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Allgemeine Zeitung, Nr. 11, 11. Januar 1830.

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Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Montag Nro. 11. 11 Januar 1830.


Großbritannien.
-- Frankreich. (Briefe aus Paris und Lyon.)
-- Italien.
-- Türkei. (Schreiben aus Konstantinopel.)
-- Beilage Nro. 11.
Bemerkungen über den mitteldeutschen Verein.
-- Cirkular des niederländischen Justizministers.
-- Briefe aus Rotterdam, der Schweiz
und Berlin.
-- Ankündigungen.



[Spaltenumbruch]
Großbritannien.

Konsol. 3 Proz. 95; russische Fonds 109;
brasilische 723/4; griechische 301/4; columbische 251/2.

Das Morning Journal sagt: "Die französischen Zeitun-
gen sprechen seit einigen Tagen viel von der Wahrscheinlichkeit, daß
Prinz Leopold von Sachsen-Koburg König oder Kaiser von Grie-
chenland (wie es den hohen Mächten belieben möchte) werden
würde. Der einzige Beweggrund, den die Neuigkeitsberichtser-
statter von dieser sonderbaren Beförderung angeben, ist, daß der
Prinz Leopold reich sey und einen jährlichen Gehalt von 50,000
Pf. St. von England genieße. Es mag seyn, daß der Prinz König
wird; wir fragen aber, ob es sich für Se. Majestät schiken dürfte,
die bescheidene Rente fortwährend zu beziehen, die sonst von Sr.
Hoheit gefälligst angenommen ward. Wird uns der Prinz die
Gunst erweisen, etwas Weniges von unserm Ueberfluß für die
Bedürfnisse und das Elend im Oriente zu verwenden? Sicher wer-
den die Weber von Huddersfield ihren mäßigen Taglohn nicht zer-
stükeln wollen, um den königlichen Aufwand des Prinzen Leopold
aufrecht zu erhalten. Ein Königreich ist eine seltene Erwerbung."

Das Morning-Journal schreibt auch: "Einige unsrer
Kollegen behaupten noch immer das Gerücht, daß sich Hr. Hus-
kisson mit dem Herzog von Wellington ausgesöhnt habe, und wie-
der einen Siz in dem Kabinette bekommen solle. Bei unserer
Abneigung gegen die Grundsäze des Hrn. Huskisson hörten wir
diese Angabe mit großem Mißfallen, in der Meynung, daß es
möglich sey, daß persönliche Empfindungen der Liebe zu einem Amte
aufgeopfert werden, und daß somit der Nation noch weiteres Unheil
von diesem hohen Priester neuerer Reziprozität und freien Han-
dels aufgelegt werden dürfte. Wir sind übrigens ermächtigt zu
bemerken, daß durchaus keine Wahrscheinlichkeit vorhanden sey,
daß der genannte Gentleman in die gegenwärtige Verwaltung
eintreten werde. Wir freuen uns dis, zum Vortheile des Hrn.
Huskisson selbst, versichern zu können. Da dieses Gerücht grund-
los ist, so wollen wir nicht länger dabei verweilen. Hrn. Hus-
kissons Aerger ist noch nicht verschwunden, und die Behandlung,
die er erleiden mußte, läßt sich nicht so leicht vergessen. Er wird
demnach dem Ministerium in der bevorstehenden Parlaments-
session opponiren."

Der Globe sagt in Bezug auf vorstehenden Artikel: "Dis
mag wahr seyn, aber es läßt sich nicht mit der unzweifelhaften
Thatsache vereinigen, daß der Herzog v. Wellington und Hr. Hus-
kisson gegenwärtig auf einem sehr vertrauten Fuße mit einander
leben."

Der Standard gibt folgendes Schreiben des Hrn. Cobbet
über den Zustand verschiedener Grafschaften, die er vor Kurzem
[Spaltenumbruch] durchreist hat: "Man sagte in London, das Elend habe zu Bir-
mingham bei Weitem keinen so hohen Grad erreicht, als in an-
dern Gegenden des Landes. Der Leser urtheile hierüber aus fol-
genden völlig wahrheitsgemäßen Thatsachen: Die Fabrikanten und
Manufakturisten zahlen ihre Arbeiter nicht mehr in Gelde, sondern
liefern ihnen die zum Lebensunterhalte nöthigen Bedürfnisse; so
selten sind jezt Baarschaften geworden. Ja, noch mehr: Sie schlie-
ßen Uebereinkünfte mit den Barbieren ihrer Arbeitsleute ab, um
dieselben zu einem gewissen Preis monatlich oder nach dem Du-
zend rasiren zu lassen. Die Arbeiter würden sich gern gegenseitig
rasiren, wenn man ihnen dazu einen kleinen Beirrag bewilligte,
aber man will ihnen durchaus kein Geld geben. Es herrscht ein
strenges Tauschsystem im eigentlichen Sinne des Wortes. Aber
das ist noch nicht Alles. Mehrere Barbiere von Birmingham,
einsehend daß diese Rasirerei im Großen ihrem Geschäfte schade,
haben bekannt machen lassen, daß sie bereit wären, Jeden gegen
Abgabe eines geräucherten Härings (leztere sind in dieser Gegend
sehr wohlfeil) zu barbiren. Diese Thatsachen beweisen doch wohl,
daß es am Gelde fehlt und Handel und Gewerbe völlig stoken.
Die Lage des größten Theils der Fabriken in Nottinghamshire
und Leicestershire ist noch jämmerlicher. Der Lohn der Weber
ist dort so gering, daß die armen Leute Jahr ein Jahr
aus Hunger leiden müssen, denn wer kan mit 6 Pences (18 kr.)
die Woche leben? Auch zeugen ihr mageres Aussehen, ihre entfleisch-
ten Körper, ihre hohle Stimme von den strengen Fasten, die sie, ob-
gleich wider Willen, beobachten. Erdäpfel gehören für sie schon
zu den Lurusartikeln. Mehrere leben allein von gesalzenem Kraute,
Andere nähren sich von gesottener Kleie. Der Leser weiß, daß
die leztere ein Mittel ist, welches in Pferdekrankheiten häufig ge-
braucht wird. Kleie, Kraut und Erdäpfel sind eine schlechte Nah-
rung im Winter, selbst für die Schweine. Noch verdient hier an-
geführt zu werden, daß die Herren, welche verheirathete Ar-
beiter haben, nur sehr selten dem Manne erlauben seine Frau
zu sehen, und das nur in Gegenwart von Zeugen. -- So weit
ist es in England gekommen! Das ist das Land, welches den Neid
der Nationen und die Bewunderung der Welt erregt; das Land,
welches als die Heimath der Volkswohlfahrt und der Freiheit be-
rühmt ist!"

Frankreich.

Konsol. 5 Proz. 108, 90; 3 Proz. 84, 25;
Falconnet 90, 95.

Die Gazette sagt in Bezug auf die (gestern erwähnte) von
einigen Journalen vorausgesagte Modifikation des Ministeriums:
"Wie! In der verflossenen Woche waren es die HH. Humann,
Casimir Perrier, Sebastiani, Roy, Chateaubriand, die in das Mi-

Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchſten Privilegien.
Montag Nro. 11. 11 Januar 1830.


Großbritannien.
— Frankreich. (Briefe aus Paris und Lyon.)
— Italien.
— Türkei. (Schreiben aus Konſtantinopel.)
— Beilage Nro. 11.
Bemerkungen über den mitteldeutſchen Verein.
— Cirkular des niederländiſchen Juſtizminiſters.
— Briefe aus Rotterdam, der Schweiz
und Berlin.
— Ankündigungen.



[Spaltenumbruch]
Großbritannien.

Konſol. 3 Proz. 95; ruſſiſche Fonds 109;
braſiliſche 72¾; griechiſche 30¼; columbiſche 25½.

Das Morning Journal ſagt: „Die franzöſiſchen Zeitun-
gen ſprechen ſeit einigen Tagen viel von der Wahrſcheinlichkeit, daß
Prinz Leopold von Sachſen-Koburg König oder Kaiſer von Grie-
chenland (wie es den hohen Mächten belieben möchte) werden
würde. Der einzige Beweggrund, den die Neuigkeitsberichtser-
ſtatter von dieſer ſonderbaren Beförderung angeben, iſt, daß der
Prinz Leopold reich ſey und einen jährlichen Gehalt von 50,000
Pf. St. von England genieße. Es mag ſeyn, daß der Prinz König
wird; wir fragen aber, ob es ſich für Se. Majeſtät ſchiken dürfte,
die beſcheidene Rente fortwährend zu beziehen, die ſonſt von Sr.
Hoheit gefälligſt angenommen ward. Wird uns der Prinz die
Gunſt erweiſen, etwas Weniges von unſerm Ueberfluß für die
Bedürfniſſe und das Elend im Oriente zu verwenden? Sicher wer-
den die Weber von Huddersfield ihren mäßigen Taglohn nicht zer-
ſtükeln wollen, um den königlichen Aufwand des Prinzen Leopold
aufrecht zu erhalten. Ein Königreich iſt eine ſeltene Erwerbung.“

Das Morning-Journal ſchreibt auch: „Einige unſrer
Kollegen behaupten noch immer das Gerücht, daß ſich Hr. Hus-
kiſſon mit dem Herzog von Wellington ausgeſöhnt habe, und wie-
der einen Siz in dem Kabinette bekommen ſolle. Bei unſerer
Abneigung gegen die Grundſäze des Hrn. Huskiſſon hörten wir
dieſe Angabe mit großem Mißfallen, in der Meynung, daß es
möglich ſey, daß perſönliche Empfindungen der Liebe zu einem Amte
aufgeopfert werden, und daß ſomit der Nation noch weiteres Unheil
von dieſem hohen Prieſter neuerer Reziprozität und freien Han-
dels aufgelegt werden dürfte. Wir ſind übrigens ermächtigt zu
bemerken, daß durchaus keine Wahrſcheinlichkeit vorhanden ſey,
daß der genannte Gentleman in die gegenwärtige Verwaltung
eintreten werde. Wir freuen uns dis, zum Vortheile des Hrn.
Huskiſſon ſelbſt, verſichern zu können. Da dieſes Gerücht grund-
los iſt, ſo wollen wir nicht länger dabei verweilen. Hrn. Hus-
kiſſons Aerger iſt noch nicht verſchwunden, und die Behandlung,
die er erleiden mußte, läßt ſich nicht ſo leicht vergeſſen. Er wird
demnach dem Miniſterium in der bevorſtehenden Parlaments-
ſeſſion opponiren.“

Der Globe ſagt in Bezug auf vorſtehenden Artikel: „Dis
mag wahr ſeyn, aber es läßt ſich nicht mit der unzweifelhaften
Thatſache vereinigen, daß der Herzog v. Wellington und Hr. Hus-
kiſſon gegenwärtig auf einem ſehr vertrauten Fuße mit einander
leben.“

Der Standard gibt folgendes Schreiben des Hrn. Cobbet
über den Zuſtand verſchiedener Grafſchaften, die er vor Kurzem
[Spaltenumbruch] durchreist hat: „Man ſagte in London, das Elend habe zu Bir-
mingham bei Weitem keinen ſo hohen Grad erreicht, als in an-
dern Gegenden des Landes. Der Leſer urtheile hierüber aus fol-
genden völlig wahrheitsgemäßen Thatſachen: Die Fabrikanten und
Manufakturiſten zahlen ihre Arbeiter nicht mehr in Gelde, ſondern
liefern ihnen die zum Lebensunterhalte nöthigen Bedürfniſſe; ſo
ſelten ſind jezt Baarſchaften geworden. Ja, noch mehr: Sie ſchlie-
ßen Uebereinkünfte mit den Barbieren ihrer Arbeitsleute ab, um
dieſelben zu einem gewiſſen Preis monatlich oder nach dem Du-
zend raſiren zu laſſen. Die Arbeiter würden ſich gern gegenſeitig
raſiren, wenn man ihnen dazu einen kleinen Beirrag bewilligte,
aber man will ihnen durchaus kein Geld geben. Es herrſcht ein
ſtrenges Tauſchſyſtem im eigentlichen Sinne des Wortes. Aber
das iſt noch nicht Alles. Mehrere Barbiere von Birmingham,
einſehend daß dieſe Raſirerei im Großen ihrem Geſchäfte ſchade,
haben bekannt machen laſſen, daß ſie bereit wären, Jeden gegen
Abgabe eines geräucherten Härings (leztere ſind in dieſer Gegend
ſehr wohlfeil) zu barbiren. Dieſe Thatſachen beweiſen doch wohl,
daß es am Gelde fehlt und Handel und Gewerbe völlig ſtoken.
Die Lage des größten Theils der Fabriken in Nottinghamſhire
und Leiceſterſhire iſt noch jämmerlicher. Der Lohn der Weber
iſt dort ſo gering, daß die armen Leute Jahr ein Jahr
aus Hunger leiden müſſen, denn wer kan mit 6 Pences (18 kr.)
die Woche leben? Auch zeugen ihr mageres Ausſehen, ihre entfleiſch-
ten Körper, ihre hohle Stimme von den ſtrengen Faſten, die ſie, ob-
gleich wider Willen, beobachten. Erdäpfel gehören für ſie ſchon
zu den Lurusartikeln. Mehrere leben allein von geſalzenem Kraute,
Andere nähren ſich von geſottener Kleie. Der Leſer weiß, daß
die leztere ein Mittel iſt, welches in Pferdekrankheiten häufig ge-
braucht wird. Kleie, Kraut und Erdäpfel ſind eine ſchlechte Nah-
rung im Winter, ſelbſt für die Schweine. Noch verdient hier an-
geführt zu werden, daß die Herren, welche verheirathete Ar-
beiter haben, nur ſehr ſelten dem Manne erlauben ſeine Frau
zu ſehen, und das nur in Gegenwart von Zeugen. — So weit
iſt es in England gekommen! Das iſt das Land, welches den Neid
der Nationen und die Bewunderung der Welt erregt; das Land,
welches als die Heimath der Volkswohlfahrt und der Freiheit be-
rühmt iſt!“

Frankreich.

Konſol. 5 Proz. 108, 90; 3 Proz. 84, 25;
Falconnet 90, 95.

Die Gazette ſagt in Bezug auf die (geſtern erwähnte) von
einigen Journalen vorausgeſagte Modifikation des Miniſteriums:
„Wie! In der verfloſſenen Woche waren es die HH. Humann,
Caſimir Perrier, Sebaſtiani, Roy, Chateaubriand, die in das Mi-

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[0001] Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchſten Privilegien. Montag Nro. 11. 11 Januar 1830. Großbritannien. — Frankreich. (Briefe aus Paris und Lyon.) — Italien. — Türkei. (Schreiben aus Konſtantinopel.) — Beilage Nro. 11. Bemerkungen über den mitteldeutſchen Verein. — Cirkular des niederländiſchen Juſtizminiſters. — Briefe aus Rotterdam, der Schweiz und Berlin. — Ankündigungen. Großbritannien. London, 1 Jan.Konſol. 3 Proz. 95; ruſſiſche Fonds 109; braſiliſche 72¾; griechiſche 30¼; columbiſche 25½. Das Morning Journal ſagt: „Die franzöſiſchen Zeitun- gen ſprechen ſeit einigen Tagen viel von der Wahrſcheinlichkeit, daß Prinz Leopold von Sachſen-Koburg König oder Kaiſer von Grie- chenland (wie es den hohen Mächten belieben möchte) werden würde. Der einzige Beweggrund, den die Neuigkeitsberichtser- ſtatter von dieſer ſonderbaren Beförderung angeben, iſt, daß der Prinz Leopold reich ſey und einen jährlichen Gehalt von 50,000 Pf. St. von England genieße. Es mag ſeyn, daß der Prinz König wird; wir fragen aber, ob es ſich für Se. Majeſtät ſchiken dürfte, die beſcheidene Rente fortwährend zu beziehen, die ſonſt von Sr. Hoheit gefälligſt angenommen ward. Wird uns der Prinz die Gunſt erweiſen, etwas Weniges von unſerm Ueberfluß für die Bedürfniſſe und das Elend im Oriente zu verwenden? Sicher wer- den die Weber von Huddersfield ihren mäßigen Taglohn nicht zer- ſtükeln wollen, um den königlichen Aufwand des Prinzen Leopold aufrecht zu erhalten. Ein Königreich iſt eine ſeltene Erwerbung.“ Das Morning-Journal ſchreibt auch: „Einige unſrer Kollegen behaupten noch immer das Gerücht, daß ſich Hr. Hus- kiſſon mit dem Herzog von Wellington ausgeſöhnt habe, und wie- der einen Siz in dem Kabinette bekommen ſolle. Bei unſerer Abneigung gegen die Grundſäze des Hrn. Huskiſſon hörten wir dieſe Angabe mit großem Mißfallen, in der Meynung, daß es möglich ſey, daß perſönliche Empfindungen der Liebe zu einem Amte aufgeopfert werden, und daß ſomit der Nation noch weiteres Unheil von dieſem hohen Prieſter neuerer Reziprozität und freien Han- dels aufgelegt werden dürfte. Wir ſind übrigens ermächtigt zu bemerken, daß durchaus keine Wahrſcheinlichkeit vorhanden ſey, daß der genannte Gentleman in die gegenwärtige Verwaltung eintreten werde. Wir freuen uns dis, zum Vortheile des Hrn. Huskiſſon ſelbſt, verſichern zu können. Da dieſes Gerücht grund- los iſt, ſo wollen wir nicht länger dabei verweilen. Hrn. Hus- kiſſons Aerger iſt noch nicht verſchwunden, und die Behandlung, die er erleiden mußte, läßt ſich nicht ſo leicht vergeſſen. Er wird demnach dem Miniſterium in der bevorſtehenden Parlaments- ſeſſion opponiren.“ Der Globe ſagt in Bezug auf vorſtehenden Artikel: „Dis mag wahr ſeyn, aber es läßt ſich nicht mit der unzweifelhaften Thatſache vereinigen, daß der Herzog v. Wellington und Hr. Hus- kiſſon gegenwärtig auf einem ſehr vertrauten Fuße mit einander leben.“ Der Standard gibt folgendes Schreiben des Hrn. Cobbet über den Zuſtand verſchiedener Grafſchaften, die er vor Kurzem durchreist hat: „Man ſagte in London, das Elend habe zu Bir- mingham bei Weitem keinen ſo hohen Grad erreicht, als in an- dern Gegenden des Landes. Der Leſer urtheile hierüber aus fol- genden völlig wahrheitsgemäßen Thatſachen: Die Fabrikanten und Manufakturiſten zahlen ihre Arbeiter nicht mehr in Gelde, ſondern liefern ihnen die zum Lebensunterhalte nöthigen Bedürfniſſe; ſo ſelten ſind jezt Baarſchaften geworden. Ja, noch mehr: Sie ſchlie- ßen Uebereinkünfte mit den Barbieren ihrer Arbeitsleute ab, um dieſelben zu einem gewiſſen Preis monatlich oder nach dem Du- zend raſiren zu laſſen. Die Arbeiter würden ſich gern gegenſeitig raſiren, wenn man ihnen dazu einen kleinen Beirrag bewilligte, aber man will ihnen durchaus kein Geld geben. Es herrſcht ein ſtrenges Tauſchſyſtem im eigentlichen Sinne des Wortes. Aber das iſt noch nicht Alles. Mehrere Barbiere von Birmingham, einſehend daß dieſe Raſirerei im Großen ihrem Geſchäfte ſchade, haben bekannt machen laſſen, daß ſie bereit wären, Jeden gegen Abgabe eines geräucherten Härings (leztere ſind in dieſer Gegend ſehr wohlfeil) zu barbiren. Dieſe Thatſachen beweiſen doch wohl, daß es am Gelde fehlt und Handel und Gewerbe völlig ſtoken. Die Lage des größten Theils der Fabriken in Nottinghamſhire und Leiceſterſhire iſt noch jämmerlicher. Der Lohn der Weber iſt dort ſo gering, daß die armen Leute Jahr ein Jahr aus Hunger leiden müſſen, denn wer kan mit 6 Pences (18 kr.) die Woche leben? Auch zeugen ihr mageres Ausſehen, ihre entfleiſch- ten Körper, ihre hohle Stimme von den ſtrengen Faſten, die ſie, ob- gleich wider Willen, beobachten. Erdäpfel gehören für ſie ſchon zu den Lurusartikeln. Mehrere leben allein von geſalzenem Kraute, Andere nähren ſich von geſottener Kleie. Der Leſer weiß, daß die leztere ein Mittel iſt, welches in Pferdekrankheiten häufig ge- braucht wird. Kleie, Kraut und Erdäpfel ſind eine ſchlechte Nah- rung im Winter, ſelbſt für die Schweine. Noch verdient hier an- geführt zu werden, daß die Herren, welche verheirathete Ar- beiter haben, nur ſehr ſelten dem Manne erlauben ſeine Frau zu ſehen, und das nur in Gegenwart von Zeugen. — So weit iſt es in England gekommen! Das iſt das Land, welches den Neid der Nationen und die Bewunderung der Welt erregt; das Land, welches als die Heimath der Volkswohlfahrt und der Freiheit be- rühmt iſt!“ Frankreich. Paris, 4 Jan.Konſol. 5 Proz. 108, 90; 3 Proz. 84, 25; Falconnet 90, 95. Die Gazette ſagt in Bezug auf die (geſtern erwähnte) von einigen Journalen vorausgeſagte Modifikation des Miniſteriums: „Wie! In der verfloſſenen Woche waren es die HH. Humann, Caſimir Perrier, Sebaſtiani, Roy, Chateaubriand, die in das Mi-

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 11, 11. Januar 1830, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine11_1830/1>, abgerufen am 21.11.2024.