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Allgemeine Zeitung, Nr. 8, vom 9. Januar 1924.

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Allgemeine Zeitung. Nr. 8 Mittwoch, den 9. Januar 1924
[Spaltenumbruch]
Münchener Stadtzeitung.
Aus dem Stadtrat.
Freigabe der Lebensmittelkartenstellen.

Durch
Beschluß des Kommunalverbandsausschusses soll-
ten die Materialien und Räume der Verwal-
tungsabteilung des Mehlamtes und der Lebens-
mittelkartenverteilungsstellen bis auf Weiteres
zur Verfügung des städtischen Lebensmittelrefe-
rates bleiben. Das Sachreferat war der Auf-
fassung, daß der Stadtrat keine Verpflichtung
habe, Vorsorgemaßnahmen hinsichtlich der Wie-
deraufnahme der Zwangswirtschaft auch für den
-- unwahrscheinlichen -- Fall zu treffen, daß
die Rentenmark den Weg der Inflation beschrei-
tet und damit eine neuerliche Geldentwertung
eintreten würde. Sollte das doch eintreten, so
würden die Verhältnisse nach Anschauung des
Referates derartig werden, daß ganz andere
Zwangsmaßnahmen getroffen werden müßten,
als lediglich auf dem Gebiete der Brotgetreide-
wirtschaft.

Nach Antrag des Referenten, rk. St.-R.
Pfeiffer, beschloß der Stadtrat, den Beschluß
des Kommunalverbandes insoweit aufzuheben,
als die Materialien und Räume der Lebens-
mittelkartenstellen nicht mehr zur Verfügung des
Lebensmittelreferates gehalten werden. Der
Turnsaal im Rosentalschulhaus wird dem städti-
schen Milchamt für die Milchkartenverteilung zur
Verfügung gestellt. Mit der Vermietung des
Seitengebäudes im Anwesen Hohenzollernstraße
Nr. 16, wo sich eine Verteilungsstelle befand, an
eine Privatfirma, erklärte sich der Stadtrat ein-
verstanden.

Kritik an der städtischen Gebührenpolitik.

Die
Erwiderungen auf die Kritik des Senatspräsiden-
ten am Reichsfinanzhof, Dr. Strutz, an der
städtischen Gebührenpolitik fanden in der Stadt-
ratssitzung am Dienstag ihre Fortsetzung. St.-R.
Niedermayer von der l. S. P. verlas eine
längere Erklärung, in der die Angriffe des Se-
natspräsidenten als unberechtigt zurückgewiesen
werden. Die U. S. P. habe stets die Finanzpolitik
der V. S. P. und B. V. P. bekämpft, nachdem die
Politik der Mehrheitssozialisten sich von jener der
Volkspartei in nichts unterscheide. (Heiterkeit.)

St.-R. Weiß gab hierauf nachstehende Er-
klärung ab:

"Die Wiedergabe der Erklärungen der Herren
Kollegen Nußbaum und Scharnagel -- in der
letzten Hauptausschußsitzung -- zum Artikel des
Herrn Senatspräsidenten Strutz in der Presse
könnten den Anschein erwecken, als ob die De-
mokratische Stadtratsfraktion
mit
dieser Finanzpolitik einverstanden gewesen wäre,
sie sogar mitgemacht hätte. Wir stellen demge-
mäß fest, daß für die Finanzpolitik des Jahres
1923, die wir fortgesetzt mit rein sachlichen
Gründen bekämpft haben, nur die Vereinigte So-
zialistische Partei, die Bayerische Volkspartei und
die Kollegen Dr. Jodlbauer und Humar verant-
wortlich sind. Wir haben keinen Anlaß, uns ge-
gen die Kritik zu wenden, die Herr Dr. Strutz
in dieser Politik geübt hat."

St.-R. Dr. Jodlbauer erklärte, seine Stel-
lung gegenüber der gemeindlichen Gebühren-
politik sei stets diktiert gewesen von seinem Ver-
antwortungsgefühl den tatsächlichen Interessen
der Stadt und der Gesamtbevölkerung gegen-
über. Bürgermeister Schmid bemerkte noch,
es wäre jedenfalls würdiger gewesen, wenn die
Fraktionen sich dazu hätten verstehen können, eine
gemeinsame Erklärung nach dem Vorschlag des
Stadtratsdirektoriums abzugeben.

Rathaus-Anträgestatistik.

Wie Bürgermeister
Dr. Küfner in der 2. Stadtratssitzung in Be-
antwortung einer Anfrage mitteilte, haben die
Parteien im Laufe des Jahes 1923 insgesamt
132 Anträge gestellt, was an sich nicht viel ist.
Davon entsielen 28 auf die V. S. P., 26 auf die
B. V. P., 6 auf einzelne Mitglieder der B. V. P.,
31 auf die D. D. P., 7 auf die Liberale Bür-
[Spaltenumbruch] gerpartei (Dr. Jodlbauer), 2 auf den Hausbesitz
(Humar), 21 auf die U. S. P., 8 auf die K. P. D.
Je 1 Antrag wurde gestellt von den weiblichen
Mitgliedern des Stadtrates, von den Stadträtin-
nen Kießelbuch und Kämpfer.

Von sämtlichen Anträgen blieben nur 8 uner-
ledigt, 2 wurden zum Teil erledigt.

Senkung der Fleischpreise.

Die Preisprüfungsstelle München
hat die Fleischpreise überprüft und gegenüber den
derzeitigen Ladenpreisen eine erhebliche Senkung
derselben vorgenommen. Als häufigste Preise
werden als angemessen erklärt:

Für Mastrindfleisch 57--72 Pf. (derzeitiger
Ladenpreis 70--130 Pf.), Ochsenfleisch 2. Qualität
47--69 Pf. (50--80 Pf.), Kalbfleisch 50--65 Pf.
(60--90 Pf.), Schweinefleisch 100 Pf. (100 bis
130 Pf.), Schaffleisch 68 Pf. (70--80 Pf.), Gefrier-
fleisch 61 Pf. (70 Pf.).

Diese Preise sind berechnet nach dem durch-
schnittlichen Einstandspreis der letzten Viehmärkte.
Die Forderung höherer Preise ist im
Einzelfalle von den Metzgern den Behörden ge-
genüber zu verantworten. Zu diesem Zwecke
wird die Preisbildung künftighin strengstens über-
wacht; den Metzgern wurde außerdem die Füh-
rung eines Einkaufsbuches
vorgeschrie-
ben. Die Metzger wurden auch neuerdings ver-
pflichtet, die Preise wie auch die Qualitä-
ten
an ihrer Preistafel anzuschreiben,
wobei als "Mastrindfleisch" (d. i. Fleisch von
Ochsen, Kühen, Kalbinnen 1. Qualität) auf den
Preistafeln nur Fleisch, das von Tieren ersten
Mastzustandes herrührt, bezeichnet werden darf.
Alle übrigen Rindfleischsorten sind schlechthin als
Rindfleisch zu bezeichnen. Gefrierfleisch muß als
solches auf der Preistafel benannt werden. Die
übliche Bezeichnung "prima" hat in Zukunft weg-
zubleiben. Irreführende Qualitätsangaben wer-
den unter Umständen als Betrug verfolgt und
haben die Schließung des Geschäftes zur Folge.

Die Ueberprüfung der Wurstwaren-
preise
konnte noch nicht zum Abschluß ge-
bracht werden. Die Schweinemetzgerzwangsinnung
wurde aber veranlaßt, auf eine angemessene Sen-
kung der Preise mit allem Nachdruck hinzuwirken.
Der Preis für 1 Pfund Lyoner Wurst und Leber-
käse wurde inzwischen mit 55 Pf. pro Pfund für
angemessen erklärt.

Kurse und Vorlesungen.
Landwirtschaftliche Kurse in Weihenstephan.

l. H. An der Höheren Staatslehranstalt für
Gartenbau in Weihenstephan bei München be-
ginnen am 15. Februar 1924 die nachfolgenden
Lehrgänge: ein allgemeiner einjähriger Lehrgang,
zugleich Vorstufe für den höheren Lehrgang, ein
einjähriger höherer Lehrgang in Abteilungen für
Obst-, Gemüse- und Erwerbsgartenbau und Gar-
tengestaltung, ein einjähriger Lehrgang für Obst-
und Gemüsebau (auch für Nichtgärtner), ein
Seminarlehrgang zur Vertiefung und Speziali-
sierung und Ausbildung für den Lehrberuf (Dauer
1/2 und 1 Jahr). Verdienstmöglichkeiten in den
Anstaltsbetrieben bis zur Höhe der Unterhal-
tungskosten sind gegeben. Unterrichtspläne, Prü-
fungen und Berechtigungen entsprechen den
gleichartigen höheren Gartenbaulehranstalten. Den
Anmeldungen sind Zeugnisabschriften und Lebens-
lauf beizufügen. Gastschüler und Praktikanten
werden zugelassen. Ferner finden im Laufe des
Jahres nachstehende kürzere Unterrichtskurse statt,
und zwar: vom 11. Februar bis 8. März Baum-
wärterkurs, 1. Teil; vom 31. März bis 12. April
Obstbaukurs für Verwaltungsbeamte, Geistliche
und Lehrer; vom 22. April bis 26. April Lehr-
gang für Gemüsebau und Blumenpflege; vom
12. Mai bis 24. Mai Lehrgang für Gemüse-
bau und Blumenpflege für Damen; vom
[Spaltenumbruch] 9. Juli bis 11. Juli Lehrgang für Beeren-
verwertung; vom 10. September bis 12. Septem-
ber Lehrgang für Obst- und Gemüseverwertung
für Frauen und Mädchen; vom 15. September
bis 20. September Baumwärterkurs, 2. Teil; vom
22. September bis 27. September Obstbaukurs
für Verwaltungsbeamte, Geistliche und Lehrer;
vom 13. Oktober bis 18. Oktober Keltereikurs, und
vom 10. November bis 29. November Obstbaukurs
für Straßenaufseher.

Vorträge über die Berufswahl.

Die Berufs-
beratungsstelle beim Arbeitsnachweis München
veranstaltet bei freiem Eintritt berufskundliche
Vorträge:

Für Knaben Donnerstag, den 17. Ja-
nuar
1924, abends 7 Uhr, Kaufmannsschule,
Rosental Nr. 7:

1. "Die Wichtigkeit der Berufswahl". 2. Aerzt-
licher Vortrag über "Die körperliche Eignung zum
gewerblichen Beruf". (Mit Lichbildern.) Mon-
tag, den 21. Januar
1924, abends 7 Uhr,
Rosental 7. 1. Holzbearbeitende Berufe: Bau-
schreiner, Parkettleger, Möbelschreiner, Holzma-
schinisten, Drechsler, Wagner, Schäffler. 2. Le-
derbearbeitende Berufe: Sattler, Portefeuiller,
Tapezierer, Polsterer, Gerber, Handschuhmacher.
3. Bekleidungsgewerbe: Schneider, Schuhmacher.
Mittwoch, den 23. Januar 1924, abends
7 Uhr, Prankhstraße 2. Metallbearbeitende Be-
rufe: Grobmechaniker, Feinmechaniker, Kunst-
und Bauschlosser (mit Werlstattbesichtigung).
Freitag, den 25. Januar 1924, abends 7
Uhr, Bayer, Kunstgewerbeverein, Pfandhaus-
straße Nr. 7. Kunstgewerbe: Die verschiedenen
Gruppen des Kunstgewerbes: Gürtler, Graveur,
Ziseleur, Gold- und Silberarbeiter, Kunst- und
Möbelschreiner, Holzbildhauer, Dekorationsmaler,
Keramiker, Vergolder, Unedelmetallarbeiter,
Glasmalerei und Hohlglasfabrikation, Textilien.
Montag, den 28. Januar 1924, abends
7 Uhr, Rosental Nr. 7. Kaufmännische Berufe:
1. Der Kaufmann. 2. Der Drogist. 3. Der
Bankbeamte. Donnerstag, den 31. Ja-
nuar
1924, abends 7 Uhr, Rosental Nr. 7.
1. Elektrotechnische Berufe: Elektro-Installateure,
Elektro-Mechaniker, Elektro-Maschinenbauer,
Elektro-Techniker. 2. Bauhandwerkliche Berufe:
Maler, Anstreicher, Lackierer, Glaser, Steinmetz.
Montag, den 4. Februar 1924, abends
7 Uhr, Rosental 7. Maschinenindustrie (mit Licht-
bildern): 1. Maschinenschlosser, Dreher, Fräser,
Schleifer, Schweißer, Schmiede, Werkzeugmacher,
Maschinen- und Apparatebauer. 2. Modell-
schreiner. 3. Former und Gießer.

Für Mädchen: Samstag, den 19. Ja-
nuar
1924, nachmittags 41/2 Uhr, Rosental 7:
Die Frau in der Hauswirtschaft und in der
Landwirtschaft. Donnerstag, den 24. Ja-
nuar
1924, abends 7 Uhr, Rosental 7: Die
Frau im Handwerk und im Kunsthandwerk.
Samstag, den 26. Januar 1924, nach-
mittags 41/2 Uhr, Rosental 7: 1. Die Frau im
kaufmännischen Berufe. 2. Die technische Assi-
stentin. Samstag, den 2. Februar 1924,
nachmittags 41/2 Uhr, Rosental 7: 1. Die Frau
im Post- und Eisenbahndienst. 2. Die Frau im
staatlichen und städtischen Dienst. Donners-
tag, den 7. Februar
1924, abends 7 Uhr,
Rosental 7: Die Frau in den sozialen und pflege-
rischen Berufen. Samstag, den 9. Fe-
bruar
1924, nachmittags 41/2 Uhr, Rosental 7:
Die Frau in den Lehrberufen.

Bei dem großen Ernste der allgemeinen Wirt-
schaftslage, dem Mangel an gewünschten Lehr-
stellen und der vielfach bestehenden Unkenntnis
der einzelnen Berufe kann den zur Schulent-
lassung kommennen Knaben und Mädchen sowie
deren Angehörigen der Besuch dieser Vorträge
dringend empfohlen werden.

Fahrpreisermäßigung zugunsten der Jugend-
pflege.

Die Bescheinigung der Eisenbahnverwal-
tung über den Eintrag der Jugendpflege-Vereine
in die Liste der Reichsbahndirektion gilt für dieses
Mal ausnahmsweise noch bis zum 31. Januar
1924. Erneuerungsanträge für 1924 sind recht-
zeitig an die Reichsbahndirektion zu richten, in
[Spaltenumbruch] deren Bezirk sich der Vereinssitz befindet. Dem
Antrag sind die bisherigen Bescheinigungen bei-
zugeben, auf denen von der Ortspolizeibehörde
bestätigt sein muß, daß der Verein noch besteht.
Die Ausfertigungsgebühr beträgt 0,20 Goldmark
für jeden Ausweis. Zusendung der Bescheinigun-
gen durch die Post erfolgt nur gegen Beigabe der
Portogebühr für Einschreibebrief. Für jeden
Jugendpflegeverein wird nur ein Ausweis abge-
geben. Ausnahmen können nur bei großen Ver-
einen und auch hier nur in ganz beschränktem
Umfang gemacht werden.

Deutsche Volkspartei (Nationalliberale Partei)
München.

Wochen-Versammlung am
Mittwoch, 9. Januar, abends 8 Uhr, im Partei-
heim (Maximiliansstr. 4). Es spricht Landtags-
abgeordnete Frau Dr. Wolf über Landtags-
auflösung und Volksentscheid
. --
Gäste haben Zutritt.

Der "Geschäftsbericht" der Fahrraddiebe.

Er ist zwar von den Herren dieser Zunft nicht
selbst herausgegeben, wohl aber von der Münche-
ner Polizei, und darum besonders glaubwürdig.
Im Jahre 1923 gelangten in München 5081 Fahr-
raddiebstähle zur Anzeige gegenüber 4369 im Vor-
jahre. Von den gemeldeten Fällen trafen auf
München 2349, auf das übrige Bayern 2604, auf
das übrige Deutsche Reich 128.

Der Wert der gestohlenen Räder läßt sich durch
die Geldentwertung 1923 nicht genau beziffern,
geht aber in Hunderte von Billiarden. Jn 1366
Fällen erwischte man die Täter. In 715 Fällen
konnten die Räder beigebracht werden.

Vorgeführt wurden im Haftbüro der Fahrrad-
abteilung 572 Personen -- gegen 423 im Jahre
1922 --, darunter 34 jugendliche und 15 weib-
liche. Von den ermittelten Tätern wurden 267
verurteilt, davon 39 mit Zuchthaus.

Kraftwagen- und Krafträderdiebstähle gelang-
ten 518 zur Anzeige, gegen 260 im Jahre 1922;
davon entfallen auf München 191. In 270 Fällen
wurden die Täter, in 140 Fällen wurde die Beute
wieder beigebracht.

Verurteilte Schieber und Wucherer.

Auf An-
zeige der Landeswucherabwehrstelle München
wurden in der letzten Zeit von den Gerichten in
München, Aschaffenburg, Coburg, Kempten, Mies-
bach, Passau und Würzburg wiederum Schie-
ber und Wucherer
verurteilt und zwar we-
gen Preiswuchers mit Kartoffeln, Mehl, Käse,
Vieh, Eiern, Seife, Zinkplatten und anderem.
Es wurden Strafen bis zu drei Wochen Ge-
fängnis
und bis zu 500 Goldmark
Geldstrafe
ausgesprochen, zurückgehaltene
Waren und Uebergewinne in einer Reihe von
Fällen beschlagnahmt.



Kleine Zeitung.
Gestorben:

Apothekersgattin Lina Bräuti-
gam
, geb. Brendl; Staatsrats- und Professors-
gattin Johanna Bischof, geb. Billhäuser;
Marg. Abrell, geb. Zimmermann; Oberschaff-
ner Franz Bschorr.

In den Ruhestand versetzt.

Oberregierungsrat
Gustav Merz, Regierungsrat Josef Neu-
mayer
und Regierungsbaurat Ferdinand
Peisenegger der Reichsbahndirektion Mün-
chen wurden unter Anerkennung ihrer Dienst-
leistung in den dauernden Ruhestand versetzt.


s. Ein Schwindler im Priesterrock hat sich in
verschiedenen Orten Bayerns unter den falschen
Namen Dr. Neumeier, Dr. Heinz und Dr. Enzler
herumgetrieben. Festgestellt wurde, daß der Mann
als Dr. Müller im Schweizer Polizeiblatt aus-
geschrieben ist. Der Hochstapler las Messen, hielt
Predigten -- auch in München --, gab sich als
Bischof, Kardinal und bayerischer Prinz aus und
erzählte denen, die nicht alle werden, er stehe
dem Papst nahe. Das hinderte ihn aber nicht,
hin und wieder auch als Unterstützungsschwindler
aufzutreten. Zurzeit ist der Mann verschwunden;
in seiner Münchener Wohnung wurde u. a. ein
goldener Kelch beschlagnahmt.



[Spaltenumbruch]

Der Meister des jüngsten Tages.
8

Roman

Sie wissen, Bischoff, ich bin kein Gallerie-
enthusiast, aber dieser Semblinsky, -- einfach fa-
belhaft. Die Einfälle, die der Mann hatte! Wie
er auf den Stufen des Palastes sitzt, den Hand-
schuh in die Höhe wirft und wieder fängt und sich
dehnt und streckt, wie eine Katze in der Sonne!
Und dann, wie er den Monolog aufbaut!"

Und um Eugen Bischoff einen Begriff von dieser
Leistung zu geben, fängt Doktor Gorski mit viel
Pathos und leidenschaftlichen Bewegungen zu de-
klamieren an:

"Ich, um dies schöne Ebenmaß betrogen, von
der Natur um Bildung falsch verkürzt --"

Er unterbrach sich selbst mit einer textkritischen
Bemerkung:

"Nein, umgekehrt, zuerst kommt ,verkürzt',
dann ,betrogen'. Macht nichts.

,Entstellt verwahrlost --' -- wie geht es weiter?
-- ,vor der Zeit gesandt in diese Welt des
Atmens' --"

"Genug, Doktor!" unterbrach ihn der Schau-
spieler vorläufig noch sehr sanft.

"In diese Welt des Atmens" -- stören Sie
mich nicht -- ,halb kaum fertig gemacht, und
zwar so lahm und ungeziemend, daß Hunde bel-
len, hink' ich wo vorbei' --"

"Genug!" rief Eugen Bischoff und preßte die
Fäuste an die Ohren. "Hören Sie auf! Sie
machen mich krank."

Doktor Gorski ließ sich nicht beirren:

[Spaltenumbruch]

"Und darum, weil ich nicht als ein Verliebter
kann kürzen diese fein beredten Tage, bin ich
gewillt, ein Bösewicht zu werden' --"

"Und ich bin gewillt, Ihnen den Hals umzu-
drehen, wenn Sie nicht aufhören", fuhr Eugen
Bischoff auf ihn los. "Ich bitte Sie, Sie machen
ja aus diesem Gloster einen sentimentaken Hans-
wurst! Richard III. ist ein Raubtier, ein Unheld.
eine Bestie -- aber doch ein Mann und ein König,
kein hysterischer Hanswurst, zum Teufel noch ein-
mal."

Er begann, von der Rolle gepackt, aufgeregt
im Zimmer hin und her zu gehen. Plötzlich blieb
er stehen, und nun kam es genau so, wie es Dok-
tor Gorski vorhergesehen hatte.

"Ich werde euch zeigen, wie man den Richard
spielen muß. Jetzt einmal Ruhe -- ihr sollt den
Monolog zu hören bekommen."

"Ich habe meine eigene Auffassung von der
Figur", sagte Doktor Gorski mit kühler Imper-
tinenz. "Aber, bitte, -- Sie sind der Schauspie-
ler, ich lasse mich gerne belehren."

Eugen Bischoff streifte ihn mit einem tückischen
Blick voll hämischer Verachtung. Im Begriffe, sich
in den Shakespeareschen König zu verwandeln,
sah er nicht mehr Doktor Gorski vor sich, son-
dern seinen armseligen Bruder Clarence.

"Aufgepaßt!" befahl er. "Ich gehe rasch hin-
über in den Pavillon. Macht inzwischen die Fen-
ster auf, man hält es ja hier nicht aus vor
Rauch. -- Ich bin gleich wieder da."

"Du willst dich schminken?" meinte Dinas Bru-
der. "Wozu das, Eugen? Wir verzichten auf die
Maske."

Eugen Bischoffs Augen flackerten und glänzten.
Er war in einer Erregung, wie ich ihn in einer
[Spaltenumbruch] ähnlichen nie zuver gesehen hatte. Und er sagte
etwas sehr Sonderbares:

"Schminken? Nein. Den Knopf an der Uni-
form will ich sehen. Eine Weile müßt Ihr mich
allein lassen. In zwei Minuten bin ich wieder da."

Er ging hinaus, aber gleich darauf kam er
wieder zurück.

"Hören Sie, -- Ihr Semblinsky. Ihr großer
Semblinsky, wissen Sie, was er ist? Ein Dumm-
kopf. Ich hab' ihn einmal als Jago gesehen, --
eine Katastrophe!"

Und nun war er draußen, ich sah ihn eilig
durch den Garten gehen, er sprach mit sich selbst,
er gestikulierte, er war schon auf Baynards Schloß,
in König Richards Welt. Beinahe hätte er, wie er
so dahinlief, seinen alten Gärtner umgestoßen,
der noch immer, obwohl es auch draußen schon
dunkel war, auf dem Rasen kniete und Gras
schnitt. Gleich darauf verschwand Eugen Bischoffs
Gestalt, und einen Augenblick später wurden drü-
ben im Pavillon die Fenster hell und streuten
zitternde Lichter und bewegte Schatten über den
großen, schweigenden, nächtlichen Garten.

5.

Noch immer hörte Doktor Gorski nicht auf, mit
falschem Pathos und einem lächerlichen Aufwand
an Gesten Verse aus den Dramen Shakespeares
zu deklomieren, er tat es nunmehr, da Eugen
Bischoff das Zimmer verlassen hatte, aus reiner
Begeisterung für die Sache, aus Eigensinn, und
um sich die Zeit des Wartens zu verkürzen.
Jetzt hielt er, völlig wild geworden, beim König
Lear und bestand darauf, mit seiner etwas hei-
seren Stimme uns allen zum Verdruß die Lie-
[Spaltenumbruch] der des Narren vorzutragen nach Melodien, die
der Augenblick ihm eingab. Indessen saß der In-
genieur schweigend in seinem Lehnstuhl, zündete
eine Zigarette an der anderen an und betrachtete
das Teppichmuster zu seinen Füßen. Ihn ließ
die Geschichte des jungen Seeoffiziers nicht zur
Ruhe kommen, die rätselhaften und tragischen
Umstände dieses Selbstmordes fuhren fort, ihn
zu beschäftigen. Bisweilen fuhr er auf und sah
verwundert und kopfschüttelnd den singenden Dok-
tor an, so wie man ein seltenes und unbegreif-
liches Phänomen anstaunt, und einmal machte er
den Versuch, ihn in die Welt vernünftiger Tat-
sachen zurückzuführen.

Er beugte sich vor und erhaschte mit einem ent-
schlossenen Griff Doktor Gorskis Handgelenk.

"Hören Sie, Doktor, etwas an der Sache ist
mir ganz und gar nicht klar. Einen Augenblick,
bitte, so hören Sie mir doch zu! Nehmen wir
einmal an: Es war ein Selbstmord, und er kam
aus dem Entschluß eines Augenblicks. Gut. Aber
warum, frage ich Sie dann, hat sich der Offizier
schon eine Viertelstunde vorher in sein Zimmer
eingeschlossen. Denkt noch gar nicht an Selbst-
mord und sperrt die Türe ab -- zu weichem
Zweck? Erklären Sie mir das, bitte!"

"Der dir's geraten, Lear,
Dein Land zu geben hin,
Den stell' hieher zu mir,
Oder steh du für ihn!"

Das und eine unwillig abwehrende Be-
wegung, eine solche, mit der man etwa Fliegen
wegscheucht -- das war alles, was Doktor Gorskt
zur Antwort gab.

(Fortsetzung folgt.)

Allgemeine Zeitung. Nr. 8 Mittwoch, den 9. Januar 1924
[Spaltenumbruch]
Münchener Stadtzeitung.
Aus dem Stadtrat.
Freigabe der Lebensmittelkartenſtellen.

Durch
Beſchluß des Kommunalverbandsausſchuſſes ſoll-
ten die Materialien und Räume der Verwal-
tungsabteilung des Mehlamtes und der Lebens-
mittelkartenverteilungsſtellen bis auf Weiteres
zur Verfügung des ſtädtiſchen Lebensmittelrefe-
rates bleiben. Das Sachreferat war der Auf-
faſſung, daß der Stadtrat keine Verpflichtung
habe, Vorſorgemaßnahmen hinſichtlich der Wie-
deraufnahme der Zwangswirtſchaft auch für den
— unwahrſcheinlichen — Fall zu treffen, daß
die Rentenmark den Weg der Inflation beſchrei-
tet und damit eine neuerliche Geldentwertung
eintreten würde. Sollte das doch eintreten, ſo
würden die Verhältniſſe nach Anſchauung des
Referates derartig werden, daß ganz andere
Zwangsmaßnahmen getroffen werden müßten,
als lediglich auf dem Gebiete der Brotgetreide-
wirtſchaft.

Nach Antrag des Referenten, rk. St.-R.
Pfeiffer, beſchloß der Stadtrat, den Beſchluß
des Kommunalverbandes inſoweit aufzuheben,
als die Materialien und Räume der Lebens-
mittelkartenſtellen nicht mehr zur Verfügung des
Lebensmittelreferates gehalten werden. Der
Turnſaal im Roſentalſchulhaus wird dem ſtädti-
ſchen Milchamt für die Milchkartenverteilung zur
Verfügung geſtellt. Mit der Vermietung des
Seitengebäudes im Anweſen Hohenzollernſtraße
Nr. 16, wo ſich eine Verteilungsſtelle befand, an
eine Privatfirma, erklärte ſich der Stadtrat ein-
verſtanden.

Kritik an der ſtädtiſchen Gebührenpolitik.

Die
Erwiderungen auf die Kritik des Senatspräſiden-
ten am Reichsfinanzhof, Dr. Strutz, an der
ſtädtiſchen Gebührenpolitik fanden in der Stadt-
ratsſitzung am Dienstag ihre Fortſetzung. St.-R.
Niedermayer von der l. S. P. verlas eine
längere Erklärung, in der die Angriffe des Se-
natspräſidenten als unberechtigt zurückgewieſen
werden. Die U. S. P. habe ſtets die Finanzpolitik
der V. S. P. und B. V. P. bekämpft, nachdem die
Politik der Mehrheitsſozialiſten ſich von jener der
Volkspartei in nichts unterſcheide. (Heiterkeit.)

St.-R. Weiß gab hierauf nachſtehende Er-
klärung ab:

„Die Wiedergabe der Erklärungen der Herren
Kollegen Nußbaum und Scharnagel — in der
letzten Hauptausſchußſitzung — zum Artikel des
Herrn Senatspräſidenten Strutz in der Preſſe
könnten den Anſchein erwecken, als ob die De-
mokratiſche Stadtratsfraktion
mit
dieſer Finanzpolitik einverſtanden geweſen wäre,
ſie ſogar mitgemacht hätte. Wir ſtellen demge-
mäß feſt, daß für die Finanzpolitik des Jahres
1923, die wir fortgeſetzt mit rein ſachlichen
Gründen bekämpft haben, nur die Vereinigte So-
zialiſtiſche Partei, die Bayeriſche Volkspartei und
die Kollegen Dr. Jodlbauer und Humar verant-
wortlich ſind. Wir haben keinen Anlaß, uns ge-
gen die Kritik zu wenden, die Herr Dr. Strutz
in dieſer Politik geübt hat.“

St.-R. Dr. Jodlbauer erklärte, ſeine Stel-
lung gegenüber der gemeindlichen Gebühren-
politik ſei ſtets diktiert geweſen von ſeinem Ver-
antwortungsgefühl den tatſächlichen Intereſſen
der Stadt und der Geſamtbevölkerung gegen-
über. Bürgermeiſter Schmid bemerkte noch,
es wäre jedenfalls würdiger geweſen, wenn die
Fraktionen ſich dazu hätten verſtehen können, eine
gemeinſame Erklärung nach dem Vorſchlag des
Stadtratsdirektoriums abzugeben.

Rathaus-Anträgeſtatiſtik.

Wie Bürgermeiſter
Dr. Küfner in der 2. Stadtratsſitzung in Be-
antwortung einer Anfrage mitteilte, haben die
Parteien im Laufe des Jahes 1923 insgeſamt
132 Anträge geſtellt, was an ſich nicht viel iſt.
Davon entſielen 28 auf die V. S. P., 26 auf die
B. V. P., 6 auf einzelne Mitglieder der B. V. P.,
31 auf die D. D. P., 7 auf die Liberale Bür-
[Spaltenumbruch] gerpartei (Dr. Jodlbauer), 2 auf den Hausbeſitz
(Humar), 21 auf die U. S. P., 8 auf die K. P. D.
Je 1 Antrag wurde geſtellt von den weiblichen
Mitgliedern des Stadtrates, von den Stadträtin-
nen Kießelbuch und Kämpfer.

Von ſämtlichen Anträgen blieben nur 8 uner-
ledigt, 2 wurden zum Teil erledigt.

Senkung der Fleiſchpreiſe.

Die Preisprüfungsſtelle München
hat die Fleiſchpreiſe überprüft und gegenüber den
derzeitigen Ladenpreiſen eine erhebliche Senkung
derſelben vorgenommen. Als häufigſte Preiſe
werden als angemeſſen erklärt:

Für Maſtrindfleiſch 57—72 Pf. (derzeitiger
Ladenpreis 70—130 Pf.), Ochſenfleiſch 2. Qualität
47—69 Pf. (50—80 Pf.), Kalbfleiſch 50—65 Pf.
(60—90 Pf.), Schweinefleiſch 100 Pf. (100 bis
130 Pf.), Schaffleiſch 68 Pf. (70—80 Pf.), Gefrier-
fleiſch 61 Pf. (70 Pf.).

Dieſe Preiſe ſind berechnet nach dem durch-
ſchnittlichen Einſtandspreis der letzten Viehmärkte.
Die Forderung höherer Preiſe iſt im
Einzelfalle von den Metzgern den Behörden ge-
genüber zu verantworten. Zu dieſem Zwecke
wird die Preisbildung künftighin ſtrengſtens über-
wacht; den Metzgern wurde außerdem die Füh-
rung eines Einkaufsbuches
vorgeſchrie-
ben. Die Metzger wurden auch neuerdings ver-
pflichtet, die Preiſe wie auch die Qualitä-
ten
an ihrer Preistafel anzuſchreiben,
wobei als „Maſtrindfleiſch“ (d. i. Fleiſch von
Ochſen, Kühen, Kalbinnen 1. Qualität) auf den
Preistafeln nur Fleiſch, das von Tieren erſten
Maſtzuſtandes herrührt, bezeichnet werden darf.
Alle übrigen Rindfleiſchſorten ſind ſchlechthin als
Rindfleiſch zu bezeichnen. Gefrierfleiſch muß als
ſolches auf der Preistafel benannt werden. Die
übliche Bezeichnung „prima“ hat in Zukunft weg-
zubleiben. Irreführende Qualitätsangaben wer-
den unter Umſtänden als Betrug verfolgt und
haben die Schließung des Geſchäftes zur Folge.

Die Ueberprüfung der Wurſtwaren-
preiſe
konnte noch nicht zum Abſchluß ge-
bracht werden. Die Schweinemetzgerzwangsinnung
wurde aber veranlaßt, auf eine angemeſſene Sen-
kung der Preiſe mit allem Nachdruck hinzuwirken.
Der Preis für 1 Pfund Lyoner Wurſt und Leber-
käſe wurde inzwiſchen mit 55 Pf. pro Pfund für
angemeſſen erklärt.

Kurſe und Vorleſungen.
Landwirtſchaftliche Kurſe in Weihenſtephan.

l. H. An der Höheren Staatslehranſtalt für
Gartenbau in Weihenſtephan bei München be-
ginnen am 15. Februar 1924 die nachfolgenden
Lehrgänge: ein allgemeiner einjähriger Lehrgang,
zugleich Vorſtufe für den höheren Lehrgang, ein
einjähriger höherer Lehrgang in Abteilungen für
Obſt-, Gemüſe- und Erwerbsgartenbau und Gar-
tengeſtaltung, ein einjähriger Lehrgang für Obſt-
und Gemüſebau (auch für Nichtgärtner), ein
Seminarlehrgang zur Vertiefung und Speziali-
ſierung und Ausbildung für den Lehrberuf (Dauer
½ und 1 Jahr). Verdienſtmöglichkeiten in den
Anſtaltsbetrieben bis zur Höhe der Unterhal-
tungskoſten ſind gegeben. Unterrichtspläne, Prü-
fungen und Berechtigungen entſprechen den
gleichartigen höheren Gartenbaulehranſtalten. Den
Anmeldungen ſind Zeugnisabſchriften und Lebens-
lauf beizufügen. Gaſtſchüler und Praktikanten
werden zugelaſſen. Ferner finden im Laufe des
Jahres nachſtehende kürzere Unterrichtskurſe ſtatt,
und zwar: vom 11. Februar bis 8. März Baum-
wärterkurs, 1. Teil; vom 31. März bis 12. April
Obſtbaukurs für Verwaltungsbeamte, Geiſtliche
und Lehrer; vom 22. April bis 26. April Lehr-
gang für Gemüſebau und Blumenpflege; vom
12. Mai bis 24. Mai Lehrgang für Gemüſe-
bau und Blumenpflege für Damen; vom
[Spaltenumbruch] 9. Juli bis 11. Juli Lehrgang für Beeren-
verwertung; vom 10. September bis 12. Septem-
ber Lehrgang für Obſt- und Gemüſeverwertung
für Frauen und Mädchen; vom 15. September
bis 20. September Baumwärterkurs, 2. Teil; vom
22. September bis 27. September Obſtbaukurs
für Verwaltungsbeamte, Geiſtliche und Lehrer;
vom 13. Oktober bis 18. Oktober Keltereikurs, und
vom 10. November bis 29. November Obſtbaukurs
für Straßenaufſeher.

Vorträge über die Berufswahl.

Die Berufs-
beratungsſtelle beim Arbeitsnachweis München
veranſtaltet bei freiem Eintritt berufskundliche
Vorträge:

Für Knaben Donnerstag, den 17. Ja-
nuar
1924, abends 7 Uhr, Kaufmannsſchule,
Roſental Nr. 7:

1. „Die Wichtigkeit der Berufswahl“. 2. Aerzt-
licher Vortrag über „Die körperliche Eignung zum
gewerblichen Beruf“. (Mit Lichbildern.) Mon-
tag, den 21. Januar
1924, abends 7 Uhr,
Roſental 7. 1. Holzbearbeitende Berufe: Bau-
ſchreiner, Parkettleger, Möbelſchreiner, Holzma-
ſchiniſten, Drechsler, Wagner, Schäffler. 2. Le-
derbearbeitende Berufe: Sattler, Portefeuiller,
Tapezierer, Polſterer, Gerber, Handſchuhmacher.
3. Bekleidungsgewerbe: Schneider, Schuhmacher.
Mittwoch, den 23. Januar 1924, abends
7 Uhr, Prankhſtraße 2. Metallbearbeitende Be-
rufe: Grobmechaniker, Feinmechaniker, Kunſt-
und Bauſchloſſer (mit Werlſtattbeſichtigung).
Freitag, den 25. Januar 1924, abends 7
Uhr, Bayer, Kunſtgewerbeverein, Pfandhaus-
ſtraße Nr. 7. Kunſtgewerbe: Die verſchiedenen
Gruppen des Kunſtgewerbes: Gürtler, Graveur,
Ziſeleur, Gold- und Silberarbeiter, Kunſt- und
Möbelſchreiner, Holzbildhauer, Dekorationsmaler,
Keramiker, Vergolder, Unedelmetallarbeiter,
Glasmalerei und Hohlglasfabrikation, Textilien.
Montag, den 28. Januar 1924, abends
7 Uhr, Roſental Nr. 7. Kaufmänniſche Berufe:
1. Der Kaufmann. 2. Der Drogiſt. 3. Der
Bankbeamte. Donnerstag, den 31. Ja-
nuar
1924, abends 7 Uhr, Roſental Nr. 7.
1. Elektrotechniſche Berufe: Elektro-Inſtallateure,
Elektro-Mechaniker, Elektro-Maſchinenbauer,
Elektro-Techniker. 2. Bauhandwerkliche Berufe:
Maler, Anſtreicher, Lackierer, Glaſer, Steinmetz.
Montag, den 4. Februar 1924, abends
7 Uhr, Roſental 7. Maſchineninduſtrie (mit Licht-
bildern): 1. Maſchinenſchloſſer, Dreher, Fräſer,
Schleifer, Schweißer, Schmiede, Werkzeugmacher,
Maſchinen- und Apparatebauer. 2. Modell-
ſchreiner. 3. Former und Gießer.

Für Mädchen: Samstag, den 19. Ja-
nuar
1924, nachmittags 4½ Uhr, Roſental 7:
Die Frau in der Hauswirtſchaft und in der
Landwirtſchaft. Donnerstag, den 24. Ja-
nuar
1924, abends 7 Uhr, Roſental 7: Die
Frau im Handwerk und im Kunſthandwerk.
Samstag, den 26. Januar 1924, nach-
mittags 4½ Uhr, Roſental 7: 1. Die Frau im
kaufmänniſchen Berufe. 2. Die techniſche Aſſi-
ſtentin. Samstag, den 2. Februar 1924,
nachmittags 4½ Uhr, Roſental 7: 1. Die Frau
im Poſt- und Eiſenbahndienſt. 2. Die Frau im
ſtaatlichen und ſtädtiſchen Dienſt. Donners-
tag, den 7. Februar
1924, abends 7 Uhr,
Roſental 7: Die Frau in den ſozialen und pflege-
riſchen Berufen. Samstag, den 9. Fe-
bruar
1924, nachmittags 4½ Uhr, Roſental 7:
Die Frau in den Lehrberufen.

Bei dem großen Ernſte der allgemeinen Wirt-
ſchaftslage, dem Mangel an gewünſchten Lehr-
ſtellen und der vielfach beſtehenden Unkenntnis
der einzelnen Berufe kann den zur Schulent-
laſſung kommennen Knaben und Mädchen ſowie
deren Angehörigen der Beſuch dieſer Vorträge
dringend empfohlen werden.

Fahrpreisermäßigung zugunſten der Jugend-
pflege.

Die Beſcheinigung der Eiſenbahnverwal-
tung über den Eintrag der Jugendpflege-Vereine
in die Liſte der Reichsbahndirektion gilt für dieſes
Mal ausnahmsweiſe noch bis zum 31. Januar
1924. Erneuerungsanträge für 1924 ſind recht-
zeitig an die Reichsbahndirektion zu richten, in
[Spaltenumbruch] deren Bezirk ſich der Vereinsſitz befindet. Dem
Antrag ſind die bisherigen Beſcheinigungen bei-
zugeben, auf denen von der Ortspolizeibehörde
beſtätigt ſein muß, daß der Verein noch beſteht.
Die Ausfertigungsgebühr beträgt 0,20 Goldmark
für jeden Ausweis. Zuſendung der Beſcheinigun-
gen durch die Poſt erfolgt nur gegen Beigabe der
Portogebühr für Einſchreibebrief. Für jeden
Jugendpflegeverein wird nur ein Ausweis abge-
geben. Ausnahmen können nur bei großen Ver-
einen und auch hier nur in ganz beſchränktem
Umfang gemacht werden.

Deutſche Volkspartei (Nationalliberale Partei)
München.

Wochen-Verſammlung am
Mittwoch, 9. Januar, abends 8 Uhr, im Partei-
heim (Maximiliansſtr. 4). Es ſpricht Landtags-
abgeordnete Frau Dr. Wolf über Landtags-
auflöſung und Volksentſcheid
. —
Gäſte haben Zutritt.

Der „Geſchäftsbericht“ der Fahrraddiebe.

Er iſt zwar von den Herren dieſer Zunft nicht
ſelbſt herausgegeben, wohl aber von der Münche-
ner Polizei, und darum beſonders glaubwürdig.
Im Jahre 1923 gelangten in München 5081 Fahr-
raddiebſtähle zur Anzeige gegenüber 4369 im Vor-
jahre. Von den gemeldeten Fällen trafen auf
München 2349, auf das übrige Bayern 2604, auf
das übrige Deutſche Reich 128.

Der Wert der geſtohlenen Räder läßt ſich durch
die Geldentwertung 1923 nicht genau beziffern,
geht aber in Hunderte von Billiarden. Jn 1366
Fällen erwiſchte man die Täter. In 715 Fällen
konnten die Räder beigebracht werden.

Vorgeführt wurden im Haftbüro der Fahrrad-
abteilung 572 Perſonen — gegen 423 im Jahre
1922 —, darunter 34 jugendliche und 15 weib-
liche. Von den ermittelten Tätern wurden 267
verurteilt, davon 39 mit Zuchthaus.

Kraftwagen- und Krafträderdiebſtähle gelang-
ten 518 zur Anzeige, gegen 260 im Jahre 1922;
davon entfallen auf München 191. In 270 Fällen
wurden die Täter, in 140 Fällen wurde die Beute
wieder beigebracht.

Verurteilte Schieber und Wucherer.

Auf An-
zeige der Landeswucherabwehrſtelle München
wurden in der letzten Zeit von den Gerichten in
München, Aſchaffenburg, Coburg, Kempten, Mies-
bach, Paſſau und Würzburg wiederum Schie-
ber und Wucherer
verurteilt und zwar we-
gen Preiswuchers mit Kartoffeln, Mehl, Käſe,
Vieh, Eiern, Seife, Zinkplatten und anderem.
Es wurden Strafen bis zu drei Wochen Ge-
fängnis
und bis zu 500 Goldmark
Geldſtrafe
ausgeſprochen, zurückgehaltene
Waren und Uebergewinne in einer Reihe von
Fällen beſchlagnahmt.



Kleine Zeitung.
Geſtorben:

Apothekersgattin Lina Bräuti-
gam
, geb. Brendl; Staatsrats- und Profeſſors-
gattin Johanna Biſchof, geb. Billhäuſer;
Marg. Abrell, geb. Zimmermann; Oberſchaff-
ner Franz Bſchorr.

In den Ruheſtand verſetzt.

Oberregierungsrat
Guſtav Merz, Regierungsrat Joſef Neu-
mayer
und Regierungsbaurat Ferdinand
Peiſenegger der Reichsbahndirektion Mün-
chen wurden unter Anerkennung ihrer Dienſt-
leiſtung in den dauernden Ruheſtand verſetzt.


s. Ein Schwindler im Prieſterrock hat ſich in
verſchiedenen Orten Bayerns unter den falſchen
Namen Dr. Neumeier, Dr. Heinz und Dr. Enzler
herumgetrieben. Feſtgeſtellt wurde, daß der Mann
als Dr. Müller im Schweizer Polizeiblatt aus-
geſchrieben iſt. Der Hochſtapler las Meſſen, hielt
Predigten — auch in München —, gab ſich als
Biſchof, Kardinal und bayeriſcher Prinz aus und
erzählte denen, die nicht alle werden, er ſtehe
dem Papſt nahe. Das hinderte ihn aber nicht,
hin und wieder auch als Unterſtützungsſchwindler
aufzutreten. Zurzeit iſt der Mann verſchwunden;
in ſeiner Münchener Wohnung wurde u. a. ein
goldener Kelch beſchlagnahmt.



[Spaltenumbruch]

Der Meiſter des jüngſten Tages.
8

Roman

Sie wiſſen, Biſchoff, ich bin kein Gallerie-
enthuſiaſt, aber dieſer Semblinſky, — einfach fa-
belhaft. Die Einfälle, die der Mann hatte! Wie
er auf den Stufen des Palaſtes ſitzt, den Hand-
ſchuh in die Höhe wirft und wieder fängt und ſich
dehnt und ſtreckt, wie eine Katze in der Sonne!
Und dann, wie er den Monolog aufbaut!“

Und um Eugen Biſchoff einen Begriff von dieſer
Leiſtung zu geben, fängt Doktor Gorski mit viel
Pathos und leidenſchaftlichen Bewegungen zu de-
klamieren an:

„Ich, um dies ſchöne Ebenmaß betrogen, von
der Natur um Bildung falſch verkürzt —“

Er unterbrach ſich ſelbſt mit einer textkritiſchen
Bemerkung:

„Nein, umgekehrt, zuerſt kommt ‚verkürzt’,
dann ‚betrogen’. Macht nichts.

‚Entſtellt verwahrloſt —’ — wie geht es weiter?
— ‚vor der Zeit geſandt in dieſe Welt des
Atmens’ —“

„Genug, Doktor!“ unterbrach ihn der Schau-
ſpieler vorläufig noch ſehr ſanft.

„In dieſe Welt des Atmens“ — ſtören Sie
mich nicht — ‚halb kaum fertig gemacht, und
zwar ſo lahm und ungeziemend, daß Hunde bel-
len, hink’ ich wo vorbei’ —“

„Genug!“ rief Eugen Biſchoff und preßte die
Fäuſte an die Ohren. „Hören Sie auf! Sie
machen mich krank.“

Doktor Gorski ließ ſich nicht beirren:

[Spaltenumbruch]

„Und darum, weil ich nicht als ein Verliebter
kann kürzen dieſe fein beredten Tage, bin ich
gewillt, ein Böſewicht zu werden’ —“

„Und ich bin gewillt, Ihnen den Hals umzu-
drehen, wenn Sie nicht aufhören“, fuhr Eugen
Biſchoff auf ihn los. „Ich bitte Sie, Sie machen
ja aus dieſem Gloſter einen ſentimentaken Hans-
wurſt! Richard III. iſt ein Raubtier, ein Unheld.
eine Beſtie — aber doch ein Mann und ein König,
kein hyſteriſcher Hanswurſt, zum Teufel noch ein-
mal.“

Er begann, von der Rolle gepackt, aufgeregt
im Zimmer hin und her zu gehen. Plötzlich blieb
er ſtehen, und nun kam es genau ſo, wie es Dok-
tor Gorski vorhergeſehen hatte.

„Ich werde euch zeigen, wie man den Richard
ſpielen muß. Jetzt einmal Ruhe — ihr ſollt den
Monolog zu hören bekommen.“

„Ich habe meine eigene Auffaſſung von der
Figur“, ſagte Doktor Gorski mit kühler Imper-
tinenz. „Aber, bitte, — Sie ſind der Schauſpie-
ler, ich laſſe mich gerne belehren.“

Eugen Biſchoff ſtreifte ihn mit einem tückiſchen
Blick voll hämiſcher Verachtung. Im Begriffe, ſich
in den Shakeſpeareſchen König zu verwandeln,
ſah er nicht mehr Doktor Gorski vor ſich, ſon-
dern ſeinen armſeligen Bruder Clarence.

„Aufgepaßt!“ befahl er. „Ich gehe raſch hin-
über in den Pavillon. Macht inzwiſchen die Fen-
ſter auf, man hält es ja hier nicht aus vor
Rauch. — Ich bin gleich wieder da.“

„Du willſt dich ſchminken?“ meinte Dinas Bru-
der. „Wozu das, Eugen? Wir verzichten auf die
Maske.“

Eugen Biſchoffs Augen flackerten und glänzten.
Er war in einer Erregung, wie ich ihn in einer
[Spaltenumbruch] ähnlichen nie zuver geſehen hatte. Und er ſagte
etwas ſehr Sonderbares:

„Schminken? Nein. Den Knopf an der Uni-
form will ich ſehen. Eine Weile müßt Ihr mich
allein laſſen. In zwei Minuten bin ich wieder da.“

Er ging hinaus, aber gleich darauf kam er
wieder zurück.

„Hören Sie, — Ihr Semblinſky. Ihr großer
Semblinſky, wiſſen Sie, was er iſt? Ein Dumm-
kopf. Ich hab’ ihn einmal als Jago geſehen, —
eine Kataſtrophe!“

Und nun war er draußen, ich ſah ihn eilig
durch den Garten gehen, er ſprach mit ſich ſelbſt,
er geſtikulierte, er war ſchon auf Baynards Schloß,
in König Richards Welt. Beinahe hätte er, wie er
ſo dahinlief, ſeinen alten Gärtner umgeſtoßen,
der noch immer, obwohl es auch draußen ſchon
dunkel war, auf dem Raſen kniete und Gras
ſchnitt. Gleich darauf verſchwand Eugen Biſchoffs
Geſtalt, und einen Augenblick ſpäter wurden drü-
ben im Pavillon die Fenſter hell und ſtreuten
zitternde Lichter und bewegte Schatten über den
großen, ſchweigenden, nächtlichen Garten.

5.

Noch immer hörte Doktor Gorski nicht auf, mit
falſchem Pathos und einem lächerlichen Aufwand
an Geſten Verſe aus den Dramen Shakeſpeares
zu deklomieren, er tat es nunmehr, da Eugen
Biſchoff das Zimmer verlaſſen hatte, aus reiner
Begeiſterung für die Sache, aus Eigenſinn, und
um ſich die Zeit des Wartens zu verkürzen.
Jetzt hielt er, völlig wild geworden, beim König
Lear und beſtand darauf, mit ſeiner etwas hei-
ſeren Stimme uns allen zum Verdruß die Lie-
[Spaltenumbruch] der des Narren vorzutragen nach Melodien, die
der Augenblick ihm eingab. Indeſſen ſaß der In-
genieur ſchweigend in ſeinem Lehnſtuhl, zündete
eine Zigarette an der anderen an und betrachtete
das Teppichmuſter zu ſeinen Füßen. Ihn ließ
die Geſchichte des jungen Seeoffiziers nicht zur
Ruhe kommen, die rätſelhaften und tragiſchen
Umſtände dieſes Selbſtmordes fuhren fort, ihn
zu beſchäftigen. Bisweilen fuhr er auf und ſah
verwundert und kopfſchüttelnd den ſingenden Dok-
tor an, ſo wie man ein ſeltenes und unbegreif-
liches Phänomen anſtaunt, und einmal machte er
den Verſuch, ihn in die Welt vernünftiger Tat-
ſachen zurückzuführen.

Er beugte ſich vor und erhaſchte mit einem ent-
ſchloſſenen Griff Doktor Gorskis Handgelenk.

„Hören Sie, Doktor, etwas an der Sache iſt
mir ganz und gar nicht klar. Einen Augenblick,
bitte, ſo hören Sie mir doch zu! Nehmen wir
einmal an: Es war ein Selbſtmord, und er kam
aus dem Entſchluß eines Augenblicks. Gut. Aber
warum, frage ich Sie dann, hat ſich der Offizier
ſchon eine Viertelſtunde vorher in ſein Zimmer
eingeſchloſſen. Denkt noch gar nicht an Selbſt-
mord und ſperrt die Türe ab — zu weichem
Zweck? Erklären Sie mir das, bitte!“

„Der dir’s geraten, Lear,
Dein Land zu geben hin,
Den ſtell’ hieher zu mir,
Oder ſteh du für ihn!“

Das und eine unwillig abwehrende Be-
wegung, eine ſolche, mit der man etwa Fliegen
wegſcheucht — das war alles, was Doktor Gorskt
zur Antwort gab.

(Fortſetzung folgt.)

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[4/0004] Allgemeine Zeitung. Nr. 8 Mittwoch, den 9. Januar 1924 Münchener Stadtzeitung. Aus dem Stadtrat. Freigabe der Lebensmittelkartenſtellen. Durch Beſchluß des Kommunalverbandsausſchuſſes ſoll- ten die Materialien und Räume der Verwal- tungsabteilung des Mehlamtes und der Lebens- mittelkartenverteilungsſtellen bis auf Weiteres zur Verfügung des ſtädtiſchen Lebensmittelrefe- rates bleiben. Das Sachreferat war der Auf- faſſung, daß der Stadtrat keine Verpflichtung habe, Vorſorgemaßnahmen hinſichtlich der Wie- deraufnahme der Zwangswirtſchaft auch für den — unwahrſcheinlichen — Fall zu treffen, daß die Rentenmark den Weg der Inflation beſchrei- tet und damit eine neuerliche Geldentwertung eintreten würde. Sollte das doch eintreten, ſo würden die Verhältniſſe nach Anſchauung des Referates derartig werden, daß ganz andere Zwangsmaßnahmen getroffen werden müßten, als lediglich auf dem Gebiete der Brotgetreide- wirtſchaft. Nach Antrag des Referenten, rk. St.-R. Pfeiffer, beſchloß der Stadtrat, den Beſchluß des Kommunalverbandes inſoweit aufzuheben, als die Materialien und Räume der Lebens- mittelkartenſtellen nicht mehr zur Verfügung des Lebensmittelreferates gehalten werden. Der Turnſaal im Roſentalſchulhaus wird dem ſtädti- ſchen Milchamt für die Milchkartenverteilung zur Verfügung geſtellt. Mit der Vermietung des Seitengebäudes im Anweſen Hohenzollernſtraße Nr. 16, wo ſich eine Verteilungsſtelle befand, an eine Privatfirma, erklärte ſich der Stadtrat ein- verſtanden. Kritik an der ſtädtiſchen Gebührenpolitik. Die Erwiderungen auf die Kritik des Senatspräſiden- ten am Reichsfinanzhof, Dr. Strutz, an der ſtädtiſchen Gebührenpolitik fanden in der Stadt- ratsſitzung am Dienstag ihre Fortſetzung. St.-R. Niedermayer von der l. S. P. verlas eine längere Erklärung, in der die Angriffe des Se- natspräſidenten als unberechtigt zurückgewieſen werden. Die U. S. P. habe ſtets die Finanzpolitik der V. S. P. und B. V. P. bekämpft, nachdem die Politik der Mehrheitsſozialiſten ſich von jener der Volkspartei in nichts unterſcheide. (Heiterkeit.) St.-R. Weiß gab hierauf nachſtehende Er- klärung ab: „Die Wiedergabe der Erklärungen der Herren Kollegen Nußbaum und Scharnagel — in der letzten Hauptausſchußſitzung — zum Artikel des Herrn Senatspräſidenten Strutz in der Preſſe könnten den Anſchein erwecken, als ob die De- mokratiſche Stadtratsfraktion mit dieſer Finanzpolitik einverſtanden geweſen wäre, ſie ſogar mitgemacht hätte. Wir ſtellen demge- mäß feſt, daß für die Finanzpolitik des Jahres 1923, die wir fortgeſetzt mit rein ſachlichen Gründen bekämpft haben, nur die Vereinigte So- zialiſtiſche Partei, die Bayeriſche Volkspartei und die Kollegen Dr. Jodlbauer und Humar verant- wortlich ſind. Wir haben keinen Anlaß, uns ge- gen die Kritik zu wenden, die Herr Dr. Strutz in dieſer Politik geübt hat.“ St.-R. Dr. Jodlbauer erklärte, ſeine Stel- lung gegenüber der gemeindlichen Gebühren- politik ſei ſtets diktiert geweſen von ſeinem Ver- antwortungsgefühl den tatſächlichen Intereſſen der Stadt und der Geſamtbevölkerung gegen- über. Bürgermeiſter Schmid bemerkte noch, es wäre jedenfalls würdiger geweſen, wenn die Fraktionen ſich dazu hätten verſtehen können, eine gemeinſame Erklärung nach dem Vorſchlag des Stadtratsdirektoriums abzugeben. Rathaus-Anträgeſtatiſtik. Wie Bürgermeiſter Dr. Küfner in der 2. Stadtratsſitzung in Be- antwortung einer Anfrage mitteilte, haben die Parteien im Laufe des Jahes 1923 insgeſamt 132 Anträge geſtellt, was an ſich nicht viel iſt. Davon entſielen 28 auf die V. S. P., 26 auf die B. V. P., 6 auf einzelne Mitglieder der B. V. P., 31 auf die D. D. P., 7 auf die Liberale Bür- gerpartei (Dr. Jodlbauer), 2 auf den Hausbeſitz (Humar), 21 auf die U. S. P., 8 auf die K. P. D. Je 1 Antrag wurde geſtellt von den weiblichen Mitgliedern des Stadtrates, von den Stadträtin- nen Kießelbuch und Kämpfer. Von ſämtlichen Anträgen blieben nur 8 uner- ledigt, 2 wurden zum Teil erledigt. Senkung der Fleiſchpreiſe. Die Preisprüfungsſtelle München hat die Fleiſchpreiſe überprüft und gegenüber den derzeitigen Ladenpreiſen eine erhebliche Senkung derſelben vorgenommen. Als häufigſte Preiſe werden als angemeſſen erklärt: Für Maſtrindfleiſch 57—72 Pf. (derzeitiger Ladenpreis 70—130 Pf.), Ochſenfleiſch 2. Qualität 47—69 Pf. (50—80 Pf.), Kalbfleiſch 50—65 Pf. (60—90 Pf.), Schweinefleiſch 100 Pf. (100 bis 130 Pf.), Schaffleiſch 68 Pf. (70—80 Pf.), Gefrier- fleiſch 61 Pf. (70 Pf.). Dieſe Preiſe ſind berechnet nach dem durch- ſchnittlichen Einſtandspreis der letzten Viehmärkte. Die Forderung höherer Preiſe iſt im Einzelfalle von den Metzgern den Behörden ge- genüber zu verantworten. Zu dieſem Zwecke wird die Preisbildung künftighin ſtrengſtens über- wacht; den Metzgern wurde außerdem die Füh- rung eines Einkaufsbuches vorgeſchrie- ben. Die Metzger wurden auch neuerdings ver- pflichtet, die Preiſe wie auch die Qualitä- ten an ihrer Preistafel anzuſchreiben, wobei als „Maſtrindfleiſch“ (d. i. Fleiſch von Ochſen, Kühen, Kalbinnen 1. Qualität) auf den Preistafeln nur Fleiſch, das von Tieren erſten Maſtzuſtandes herrührt, bezeichnet werden darf. Alle übrigen Rindfleiſchſorten ſind ſchlechthin als Rindfleiſch zu bezeichnen. Gefrierfleiſch muß als ſolches auf der Preistafel benannt werden. Die übliche Bezeichnung „prima“ hat in Zukunft weg- zubleiben. Irreführende Qualitätsangaben wer- den unter Umſtänden als Betrug verfolgt und haben die Schließung des Geſchäftes zur Folge. Die Ueberprüfung der Wurſtwaren- preiſe konnte noch nicht zum Abſchluß ge- bracht werden. Die Schweinemetzgerzwangsinnung wurde aber veranlaßt, auf eine angemeſſene Sen- kung der Preiſe mit allem Nachdruck hinzuwirken. Der Preis für 1 Pfund Lyoner Wurſt und Leber- käſe wurde inzwiſchen mit 55 Pf. pro Pfund für angemeſſen erklärt. Kurſe und Vorleſungen. Landwirtſchaftliche Kurſe in Weihenſtephan. l. H. An der Höheren Staatslehranſtalt für Gartenbau in Weihenſtephan bei München be- ginnen am 15. Februar 1924 die nachfolgenden Lehrgänge: ein allgemeiner einjähriger Lehrgang, zugleich Vorſtufe für den höheren Lehrgang, ein einjähriger höherer Lehrgang in Abteilungen für Obſt-, Gemüſe- und Erwerbsgartenbau und Gar- tengeſtaltung, ein einjähriger Lehrgang für Obſt- und Gemüſebau (auch für Nichtgärtner), ein Seminarlehrgang zur Vertiefung und Speziali- ſierung und Ausbildung für den Lehrberuf (Dauer ½ und 1 Jahr). Verdienſtmöglichkeiten in den Anſtaltsbetrieben bis zur Höhe der Unterhal- tungskoſten ſind gegeben. Unterrichtspläne, Prü- fungen und Berechtigungen entſprechen den gleichartigen höheren Gartenbaulehranſtalten. Den Anmeldungen ſind Zeugnisabſchriften und Lebens- lauf beizufügen. Gaſtſchüler und Praktikanten werden zugelaſſen. Ferner finden im Laufe des Jahres nachſtehende kürzere Unterrichtskurſe ſtatt, und zwar: vom 11. Februar bis 8. März Baum- wärterkurs, 1. Teil; vom 31. März bis 12. April Obſtbaukurs für Verwaltungsbeamte, Geiſtliche und Lehrer; vom 22. April bis 26. April Lehr- gang für Gemüſebau und Blumenpflege; vom 12. Mai bis 24. Mai Lehrgang für Gemüſe- bau und Blumenpflege für Damen; vom 9. Juli bis 11. Juli Lehrgang für Beeren- verwertung; vom 10. September bis 12. Septem- ber Lehrgang für Obſt- und Gemüſeverwertung für Frauen und Mädchen; vom 15. September bis 20. September Baumwärterkurs, 2. Teil; vom 22. September bis 27. September Obſtbaukurs für Verwaltungsbeamte, Geiſtliche und Lehrer; vom 13. Oktober bis 18. Oktober Keltereikurs, und vom 10. November bis 29. November Obſtbaukurs für Straßenaufſeher. Vorträge über die Berufswahl. Die Berufs- beratungsſtelle beim Arbeitsnachweis München veranſtaltet bei freiem Eintritt berufskundliche Vorträge: Für Knaben Donnerstag, den 17. Ja- nuar 1924, abends 7 Uhr, Kaufmannsſchule, Roſental Nr. 7: 1. „Die Wichtigkeit der Berufswahl“. 2. Aerzt- licher Vortrag über „Die körperliche Eignung zum gewerblichen Beruf“. (Mit Lichbildern.) Mon- tag, den 21. Januar 1924, abends 7 Uhr, Roſental 7. 1. Holzbearbeitende Berufe: Bau- ſchreiner, Parkettleger, Möbelſchreiner, Holzma- ſchiniſten, Drechsler, Wagner, Schäffler. 2. Le- derbearbeitende Berufe: Sattler, Portefeuiller, Tapezierer, Polſterer, Gerber, Handſchuhmacher. 3. Bekleidungsgewerbe: Schneider, Schuhmacher. Mittwoch, den 23. Januar 1924, abends 7 Uhr, Prankhſtraße 2. Metallbearbeitende Be- rufe: Grobmechaniker, Feinmechaniker, Kunſt- und Bauſchloſſer (mit Werlſtattbeſichtigung). Freitag, den 25. Januar 1924, abends 7 Uhr, Bayer, Kunſtgewerbeverein, Pfandhaus- ſtraße Nr. 7. Kunſtgewerbe: Die verſchiedenen Gruppen des Kunſtgewerbes: Gürtler, Graveur, Ziſeleur, Gold- und Silberarbeiter, Kunſt- und Möbelſchreiner, Holzbildhauer, Dekorationsmaler, Keramiker, Vergolder, Unedelmetallarbeiter, Glasmalerei und Hohlglasfabrikation, Textilien. Montag, den 28. Januar 1924, abends 7 Uhr, Roſental Nr. 7. Kaufmänniſche Berufe: 1. Der Kaufmann. 2. Der Drogiſt. 3. Der Bankbeamte. Donnerstag, den 31. Ja- nuar 1924, abends 7 Uhr, Roſental Nr. 7. 1. Elektrotechniſche Berufe: Elektro-Inſtallateure, Elektro-Mechaniker, Elektro-Maſchinenbauer, Elektro-Techniker. 2. Bauhandwerkliche Berufe: Maler, Anſtreicher, Lackierer, Glaſer, Steinmetz. Montag, den 4. Februar 1924, abends 7 Uhr, Roſental 7. Maſchineninduſtrie (mit Licht- bildern): 1. Maſchinenſchloſſer, Dreher, Fräſer, Schleifer, Schweißer, Schmiede, Werkzeugmacher, Maſchinen- und Apparatebauer. 2. Modell- ſchreiner. 3. Former und Gießer. Für Mädchen: Samstag, den 19. Ja- nuar 1924, nachmittags 4½ Uhr, Roſental 7: Die Frau in der Hauswirtſchaft und in der Landwirtſchaft. Donnerstag, den 24. Ja- nuar 1924, abends 7 Uhr, Roſental 7: Die Frau im Handwerk und im Kunſthandwerk. Samstag, den 26. Januar 1924, nach- mittags 4½ Uhr, Roſental 7: 1. Die Frau im kaufmänniſchen Berufe. 2. Die techniſche Aſſi- ſtentin. Samstag, den 2. Februar 1924, nachmittags 4½ Uhr, Roſental 7: 1. Die Frau im Poſt- und Eiſenbahndienſt. 2. Die Frau im ſtaatlichen und ſtädtiſchen Dienſt. Donners- tag, den 7. Februar 1924, abends 7 Uhr, Roſental 7: Die Frau in den ſozialen und pflege- riſchen Berufen. Samstag, den 9. Fe- bruar 1924, nachmittags 4½ Uhr, Roſental 7: Die Frau in den Lehrberufen. Bei dem großen Ernſte der allgemeinen Wirt- ſchaftslage, dem Mangel an gewünſchten Lehr- ſtellen und der vielfach beſtehenden Unkenntnis der einzelnen Berufe kann den zur Schulent- laſſung kommennen Knaben und Mädchen ſowie deren Angehörigen der Beſuch dieſer Vorträge dringend empfohlen werden. Fahrpreisermäßigung zugunſten der Jugend- pflege. Die Beſcheinigung der Eiſenbahnverwal- tung über den Eintrag der Jugendpflege-Vereine in die Liſte der Reichsbahndirektion gilt für dieſes Mal ausnahmsweiſe noch bis zum 31. Januar 1924. Erneuerungsanträge für 1924 ſind recht- zeitig an die Reichsbahndirektion zu richten, in deren Bezirk ſich der Vereinsſitz befindet. Dem Antrag ſind die bisherigen Beſcheinigungen bei- zugeben, auf denen von der Ortspolizeibehörde beſtätigt ſein muß, daß der Verein noch beſteht. Die Ausfertigungsgebühr beträgt 0,20 Goldmark für jeden Ausweis. Zuſendung der Beſcheinigun- gen durch die Poſt erfolgt nur gegen Beigabe der Portogebühr für Einſchreibebrief. Für jeden Jugendpflegeverein wird nur ein Ausweis abge- geben. Ausnahmen können nur bei großen Ver- einen und auch hier nur in ganz beſchränktem Umfang gemacht werden. Deutſche Volkspartei (Nationalliberale Partei) München. Wochen-Verſammlung am Mittwoch, 9. Januar, abends 8 Uhr, im Partei- heim (Maximiliansſtr. 4). Es ſpricht Landtags- abgeordnete Frau Dr. Wolf über Landtags- auflöſung und Volksentſcheid. — Gäſte haben Zutritt. Der „Geſchäftsbericht“ der Fahrraddiebe. Er iſt zwar von den Herren dieſer Zunft nicht ſelbſt herausgegeben, wohl aber von der Münche- ner Polizei, und darum beſonders glaubwürdig. Im Jahre 1923 gelangten in München 5081 Fahr- raddiebſtähle zur Anzeige gegenüber 4369 im Vor- jahre. Von den gemeldeten Fällen trafen auf München 2349, auf das übrige Bayern 2604, auf das übrige Deutſche Reich 128. Der Wert der geſtohlenen Räder läßt ſich durch die Geldentwertung 1923 nicht genau beziffern, geht aber in Hunderte von Billiarden. Jn 1366 Fällen erwiſchte man die Täter. In 715 Fällen konnten die Räder beigebracht werden. Vorgeführt wurden im Haftbüro der Fahrrad- abteilung 572 Perſonen — gegen 423 im Jahre 1922 —, darunter 34 jugendliche und 15 weib- liche. Von den ermittelten Tätern wurden 267 verurteilt, davon 39 mit Zuchthaus. Kraftwagen- und Krafträderdiebſtähle gelang- ten 518 zur Anzeige, gegen 260 im Jahre 1922; davon entfallen auf München 191. In 270 Fällen wurden die Täter, in 140 Fällen wurde die Beute wieder beigebracht. Verurteilte Schieber und Wucherer. Auf An- zeige der Landeswucherabwehrſtelle München wurden in der letzten Zeit von den Gerichten in München, Aſchaffenburg, Coburg, Kempten, Mies- bach, Paſſau und Würzburg wiederum Schie- ber und Wucherer verurteilt und zwar we- gen Preiswuchers mit Kartoffeln, Mehl, Käſe, Vieh, Eiern, Seife, Zinkplatten und anderem. Es wurden Strafen bis zu drei Wochen Ge- fängnis und bis zu 500 Goldmark Geldſtrafe ausgeſprochen, zurückgehaltene Waren und Uebergewinne in einer Reihe von Fällen beſchlagnahmt. Kleine Zeitung. Geſtorben: Apothekersgattin Lina Bräuti- gam, geb. Brendl; Staatsrats- und Profeſſors- gattin Johanna Biſchof, geb. Billhäuſer; Marg. Abrell, geb. Zimmermann; Oberſchaff- ner Franz Bſchorr. In den Ruheſtand verſetzt. Oberregierungsrat Guſtav Merz, Regierungsrat Joſef Neu- mayer und Regierungsbaurat Ferdinand Peiſenegger der Reichsbahndirektion Mün- chen wurden unter Anerkennung ihrer Dienſt- leiſtung in den dauernden Ruheſtand verſetzt. s. Ein Schwindler im Prieſterrock hat ſich in verſchiedenen Orten Bayerns unter den falſchen Namen Dr. Neumeier, Dr. Heinz und Dr. Enzler herumgetrieben. Feſtgeſtellt wurde, daß der Mann als Dr. Müller im Schweizer Polizeiblatt aus- geſchrieben iſt. Der Hochſtapler las Meſſen, hielt Predigten — auch in München —, gab ſich als Biſchof, Kardinal und bayeriſcher Prinz aus und erzählte denen, die nicht alle werden, er ſtehe dem Papſt nahe. Das hinderte ihn aber nicht, hin und wieder auch als Unterſtützungsſchwindler aufzutreten. Zurzeit iſt der Mann verſchwunden; in ſeiner Münchener Wohnung wurde u. a. ein goldener Kelch beſchlagnahmt. Der Meiſter des jüngſten Tages. 8 Roman Von Leo Perutz. Sie wiſſen, Biſchoff, ich bin kein Gallerie- enthuſiaſt, aber dieſer Semblinſky, — einfach fa- belhaft. Die Einfälle, die der Mann hatte! Wie er auf den Stufen des Palaſtes ſitzt, den Hand- ſchuh in die Höhe wirft und wieder fängt und ſich dehnt und ſtreckt, wie eine Katze in der Sonne! Und dann, wie er den Monolog aufbaut!“ Und um Eugen Biſchoff einen Begriff von dieſer Leiſtung zu geben, fängt Doktor Gorski mit viel Pathos und leidenſchaftlichen Bewegungen zu de- klamieren an: „Ich, um dies ſchöne Ebenmaß betrogen, von der Natur um Bildung falſch verkürzt —“ Er unterbrach ſich ſelbſt mit einer textkritiſchen Bemerkung: „Nein, umgekehrt, zuerſt kommt ‚verkürzt’, dann ‚betrogen’. Macht nichts. ‚Entſtellt verwahrloſt —’ — wie geht es weiter? — ‚vor der Zeit geſandt in dieſe Welt des Atmens’ —“ „Genug, Doktor!“ unterbrach ihn der Schau- ſpieler vorläufig noch ſehr ſanft. „In dieſe Welt des Atmens“ — ſtören Sie mich nicht — ‚halb kaum fertig gemacht, und zwar ſo lahm und ungeziemend, daß Hunde bel- len, hink’ ich wo vorbei’ —“ „Genug!“ rief Eugen Biſchoff und preßte die Fäuſte an die Ohren. „Hören Sie auf! Sie machen mich krank.“ Doktor Gorski ließ ſich nicht beirren: „Und darum, weil ich nicht als ein Verliebter kann kürzen dieſe fein beredten Tage, bin ich gewillt, ein Böſewicht zu werden’ —“ „Und ich bin gewillt, Ihnen den Hals umzu- drehen, wenn Sie nicht aufhören“, fuhr Eugen Biſchoff auf ihn los. „Ich bitte Sie, Sie machen ja aus dieſem Gloſter einen ſentimentaken Hans- wurſt! Richard III. iſt ein Raubtier, ein Unheld. eine Beſtie — aber doch ein Mann und ein König, kein hyſteriſcher Hanswurſt, zum Teufel noch ein- mal.“ Er begann, von der Rolle gepackt, aufgeregt im Zimmer hin und her zu gehen. Plötzlich blieb er ſtehen, und nun kam es genau ſo, wie es Dok- tor Gorski vorhergeſehen hatte. „Ich werde euch zeigen, wie man den Richard ſpielen muß. Jetzt einmal Ruhe — ihr ſollt den Monolog zu hören bekommen.“ „Ich habe meine eigene Auffaſſung von der Figur“, ſagte Doktor Gorski mit kühler Imper- tinenz. „Aber, bitte, — Sie ſind der Schauſpie- ler, ich laſſe mich gerne belehren.“ Eugen Biſchoff ſtreifte ihn mit einem tückiſchen Blick voll hämiſcher Verachtung. Im Begriffe, ſich in den Shakeſpeareſchen König zu verwandeln, ſah er nicht mehr Doktor Gorski vor ſich, ſon- dern ſeinen armſeligen Bruder Clarence. „Aufgepaßt!“ befahl er. „Ich gehe raſch hin- über in den Pavillon. Macht inzwiſchen die Fen- ſter auf, man hält es ja hier nicht aus vor Rauch. — Ich bin gleich wieder da.“ „Du willſt dich ſchminken?“ meinte Dinas Bru- der. „Wozu das, Eugen? Wir verzichten auf die Maske.“ Eugen Biſchoffs Augen flackerten und glänzten. Er war in einer Erregung, wie ich ihn in einer ähnlichen nie zuver geſehen hatte. Und er ſagte etwas ſehr Sonderbares: „Schminken? Nein. Den Knopf an der Uni- form will ich ſehen. Eine Weile müßt Ihr mich allein laſſen. In zwei Minuten bin ich wieder da.“ Er ging hinaus, aber gleich darauf kam er wieder zurück. „Hören Sie, — Ihr Semblinſky. Ihr großer Semblinſky, wiſſen Sie, was er iſt? Ein Dumm- kopf. Ich hab’ ihn einmal als Jago geſehen, — eine Kataſtrophe!“ Und nun war er draußen, ich ſah ihn eilig durch den Garten gehen, er ſprach mit ſich ſelbſt, er geſtikulierte, er war ſchon auf Baynards Schloß, in König Richards Welt. Beinahe hätte er, wie er ſo dahinlief, ſeinen alten Gärtner umgeſtoßen, der noch immer, obwohl es auch draußen ſchon dunkel war, auf dem Raſen kniete und Gras ſchnitt. Gleich darauf verſchwand Eugen Biſchoffs Geſtalt, und einen Augenblick ſpäter wurden drü- ben im Pavillon die Fenſter hell und ſtreuten zitternde Lichter und bewegte Schatten über den großen, ſchweigenden, nächtlichen Garten. 5. Noch immer hörte Doktor Gorski nicht auf, mit falſchem Pathos und einem lächerlichen Aufwand an Geſten Verſe aus den Dramen Shakeſpeares zu deklomieren, er tat es nunmehr, da Eugen Biſchoff das Zimmer verlaſſen hatte, aus reiner Begeiſterung für die Sache, aus Eigenſinn, und um ſich die Zeit des Wartens zu verkürzen. Jetzt hielt er, völlig wild geworden, beim König Lear und beſtand darauf, mit ſeiner etwas hei- ſeren Stimme uns allen zum Verdruß die Lie- der des Narren vorzutragen nach Melodien, die der Augenblick ihm eingab. Indeſſen ſaß der In- genieur ſchweigend in ſeinem Lehnſtuhl, zündete eine Zigarette an der anderen an und betrachtete das Teppichmuſter zu ſeinen Füßen. Ihn ließ die Geſchichte des jungen Seeoffiziers nicht zur Ruhe kommen, die rätſelhaften und tragiſchen Umſtände dieſes Selbſtmordes fuhren fort, ihn zu beſchäftigen. Bisweilen fuhr er auf und ſah verwundert und kopfſchüttelnd den ſingenden Dok- tor an, ſo wie man ein ſeltenes und unbegreif- liches Phänomen anſtaunt, und einmal machte er den Verſuch, ihn in die Welt vernünftiger Tat- ſachen zurückzuführen. Er beugte ſich vor und erhaſchte mit einem ent- ſchloſſenen Griff Doktor Gorskis Handgelenk. „Hören Sie, Doktor, etwas an der Sache iſt mir ganz und gar nicht klar. Einen Augenblick, bitte, ſo hören Sie mir doch zu! Nehmen wir einmal an: Es war ein Selbſtmord, und er kam aus dem Entſchluß eines Augenblicks. Gut. Aber warum, frage ich Sie dann, hat ſich der Offizier ſchon eine Viertelſtunde vorher in ſein Zimmer eingeſchloſſen. Denkt noch gar nicht an Selbſt- mord und ſperrt die Türe ab — zu weichem Zweck? Erklären Sie mir das, bitte!“ „Der dir’s geraten, Lear, Dein Land zu geben hin, Den ſtell’ hieher zu mir, Oder ſteh du für ihn!“ Das und eine unwillig abwehrende Be- wegung, eine ſolche, mit der man etwa Fliegen wegſcheucht — das war alles, was Doktor Gorskt zur Antwort gab. (Fortſetzung folgt.)

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-03-29T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 8, vom 9. Januar 1924, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine08_1924/4>, abgerufen am 02.06.2024.