Allgemeine Zeitung, Nr. 10, 10. Januar 1872.[Spaltenumbruch]
Politiker für bloßen Machiuvellismus, dieses ihr Gerede für bloße Heuchelei neh- Rumänien. Bukarest, 2 Jan. Die Schlacht ist geschlagen und der Sieg in der Industrie, Handel und Verkehr. ** Frankfurt a. M., 7 Jan. (Börsenwoche.) Der Geldmarkt ist, wie es * London, 6 Jan. (Handelsübersicht der Woche.) Wie vorauszusehen (Bayerisches 41/2proc. Militär-Anlehen von 1855.) Ziehung am 3 Jan. (Brüsseler Loose von 1853.) Ziehung am 31 Dec. Hauptpreise: Nr. 10923 25,000 Fr., Nr. 9851 10,000 Fr., Nr. 11018, 12402, 24713, 25511, 27032, 27755, 28937, 47586, 58221, 66590 a 900 Fr., Nr. 8405, 9325, 12091, 21365, 25896, 30940, 39387, 49008, 51864, 55570 a 500 Fr. (Mailänder 45Fr.-Loose von 1861) Bei der am 1 Jan vorgenommenen Ziehung wurden folgende Serien gezogen: 451, 958, 995, 2241, 2279, 2454, 3226, 3404, 3510, 3598, 3639, 5740, 5868, 6815 und 7079. Hauptpreise fielen auf Nr. 35 der Serie 2454 80,000 Fr., auf Nr. 26 der Serie 451 3[2]00 Fr., auf Nr. 44 der Serie 2454 und Nr. 42 der Serie 958 je 1000 Fr., auf Nr. 34 der Serie 2241, Nr. 25 der Serie 3404 und Nr. 16 der Serie 3510 je 400 Fr. Die Zahlung erfolgt am 1 Juli. * Habana, 5 Jan. Das Postdampfschiff des Nordd. Lloyd "Hannover," welches Neueste Posten. London, 8 Jan. Der Hof begibt sich morgen nach Osborne, und wird New-York, 7 Jan. Fisk, Director der Erie-Eisenbahn, wurde von [Spaltenumbruch]
Politiker für bloßen Machiuvellismus, dieſes ihr Gerede für bloße Heuchelei neh- Rumänien. ♋ Bukareſt, 2 Jan. Die Schlacht iſt geſchlagen und der Sieg in der Induſtrie, Handel und Verkehr. ** Frankfurt a. M., 7 Jan. (Börſenwoche.) Der Geldmarkt iſt, wie es * London, 6 Jan. (Handelsüberſicht der Woche.) Wie vorauszuſehen (Bayeriſches 4½proc. Militär-Anlehen von 1855.) Ziehung am 3 Jan. (Brüſſeler Looſe von 1853.) Ziehung am 31 Dec. Hauptpreiſe: Nr. 10923 25,000 Fr., Nr. 9851 10,000 Fr., Nr. 11018, 12402, 24713, 25511, 27032, 27755, 28937, 47586, 58221, 66590 à 900 Fr., Nr. 8405, 9325, 12091, 21365, 25896, 30940, 39387, 49008, 51864, 55570 à 500 Fr. (Mailänder 45Fr.-Looſe von 1861) Bei der am 1 Jan vorgenommenen Ziehung wurden folgende Serien gezogen: 451, 958, 995, 2241, 2279, 2454, 3226, 3404, 3510, 3598, 3639, 5740, 5868, 6815 und 7079. Hauptpreiſe fielen auf Nr. 35 der Serie 2454 80,000 Fr., auf Nr. 26 der Serie 451 3[2]00 Fr., auf Nr. 44 der Serie 2454 und Nr. 42 der Serie 958 je 1000 Fr., auf Nr. 34 der Serie 2241, Nr. 25 der Serie 3404 und Nr. 16 der Serie 3510 je 400 Fr. Die Zahlung erfolgt am 1 Juli. * Habana, 5 Jan. Das Poſtdampfſchiff des Nordd. Lloyd „Hannover,“ welches Neueſte Poſten. London, 8 Jan. Der Hof begibt ſich morgen nach Osborne, und wird New-York, 7 Jan. Fisk, Director der Erie-Eiſenbahn, wurde von <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jComment" n="3"> <p><pb facs="#f0008" n="136"/><cb/> Politiker für bloßen Machiuvellismus, dieſes ihr Gerede für bloße Heuchelei neh-<lb/> men. Der König hält es in der That für anſtändig dem Papſt, den er entthront<lb/> hat und der ihm dafür keine Injurie ſchenkt, zum Neujahr ehrfurchtsvolle Grüße<lb/> zu ſchicke Und die italieniſchen Staatsmänner meinen im Ernſte: die katholiſche<lb/> Religion nicht alterirt zu haben indem ſie die weltliche Papſtherrſchaft zu Falle<lb/> brachten. Und der König und ſeine Staatsmänner wünſchen ganz aufrichtig mit<lb/> dem Papſt und der Kirche in Friede und Freundſchaft zu leben. Daß das Papſt-<lb/> thum die Verneinung des Königreichs Italien und ſeiner Freiheit iſt, daß es zwi-<lb/> ſchen beiden keine Verſöhnung geben kann, das ſehen ſie nicht und wollen ſie nicht<lb/> ſehen. — Durch den Telegraphen wiſſen Sie bereits daß Hr. v. Dönniges, der<lb/> Geſandte Bayerns am italieniſchen Hofe, geſtern durch einen überraſchend ſchnellen<lb/> Tod dahingerafft worden iſt. Er lag ſeit zwei Wochen an den ſchwarzen Blattern<lb/> darnieder, allein die Krankheit ſchien einen gutartigen Verlauf zu nehmen, und<lb/> keinem der zahlreichen Freunde die der liebenswürdige Diplomat und geiſtvolle<lb/> Gelehrte in der kurzen Zeit ſeines hieſigen Aufenthaltes ſich gewonnen hatte, war<lb/> eine Ahnung aufgeſtiegen daß er ſo plötzlich verſchwinden könnte von der Stelle<lb/> die er in dem diplomatiſchen Corps und in der hieſigen Geſellſchaft ſo wohl aus-<lb/> füllte. Die Leiche iſt heut in größter Stille auf dem proteſtantiſchen Kirchhofe<lb/> beigeſetzt worden. Ihr Blatt wird ohne Zweifel aus kundiger Feder eine ausführ-<lb/> liche Schilderung des Lebensganges eines Mannes geben der einen ſo bedeutſamen<lb/> Antheil an den bayeriſchen Dingen während der letzten Jahrzehnte gehabt hat.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Rumänien.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>♋ <hi rendition="#b">Bukareſt,</hi> 2 Jan.</dateline><lb/> <p>Die Schlacht iſt geſchlagen und der Sieg in der<lb/> Eiſenbahnfrage der Regierung zugefallen. Heute hat die Kammer das (in Nr. 2<lb/> der Allg. Ztg. mitgetheilte) Project der Commiſſions-Mehrheit mit 75 gegen 48<lb/> Stimmen angenommen. Bei der vorangegangenen artikelweiſen Debatte wurden<lb/> einige Modiſicationen vorgenommen, welche indeſſen nicht weſentlich ſind, ſo z. B.<lb/> daß die vom Staate garantirten Zinſen alljährlich in das Staatsbudget eingeſtellt<lb/> werden ſollen, ohne daß ein ſpecielles Unterpfand feſtgeſtellt worden iſt. Einige<lb/> der Modificationen ſind ſogar günſtig für die Actionäre. So iſt ihnen z. B.<lb/> zur Beendigung einzelner Bahnen eine längere Bauzeit zugeſtanden. Nach<lb/> der Abſtimmung ſprach der Miniſterpräſident der Kammer ſeine dankende Aner-<lb/> kennung aus „für ihr patriotiſches Votum, durch welches das Land großen Gefah-<lb/> ren entgangen.“ „Wir werden uns beſtreben — ſchloß der Miniſter — mit der<lb/> Frage ganz fertig zu werden, und auch ſelbſt die Herren der Minderheit werden,<lb/> wenn ſie erſt im Eiſenbahnwagen ſitzen, allen Groll vergeſſen.“ Letztere Aeußerung<lb/> bezieht ſich auf die Abreiſe vieler Deputirten in ihre Heimath, für welche auf mor-<lb/> gen ein Sonder-Eiſenbahnzug beſtellt iſt. Die Kammer vertagt ſich morgen wegen<lb/> der Weihnachtsfeiertage des orthodoxen Bekenntniſſes, und tritt erſt am 27 Jan.<lb/> wieder zuſammen. Bis dahin werden die Obligationsbeſitzer in Berlin, woſelbſt<lb/> am 26 Jan. eine Generalverſammlung ſtattſindet, ſich zu entſcheiden haben ob ſie<lb/> die Convention oder die Converſion annehmen, unter welchen beiden ihnen das<lb/> heutige Kammervotum die Wahl läßt. Nehmen ſie die Convention an, ſo müſſen<lb/> ſie die Bahnen unter den vorgeſchriebenen Bedingungen beenden. Nehmen ſie die<lb/> Converſion an, ſo verpflichtet ſich der rumäniſche Staat ihnen während 49 Jahren<lb/> eine Annuität von 11,800,000 Francs zu zahlen, was einer Verzinſung des Nomi-<lb/> nalcapitals mit etwa 4¼ Procent gleichkommt.</p> </div> </div> </div><lb/> <div type="jFinancialNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Induſtrie, Handel und Verkehr.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>** <hi rendition="#b">Frankfurt a. M.,</hi> 7 Jan.</dateline><lb/> <head>(<hi rendition="#g">Börſenwoche.</hi>)</head><lb/> <p>Der Geldmarkt iſt, wie es<lb/> ſcheint, durch den Januarcoupon von dem Alp befreit worden der zu Ende des Jahres<lb/> mit ungeheurem Druck auf ihm laſtete. Die Börſe verkehrte in der erſten Woche des<lb/> Jahres in einer ſo gehobenen Stimmung, daß man meinen ſollte Jupiter habe über<lb/> ſeine Dana<hi rendition="#aq">ë</hi> einen nicht enden wollenden Goldregen ausgeſchüttet. Daß die Speculation ein<lb/> ſolches Ereigniß ausnützt und ohne Furcht ſich den Strömungen des günſtigen Augenblicks<lb/> überläßt, iſt ſelbſtverſtändlich. Ohne Wahl und ohne Qual gieng man mit Wien und Berlin<lb/> immer höher, und ſelbſt die Vorſichtigen ſetzten ſich keine Schranken; was Wien ſchickte, wurde<lb/> willig und gläubig aufgenommen, und das Wort „Mobbel“ florirte wieder ſo ſtegreich und<lb/> niederſchmetternd wie in den goldenen Tagen nach dem Falle von Sebaſtopol und dem Pa-<lb/> riſer Frieden. Nach Gründen hat man indeſſen bei dieſer Hauſſe immer noch gefragt, und<lb/> dießmal waren ſie nicht billig wie die Brombeeren, ſondern man ſuchte und fand ſie in<lb/> den Gerüchten welche über die günſtige Geſchäftsgebahrung der Creditanſtalt in Wien ver-<lb/> breitet und hier mit großem Behagen aufgenommen wurden. Man gieng natürlich aber-<lb/> mals höher, und ſcheint, wie die Sachen jetzt liegen, den Creditactien einen unbeſchränkten<lb/> Credit gewähren zu wollen. Schon in voriger Woche glaubte man der Höhepunkt ſei mit<lb/> 330 überſchritten, heut iſt man der Anſicht daß der geſtrige Curs von 341¼ nicht der<lb/> höchſte bleiben werde. Die Anſtalt hat ſicherlich noch Vorrath an ſchwebenden Geſchäften,<lb/> die man in der jetzt gtrade anßerordentlich günſtigen Periode zum Abſchluß zu bringen ſich<lb/> beeilen wird. Auch Staatsbahn hat nun endlich den 400r überſprungen. Der Sprung hat ihr ſchwer<lb/> gehalten, und was alle guten und ausgezeichneten Wocheneinnahmen nicht bewirken konnten, das<lb/> erzielte eben auch nur wieder ein Gerücht, wonach die Bergwerke der Geſellſchaft unter vortheil-<lb/> haften Bedingungen in fremde Hände übergegangen ſein ſollen. Der Curs von 401½ dürfte<lb/> noch weitere Fortſchritte machen, namentlich wenn die rumäniſche Bahnangelegenheit zu<lb/> einem deſinitiven Abſchluß gelaugt. Nur Lombarden haben keinen Fortſchritt gemacht, hiel-<lb/> ten ſich aber mit 313½—¼ nahezu auf ihrem vorwöchigen Curſe. Die allgemeine<lb/> Stimmung war zu günſtig, als daß irgend ein Speculationspapier hätte ganz leer aus-<lb/> gehen können, und ſo haben denn auch faſt alle öſterreichiſch-ungariſchen Eiſenbahnen größere<lb/> und kleinere Preisaufbefferungen aufzuweiſen; böhmiſche Weſtbahn gewann 9, Galizier 7,<lb/> Eliſabeth 6½, Vorarlberger 4 Gulden u. ſ. w. Hinter der Speculation iſt, was Kaufluſt<lb/> und Animo anlangt, der ſolide Anlagemarkt kaum zurückgeblieden. Die Luſt iſt ſo erſtarkt<lb/> und die Gelegenheit ſcheint ſo günſtig, daß die Speculation theilweiſe verſucht iſt auch nach<lb/> alten vergeſſenen Deviſen des Capitalmarktes für ihre Zwecke zurückzugreifen. Dieſes Wun-<lb/> der geſchah unter anderen in öſterreichiſcher Silberrente, welche zum Verwundern aller<lb/> kleinen und großen Geiſter plötzlich zum gefeierten Gegenſtand mächtiger Umſätze wurde,<lb/> und im raſcheſten Tempo bis zu 64¼ Proc hinaufgetrieben ward. Noch vor eiuigen<lb/> Wochen war dieſer Werth total vernachläſſigt, und man ſprach bei einem Curs von 52—53<lb/> Proc., halb von Mitleid gerührt, über die verrottete Finanzwir hſchaſt Oeſterceichs, deſſen Werthe<lb/> ſich nur dinch die hohen Zjnſen halten könnten; heute hält man dasſelbe Papier mit 64½<lb/> Proc. noch für ſteigerungsſähig Ueber dergleichen Erſcheinungen darf man ſich aber ja<lb/> nicht wundern, denn der Börſe geht bei ihren Werthmeſſungen ſehr oft die Univerſalität ab, indem<lb/> ſie heute dieſen, morgen jenen Werth wie nach Laune zu ihrem Idol erhebt, das ſie dann ebenſo<lb/> ſchnell wieder fallen läßt. In einem recht lehrreichen Contraſt zur Silbecrente ſteht gegenwärtig<lb/> die ungariſche Staats-Eiſenbahn Anleihe von 1863. Während Silberreute zum Curſe von 64½<lb/> Proc. nur etwas mehr als 5 Proc. Zinſen abwirft, gibt die ungariſche Eiſenbahnanleihe zum<lb/> Curſe von 79¼ Proc. eine Rente von mehr als 6 Proc. in Silber und iſt für alle Zeiten<lb/> ſteuetſrei. Außerdem wird ſie jährlich zweimal zum Nennwerth verloost, und iſt überdieß<lb/> noch durch Berpfändung fämmtlicher ungariſchen Staatseiſenbahnen hyyothekariſch ſicher ge-<lb/> ſtillt. Den Schluß mögen ſich Speculation und Capital ſelber ziehen Auch öſterreichiſche<lb/> Papierrente hat weſentlich angezogen, und iſt zu 54—55 Proc. im Vergleich mit der<lb/><cb/> Silberrente noch nicht zu theuer. Die conſolidirten ruſſiſchen Obligationen haben ſich<lb/> von den Aulehensgerüchten wieder vollſtändig erholt und ſind zu ihren gegenwärtigen Curfen<lb/> (1870er 83¼, 1871er 87¼ Proc.) noch ſehr billig. Daß ruſſiche Pfandbriefe zu 94¼ Proc.<lb/> noch ſteigerungsfähig ſind, iſt bei der großen Beliebtheit dieſes Werthes und ſeinem ausgedehnten<lb/> Markte die allgemeine Anſicht. Spanier haben ſich um Bruchtheile über dem 32er feſt gehal-<lb/> ten und auf ſtändige Nachfrage etwas angezogen. Nordamerikaner werden nur noch als<lb/> Anlagepapier geſucht; 1881er wiederum höher; die Jahrgänge von 1834 aufwärts ſind<lb/> geſuchter und haben um Bruchiheile angezogen. New-Yorker Stadtanleihe wieder gefragter und<lb/> höher. Deutſche Staatspapiere ſind auf ihren hohen Curſen ſtationär; 5proc. badiſche und<lb/> württembergiſche notiren 108¼ und <formula notation="TeX">\frac{1}{8}</formula>, ſind aber nur ſelten zu haben; 4½ proc. ſind zu ihrem<lb/> gegenwärtigen Curſe viel zu hoch, als daß ſie beſonders in Frage ſtehen könnten. Die Conſo-<lb/> lidation der 4½proc. preußiſchen Staatsobligationen geht mit dem 15 d. M. zu Ende.<lb/> Bei dem hieſtgen Hauſe M. A. v. Rothſchild ſind auch aus Süddeutſchland remarquable<lb/> Summen angemeldet worden, was ein Beweis ſein dürfte daß auch in Finanzfragen das<lb/> Eis des Particularismus durchbrochen iſt, und der Gegenſatz zwiſchen ſüddentſchen und<lb/> norddeutſchen Papieren nicht mehr in die Wagſchale der Beurtheilung fallen wird. Großer<lb/> Verkehr herrſchte in öſterreichiſchen Prämienlooſen, von denen 1860er nach und nach wieder<lb/> in den Bereich der Speculation gezogen werden; die ſteigende Nachſrage hat einen Auf-<lb/> ſchwung dieſes Werthes bewirkt den man ſo bald nicht vermuthet hätte. Auch<lb/> die anderen öſterreichiſchen Looſe zeigten mehr Leden, und ebenſo ſind ungariſche<lb/> nicht unweſentlich höher gegangen. Köln - Mindener blieben zu 97½ Procent be-<lb/> liebt und feſt. Der Erfolg der Subſctiption auf die neuen 4½ procentigen Pfandbriefe<lb/> der preußiſchen Ceatral Bodenereditgeſellſchaft war, wie vorauszaſehen, ein durchſchlagender;<lb/> es wurden auf die aufgelegten 5 Mill onen über 140 Millionen gezeichnet; in Berlin ſteht<lb/> das Papier bereits 2 Proc. Agio. In Bankactien haben weniger bedeutende Umſätze ſtatt-<lb/> gefunden. Darmſtädter behaupten noch immer den Vorrang im Verkehr und wurden bis<lb/> zu 444 exel. Dio. wieder hinaufgeſchnellt. Nimmt man die Dividende zu 25 fl. an, ſo<lb/> ſtehen ſie dem höchſten je innegehabten Curs bis auf 2 Gulden wieder gleich Auch<lb/> Meininger Bank hält zu avancirtem Curſe beliebt und feſt. Von den jüngeren Gründun-<lb/> gen hat Provincial-Disconto von ihrem Präſtigium nichts verloren, und wurde bis zu 132<lb/> gefragt Von hieſigen bleibt Bankoerein fortwährend geſucht; auch Vereinsbank beliebt.<lb/> Auswärt ge Banlſchöpſungen werden weniger beachtet; nur Brüſſeler begehrt und preis-<lb/> haltend. In deutſchen Eiſenbahnen war nur beſchränkter Verkehr, dagegen wurden in<lb/> Prioritäten große Umſätze bewirkt. Die Preiſe faſt aller Sorten haben angezogen, und<lb/> beim Mangel der beliebteſten griff man willig zu weniger beachteten Sorten, die in Folge<lb/> guter Nachſrage im Preiſe anzogen. Auch Livorneſer wurden abermals höher (bis zu<lb/> 40 Proc.) bezahlt. In nordamerikaniſchen Goloprioritäten war das Geſchäft ebenfalls ſehr<lb/> belebt, und der hohe Zinsfuß übt ſelbſt bei dem gegenwärtig vorgerückten Curſe noch immer<lb/> ſeine Anziehungskraft. Ob die hohen Curſe bleiben werden wenn das Material erſt gänz-<lb/> lich in den Händen des Privatpublicums ſich befindet, iſt eine andere Frage; wir glauben<lb/> wiederholt auf die Stimmen anfmerkſam machen zu ſollen welche über dieſe Werthe aus<lb/> dem Mutterlande ſelbſt zu uns herüberdrängen. Neue Einſührungen von dergleichen<lb/> Werthen ſtehen in nächſter Zeit in größerer Anzahl bevor. Der Wechſelmarkt war ſehr<lb/> belebt; Wien in ſtarker Frage und ſteigend; London und Paris gleichfalls höher. Geld-<lb/> ſtand etwas flüſſiger, Disconto zu 3½ Proc. erhältlich.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>* <hi rendition="#b">London,</hi> 6 Jan.</dateline><lb/> <head>(<hi rendition="#g">Handelsüberſicht der Woche.</hi>)</head><lb/> <p>Wie vorauszuſehen<lb/> war, iſt mit dem Beginn des nenen Jahres die Urfache für die Spannung des Geldmarktes<lb/> unmittelbar vor dem Jahresſchluß geſchwunden, und ſomit hat auch die Spannung ſelbſt<lb/> ihr Ende. Der offene Markt zeigt wieder weichende Tendenz, und obwohl der letzt-<lb/> wöchige Bankausweis etwas ungünſtiger war als der vorwöchige, gieng die Minimalrate<lb/> auf 2<formula notation="TeX">\frac{5}{8}</formula> zurück, und allerfeinſtes Papier wurde ſtellenweiſe ſogar zu noch günſtigeren Be-<lb/> dingungen begeben. Was die Schwächung in der Poſition der Bank anbetrifft, ſo iſt die-<lb/> ſelbe allen Anzeichen nach nur vorübergehender Natur, und nachdem die Dividende-Opera-<lb/> tionen vorüber ſind, wird ſich wahrſcheinlich herausſtellen daß die Bank beſſer daſteht als<lb/> kurz vor Jahresſchluß. An der Fondsbörſe iſt das Hauptereigniß der Woche die endlich<lb/> erfolgte Emiſſion der ungariſchen Anleihe. Die Bedingungen ſind genugſam bekanut, und<lb/> es genügt hinzuzuſügen daß der geforderte Betrag, wie verlantet, bedeutend überzeichnet<lb/> wurde, und daß die Notirung aufangs ſich auf 2—2¼ Procent Prämie ſtellte; ſpäter je-<lb/> doch auf 1<formula notation="TeX">\frac{3}{8}</formula>—<formula notation="TeX">\frac{5}{8}</formula> zurückgieng. Was das Geſchäft in den ältern Werthen anbetrifft, ſo<lb/> ſetzte die Woche feſt und lebhaſt ein, dann jedoch ergab ſich durch ſpeculative Realiſationen<lb/> und durch niedrigete continentale Curſe eine Reaction, deren Schärfe durch die ſtetigen Opera-<lb/> tionen des Anlagecapitals gebrochen wurde. Während der erſten Wochenhälfte, wo die leb-<lb/> hafte Haltung vorherrſchte, wandte die Aufmerkſamkeit auf den auswärtigen Märkten ſich<lb/> hauptſächlich Türken, Aegyptiern und Amerikanern zu, und dieſe waren es auch die unter<lb/> dem ſpätern Rückſchlag am meiſten zu leiden hatten — An der Wechſelbörſe herrſchte eine<lb/> gute Frage für continentale Deviſen, aber eine weſentliche Veränderung gegen die Curſe<lb/> letzter Poſt ergab ſich nicht. Auf dem Metallmarkt herrſcht kein ſehr ſtarker Goldbegehr, und<lb/> nur in kleineren Poſten fanden Transactionen ſtatt. Die ganze Einfuhr, 407,000 Pf. St.,<lb/> floß in die Bank, welcher andrerſeits 32,000 Pf. St. für Ausfuhr nach Indien entnom-<lb/> men wurden. Auf dem Silbermarkt hat ſich die Frage gebeſſert; bei einer Einfuhr<lb/> von 50,000 Pf. St. wurden etwa 130,000 Pf. St. ausgeführt, und die Notirung<lb/> ſtellt ſich auf 60<formula notation="TeX">\frac{5}{8}</formula>—¾ P. — Der Getreidemerkt war dieſe Woche hindurch verhältniß-<lb/> mäßig feſt, indeſſen blieben die Umſätze für alle Sorten unbedeutend. Weizen war in<lb/> Folge ſtarken ausländiſchen Angebots ebenſo wie Weizenmehl etwas ſchleppend; aber Haſer<lb/> und Gerſte waren in beſſerer Frage. Einſuhr der Woche: 17,620 Quarter Weizen,<lb/> 11,590 Q. Gerſte, 27,360 Q. Hafer und 2670 Faß Mehl. — Der Liverpooler Baum-<lb/> wollmarkt geſtaltete ſich ſeit Dienſtag lebhaft, und die Notirungen giengen angeſichts gerin-<lb/> ger amerikaniſcher Zufuhr ¼ P. in die Höhe. Geſammtabſatz der Auctionen 103,090 B.,<lb/> wovon 32,560 B. an Speculanten und Exporteurs. Einfuhr 83,356 B.; wirkliche Aus-<lb/> fuhr 10,433 B.; Lagervorrath 569,740 B.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>(<hi rendition="#g">Bayeriſches 4½proc. Militär-Anlehen von</hi> 1855.)</head><lb/> <p>Ziehung am 3 Jan.<lb/> End-Nrn. 27, 53, 64, 69. Alle Obligationen dieſes Anlehens, deren ſchwarz geſchriebene.<lb/> Kataſternummern mit einer der vorbezeichneten Zahlen endigten, ſind zur Heimzahlung<lb/> beſtimmt.</p><lb/> <list> <item>(<hi rendition="#g">Brüſſeler Looſe von</hi> 1853.) Ziehung am 31 Dec. Hauptpreiſe: Nr. 10923<lb/> 25,000 Fr., Nr. 9851 10,000 Fr., Nr. 11018, 12402, 24713, 25511, 27032, 27755,<lb/> 28937, 47586, 58221, 66590 <hi rendition="#aq">à</hi> 900 Fr., Nr. 8405, 9325, 12091, 21365, 25896,<lb/> 30940, 39387, 49008, 51864, 55570 <hi rendition="#aq">à</hi> 500 Fr.</item><lb/> <item>(<hi rendition="#g">Mailänder 45Fr.-Looſe von</hi> 1861) Bei der am 1 Jan vorgenommenen<lb/> Ziehung wurden folgende Serien gezogen: 451, 958, 995, 2241, 2279, 2454, 3226,<lb/> 3404, 3510, 3598, 3639, 5740, 5868, 6815 und 7079. Hauptpreiſe fielen auf Nr. 35<lb/> der Serie 2454 80,000 Fr., auf Nr. 26 der Serie 451 3<supplied cert="low">2</supplied>00 Fr., auf Nr. 44 der Serie<lb/> 2454 und Nr. 42 der Serie 958 je 1000 Fr., auf Nr. 34 der Serie 2241, Nr. 25 der<lb/> Serie 3404 und Nr. 16 der Serie 3510 je 400 Fr. Die Zahlung erfolgt am 1 Juli.</item> </list> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>* <hi rendition="#b">Habana,</hi> 5 Jan.</dateline><lb/> <p>Das Poſtdampfſchiff des Nordd. Lloyd „Hannover,“ welches<lb/> am 7 Dec. von Bremen und am 10 Dec. von Southampton abgieng, iſt am 24 Dec.<lb/> Nachmittags in St. Thomas und am 29 Dec. 3 Uhr Morgens in Colon angekommen. —<lb/> Das Poſtdampfſchiff des Nordd. Lloyd „König Wilhelm 1,“ welches am 31 Dec. von<lb/> Colon abgegaugen war, verließ am 29 desſelben Monats den Hafen von St. Thomas<lb/> wieder, um ſeine Rückreiſe nach Bremen über Southampton fortzuſetzen.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Neueſte Poſten.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 8 Jan.</dateline><lb/> <p>Der Hof begibt ſich morgen nach Osborne, und wird<lb/> in etwa 14 Tagen nach Windſor zurückkehren. Die Prinzeſſin Ludwig von Heſſen<lb/> wird heut ihre Rückreiſe nach Darmſtadt antreten. (T. N.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">New-York,</hi> 7 Jan.</dateline><lb/> <p>Fisk, Director der Erie-Eiſenbahn, wurde von<lb/> einem gewiſſen Stokes durch einen Piſtolenſchuß tödtlich verwundet. (T. N.)</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [136/0008]
Politiker für bloßen Machiuvellismus, dieſes ihr Gerede für bloße Heuchelei neh-
men. Der König hält es in der That für anſtändig dem Papſt, den er entthront
hat und der ihm dafür keine Injurie ſchenkt, zum Neujahr ehrfurchtsvolle Grüße
zu ſchicke Und die italieniſchen Staatsmänner meinen im Ernſte: die katholiſche
Religion nicht alterirt zu haben indem ſie die weltliche Papſtherrſchaft zu Falle
brachten. Und der König und ſeine Staatsmänner wünſchen ganz aufrichtig mit
dem Papſt und der Kirche in Friede und Freundſchaft zu leben. Daß das Papſt-
thum die Verneinung des Königreichs Italien und ſeiner Freiheit iſt, daß es zwi-
ſchen beiden keine Verſöhnung geben kann, das ſehen ſie nicht und wollen ſie nicht
ſehen. — Durch den Telegraphen wiſſen Sie bereits daß Hr. v. Dönniges, der
Geſandte Bayerns am italieniſchen Hofe, geſtern durch einen überraſchend ſchnellen
Tod dahingerafft worden iſt. Er lag ſeit zwei Wochen an den ſchwarzen Blattern
darnieder, allein die Krankheit ſchien einen gutartigen Verlauf zu nehmen, und
keinem der zahlreichen Freunde die der liebenswürdige Diplomat und geiſtvolle
Gelehrte in der kurzen Zeit ſeines hieſigen Aufenthaltes ſich gewonnen hatte, war
eine Ahnung aufgeſtiegen daß er ſo plötzlich verſchwinden könnte von der Stelle
die er in dem diplomatiſchen Corps und in der hieſigen Geſellſchaft ſo wohl aus-
füllte. Die Leiche iſt heut in größter Stille auf dem proteſtantiſchen Kirchhofe
beigeſetzt worden. Ihr Blatt wird ohne Zweifel aus kundiger Feder eine ausführ-
liche Schilderung des Lebensganges eines Mannes geben der einen ſo bedeutſamen
Antheil an den bayeriſchen Dingen während der letzten Jahrzehnte gehabt hat.
Rumänien.
♋ Bukareſt, 2 Jan.
Die Schlacht iſt geſchlagen und der Sieg in der
Eiſenbahnfrage der Regierung zugefallen. Heute hat die Kammer das (in Nr. 2
der Allg. Ztg. mitgetheilte) Project der Commiſſions-Mehrheit mit 75 gegen 48
Stimmen angenommen. Bei der vorangegangenen artikelweiſen Debatte wurden
einige Modiſicationen vorgenommen, welche indeſſen nicht weſentlich ſind, ſo z. B.
daß die vom Staate garantirten Zinſen alljährlich in das Staatsbudget eingeſtellt
werden ſollen, ohne daß ein ſpecielles Unterpfand feſtgeſtellt worden iſt. Einige
der Modificationen ſind ſogar günſtig für die Actionäre. So iſt ihnen z. B.
zur Beendigung einzelner Bahnen eine längere Bauzeit zugeſtanden. Nach
der Abſtimmung ſprach der Miniſterpräſident der Kammer ſeine dankende Aner-
kennung aus „für ihr patriotiſches Votum, durch welches das Land großen Gefah-
ren entgangen.“ „Wir werden uns beſtreben — ſchloß der Miniſter — mit der
Frage ganz fertig zu werden, und auch ſelbſt die Herren der Minderheit werden,
wenn ſie erſt im Eiſenbahnwagen ſitzen, allen Groll vergeſſen.“ Letztere Aeußerung
bezieht ſich auf die Abreiſe vieler Deputirten in ihre Heimath, für welche auf mor-
gen ein Sonder-Eiſenbahnzug beſtellt iſt. Die Kammer vertagt ſich morgen wegen
der Weihnachtsfeiertage des orthodoxen Bekenntniſſes, und tritt erſt am 27 Jan.
wieder zuſammen. Bis dahin werden die Obligationsbeſitzer in Berlin, woſelbſt
am 26 Jan. eine Generalverſammlung ſtattſindet, ſich zu entſcheiden haben ob ſie
die Convention oder die Converſion annehmen, unter welchen beiden ihnen das
heutige Kammervotum die Wahl läßt. Nehmen ſie die Convention an, ſo müſſen
ſie die Bahnen unter den vorgeſchriebenen Bedingungen beenden. Nehmen ſie die
Converſion an, ſo verpflichtet ſich der rumäniſche Staat ihnen während 49 Jahren
eine Annuität von 11,800,000 Francs zu zahlen, was einer Verzinſung des Nomi-
nalcapitals mit etwa 4¼ Procent gleichkommt.
Induſtrie, Handel und Verkehr.
** Frankfurt a. M., 7 Jan.
(Börſenwoche.)
Der Geldmarkt iſt, wie es
ſcheint, durch den Januarcoupon von dem Alp befreit worden der zu Ende des Jahres
mit ungeheurem Druck auf ihm laſtete. Die Börſe verkehrte in der erſten Woche des
Jahres in einer ſo gehobenen Stimmung, daß man meinen ſollte Jupiter habe über
ſeine Danaë einen nicht enden wollenden Goldregen ausgeſchüttet. Daß die Speculation ein
ſolches Ereigniß ausnützt und ohne Furcht ſich den Strömungen des günſtigen Augenblicks
überläßt, iſt ſelbſtverſtändlich. Ohne Wahl und ohne Qual gieng man mit Wien und Berlin
immer höher, und ſelbſt die Vorſichtigen ſetzten ſich keine Schranken; was Wien ſchickte, wurde
willig und gläubig aufgenommen, und das Wort „Mobbel“ florirte wieder ſo ſtegreich und
niederſchmetternd wie in den goldenen Tagen nach dem Falle von Sebaſtopol und dem Pa-
riſer Frieden. Nach Gründen hat man indeſſen bei dieſer Hauſſe immer noch gefragt, und
dießmal waren ſie nicht billig wie die Brombeeren, ſondern man ſuchte und fand ſie in
den Gerüchten welche über die günſtige Geſchäftsgebahrung der Creditanſtalt in Wien ver-
breitet und hier mit großem Behagen aufgenommen wurden. Man gieng natürlich aber-
mals höher, und ſcheint, wie die Sachen jetzt liegen, den Creditactien einen unbeſchränkten
Credit gewähren zu wollen. Schon in voriger Woche glaubte man der Höhepunkt ſei mit
330 überſchritten, heut iſt man der Anſicht daß der geſtrige Curs von 341¼ nicht der
höchſte bleiben werde. Die Anſtalt hat ſicherlich noch Vorrath an ſchwebenden Geſchäften,
die man in der jetzt gtrade anßerordentlich günſtigen Periode zum Abſchluß zu bringen ſich
beeilen wird. Auch Staatsbahn hat nun endlich den 400r überſprungen. Der Sprung hat ihr ſchwer
gehalten, und was alle guten und ausgezeichneten Wocheneinnahmen nicht bewirken konnten, das
erzielte eben auch nur wieder ein Gerücht, wonach die Bergwerke der Geſellſchaft unter vortheil-
haften Bedingungen in fremde Hände übergegangen ſein ſollen. Der Curs von 401½ dürfte
noch weitere Fortſchritte machen, namentlich wenn die rumäniſche Bahnangelegenheit zu
einem deſinitiven Abſchluß gelaugt. Nur Lombarden haben keinen Fortſchritt gemacht, hiel-
ten ſich aber mit 313½—¼ nahezu auf ihrem vorwöchigen Curſe. Die allgemeine
Stimmung war zu günſtig, als daß irgend ein Speculationspapier hätte ganz leer aus-
gehen können, und ſo haben denn auch faſt alle öſterreichiſch-ungariſchen Eiſenbahnen größere
und kleinere Preisaufbefferungen aufzuweiſen; böhmiſche Weſtbahn gewann 9, Galizier 7,
Eliſabeth 6½, Vorarlberger 4 Gulden u. ſ. w. Hinter der Speculation iſt, was Kaufluſt
und Animo anlangt, der ſolide Anlagemarkt kaum zurückgeblieden. Die Luſt iſt ſo erſtarkt
und die Gelegenheit ſcheint ſo günſtig, daß die Speculation theilweiſe verſucht iſt auch nach
alten vergeſſenen Deviſen des Capitalmarktes für ihre Zwecke zurückzugreifen. Dieſes Wun-
der geſchah unter anderen in öſterreichiſcher Silberrente, welche zum Verwundern aller
kleinen und großen Geiſter plötzlich zum gefeierten Gegenſtand mächtiger Umſätze wurde,
und im raſcheſten Tempo bis zu 64¼ Proc hinaufgetrieben ward. Noch vor eiuigen
Wochen war dieſer Werth total vernachläſſigt, und man ſprach bei einem Curs von 52—53
Proc., halb von Mitleid gerührt, über die verrottete Finanzwir hſchaſt Oeſterceichs, deſſen Werthe
ſich nur dinch die hohen Zjnſen halten könnten; heute hält man dasſelbe Papier mit 64½
Proc. noch für ſteigerungsſähig Ueber dergleichen Erſcheinungen darf man ſich aber ja
nicht wundern, denn der Börſe geht bei ihren Werthmeſſungen ſehr oft die Univerſalität ab, indem
ſie heute dieſen, morgen jenen Werth wie nach Laune zu ihrem Idol erhebt, das ſie dann ebenſo
ſchnell wieder fallen läßt. In einem recht lehrreichen Contraſt zur Silbecrente ſteht gegenwärtig
die ungariſche Staats-Eiſenbahn Anleihe von 1863. Während Silberreute zum Curſe von 64½
Proc. nur etwas mehr als 5 Proc. Zinſen abwirft, gibt die ungariſche Eiſenbahnanleihe zum
Curſe von 79¼ Proc. eine Rente von mehr als 6 Proc. in Silber und iſt für alle Zeiten
ſteuetſrei. Außerdem wird ſie jährlich zweimal zum Nennwerth verloost, und iſt überdieß
noch durch Berpfändung fämmtlicher ungariſchen Staatseiſenbahnen hyyothekariſch ſicher ge-
ſtillt. Den Schluß mögen ſich Speculation und Capital ſelber ziehen Auch öſterreichiſche
Papierrente hat weſentlich angezogen, und iſt zu 54—55 Proc. im Vergleich mit der
Silberrente noch nicht zu theuer. Die conſolidirten ruſſiſchen Obligationen haben ſich
von den Aulehensgerüchten wieder vollſtändig erholt und ſind zu ihren gegenwärtigen Curfen
(1870er 83¼, 1871er 87¼ Proc.) noch ſehr billig. Daß ruſſiche Pfandbriefe zu 94¼ Proc.
noch ſteigerungsfähig ſind, iſt bei der großen Beliebtheit dieſes Werthes und ſeinem ausgedehnten
Markte die allgemeine Anſicht. Spanier haben ſich um Bruchtheile über dem 32er feſt gehal-
ten und auf ſtändige Nachfrage etwas angezogen. Nordamerikaner werden nur noch als
Anlagepapier geſucht; 1881er wiederum höher; die Jahrgänge von 1834 aufwärts ſind
geſuchter und haben um Bruchiheile angezogen. New-Yorker Stadtanleihe wieder gefragter und
höher. Deutſche Staatspapiere ſind auf ihren hohen Curſen ſtationär; 5proc. badiſche und
württembergiſche notiren 108¼ und [FORMEL], ſind aber nur ſelten zu haben; 4½ proc. ſind zu ihrem
gegenwärtigen Curſe viel zu hoch, als daß ſie beſonders in Frage ſtehen könnten. Die Conſo-
lidation der 4½proc. preußiſchen Staatsobligationen geht mit dem 15 d. M. zu Ende.
Bei dem hieſtgen Hauſe M. A. v. Rothſchild ſind auch aus Süddeutſchland remarquable
Summen angemeldet worden, was ein Beweis ſein dürfte daß auch in Finanzfragen das
Eis des Particularismus durchbrochen iſt, und der Gegenſatz zwiſchen ſüddentſchen und
norddeutſchen Papieren nicht mehr in die Wagſchale der Beurtheilung fallen wird. Großer
Verkehr herrſchte in öſterreichiſchen Prämienlooſen, von denen 1860er nach und nach wieder
in den Bereich der Speculation gezogen werden; die ſteigende Nachſrage hat einen Auf-
ſchwung dieſes Werthes bewirkt den man ſo bald nicht vermuthet hätte. Auch
die anderen öſterreichiſchen Looſe zeigten mehr Leden, und ebenſo ſind ungariſche
nicht unweſentlich höher gegangen. Köln - Mindener blieben zu 97½ Procent be-
liebt und feſt. Der Erfolg der Subſctiption auf die neuen 4½ procentigen Pfandbriefe
der preußiſchen Ceatral Bodenereditgeſellſchaft war, wie vorauszaſehen, ein durchſchlagender;
es wurden auf die aufgelegten 5 Mill onen über 140 Millionen gezeichnet; in Berlin ſteht
das Papier bereits 2 Proc. Agio. In Bankactien haben weniger bedeutende Umſätze ſtatt-
gefunden. Darmſtädter behaupten noch immer den Vorrang im Verkehr und wurden bis
zu 444 exel. Dio. wieder hinaufgeſchnellt. Nimmt man die Dividende zu 25 fl. an, ſo
ſtehen ſie dem höchſten je innegehabten Curs bis auf 2 Gulden wieder gleich Auch
Meininger Bank hält zu avancirtem Curſe beliebt und feſt. Von den jüngeren Gründun-
gen hat Provincial-Disconto von ihrem Präſtigium nichts verloren, und wurde bis zu 132
gefragt Von hieſigen bleibt Bankoerein fortwährend geſucht; auch Vereinsbank beliebt.
Auswärt ge Banlſchöpſungen werden weniger beachtet; nur Brüſſeler begehrt und preis-
haltend. In deutſchen Eiſenbahnen war nur beſchränkter Verkehr, dagegen wurden in
Prioritäten große Umſätze bewirkt. Die Preiſe faſt aller Sorten haben angezogen, und
beim Mangel der beliebteſten griff man willig zu weniger beachteten Sorten, die in Folge
guter Nachſrage im Preiſe anzogen. Auch Livorneſer wurden abermals höher (bis zu
40 Proc.) bezahlt. In nordamerikaniſchen Goloprioritäten war das Geſchäft ebenfalls ſehr
belebt, und der hohe Zinsfuß übt ſelbſt bei dem gegenwärtig vorgerückten Curſe noch immer
ſeine Anziehungskraft. Ob die hohen Curſe bleiben werden wenn das Material erſt gänz-
lich in den Händen des Privatpublicums ſich befindet, iſt eine andere Frage; wir glauben
wiederholt auf die Stimmen anfmerkſam machen zu ſollen welche über dieſe Werthe aus
dem Mutterlande ſelbſt zu uns herüberdrängen. Neue Einſührungen von dergleichen
Werthen ſtehen in nächſter Zeit in größerer Anzahl bevor. Der Wechſelmarkt war ſehr
belebt; Wien in ſtarker Frage und ſteigend; London und Paris gleichfalls höher. Geld-
ſtand etwas flüſſiger, Disconto zu 3½ Proc. erhältlich.
* London, 6 Jan.
(Handelsüberſicht der Woche.)
Wie vorauszuſehen
war, iſt mit dem Beginn des nenen Jahres die Urfache für die Spannung des Geldmarktes
unmittelbar vor dem Jahresſchluß geſchwunden, und ſomit hat auch die Spannung ſelbſt
ihr Ende. Der offene Markt zeigt wieder weichende Tendenz, und obwohl der letzt-
wöchige Bankausweis etwas ungünſtiger war als der vorwöchige, gieng die Minimalrate
auf 2[FORMEL] zurück, und allerfeinſtes Papier wurde ſtellenweiſe ſogar zu noch günſtigeren Be-
dingungen begeben. Was die Schwächung in der Poſition der Bank anbetrifft, ſo iſt die-
ſelbe allen Anzeichen nach nur vorübergehender Natur, und nachdem die Dividende-Opera-
tionen vorüber ſind, wird ſich wahrſcheinlich herausſtellen daß die Bank beſſer daſteht als
kurz vor Jahresſchluß. An der Fondsbörſe iſt das Hauptereigniß der Woche die endlich
erfolgte Emiſſion der ungariſchen Anleihe. Die Bedingungen ſind genugſam bekanut, und
es genügt hinzuzuſügen daß der geforderte Betrag, wie verlantet, bedeutend überzeichnet
wurde, und daß die Notirung aufangs ſich auf 2—2¼ Procent Prämie ſtellte; ſpäter je-
doch auf 1[FORMEL]—[FORMEL] zurückgieng. Was das Geſchäft in den ältern Werthen anbetrifft, ſo
ſetzte die Woche feſt und lebhaſt ein, dann jedoch ergab ſich durch ſpeculative Realiſationen
und durch niedrigete continentale Curſe eine Reaction, deren Schärfe durch die ſtetigen Opera-
tionen des Anlagecapitals gebrochen wurde. Während der erſten Wochenhälfte, wo die leb-
hafte Haltung vorherrſchte, wandte die Aufmerkſamkeit auf den auswärtigen Märkten ſich
hauptſächlich Türken, Aegyptiern und Amerikanern zu, und dieſe waren es auch die unter
dem ſpätern Rückſchlag am meiſten zu leiden hatten — An der Wechſelbörſe herrſchte eine
gute Frage für continentale Deviſen, aber eine weſentliche Veränderung gegen die Curſe
letzter Poſt ergab ſich nicht. Auf dem Metallmarkt herrſcht kein ſehr ſtarker Goldbegehr, und
nur in kleineren Poſten fanden Transactionen ſtatt. Die ganze Einfuhr, 407,000 Pf. St.,
floß in die Bank, welcher andrerſeits 32,000 Pf. St. für Ausfuhr nach Indien entnom-
men wurden. Auf dem Silbermarkt hat ſich die Frage gebeſſert; bei einer Einfuhr
von 50,000 Pf. St. wurden etwa 130,000 Pf. St. ausgeführt, und die Notirung
ſtellt ſich auf 60[FORMEL]—¾ P. — Der Getreidemerkt war dieſe Woche hindurch verhältniß-
mäßig feſt, indeſſen blieben die Umſätze für alle Sorten unbedeutend. Weizen war in
Folge ſtarken ausländiſchen Angebots ebenſo wie Weizenmehl etwas ſchleppend; aber Haſer
und Gerſte waren in beſſerer Frage. Einſuhr der Woche: 17,620 Quarter Weizen,
11,590 Q. Gerſte, 27,360 Q. Hafer und 2670 Faß Mehl. — Der Liverpooler Baum-
wollmarkt geſtaltete ſich ſeit Dienſtag lebhaft, und die Notirungen giengen angeſichts gerin-
ger amerikaniſcher Zufuhr ¼ P. in die Höhe. Geſammtabſatz der Auctionen 103,090 B.,
wovon 32,560 B. an Speculanten und Exporteurs. Einfuhr 83,356 B.; wirkliche Aus-
fuhr 10,433 B.; Lagervorrath 569,740 B.
(Bayeriſches 4½proc. Militär-Anlehen von 1855.)
Ziehung am 3 Jan.
End-Nrn. 27, 53, 64, 69. Alle Obligationen dieſes Anlehens, deren ſchwarz geſchriebene.
Kataſternummern mit einer der vorbezeichneten Zahlen endigten, ſind zur Heimzahlung
beſtimmt.
(Brüſſeler Looſe von 1853.) Ziehung am 31 Dec. Hauptpreiſe: Nr. 10923
25,000 Fr., Nr. 9851 10,000 Fr., Nr. 11018, 12402, 24713, 25511, 27032, 27755,
28937, 47586, 58221, 66590 à 900 Fr., Nr. 8405, 9325, 12091, 21365, 25896,
30940, 39387, 49008, 51864, 55570 à 500 Fr.
(Mailänder 45Fr.-Looſe von 1861) Bei der am 1 Jan vorgenommenen
Ziehung wurden folgende Serien gezogen: 451, 958, 995, 2241, 2279, 2454, 3226,
3404, 3510, 3598, 3639, 5740, 5868, 6815 und 7079. Hauptpreiſe fielen auf Nr. 35
der Serie 2454 80,000 Fr., auf Nr. 26 der Serie 451 3200 Fr., auf Nr. 44 der Serie
2454 und Nr. 42 der Serie 958 je 1000 Fr., auf Nr. 34 der Serie 2241, Nr. 25 der
Serie 3404 und Nr. 16 der Serie 3510 je 400 Fr. Die Zahlung erfolgt am 1 Juli.
* Habana, 5 Jan.
Das Poſtdampfſchiff des Nordd. Lloyd „Hannover,“ welches
am 7 Dec. von Bremen und am 10 Dec. von Southampton abgieng, iſt am 24 Dec.
Nachmittags in St. Thomas und am 29 Dec. 3 Uhr Morgens in Colon angekommen. —
Das Poſtdampfſchiff des Nordd. Lloyd „König Wilhelm 1,“ welches am 31 Dec. von
Colon abgegaugen war, verließ am 29 desſelben Monats den Hafen von St. Thomas
wieder, um ſeine Rückreiſe nach Bremen über Southampton fortzuſetzen.
Neueſte Poſten.
London, 8 Jan.
Der Hof begibt ſich morgen nach Osborne, und wird
in etwa 14 Tagen nach Windſor zurückkehren. Die Prinzeſſin Ludwig von Heſſen
wird heut ihre Rückreiſe nach Darmſtadt antreten. (T. N.)
New-York, 7 Jan.
Fisk, Director der Erie-Eiſenbahn, wurde von
einem gewiſſen Stokes durch einen Piſtolenſchuß tödtlich verwundet. (T. N.)
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(2022-04-08T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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