Allgemeine Zeitung, Nr. 9, 10. Januar 1924.Allgemeine Zeitung Süddeutsches Tagblatt Großdeutsche Rundschau 127. Jahrgang. Nr. 9 München, Donnerstag den 10. Januar 1924.Einzelpreis 10 Pfennig. Hauptschriftleitung und verantwortlich für Deutsche und Bayerische Politik: Max Heilgemayr. -- Wirtschaftszeitung u. Auswärtige Politik: Josef Schrepfer. -- Unpolitische Stadtzeitung u. Sport: Richard Rieß. -- Kunst u. Musik: Albin v. Prybram-Gladona. -- Feuilleton u. Theater: Walter Foitzick. -- Anzeigenteil: Josef Spiegel, sämtl. in München. -- Redaktion: München, Baaderstr. 1, Tel. 27940. -- Berliner Schriftleitung: SW 68., Zimmerstr. 9, Tel. Zentrum 5498 u. 3967; Leiter: Alfred Gerigk. [Abbildung]
Die Allgemeine Zeitung erscheint täglich. Bei Störung des Erscheinens infolge höherer Gewalt oder Streiks besteht kein Anspruch auf Zeitungslieferung oder Rückzahlung des Be- zugsgeldes. Bezugspreis: Mk. 2.80 für den Monat. Anzeigenpreis: für die 9-spaltige Millimeterzeile im Inseratenteil M. 0.25, im Reklameteil M. 0.80. Kleine Anzeigen M. 0.10. Verlag der Allgemeinen Zeitung G.m.b.H. München. Postscheckkonto: München 8170. Druck: Druckerei- und Verlags-A.-G. München, Baaderstraße 1 und 1a. Telefon 24287. [Spaltenumbruch] Zur thüringischen Frage. Die Tatsache, daß sich die sämtlichen nicht- Als nach Bildung des Thüringischen Neben der Gesetzgebung war es aber vor Dazu kam das überaus einseitige Ver- Den Höhepunkt erreichte die einseitige Die Ueberreichung der französischen und belgischen Antwort. Zugeständnisse im Verkehrswesen, sonst Ablehnung Sonderdienst der Allgem. Zeitung. Die französische Antwortnote Herr v. Hoesch wird dann morgen Beide Schriftstücke werden ziemlich um- Die belgische Antwort ist im Tone Es ist möglich, daß Poincare Herrn v. Die erste Sitzung des Sachverständigen-Ausschusses. Sonderdienst der Allgem. Zeitung. Am kommenden Montag findet die Im Laufe der nächsten Woche wird dann Die amerikanischen Sachver- Außerdem liegt in Berlin die Aeuße- Neuaufrollung der Kriegsschuld- Berlin, 9. Januar.frage? Nach Londoner * Es wäre ja wohl höchste Zeit, daß diese Der neue französische Kammerpräsident. Paris, 9. Januar.Die Kammer hat ge- Peret wurde mit 325 von 355 Stimmen [Spaltenumbruch] auflösung nicht mehr ergänzt werden kann, Diese Tatsachen führten zu einer sehr Endlich schlug die Er wurde ihnen aufgezwungen durch die Die Parteien konnten sich der Forderung Was nun endlich die Frage des Allgemeine Zeitung Süddeutſches Tagblatt Großdeutſche Rundſchau 127. Jahrgang. Nr. 9 München, Donnerstag den 10. Januar 1924.Einzelpreis 10 Pfennig. Hauptſchriftleitung und verantwortlich für Deutſche und Bayeriſche Politik: Max Heilgemayr. — Wirtſchaftszeitung u. Auswärtige Politik: Joſef Schrepfer. — Unpolitiſche Stadtzeitung u. Sport: Richard Rieß. — Kunſt u. Muſik: Albin v. Prybram-Gladona. — Feuilleton u. Theater: Walter Foitzick. — Anzeigenteil: Joſef Spiegel, ſämtl. in München. — Redaktion: München, Baaderſtr. 1, Tel. 27940. — Berliner Schriftleitung: SW 68., Zimmerſtr. 9, Tel. Zentrum 5498 u. 3967; Leiter: Alfred Gerigk. [Abbildung]
Die Allgemeine Zeitung erſcheint täglich. Bei Störung des Erſcheinens infolge höherer Gewalt oder Streiks beſteht kein Anſpruch auf Zeitungslieferung oder Rückzahlung des Be- zugsgeldes. Bezugspreis: Mk. 2.80 für den Monat. Anzeigenpreis: für die 9-ſpaltige Millimeterzeile im Inſeratenteil M. 0.25, im Reklameteil M. 0.80. Kleine Anzeigen M. 0.10. Verlag der Allgemeinen Zeitung G.m.b.H. München. Poſtſcheckkonto: München 8170. Druck: Druckerei- und Verlags-A.-G. München, Baaderſtraße 1 und 1a. Telefon 24287. [Spaltenumbruch] Zur thüringiſchen Frage. Die Tatſache, daß ſich die ſämtlichen nicht- Als nach Bildung des Thüringiſchen Neben der Geſetzgebung war es aber vor Dazu kam das überaus einſeitige Ver- Den Höhepunkt erreichte die einſeitige Die Ueberreichung der franzöſiſchen und belgiſchen Antwort. Zugeſtändniſſe im Verkehrsweſen, ſonſt Ablehnung Sonderdienſt der Allgem. Zeitung. Die franzöſiſche Antwortnote Herr v. Hoeſch wird dann morgen Beide Schriftſtücke werden ziemlich um- Die belgiſche Antwort iſt im Tone Es iſt möglich, daß Poincare Herrn v. Die erſte Sitzung des Sachverſtändigen-Ausſchuſſes. Sonderdienſt der Allgem. Zeitung. Am kommenden Montag findet die Im Laufe der nächſten Woche wird dann Die amerikaniſchen Sachver- Außerdem liegt in Berlin die Aeuße- Neuaufrollung der Kriegsſchuld- Berlin, 9. Januar.frage? Nach Londoner * Es wäre ja wohl höchſte Zeit, daß dieſe Der neue franzöſiſche Kammerpräſident. Paris, 9. 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Anſtatt nun die alte Koalition<lb/> wieder aufleben zu laſſen, trat ſie ſofort<lb/> in Verbindung mit der kommuniſtiſchen<lb/> Partei, und es wurde eine ausſchließliche<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Parteiregierung der Sozialiſten</hi></hi><lb/> gebildet, in der der früher der unabhängigen<lb/> Partei angehörige Volksbildungsminiſter<lb/><hi rendition="#g">Greil</hi> die führende Rolle ſpielte. Sehr<lb/> bald zeigte ſich, daß die Sozialdemokraten<lb/> unter die Herrſchaft der Kommuniſten ge-<lb/> raten waren. Geſetze, die man in leidlich<lb/> vernünftigen Entwürfen dem Landtag<lb/> unterbreitete, wurden auf Verlangen der<lb/> Kommuniſten in der unerträglichſten Weiſe<lb/> in den Ausſchüſſen umgeändert, und jedes-<lb/> mal erklärte ſich die ſozialdemokratiſche<lb/> Regierung bereit, den kommuniſtiſchen An-<lb/> regungen Folge zu leiſten.</p><lb/> <p>Neben der Geſetzgebung war es aber vor<lb/> allem die<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Verwaltung,</hi></hi><lb/> die im einſeitigſten Parteiintereſſe durch-<lb/> geführt wurde. Die Reichsunterſuchungs-<lb/> kommiſſion, die vor einigen Tagen in<lb/> Weimar die Verhältniſſe an Hand der<lb/> Akten nachgeprüft hat, dürfte ein überaus<lb/> reiches Material gefunden und eine Methode<lb/> der Verwaltung feſtgeſtellt haben, wie ſie<lb/> im Rechtsſtaat einfach undenkbar iſt.</p><lb/> <p>Dazu kam das überaus einſeitige Ver-<lb/> halten der Sozialbemokratie auf<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">kulturellem Gebiet.</hi></hi><lb/> Der Kampf, den die <hi rendition="#g">Univerſität Jena</hi><lb/> um ihre Selbſtverwaltung und um die<lb/> Freiheit der Wiſſenſchaft zu führen hat, iſt<lb/> bekannt. Es verdient aber hervorgehoben<lb/> zu werden, daß die Thüringiſche Regierung<lb/> in ihren Verſuchen, die öffentliche Meinung<lb/> zu beeinfluſſen, vor den gröbſten Ent-<lb/> ſtellungen der Tatſachen nicht zurück-<lb/> geſchreckt iſt.</p><lb/> <p>Den Höhepunkt erreichte die einſeitige<lb/> Parteiherrſchaft der Sozialdemokraten in<lb/> dem Augenblick, als die Kommuniſten in<lb/> die Regierung eintraten. Allerdings war<lb/> die gemeinſame Herrſchaft nur von kurzer<lb/> Dauer. Das Einrücken der Reichswehr<lb/> führte zum Rücktritt der kommuniſtiſchen<lb/> Miniſter, die teilweiſe flohen. Die nicht-<lb/> ſozialiſtiſchen Parteien verſuchten nunmehr,<lb/> das Rumpfminiſterium auf verfaſſungs-<lb/> mäßige Weiſe zu ergänzen. Ihre Anträge<lb/> wurden von den Sozialdemokraten und<lb/> Kommuniſten niedergeſtimmt. Das Be-<lb/> ſtreben der Sozialdemokraten, ihre ein-<lb/> ſeitige Parteiherrſchaft weiter aufrecht-<lb/> zuerhalten bis zu den Wahlen, trat in<lb/> immer unverſchleierterer Form hervor, und<lb/> die objektiv<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">verfaſſungswidrige Regierung,</hi></hi><lb/> die ſich aus dem Landtag nicht mehr er-<lb/> gänzen konnte, und die nach der Landtags-</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Ueberreichung der franzöſiſchen<lb/> und belgiſchen Antwort.</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Zugeſtändniſſe im Verkehrsweſen, ſonſt Ablehnung</hi> </hi> </p> </argument><lb/> <argument> <p><hi rendition="#g">Sonderdienſt der Allgem. Zeitung</hi>.</p> </argument><lb/> <dateline> <hi rendition="#b">* <hi rendition="#g">Paris</hi>, 9. Januar.</hi> </dateline><lb/> <p> <hi rendition="#b">Die <hi rendition="#g">franzöſiſche Antwortnote</hi><lb/> auf die neuen deutſchen Ruhrvorſchläge<lb/> wird vorausſichtlich heute abend oder mor-<lb/> gen an den deutſchen Geſchäftsträger in<lb/> Paris <hi rendition="#g">überreicht</hi> werden.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Herr v. <hi rendition="#g">Hoeſch</hi> wird dann morgen<lb/> nach <hi rendition="#g">Berlin</hi> abreiſen. Die <hi rendition="#g">belgiſche<lb/> Antwort</hi> wird gleichzeitig dem deut-<lb/> ſchen Geſchäftsträger in Brüſſel überreicht.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Beide Schriftſtücke werden ziemlich um-<lb/> fangreich ſein und werden <hi rendition="#g">Zugeſtänd-<lb/> niſſe auf dem Gebiete des Ver-<lb/> kehrs</hi> enthalten, dagegen alle Vorſchläge<lb/><hi rendition="#g">ablehnen</hi>, die ſich auf die <hi rendition="#g">Tätigkeit<lb/> deutſcher Beamter</hi> im Ruhrgebiet<lb/> beziehen.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Die belgiſche Antwort iſt im Tone<lb/><hi rendition="#g">freundlicher</hi> gehalten, in ihrem ſach-<lb/> lichen Inhalt aber nicht von der franzöſi-<lb/> ſchen unterſchieden.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Es iſt möglich, daß Poincare Herrn v.<lb/> Hoeſch noch <hi rendition="#g">mündliche Mitteilun-<lb/> gen</hi> macht, die den Eindruck der Ableh-<lb/> nung mildern ſollen, denn die beiden Re-<lb/> gierungen ſind ſich darüber einig, daß die<lb/><hi rendition="#g">Verhandlungen fortgeſetzt wer-<lb/> den ſollen</hi>.</hi> </p><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die erſte Sitzung des<lb/> Sachverſtändigen-Ausſchuſſes.</hi> </head><lb/> <argument> <p><hi rendition="#g">Sonderdienſt der Allgem. Zeitung</hi>.</p> </argument><lb/> <dateline> <hi rendition="#b">* <hi rendition="#g">Berlin</hi>, 9. Januar.</hi> </dateline><lb/> <p> <hi rendition="#b">Am kommenden Montag findet die<lb/> erſte Sitzung des <hi rendition="#g">Sachverſtändigen-<lb/> ausſchuſſes</hi> der Reparationskommiſ-<lb/> ſion ſtatt. Sie wird ſich mit der <hi rendition="#g">wirt-<lb/> ſchaftlichen</hi> Lage in Deutſchland be-<lb/> faſſen.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Im Laufe der nächſten Woche wird dann<lb/> vorausſichtlich die erſte Sachverſtändigen-<lb/> kommiſſion nach <hi rendition="#g">Berlin</hi> reiſen, und ſich<lb/> mit dem Studium des <hi rendition="#g">deutſchen<lb/> Staatshaushaltes</hi> beſchäftigen.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Die <hi rendition="#g">amerikaniſchen Sachver-<lb/> ſtändigen</hi> erklärten, daß die Beratun-<lb/> gen des Sachverſtändigenausſchuſſes <hi rendition="#g">in<lb/> einem Monat zu Ende</hi> ſein würden.<lb/> Sie haben die Auffaſſung, daß ſie mit aller<lb/> Energie arbeiten wollen.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#b">Außerdem liegt in Berlin die Aeuße-<lb/> rung eines <hi rendition="#g">italieniſchen Sachver-<lb/> ſtändigen</hi> vor, wonach man in Italien<lb/> an ein <hi rendition="#g">günſtiges Ergebnis</hi> der Be-<lb/> ratungen glaubt, weil Frankreich den<lb/><cb/> Sachverſtändigen nicht ſolche Beſchränkun-<lb/> gen auferlegen kann, wie ſeinerzeit der<lb/> Bankierkommiſſion.</hi> </p> </div><lb/> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Neuaufrollung der Kriegsſchuld-<lb/> frage?</hi> </head><lb/> <dateline> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Berlin</hi>, 9. Januar.</hi> </dateline><lb/> <p> <hi rendition="#b">Nach Londoner<lb/> Nachrichten bringen die amerikaniſchen<lb/> Herbſtzeitungen eine Mitteilung eines ame-<lb/> rikaniſchen Journaliſten aus Berlin, wonach<lb/> demnächſt in London eine Fühlungnahme<lb/> gleichgeſinnter deutſcher und engliſcher<lb/> Kreiſe ſtattfinden ſoll, um die Möglichkeit<lb/> einer <hi rendition="#g">Neuaufrollung der Kriegs-<lb/> ſchuldfrage</hi> zu erwägen.</hi> </p><lb/> <p>* Es wäre ja wohl höchſte Zeit, daß dieſe<lb/><hi rendition="#g">größte Lüge</hi> der Weltgeſchichte endlich<lb/> ausgetilgt würde, aber ohne ein <hi rendition="#g">energi-<lb/> ſches Vorgehen Deutſchlands</hi><lb/> ſelbſt auf dieſem Gebiete wird kaum ein<lb/> Erfolg zu verzeichnen ſein.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der neue franzöſiſche Kammerpräſident.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 9. Januar.</dateline><lb/> <p>Die Kammer hat ge-<lb/> ſtern ihre <hi rendition="#g">neue Seſſion</hi> eröffnet. Die<lb/> Sitzung war ſchwach beſucht. Es fanden<lb/> hauptſächlich geſchäftliche Formalitäten ihre<lb/> Erledigung.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Peret</hi> wurde mit 325 von 355 Stimmen<lb/> zum Präſidenten der Kammer gewählt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div xml:id="a01b" prev="#a01a" type="jComment" n="2"> <p>auflöſung nicht mehr ergänzt werden kann,<lb/> behielt die Macht bei, die ſie weiter in<lb/> rückſichtsloſer Weiſe ausübte.</p><lb/> <p>Dieſe Tatſachen führten zu einer ſehr<lb/> ſtarken Beunruhigung in der Bevölke-<lb/> rung. Denn die Beziehungen zwiſchen<lb/> den Sozialdemokraten und den Kom-<lb/> muniſten wurden zwar nach außen hin<lb/> nicht mehr deutlich dokumentiert, aber es<lb/> war ganz klar, daß ſich in den Geſinnungen<lb/> der leitenden Männer der ſozialdemokra-<lb/> tiſchen Partei nichts geändert hatte und<lb/> auch nichts ändern würde, ſchon mit Hin-<lb/> blick auf die Wahlen und die zu fürchtende<lb/> Agitation der Kommuniſten. Namentlich<lb/> war es nun aber die Frage des<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Beamtenabbaues,</hi></hi><lb/> die eine entſcheidende Rolle ſpielte. Die<lb/> Tatſache, daß man dieſen Beamtenabbau im<lb/> einſeitigſten Parteiintereſſe durchführen<lb/> wollte, war allſeitig bekannt.</p><lb/> <p>Endlich ſchlug die<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Finanzwirtſchaft,</hi></hi><lb/> die die ſozialiſtiſch-kommuniſtiſche Regie-<lb/> rung geführt hat, jedem geſunden Empfin-<lb/> den ins Geſicht. Mit den Staatsgel-<lb/> dern wurde in einer Weiſe umge-<lb/> ſprungen, wiederum zum Teil aus ein-<lb/> ſeitigem Parteiintereſſe heraus, die geradezu<lb/> unerträglich genannt werden muß. In ein-<lb/> ſeitigen Erklärungen der Regierung hat<lb/> man den Tatbeſtand zu verſchleiern geſucht<lb/> und darauf hingewieſen, daß die Finanzen<lb/> Thüringens durchaus fundiert ſeien. Die<lb/> Ausgaben, die man gemacht hat, ſind jeden-<lb/> falls <hi rendition="#g">nicht fundiert,</hi> und die Art, in<lb/> der man Stellen beſetzt hat, für die ein Be-<lb/> tätigungsgebiet noch nicht da war, ſpricht<lb/> eine ſo deutliche Sprache, daß alle Ver-<lb/> ſchleierungsverſuche ſcheitern werden. All<lb/> dieſe Fragen werden ſeinerzeit reſtlos im<lb/><cb/> neuen Landtag geklärt werden müſſen.<lb/> Sie führten in ihrer Geſamtheit die nicht-<lb/> ſozialiſtiſchen Parteien zur Einheit des<lb/> Abwehrkampfes zuſammen.</p><lb/> <p>Er wurde ihnen aufgezwungen durch die<lb/> Wucht der Tatſachen. Es gab keine Partei-<lb/> fragen mehr, die von irgendwelcher Bedeu-<lb/> tung wurden, es gab nur die eine Frage der<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Parteidiktatur der Sozialdemokraten</hi></hi><lb/> und deren Abwehr. Und es gab, als nun<lb/> endlich der Landtag ſein Ende fand, für die<lb/> Wahlen nur die eine Frage, wie eine<lb/> Klaſſendiktatur der Sozialdemokraten am<lb/> gründlichſten und ſicherſten gebrochen wer-<lb/> den könnte. So erklärt ſich <hi rendition="#g">lediglich aus<lb/> taktiſchen Zwecken heraus</hi> die<lb/> Tatſache, daß man ſich auf eine Einheits-<lb/> liſte einigte. Dieſe Einheitsliſte iſt nicht<lb/> etwa durch beſtimmte Führer dem Volk auf-<lb/> genötigt. Mit elementarer Gewalt iſt viel-<lb/> mehr aus allen Kreiſen der Bevölkerung<lb/> heraus, die nicht der ſozialdemokratiſchen<lb/> Partei angehören, die Einheitsliſte mit<lb/> einer geradezu erſtaunlichen Wucht verlangt<lb/> worden. Wenn man je von einer Volks-<lb/> bewegung hat ſprechen können, ſo war es<lb/> hier begreiflich genug, wenn man dran<lb/> denkt, wie die Majorität des Volkes durch<lb/> die politiſche Mißwirtſchaft der Sozial-<lb/> demokratie in ihrem rechtlichen, politiſchen,<lb/> wirtſchaftlichen und kulturellen Empfinden<lb/> auf das ſchwerſte getroffen war.</p><lb/> <p>Die Parteien konnten ſich der Forderung<lb/> der<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Einheitsliſte</hi></hi><lb/> aber umſo weniger entziehen, als die Wirt-<lb/> ſchafts- und ſonſtigen Verbände erklärten,<lb/> daß ſie auf Sonderliſten nur dann ver-<lb/> zichten würden, wenn man zu einer Ein-<lb/> heitsliſte käme. Und da nun es unmöglich<lb/> war, mit Liſten der Hausbeſitzer, der Hand-<lb/> werker, der Beamten uſw. und der verſchie-<lb/><cb/> denen Parteien die Majorität der Sozial-<lb/> demokraten zu brechen, ſo blieb den Par-<lb/> teien nichts anderes übrig, als ſich ebenfalls<lb/> für die Einheitsliſte zu entſcheiden, was<lb/> denn auch geſchehen iſt. <hi rendition="#g">Dieſe Ein-<lb/> heitsliſte bedeutet,</hi> wie in den<lb/> grundlegenden Beſprechungen klar ausge-<lb/> ſprochen iſt, nur ein<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Zuſammengehen bei den Wahlen.</hi></hi><lb/> Für die Zeit nach den Wahlen ſteht die Ent-<lb/> ſcheidung bei jeder Partei, wobei es klar iſt,<lb/> daß der Abbau der rein ſozialiſtiſchen Ge-<lb/> ſetzgebung der letzten Zeit das eigentliche<lb/> Ziel der Politik nach den Wahlen nicht nur<lb/> ſein <hi rendition="#g">muß,</hi> ſondern ſein <hi rendition="#g">wird. Die<lb/> Geſetze mit ihren Beſtimmungen<lb/> kommuniſtiſcher Provenienz<lb/> können nicht aufrechterhalten<lb/> werden und werden nicht auf-<lb/> rechterhalten werden</hi>. Natürlich<lb/> ſteht es der Sozialdemokratie frei, ſich an<lb/> dieſem Abbau zu beteiligen, und wenn ſie<lb/> das tun will, ſo wird ſie niemand daran<lb/> hindern. Selbſtverſtändlich iſt irgendeine<lb/> Entſcheidung über eine <hi rendition="#g">Regierungs-<lb/> bildung</hi> nach den Wahlen jetzt noch nicht<lb/> getroffen, wenn tatſächlich allerdings auch<lb/> nicht anzunehmen iſt, daß die Sozialdemo-<lb/> kraten ſich ihrerſeits bereit erklären wer-<lb/> den, nach dieſem Kampf auf Leben und<lb/> Tod mit ihren Gegnern in eine Regierung<lb/> einzutreten unter Bedingungen, <hi rendition="#g">die<lb/> naturgemäß ihren Inhalt aus<lb/> dem Verhalten der Sozialdemo-<lb/> kraten in der letzten Zeit ent-<lb/> nehmen werden</hi>.</p><lb/> <p>Was nun endlich die Frage des<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Reichskommiſſars</hi></hi><lb/> betrifft, ſo erklärt ſich das Beſtreben, einen<lb/> ſolchen zu bekommen, aus zwei Gründen,<lb/> Einmal iſt entſcheidend die Tatſache, daß<lb/> die <hi rendition="#g">gegen wärtige Regierung ver-</hi></p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0001]
Allgemeine Zeitung
Süddeutſches Tagblatt Großdeutſche Rundſchau127. Jahrgang. Nr. 9 München, Donnerstag den 10. Januar 1924. Einzelpreis 10 Pfennig.
Hauptſchriftleitung und verantwortlich für Deutſche und Bayeriſche Politik:
Max Heilgemayr. — Wirtſchaftszeitung u. Auswärtige Politik: Joſef Schrepfer.
— Unpolitiſche Stadtzeitung u. Sport: Richard Rieß. — Kunſt u. Muſik: Albin v.
Prybram-Gladona. — Feuilleton u. Theater: Walter Foitzick. — Anzeigenteil: Joſef
Spiegel, ſämtl. in München. — Redaktion: München, Baaderſtr. 1, Tel. 27940. — Berliner
Schriftleitung: SW 68., Zimmerſtr. 9, Tel. Zentrum 5498 u. 3967; Leiter: Alfred Gerigk.
[Abbildung]
Die Allgemeine Zeitung erſcheint täglich. Bei Störung des Erſcheinens infolge höherer
Gewalt oder Streiks beſteht kein Anſpruch auf Zeitungslieferung oder Rückzahlung des Be-
zugsgeldes. Bezugspreis: Mk. 2.80 für den Monat. Anzeigenpreis: für die 9-ſpaltige
Millimeterzeile im Inſeratenteil M. 0.25, im Reklameteil M. 0.80. Kleine Anzeigen M. 0.10.
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Druck: Druckerei- und Verlags-A.-G. München, Baaderſtraße 1 und 1a. Telefon 24287.
Zur thüringiſchen Frage.
Von
Prof. Gerland (Jona).
Die Tatſache, daß ſich die ſämtlichen nicht-
ſozialiſtiſchen Parteien für die kommenden
Thüringer Wahlen auf eine Einheits-
liſte geeinigt haben, die fernere Tatſache,
daß eben dieſe Parteien die gegenwärtigen
Verhältniſſe für ſo unmöglich halten, daß ſie
ſich im Prinzip mit der Entſendung eines
Reichskommiſſars einverſtanden
erklärt haben, ſind ſo auffallend, daß ſie
einer Erklärung bedürfen.
Als nach Bildung des Thüringiſchen
Staates die erſte Regierung gewählt wurde,
bildete die Sozialdemokratie mit der De-
mokratiſchen Partei eine Koalition, die
unter der Leitung des Staatsminiſters
Paulßen das erſte Miniſterium ſtellte.
Als der erſte Landtag infolge einer Steuer-
differenz ſich auflöſte, erlangte die Sozial-
demokratie im Gegenſatz zu dem früheren
Stimmenverhältnis eine geringfügige Ma-
jorität. Anſtatt nun die alte Koalition
wieder aufleben zu laſſen, trat ſie ſofort
in Verbindung mit der kommuniſtiſchen
Partei, und es wurde eine ausſchließliche
Parteiregierung der Sozialiſten
gebildet, in der der früher der unabhängigen
Partei angehörige Volksbildungsminiſter
Greil die führende Rolle ſpielte. Sehr
bald zeigte ſich, daß die Sozialdemokraten
unter die Herrſchaft der Kommuniſten ge-
raten waren. Geſetze, die man in leidlich
vernünftigen Entwürfen dem Landtag
unterbreitete, wurden auf Verlangen der
Kommuniſten in der unerträglichſten Weiſe
in den Ausſchüſſen umgeändert, und jedes-
mal erklärte ſich die ſozialdemokratiſche
Regierung bereit, den kommuniſtiſchen An-
regungen Folge zu leiſten.
Neben der Geſetzgebung war es aber vor
allem die
Verwaltung,
die im einſeitigſten Parteiintereſſe durch-
geführt wurde. Die Reichsunterſuchungs-
kommiſſion, die vor einigen Tagen in
Weimar die Verhältniſſe an Hand der
Akten nachgeprüft hat, dürfte ein überaus
reiches Material gefunden und eine Methode
der Verwaltung feſtgeſtellt haben, wie ſie
im Rechtsſtaat einfach undenkbar iſt.
Dazu kam das überaus einſeitige Ver-
halten der Sozialbemokratie auf
kulturellem Gebiet.
Der Kampf, den die Univerſität Jena
um ihre Selbſtverwaltung und um die
Freiheit der Wiſſenſchaft zu führen hat, iſt
bekannt. Es verdient aber hervorgehoben
zu werden, daß die Thüringiſche Regierung
in ihren Verſuchen, die öffentliche Meinung
zu beeinfluſſen, vor den gröbſten Ent-
ſtellungen der Tatſachen nicht zurück-
geſchreckt iſt.
Den Höhepunkt erreichte die einſeitige
Parteiherrſchaft der Sozialdemokraten in
dem Augenblick, als die Kommuniſten in
die Regierung eintraten. Allerdings war
die gemeinſame Herrſchaft nur von kurzer
Dauer. Das Einrücken der Reichswehr
führte zum Rücktritt der kommuniſtiſchen
Miniſter, die teilweiſe flohen. Die nicht-
ſozialiſtiſchen Parteien verſuchten nunmehr,
das Rumpfminiſterium auf verfaſſungs-
mäßige Weiſe zu ergänzen. Ihre Anträge
wurden von den Sozialdemokraten und
Kommuniſten niedergeſtimmt. Das Be-
ſtreben der Sozialdemokraten, ihre ein-
ſeitige Parteiherrſchaft weiter aufrecht-
zuerhalten bis zu den Wahlen, trat in
immer unverſchleierterer Form hervor, und
die objektiv
verfaſſungswidrige Regierung,
die ſich aus dem Landtag nicht mehr er-
gänzen konnte, und die nach der Landtags-
Die Ueberreichung der franzöſiſchen
und belgiſchen Antwort.
Zugeſtändniſſe im Verkehrsweſen, ſonſt Ablehnung
Sonderdienſt der Allgem. Zeitung.
* Paris, 9. Januar.
Die franzöſiſche Antwortnote
auf die neuen deutſchen Ruhrvorſchläge
wird vorausſichtlich heute abend oder mor-
gen an den deutſchen Geſchäftsträger in
Paris überreicht werden.
Herr v. Hoeſch wird dann morgen
nach Berlin abreiſen. Die belgiſche
Antwort wird gleichzeitig dem deut-
ſchen Geſchäftsträger in Brüſſel überreicht.
Beide Schriftſtücke werden ziemlich um-
fangreich ſein und werden Zugeſtänd-
niſſe auf dem Gebiete des Ver-
kehrs enthalten, dagegen alle Vorſchläge
ablehnen, die ſich auf die Tätigkeit
deutſcher Beamter im Ruhrgebiet
beziehen.
Die belgiſche Antwort iſt im Tone
freundlicher gehalten, in ihrem ſach-
lichen Inhalt aber nicht von der franzöſi-
ſchen unterſchieden.
Es iſt möglich, daß Poincare Herrn v.
Hoeſch noch mündliche Mitteilun-
gen macht, die den Eindruck der Ableh-
nung mildern ſollen, denn die beiden Re-
gierungen ſind ſich darüber einig, daß die
Verhandlungen fortgeſetzt wer-
den ſollen.
Die erſte Sitzung des
Sachverſtändigen-Ausſchuſſes.
Sonderdienſt der Allgem. Zeitung.
* Berlin, 9. Januar.
Am kommenden Montag findet die
erſte Sitzung des Sachverſtändigen-
ausſchuſſes der Reparationskommiſ-
ſion ſtatt. Sie wird ſich mit der wirt-
ſchaftlichen Lage in Deutſchland be-
faſſen.
Im Laufe der nächſten Woche wird dann
vorausſichtlich die erſte Sachverſtändigen-
kommiſſion nach Berlin reiſen, und ſich
mit dem Studium des deutſchen
Staatshaushaltes beſchäftigen.
Die amerikaniſchen Sachver-
ſtändigen erklärten, daß die Beratun-
gen des Sachverſtändigenausſchuſſes in
einem Monat zu Ende ſein würden.
Sie haben die Auffaſſung, daß ſie mit aller
Energie arbeiten wollen.
Außerdem liegt in Berlin die Aeuße-
rung eines italieniſchen Sachver-
ſtändigen vor, wonach man in Italien
an ein günſtiges Ergebnis der Be-
ratungen glaubt, weil Frankreich den
Sachverſtändigen nicht ſolche Beſchränkun-
gen auferlegen kann, wie ſeinerzeit der
Bankierkommiſſion.
Neuaufrollung der Kriegsſchuld-
frage?
Berlin, 9. Januar.
Nach Londoner
Nachrichten bringen die amerikaniſchen
Herbſtzeitungen eine Mitteilung eines ame-
rikaniſchen Journaliſten aus Berlin, wonach
demnächſt in London eine Fühlungnahme
gleichgeſinnter deutſcher und engliſcher
Kreiſe ſtattfinden ſoll, um die Möglichkeit
einer Neuaufrollung der Kriegs-
ſchuldfrage zu erwägen.
* Es wäre ja wohl höchſte Zeit, daß dieſe
größte Lüge der Weltgeſchichte endlich
ausgetilgt würde, aber ohne ein energi-
ſches Vorgehen Deutſchlands
ſelbſt auf dieſem Gebiete wird kaum ein
Erfolg zu verzeichnen ſein.
Der neue franzöſiſche Kammerpräſident.
Paris, 9. Januar.
Die Kammer hat ge-
ſtern ihre neue Seſſion eröffnet. Die
Sitzung war ſchwach beſucht. Es fanden
hauptſächlich geſchäftliche Formalitäten ihre
Erledigung.
Peret wurde mit 325 von 355 Stimmen
zum Präſidenten der Kammer gewählt.
auflöſung nicht mehr ergänzt werden kann,
behielt die Macht bei, die ſie weiter in
rückſichtsloſer Weiſe ausübte.
Dieſe Tatſachen führten zu einer ſehr
ſtarken Beunruhigung in der Bevölke-
rung. Denn die Beziehungen zwiſchen
den Sozialdemokraten und den Kom-
muniſten wurden zwar nach außen hin
nicht mehr deutlich dokumentiert, aber es
war ganz klar, daß ſich in den Geſinnungen
der leitenden Männer der ſozialdemokra-
tiſchen Partei nichts geändert hatte und
auch nichts ändern würde, ſchon mit Hin-
blick auf die Wahlen und die zu fürchtende
Agitation der Kommuniſten. Namentlich
war es nun aber die Frage des
Beamtenabbaues,
die eine entſcheidende Rolle ſpielte. Die
Tatſache, daß man dieſen Beamtenabbau im
einſeitigſten Parteiintereſſe durchführen
wollte, war allſeitig bekannt.
Endlich ſchlug die
Finanzwirtſchaft,
die die ſozialiſtiſch-kommuniſtiſche Regie-
rung geführt hat, jedem geſunden Empfin-
den ins Geſicht. Mit den Staatsgel-
dern wurde in einer Weiſe umge-
ſprungen, wiederum zum Teil aus ein-
ſeitigem Parteiintereſſe heraus, die geradezu
unerträglich genannt werden muß. In ein-
ſeitigen Erklärungen der Regierung hat
man den Tatbeſtand zu verſchleiern geſucht
und darauf hingewieſen, daß die Finanzen
Thüringens durchaus fundiert ſeien. Die
Ausgaben, die man gemacht hat, ſind jeden-
falls nicht fundiert, und die Art, in
der man Stellen beſetzt hat, für die ein Be-
tätigungsgebiet noch nicht da war, ſpricht
eine ſo deutliche Sprache, daß alle Ver-
ſchleierungsverſuche ſcheitern werden. All
dieſe Fragen werden ſeinerzeit reſtlos im
neuen Landtag geklärt werden müſſen.
Sie führten in ihrer Geſamtheit die nicht-
ſozialiſtiſchen Parteien zur Einheit des
Abwehrkampfes zuſammen.
Er wurde ihnen aufgezwungen durch die
Wucht der Tatſachen. Es gab keine Partei-
fragen mehr, die von irgendwelcher Bedeu-
tung wurden, es gab nur die eine Frage der
Parteidiktatur der Sozialdemokraten
und deren Abwehr. Und es gab, als nun
endlich der Landtag ſein Ende fand, für die
Wahlen nur die eine Frage, wie eine
Klaſſendiktatur der Sozialdemokraten am
gründlichſten und ſicherſten gebrochen wer-
den könnte. So erklärt ſich lediglich aus
taktiſchen Zwecken heraus die
Tatſache, daß man ſich auf eine Einheits-
liſte einigte. Dieſe Einheitsliſte iſt nicht
etwa durch beſtimmte Führer dem Volk auf-
genötigt. Mit elementarer Gewalt iſt viel-
mehr aus allen Kreiſen der Bevölkerung
heraus, die nicht der ſozialdemokratiſchen
Partei angehören, die Einheitsliſte mit
einer geradezu erſtaunlichen Wucht verlangt
worden. Wenn man je von einer Volks-
bewegung hat ſprechen können, ſo war es
hier begreiflich genug, wenn man dran
denkt, wie die Majorität des Volkes durch
die politiſche Mißwirtſchaft der Sozial-
demokratie in ihrem rechtlichen, politiſchen,
wirtſchaftlichen und kulturellen Empfinden
auf das ſchwerſte getroffen war.
Die Parteien konnten ſich der Forderung
der
Einheitsliſte
aber umſo weniger entziehen, als die Wirt-
ſchafts- und ſonſtigen Verbände erklärten,
daß ſie auf Sonderliſten nur dann ver-
zichten würden, wenn man zu einer Ein-
heitsliſte käme. Und da nun es unmöglich
war, mit Liſten der Hausbeſitzer, der Hand-
werker, der Beamten uſw. und der verſchie-
denen Parteien die Majorität der Sozial-
demokraten zu brechen, ſo blieb den Par-
teien nichts anderes übrig, als ſich ebenfalls
für die Einheitsliſte zu entſcheiden, was
denn auch geſchehen iſt. Dieſe Ein-
heitsliſte bedeutet, wie in den
grundlegenden Beſprechungen klar ausge-
ſprochen iſt, nur ein
Zuſammengehen bei den Wahlen.
Für die Zeit nach den Wahlen ſteht die Ent-
ſcheidung bei jeder Partei, wobei es klar iſt,
daß der Abbau der rein ſozialiſtiſchen Ge-
ſetzgebung der letzten Zeit das eigentliche
Ziel der Politik nach den Wahlen nicht nur
ſein muß, ſondern ſein wird. Die
Geſetze mit ihren Beſtimmungen
kommuniſtiſcher Provenienz
können nicht aufrechterhalten
werden und werden nicht auf-
rechterhalten werden. Natürlich
ſteht es der Sozialdemokratie frei, ſich an
dieſem Abbau zu beteiligen, und wenn ſie
das tun will, ſo wird ſie niemand daran
hindern. Selbſtverſtändlich iſt irgendeine
Entſcheidung über eine Regierungs-
bildung nach den Wahlen jetzt noch nicht
getroffen, wenn tatſächlich allerdings auch
nicht anzunehmen iſt, daß die Sozialdemo-
kraten ſich ihrerſeits bereit erklären wer-
den, nach dieſem Kampf auf Leben und
Tod mit ihren Gegnern in eine Regierung
einzutreten unter Bedingungen, die
naturgemäß ihren Inhalt aus
dem Verhalten der Sozialdemo-
kraten in der letzten Zeit ent-
nehmen werden.
Was nun endlich die Frage des
Reichskommiſſars
betrifft, ſo erklärt ſich das Beſtreben, einen
ſolchen zu bekommen, aus zwei Gründen,
Einmal iſt entſcheidend die Tatſache, daß
die gegen wärtige Regierung ver-
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(2022-03-29T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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