginien und Georgien haben gegen dessen Fort-
dauer protestirt. Unter den konstitutionellen Fragen, die vor den
disjährigen Kongreß gebracht werden sollen, gehören die Vorschläge der
Staaten Missouri und Louisiana, zu Modifikationen in der Wahl des
Präsidenten und Vicepräsidenten der Republik, zu den wichtigern; er-
sterer Staat verlangt, daß die Wahl dieser beiden hohen Staatsbeam-
ten in keinem Falle dem Hause der Repräsentanten überlassen werde,
und Lezterer, daß ein Präsident der Vereinigten Staaten nie zum
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die Zeit seiner Verwaltung von vier auf sechs Jahre zu verlän-
gern sey. Hr. Poinsett, bisheriger Gesandter der Vereinigten
Staaten in Merico, der sich eine zu große Einmischung in die
innern Angelegenheiten Merico's zu Schulden kommen ließ, wird
[Spaltenumbruch] zurükberufen werden, und wahrscheinlich den Hrn. Hughes, bis-
herigen Gesandten der Vereinigten Staaten am niederländischen
Hofe, zum Nachfolger erhalten; an dessen Stelle wird dann Hr.
Preble nach den Niederlanden gehen, und hoffentlich die Berichti-
gung der Gränzstreitigkeiten zwischen Großbritannien und den
Vereinigten Staaten unter der Vermittelung des Königs der
Niederlande zu Stande bringen. Bisher war über die Verhand-
lungen der Vereinigten Staaten mit der mericanischen Regierung
wegen Abtretung der Provinz Teras nichts Offizielles bekannt,
und was man in Europa darüber erfuhr, beruhte blos auf Gerüchten.
In einer Botschaft des Gouverneurs Pope von Arkansas an die
Legislatur dieses jungen Staates, die am 5 Nov. ihre Sizungen
eröfnete, kommt nun folgende Stelle vor: "Was unsere Gränze
nach Texas zu betrift, so ist vielleicht nicht unangemessen zu er-
wähnen, daß Hofnung gehegt wird, unsere Regierung werde diese
Provinz an sich kaufen. Schon bei einem oberflächlichen Blike auf
diese Angelegenheit scheint es mix, daß die mericanische Regie-
rung keine starke Einwendung gegen den Verkauf haben kan, und
daß wir klug handeln würden, Eigenthümer von Texas zu werden.
Die Erwerbung dieser Provinz wird unsern südwestlichen und west-
lichen Gränzen Friede und Sicherheit verschaffen." Diese Politik der
Vereinigten Staaten, einen der fruchtbarsten Distrikte Merico's auf
jede mögliche diplomatische Weise zu erwerben, erklärt die seit Jahren
von Hrn. Poinsett beobachtete Politik der Einmischung und der Unter-
stüzung einer Partei, von welcher er bei ihren Siegen Konzessionen
erwarten durfte. -- Eine Verordnung des Stadtmagistrats von
New-York vom 24 Nov. verbietet allen Schiffen, auf welchen
während ihrer Reise die Menschenblattern ausgebrochen sind, das
Anlanden an der Küste; sie müssen sich wenigstens 300 Yards
vom Ufer entfernt halten, und die Befehle des Mayors und des
Gesundheitraths von New-York abwarten; bis dahin darf Nie-
mand von der Mannschaft eine Gemeinschaft mit der Stadt ha-
ben. Steuermänner, Lootsen und Hafenbeamte, die dieses Gesez
übertreten, sind Strafen unterworfen, die 2000 Dollars an Gelde
oder zwölf Monate Gefängniß nicht übersteigen dürfen. -- Von der
kriegsgefangenen spanischen Division in Tampico hatte man Nach-
richten bis zum 9 Oktober. Das Küstenfieber richtete furchtbare
Verheerungen unter der bedauernswürdigen Mannschaft an, und
man befürchtete, daß am Ende die ganze Division ein Opfer der
Krankheit werden würde.

Frankreich.

Konsol. 5 Proz. 108, 90; 3 Proz. 84, 50;
Falconnet 92, 10.

Am 31 Dec. empfing der König vor der Messe in dem Thron-
saale die Deputation des Kassations- und des Rechnungshofs so wie
das königliche Konsell des öffentlichen Unterrichts, zur Neujahrs-
gratulation. Nach der Messe empfing der König Deputationen
des königlichen Gerichtshofs, des Civilgerichtshofs von Paris, des
Handelstribunals, die Friedensrichter der zwölf Bezirke, die
französische Akademie; die Konsistorien der Reformirten und der
Augsburger Konfession und das Centralkonsistorium der Israeliten.
Auch hatte eine Deputation der königlichen Gesellschaft der Ge-
fängnisse, die königliche Akerbaugesellschaft und eine Deputation
der polytechnischen Schule die Ehre dem Könige vorgestellt zu
werden. Dem Grafen Portalis, ersten Präsidenten des Kassa-
tionshofs, antwortete der König: er könne von dem weisen und
festen Betragen des Kassationshofs in jeder Hinsicht nur mit Lob

[Spaltenumbruch] kaum irgend ein Schritt dem Miniſterium mehr hätte ſchaden
können, als jene Verfolgungen, da nicht blos die Preſſe, ſondern
faſt das geſamte Publikum das Verfahren als unweiſe und un-
vereinbar mit den praktiſch beſtehenden Freiheiten der Nation miß-
billigt. Das Blatt ſelbſt war ſeit ſeiner Entſtehung als Mor-
ning-Journal unſtreitig das mindeſt geachtete der Hauptſtadt; nur
die Unterſtüzungen des hieſigen Agenten Don Miguels hielten es
aufrecht, und die arme portugieſiſche Nation mußte die Koſten
eines Tagblattes hergeben, deſſen ſogar die Ultra-Tories ſich ſchäm-
ten. Bei den Maaßregeln aber, welche die Miniſter gegen daſ-
ſelbe genommen, kommt der Charakter des Blattes weit weniger
in Betracht, als der dadurch angegriffene Grundſaz der Preßfrei-
heit, den die Jury ſelbſt, von dem Kronanwald blindlings gelei-
tet, verlezt hat. Jedermann fand hier den Ausſpruch über die
erſte Anklage wegen Diffamation des Charakters des gegenwärti-
gen Lordkanzlers Lyndhurſt gerecht, weil hier eine perſönliche Ver-
läumdung zum Grunde lag, indem der Lordkanzler beſchul-
digt war, die Stelle des Solicitor-General gegen ein Darlehn
von 30,000 Pf. verkauft zu haben. Lord Lyndhurſt mußte eher
als jeder andere ſeiner Kollegen zu dieſer Anklage ſich entſchlie-
ßen, weil er nichts weniger als reich iſt, und die Führung ſeines
Haushalts eben nicht als Muſter dienen kan. Anders aber ver-
hält es ſich mit den ſogenannten Schmähſchriften gegen den Lord
Wellington, wodurch der Herausgeber nach Beſchuldigung der An-
klage bezwekte, die Regierung des Königs herabzuwürdigen, in-
dem er den König als unfrei und unter der Herrſchaft ſeines
Premierminiſters ſchilderte. Die Jury, eingeſchüchtert durch das
Rednertalent des Generalanwaldes, ſprach zwar den Angeklagten
von einem Vergehen gegen die Regierung frei, fand ihn aber ei-
ner Schmähung des Königs ſchuldig, und empfahl ihn hinwieder
auf das Dringendſte der Gnade der Richter, — ein Ausſpruch, der
allgemeinen Tadel auf ſich zog, und der gewiß nicht gegeben wor-
den wäre, hätte die hieſige Preſſe vor der Gerichtsſizung die Jury
über die konſtitutionelle Aufgabe, deren Löſung ihr bei Preßverge-
hen allein anvertraut wird, belehrt, was aber hier aus Zartge-
fühl nie geſchieht. Glüklicher Weiſe kan der Irrthum einer Jury,
auf den bald der Geiſt einer andern unabhängigeren folgen würde,
hier die Preßfreiheit keineswegs gefährden, und das Verfahren
der Miniſter hat nur einen deſto einſtimmigern und allgemeinen
Tadel gegen ſie hervorgerufen. — Mit dem nächſten Paketboote
aus New-York ſieht man der erſten Eröfnungsrede des Präſiden-
ten Jackſon im Kongreſſe zu Washington entgegen, ſie wird von
den Amerikanern mit Ungeduld erwartet; man glaubt, ſie werde
eine Empfehlung an den Kongreß enthalten, den Tarif von 1828
zu modifiziren; Virginien und Georgien haben gegen deſſen Fort-
dauer proteſtirt. Unter den konſtitutionellen Fragen, die vor den
disjährigen Kongreß gebracht werden ſollen, gehören die Vorſchläge der
Staaten Miſſouri und Louiſiana, zu Modifikationen in der Wahl des
Präſidenten und Vicepräſidenten der Republik, zu den wichtigern; er-
ſterer Staat verlangt, daß die Wahl dieſer beiden hohen Staatsbeam-
ten in keinem Falle dem Hauſe der Repräſentanten überlaſſen werde,
und Lezterer, daß ein Präſident der Vereinigten Staaten nie zum
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die Zeit ſeiner Verwaltung von vier auf ſechs Jahre zu verlän-
gern ſey. Hr. Poinſett, bisheriger Geſandter der Vereinigten
Staaten in Merico, der ſich eine zu große Einmiſchung in die
innern Angelegenheiten Merico’s zu Schulden kommen ließ, wird
[Spaltenumbruch] zurükberufen werden, und wahrſcheinlich den Hrn. Hughes, bis-
herigen Geſandten der Vereinigten Staaten am niederländiſchen
Hofe, zum Nachfolger erhalten; an deſſen Stelle wird dann Hr.
Preble nach den Niederlanden gehen, und hoffentlich die Berichti-
gung der Gränzſtreitigkeiten zwiſchen Großbritannien und den
Vereinigten Staaten unter der Vermittelung des Königs der
Niederlande zu Stande bringen. Bisher war über die Verhand-
lungen der Vereinigten Staaten mit der mericaniſchen Regierung
wegen Abtretung der Provinz Teras nichts Offizielles bekannt,
und was man in Europa darüber erfuhr, beruhte blos auf Gerüchten.
In einer Botſchaft des Gouverneurs Pope von Arkanſas an die
Legislatur dieſes jungen Staates, die am 5 Nov. ihre Sizungen
eröfnete, kommt nun folgende Stelle vor: „Was unſere Gränze
nach Texas zu betrift, ſo iſt vielleicht nicht unangemeſſen zu er-
wähnen, daß Hofnung gehegt wird, unſere Regierung werde dieſe
Provinz an ſich kaufen. Schon bei einem oberflächlichen Blike auf
dieſe Angelegenheit ſcheint es mix, daß die mericaniſche Regie-
rung keine ſtarke Einwendung gegen den Verkauf haben kan, und
daß wir klug handeln würden, Eigenthümer von Texas zu werden.
Die Erwerbung dieſer Provinz wird unſern ſüdweſtlichen und weſt-
lichen Gränzen Friede und Sicherheit verſchaffen.“ Dieſe Politik der
Vereinigten Staaten, einen der fruchtbarſten Diſtrikte Merico’s auf
jede mögliche diplomatiſche Weiſe zu erwerben, erklärt die ſeit Jahren
von Hrn. Poinſett beobachtete Politik der Einmiſchung und der Unter-
ſtüzung einer Partei, von welcher er bei ihren Siegen Konzeſſionen
erwarten durfte. — Eine Verordnung des Stadtmagiſtrats von
New-York vom 24 Nov. verbietet allen Schiffen, auf welchen
während ihrer Reiſe die Menſchenblattern ausgebrochen ſind, das
Anlanden an der Küſte; ſie müſſen ſich wenigſtens 300 Yards
vom Ufer entfernt halten, und die Befehle des Mayors und des
Geſundheitraths von New-York abwarten; bis dahin darf Nie-
mand von der Mannſchaft eine Gemeinſchaft mit der Stadt ha-
ben. Steuermänner, Lootſen und Hafenbeamte, die dieſes Geſez
übertreten, ſind Strafen unterworfen, die 2000 Dollars an Gelde
oder zwölf Monate Gefängniß nicht überſteigen dürfen. — Von der
kriegsgefangenen ſpaniſchen Diviſion in Tampico hatte man Nach-
richten bis zum 9 Oktober. Das Küſtenfieber richtete furchtbare
Verheerungen unter der bedauernswürdigen Mannſchaft an, und
man befürchtete, daß am Ende die ganze Diviſion ein Opfer der
Krankheit werden würde.

Frankreich.

Konſol. 5 Proz. 108, 90; 3 Proz. 84, 50;
Falconnet 92, 10.

Am 31 Dec. empfing der König vor der Meſſe in dem Thron-
ſaale die Deputation des Kaſſations- und des Rechnungshofs ſo wie
das königliche Konſell des öffentlichen Unterrichts, zur Neujahrs-
gratulation. Nach der Meſſe empfing der König Deputationen
des königlichen Gerichtshofs, des Civilgerichtshofs von Paris, des
Handelstribunals, die Friedensrichter der zwölf Bezirke, die
franzöſiſche Akademie; die Konſiſtorien der Reformirten und der
Augsburger Konfeſſion und das Centralkonſiſtorium der Iſraeliten.
Auch hatte eine Deputation der königlichen Geſellſchaft der Ge-
fängniſſe, die königliche Akerbaugeſellſchaft und eine Deputation
der polytechniſchen Schule die Ehre dem Könige vorgeſtellt zu
werden. Dem Grafen Portalis, erſten Präſidenten des Kaſſa-
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[30/0002] kaum irgend ein Schritt dem Miniſterium mehr hätte ſchaden können, als jene Verfolgungen, da nicht blos die Preſſe, ſondern faſt das geſamte Publikum das Verfahren als unweiſe und un- vereinbar mit den praktiſch beſtehenden Freiheiten der Nation miß- billigt. Das Blatt ſelbſt war ſeit ſeiner Entſtehung als Mor- ning-Journal unſtreitig das mindeſt geachtete der Hauptſtadt; nur die Unterſtüzungen des hieſigen Agenten Don Miguels hielten es aufrecht, und die arme portugieſiſche Nation mußte die Koſten eines Tagblattes hergeben, deſſen ſogar die Ultra-Tories ſich ſchäm- ten. Bei den Maaßregeln aber, welche die Miniſter gegen daſ- ſelbe genommen, kommt der Charakter des Blattes weit weniger in Betracht, als der dadurch angegriffene Grundſaz der Preßfrei- heit, den die Jury ſelbſt, von dem Kronanwald blindlings gelei- tet, verlezt hat. Jedermann fand hier den Ausſpruch über die erſte Anklage wegen Diffamation des Charakters des gegenwärti- gen Lordkanzlers Lyndhurſt gerecht, weil hier eine perſönliche Ver- läumdung zum Grunde lag, indem der Lordkanzler beſchul- digt war, die Stelle des Solicitor-General gegen ein Darlehn von 30,000 Pf. verkauft zu haben. Lord Lyndhurſt mußte eher als jeder andere ſeiner Kollegen zu dieſer Anklage ſich entſchlie- ßen, weil er nichts weniger als reich iſt, und die Führung ſeines Haushalts eben nicht als Muſter dienen kan. Anders aber ver- hält es ſich mit den ſogenannten Schmähſchriften gegen den Lord Wellington, wodurch der Herausgeber nach Beſchuldigung der An- klage bezwekte, die Regierung des Königs herabzuwürdigen, in- dem er den König als unfrei und unter der Herrſchaft ſeines Premierminiſters ſchilderte. Die Jury, eingeſchüchtert durch das Rednertalent des Generalanwaldes, ſprach zwar den Angeklagten von einem Vergehen gegen die Regierung frei, fand ihn aber ei- ner Schmähung des Königs ſchuldig, und empfahl ihn hinwieder auf das Dringendſte der Gnade der Richter, — ein Ausſpruch, der allgemeinen Tadel auf ſich zog, und der gewiß nicht gegeben wor- den wäre, hätte die hieſige Preſſe vor der Gerichtsſizung die Jury über die konſtitutionelle Aufgabe, deren Löſung ihr bei Preßverge- hen allein anvertraut wird, belehrt, was aber hier aus Zartge- fühl nie geſchieht. Glüklicher Weiſe kan der Irrthum einer Jury, auf den bald der Geiſt einer andern unabhängigeren folgen würde, hier die Preßfreiheit keineswegs gefährden, und das Verfahren der Miniſter hat nur einen deſto einſtimmigern und allgemeinen Tadel gegen ſie hervorgerufen. — Mit dem nächſten Paketboote aus New-York ſieht man der erſten Eröfnungsrede des Präſiden- ten Jackſon im Kongreſſe zu Washington entgegen, ſie wird von den Amerikanern mit Ungeduld erwartet; man glaubt, ſie werde eine Empfehlung an den Kongreß enthalten, den Tarif von 1828 zu modifiziren; Virginien und Georgien haben gegen deſſen Fort- dauer proteſtirt. Unter den konſtitutionellen Fragen, die vor den disjährigen Kongreß gebracht werden ſollen, gehören die Vorſchläge der Staaten Miſſouri und Louiſiana, zu Modifikationen in der Wahl des Präſidenten und Vicepräſidenten der Republik, zu den wichtigern; er- ſterer Staat verlangt, daß die Wahl dieſer beiden hohen Staatsbeam- ten in keinem Falle dem Hauſe der Repräſentanten überlaſſen werde, und Lezterer, daß ein Präſident der Vereinigten Staaten nie zum zweitenmale zu dieſer Würde ſolle gewählt werden können, wogegen die Zeit ſeiner Verwaltung von vier auf ſechs Jahre zu verlän- gern ſey. Hr. Poinſett, bisheriger Geſandter der Vereinigten Staaten in Merico, der ſich eine zu große Einmiſchung in die innern Angelegenheiten Merico’s zu Schulden kommen ließ, wird zurükberufen werden, und wahrſcheinlich den Hrn. Hughes, bis- herigen Geſandten der Vereinigten Staaten am niederländiſchen Hofe, zum Nachfolger erhalten; an deſſen Stelle wird dann Hr. Preble nach den Niederlanden gehen, und hoffentlich die Berichti- gung der Gränzſtreitigkeiten zwiſchen Großbritannien und den Vereinigten Staaten unter der Vermittelung des Königs der Niederlande zu Stande bringen. Bisher war über die Verhand- lungen der Vereinigten Staaten mit der mericaniſchen Regierung wegen Abtretung der Provinz Teras nichts Offizielles bekannt, und was man in Europa darüber erfuhr, beruhte blos auf Gerüchten. In einer Botſchaft des Gouverneurs Pope von Arkanſas an die Legislatur dieſes jungen Staates, die am 5 Nov. ihre Sizungen eröfnete, kommt nun folgende Stelle vor: „Was unſere Gränze nach Texas zu betrift, ſo iſt vielleicht nicht unangemeſſen zu er- wähnen, daß Hofnung gehegt wird, unſere Regierung werde dieſe Provinz an ſich kaufen. Schon bei einem oberflächlichen Blike auf dieſe Angelegenheit ſcheint es mix, daß die mericaniſche Regie- rung keine ſtarke Einwendung gegen den Verkauf haben kan, und daß wir klug handeln würden, Eigenthümer von Texas zu werden. Die Erwerbung dieſer Provinz wird unſern ſüdweſtlichen und weſt- lichen Gränzen Friede und Sicherheit verſchaffen.“ Dieſe Politik der Vereinigten Staaten, einen der fruchtbarſten Diſtrikte Merico’s auf jede mögliche diplomatiſche Weiſe zu erwerben, erklärt die ſeit Jahren von Hrn. Poinſett beobachtete Politik der Einmiſchung und der Unter- ſtüzung einer Partei, von welcher er bei ihren Siegen Konzeſſionen erwarten durfte. — Eine Verordnung des Stadtmagiſtrats von New-York vom 24 Nov. verbietet allen Schiffen, auf welchen während ihrer Reiſe die Menſchenblattern ausgebrochen ſind, das Anlanden an der Küſte; ſie müſſen ſich wenigſtens 300 Yards vom Ufer entfernt halten, und die Befehle des Mayors und des Geſundheitraths von New-York abwarten; bis dahin darf Nie- mand von der Mannſchaft eine Gemeinſchaft mit der Stadt ha- ben. Steuermänner, Lootſen und Hafenbeamte, die dieſes Geſez übertreten, ſind Strafen unterworfen, die 2000 Dollars an Gelde oder zwölf Monate Gefängniß nicht überſteigen dürfen. — Von der kriegsgefangenen ſpaniſchen Diviſion in Tampico hatte man Nach- richten bis zum 9 Oktober. Das Küſtenfieber richtete furchtbare Verheerungen unter der bedauernswürdigen Mannſchaft an, und man befürchtete, daß am Ende die ganze Diviſion ein Opfer der Krankheit werden würde. Frankreich. Paris, 31 Dec.Konſol. 5 Proz. 108, 90; 3 Proz. 84, 50; Falconnet 92, 10. Am 31 Dec. empfing der König vor der Meſſe in dem Thron- ſaale die Deputation des Kaſſations- und des Rechnungshofs ſo wie das königliche Konſell des öffentlichen Unterrichts, zur Neujahrs- gratulation. Nach der Meſſe empfing der König Deputationen des königlichen Gerichtshofs, des Civilgerichtshofs von Paris, des Handelstribunals, die Friedensrichter der zwölf Bezirke, die franzöſiſche Akademie; die Konſiſtorien der Reformirten und der Augsburger Konfeſſion und das Centralkonſiſtorium der Iſraeliten. Auch hatte eine Deputation der königlichen Geſellſchaft der Ge- fängniſſe, die königliche Akerbaugeſellſchaft und eine Deputation der polytechniſchen Schule die Ehre dem Könige vorgeſtellt zu werden. Dem Grafen Portalis, erſten Präſidenten des Kaſſa- tionshofs, antwortete der König: er könne von dem weiſen und feſten Betragen des Kaſſationshofs in jeder Hinſicht nur mit Lob

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 8, 8. Januar 1830, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine08_1830/2>, abgerufen am 03.12.2024.