Allgemeine Zeitung, Nr. 11, 12. Januar 1924.Samstag, den 12. Januar 1924. Allgemeine Zeitung. Nr. 11 [Spaltenumbruch]
Der Englische Garten in Gefahr Die Frage der Bebauung des Englischens Gartens Es ist Zeit, daß in der für München hochwichtigen Die auffällig tolerante Stellungnahme der "Mün- Diese soziale Spekulation nimmt die "Münchener Man nimmt die "Tausende" als Tatsache. Aber: Maßgebende Fachleute der Technischen Als Trost wird angegeben, es käme ja nur "ein Wenn beim Aumeister oder in der Hirschau sogar Städtebaulich ist das Projekt kaum diskutierbar; Verschiedene Verbände der Künstlerschaft, der Es ist durchaus zu verstehen, wenn allenfalls den Es handelt sich hier aber nicht um Materielles, Wollen wir das, was uns die Feinde Hände weg. Strafprozoß-Reform durch Ermächtigungsgesetz. [Spaltenumbruch]
Die "Verordnung über Gerichtsverfassung und Während man nach der bisherigen Strafprozeß- 1. bei Uebertretungen, 2. bei Vergehen, die im Wege der Privatklage 3. wenn die Tat mit keiner höheren Strafe als 4. wenn die Staatsanwaltschaft es bei Ein- Neu ist, daß, falls die Staatsanwaltschaft es bei Ueber die Berufung gegen Urteile des In den zur Zuständigkeit des Reichs- Die Oberlandesgerichte sind nunmehr Es ist ferner (im § 23) eine Ausnahme Von den Aenderungen der Gerichts- Von außerordentlicher Wichtigkeit, allerdings Sport. r. Die Ski-Meisterschaft von Bayern wird am Das Münchener Rennjahr 1924 wird voraus- Daglfing: 9., 16., 23. und 30. März; 20., 21., 26. und Riem: 6. und 13. April; 18., 21. 25. und 29. Mar; Eine Frauenolympiade in Prag wird im Warum der Amerikaner zum Fußball-Wettkampf geht ... Diese Frage beantwortet ein Sachverständiger Na, wir Münchener sind doch ehrlicher be- [irrelevantes Material] Samstag, den 12. Januar 1924. Allgemeine Zeitung. Nr. 11 [Spaltenumbruch]
Der Engliſche Garten in Gefahr Die Frage der Bebauung des Engliſchens Gartens Es iſt Zeit, daß in der für München hochwichtigen Die auffällig tolerante Stellungnahme der „Mün- Dieſe ſoziale Spekulation nimmt die „Münchener Man nimmt die „Tauſende“ als Tatſache. Aber: Maßgebende Fachleute der Techniſchen Als Troſt wird angegeben, es käme ja nur „ein Wenn beim Aumeiſter oder in der Hirſchau ſogar Städtebaulich iſt das Projekt kaum diskutierbar; Verſchiedene Verbände der Künſtlerſchaft, der Es iſt durchaus zu verſtehen, wenn allenfalls den Es handelt ſich hier aber nicht um Materielles, Wollen wir das, was uns die Feinde Hände weg. Strafprozoß-Reform durch Ermächtigungsgeſetz. [Spaltenumbruch]
Die „Verordnung über Gerichtsverfaſſung und Während man nach der bisherigen Strafprozeß- 1. bei Uebertretungen, 2. bei Vergehen, die im Wege der Privatklage 3. wenn die Tat mit keiner höheren Strafe als 4. wenn die Staatsanwaltſchaft es bei Ein- Neu iſt, daß, falls die Staatsanwaltſchaft es bei Ueber die Berufung gegen Urteile des In den zur Zuſtändigkeit des Reichs- Die Oberlandesgerichte ſind nunmehr Es iſt ferner (im § 23) eine Ausnahme Von den Aenderungen der Gerichts- Von außerordentlicher Wichtigkeit, allerdings Sport. r. Die Ski-Meiſterſchaft von Bayern wird am Das Münchener Rennjahr 1924 wird voraus- Daglfing: 9., 16., 23. und 30. März; 20., 21., 26. und Riem: 6. und 13. April; 18., 21. 25. und 29. Mar; Eine Frauenolympiade in Prag wird im Warum der Amerikaner zum Fußball-Wettkampf geht ... Dieſe Frage beantwortet ein Sachverſtändiger Na, wir Münchener ſind doch ehrlicher be- [irrelevantes Material] <TEI> <text> <body> <div type="jFinancialNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0007" n="7"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Samstag, den 12. Januar 1924. <hi rendition="#g">Allgemeine Zeitung</hi>. Nr. 11</hi> </fw><lb/> <cb/> </div> </div> </div> </div> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Engliſche Garten in Gefahr</hi> </head><lb/> <p>Die Frage der Bebauung des Engliſchens Gartens<lb/> iſt akut geworden. Vor einem Monat gelangten<lb/> die erſten Nachrichten von dem Projekt an die<lb/> Öffentlichkeit, den Rand des Gartens an der Prinz-<lb/> regentenſtraße für Wohnungsbauten zu verwenden.<lb/> Bald darauf erſchien in der Preſſe eine beruhi-<lb/> gende Meldung. Sie war unzutreffend, vielleicht ein<lb/> geſchickter Schachzug. Die Angelegenheit iſt in-<lb/> zwiſchen gereiſt und ſteht vor der Entſcheidung.</p><lb/> <p>Es iſt Zeit, daß in der für München hochwichtigen<lb/> Frage einer eventuellen Zerſtörung des Engliſchen<lb/> Gartens mit offenen Karten geſpielt wird.</p><lb/> <p>Die auffällig tolerante Stellungnahme der „Mün-<lb/> chener Neueſten Nachrichten“ zu den ſpekulativ-ego-<lb/> iſtiſchen Abſichten auf den ſchönſten Teil des Parks<lb/> — ganz im Gegenſatz zu der ſonſt ſo ſchutzfreudigen<lb/> Betätigung des Blattes, ſobald es ſich um eine<lb/> Münchener oder gar eine Kunſtſtadt-Angelegenheit<lb/> handelt, laſſen vermuten, daß hier Fäden zu der<lb/> Baufirma „Heilmann & Littmann“ geſponnen ſind.<lb/> Das Blatt ſcheint es auch ſelbſt zu empfinden, daß<lb/> es ſich exponiert, und verſteckt ſich hinter fadenſcheini-<lb/> zen „Gründen“, die <hi rendition="#g">für</hi> die Bebauung ſprechen<lb/> ſollen. Zu ihnen gehört das Spekulieren mit ſozialen<lb/> Motiven, wonach „Tauſende“ bei den Bauten Be-<lb/> ſchäftigung finden würden.</p><lb/> <p>Dieſe ſoziale Spekulation nimmt die „Münchener<lb/> Zeitung“ in irreführender Weiſe auf. Sie verſucht<lb/> es, die Frage „<hi rendition="#g">darf der Engliſche Garten<lb/> bebaut werden oder nicht?</hi>“ zu einer ſchein-<lb/> bar prinzipiellen zu ſtempeln: ſie <hi rendition="#g">fordert</hi> die Be-<lb/> bauung! Aber nicht als Bebauung des <hi rendition="#g">Engli-<lb/> ſchen Gartens,</hi> ſondern unter dem Motto:<lb/><hi rendition="#g">Verkauf ſtaatlichen Baugrunde&ſr</hi>;. Auf<lb/> dieſe Art ſoll der Sinn, die <hi rendition="#g">Bedeutung der<lb/> ganzen Angelegenheit verdreht wer-<lb/> den</hi>. Der Fall „Engliſcher Garten“ ſoll ſo <hi rendition="#g">in<lb/> den Hintergrund</hi> gerückt werden. Die Erfah-<lb/> rung wird hier geſchickt verwertet, ein zugkräftiges<lb/> Schlagwort genüge, um Schlimmſtes zu decken, eine<lb/> „ſoziale“ Fahne, um unter ihr gerade antiſozial han-<lb/> deln zu dürfen. Die Forderung der „Münchener<lb/> Zeitung“ nach Freigabe ſtaatlichen Baugrunds iſt<lb/> gerechtfertigt, hat aber mit dieſer „Bebauung des<lb/> Engliſchen Gartens“ nichts zu tun. Niemand ſieht<lb/> einen Hinderungsgrund der Bebauung des Engli-<lb/> ſchen Gartens <hi rendition="#g">darin,</hi> daß er <hi rendition="#g">ſtaatlicher</hi> Beſitz<lb/> iſt! Der Engliſche Garten <hi rendition="#g">darf nicht</hi> bebaut, nicht<lb/> angetaſtet werden, <hi rendition="#g">weil es der Engliſche<lb/> Garten iſt</hi>. Stadtbild, Kulturbeſitz, „Lunge der<lb/> Stadt.“ — Die Gründe liegen auf der Hand. Man<lb/> erinnere ſich doch des Lärms, der geſchlagen wurde,<lb/> als der Botaniſche Garten durch Bebauung bedroht<lb/> war. Und jetzt ſoll die „Beſchäftigung Tauſender<lb/> von Arbeitsloſen“ herhalten, um dieſen Vandalismus<lb/> zur ſozialen Tat zu verdrehen.</p><lb/> <p>Man nimmt die „Tauſende“ als Tatſache.</p><lb/> <p>Aber: Maßgebende Fachleute der Techniſchen<lb/> Hochſchule haben ausgerechnet, daß beim Bau dieſer<lb/> freiſtehenden Häuſer höchſtens fünfhundert Arbeiter<lb/> eingeſtellt werden könnten. Es gibt in der Stadt<lb/> noch ſo viele Bauplätze für rationellere Wohn-<lb/> häuſer, daß man, um die Arbeitsloſigkeit zu min-<lb/> dern, nicht gerade auf den Engliſchen Garten ver-<lb/> fallen muß, umſomehr als hier niemals ſparſame<lb/> Mietwohnungen für Bürger und Mittelſtand, ſon-<lb/> dern nur Luxusbauten für Großkapitaliſten entſtehen<lb/> würden.</p><lb/> <p>Als Troſt wird angegeben, es käme ja nur „ein<lb/> Tauſendſtel“ des Parks in Frage.</p><lb/> <p>Wenn beim Aumeiſter oder in der Hirſchau ſogar<lb/> ein Hundertſtel des Engliſchen Gartens wirklich<lb/> nutzbringend und zweckentſprechend zur Bebauung<lb/> käme, ſo würden ſich dagegen wahrſcheinlich keine<lb/> Stimmen erheben. Mit Recht! Wenn dagegen an<lb/> der Prinzregentenſtraße, unmittelbar zwiſchen Prinz<lb/> Karlpalais und Nationalmuſeum, alſo am wichtig-<lb/> ſten und ſchönſten Teil, der den freien Zugang von<lb/> der Sadt aus bietet, auch nur ein „Millionſtel“ zer-<lb/> ſtört wird, ſo iſt es niemals wieder gut zu machen.<lb/> Und wer garantiert denn, daß nicht allmählich die<lb/><cb/> ganze Königinſtraße verdorben wird und ebenfalls<lb/> der Bauwut zum Opfer fällt?</p><lb/> <p>Städtebaulich iſt das Projekt kaum diskutierbar;<lb/> denn man kann ſich wohl keine Verſchönerung durch<lb/> Wohnarchitektur — es handelt ſich nicht um einen<lb/> Pavillon, einen Tempel, oder ſonſt eine mehr pla-<lb/> ſtiſch wirkende Schmuckarbeit! — an dieſer Stelle<lb/> denken. Die Häuſer würden ihre Rückſeite gegen<lb/> den Engliſchen Garten kehren, Kloſet-, Küchen-<lb/> fenſter und Balkons, Kehrichttonnen, kleine Wirt-<lb/> ſchaftshöfe uſw. wären unvermeidbar. In Berlin<lb/> am Tiergarten hat man abſchreckende Beiſpiele hie-<lb/> für. Will man aber trotzdem hartnäckig das Projekt<lb/> weiter verfolgen, ſo iſt der einzig mögliche Weg der<lb/> einer öffentlichen Preisausſchreibung, bei der die ge-<lb/> geſamte Architekten- und Künſtlerſchaft ſich die<lb/> Zähne daran ausbeißen und dazu Stellung nehmen<lb/> kann. Dann wird ſich zeigen, ob und was aus dem<lb/> künſtleriſch, ſtädtebaulich und ſozial-wirtſchaftlich ſo<lb/> hochbedeutungsvollen Problem zu machen iſt. Nie-<lb/> mals aber darf der koſtbarſte Erholungsplatz einer<lb/> Stadt der ſpekulativen Willkür <hi rendition="#g">eine&ſr</hi>; geſchäftlichen<lb/> Unternehmens überantwortet werden.</p><lb/> <p>Verſchiedene Verbände der Künſtlerſchaft, der<lb/> Hauptausſchuß des bayer. Kunſtgewerbevereins und<lb/><cb/> neuerdings auch die <hi rendition="#g">Techniſche Hochſchule</hi><lb/> haben ſich entſchieden gegen eine Bebauung des<lb/> Engliſchen Gartens ausgeſprochen. Die Techniſche<lb/> Hochſchule ſtellt ſich in dieſem Falle geſchloſſen<lb/><hi rendition="#g">hinter das Miniſterium des Innern</hi>.</p><lb/> <p>Es iſt durchaus zu verſtehen, wenn allenfalls den<lb/> Finanzminiſter die große Einnahme reizt, die in<lb/> Ausſicht ſteht.</p><lb/> <p>Es handelt ſich hier aber nicht um Materielles,<lb/> Materielles <hi rendition="#g">darf hier nicht</hi> den Ausſchlag geben.<lb/> Iſt Baugrund nötig, ſo muß er gefunden, ſind<lb/> Bauten nötig, müſſen ſie aufgeführt werden. Es<lb/> darf nicht ſein, daß wir in unſerer furchtbaren Not-<lb/> lage <hi rendition="#g">um das Intereſſe einiger Einzel-<lb/> nen willen der Güter beraubt werden,<lb/> die wir als Heiligſtes beſitzen: der<lb/> kulturellen Denkmale einer glück-<lb/> lichen Zeit</hi>.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Wollen wir das, was uns die Feinde<lb/> laſſen, weil ſie es nicht nehmen kön-<lb/> nen, wollen wir die Wahrzeichen ein-<lb/> ſtiger Blüte uns ſelbſt zerſtören?</hi> Sie<lb/> ſind der Hoffnung auf beſſere Tage ein Anſporn, ſie<lb/> ſind geiſtiger, kultureller Beſitz.</p><lb/> <p>Hände weg.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Strafprozoß-Reform durch Ermächtigungsgeſetz.</hi> </head><lb/> <byline>Von<lb/><hi rendition="#aq">Rechtsanwalt Dr. L. <hi rendition="#g">Ambrunn</hi>.</hi></byline><lb/> <cb/> <p>Die „Verordnung über Gerichtsverfaſſung und<lb/> Strafrechtspflege“ vom 4. Januar 1924, welche<lb/> im Reichsgeſetzblatt Nr. 2 vom 7. Januar 1924<lb/> veröffentlicht iſt, bringt unter dem Geſichtspunkt<lb/> der für den Reichshaushalt erforderlichen Spar-<lb/> ſamkeit einſchneidende Veränderungen der ge-<lb/> ſamten Strafrechtspflege, außerdem im Ab-<lb/> ſchnitt <hi rendition="#aq">V</hi> mehrere zeitlich beſchränkte <hi rendition="#g">Notmaß-<lb/> nahmen</hi> für die Zeit vom 15. Januar bis 31.<lb/> März 1924.</p><lb/> <p>Während man nach der bisherigen Strafprozeß-<lb/> ordnung wohl die Strafkammer als das Haupt-<lb/> gericht für die Strafrechtspflege bezeichnen konnte,<lb/> wird nunmehr das <hi rendition="#g">Hauptgericht,</hi> vor welches<lb/> die meiſten Strafſachen in erſter Inſtanz kommen,<lb/> das <hi rendition="#g">Amtsgericht mit oder ohne Schöf-<lb/> fen</hi>. Die Amtsgerichte ſind nunmehr prinzipiell<lb/> zuſtändig für alle Uebertretungen, Vergehen und<lb/> für alle mit Gefängnis oder Feſtungshaft oder<lb/> Zuchthaus von höchſtens 10 Jahren bedrohten Ver-<lb/> brechen, außer Meineid (§ 6 der Verordnung). Der<lb/><hi rendition="#g">Amtsrichter allein</hi> entſcheidet:</p><lb/> <p>1. bei Uebertretungen,</p><lb/> <p>2. bei Vergehen, die im Wege der Privatklage<lb/> verfolgt werden,</p><lb/> <p>3. wenn die Tat mit keiner höheren Strafe als<lb/> 6 Monate Gefängnis bedroht iſt,</p><lb/> <p>4. wenn die Staatsanwaltſchaft es bei Ein-<lb/> reichung der Anklageſchrift oder mündlicher Er-<lb/> hebung der Anklage beantragt. Ferner entſcheidet<lb/> der Amtsrichter allein bei Verbrechen des ſchweren<lb/> Diebſtahls und Hehlerei, ſowie bei Rückfallsver-<lb/> brechen, ſofern die Staatsanwaltſchaft es bean-<lb/> tragt und der Beſchuldigte nicht widerſpricht (§ 7,<lb/> 8, 9 der Verordnung). Soweit hiernach nicht der<lb/> Amtsrichter allein entſcheidet, amtiert das<lb/> Schöffengericht in bisheriger Geſtalt unter Zu-<lb/> ziehung von zwei Schöffen.</p><lb/> <p>Neu iſt, daß, falls die Staatsanwaltſchaft es bei<lb/> Einreichung der Anklageſchrift beantragt, ein<lb/> zweiter Amtsrichter zuzuziehen iſt. (Dieſen An-<lb/> trag ſoll die Staatsanwaltſchaft nur ſtellen, wenn<lb/> nach Umfang und Bedeutung der Sache die Zu-<lb/> ziehung eines zweiten Amtsrichters notwendig<lb/> erſcheint.)</p><lb/> <p>Ueber die <hi rendition="#g">Berufung gegen Urteile</hi> des<lb/> Amtsrichters und des Schöffengerichts entſcheiden<lb/> die Landgerichte (Strafkammer), die Beſetzung der<lb/> Strafkammer iſt verſchieden, je nachdem die Be-<lb/> rufung gegen das Urteil des Amtsrichters oder des<lb/> Schöffengerichts eingelegt iſt. Bei Berufung gegen<lb/> das Urteil des Amtsrichters urteilt die Straf-<lb/> kammer als Berufungsgericht in der Beſetzung<lb/> mit dem Vorſitzenden und 2 Schöffen (<hi rendition="#g">kleine<lb/> Strafkammer</hi>), bei Berufung gegen das<lb/> Urteil des Schöffengerichts in der Beſetzung von<lb/> 3 Richtern und 2 Schöffen (<hi rendition="#g">große Straf-<lb/> kammer</hi>). Das <hi rendition="#g">Schwurgericht</hi> beſteht aus<lb/> 3 Richtern und 6 Geſchworenen. Richter und<lb/> Geſchworene entſcheiden über Schuld- und Straf-<lb/> frage gemeinſchaftlich (während bisher die 12 Ge-<lb/> ſchworenen nur über die Schuldfrage zu befinden<lb/> hatten). Die Bedeutung des Schwurgerichtes<lb/> tritt alſo künftighin ſehr zurück, weil ja viele<lb/><cb/> der bisher vor ihnen verhandelten Fälle dem<lb/> Amtsrichter bzw. Schöffengericht überwieſen<lb/> ſind wie z. B. Falſchmünzerei, Notzucht, Raub.</p><lb/> <p>In den zur Zuſtändigkeit des <hi rendition="#g">Reichs-<lb/> gericht&ſr</hi>; gehörenden Sachen wegen Landes-<lb/> verrat kann der Oberreichsanwalt die Straf-<lb/> verfolgung an die Landesſtaatsanwaltſchaft ab-<lb/> geben und mit dieſer Abgabe wird das Ober-<lb/> landesgericht zuſtändig. Ebenſo kann das<lb/> Reichsgericht bei Eröffnung des Hauptverfahrens<lb/> die Verhandlung und Entſcheidung dem Ober-<lb/> landesgericht überweiſen, wenn der Oberreichs-<lb/> anwalt dies bei Einreichung der Anklageſchrift<lb/> beantragt.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Oberlandesgerichte</hi> ſind nunmehr<lb/> (an Stelle des Reichsgerichts) <hi rendition="#g">Reviſions-<lb/> gerichte,</hi> bei Reviſion gegen die Urteile der<lb/> kleinen Strafkammer und gegen die Urteile der<lb/> großen Strafkammer.</p><lb/> <p>Es iſt ferner (im § 23) eine <hi rendition="#g">Ausnahme<lb/> vom Verfolgungszwang</hi> eingeführt.<lb/> „Wenn die Schuld des Täters gering iſt und die<lb/> Folgen der Tat unbedeutend ſind“, werden Ueber-<lb/> tretungen nicht verfolgt und unter denſelben<lb/> Vorausſetzungen kann bei Vergehen die Staats-<lb/> anwaltſchaft mit Zuſtimmung des Amtsrichters<lb/> von der Erhebung der Anklage abſehen. Eine<lb/> Freiheitsſtrafe von nicht mehr als 3 Monaten<lb/> kann künftig durch <hi rendition="#g">Strafbefehl</hi> angeordnet<lb/> werden. (§ 37).</p><lb/> <p>Von den <hi rendition="#g">Aenderungen der Gerichts-<lb/> verfaſſung,</hi> die im § 1 bis 5 der Verordnung<lb/> enthalten ſind, ſind weſentlich: Die Senate der<lb/> Oberlandesgerichte entſcheiden in der Beſetzung<lb/> von drei Mitgliedern (bisher fünf), abgeſehen von<lb/> den Strafſenaten, welche mit 5 Mitgliedern beſetzt<lb/> ſind; die Senate des Reichsgerichts entſcheiden<lb/> in der Beſetzung von 5 Mitgliedern (bisher 7).<lb/> Ein Richter kann zugleich Amtsrichter und Mit-<lb/> glied oder Direktor bei dem übergeordneten Land-<lb/> gericht ſein.</p><lb/> <p>Von außerordentlicher Wichtigkeit, allerdings<lb/> nur für die Zeit vom 15. Januar bis 31. März<lb/> 1924 ſind die „<hi rendition="#g">Notmaßnahmen</hi>“. Hiernach<lb/> werden <hi rendition="#g">in dieſer Zeit Schöffen</hi> in Straf-<lb/> ſachen überhaupt <hi rendition="#g">nicht</hi> zugezogen, <hi rendition="#g">Schwur-<lb/> gerichtetreten nicht zuſammen</hi>. In den<lb/> Schöffengerichtsſachen entſcheidet der Amtsrichter<lb/> allein, in den Wuchergerichtsſachen entſcheiden die<lb/> richterlichen Mitglieder allein. (Man hätte beſſer<lb/> die Wuchergerichte abſchaffen ſollen, anſtatt das<lb/> Laienelement auszuſchalten.) Die Schwurgerichts-<lb/> ſachen werden den Strafkammern zugewieſen.<lb/> (Eine, wenn auch nur für vorübergehende Zeit<lb/> ſehr einſchneidende und bedenkliche Herabminde-<lb/> rung der Garantien der Rechtspflege.) <hi rendition="#g">In allen<lb/> Privatklageſachen ruht das Ver-<lb/> fahren bis zum 31. März 1924</hi>. Bei<lb/> Uebertretungen und Vergehen iſt Berufung aus-<lb/> geſchloſſen, wenn wegen der Tat auf Freiſprechung<lb/> oder ausſchließlich auf Geldſtrafe erkannt worden<lb/> iſt. Gegen das Urteil findet in dieſem Falle Re-<lb/> viſion ſtatt, über welche das Oberlandesgericht<lb/> entſcheidet.</p><lb/> <cb/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#i">Sport.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"><lb/> <p><hi rendition="#aq">r.</hi><hi rendition="#b">Die Ski-Meiſterſchaft von Bayern</hi> wird am<lb/> 19. und 20. Januar in <hi rendition="#g">Oberammergau</hi> für<lb/> 1924 durchgeführt. Gleichzeitig kommt erſtmals<lb/> auch die Meiſterſchaft der Berufsläufer zum<lb/> Austrag. Die Durchführung der geſamten Ver-<lb/> anſtaltung liegt in den Händen des Winter-<lb/> ſportvereins Oberammergau. — Die <hi rendition="#g">Wett-<lb/> lauf-Ordnung</hi> iſt folgende: Samstag,<lb/> 19. Januar: <hi rendition="#g">Großer Langlauf,</hi> 12 Kilo-<lb/> meter (zugleich Prüfungslauf für das Deutſche<lb/> Sportabzeichen) für Klaſſe 1, 2 und Alters-<lb/> klaſſe 1 und 2; gemeinſamer Abmarſch 7 Uhr<lb/> vorm. vom Hauptplatz; Start: 10.30 Uhr; An-<lb/> kunft der erſten Läufer am Ziel ungefähr 11.15<lb/> Uhr vormittags. — <hi rendition="#g">Kleiner Langlauf</hi><lb/> (etwa 8 Kilometer) für Jugendklaſſe 1 und<lb/> Klaſſe 3. Gemeinſamer Abmarſch 7 Uhr vorm.<lb/> vom Hauptplatz; Start 10 Uhr vorm., Ankunft<lb/> der erſten Läufer am Ziel ungefähr 10.30 Uhr<lb/> vorm. — <hi rendition="#g">Sprunglauf</hi> für Jugendklaſſe 1<lb/> und Klaſſe 3. Start nachm. 2.30 Uhr auf der<lb/> Oſterbichl-Schanze. — Abends 8 Uhr <hi rendition="#g">Be-<lb/> grüßungsabend</hi> im „Weißen Rößl“. —<lb/> Sonntag, 20. Januar: <hi rendition="#g">Hindernislauf,</hi><lb/> 2 Kilometer, in einer Klaſſe (nur für Läufer<lb/> über 20 Jahre). Gemeinſamer Abmarſch 8 Uhr<lb/> vormittags vom Hauptplatz; Start 9.30 Uhr<lb/> vorm., Ankunft der erſten Läufer ungefähr 9.35<lb/> Uhr vorm. am Sportplatz. — <hi rendition="#g">Damenlauf,</hi><lb/> 5 Kilometer, für Klaſſe 1 und 2. Gemeinſamer<lb/> Abmarſch 8.30 Uhr vormittags vom Hauptplatz;<lb/> Start 10 Uhr vorm.; Ankunft der erſten Läufe-<lb/> rinnen ungefähr 10.20 Uhr am Sportplatz. —<lb/><hi rendition="#g">Großer Sprunglauf,</hi> für Klaſſe 1 und 2<lb/> und Altersklaſſe 1 und 2. Beginn nachmittags<lb/> 1.30 Uhr auf der großen Ammergauer-Schanze<lb/> am Steckenberg. — Abends 8 Uhr: <hi rendition="#g">Preis-<lb/> verteilung</hi> im „Weißen Rößl“ mit Konzert.<lb/> — <hi rendition="#g">Sämtliche Nennungen</hi> ſind an den<lb/> Winterſportverein Oberammergau zu richten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"><lb/> <p><hi rendition="#b">Das Münchener Rennjahr 1924</hi> wird voraus-<lb/> ſichtlich 49 Tage umfaſſen und zwar ſind vor-<lb/> läufig 17 Renntage für Riem und 32 Renntage<lb/> für Daglfing vorgeſehen. Für die Galopper wer-<lb/> den die genauen Termine in der Delegierten-<lb/> Verſammlung des Union-Klubs ausgemacht; für<lb/> die Traber ſind die Provinzvereine für die end-<lb/> gültigen Termine noch mitbeſtimmend. Unver-<lb/> bindlich ſind folgende Renntermine anzu-<lb/> nehmen:</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Daglfing:</hi> </hi> </p><lb/> <p>9., 16., 23. und 30. März; 20., 21., 26. und<lb/> 27. April; 15., 16., 19. und 22. Juni; 12., 13.,<lb/> 19 und 20. Juli; 9., 10., 15. und 17. Auguſt;<lb/> 7., 8., 13. und 14. September; 19., 20., 25. und<lb/> 26. Oktober; 2., 9., 16. und 23. November.</p><lb/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Riem:</hi> </hi> </p><lb/> <p>6. und 13. April; 18., 21. 25. und 29. Mar;<lb/> 1. Juni; 29. Juni; 2., 6., 27. und 30. Juli;<lb/> 8. Auguſt; 5., 8., 12. und 15. Oktober.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Eine Frauenolympiade in Prag</hi> wird im<lb/> Juni oder Juli ſtattfinden. Sämtliche Länder der<lb/> Welt erhalten eine Einladung.</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Warum der Amerikaner zum Fußball-Wettkampf<lb/> geht ...</hi> </head><lb/> <p>Dieſe Frage beantwortet ein Sachverſtändiger<lb/> in einem amerikaniſchen Witzblatt recht treffend.<lb/> Er zerlegt die 80 000 Zuſchauer eines großen Fuß-<lb/> ballſpieles in mehrere Kategorien und teilt dieſen<lb/> folgenden Zahlen zu: Solche, die keine Einladung<lb/> zu einem Sonntagsausflug mehr erhielten:<lb/> 16 761. — Solche, die zufällig am Platze vorüber-<lb/> kamen: 4382. — Frauen, die im Herbſt von ihren<lb/> Gatten ein neues Pelzkoſtüm bekamen: 4626. —<lb/> Frauen, die voriges Jahr von ihren Gatten ein<lb/> neues Pelzkoſtüm bekamen: 1219. — Frauen, die<lb/> noch nie eins bekamen: 3. — Jene, die immer<lb/> dabei ſind, wenn man für eine Karte das Zehn-<lb/> fache bezahlen muß: 9513. — Backfiſche, die auf<lb/> den erſten Anbeter warten: 8369. — Witwen,<lb/> die an den erſten Anbeter zurückdenken: 2125. —<lb/> Fremde, die ſich über das Spiel den Kopf zer-<lb/> brechen: 1411. — Solche, die ſich an die älteſten,<lb/> glorreichen Zeiten erinnern, als man von einem<lb/> Goal zum anderen dribbelte: 21 624. — Solche,<lb/> die nie etwas davon gehört hatten: 4000. — Die<lb/> zum alten Eiſen gehören, Exiuniverſitätler und<lb/> andere Ex: 2126. — Zeitungsleute und ähnliche<lb/> Außenſeiter: 927. — Leute mit ihren Familien,<lb/> die ſich darüber nicht beruhigen können, daß der<lb/> Trainer 1500 Dollar pro Jahr bekommt: 1853. —<lb/> Jene, die was vom Fußball verſtehen und den<lb/> Sport lieben: 1061.</p><lb/> <p>Na, wir Münchener ſind doch ehrlicher be-<lb/> geiſterte Sportsleute ...</p> </div> </div><lb/> <div type="jAn" n="2"> <gap reason="insignificant"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [7/0007]
Samstag, den 12. Januar 1924. Allgemeine Zeitung. Nr. 11
Der Engliſche Garten in Gefahr
Die Frage der Bebauung des Engliſchens Gartens
iſt akut geworden. Vor einem Monat gelangten
die erſten Nachrichten von dem Projekt an die
Öffentlichkeit, den Rand des Gartens an der Prinz-
regentenſtraße für Wohnungsbauten zu verwenden.
Bald darauf erſchien in der Preſſe eine beruhi-
gende Meldung. Sie war unzutreffend, vielleicht ein
geſchickter Schachzug. Die Angelegenheit iſt in-
zwiſchen gereiſt und ſteht vor der Entſcheidung.
Es iſt Zeit, daß in der für München hochwichtigen
Frage einer eventuellen Zerſtörung des Engliſchen
Gartens mit offenen Karten geſpielt wird.
Die auffällig tolerante Stellungnahme der „Mün-
chener Neueſten Nachrichten“ zu den ſpekulativ-ego-
iſtiſchen Abſichten auf den ſchönſten Teil des Parks
— ganz im Gegenſatz zu der ſonſt ſo ſchutzfreudigen
Betätigung des Blattes, ſobald es ſich um eine
Münchener oder gar eine Kunſtſtadt-Angelegenheit
handelt, laſſen vermuten, daß hier Fäden zu der
Baufirma „Heilmann & Littmann“ geſponnen ſind.
Das Blatt ſcheint es auch ſelbſt zu empfinden, daß
es ſich exponiert, und verſteckt ſich hinter fadenſcheini-
zen „Gründen“, die für die Bebauung ſprechen
ſollen. Zu ihnen gehört das Spekulieren mit ſozialen
Motiven, wonach „Tauſende“ bei den Bauten Be-
ſchäftigung finden würden.
Dieſe ſoziale Spekulation nimmt die „Münchener
Zeitung“ in irreführender Weiſe auf. Sie verſucht
es, die Frage „darf der Engliſche Garten
bebaut werden oder nicht?“ zu einer ſchein-
bar prinzipiellen zu ſtempeln: ſie fordert die Be-
bauung! Aber nicht als Bebauung des Engli-
ſchen Gartens, ſondern unter dem Motto:
Verkauf ſtaatlichen Baugrunde&ſr;. Auf
dieſe Art ſoll der Sinn, die Bedeutung der
ganzen Angelegenheit verdreht wer-
den. Der Fall „Engliſcher Garten“ ſoll ſo in
den Hintergrund gerückt werden. Die Erfah-
rung wird hier geſchickt verwertet, ein zugkräftiges
Schlagwort genüge, um Schlimmſtes zu decken, eine
„ſoziale“ Fahne, um unter ihr gerade antiſozial han-
deln zu dürfen. Die Forderung der „Münchener
Zeitung“ nach Freigabe ſtaatlichen Baugrunds iſt
gerechtfertigt, hat aber mit dieſer „Bebauung des
Engliſchen Gartens“ nichts zu tun. Niemand ſieht
einen Hinderungsgrund der Bebauung des Engli-
ſchen Gartens darin, daß er ſtaatlicher Beſitz
iſt! Der Engliſche Garten darf nicht bebaut, nicht
angetaſtet werden, weil es der Engliſche
Garten iſt. Stadtbild, Kulturbeſitz, „Lunge der
Stadt.“ — Die Gründe liegen auf der Hand. Man
erinnere ſich doch des Lärms, der geſchlagen wurde,
als der Botaniſche Garten durch Bebauung bedroht
war. Und jetzt ſoll die „Beſchäftigung Tauſender
von Arbeitsloſen“ herhalten, um dieſen Vandalismus
zur ſozialen Tat zu verdrehen.
Man nimmt die „Tauſende“ als Tatſache.
Aber: Maßgebende Fachleute der Techniſchen
Hochſchule haben ausgerechnet, daß beim Bau dieſer
freiſtehenden Häuſer höchſtens fünfhundert Arbeiter
eingeſtellt werden könnten. Es gibt in der Stadt
noch ſo viele Bauplätze für rationellere Wohn-
häuſer, daß man, um die Arbeitsloſigkeit zu min-
dern, nicht gerade auf den Engliſchen Garten ver-
fallen muß, umſomehr als hier niemals ſparſame
Mietwohnungen für Bürger und Mittelſtand, ſon-
dern nur Luxusbauten für Großkapitaliſten entſtehen
würden.
Als Troſt wird angegeben, es käme ja nur „ein
Tauſendſtel“ des Parks in Frage.
Wenn beim Aumeiſter oder in der Hirſchau ſogar
ein Hundertſtel des Engliſchen Gartens wirklich
nutzbringend und zweckentſprechend zur Bebauung
käme, ſo würden ſich dagegen wahrſcheinlich keine
Stimmen erheben. Mit Recht! Wenn dagegen an
der Prinzregentenſtraße, unmittelbar zwiſchen Prinz
Karlpalais und Nationalmuſeum, alſo am wichtig-
ſten und ſchönſten Teil, der den freien Zugang von
der Sadt aus bietet, auch nur ein „Millionſtel“ zer-
ſtört wird, ſo iſt es niemals wieder gut zu machen.
Und wer garantiert denn, daß nicht allmählich die
ganze Königinſtraße verdorben wird und ebenfalls
der Bauwut zum Opfer fällt?
Städtebaulich iſt das Projekt kaum diskutierbar;
denn man kann ſich wohl keine Verſchönerung durch
Wohnarchitektur — es handelt ſich nicht um einen
Pavillon, einen Tempel, oder ſonſt eine mehr pla-
ſtiſch wirkende Schmuckarbeit! — an dieſer Stelle
denken. Die Häuſer würden ihre Rückſeite gegen
den Engliſchen Garten kehren, Kloſet-, Küchen-
fenſter und Balkons, Kehrichttonnen, kleine Wirt-
ſchaftshöfe uſw. wären unvermeidbar. In Berlin
am Tiergarten hat man abſchreckende Beiſpiele hie-
für. Will man aber trotzdem hartnäckig das Projekt
weiter verfolgen, ſo iſt der einzig mögliche Weg der
einer öffentlichen Preisausſchreibung, bei der die ge-
geſamte Architekten- und Künſtlerſchaft ſich die
Zähne daran ausbeißen und dazu Stellung nehmen
kann. Dann wird ſich zeigen, ob und was aus dem
künſtleriſch, ſtädtebaulich und ſozial-wirtſchaftlich ſo
hochbedeutungsvollen Problem zu machen iſt. Nie-
mals aber darf der koſtbarſte Erholungsplatz einer
Stadt der ſpekulativen Willkür eine&ſr; geſchäftlichen
Unternehmens überantwortet werden.
Verſchiedene Verbände der Künſtlerſchaft, der
Hauptausſchuß des bayer. Kunſtgewerbevereins und
neuerdings auch die Techniſche Hochſchule
haben ſich entſchieden gegen eine Bebauung des
Engliſchen Gartens ausgeſprochen. Die Techniſche
Hochſchule ſtellt ſich in dieſem Falle geſchloſſen
hinter das Miniſterium des Innern.
Es iſt durchaus zu verſtehen, wenn allenfalls den
Finanzminiſter die große Einnahme reizt, die in
Ausſicht ſteht.
Es handelt ſich hier aber nicht um Materielles,
Materielles darf hier nicht den Ausſchlag geben.
Iſt Baugrund nötig, ſo muß er gefunden, ſind
Bauten nötig, müſſen ſie aufgeführt werden. Es
darf nicht ſein, daß wir in unſerer furchtbaren Not-
lage um das Intereſſe einiger Einzel-
nen willen der Güter beraubt werden,
die wir als Heiligſtes beſitzen: der
kulturellen Denkmale einer glück-
lichen Zeit.
Wollen wir das, was uns die Feinde
laſſen, weil ſie es nicht nehmen kön-
nen, wollen wir die Wahrzeichen ein-
ſtiger Blüte uns ſelbſt zerſtören? Sie
ſind der Hoffnung auf beſſere Tage ein Anſporn, ſie
ſind geiſtiger, kultureller Beſitz.
Hände weg.
Strafprozoß-Reform durch Ermächtigungsgeſetz.
Von
Rechtsanwalt Dr. L. Ambrunn.
Die „Verordnung über Gerichtsverfaſſung und
Strafrechtspflege“ vom 4. Januar 1924, welche
im Reichsgeſetzblatt Nr. 2 vom 7. Januar 1924
veröffentlicht iſt, bringt unter dem Geſichtspunkt
der für den Reichshaushalt erforderlichen Spar-
ſamkeit einſchneidende Veränderungen der ge-
ſamten Strafrechtspflege, außerdem im Ab-
ſchnitt V mehrere zeitlich beſchränkte Notmaß-
nahmen für die Zeit vom 15. Januar bis 31.
März 1924.
Während man nach der bisherigen Strafprozeß-
ordnung wohl die Strafkammer als das Haupt-
gericht für die Strafrechtspflege bezeichnen konnte,
wird nunmehr das Hauptgericht, vor welches
die meiſten Strafſachen in erſter Inſtanz kommen,
das Amtsgericht mit oder ohne Schöf-
fen. Die Amtsgerichte ſind nunmehr prinzipiell
zuſtändig für alle Uebertretungen, Vergehen und
für alle mit Gefängnis oder Feſtungshaft oder
Zuchthaus von höchſtens 10 Jahren bedrohten Ver-
brechen, außer Meineid (§ 6 der Verordnung). Der
Amtsrichter allein entſcheidet:
1. bei Uebertretungen,
2. bei Vergehen, die im Wege der Privatklage
verfolgt werden,
3. wenn die Tat mit keiner höheren Strafe als
6 Monate Gefängnis bedroht iſt,
4. wenn die Staatsanwaltſchaft es bei Ein-
reichung der Anklageſchrift oder mündlicher Er-
hebung der Anklage beantragt. Ferner entſcheidet
der Amtsrichter allein bei Verbrechen des ſchweren
Diebſtahls und Hehlerei, ſowie bei Rückfallsver-
brechen, ſofern die Staatsanwaltſchaft es bean-
tragt und der Beſchuldigte nicht widerſpricht (§ 7,
8, 9 der Verordnung). Soweit hiernach nicht der
Amtsrichter allein entſcheidet, amtiert das
Schöffengericht in bisheriger Geſtalt unter Zu-
ziehung von zwei Schöffen.
Neu iſt, daß, falls die Staatsanwaltſchaft es bei
Einreichung der Anklageſchrift beantragt, ein
zweiter Amtsrichter zuzuziehen iſt. (Dieſen An-
trag ſoll die Staatsanwaltſchaft nur ſtellen, wenn
nach Umfang und Bedeutung der Sache die Zu-
ziehung eines zweiten Amtsrichters notwendig
erſcheint.)
Ueber die Berufung gegen Urteile des
Amtsrichters und des Schöffengerichts entſcheiden
die Landgerichte (Strafkammer), die Beſetzung der
Strafkammer iſt verſchieden, je nachdem die Be-
rufung gegen das Urteil des Amtsrichters oder des
Schöffengerichts eingelegt iſt. Bei Berufung gegen
das Urteil des Amtsrichters urteilt die Straf-
kammer als Berufungsgericht in der Beſetzung
mit dem Vorſitzenden und 2 Schöffen (kleine
Strafkammer), bei Berufung gegen das
Urteil des Schöffengerichts in der Beſetzung von
3 Richtern und 2 Schöffen (große Straf-
kammer). Das Schwurgericht beſteht aus
3 Richtern und 6 Geſchworenen. Richter und
Geſchworene entſcheiden über Schuld- und Straf-
frage gemeinſchaftlich (während bisher die 12 Ge-
ſchworenen nur über die Schuldfrage zu befinden
hatten). Die Bedeutung des Schwurgerichtes
tritt alſo künftighin ſehr zurück, weil ja viele
der bisher vor ihnen verhandelten Fälle dem
Amtsrichter bzw. Schöffengericht überwieſen
ſind wie z. B. Falſchmünzerei, Notzucht, Raub.
In den zur Zuſtändigkeit des Reichs-
gericht&ſr; gehörenden Sachen wegen Landes-
verrat kann der Oberreichsanwalt die Straf-
verfolgung an die Landesſtaatsanwaltſchaft ab-
geben und mit dieſer Abgabe wird das Ober-
landesgericht zuſtändig. Ebenſo kann das
Reichsgericht bei Eröffnung des Hauptverfahrens
die Verhandlung und Entſcheidung dem Ober-
landesgericht überweiſen, wenn der Oberreichs-
anwalt dies bei Einreichung der Anklageſchrift
beantragt.
Die Oberlandesgerichte ſind nunmehr
(an Stelle des Reichsgerichts) Reviſions-
gerichte, bei Reviſion gegen die Urteile der
kleinen Strafkammer und gegen die Urteile der
großen Strafkammer.
Es iſt ferner (im § 23) eine Ausnahme
vom Verfolgungszwang eingeführt.
„Wenn die Schuld des Täters gering iſt und die
Folgen der Tat unbedeutend ſind“, werden Ueber-
tretungen nicht verfolgt und unter denſelben
Vorausſetzungen kann bei Vergehen die Staats-
anwaltſchaft mit Zuſtimmung des Amtsrichters
von der Erhebung der Anklage abſehen. Eine
Freiheitsſtrafe von nicht mehr als 3 Monaten
kann künftig durch Strafbefehl angeordnet
werden. (§ 37).
Von den Aenderungen der Gerichts-
verfaſſung, die im § 1 bis 5 der Verordnung
enthalten ſind, ſind weſentlich: Die Senate der
Oberlandesgerichte entſcheiden in der Beſetzung
von drei Mitgliedern (bisher fünf), abgeſehen von
den Strafſenaten, welche mit 5 Mitgliedern beſetzt
ſind; die Senate des Reichsgerichts entſcheiden
in der Beſetzung von 5 Mitgliedern (bisher 7).
Ein Richter kann zugleich Amtsrichter und Mit-
glied oder Direktor bei dem übergeordneten Land-
gericht ſein.
Von außerordentlicher Wichtigkeit, allerdings
nur für die Zeit vom 15. Januar bis 31. März
1924 ſind die „Notmaßnahmen“. Hiernach
werden in dieſer Zeit Schöffen in Straf-
ſachen überhaupt nicht zugezogen, Schwur-
gerichtetreten nicht zuſammen. In den
Schöffengerichtsſachen entſcheidet der Amtsrichter
allein, in den Wuchergerichtsſachen entſcheiden die
richterlichen Mitglieder allein. (Man hätte beſſer
die Wuchergerichte abſchaffen ſollen, anſtatt das
Laienelement auszuſchalten.) Die Schwurgerichts-
ſachen werden den Strafkammern zugewieſen.
(Eine, wenn auch nur für vorübergehende Zeit
ſehr einſchneidende und bedenkliche Herabminde-
rung der Garantien der Rechtspflege.) In allen
Privatklageſachen ruht das Ver-
fahren bis zum 31. März 1924. Bei
Uebertretungen und Vergehen iſt Berufung aus-
geſchloſſen, wenn wegen der Tat auf Freiſprechung
oder ausſchließlich auf Geldſtrafe erkannt worden
iſt. Gegen das Urteil findet in dieſem Falle Re-
viſion ſtatt, über welche das Oberlandesgericht
entſcheidet.
Sport.
r. Die Ski-Meiſterſchaft von Bayern wird am
19. und 20. Januar in Oberammergau für
1924 durchgeführt. Gleichzeitig kommt erſtmals
auch die Meiſterſchaft der Berufsläufer zum
Austrag. Die Durchführung der geſamten Ver-
anſtaltung liegt in den Händen des Winter-
ſportvereins Oberammergau. — Die Wett-
lauf-Ordnung iſt folgende: Samstag,
19. Januar: Großer Langlauf, 12 Kilo-
meter (zugleich Prüfungslauf für das Deutſche
Sportabzeichen) für Klaſſe 1, 2 und Alters-
klaſſe 1 und 2; gemeinſamer Abmarſch 7 Uhr
vorm. vom Hauptplatz; Start: 10.30 Uhr; An-
kunft der erſten Läufer am Ziel ungefähr 11.15
Uhr vormittags. — Kleiner Langlauf
(etwa 8 Kilometer) für Jugendklaſſe 1 und
Klaſſe 3. Gemeinſamer Abmarſch 7 Uhr vorm.
vom Hauptplatz; Start 10 Uhr vorm., Ankunft
der erſten Läufer am Ziel ungefähr 10.30 Uhr
vorm. — Sprunglauf für Jugendklaſſe 1
und Klaſſe 3. Start nachm. 2.30 Uhr auf der
Oſterbichl-Schanze. — Abends 8 Uhr Be-
grüßungsabend im „Weißen Rößl“. —
Sonntag, 20. Januar: Hindernislauf,
2 Kilometer, in einer Klaſſe (nur für Läufer
über 20 Jahre). Gemeinſamer Abmarſch 8 Uhr
vormittags vom Hauptplatz; Start 9.30 Uhr
vorm., Ankunft der erſten Läufer ungefähr 9.35
Uhr vorm. am Sportplatz. — Damenlauf,
5 Kilometer, für Klaſſe 1 und 2. Gemeinſamer
Abmarſch 8.30 Uhr vormittags vom Hauptplatz;
Start 10 Uhr vorm.; Ankunft der erſten Läufe-
rinnen ungefähr 10.20 Uhr am Sportplatz. —
Großer Sprunglauf, für Klaſſe 1 und 2
und Altersklaſſe 1 und 2. Beginn nachmittags
1.30 Uhr auf der großen Ammergauer-Schanze
am Steckenberg. — Abends 8 Uhr: Preis-
verteilung im „Weißen Rößl“ mit Konzert.
— Sämtliche Nennungen ſind an den
Winterſportverein Oberammergau zu richten.
Das Münchener Rennjahr 1924 wird voraus-
ſichtlich 49 Tage umfaſſen und zwar ſind vor-
läufig 17 Renntage für Riem und 32 Renntage
für Daglfing vorgeſehen. Für die Galopper wer-
den die genauen Termine in der Delegierten-
Verſammlung des Union-Klubs ausgemacht; für
die Traber ſind die Provinzvereine für die end-
gültigen Termine noch mitbeſtimmend. Unver-
bindlich ſind folgende Renntermine anzu-
nehmen:
Daglfing:
9., 16., 23. und 30. März; 20., 21., 26. und
27. April; 15., 16., 19. und 22. Juni; 12., 13.,
19 und 20. Juli; 9., 10., 15. und 17. Auguſt;
7., 8., 13. und 14. September; 19., 20., 25. und
26. Oktober; 2., 9., 16. und 23. November.
Riem:
6. und 13. April; 18., 21. 25. und 29. Mar;
1. Juni; 29. Juni; 2., 6., 27. und 30. Juli;
8. Auguſt; 5., 8., 12. und 15. Oktober.
Eine Frauenolympiade in Prag wird im
Juni oder Juli ſtattfinden. Sämtliche Länder der
Welt erhalten eine Einladung.
Warum der Amerikaner zum Fußball-Wettkampf
geht ...
Dieſe Frage beantwortet ein Sachverſtändiger
in einem amerikaniſchen Witzblatt recht treffend.
Er zerlegt die 80 000 Zuſchauer eines großen Fuß-
ballſpieles in mehrere Kategorien und teilt dieſen
folgenden Zahlen zu: Solche, die keine Einladung
zu einem Sonntagsausflug mehr erhielten:
16 761. — Solche, die zufällig am Platze vorüber-
kamen: 4382. — Frauen, die im Herbſt von ihren
Gatten ein neues Pelzkoſtüm bekamen: 4626. —
Frauen, die voriges Jahr von ihren Gatten ein
neues Pelzkoſtüm bekamen: 1219. — Frauen, die
noch nie eins bekamen: 3. — Jene, die immer
dabei ſind, wenn man für eine Karte das Zehn-
fache bezahlen muß: 9513. — Backfiſche, die auf
den erſten Anbeter warten: 8369. — Witwen,
die an den erſten Anbeter zurückdenken: 2125. —
Fremde, die ſich über das Spiel den Kopf zer-
brechen: 1411. — Solche, die ſich an die älteſten,
glorreichen Zeiten erinnern, als man von einem
Goal zum anderen dribbelte: 21 624. — Solche,
die nie etwas davon gehört hatten: 4000. — Die
zum alten Eiſen gehören, Exiuniverſitätler und
andere Ex: 2126. — Zeitungsleute und ähnliche
Außenſeiter: 927. — Leute mit ihren Familien,
die ſich darüber nicht beruhigen können, daß der
Trainer 1500 Dollar pro Jahr bekommt: 1853. —
Jene, die was vom Fußball verſtehen und den
Sport lieben: 1061.
Na, wir Münchener ſind doch ehrlicher be-
geiſterte Sportsleute ...
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(2022-12-19T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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