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Allgemeine Zeitung, Nr. 126, 16. März 1908.

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Montag. 16. März 1908. München. Einzige Tagesausgabe. -- Nr. 126
Allgemeine Zeitung.
Erscheint täglich 2mal. -- Einhundertelfter Jahrgang.

Bezugspreis: Ausgabe B mit Wissenschastlicher Beilage und Internationaler Wochenschrist in
München 1.50 Mark monatlich frei ins Haus; durch die Post: 2. -- Mark monatlich. Ausgabe A (ohne
Beilage) in München 1. -- Mark, durch die Post bezogen 1.50 Mark monatlich. Abonnements für
München: Expedition Bayerstraße 57, deren Filialen und fämtliche Zeitungs-Expeditionen; für
das Ausland: England: A. Siegle. 30 Lime Str. und The Anglo-Foreign Publishing Syndicate.
Ltd., 38 Coleman Str., in London; Frankreich, Portugal und Spanien: A. Ammel u. C. Kliencksieck
in Paris; das übrige Europa: die Postämter; Orient: das k. k. Postamt in Wien oder in Triest; Nord-
amerika: F. W. Christern. E. Steiger & Co., Gust. E. Stechert. Westermann & Co., sämtlich in New York.

[Abbildung]

Infertionspreis: für die 7 gespaltene Kolonelzeile oder deren Raum im Morgenblatt
40 Pfennig, im Abendblatt 30 Pfennig, Lokale Anzeigen nach Tarif. Stellen-Gesuche 10 Pfennig.
Inseraten-Annahme in München: Erpedition Baherstraße 57, die Filialen der Allgemeinen
Zeitung und alle Annoncen-Expeditionen. -- Generalvertretungen: für Oesterreich-Ungarn
in Wien WI. Schönbrunner Str. 48 (Richard Jahn); Frankreich: John F. Jones & Co.,
31 bis Rue du Faubourg Montmartre in Paris; England: John F. Jones & Co.,
1 & 2 Snow Hill, Holborn-Viadukt, London; Rußland: L. & E. Metzi & Co., Moskau.
Mjasnitzkaja Haus Eystow, St. Petersburg. Morskaja 11; Warschau: Kral-Vorstadt 58.

Chefredakteur: Dr. Hermann Diez.
Verantwortlich: für den politischen Teil mit Ausnahme der bayerischen Politik Dr. Rudolf Dammert; für den bayerischen Teil Dr. Paul Busching; für das Feuilleton und den "Sonntag" Alfred Frhr. v. Mensi;
für die Wissenschaftliche Beilage Dr. Oskar Bulle; für den Handelsteil Leo Jolles, sämtlich in München.
Redaktion: Bayerstraße 57 Telephon 8432, 8433. = Druck und Verlag: Bayerische Druckerei & Verlagsanstalt, G. m. b. H., in München. = Expedition: Bayerstraße 57. Telephon 8430, 8431.

[Spaltenumbruch]
Das Neueste vom Tage.

In der Kammer der Reichsräte hat eine interessante
Debatte über Reichsfinanzreform und die Finanz-
politik des Zentrums stattgefunden.

Weder der Reichskanzler noch der Staatssekretär
des Auswärtigen Amtes
werden den Kaiser nach
Venedig begleiten.

Die Reichstagskommission für das Vereinsgesetz
wird am Mittwoch die Verhandlungen wieder aufnehmen.

Der neue Handelsvertrag zwischen Oesterreich-
Ungarn und Serbien
ist unterzeichnet worden.

Der Streitfall zwischen China und Japan wegen der Beschlag-
nahme des Tatsu Maru
wurde beigelegt.

Der Nationalverein für das liberale
Deutschland.

(15. März 1907 -- 15. März 1908.)

Ein Jahr ist seit der Gründung des Nationalvereins
für das liberale Deutschland verflossen, ein Jahr voll An-
strengung. Arbeit und mancherlei Enttäuschung, aber auch
ein Jahr voll Zukunftssaat und Erntehoffnung.

Manche unserer Freunde, die unter dem frischen Ein-
druck der Wahlbegeisterung geglaubt hatten, daß der Natio-
nalverein sich seine Position im Sturm erringen würde,
haben einsehen müssen, daß man politische Organe auf
Stimmungen allein nicht aufbauen kann. Die Begeisterung
der Reichstagswahlen ist verflogen. Wir haben alle er-
fahren müssen, daß die Ausschaltung des Zentrums aus der
Reichstagsmehrheit keinen Sieg unserer Sache bedeutet
hat. Mit bitterem Gefühl erinnert man sich, daß bei
der Reichstagsauflösung vom Dezember 1906 bereits
das Wort gefallen ist, der sogenannte Block bedeute nichts
anderes, als daß konservative Politik gemacht werde
und die Liberalen die Musik dazu machen dürfen. Wo sind
die Konzessionen an den Liberalismus, von denen man uns
sprach? In weiten Kreisen des Liberalismus glaubt nie-
mand mehr daran und das Mißtrauen beginnt sich auf die
Führer zu übertragen, die immer noch an dieser Politik
festhalten.

Wir wollen mit diesen Worten die Schwierigkeiten
des Augenblicks wahrlich nicht vermehren helfen, allein
die Parteikrisis des Augenblicks schweigend ignorieren,
wäre unwahrhaftig und entzöge uns das Recht, in unserer
Nationalvereinsarbeit fortzufahren.

Wir wünschten, daß alle diejenigen, die im Augenblick
an der freiheitlichen Zukunft Deutschlands zu verzweifeln
beginnen, mit uns sich auseinandersetzen möchten über die
folgenden drei Sätze:

1. Vom Standpunkt der freiheitlichen
Entwicklung Deutschlands sind die gegen-
wärtigen Mehrheitsverhältnisse im
Reichstag gleichgültig, da uns weder die
alte noch die gegen wärtige Mehrheit frei-
heitliche Politik zu bieten vermag.

2. Alle unsere Hoffnung liegt in der Zu-
kunft, in einem Zeitpunkt, in dem unsere
Arbeit die Mehrheitsverhältnisse gewan-
delt haben wird.

3. Darum müssen alle unsere Kräfte auf
liberale Organisation und Agitation kon-
zentriert werden; es ist sinnlos, von den
Parlamenten liberale Politik zu verlan-
gen, während der Liberalismus im Lande
trotz allen Niederganges noch nicht einmal
den Willen zur Einigung gefunden hat.

Von dem, was bisher in der Richtung dieser Ziele ver-
sucht worden ist, sei heute kurz berichtet.

In Rücksicht auf die Parteiorganisationen, die anfangs
zu fürchten schienen, daß der Nationalverein eine Konkur-
tenz für die bestehenden Fraktionen werden würde, haben
wir beschlossen, keine Ortsgruppen zu gründen. Der Na-
tionalverein bestand daher zunächst nur aus einem Zentral-
bureau (dem Generalsekretariat in München, Finkenstr. 3),
einem etwa 60 Personen, darunter 3 Damen, umfassenden
Vorstand, einem achtgliedrigen geschäftsführenden Ausschuß
und aus gegen 2000 Mitgliedern, die in der ersten Zeit bei-
getreten sind. Der Beschluß, keine Ortsgruppen zu gründen,
machte eine weitere Agitation für den Verein nahezu un-
möglich, so daß der Mitgliederstand sich nur wenig ver-
schieben konnte. Um nun aber für die Tätigkeit des Organs
die erforderliche Unterlage zu schaffen, ist die Notwendig-
keit der Angliederung von Vereinen und Verbänden mehr
und mehr zutage getreten, da es der ganzen Idee des Na-
tionalvereins widerspricht, lediglich auf Einzelmitglieder
gestützt zu sein. Die finanzielle Grundlage des Vereins soll
[Spaltenumbruch] durch ein Kuratorium ausgebaut werden, dessen Anfänge
erfolgversprechend zu nennen sind. In dieser organisatori-
schen Beziehung (Ausbau des Vereins durch korporative
Mitglieder, Finanzierung durch ein Kuratorium) wird die
nächste Tagung definitive Beschlüsse zu fassen haben.

Was sucht nun der Nationalverein zu leisten? Die
größte Not der liberalen Uneinigkeit kann darin erblickt
werden, daß der Liberalismus mit den großen auf freiheit-
licher Grundlage ruhenden Standesbewegungen in keinen
organisatorischen Zusammenhang zu kommen vermag. Nur
an drei Bewegungen sei erinnert: die Arbeiterbewegung,
die Privatbeamtenbewegung, die Frauenbewegung. In
diesen drei Strömungen rinnt liberales Blut. Es sind Be-
freiungsbewegungen einzelner Schichten, wie der Liberalis-
mus in den alten Zeiten die Befreiungsbewegung des
ganzen Volkes war. Wieviel vom Liberalismus in der Be-
handlung der hier zugrunde liegenden Fragen versäumt
wurde, braucht nicht besonders betont zu werden. Jetzt be-
darf es jedenfalls gewaltiger Anstrengung, um diese Kinder
liberalen Geistes wieder in die richtige Beziehung zum
öffentlichen Leben zu bringen. Der Nationalverein schob
in den Mittelpunkt seiner ersten Tagung in Heidelberg die
Arbeiterfrage und in München benützte er die Gelegenheit
einer Tagung des altbayerischen Kreisverbandes liberaler
Vereine, um in ähnlicher Weise die Privatbeamtenfrage
und die politische Frauenfrage zu behandeln. Im Zusam-
menhang damit gab er Volksschriften heraus, von denen
bereits viele Tausende in alle Gegenden des Vaterlandes
hinausgegangen sind.1)

Neben dieser nach außen gerichteten Tätigkeit ging
eine ununterbrochene Korrespondenz mit Führern deutscher
Standesbewegungen Hand in Hand, die dem Zusammen-
hang von Berufsorganisation und Liberalismus zu dienen
bestrebt war. Dabei stellte sich heraus, daß man uns, die
wir nicht für eine der vier Fraktionen, sondern für den
Gesamtliberalismus eintreten, weitgehendes Vertrauen
entgegenbringt. Wir konnten zu unserer Freude in man-
chen Fällen mit Rat und Tat beistehen und glauben, daß
dies alles dem Parteileben auch wieder indirekt zugute
kommen mußte.

Nach außen hin wurde der Verein am meisten durch
die Heidelberger Tagung vom 22. und 23. Juni 1907 be-
kannt, die in ihren Einzelheiten wohl allen Freunden noch
in Erinnerung ist.2) Es war ein kühnes Wagnis, die Libe-
ralen und Demokraten Deutschlands trotz ihrer gegenwärti-
gen Zersplitterung zu einer gemeinsamen Tagung auf-
zufordern, allein der Versuch gelang. Es zeigte sich, daß
man das Einigende nur energisch in den Vordergrund zu
schieben braucht, um das zu finden, worauf im Grunde
unsere Zukunftshoffnung ruht: den Volksliberalismus, den
Liberalismus als Weltanschauung und als Stimmung. Im
Namen der "praktischen Politik" pflegt man diese Mo-
mente gar oft zu mißachten. Mit Unrecht! Wer da weiß,
was das Zentrum den Katholikentagen, die Sozialdemo-
kratie ihren Parteitagen perdankt, wird die agitatorische
Bedeutung gesamtliberaler Kongresse nicht gering an-
schlagen. Es ist nicht nötig, ja nicht einmal wünschenswert,
daß bei solchen Gelegenheiten "etwas Neues" gebracht
werde; im Gegenteil, je elementarer die allen gemeinsame
Grundlage liberaler Ueberzeugung zur Geltung kommt, je
demokratischer der Grundzug, je triebartiger die Willens-
äußerungen sind, desto höher der Erfolg.

Die fruchtbarste der bisherigen Leistungen des Natio-
nalvereins ist jedoch zweifellos die Einrichtung von "Kur-
sen zur Ausbildung liberaler Politiker", die erstmals in
den Tagen vom 12.--25. April dieses Jahres in Frankfurt
am Main abgehalten werden. Die Notwendigkeit der-
artiger Kurse wird wohl von keiner Seite bestritten wer-
den. Man weiß, daß es pielen unserer politischen Unter-
führer an wichtigen Kenntnissen fehlt, so daß eine sachliche
und formale Schulung von höchster Bedeutung ist. Diese
soll dadurch geboten werden, daß möglichst dieselben Per-
sonen in jedem Jahr zu derartigen Kursen vereinigt wer-
den, damit bei kommenden politischen Kämpfen ausgebil-
dete Führer in genügender Anzahl zur Verfügung stehen.
Den unbemittelten Teilnehmern werden Reiseentschädigun-
gen und Aufenthaltszuschüsse gewährt. Bei der Zusammen-
setzung des Lehrkörpers ist tunlichst darauf Rücksicht ge-
nommen worden, daß die verschiedenen Lager des Libera-
lismus vertreten sind.

Endlich sei noch erwähnt, daß der Nationalverein die
Anregung gab, im Juni dieses Jahres einen gesamtlibe-
[Spaltenumbruch] ralen Kongreß in München abzuhalten. Dieser Gedanke
ist in München in den Kreisen der liberalen Bevölkerung
aufs lebhafteste begrüßt worden.

Politische Nachrichten.
Eigener telegr. Dienst der Allgemeinen Zeitung.
[Die Benützung unserer Originalnachrichten ist nur mit der Quellenangabe
"Allg Ztg" gestattet.]

Die Debatte im Reichstag.

9.15 N. (Privattelegr.)
Der Reichstag hielt heute zwar nur eine Sitzung ab, aber
sie dauerte so lange, wie sonst ihrer zwei. Um 11 Uhr vor-
mittags wurde sie eröffnet, nach 8 Uhr abends erst ge-
schlossen. Daß unter solchen Verhältnissen die Gründlichkeit
der Beratungen leidet, liegt auf der Hand und wurde auch
von einzelnen Rednern im Reichstag selbst hervorgehoben.
Es ist in der Tat kein erhebender Anblick, wenn gerade sehr
wichtige Fragen in Gegenwart von 40 oder 50 Abgeord-
neten erörtert werden, wie es namentlich in den späteren
Stunden der Fall war.

Der Reichstag erledigte heute zunächst in zweiter
Lesung den Etat des Reichstags selbst. Es wurden dabei
fast ausschließlich Interna des Hauses, namentlich der Kom-
missionsberichterstattung, besprochen, da der Präsident Graf
Stolberg jeden Versuch, auf andere Dinge abzuschweifen,
energisch vereitelte.

Bei der nun folgenden Beratung des Etats der
Reichseisenbahnen
erklärte der preußische Eisen-
bahnminister Breitenbach, daß er eine gründliche Reform
der Fahrkartensteuer, die die Nachteile dieser Steuer be-
seitigen würde, anstrebe, und hoffe, daß dieses Ziel bei der
neuen Finanzreform Berücksichtigung finden werde. Er
fügte später noch hinzu, daß diese Reform keineswegs in
einer Belastung der unteren Wagenklasse bestehen soll.

Den weitesten Raum nahm im übrigen die Diskus-
sion über die Verhältnisse der Beamten
und Arbeiter
ein. Des weiteren beschäftigte man sich
auch mit der Zensur der Bahnhofbuchhand-
lungen,
der Freizügigkeit der Güterwagen und einiger
anderer Dinge, die schon bei dem Etat der Heeres- und der
Marineverwaltung Gegenstand der Debatte waren.

Es hatte sich daher, als die Beratung des Etats über
den allgemeinen Pensionsfonds folgte, der
wenigen anwesenden Abgeordneten teils Ermüdung, teils
Ungeduld bemächtigt, der sie sehr deutlich Ausdruck gaben,
da Graf Oriola einen sehr ausführlichen Bericht über die
Verhandlungen in der Budgetkommission erstattete.

Unter allgemeiner Spannung ergriff dann der Zen-
trumsabgeordnete Erzberger das Wort, da sich das Ge-
rücht verbreitet hatte, daß seine Rede den Ausgangspunkt
einer großen Debatte über den Fall Lynar-Hohenau
bilden werde. Allein es kam nicht so, da sich Herr Erz-
berger darauf beschränkte, mit großer Entschiedenheit, aber
auch mit großer Ruhe, Zweifel darüber zu äußern, ob bei
der Pensionierung der beiden Offiziere streng nach Vor-
schrift des Gesetzes verfahren worden sei. General Sixt
v. Armin
erklärte diese Bedenken im Falle des Grafen
Hohenau für unberechtigt und teilte mit, daß eine Unter-
suchung darüber schwebe, ob im Falle des Grafen Lynar an
irgend einer Stelle eine Verletzung des Gesetzes vorgekom-
men sei. Damit erreichte er, daß die übrigen Parteien einst-
weilen auf eine weitere Diskussion der Angelegenheit ver-
zichteten.

Nachdem dann noch mit großer Schnelligkeit die Etats
des Reichsinvalidenfonds, des Reichsmilitärgerichts und
des Rechnungshofes erledigt worden waren, vertagte sich
das Haus auf Montag vormittags 11 Uhr.

(Der ausführliche Bericht befindet sich auf Seite 3 und 4.)
Kaiser Wilhelm und König Viktor Emanuel.

9.36 N. (Privattelegr.)
Die Nachricht eines italienischen Blattes, daß der Reichs-
kanzler Fürst Bülow
an der Begegnung Kaiser
Wilhelms mit König Viktor Emanuel in Venedig teil-
nehmen wird, entbehrt der Begründung. Die Zusammen-
kunft der beiden Monarchen findet zu derselben Zeit statt,
wo im Reichstag die Verhandlungen über den Etat des
Reichskanzlers und des Auswärtigen Amtes gepflogen
werden sollen. Der Kanzler und ebenso der Staatssekretär
des Auswärtigen Amtes sind also nach dem Stande der
parlamentarischen Arbeiten nicht in der Lage, gerade in
diesen Tagen Berlin zu verlassen. Dagegen ist die weitere
Bemerkung des italienischen Blattes, daß auch politische
Angelegenheiten
bei der Entrevue zur Sprache kom-
men könnten, nicht unzutreffend.

Fürst Eulenburg und Maximilian Harden.

11.05 N. (Privattelegr.)
Im November vorigen Jahres brachten viele Zeitungen
die Nachricht, Fürst Eulenburg habe gegen den Her-
ausgeber der Zukunft und seinen Verteidiger Strafantrag
bei der Staatsanwaltschaft eingereicht wegen beleidigender

1) Volksschriften des Nationalvereins für das liberale
Deutschland, Heft 1: Erkelenz und Kopp, Die Arbeiterfrage;
Heft 2: A. Thimm, Der Privatbeamte und das öffentliche Leben.
In Vorbereitung sind drei weitere Hefte über die politische
Frauensrage, über den Gedanken einer liberalen Arbeiterbewe-
gung und eine Programmschrift: Hat Deutschland eine liberale
Zukunft? Man wende sich an den Nationalverein, München,
Finkenstraße 3.
2) Der Beschluß, das Protokoll der Tagung herauszugeben,
scheiterte an sinanziellen Schwierigkeiten. Ein Teil der Verhand-
lungen wird jedoch noch nachträglich in Broschürenform heraus-
kommen

Montag. 16. März 1908. München. Einzige Tagesausgabe. — Nr. 126
Allgemeine Zeitung.
Erſcheint täglich 2mal. — Einhundertelfter Jahrgang.

Bezugspreis: Ausgabe B mit Wiſſenſchaſtlicher Beilage und Internationaler Wochenſchriſt in
München 1.50 Mark monatlich frei ins Haus; durch die Poſt: 2. — Mark monatlich. Ausgabe A (ohne
Beilage) in München 1. — Mark, durch die Poſt bezogen 1.50 Mark monatlich. Abonnements für
München: Expedition Bayerſtraße 57, deren Filialen und fämtliche Zeitungs-Expeditionen; für
das Ausland: England: A. Siegle. 30 Lime Str. und The Anglo-Foreign Publiſhing Syndicate.
Ltd., 38 Coleman Str., in London; Frankreich, Portugal und Spanien: A. Ammel u. C. Klienckſieck
in Paris; das übrige Europa: die Poſtämter; Orient: das k. k. Poſtamt in Wien oder in Trieſt; Nord-
amerika: F. W. Chriſtern. E. Steiger & Co., Guſt. E. Stechert. Weſtermann & Co., ſämtlich in New York.

[Abbildung]

Infertionspreis: für die 7 geſpaltene Kolonelzeile oder deren Raum im Morgenblatt
40 Pfennig, im Abendblatt 30 Pfennig, Lokale Anzeigen nach Tarif. Stellen-Geſuche 10 Pfennig.
Inſeraten-Annahme in München: Erpedition Baherſtraße 57, die Filialen der Allgemeinen
Zeitung und alle Annoncen-Expeditionen. — Generalvertretungen: für Oeſterreich-Ungarn
in Wien WI. Schönbrunner Str. 48 (Richard Jahn); Frankreich: John F. Jones & Co.,
31 bis Rue du Faubourg Montmartre in Paris; England: John F. Jones & Co.,
1 & 2 Snow Hill, Holborn-Viadukt, London; Rußland: L. & E. Metzi & Co., Moskau.
Mjasnitzkaja Haus Eyſtow, St. Petersburg. Morskaja 11; Warſchau: Kral-Vorſtadt 58.

Chefredakteur: Dr. Hermann Diez.
Verantwortlich: für den politiſchen Teil mit Ausnahme der bayeriſchen Politik Dr. Rudolf Dammert; für den bayeriſchen Teil Dr. Paul Buſching; für das Feuilleton und den „Sonntag“ Alfred Frhr. v. Menſi;
für die Wiſſenſchaftliche Beilage Dr. Oskar Bulle; für den Handelsteil Leo Jolles, ſämtlich in München.
Redaktion: Bayerſtraße 57 Telephon 8432, 8433. = Druck und Verlag: Bayeriſche Druckerei & Verlagsanſtalt, G. m. b. H., in München. = Expedition: Bayerſtraße 57. Telephon 8430, 8431.

[Spaltenumbruch]
Das Neueſte vom Tage.

In der Kammer der Reichsräte hat eine intereſſante
Debatte über Reichsfinanzreform und die Finanz-
politik des Zentrums ſtattgefunden.

Weder der Reichskanzler noch der Staatsſekretär
des Auswärtigen Amtes
werden den Kaiſer nach
Venedig begleiten.

Die Reichstagskommiſſion für das Vereinsgeſetz
wird am Mittwoch die Verhandlungen wieder aufnehmen.

Der neue Handelsvertrag zwiſchen Oeſterreich-
Ungarn und Serbien
iſt unterzeichnet worden.

Der Streitfall zwiſchen China und Japan wegen der Beſchlag-
nahme des Tatſu Maru
wurde beigelegt.

Der Nationalverein für das liberale
Deutſchland.

(15. März 1907 — 15. März 1908.)

Ein Jahr iſt ſeit der Gründung des Nationalvereins
für das liberale Deutſchland verfloſſen, ein Jahr voll An-
ſtrengung. Arbeit und mancherlei Enttäuſchung, aber auch
ein Jahr voll Zukunftsſaat und Erntehoffnung.

Manche unſerer Freunde, die unter dem friſchen Ein-
druck der Wahlbegeiſterung geglaubt hatten, daß der Natio-
nalverein ſich ſeine Poſition im Sturm erringen würde,
haben einſehen müſſen, daß man politiſche Organe auf
Stimmungen allein nicht aufbauen kann. Die Begeiſterung
der Reichstagswahlen iſt verflogen. Wir haben alle er-
fahren müſſen, daß die Ausſchaltung des Zentrums aus der
Reichstagsmehrheit keinen Sieg unſerer Sache bedeutet
hat. Mit bitterem Gefühl erinnert man ſich, daß bei
der Reichstagsauflöſung vom Dezember 1906 bereits
das Wort gefallen iſt, der ſogenannte Block bedeute nichts
anderes, als daß konſervative Politik gemacht werde
und die Liberalen die Muſik dazu machen dürfen. Wo ſind
die Konzeſſionen an den Liberalismus, von denen man uns
ſprach? In weiten Kreiſen des Liberalismus glaubt nie-
mand mehr daran und das Mißtrauen beginnt ſich auf die
Führer zu übertragen, die immer noch an dieſer Politik
feſthalten.

Wir wollen mit dieſen Worten die Schwierigkeiten
des Augenblicks wahrlich nicht vermehren helfen, allein
die Parteikriſis des Augenblicks ſchweigend ignorieren,
wäre unwahrhaftig und entzöge uns das Recht, in unſerer
Nationalvereinsarbeit fortzufahren.

Wir wünſchten, daß alle diejenigen, die im Augenblick
an der freiheitlichen Zukunft Deutſchlands zu verzweifeln
beginnen, mit uns ſich auseinanderſetzen möchten über die
folgenden drei Sätze:

1. Vom Standpunkt der freiheitlichen
Entwicklung Deutſchlands ſind die gegen-
wärtigen Mehrheitsverhältniſſe im
Reichstag gleichgültig, da uns weder die
alte noch die gegen wärtige Mehrheit frei-
heitliche Politik zu bieten vermag.

2. Alle unſere Hoffnung liegt in der Zu-
kunft, in einem Zeitpunkt, in dem unſere
Arbeit die Mehrheitsverhältniſſe gewan-
delt haben wird.

3. Darum müſſen alle unſere Kräfte auf
liberale Organiſation und Agitation kon-
zentriert werden; es iſt ſinnlos, von den
Parlamenten liberale Politik zu verlan-
gen, während der Liberalismus im Lande
trotz allen Niederganges noch nicht einmal
den Willen zur Einigung gefunden hat.

Von dem, was bisher in der Richtung dieſer Ziele ver-
ſucht worden iſt, ſei heute kurz berichtet.

In Rückſicht auf die Parteiorganiſationen, die anfangs
zu fürchten ſchienen, daß der Nationalverein eine Konkur-
tenz für die beſtehenden Fraktionen werden würde, haben
wir beſchloſſen, keine Ortsgruppen zu gründen. Der Na-
tionalverein beſtand daher zunächſt nur aus einem Zentral-
bureau (dem Generalſekretariat in München, Finkenſtr. 3),
einem etwa 60 Perſonen, darunter 3 Damen, umfaſſenden
Vorſtand, einem achtgliedrigen geſchäftsführenden Ausſchuß
und aus gegen 2000 Mitgliedern, die in der erſten Zeit bei-
getreten ſind. Der Beſchluß, keine Ortsgruppen zu gründen,
machte eine weitere Agitation für den Verein nahezu un-
möglich, ſo daß der Mitgliederſtand ſich nur wenig ver-
ſchieben konnte. Um nun aber für die Tätigkeit des Organs
die erforderliche Unterlage zu ſchaffen, iſt die Notwendig-
keit der Angliederung von Vereinen und Verbänden mehr
und mehr zutage getreten, da es der ganzen Idee des Na-
tionalvereins widerſpricht, lediglich auf Einzelmitglieder
geſtützt zu ſein. Die finanzielle Grundlage des Vereins ſoll
[Spaltenumbruch] durch ein Kuratorium ausgebaut werden, deſſen Anfänge
erfolgverſprechend zu nennen ſind. In dieſer organiſatori-
ſchen Beziehung (Ausbau des Vereins durch korporative
Mitglieder, Finanzierung durch ein Kuratorium) wird die
nächſte Tagung definitive Beſchlüſſe zu faſſen haben.

Was ſucht nun der Nationalverein zu leiſten? Die
größte Not der liberalen Uneinigkeit kann darin erblickt
werden, daß der Liberalismus mit den großen auf freiheit-
licher Grundlage ruhenden Standesbewegungen in keinen
organiſatoriſchen Zuſammenhang zu kommen vermag. Nur
an drei Bewegungen ſei erinnert: die Arbeiterbewegung,
die Privatbeamtenbewegung, die Frauenbewegung. In
dieſen drei Strömungen rinnt liberales Blut. Es ſind Be-
freiungsbewegungen einzelner Schichten, wie der Liberalis-
mus in den alten Zeiten die Befreiungsbewegung des
ganzen Volkes war. Wieviel vom Liberalismus in der Be-
handlung der hier zugrunde liegenden Fragen verſäumt
wurde, braucht nicht beſonders betont zu werden. Jetzt be-
darf es jedenfalls gewaltiger Anſtrengung, um dieſe Kinder
liberalen Geiſtes wieder in die richtige Beziehung zum
öffentlichen Leben zu bringen. Der Nationalverein ſchob
in den Mittelpunkt ſeiner erſten Tagung in Heidelberg die
Arbeiterfrage und in München benützte er die Gelegenheit
einer Tagung des altbayeriſchen Kreisverbandes liberaler
Vereine, um in ähnlicher Weiſe die Privatbeamtenfrage
und die politiſche Frauenfrage zu behandeln. Im Zuſam-
menhang damit gab er Volksſchriften heraus, von denen
bereits viele Tauſende in alle Gegenden des Vaterlandes
hinausgegangen ſind.1)

Neben dieſer nach außen gerichteten Tätigkeit ging
eine ununterbrochene Korreſpondenz mit Führern deutſcher
Standesbewegungen Hand in Hand, die dem Zuſammen-
hang von Berufsorganiſation und Liberalismus zu dienen
beſtrebt war. Dabei ſtellte ſich heraus, daß man uns, die
wir nicht für eine der vier Fraktionen, ſondern für den
Geſamtliberalismus eintreten, weitgehendes Vertrauen
entgegenbringt. Wir konnten zu unſerer Freude in man-
chen Fällen mit Rat und Tat beiſtehen und glauben, daß
dies alles dem Parteileben auch wieder indirekt zugute
kommen mußte.

Nach außen hin wurde der Verein am meiſten durch
die Heidelberger Tagung vom 22. und 23. Juni 1907 be-
kannt, die in ihren Einzelheiten wohl allen Freunden noch
in Erinnerung iſt.2) Es war ein kühnes Wagnis, die Libe-
ralen und Demokraten Deutſchlands trotz ihrer gegenwärti-
gen Zerſplitterung zu einer gemeinſamen Tagung auf-
zufordern, allein der Verſuch gelang. Es zeigte ſich, daß
man das Einigende nur energiſch in den Vordergrund zu
ſchieben braucht, um das zu finden, worauf im Grunde
unſere Zukunftshoffnung ruht: den Volksliberalismus, den
Liberalismus als Weltanſchauung und als Stimmung. Im
Namen der „praktiſchen Politik“ pflegt man dieſe Mo-
mente gar oft zu mißachten. Mit Unrecht! Wer da weiß,
was das Zentrum den Katholikentagen, die Sozialdemo-
kratie ihren Parteitagen perdankt, wird die agitatoriſche
Bedeutung geſamtliberaler Kongreſſe nicht gering an-
ſchlagen. Es iſt nicht nötig, ja nicht einmal wünſchenswert,
daß bei ſolchen Gelegenheiten „etwas Neues“ gebracht
werde; im Gegenteil, je elementarer die allen gemeinſame
Grundlage liberaler Ueberzeugung zur Geltung kommt, je
demokratiſcher der Grundzug, je triebartiger die Willens-
äußerungen ſind, deſto höher der Erfolg.

Die fruchtbarſte der bisherigen Leiſtungen des Natio-
nalvereins iſt jedoch zweifellos die Einrichtung von „Kur-
ſen zur Ausbildung liberaler Politiker“, die erſtmals in
den Tagen vom 12.—25. April dieſes Jahres in Frankfurt
am Main abgehalten werden. Die Notwendigkeit der-
artiger Kurſe wird wohl von keiner Seite beſtritten wer-
den. Man weiß, daß es pielen unſerer politiſchen Unter-
führer an wichtigen Kenntniſſen fehlt, ſo daß eine ſachliche
und formale Schulung von höchſter Bedeutung iſt. Dieſe
ſoll dadurch geboten werden, daß möglichſt dieſelben Per-
ſonen in jedem Jahr zu derartigen Kurſen vereinigt wer-
den, damit bei kommenden politiſchen Kämpfen ausgebil-
dete Führer in genügender Anzahl zur Verfügung ſtehen.
Den unbemittelten Teilnehmern werden Reiſeentſchädigun-
gen und Aufenthaltszuſchüſſe gewährt. Bei der Zuſammen-
ſetzung des Lehrkörpers iſt tunlichſt darauf Rückſicht ge-
nommen worden, daß die verſchiedenen Lager des Libera-
lismus vertreten ſind.

Endlich ſei noch erwähnt, daß der Nationalverein die
Anregung gab, im Juni dieſes Jahres einen geſamtlibe-
[Spaltenumbruch] ralen Kongreß in München abzuhalten. Dieſer Gedanke
iſt in München in den Kreiſen der liberalen Bevölkerung
aufs lebhafteſte begrüßt worden.

Politiſche Nachrichten.
Eigener telegr. Dienſt der Allgemeinen Zeitung.
[Die Benützung unſerer Originalnachrichten iſt nur mit der Quellenangabe
„Allg Ztg“ geſtattet.]

Die Debatte im Reichstag.

9.15 N. (Privattelegr.)
Der Reichstag hielt heute zwar nur eine Sitzung ab, aber
ſie dauerte ſo lange, wie ſonſt ihrer zwei. Um 11 Uhr vor-
mittags wurde ſie eröffnet, nach 8 Uhr abends erſt ge-
ſchloſſen. Daß unter ſolchen Verhältniſſen die Gründlichkeit
der Beratungen leidet, liegt auf der Hand und wurde auch
von einzelnen Rednern im Reichstag ſelbſt hervorgehoben.
Es iſt in der Tat kein erhebender Anblick, wenn gerade ſehr
wichtige Fragen in Gegenwart von 40 oder 50 Abgeord-
neten erörtert werden, wie es namentlich in den ſpäteren
Stunden der Fall war.

Der Reichstag erledigte heute zunächſt in zweiter
Leſung den Etat des Reichstags ſelbſt. Es wurden dabei
faſt ausſchließlich Interna des Hauſes, namentlich der Kom-
miſſionsberichterſtattung, beſprochen, da der Präſident Graf
Stolberg jeden Verſuch, auf andere Dinge abzuſchweifen,
energiſch vereitelte.

Bei der nun folgenden Beratung des Etats der
Reichseiſenbahnen
erklärte der preußiſche Eiſen-
bahnminiſter Breitenbach, daß er eine gründliche Reform
der Fahrkartenſteuer, die die Nachteile dieſer Steuer be-
ſeitigen würde, anſtrebe, und hoffe, daß dieſes Ziel bei der
neuen Finanzreform Berückſichtigung finden werde. Er
fügte ſpäter noch hinzu, daß dieſe Reform keineswegs in
einer Belaſtung der unteren Wagenklaſſe beſtehen ſoll.

Den weiteſten Raum nahm im übrigen die Diskuſ-
ſion über die Verhältniſſe der Beamten
und Arbeiter
ein. Des weiteren beſchäftigte man ſich
auch mit der Zenſur der Bahnhofbuchhand-
lungen,
der Freizügigkeit der Güterwagen und einiger
anderer Dinge, die ſchon bei dem Etat der Heeres- und der
Marineverwaltung Gegenſtand der Debatte waren.

Es hatte ſich daher, als die Beratung des Etats über
den allgemeinen Penſionsfonds folgte, der
wenigen anweſenden Abgeordneten teils Ermüdung, teils
Ungeduld bemächtigt, der ſie ſehr deutlich Ausdruck gaben,
da Graf Oriola einen ſehr ausführlichen Bericht über die
Verhandlungen in der Budgetkommiſſion erſtattete.

Unter allgemeiner Spannung ergriff dann der Zen-
trumsabgeordnete Erzberger das Wort, da ſich das Ge-
rücht verbreitet hatte, daß ſeine Rede den Ausgangspunkt
einer großen Debatte über den Fall Lynar-Hohenau
bilden werde. Allein es kam nicht ſo, da ſich Herr Erz-
berger darauf beſchränkte, mit großer Entſchiedenheit, aber
auch mit großer Ruhe, Zweifel darüber zu äußern, ob bei
der Penſionierung der beiden Offiziere ſtreng nach Vor-
ſchrift des Geſetzes verfahren worden ſei. General Sixt
v. Armin
erklärte dieſe Bedenken im Falle des Grafen
Hohenau für unberechtigt und teilte mit, daß eine Unter-
ſuchung darüber ſchwebe, ob im Falle des Grafen Lynar an
irgend einer Stelle eine Verletzung des Geſetzes vorgekom-
men ſei. Damit erreichte er, daß die übrigen Parteien einſt-
weilen auf eine weitere Diskuſſion der Angelegenheit ver-
zichteten.

Nachdem dann noch mit großer Schnelligkeit die Etats
des Reichsinvalidenfonds, des Reichsmilitärgerichts und
des Rechnungshofes erledigt worden waren, vertagte ſich
das Haus auf Montag vormittags 11 Uhr.

(Der ausführliche Bericht befindet ſich auf Seite 3 und 4.)
Kaiſer Wilhelm und König Viktor Emanuel.

9.36 N. (Privattelegr.)
Die Nachricht eines italieniſchen Blattes, daß der Reichs-
kanzler Fürſt Bülow
an der Begegnung Kaiſer
Wilhelms mit König Viktor Emanuel in Venedig teil-
nehmen wird, entbehrt der Begründung. Die Zuſammen-
kunft der beiden Monarchen findet zu derſelben Zeit ſtatt,
wo im Reichstag die Verhandlungen über den Etat des
Reichskanzlers und des Auswärtigen Amtes gepflogen
werden ſollen. Der Kanzler und ebenſo der Staatsſekretär
des Auswärtigen Amtes ſind alſo nach dem Stande der
parlamentariſchen Arbeiten nicht in der Lage, gerade in
dieſen Tagen Berlin zu verlaſſen. Dagegen iſt die weitere
Bemerkung des italieniſchen Blattes, daß auch politiſche
Angelegenheiten
bei der Entrevue zur Sprache kom-
men könnten, nicht unzutreffend.

Fürſt Eulenburg und Maximilian Harden.

11.05 N. (Privattelegr.)
Im November vorigen Jahres brachten viele Zeitungen
die Nachricht, Fürſt Eulenburg habe gegen den Her-
ausgeber der Zukunft und ſeinen Verteidiger Strafantrag
bei der Staatsanwaltſchaft eingereicht wegen beleidigender

1) Volksſchriften des Nationalvereins für das liberale
Deutſchland, Heft 1: Erkelenz und Kopp, Die Arbeiterfrage;
Heft 2: A. Thimm, Der Privatbeamte und das öffentliche Leben.
In Vorbereitung ſind drei weitere Hefte über die politiſche
Frauenſrage, über den Gedanken einer liberalen Arbeiterbewe-
gung und eine Programmſchrift: Hat Deutſchland eine liberale
Zukunft? Man wende ſich an den Nationalverein, München,
Finkenſtraße 3.
2) Der Beſchluß, das Protokoll der Tagung herauszugeben,
ſcheiterte an ſinanziellen Schwierigkeiten. Ein Teil der Verhand-
lungen wird jedoch noch nachträglich in Broſchürenform heraus-
kommen
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[0001] Montag. 16. März 1908. München. Einzige Tagesausgabe. — Nr. 126 Allgemeine Zeitung. Erſcheint täglich 2mal. — Einhundertelfter Jahrgang. Bezugspreis: Ausgabe B mit Wiſſenſchaſtlicher Beilage und Internationaler Wochenſchriſt in München 1.50 Mark monatlich frei ins Haus; durch die Poſt: 2. — Mark monatlich. Ausgabe A (ohne Beilage) in München 1. — Mark, durch die Poſt bezogen 1.50 Mark monatlich. Abonnements für München: Expedition Bayerſtraße 57, deren Filialen und fämtliche Zeitungs-Expeditionen; für das Ausland: England: A. Siegle. 30 Lime Str. und The Anglo-Foreign Publiſhing Syndicate. Ltd., 38 Coleman Str., in London; Frankreich, Portugal und Spanien: A. Ammel u. C. Klienckſieck in Paris; das übrige Europa: die Poſtämter; Orient: das k. k. Poſtamt in Wien oder in Trieſt; Nord- amerika: F. W. Chriſtern. E. Steiger & Co., Guſt. E. Stechert. Weſtermann & Co., ſämtlich in New York. [Abbildung] Infertionspreis: für die 7 geſpaltene Kolonelzeile oder deren Raum im Morgenblatt 40 Pfennig, im Abendblatt 30 Pfennig, Lokale Anzeigen nach Tarif. Stellen-Geſuche 10 Pfennig. Inſeraten-Annahme in München: Erpedition Baherſtraße 57, die Filialen der Allgemeinen Zeitung und alle Annoncen-Expeditionen. — Generalvertretungen: für Oeſterreich-Ungarn in Wien WI. Schönbrunner Str. 48 (Richard Jahn); Frankreich: John F. Jones & Co., 31 bis Rue du Faubourg Montmartre in Paris; England: John F. Jones & Co., 1 & 2 Snow Hill, Holborn-Viadukt, London; Rußland: L. & E. Metzi & Co., Moskau. Mjasnitzkaja Haus Eyſtow, St. Petersburg. Morskaja 11; Warſchau: Kral-Vorſtadt 58. Chefredakteur: Dr. Hermann Diez. Verantwortlich: für den politiſchen Teil mit Ausnahme der bayeriſchen Politik Dr. Rudolf Dammert; für den bayeriſchen Teil Dr. Paul Buſching; für das Feuilleton und den „Sonntag“ Alfred Frhr. v. Menſi; für die Wiſſenſchaftliche Beilage Dr. Oskar Bulle; für den Handelsteil Leo Jolles, ſämtlich in München. Redaktion: Bayerſtraße 57 Telephon 8432, 8433. = Druck und Verlag: Bayeriſche Druckerei & Verlagsanſtalt, G. m. b. H., in München. = Expedition: Bayerſtraße 57. Telephon 8430, 8431. Das Neueſte vom Tage. In der Kammer der Reichsräte hat eine intereſſante Debatte über Reichsfinanzreform und die Finanz- politik des Zentrums ſtattgefunden. Weder der Reichskanzler noch der Staatsſekretär des Auswärtigen Amtes werden den Kaiſer nach Venedig begleiten. Die Reichstagskommiſſion für das Vereinsgeſetz wird am Mittwoch die Verhandlungen wieder aufnehmen. Der neue Handelsvertrag zwiſchen Oeſterreich- Ungarn und Serbien iſt unterzeichnet worden. Der Streitfall zwiſchen China und Japan wegen der Beſchlag- nahme des Tatſu Maru wurde beigelegt. Der Nationalverein für das liberale Deutſchland. (15. März 1907 — 15. März 1908.) Von Dr. Wilhelm Ohr. München, 15. März. Ein Jahr iſt ſeit der Gründung des Nationalvereins für das liberale Deutſchland verfloſſen, ein Jahr voll An- ſtrengung. Arbeit und mancherlei Enttäuſchung, aber auch ein Jahr voll Zukunftsſaat und Erntehoffnung. Manche unſerer Freunde, die unter dem friſchen Ein- druck der Wahlbegeiſterung geglaubt hatten, daß der Natio- nalverein ſich ſeine Poſition im Sturm erringen würde, haben einſehen müſſen, daß man politiſche Organe auf Stimmungen allein nicht aufbauen kann. Die Begeiſterung der Reichstagswahlen iſt verflogen. Wir haben alle er- fahren müſſen, daß die Ausſchaltung des Zentrums aus der Reichstagsmehrheit keinen Sieg unſerer Sache bedeutet hat. Mit bitterem Gefühl erinnert man ſich, daß bei der Reichstagsauflöſung vom Dezember 1906 bereits das Wort gefallen iſt, der ſogenannte Block bedeute nichts anderes, als daß konſervative Politik gemacht werde und die Liberalen die Muſik dazu machen dürfen. Wo ſind die Konzeſſionen an den Liberalismus, von denen man uns ſprach? In weiten Kreiſen des Liberalismus glaubt nie- mand mehr daran und das Mißtrauen beginnt ſich auf die Führer zu übertragen, die immer noch an dieſer Politik feſthalten. Wir wollen mit dieſen Worten die Schwierigkeiten des Augenblicks wahrlich nicht vermehren helfen, allein die Parteikriſis des Augenblicks ſchweigend ignorieren, wäre unwahrhaftig und entzöge uns das Recht, in unſerer Nationalvereinsarbeit fortzufahren. Wir wünſchten, daß alle diejenigen, die im Augenblick an der freiheitlichen Zukunft Deutſchlands zu verzweifeln beginnen, mit uns ſich auseinanderſetzen möchten über die folgenden drei Sätze: 1. Vom Standpunkt der freiheitlichen Entwicklung Deutſchlands ſind die gegen- wärtigen Mehrheitsverhältniſſe im Reichstag gleichgültig, da uns weder die alte noch die gegen wärtige Mehrheit frei- heitliche Politik zu bieten vermag. 2. Alle unſere Hoffnung liegt in der Zu- kunft, in einem Zeitpunkt, in dem unſere Arbeit die Mehrheitsverhältniſſe gewan- delt haben wird. 3. Darum müſſen alle unſere Kräfte auf liberale Organiſation und Agitation kon- zentriert werden; es iſt ſinnlos, von den Parlamenten liberale Politik zu verlan- gen, während der Liberalismus im Lande trotz allen Niederganges noch nicht einmal den Willen zur Einigung gefunden hat. Von dem, was bisher in der Richtung dieſer Ziele ver- ſucht worden iſt, ſei heute kurz berichtet. In Rückſicht auf die Parteiorganiſationen, die anfangs zu fürchten ſchienen, daß der Nationalverein eine Konkur- tenz für die beſtehenden Fraktionen werden würde, haben wir beſchloſſen, keine Ortsgruppen zu gründen. Der Na- tionalverein beſtand daher zunächſt nur aus einem Zentral- bureau (dem Generalſekretariat in München, Finkenſtr. 3), einem etwa 60 Perſonen, darunter 3 Damen, umfaſſenden Vorſtand, einem achtgliedrigen geſchäftsführenden Ausſchuß und aus gegen 2000 Mitgliedern, die in der erſten Zeit bei- getreten ſind. Der Beſchluß, keine Ortsgruppen zu gründen, machte eine weitere Agitation für den Verein nahezu un- möglich, ſo daß der Mitgliederſtand ſich nur wenig ver- ſchieben konnte. Um nun aber für die Tätigkeit des Organs die erforderliche Unterlage zu ſchaffen, iſt die Notwendig- keit der Angliederung von Vereinen und Verbänden mehr und mehr zutage getreten, da es der ganzen Idee des Na- tionalvereins widerſpricht, lediglich auf Einzelmitglieder geſtützt zu ſein. Die finanzielle Grundlage des Vereins ſoll durch ein Kuratorium ausgebaut werden, deſſen Anfänge erfolgverſprechend zu nennen ſind. In dieſer organiſatori- ſchen Beziehung (Ausbau des Vereins durch korporative Mitglieder, Finanzierung durch ein Kuratorium) wird die nächſte Tagung definitive Beſchlüſſe zu faſſen haben. Was ſucht nun der Nationalverein zu leiſten? Die größte Not der liberalen Uneinigkeit kann darin erblickt werden, daß der Liberalismus mit den großen auf freiheit- licher Grundlage ruhenden Standesbewegungen in keinen organiſatoriſchen Zuſammenhang zu kommen vermag. Nur an drei Bewegungen ſei erinnert: die Arbeiterbewegung, die Privatbeamtenbewegung, die Frauenbewegung. In dieſen drei Strömungen rinnt liberales Blut. Es ſind Be- freiungsbewegungen einzelner Schichten, wie der Liberalis- mus in den alten Zeiten die Befreiungsbewegung des ganzen Volkes war. Wieviel vom Liberalismus in der Be- handlung der hier zugrunde liegenden Fragen verſäumt wurde, braucht nicht beſonders betont zu werden. Jetzt be- darf es jedenfalls gewaltiger Anſtrengung, um dieſe Kinder liberalen Geiſtes wieder in die richtige Beziehung zum öffentlichen Leben zu bringen. Der Nationalverein ſchob in den Mittelpunkt ſeiner erſten Tagung in Heidelberg die Arbeiterfrage und in München benützte er die Gelegenheit einer Tagung des altbayeriſchen Kreisverbandes liberaler Vereine, um in ähnlicher Weiſe die Privatbeamtenfrage und die politiſche Frauenfrage zu behandeln. Im Zuſam- menhang damit gab er Volksſchriften heraus, von denen bereits viele Tauſende in alle Gegenden des Vaterlandes hinausgegangen ſind. 1) Neben dieſer nach außen gerichteten Tätigkeit ging eine ununterbrochene Korreſpondenz mit Führern deutſcher Standesbewegungen Hand in Hand, die dem Zuſammen- hang von Berufsorganiſation und Liberalismus zu dienen beſtrebt war. Dabei ſtellte ſich heraus, daß man uns, die wir nicht für eine der vier Fraktionen, ſondern für den Geſamtliberalismus eintreten, weitgehendes Vertrauen entgegenbringt. Wir konnten zu unſerer Freude in man- chen Fällen mit Rat und Tat beiſtehen und glauben, daß dies alles dem Parteileben auch wieder indirekt zugute kommen mußte. Nach außen hin wurde der Verein am meiſten durch die Heidelberger Tagung vom 22. und 23. Juni 1907 be- kannt, die in ihren Einzelheiten wohl allen Freunden noch in Erinnerung iſt. 2) Es war ein kühnes Wagnis, die Libe- ralen und Demokraten Deutſchlands trotz ihrer gegenwärti- gen Zerſplitterung zu einer gemeinſamen Tagung auf- zufordern, allein der Verſuch gelang. Es zeigte ſich, daß man das Einigende nur energiſch in den Vordergrund zu ſchieben braucht, um das zu finden, worauf im Grunde unſere Zukunftshoffnung ruht: den Volksliberalismus, den Liberalismus als Weltanſchauung und als Stimmung. Im Namen der „praktiſchen Politik“ pflegt man dieſe Mo- mente gar oft zu mißachten. Mit Unrecht! Wer da weiß, was das Zentrum den Katholikentagen, die Sozialdemo- kratie ihren Parteitagen perdankt, wird die agitatoriſche Bedeutung geſamtliberaler Kongreſſe nicht gering an- ſchlagen. Es iſt nicht nötig, ja nicht einmal wünſchenswert, daß bei ſolchen Gelegenheiten „etwas Neues“ gebracht werde; im Gegenteil, je elementarer die allen gemeinſame Grundlage liberaler Ueberzeugung zur Geltung kommt, je demokratiſcher der Grundzug, je triebartiger die Willens- äußerungen ſind, deſto höher der Erfolg. Die fruchtbarſte der bisherigen Leiſtungen des Natio- nalvereins iſt jedoch zweifellos die Einrichtung von „Kur- ſen zur Ausbildung liberaler Politiker“, die erſtmals in den Tagen vom 12.—25. April dieſes Jahres in Frankfurt am Main abgehalten werden. Die Notwendigkeit der- artiger Kurſe wird wohl von keiner Seite beſtritten wer- den. Man weiß, daß es pielen unſerer politiſchen Unter- führer an wichtigen Kenntniſſen fehlt, ſo daß eine ſachliche und formale Schulung von höchſter Bedeutung iſt. Dieſe ſoll dadurch geboten werden, daß möglichſt dieſelben Per- ſonen in jedem Jahr zu derartigen Kurſen vereinigt wer- den, damit bei kommenden politiſchen Kämpfen ausgebil- dete Führer in genügender Anzahl zur Verfügung ſtehen. Den unbemittelten Teilnehmern werden Reiſeentſchädigun- gen und Aufenthaltszuſchüſſe gewährt. Bei der Zuſammen- ſetzung des Lehrkörpers iſt tunlichſt darauf Rückſicht ge- nommen worden, daß die verſchiedenen Lager des Libera- lismus vertreten ſind. Endlich ſei noch erwähnt, daß der Nationalverein die Anregung gab, im Juni dieſes Jahres einen geſamtlibe- ralen Kongreß in München abzuhalten. Dieſer Gedanke iſt in München in den Kreiſen der liberalen Bevölkerung aufs lebhafteſte begrüßt worden. Politiſche Nachrichten. Eigener telegr. Dienſt der Allgemeinen Zeitung. Die Benützung unſerer Originalnachrichten iſt nur mit der Quellenangabe „Allg Ztg“ geſtattet. Die Debatte im Reichstag. n. Berlin, 14. März. 9.15 N. (Privattelegr.) Der Reichstag hielt heute zwar nur eine Sitzung ab, aber ſie dauerte ſo lange, wie ſonſt ihrer zwei. Um 11 Uhr vor- mittags wurde ſie eröffnet, nach 8 Uhr abends erſt ge- ſchloſſen. Daß unter ſolchen Verhältniſſen die Gründlichkeit der Beratungen leidet, liegt auf der Hand und wurde auch von einzelnen Rednern im Reichstag ſelbſt hervorgehoben. Es iſt in der Tat kein erhebender Anblick, wenn gerade ſehr wichtige Fragen in Gegenwart von 40 oder 50 Abgeord- neten erörtert werden, wie es namentlich in den ſpäteren Stunden der Fall war. Der Reichstag erledigte heute zunächſt in zweiter Leſung den Etat des Reichstags ſelbſt. Es wurden dabei faſt ausſchließlich Interna des Hauſes, namentlich der Kom- miſſionsberichterſtattung, beſprochen, da der Präſident Graf Stolberg jeden Verſuch, auf andere Dinge abzuſchweifen, energiſch vereitelte. Bei der nun folgenden Beratung des Etats der Reichseiſenbahnen erklärte der preußiſche Eiſen- bahnminiſter Breitenbach, daß er eine gründliche Reform der Fahrkartenſteuer, die die Nachteile dieſer Steuer be- ſeitigen würde, anſtrebe, und hoffe, daß dieſes Ziel bei der neuen Finanzreform Berückſichtigung finden werde. Er fügte ſpäter noch hinzu, daß dieſe Reform keineswegs in einer Belaſtung der unteren Wagenklaſſe beſtehen ſoll. Den weiteſten Raum nahm im übrigen die Diskuſ- ſion über die Verhältniſſe der Beamten und Arbeiter ein. Des weiteren beſchäftigte man ſich auch mit der Zenſur der Bahnhofbuchhand- lungen, der Freizügigkeit der Güterwagen und einiger anderer Dinge, die ſchon bei dem Etat der Heeres- und der Marineverwaltung Gegenſtand der Debatte waren. Es hatte ſich daher, als die Beratung des Etats über den allgemeinen Penſionsfonds folgte, der wenigen anweſenden Abgeordneten teils Ermüdung, teils Ungeduld bemächtigt, der ſie ſehr deutlich Ausdruck gaben, da Graf Oriola einen ſehr ausführlichen Bericht über die Verhandlungen in der Budgetkommiſſion erſtattete. Unter allgemeiner Spannung ergriff dann der Zen- trumsabgeordnete Erzberger das Wort, da ſich das Ge- rücht verbreitet hatte, daß ſeine Rede den Ausgangspunkt einer großen Debatte über den Fall Lynar-Hohenau bilden werde. Allein es kam nicht ſo, da ſich Herr Erz- berger darauf beſchränkte, mit großer Entſchiedenheit, aber auch mit großer Ruhe, Zweifel darüber zu äußern, ob bei der Penſionierung der beiden Offiziere ſtreng nach Vor- ſchrift des Geſetzes verfahren worden ſei. General Sixt v. Armin erklärte dieſe Bedenken im Falle des Grafen Hohenau für unberechtigt und teilte mit, daß eine Unter- ſuchung darüber ſchwebe, ob im Falle des Grafen Lynar an irgend einer Stelle eine Verletzung des Geſetzes vorgekom- men ſei. Damit erreichte er, daß die übrigen Parteien einſt- weilen auf eine weitere Diskuſſion der Angelegenheit ver- zichteten. Nachdem dann noch mit großer Schnelligkeit die Etats des Reichsinvalidenfonds, des Reichsmilitärgerichts und des Rechnungshofes erledigt worden waren, vertagte ſich das Haus auf Montag vormittags 11 Uhr. (Der ausführliche Bericht befindet ſich auf Seite 3 und 4.) Kaiſer Wilhelm und König Viktor Emanuel. n. Berlin, 14. März. 9.36 N. (Privattelegr.) Die Nachricht eines italieniſchen Blattes, daß der Reichs- kanzler Fürſt Bülow an der Begegnung Kaiſer Wilhelms mit König Viktor Emanuel in Venedig teil- nehmen wird, entbehrt der Begründung. Die Zuſammen- kunft der beiden Monarchen findet zu derſelben Zeit ſtatt, wo im Reichstag die Verhandlungen über den Etat des Reichskanzlers und des Auswärtigen Amtes gepflogen werden ſollen. Der Kanzler und ebenſo der Staatsſekretär des Auswärtigen Amtes ſind alſo nach dem Stande der parlamentariſchen Arbeiten nicht in der Lage, gerade in dieſen Tagen Berlin zu verlaſſen. Dagegen iſt die weitere Bemerkung des italieniſchen Blattes, daß auch politiſche Angelegenheiten bei der Entrevue zur Sprache kom- men könnten, nicht unzutreffend. Fürſt Eulenburg und Maximilian Harden. n. Berlin, 14. März. 11.05 N. (Privattelegr.) Im November vorigen Jahres brachten viele Zeitungen die Nachricht, Fürſt Eulenburg habe gegen den Her- ausgeber der Zukunft und ſeinen Verteidiger Strafantrag bei der Staatsanwaltſchaft eingereicht wegen beleidigender 1) Volksſchriften des Nationalvereins für das liberale Deutſchland, Heft 1: Erkelenz und Kopp, Die Arbeiterfrage; Heft 2: A. Thimm, Der Privatbeamte und das öffentliche Leben. In Vorbereitung ſind drei weitere Hefte über die politiſche Frauenſrage, über den Gedanken einer liberalen Arbeiterbewe- gung und eine Programmſchrift: Hat Deutſchland eine liberale Zukunft? Man wende ſich an den Nationalverein, München, Finkenſtraße 3. 2) Der Beſchluß, das Protokoll der Tagung herauszugeben, ſcheiterte an ſinanziellen Schwierigkeiten. Ein Teil der Verhand- lungen wird jedoch noch nachträglich in Broſchürenform heraus- kommen

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 126, 16. März 1908, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine126_1908/1>, abgerufen am 21.11.2024.