Allgemeine Zeitung, Nr. 104, 14. April 1849.[Spaltenumbruch]
res in diesen Wagenmassen, die häufig von Cavallerie geleitet hereinkamen. Pesth, 9 April. Die erwartete Schlacht in der Nähe unserer Pesth, 9 April. Das Hauptquartier befindet sich seit gestern Preßburg, 7 April. Unser Losungswort ist jetzt Comorn, zu des- Zara, 3 April. Es ist nun erwiesen daß man der Truppenbewegung Spanien. * Madrid, 3 April. Durch den Telegraphen haben wir hier die *) Wir verweisen auf den Wiener Brief ^, der wohl am besten unter-
richtet ist. [Spaltenumbruch]
res in dieſen Wagenmaſſen, die häufig von Cavallerie geleitet hereinkamen. ∸ Peſth, 9 April. Die erwartete Schlacht in der Nähe unſerer ∷ Peſth, 9 April. Das Hauptquartier befindet ſich ſeit geſtern Preßburg, 7 April. Unſer Loſungswort iſt jetzt Comorn, zu deſ- Zara, 3 April. Es iſt nun erwieſen daß man der Truppenbewegung Spanien. * Madrid, 3 April. Durch den Telegraphen haben wir hier die *) Wir verweiſen auf den Wiener Brief ◬, der wohl am beſten unter-
richtet iſt. <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0006" n="1594"/><cb/> res in dieſen Wagenmaſſen, die häufig von Cavallerie geleitet hereinkamen.<lb/> Dazu die kleinen Trupps flüchtiger Croaten. Der Sieg der Magyaren<lb/> blickte wieder aus den Augen der Enthuſtaſten. Läugnen läßt ſich nicht daß<lb/> eine Abtheilung des Jellachich’ſchen Corps zerſtreut worden, aber der Ba-<lb/> nus ſelbſt mit dem Gros ſeines Corps ſchlug auf dem Wege von Jaßbe-<lb/> reny einen ſtarken Haufen der Magyaren und nahm ihm ſiebzehn Kanonen<lb/> ab, welche denſelben Abend noch hereinkamen. Ein kurzes Placat des<lb/> Generals Wrbna zeigte dieß dem Publicum an, mit dem lakoniſchen Be-<lb/> deuten daß dieß der Beginn der Operationen ſey welche mit Vernichtung<lb/> des Rebellencorps enden würden. Charfreitag und Samſtag hindurch<lb/> ſtand die Lüge, die Prahlerei der Exaltirten, die Angſt der Friedfertigen<lb/> in voller Blüthe. Das Ueberſchreiten der Linien wurde nicht mehr geſtat-<lb/> tet, der Blocksberg, das Obſervatorium der Neugierigen, militäriſch be-<lb/> ſetzt. Die Aengſtlichen nahmen Quartiere in Ofen, in der Feſtung auf.<lb/> Um Päſſe nach Wien wurde gebettelt. Die große Anzahl von Truppen<lb/> in Peſth, die ruhige Haltung der Officiere, die zahlreich in den<lb/> Kaffeehäuſern herumſchwärmten, überzeugte nur wenige von der Ge-<lb/> ringfügigkeit der Gefahr. Samſtag Abends kam der Feldmarſchall<lb/> ſelbſt herein, und nahm ſein Hauptquartier in einem Peſther Hotel.<lb/> Neuer Grund an eine Niederlage der Kaiſerlichen zu glauben. Dunkle<lb/> Gerüchte über blutige Gefechte drangen herein. Als ſicher dürfen wir<lb/> etwa folgendes über Operationen und Stellung der Inſurgenten anneh-<lb/> men: Während ein großer Haufe, mit welchem es der Banus auf dem<lb/> rechten Flügel der Kaiſerlichen zu thun hatte, an der Eiſenbahnlinie her-<lb/> auf operirte und die Abſicht zeigte in Peſth einzudringen, war die Haupt-<lb/> macht in Gyöngyös concentrirt und ſchien ihren Bewegungen nach auf<lb/> Komorn beſtimmt. Man verſicherte Koſſuth ſelbſt führe eine Brigade,<lb/> Klapka und Repaſy commandirten. Man ſprach auch von Bems Anwe-<lb/> ſenheit im Lager. Es ſtellte ſich heraus daß die Kaiſerlichen vor der drei-<lb/> fachen Uebermacht der Rebellen auf Peſth zurückwichen, um hier eine gün-<lb/> ſtigere Schlachtſtellung einzunehmen. Dieſe Stellung ſcheint nach Berichten<lb/> der Officiere ſelbſt folgende zu ſeyn. Der Feldmarſchall iſt am Sonntag<lb/> nach Waitzen abgegangen, wo der linke Flügel dem Anſchluſſe der in Nord-<lb/> Ungarn unter General Ramberg, dann Götz und Jablonowsky herabziehen-<lb/> den Armee entgegenharrt. Von dieſen Truppen wird Görgey im Schach<lb/> gehalten. General Schlick hat eine Pofition um Czinkota (zwei Stunden<lb/> nordweſtlich von Peſth) eingenommen, und ſeine Schaaren bilden den Mit-<lb/> telpunkt der geſammten Armee. Der Ban hat die Beftimmung Peſth zu<lb/> decken und gegen die Theiß hinab zu operiren, üm die Inſurgenten wo<lb/> möglich in der Flanke und im Rücken zu faſſen. Der größere Theil des<lb/> Heeres liegt auf dem Rakoſch, dem berühmten Felde altmagyariſcher Kö-<lb/> nigswahlen. Pontonbrücken find zur leichtern Communication über die<lb/> Sümpfe dieſer Haide geſchlagen. Ueber die Streitkräfte der Inſurgenten<lb/> folgendes. Die Annahme daß bei 100,000 zuſammengerafften Volkes<lb/> auf ihrer Seite ſtehe, dürfte nicht falſch ſeyn. Ein flinke zahlreiche Cavallerie,<lb/> darunter ein Regiment polniſcher Lanciers, und gegen vier Regimenter<lb/> Huſaren, dann ein Geſchütztrain von 80 Kanonen dürfte ihre Hauptmacht<lb/> ſeyn. Die Honved-Infanterie taugt nicht, die Polenlegion iſt todesmuthig.<lb/> Wenn die Truppen unter General Ramberg zum Hauptcorps ſtoßen, ſo wer-<lb/> den wohl 40 bis 50,000 Oefterreicher den Inſurgenten gegenüberſtehen, mehr<lb/> als genügend um des endlichen Sieges gewiß zu ſeyn. — Geſtern am heiligen<lb/> Oſtertage, wo die Kaiſerlichen bereits vor Peſth erſchienen, erließ General<lb/> Wrbna ein Proclam, worin den Einwohnern eingeſchärft wurde zu Hauſe zu<lb/> bleiben, keine Zuſammenrottungen zu veranlaſſen, auch des unnützen<lb/> Fahrens ſich zu enthalten, widrigenfalls das k. k. Militär vollen Gebrauch<lb/> von ſeinen Waffen machen werde. In Folge deſſen war die Stadt an dem<lb/> geſtrigen, überaus freundlichen Tage wie ausgeſtorben. Grenadierpa-<lb/> trouillen bewegten ſich raftlos durch alle Straßen, drei Zwölfpfünder<lb/> ſtarrten auf der Ofner Seite der Schiffbrücke dem friedlichen Spazier-<lb/> gänger entgegen, dies- und jenſeits der Brücke campirten Grenadiere bei<lb/> Wachfeuern am Donauthor, was mit einbrechender Dunkelheit ſehr ma-<lb/> leriſch ſich ausnahm. Die Palliſadenreihen oberhalb der Kettenbrücke<lb/> waren geſchloſſen worden, das Blockhaus beſetzt — kurz, wir hatten eben<lb/> Belagerungszuſtand. Der Tag verſtrich übrigens ruhig, man erzählte<lb/> die Inſurgenten ſeyen auf eine Strecke zurück, und es werde wohl kein<lb/> Angriff während des Feiertages ſtattfinden. Einzelne Officiere, Reit-<lb/> knechte u. ſ. f. beſtäubt und erſchöpft kamen nach Peſth herein. Victua-<lb/> lien, Kaffee, Weine wurden in Maſſe hinausgeführt. — Heute — morgen<lb/> ſehen wir einer großen Schlacht entgegen, vielleicht vor Peſth, vielleicht<lb/> gegen Waitzen zu. — Aus den untern Gegenden meldet man von neuen<lb/> energiſchen Anfällen der Magyaren. Perczel ſammelte die Banater Fücht-<lb/> linge, brachte überdieß neun Bataillons Honved und einiges Geſchütz zu-<lb/> ſammen, und warf ſich mit Uebermacht in die Bacska. Verheerte ſerbiſche<lb/> Dörfer bezeichneten ſeinen Weg, der ihn zum Entſatz Peterwardeins zu<lb/> führen ſcheint, wo der alte Nugent lagert. Das Peſther Comitat wim-<lb/><cb/> melt wieder von Guerrillas, insbeſondre der ewig gährende Solter Be-<lb/> zirk. Daß die Dampfſchifſfahrt nach Eſſegg beginnen werde, wie einige<lb/> Wiener Blätter melden, kann ich aus beſter Quelle vorläuſig verneinen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>∸ <hi rendition="#b">Peſth,</hi> 9 April.</dateline><lb/> <p>Die erwartete Schlacht in der Nähe unſerer<lb/> Stadt hat nicht ſtattgefunden, vielmehr heißt es jetzt mit Beſtimmtheit,<lb/> die Ungarn haben ſich nördlich gegen Waitzen gewendet, wohin heute von<lb/> hier aus Truppen zur Verſtärkung aufgebrochen ſind. Das Hauptquar-<lb/> tier iſt noch immer hier; fortwährend außerordentliche Zu- und Abfuhr<lb/> von Kriegsmaterialien und Proviant. Da geſtern Abends eine Brücken-<lb/> Equipage wieder in das Lager abging, ſo glaubt man daß die öſterreichi-<lb/> ſche Armee wieder die Offenſive ergreifen werde. Görgey ſoll ſich gegen<lb/> Komorn gewendet und die Stadt auf dem linken Donauufer entſetzt haben.<note place="foot" n="*)">Wir verweiſen auf den Wiener Brief ◬, der wohl am beſten unter-<lb/> richtet iſt.</note><lb/> Dieſe Nachricht wird hier von den Koſſuthianern verbreitet. Bei der<lb/> ungariſchen Hauptarmee ſollen Bem und Dembinski ſeyn.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>∷ <hi rendition="#b">Peſth,</hi> 9 April.</dateline><lb/> <p>Das Hauptquartier befindet ſich ſeit geſtern<lb/> in Peſth, Fürſt Windiſch-Grätz iſt im Gaſthof zum Schwan abgeſtiegen,<lb/> der Ban wohnt im Gaſthofe zum Löwen. Truppen kommen und ziehen<lb/> ab, Packwägen und Munitionskarren raſſeln über die Brücke. Der Oſter-<lb/> ſonntag verging ohne Gefecht, nur gegen Mittag lagen ſich die äußerſten<lb/> Vorpoſten feurig in den Haaren. Heute iſt es bis zur gegenwärtigen<lb/> Stunde friedlich abgelaufen. Uebrigens manövriren die Inſurgenten ſtark<lb/> ihrem rechten Flügel zu, und liebäugeln ſo auffallend mit der Straße nach<lb/> Waitzen, daß meine oft angedeutete Anſicht, wie es ſich vorzugsweiſe um<lb/> den Entſatz von Komorn handle, der Wahrheit immer näher kommt.<lb/> Möglich daß noch verſtecktere Plane im Hintergrund lauern. Ganz ge-<lb/> heuer will mich die zweitägige Waffenruhe nicht bedünken. Für uns in<lb/> Peſth ſcheint einſtweilen nichts zu beſorgen. Geſtern Nachmittags wogte<lb/> die Bevölkerung in Maſſen nach dem Stadtwäldchen und dem Herminen-<lb/> feld, viele wagten ſich ſogar in das Lager, alles kehrte jedoch Abends um<lb/> keine Sylbe klüger nach Hauſe zurück. Am heutigen Tage, als dem Oſter-<lb/> montag, pflegt gewöhnlich der Blocksberg die Promenade und das Stell-<lb/> dichein der Einwohnerſchaft beider Schweſterſtädte zu ſeyn, und man kann<lb/> leicht denken daß man heuer ſtraßenweiſe nach dieſer Anhöhe pilgern würde,<lb/> ſtämmige Grenadiere aber rufen Halt, da die Sternwarte auf dem Blocks-<lb/> berg benützt wird und kaiſerliche Officiere Tag und Nacht, mit dem Fern-<lb/> rohr vor dem Auge, daſelbſt Wache halten und die Bewegungen des Feindes<lb/> beobachten. Vor einer halben Stunde rückte eine Diviſion Reiterei, die<lb/> dem Vernehmen nach aus Steiermark kommt, über die Schiffbrücke nach<lb/> Peſth.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Preßburg,</hi> 7 April.</dateline><lb/> <p>Unſer Loſungswort iſt jetzt Comorn, zu deſ-<lb/> ſen Einnahme die ernſteſten Maßnahmen getroffen werden. Die Feſtung<lb/> ſoll mit Sturm genommen werden, und um die Operationen vollkommen<lb/> und ungeſtört ausführen zu können ſind zwölf Bataillone, theils Infante-<lb/> rie theils Cavallerie, beſtimmt den Belagerungstruppen den Rücken zu<lb/> decken; daher, wie wir vernehmen, alle entbehrliche Mannſchaft aus an-<lb/> dern Provinzen herbeigezogen werden wird, um das Cernirungsnetz um<lb/> Comorn in weiteſter Ausdehnung zu ziehen, und ſo die Waffenbrüder vor<lb/> einem Ueberfall von der nördlichen Seite zu ſchützen. Die Stadt Comorn<lb/> iſt unbewohnbar; man hat daher, wie wir vernehmen, die dortigen politiſchen<lb/> Verbrecher ihrer Haft entlaſſen, und in den dumpfen Löchern und Gefängniſ-<lb/> ſen die Comorner Einwohner einquartiert. In dieſem Augenblick marſchi-<lb/> ren mehrere Bataillone Khevenhüller-, Baumgarten-Infanterie (Grena-<lb/> diere), Uhlanen und Chevau<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/>egers durch unſere Stadt. 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res in dieſen Wagenmaſſen, die häufig von Cavallerie geleitet hereinkamen.
Dazu die kleinen Trupps flüchtiger Croaten. Der Sieg der Magyaren
blickte wieder aus den Augen der Enthuſtaſten. Läugnen läßt ſich nicht daß
eine Abtheilung des Jellachich’ſchen Corps zerſtreut worden, aber der Ba-
nus ſelbſt mit dem Gros ſeines Corps ſchlug auf dem Wege von Jaßbe-
reny einen ſtarken Haufen der Magyaren und nahm ihm ſiebzehn Kanonen
ab, welche denſelben Abend noch hereinkamen. Ein kurzes Placat des
Generals Wrbna zeigte dieß dem Publicum an, mit dem lakoniſchen Be-
deuten daß dieß der Beginn der Operationen ſey welche mit Vernichtung
des Rebellencorps enden würden. Charfreitag und Samſtag hindurch
ſtand die Lüge, die Prahlerei der Exaltirten, die Angſt der Friedfertigen
in voller Blüthe. Das Ueberſchreiten der Linien wurde nicht mehr geſtat-
tet, der Blocksberg, das Obſervatorium der Neugierigen, militäriſch be-
ſetzt. Die Aengſtlichen nahmen Quartiere in Ofen, in der Feſtung auf.
Um Päſſe nach Wien wurde gebettelt. Die große Anzahl von Truppen
in Peſth, die ruhige Haltung der Officiere, die zahlreich in den
Kaffeehäuſern herumſchwärmten, überzeugte nur wenige von der Ge-
ringfügigkeit der Gefahr. Samſtag Abends kam der Feldmarſchall
ſelbſt herein, und nahm ſein Hauptquartier in einem Peſther Hotel.
Neuer Grund an eine Niederlage der Kaiſerlichen zu glauben. Dunkle
Gerüchte über blutige Gefechte drangen herein. Als ſicher dürfen wir
etwa folgendes über Operationen und Stellung der Inſurgenten anneh-
men: Während ein großer Haufe, mit welchem es der Banus auf dem
rechten Flügel der Kaiſerlichen zu thun hatte, an der Eiſenbahnlinie her-
auf operirte und die Abſicht zeigte in Peſth einzudringen, war die Haupt-
macht in Gyöngyös concentrirt und ſchien ihren Bewegungen nach auf
Komorn beſtimmt. Man verſicherte Koſſuth ſelbſt führe eine Brigade,
Klapka und Repaſy commandirten. Man ſprach auch von Bems Anwe-
ſenheit im Lager. Es ſtellte ſich heraus daß die Kaiſerlichen vor der drei-
fachen Uebermacht der Rebellen auf Peſth zurückwichen, um hier eine gün-
ſtigere Schlachtſtellung einzunehmen. Dieſe Stellung ſcheint nach Berichten
der Officiere ſelbſt folgende zu ſeyn. Der Feldmarſchall iſt am Sonntag
nach Waitzen abgegangen, wo der linke Flügel dem Anſchluſſe der in Nord-
Ungarn unter General Ramberg, dann Götz und Jablonowsky herabziehen-
den Armee entgegenharrt. Von dieſen Truppen wird Görgey im Schach
gehalten. General Schlick hat eine Pofition um Czinkota (zwei Stunden
nordweſtlich von Peſth) eingenommen, und ſeine Schaaren bilden den Mit-
telpunkt der geſammten Armee. Der Ban hat die Beftimmung Peſth zu
decken und gegen die Theiß hinab zu operiren, üm die Inſurgenten wo
möglich in der Flanke und im Rücken zu faſſen. Der größere Theil des
Heeres liegt auf dem Rakoſch, dem berühmten Felde altmagyariſcher Kö-
nigswahlen. Pontonbrücken find zur leichtern Communication über die
Sümpfe dieſer Haide geſchlagen. Ueber die Streitkräfte der Inſurgenten
folgendes. Die Annahme daß bei 100,000 zuſammengerafften Volkes
auf ihrer Seite ſtehe, dürfte nicht falſch ſeyn. Ein flinke zahlreiche Cavallerie,
darunter ein Regiment polniſcher Lanciers, und gegen vier Regimenter
Huſaren, dann ein Geſchütztrain von 80 Kanonen dürfte ihre Hauptmacht
ſeyn. Die Honved-Infanterie taugt nicht, die Polenlegion iſt todesmuthig.
Wenn die Truppen unter General Ramberg zum Hauptcorps ſtoßen, ſo wer-
den wohl 40 bis 50,000 Oefterreicher den Inſurgenten gegenüberſtehen, mehr
als genügend um des endlichen Sieges gewiß zu ſeyn. — Geſtern am heiligen
Oſtertage, wo die Kaiſerlichen bereits vor Peſth erſchienen, erließ General
Wrbna ein Proclam, worin den Einwohnern eingeſchärft wurde zu Hauſe zu
bleiben, keine Zuſammenrottungen zu veranlaſſen, auch des unnützen
Fahrens ſich zu enthalten, widrigenfalls das k. k. Militär vollen Gebrauch
von ſeinen Waffen machen werde. In Folge deſſen war die Stadt an dem
geſtrigen, überaus freundlichen Tage wie ausgeſtorben. Grenadierpa-
trouillen bewegten ſich raftlos durch alle Straßen, drei Zwölfpfünder
ſtarrten auf der Ofner Seite der Schiffbrücke dem friedlichen Spazier-
gänger entgegen, dies- und jenſeits der Brücke campirten Grenadiere bei
Wachfeuern am Donauthor, was mit einbrechender Dunkelheit ſehr ma-
leriſch ſich ausnahm. Die Palliſadenreihen oberhalb der Kettenbrücke
waren geſchloſſen worden, das Blockhaus beſetzt — kurz, wir hatten eben
Belagerungszuſtand. Der Tag verſtrich übrigens ruhig, man erzählte
die Inſurgenten ſeyen auf eine Strecke zurück, und es werde wohl kein
Angriff während des Feiertages ſtattfinden. Einzelne Officiere, Reit-
knechte u. ſ. f. beſtäubt und erſchöpft kamen nach Peſth herein. Victua-
lien, Kaffee, Weine wurden in Maſſe hinausgeführt. — Heute — morgen
ſehen wir einer großen Schlacht entgegen, vielleicht vor Peſth, vielleicht
gegen Waitzen zu. — Aus den untern Gegenden meldet man von neuen
energiſchen Anfällen der Magyaren. Perczel ſammelte die Banater Fücht-
linge, brachte überdieß neun Bataillons Honved und einiges Geſchütz zu-
ſammen, und warf ſich mit Uebermacht in die Bacska. Verheerte ſerbiſche
Dörfer bezeichneten ſeinen Weg, der ihn zum Entſatz Peterwardeins zu
führen ſcheint, wo der alte Nugent lagert. Das Peſther Comitat wim-
melt wieder von Guerrillas, insbeſondre der ewig gährende Solter Be-
zirk. Daß die Dampfſchifſfahrt nach Eſſegg beginnen werde, wie einige
Wiener Blätter melden, kann ich aus beſter Quelle vorläuſig verneinen.
∸ Peſth, 9 April.
Die erwartete Schlacht in der Nähe unſerer
Stadt hat nicht ſtattgefunden, vielmehr heißt es jetzt mit Beſtimmtheit,
die Ungarn haben ſich nördlich gegen Waitzen gewendet, wohin heute von
hier aus Truppen zur Verſtärkung aufgebrochen ſind. Das Hauptquar-
tier iſt noch immer hier; fortwährend außerordentliche Zu- und Abfuhr
von Kriegsmaterialien und Proviant. Da geſtern Abends eine Brücken-
Equipage wieder in das Lager abging, ſo glaubt man daß die öſterreichi-
ſche Armee wieder die Offenſive ergreifen werde. Görgey ſoll ſich gegen
Komorn gewendet und die Stadt auf dem linken Donauufer entſetzt haben. *)
Dieſe Nachricht wird hier von den Koſſuthianern verbreitet. Bei der
ungariſchen Hauptarmee ſollen Bem und Dembinski ſeyn.
∷ Peſth, 9 April.
Das Hauptquartier befindet ſich ſeit geſtern
in Peſth, Fürſt Windiſch-Grätz iſt im Gaſthof zum Schwan abgeſtiegen,
der Ban wohnt im Gaſthofe zum Löwen. Truppen kommen und ziehen
ab, Packwägen und Munitionskarren raſſeln über die Brücke. Der Oſter-
ſonntag verging ohne Gefecht, nur gegen Mittag lagen ſich die äußerſten
Vorpoſten feurig in den Haaren. Heute iſt es bis zur gegenwärtigen
Stunde friedlich abgelaufen. Uebrigens manövriren die Inſurgenten ſtark
ihrem rechten Flügel zu, und liebäugeln ſo auffallend mit der Straße nach
Waitzen, daß meine oft angedeutete Anſicht, wie es ſich vorzugsweiſe um
den Entſatz von Komorn handle, der Wahrheit immer näher kommt.
Möglich daß noch verſtecktere Plane im Hintergrund lauern. Ganz ge-
heuer will mich die zweitägige Waffenruhe nicht bedünken. Für uns in
Peſth ſcheint einſtweilen nichts zu beſorgen. Geſtern Nachmittags wogte
die Bevölkerung in Maſſen nach dem Stadtwäldchen und dem Herminen-
feld, viele wagten ſich ſogar in das Lager, alles kehrte jedoch Abends um
keine Sylbe klüger nach Hauſe zurück. Am heutigen Tage, als dem Oſter-
montag, pflegt gewöhnlich der Blocksberg die Promenade und das Stell-
dichein der Einwohnerſchaft beider Schweſterſtädte zu ſeyn, und man kann
leicht denken daß man heuer ſtraßenweiſe nach dieſer Anhöhe pilgern würde,
ſtämmige Grenadiere aber rufen Halt, da die Sternwarte auf dem Blocks-
berg benützt wird und kaiſerliche Officiere Tag und Nacht, mit dem Fern-
rohr vor dem Auge, daſelbſt Wache halten und die Bewegungen des Feindes
beobachten. Vor einer halben Stunde rückte eine Diviſion Reiterei, die
dem Vernehmen nach aus Steiermark kommt, über die Schiffbrücke nach
Peſth.
Preßburg, 7 April.
Unſer Loſungswort iſt jetzt Comorn, zu deſ-
ſen Einnahme die ernſteſten Maßnahmen getroffen werden. Die Feſtung
ſoll mit Sturm genommen werden, und um die Operationen vollkommen
und ungeſtört ausführen zu können ſind zwölf Bataillone, theils Infante-
rie theils Cavallerie, beſtimmt den Belagerungstruppen den Rücken zu
decken; daher, wie wir vernehmen, alle entbehrliche Mannſchaft aus an-
dern Provinzen herbeigezogen werden wird, um das Cernirungsnetz um
Comorn in weiteſter Ausdehnung zu ziehen, und ſo die Waffenbrüder vor
einem Ueberfall von der nördlichen Seite zu ſchützen. Die Stadt Comorn
iſt unbewohnbar; man hat daher, wie wir vernehmen, die dortigen politiſchen
Verbrecher ihrer Haft entlaſſen, und in den dumpfen Löchern und Gefängniſ-
ſen die Comorner Einwohner einquartiert. In dieſem Augenblick marſchi-
ren mehrere Bataillone Khevenhüller-, Baumgarten-Infanterie (Grena-
diere), Uhlanen und Chevau_egers durch unſere Stadt. (Wiener Ztg.)
Zara, 3 April.
Es iſt nun erwieſen daß man der Truppenbewegung
in Bosnien und der Herzegowina mehr Werth beigelegt hat als ſie ver-
dient, indem man die Zahl der zuſammengezogenen Truppen viel zu hoch
angegeben hatte. In Travnik ſtehen etwa 5 bis 6000 Mann, und alle
übrigen Städte haben je eine Garniſon von kaum mehr als 100 Mann.
Auch find die bereits conſcribirten Recruten bis auf weiteres beurlaubt
worden. (Wiener Ztg.)
Spanien.
* Madrid, 3 April.
Durch den Telegraphen haben wir hier die
Niederlage des ſardiniſchen Heers und die Abdankung Karl Alberts ver-
nommen. Als im vorigen Jahr der König von Sardinien in die Lombar-
dei einſiel, zeigten ſich in Madrid und anderwärts in Spanien viele Sym-
pathien für ihn, weil man in ihm den Vorkämpfer der italieniſchen Natio-
nalität zu ſehen glaubte, um deſſen Fahne ſich ganz Italien begeiſtert
ſchaaren würde, um tapfer ſeine Unabhängigkeit zu erſtreiten. Allein als
man wahrnahm daß in Italien nicht jenes heilige Feuer der Vaterlands-
liebe brannte, welches geſunkene Völker wieder aufzurichten vermag, ſon-
*) Wir verweiſen auf den Wiener Brief ◬, der wohl am beſten unter-
richtet iſt.
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(2022-09-16T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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