Allgemeine Zeitung, Nr. 126, 16. März 1908.München, Montag Allgemeine-Zeitung 16. März 1968. Nr. 126. [Spaltenumbruch]
Aeußerungen in dem Plädoyer des Angeklagten Hardenund des Justizrates Bernstein. Die lange Spanne Zeit zwischen Erstattung der Anzeige und dem heutigen Datum hat die Neue Gesellschaftliche Korrespondenz veranlaßt, so- wohl beim Fürsten Eulenburg wie bei Maximilian Harden anzufragen, wie die Angelegenheit gegenwärtig steht. Herr Harden hat der Neuen Gesellschaftlichen Korrespondenz ge- antwortet, er habe bis zum heutigen Tage keine weitere Nachricht hierüber erhalten. Weder sei ihm eine Anklage zugestellt, noch sei er vernommen worden. Auf die gleich- lautende Anfrage an den Fürsten Eulenburg ist, wie die Nationalzeitung schreibt, der Neuen Gesellschaftlichen Kor- respondenz von einem Sohne des Fürsten Eulenburg die folgende Antwort zugegangen: Liebenberg, 9. März. Hierzu bemerkt die Neue Gesellschaftliche Korrespon- Eine Entscheidung scheint also immer noch nicht ge- Die Feier des 18. März. n. Berlin, 14. März. 10.44 N. (Privattelegramm.) Aufhebung amerikanischer Konsulate in Deutschland. * Washington, 14. März. (Auf deutsch-atlantischem Kabel.) Kaiser Franz Joseph unpäßlich. n. Wien, 14. März. 10.22 N. (Privattelegramm.) Die Lage in Marokko. k. Tanger, 14. März. 8.05 N. (Privattelegramm.) * Algier, 14. März. Aus Brechar in Süd-Oran wird l. Breslau, 14. März. 4.00 N. (Privattelegramm.) Hof und Gesellschaft. München, 14. März.-- Prinz Georg, der von der Erkrankung an den Masern -- Bei dem englischen Ministerresidenten Mr. Cart- Münchener Stadtanzeiger. München, 14. März.V Zu der Bogenhauser Erpressungsaffäre. Das Ge- tz. Zum Streik der Droschkenkutscher und Chausseure. Be- * Eine Kundgebung gegen die geplante Erhöhung der Da die geplante Reform des Telephontarifs tief in das * "In Treue sest." Die Calderon-Gesellschaft veranstaltet C. S. Der Todessturz von der Großheffeloher Brücke. Im n. Verhaftung einer Diebsgesellschaft. In der Nacht zum Heimliche Liebe. (29) (Nachdruck verboten.) Der Sommer ging vorüber, und nachdem Georg von Vom frühen Morgen an schon ging er auf seiner Be- Aber diesmal ließ sich sein Herr von ihm nicht beein- "Die Leute müssen menschlicher wohnen," hatte Georg "Wie der Herr Baron meinen," entgegnete er deshalb "Kein "Aber", lieber Grundmann," unterbrach ihn "Die Leute sind ja auch nicht an Paläste gewöhnt, Herr "Aber wir wollen sie daran gewöhnen, Herr Grund- Damit stand sein Entschluß fest, und er ließ sich einen Dann wurde mit dem Bauen begonnen, als schon der Aber die Arbeit schritt rüstig vorwärts; mit den Als die Mauern bereits in Manneshöhe aus der Erde Es lag etwas Großzügiges in seinen Unternehmungen; Zu Beginn des Frühlings schon wurden die Wohn- Nun kamen wieder neue Verhandlungen für ihn mit Während dieser ganzen Zeit hatte Georg nur selten, Er vernachlässigte sich sogar in seinem Aeußeren jetzt Frau von Helldorf sah diesem Treiben ruhig zu und Sie verstand ihren Sohn nicht ganz, hatte seine Pläne Aber Georg ruhte noch immer nicht; seine Leute sollten Allmählich wurden die Gutsnachbarn aufmerksam, und Georg achtete nicht darauf; er ging seinen Weg, unbe- Da war eines Tages Herr von Halbach aus Gatow ge- Und endlich, als er mit Georg im Wohnzimmer bei "Sagen Sie mal, lieber Georg -- wenn man fragen Georg lächelte ein wenig verlegen. Dem alten Herrn "Ja, lieber Herr von Halbach" -- entgegnete er des- München, Montag Allgemeine-Zeitung 16. März 1968. Nr. 126. [Spaltenumbruch]
Aeußerungen in dem Plädoyer des Angeklagten Hardenund des Juſtizrates Bernſtein. Die lange Spanne Zeit zwiſchen Erſtattung der Anzeige und dem heutigen Datum hat die Neue Geſellſchaftliche Korreſpondenz veranlaßt, ſo- wohl beim Fürſten Eulenburg wie bei Maximilian Harden anzufragen, wie die Angelegenheit gegenwärtig ſteht. Herr Harden hat der Neuen Geſellſchaftlichen Korreſpondenz ge- antwortet, er habe bis zum heutigen Tage keine weitere Nachricht hierüber erhalten. Weder ſei ihm eine Anklage zugeſtellt, noch ſei er vernommen worden. Auf die gleich- lautende Anfrage an den Fürſten Eulenburg iſt, wie die Nationalzeitung ſchreibt, der Neuen Geſellſchaftlichen Kor- reſpondenz von einem Sohne des Fürſten Eulenburg die folgende Antwort zugegangen: Liebenberg, 9. März. Hierzu bemerkt die Neue Geſellſchaftliche Korreſpon- Eine Entſcheidung ſcheint alſo immer noch nicht ge- Die Feier des 18. März. n. Berlin, 14. März. 10.44 N. (Privattelegramm.) Aufhebung amerikaniſcher Konſulate in Deutſchland. * Waſhington, 14. März. (Auf deutſch-atlantiſchem Kabel.) Kaiſer Franz Joſeph unpäßlich. n. Wien, 14. März. 10.22 N. (Privattelegramm.) Die Lage in Marokko. k. Tanger, 14. März. 8.05 N. (Privattelegramm.) * Algier, 14. März. Aus Brechar in Süd-Oran wird l. Breslau, 14. März. 4.00 N. (Privattelegramm.) Hof und Geſellſchaft. München, 14. März.— Prinz Georg, der von der Erkrankung an den Maſern — Bei dem engliſchen Miniſterreſidenten Mr. Cart- Münchener Stadtanzeiger. München, 14. März.V Zu der Bogenhauſer Erpreſſungsaffäre. Das Ge- tz. Zum Streik der Droſchkenkutſcher und Chauſſeure. Be- * Eine Kundgebung gegen die geplante Erhöhung der Da die geplante Reform des Telephontarifs tief in das * „In Treue ſeſt.“ Die Calderon-Geſellſchaft veranſtaltet C. S. Der Todesſturz von der Großheffeloher Brücke. Im ν. Verhaftung einer Diebsgeſellſchaft. In der Nacht zum Heimliche Liebe. (29) (Nachdruck verboten.) Der Sommer ging vorüber, und nachdem Georg von Vom frühen Morgen an ſchon ging er auf ſeiner Be- Aber diesmal ließ ſich ſein Herr von ihm nicht beein- „Die Leute müſſen menſchlicher wohnen,“ hatte Georg „Wie der Herr Baron meinen,“ entgegnete er deshalb „Kein „Aber“, lieber Grundmann,“ unterbrach ihn „Die Leute ſind ja auch nicht an Paläſte gewöhnt, Herr „Aber wir wollen ſie daran gewöhnen, Herr Grund- Damit ſtand ſein Entſchluß feſt, und er ließ ſich einen Dann wurde mit dem Bauen begonnen, als ſchon der Aber die Arbeit ſchritt rüſtig vorwärts; mit den Als die Mauern bereits in Manneshöhe aus der Erde Es lag etwas Großzügiges in ſeinen Unternehmungen; Zu Beginn des Frühlings ſchon wurden die Wohn- Nun kamen wieder neue Verhandlungen für ihn mit Während dieſer ganzen Zeit hatte Georg nur ſelten, Er vernachläſſigte ſich ſogar in ſeinem Aeußeren jetzt Frau von Helldorf ſah dieſem Treiben ruhig zu und Sie verſtand ihren Sohn nicht ganz, hatte ſeine Pläne Aber Georg ruhte noch immer nicht; ſeine Leute ſollten Allmählich wurden die Gutsnachbarn aufmerkſam, und Georg achtete nicht darauf; er ging ſeinen Weg, unbe- Da war eines Tages Herr von Halbach aus Gatow ge- Und endlich, als er mit Georg im Wohnzimmer bei „Sagen Sie mal, lieber Georg — wenn man fragen Georg lächelte ein wenig verlegen. Dem alten Herrn „Ja, lieber Herr von Halbach“ — entgegnete er des- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div type="jArticle" n="3"> <p><pb facs="#f0002" n="2"/><fw place="top" type="header">München, Montag Allgemeine-Zeitung 16. März 1968. Nr. 126.</fw><lb/><cb/> Aeußerungen in dem Plädoyer des Angeklagten Harden<lb/> und des Juſtizrates Bernſtein. Die lange Spanne Zeit<lb/> zwiſchen Erſtattung der Anzeige und dem heutigen Datum<lb/> hat die Neue Geſellſchaftliche Korreſpondenz veranlaßt, ſo-<lb/> wohl beim Fürſten Eulenburg wie bei Maximilian Harden<lb/> anzufragen, wie die Angelegenheit gegenwärtig ſteht. Herr<lb/> Harden hat der Neuen Geſellſchaftlichen Korreſpondenz ge-<lb/> antwortet, er habe bis zum heutigen Tage keine weitere<lb/> Nachricht hierüber erhalten. Weder ſei ihm eine Anklage<lb/> zugeſtellt, noch ſei er vernommen worden. Auf die gleich-<lb/> lautende Anfrage an den Fürſten Eulenburg iſt, wie die<lb/> Nationalzeitung ſchreibt, der Neuen Geſellſchaftlichen Kor-<lb/> reſpondenz von einem Sohne des Fürſten Eulenburg die<lb/> folgende Antwort zugegangen:</p><lb/> <cit> <quote><hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Liebenberg,</hi> 9. März.</hi><lb/> In Vertretung meines Vaters, des Fürſten Eulen-<lb/> burg, deſſen ſehr angegriffene Geſundheit ihm nicht ge-<lb/> ſtattet, ſeine Korreſpondenz ſelbſt zu erledigen, geſtatte<lb/> ich mir Euer Hochwohlgeboren ergebenſt mitzuteilen, daß<lb/> mir über den augenblicklichen Stand der von Ihnen be-<lb/> rührten Angelegenheit nichts Näheres bekannt iſt.<lb/> Mit vorzüglicher Hochachtung ganz ergebenſt<lb/> gez. Graf Eulenburg.</quote> </cit><lb/> <p>Hierzu bemerkt die Neue Geſellſchaftliche Korreſpon-<lb/> denz:</p><lb/> <cit> <quote>Eine Entſcheidung ſcheint alſo immer noch nicht ge-<lb/> fallen zu ſein, denn auch von einer Ablehnung des Straf-<lb/> antrages hätte zum mindeſten dem Kläger Kenntnis ge-<lb/> geben werden müſſen. Bisher durfte doch wohl jeder<lb/> Staatsbürger, der ſich beleidigt fühlte, darauf rechnen,<lb/> etwas ſchneller zu ſeinem Rechte oder zur Aufklärung über<lb/> ſeinen Irrtum zu gelangen. Es ſcheint daher im allge-<lb/> meinen Intereſſe zu liegen, auf dieſe Säumigkeit öffent-<lb/> lich aufmerkſam zu machen.</quote> </cit> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Die Feier des 18. März.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#aq">n.</hi><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 14. März.</dateline> <p>10.44 <hi rendition="#aq">N.</hi> (<hi rendition="#g">Privattelegramm.</hi>)<lb/> Zum 18. März d. J. hat die <hi rendition="#g">Polizei,</hi> wie die Tägliche Rund-<lb/> ſchau ſchreibt, ſchon <hi rendition="#g">umfaſſende Vorkehrungen</hi> getrof-<lb/> fen. Dem Vorgehen der vereinigten Verbände der Berliner Holz-<lb/> induſtrie, die überein gekommen ſind, die Arbeiter, welche am<lb/> 18. März willkürlich feiern, zu entlaſſen, haben ſich zahlreiche<lb/> Unternehmer-Organiſationen in Berlin und den Vororten an-<lb/> geſchloſſen. Da mehrere Gewerkſchaften beſchloſſen haben, es<lb/> ihren Mitgliedern anheim zu ſtellen, ob ſie am 18. März feiern<lb/> wollen oder nicht, wird die Arbeitseinſtellung vorausſichtlich<lb/> keine größere Ausdehnung annehmen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Aufhebung amerikaniſcher Konſulate in Deutſchland.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline>* Waſhington, 14. März.</dateline> <p>(Auf deutſch-atlantiſchem Kabel.)<lb/> Der Kongreß-Ausſchuß für die auswärtigen Angelegenheiten<lb/> empfahl die Annahme der Geſetzesvorlage über die <hi rendition="#g">Reorgani-<lb/> ſation des Konſulardienſtes.</hi> Dieſelbe ſieht die <hi rendition="#g">Auf-<lb/> hebung von 38 Konſulaten</hi> vor, darunter die Konſulate<lb/> in <hi rendition="#g">Krefeld, Düſſeldorf, Glauchau, Freiberg,<lb/> Annaberg, Zittau, Bamberg, Mainz</hi> und <hi rendition="#g">Eiben-<lb/> ſtock.</hi></p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Kaiſer Franz Joſeph unpäßlich.</hi> </hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#aq">n.</hi><hi rendition="#b">Wien,</hi> 14. März.</dateline> <p>10.22 <hi rendition="#aq">N.</hi> (<hi rendition="#g">Privattelegramm.</hi>)<lb/> Der Kaiſer hat auf Anraten ſeiner Aerzte heute das Schön-<lb/> brunner Schloß nicht verlaſſen und wird auch morgen nicht in<lb/> die Stadt fahren. Deshalb fand das <hi rendition="#g">Familiendejeuner</hi><lb/> für <hi rendition="#g">Großfürſt Sergius</hi> heute in Schönbrunn ſtatt und<lb/> bei dem morgigen Diner in der Hofburg wird <hi rendition="#g">Erzherzog<lb/> Franz Ferdinand</hi> den Kaiſer vertreten. Den Anlaß zu<lb/> dieſer Abänderung gab ein Schnupfen, von dem man hofft, der<lb/> Kaiſer werde in wenigen Tagen davon befreit ſein. Großfürſt<lb/> Sergius dejeuniert morgen bei Erzherzog Friedrich und reiſt<lb/> abends nach Rom ab.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Lage in Marokko.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#aq">k.</hi><hi rendition="#b">Tanger,</hi> 14. März.</dateline> <p>8.05 <hi rendition="#aq">N.</hi> (<hi rendition="#g">Privattelegramm.</hi>)<lb/><hi rendition="#g">Faſt alle Kabylen</hi> um Rabat gingen zu <hi rendition="#g">Muley Hafid</hi><lb/> über und ſandten ihm Hilfstruppen. Der Weg nach Fez iſt für<lb/> Muley Hafid frei. Abd ul Aſis lößt die Rabater Stadttore ſtark<lb/> bewachen, um einen weiteren Uebergang der Rabater zu Muley<lb/> Hafid zu verhindern.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline>* <hi rendition="#b">Algier,</hi> 14. März.</dateline> <p>Aus Brechar in <hi rendition="#g">Süd-Oran</hi> wird<lb/> gemeldet: Eine Truppenabteilung, die einen Streifzug in das<lb/> Gebiet der Saaira unternahm, ſtieß auf eine <hi rendition="#g">Berberſchar,</hi><lb/><cb/> mit der ſie in ein Gefecht verwickelt wurde. Im Verlaufe des-<lb/> ſelben ſollen ein Offizier getötet und zwei Soldaten verwundet<lb/> worden ſein. Genaue Nachrichten fehlen noch.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#aq">l.</hi><hi rendition="#b">Breslau,</hi> 14. März.</dateline> <p>4.00 <hi rendition="#aq">N.</hi> (<hi rendition="#g">Privattelegramm.</hi>)<lb/> In dem Beleidigungsprozeß Dr. Karl <hi rendition="#g">Peters</hi> (vertreten durch<lb/> R.-A. Dr. Roſenthal-München) gegen den Redakteur der ſozial-<lb/> demokratiſchen Zeitung die Volkswart, Hugo Wolff, wurde der<lb/> letztere zu 200 M Geldſtrafe, Koſtentragung und Urteilsver-<lb/> kündung verurteilt.</p> </div> </div> </div> </div><lb/> <div type="jVarious" n="1"> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Hof und Geſellſchaft.</hi> </head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#b">München,</hi> 14. März.</hi> </dateline><lb/> <div xml:id="a1a" next="#a1b" type="jArticle" n="3"> <p>— <hi rendition="#g">Prinz Georg,</hi> der von der Erkrankung an den Maſern<lb/> geneſen iſt, trat heute abend inkognito eine auf mehrere Wochen<lb/> berechnete Reiſe nach Italien an. — <hi rendition="#g">Prinz Heinrich</hi> reiſte<lb/> heute abend nach Meran ab, wo er für einige Zeit Erholungs-<lb/> aufenthalt nimmt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>— Bei dem engliſchen Miniſterreſidenten Mr. <hi rendition="#g">Cart-<lb/> wright</hi> fand heute abend 6 Uhr eine <hi rendition="#g">größere Tafel</hi> ſtatt,<lb/> zu welcher geladen waren: Fürſt und Fürſtin <hi rendition="#g">Oettingen-<lb/> Spielberg</hi> mit Tochter, Fürſt und Fürſtin <hi rendition="#g">Wrede,</hi> Graf<lb/><hi rendition="#g">Buttler,</hi> Gräfin <hi rendition="#g">Almeida,</hi> Graf <hi rendition="#g">Sandizell,</hi> Baron<lb/> und Baronin <hi rendition="#g">Fiedler,</hi> Gräſin Ella <hi rendition="#g">Tattenbach,</hi> Gräfin<lb/> Wanda <hi rendition="#g">Voißky,</hi> Graf <hi rendition="#g">Hoyos,</hi> Baronin Viola <hi rendition="#g">Riederer</hi><lb/> und andere.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Münchener Stadtanzeiger.</hi> </head><lb/> <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#b">München,</hi> 14. März.</hi> </dateline><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>V <hi rendition="#b">Zu der Bogenhauſer Erpreſſungsaffäre.</hi> Das Ge-<lb/> rücht, der Bogenhauſer Erpreſſer ſei verhaftet worden, ver-<lb/> urſachte am Samstag gegen Abend überall große Senſation.<lb/> Wie wir auf unſere Erkundigungen erfahren, liegt dem<lb/> Gerücht folgender Vorfall zugrunde: Gegen halb 5 Uhr<lb/> abends fiel einem Herrn in der <hi rendition="#g">Bayerſtraße</hi> nächſt<lb/> dem Südbau des Hauptbahnhofes ein Mann auf, auf den<lb/> die Beſchreibung der Polizei zu paſſen ſchien. Er trug einen<lb/> — allerdings ſteifen — braunen Hut, hatte ein kleines,<lb/> dunkles, nach aufwärts gedrehtes Schnurrbärtchen und an<lb/> den beiden Wangen Pockennarben. Der Herr folgte dem<lb/> ſtadteinwärts gehenden Unbekannten, der zunächſt ein<lb/> Haus an der Schützenſtraße betrat, dort bis zum vierten<lb/> Stockwerk ſtieg, dann aber wieder zurückkehrte. Am Stachus<lb/> machte der Verfolger den Schutzmannspoſten auf den Mann<lb/> aufmerkſam und erſuchte ihn, an die Polizei zu telepho-<lb/> nieren, es möchten Kriminalbeamte entgegengeſchickt wer-<lb/> den. In der Neuhauſerſtraße verſchwand der Verdächtige<lb/> plötzlich wieder in einem Hauſe. Er hatte ſich, wie ſich ſein<lb/> Verfolger überzeugte, in ein im zweiten Stockwerk ge-<lb/> legenes Schreibbureau begeben. Als er nach reichlich einer<lb/> Viertelſtunde wieder aus dem Hauſe kam, hatten ſich be-<lb/> reits drei Kriminalſchutzleute mit einem Kommiſſär ein-<lb/> gefunden, die den Mann nun weiter verfolgten. Dieſer<lb/> bog in die Eiſenmannſtraße ein und hier fiel er einem<lb/> zweiten Herrn auf, der ſofort einem der ihm perſönlich be-<lb/> kannten Polizeibeamten zurief: „Das iſt der Bogenhauſer<lb/> Erpreſſer!“ Nun traten zwei der Beamten auf den Unbe-<lb/> kannten zu, der ſofort, als ihm einer an den Arm langte,<lb/> um ihn zu ſtellen, rief: „Laſſen Sie mich los! Was wollen<lb/> Sie?“ Er beachtete nicht, daß ſich die Polizeibeamten legi-<lb/> timierten, und begann, laut um Hilfe ſchreiend, mit den<lb/> Armen um ſich zu ſchlagen. Die Poliziſten drängten ihn in<lb/> einen Hausgang. Hier zogen ſie ihm ſeine Papiere aus<lb/> der Bruſttaſche, er ſuchte ſie ihnen zu entreißen und wollte,<lb/> da er inzwiſchen an beiden Handgelenken die Schließzange<lb/> angelegt bekam, mit den Zähnen die Papiere zerfetzen.<lb/> Schließlich wurde er in einer Droſchke zur Polizei gebracht<lb/> und dem Oberregierungsrat <hi rendition="#g">Dillmann</hi> vorgeführt.<lb/> Nachdem ſich die Erregung des Feſtgenommenen einiger-<lb/> maßen gelegt, ſtellte ſich heraus, daß er ein 34jähriger Stu-<lb/> dent aus Italien ſei, der ſeit mehreren Jahren hier wohnt<lb/> und tatſächlich mit der Erpreſſeraffäre nichts zu tun hat.<lb/> Die Perſonalbeſchreibung, die der Dienſtmann von ſeinem<lb/> Auftraggeber gab, paßt auch nur ſehr oberflächlich auf den<lb/> Studenten, der nach einem einſtündigen Verhör wieder<lb/> entlaſſen wurde. Die Geſchichte hatte ſich raſch herum-<lb/> geſprochen und es tauchte alsbald ein weiteres Gerücht auf,<lb/> es ſei der wirkliche Erpreſſer am Bahnhofplatz verhaftet<lb/><cb/> worden. Dieſe Erzählung entbehrt aber jeder tatſächlichen<lb/> Grundlage. Der Polizei gingen nach der Veröffentlichung<lb/> des letzten Steckbriefes eine Reihe von Mitteilungen über<lb/> Perſönlichkeiten zu, auf die die Signalements ſtimmen<lb/> ſollen; alle dieſe Nachrichten beruhen jedoch auf Ver-<lb/> mutungen, und die Angelegenheit iſt für die Polizei heute<lb/> noch ebenſo unaufgeklärt wie von Anfang an.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#aq">tz.</hi> <hi rendition="#b">Zum Streik der Droſchkenkutſcher und Chauſſeure.</hi> </head> <p>Be-<lb/> kanntlich haben die ſtreikenden Droſchkenkutſcher und Chauffeure<lb/> bei ihrem letzten Streikappell am Freitag beſchloſſen, den Streik<lb/> für beendet zu erklären und die Arbeit ohne Tarifabſchluß zu<lb/> den alten Bedingungen wieder aufzunehmen. Damit ſind jedoch<lb/> die Arbeitgeber <hi rendition="#g">nicht einverſtanden,</hi> denn die <hi rendition="#g">Lohn-<lb/> kutſcher-Innung</hi> hat im Einvernehmen mit der <hi rendition="#g">Kraft-<lb/> droſchken-Vereinigung</hi> heute beſchloſſen, die ſtreiken-<lb/> den Kutſcher und Chauffeure <hi rendition="#g">erſt dann einzuſtellen,</hi><lb/> wenn der <hi rendition="#g">Gehilfen-Ausſchuß</hi> die vor dem Einigungs-<lb/> amt des Gewerbegerichtes feſtgelegten proviſoriſchen Tarifver-<lb/> einbarungen <hi rendition="#g">anerkannt</hi> hat und <hi rendition="#g">unterzeichnet,</hi> was<lb/> dieſer jedoch verweigert, da die ſtreikenden Kutſcher und Chauf-<lb/> feure dieſe proviſoriſchen Tarifvereinbarungen in ihrer Verſamm-<lb/> lung mit überwiegender Majorität abgelehnt haben. Der Be-<lb/> ſchluß der Arbeitgeber, die ſtreikenden Droſchkenkutſcher und<lb/> Chauffeure vorerſt nicht einzuſtellen, wurde in der Erwägung<lb/> gefaßt, daß wahrſcheinlich bei der nächſten paſſenden Gelegenheit,<lb/> ſo bei Beginn der Ausſtellung uſw., <hi rendition="#g">der Streik neuer-<lb/> dings ausbrechen würde.</hi> Behufs Anberaumung neuer-<lb/> licher Einigungsperhandlungen haben die Arbeitgeber-Organiſa-<lb/> tionen beſchloſſen, das Einigungsamt des Gewerbegerichtes an-<lb/> zurufen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <p>* <hi rendition="#b">Eine Kundgebung gegen die geplante Erhöhung der<lb/> Telephongebühren</hi> wird vom <hi rendition="#g">Demokratiſchen Ver-<lb/> ein</hi> am Montag Abend halb 9 Uhr im großen Kollergarten,<lb/> Schwanthalerſtraße, veranſtaltet. Referenten die Herren<lb/> Gemeindebevollmächtigter Th. <hi rendition="#g">Scholl</hi> und Rechtsanwalt<lb/> Dr. Ad. <hi rendition="#g">Strauß.</hi></p><lb/> <p>Da die geplante Reform des Telephontarifs tief in das<lb/> wirtſchaftliche Leben und in alle, auch private, Verkehrs-<lb/> verhältniſſe, insl ondere der Großſtadt, einſchneidet, iſt<lb/> eine Klärung der Frage und rechtzeitige Stellungnahme<lb/> des intereſſierten Publikums dringend zu wünſchen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head>* <hi rendition="#b">„In Treue ſeſt.“</hi></head> <p>Die Calderon-Geſellſchaft veranſtaltet<lb/> am Montag, den 16. März, zur Ehrung Sr. kgl. Hoheit des<lb/> Prinzregenten eine Aufführung des von Bruno Graf v. Holnſtein<lb/> aus Bayern verfaßten patriotiſchen Feſtſpieles „<hi rendition="#g">In Treue<lb/> feſt</hi>“, hiſtoriſche Bilder aus Bayerns ruhmvoller Vergangen-<lb/> heit, im Feſtſaal des <hi rendition="#g">Hotel Union</hi> (Barerſtraße 7). Das<lb/> Stück wird von Damen und Herren der Geſellſchaft aufgeführt.<lb/> Hoffchauſpieler a. D. <hi rendition="#g">Stury</hi> hat die Regie, Kunſtmaler Graf<lb/><hi rendition="#g">Courten</hi> die Stellung der lebenden Bilder übernommen. Am<lb/> Feſtabend ſpielt die Kapelle des Infanterie-Leib-Regiments<lb/> unter Leitung des Muſikdirektors <hi rendition="#g">Högg.</hi> Die Einübung der<lb/> Reigentänze hat Miß <hi rendition="#g">Rice.</hi> Karten zu der Feſtvorſtellung<lb/><hi rendition="#aq">à</hi> 4, 3, 2 Mark (Stehplätze <hi rendition="#aq">à</hi> 1 Mark) bei Seyfferth, Amalien-<lb/> ſtraße 17; Stuffler, Photographiehandlung, gegenüber der Haupt-<lb/> poſt; Dr. H. Lüneburg (Franz Gais), Buchhandlung, Karl-<lb/> ſtraße 4; Fr. Ant. Prantl, kgl. bayer. Hoflieſerant, Odeons-<lb/> platz 15; beim Portier des Hotel Union und im Theaterbilletten-<lb/> Kiosk am Lenbachplatz.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#aq">C. S.</hi> <hi rendition="#b">Der Todesſturz von der Großheffeloher Brücke.</hi> </head> <p>Im<lb/> Oeſtlichen Friedhof wurde heute Samstag nachmittag unter Be-<lb/> gleitung der nächſten Verwandten und Bekannten die Leiche des<lb/> kgl. Reallehrers a. D. Fritz <hi rendition="#g">Rheude</hi> beigeſetzt. Bekanntlich<lb/> ſuchte der geiſteskranke Mann vor ein paar Tagen den Tod, in-<lb/> dem er ſich von der Brüſtung der Großheſſeloher Brücke auf die<lb/> Kaimauer herabſtürzte, wo er zerſchmettert liegen blieb. Der<lb/> Geiſtliche widmete dem Verſtorbenen einen ehrenden Nachruf,<lb/> indem er mit Bedauern hervorhob, daß der früher ſo fleißige<lb/> und ſtrebſame Schulmann die Tat in einem Anfall geiſtiger<lb/> Umnachtung beging. Zahlreiche Kränze zierten Sarg und Grab,<lb/> darunter von der Familie v. Ow.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head>ν. <hi rendition="#b">Verhaftung einer Diebsgeſellſchaft.</hi></head> <p>In der Nacht zum<lb/> Samstag verſuchten zwei junge Burſchen einen Auslagekaſten<lb/> eines Geſchäftes an der <hi rendition="#g">Damenſtiftſtraße</hi> zu erbrechen,<lb/> während vier andere in der Nähe Spähe ſtanden. Ein Schutz-<lb/> mann beobachtete die Diebe und es gelang ihm auch, alle ſechs<lb/> mit Hilfe einiger weiterer Schutzleute feſtzunehmen. Die Ver-<lb/> hafteten, ſämtliche wegen Eigentumsdelikten vorbeſtraft, haben,<lb/> wie bereits feſtgeſtellt iſt, in den letzten Wochen mehrfach Dieb-<lb/> ſtähle verübt, u. a. iſt nachgewieſen, daß ſie in hieſigen anrüchigen<lb/> Lokalen einen ſchwunghaften Handel mit geſtohlenen Schuhen,<lb/> von einem Auslagediebſtahl an der Reichenbachſtraße her-<lb/> rührend, betrieben haben. Auch ſcheinen ſie den in der Nacht zum<lb/> Mittwoch bei einem Tändler in der Roſenheimerſtraße verübten<lb/> Einbruch, bei dem Uhren und Ringe im Werte von mehreren<lb/> hundert Mark geſtohlen wurden, begangen zu haben.</p><lb/> <cb/> </div> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="a2a" next="#a2b" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Heimliche Liebe.</hi> </hi> </head><lb/> <byline> <hi rendition="#c">Roman von <hi rendition="#g">Konrad Remling.</hi></hi> </byline><lb/> <note>(29) <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> (Nachdruck verboten.)</note><lb/> <p>Der Sommer ging vorüber, und nachdem Georg von<lb/> Helldorf ſich wieder eingelebt hatte, begann er plötzlich<lb/> einen lebhaften Beſchäftigungsdrang zu entwickeln.</p><lb/> <p>Vom frühen Morgen an ſchon ging er auf ſeiner Be-<lb/> ſitzung umher, prüfte, beſichtigte und hatte tauſend Verbeſſe-<lb/> rungsvorſchläge, die dem alten Inſpektor Grundmann ein<lb/> Kopfſchütteln nach dem anderen abnötigten.</p><lb/> <p>Aber diesmal ließ ſich ſein Herr von ihm nicht beein-<lb/> fluſſen, und der alte Mann mußte wohl oder übel nach-<lb/> geben.</p><lb/> <p>„Die Leute müſſen menſchlicher wohnen,“ hatte Georg<lb/> eines Tages geſagt und dabei auf die beiden langgeſtreckten,<lb/> niedrigen und noch mit Schindeln gedeckten Geſindehäuſer<lb/> gedeutet, während der Inſpektor erſtaunt aufhorchte und<lb/> beim beſten Willen nicht herausfinden konnte, was denn<lb/> eigentlich „unmenſchlich“ an dieſen Behauſungen ſein<lb/> ſollte.</p><lb/> <p>„Wie der Herr Baron meinen,“ entgegnete er deshalb<lb/> nach einer Pauſe mit der Reſignation, die er ſich in den<lb/> letzten Wochen angeeignet hatte, „aber“ ...</p><lb/> <p>„Kein „Aber“, lieber Grundmann,“ unterbrach ihn<lb/> jedoch Georg ſofort, „die Stuben ſind eng und niedrig,<lb/> mangelhaft geheizt im Winter und ohne Lüftung im Som-<lb/> mer. ... Allein dieſe vorſintflutlichen Dächer ſind eine<lb/> ſtändige Feuersgefahr.“</p><lb/> <p>„Die Leute ſind ja auch nicht an Paläſte gewöhnt, Herr<lb/> Baron.“</p><lb/> <p>„Aber wir wollen ſie daran gewöhnen, Herr Grund-<lb/> mann. Wenn auch nicht an Paläſte, ſo doch an helle, luftige<lb/> Zimmer und an ein Heim, in dem ſie ſich wirklich wohl<lb/> fühlen und erholen können nach ihrer ſchweren Arbeit.“</p><lb/> <p>Damit ſtand ſein Entſchluß feſt, und er ließ ſich einen<lb/> Baumeiſter kommen, mit dem er lange Beratungen hatte,<lb/> Ausmeſſungen vornahm und Zeichnungen entwarf.</p><lb/> <p>Dann wurde mit dem Bauen begonnen, als ſchon der<lb/> Winter vor der Tür ſtand, zu einer Jahreszeit, die — für<lb/> ländliche Verhältniſſe — wenig geeignet dazu war.</p><lb/> <cb/> <p>Aber die Arbeit ſchritt rüſtig vorwärts; mit den<lb/> Löhnen wurde nicht geſpart, und Georg überzeugte ſich täg-<lb/> lich von den Fortſchritten. Die Leute waren zufrieden<lb/> damit; es gab Arbeit in der ſonſt ſo ruhigen Winterzeit,<lb/> und ein gutes Stück Geld wurde verdient.</p><lb/> <p>Als die Mauern bereits in Manneshöhe aus der Erde<lb/> gewachſen waren, kam ihm ein neuer Gedanke: Helldorf<lb/> ſollte auch ein Krankenhaus haben — für die Gutsleute<lb/> unentgeltliche Aufnahme und Behandlung, für die übrigen<lb/> Dorfbewohner gegen eine möglichſt niedrig zu bemeſſende<lb/> Bezahlung.</p><lb/> <p>Es lag etwas Großzügiges in ſeinen Unternehmungen;<lb/> er durchdachte und erwog dieſe Pläne nicht nur mit dem<lb/> Kopfe, ſondern auch mit dem Herzen. Und wer ihn arbeiten<lb/> und inſpizieren ſah, mußte zugeben, daß es ihm heiliger<lb/> Ernſt war und daß es ſich bei ihm in der Tat um mehr<lb/> handelte als um die bloße Spielerei eines wohlhabenden<lb/> Mannes.</p><lb/> <p>Zu Beginn des Frühlings ſchon wurden die Wohn-<lb/> häuſer für das Geſinde „gerichtet“ und gleichzeitig der<lb/> Grundſtein für das Krankenhaus gelegt, für das er mitten<lb/> im Walde und doch nicht allzuweit vom Dorfe einen Platz<lb/> angewieſen hatte.</p><lb/> <p>Nun kamen wieder neue Verhandlungen für ihn mit<lb/> dem alten Sanitätsrat aus der nahen Kreisſtadt und<lb/> deſſen jüngerem Kollegen, die ſich in Zukunft in die Be-<lb/> handlung teilen ſollten.</p><lb/> <p>Während dieſer ganzen Zeit hatte Georg nur ſelten,<lb/> auf wenige Tage und zumeiſt in geſchäftlichen Angelegen-<lb/> heiten Helldorf verlaſſen.</p><lb/> <p>Er vernachläſſigte ſich ſogar in ſeinem Aeußeren jetzt<lb/> ein wenig, trug ſchwere, plumpe Stiefel, derbe, rauhe An-<lb/> züge und aß ſein Frühſtück oftmals „aus der bloßen Fauſt“,<lb/> auf dem „Bau“, zwiſchen den Maurern und Handwerkern,<lb/> oder gar im Dorfkrug in Geſellſchaft des Bauführers, den<lb/> er, gut gelaunt, immer wieder zur Eile antrieb.</p><lb/> <p>Frau von Helldorf ſah dieſem Treiben ruhig zu und<lb/> ließ es geſchehen, ohne jemals einen ernſtlichen Einſpruch zu<lb/> erheben.</p><lb/> <p>Sie verſtand ihren Sohn nicht ganz, hatte ſeine Pläne<lb/> im Anfang nur für eine — etwas koſtſpielige — Laune an-<lb/> geſehen und mußte ihm ſchließlich doch ſtillſchweigend dieſes<lb/> Unrecht abbitten, als ſie ſah, daß in der Tat „etwas daraus<lb/><cb/> wurde“ und daß ſein Eifer trotz der langen Zeit und trotz<lb/> mancherlei Schwierigkeiten nicht erlahmte.</p><lb/> <p>Aber Georg ruhte noch immer nicht; ſeine Leute ſollten<lb/> ſich in jeder Beziehung als freie, ſelbſtändige Menſchen füh-<lb/> len und die Abhängigkeit von ihm als Gutsherrn ſo wenig<lb/> wie möglich empfinden. Er richtete eine Sparkaſſe und in<lb/> Verbindung damit eine Darlehenskaſſe ein, zu der er ſelbſt<lb/> ein kleines Kapital als Grundlage ſtiftete. Gegen einen<lb/> geringen Beitrag und zu niedrig bemeſſenen Zinſen konnte<lb/> jeder eine Summe leihen, falls einmal notwendige und un-<lb/> vorhergeſehene Ausgaben es erforderten; die Rückzahlung<lb/> geſchah in kleinen Raten, den Lohnverhältniſſen des ein-<lb/> zelnen entſprechend.</p><lb/> <p>Allmählich wurden die Gutsnachbarn aufmerkſam, und<lb/> einer nach dem anderen kamen ſie, um die „Wunder“ in<lb/> Helldorf zu beſichtigen und zu kritiſieren. Allerlei Urteile<lb/> wurden laut: vorſichtig-ſkeptiſche, gutmütig-ſpöttiſche, auf-<lb/> richtig bewundernde und hin und wieder auch einmal ein<lb/> unzarter, höhniſcher Scherz.</p><lb/> <p>Georg achtete nicht darauf; er ging ſeinen Weg, unbe-<lb/> kümmert um die Meinung der Leute, und zog ſich nur noch<lb/> immer mehr in ſein eigenes Inneres zurück.</p><lb/> <p>Da war eines Tages Herr von Halbach aus Gatow ge-<lb/> kommen, hatte ſich von Georg umherführen laſſen und alles<lb/> eingehend beſichtigt mit ſeinen klugen, hellen Augen, hatte<lb/> die Stirn in tauſend Falten gezogen und „Hm, hm — ei, ei<lb/> und ſo, ſo“ geſagt zu allem, was er ſah und hörte.</p><lb/> <p>Und endlich, als er mit Georg im Wohnzimmer bei<lb/> einem wohlſchmeckenden Frühſtück und einer Flaſche Rot-<lb/> wein ſaß, hatte er gefragt:</p><lb/> <p>„Sagen Sie mal, lieber Georg — wenn man fragen<lb/> darf: was hat Sie, zum Teufel, zu all dieſen Dingen ver-<lb/> anlaßt, die — wenn ich ehrlich ſein ſoll — wirklich eine<lb/> recht tüchtige und achtenswerte Leiſtung ſind?“</p><lb/> <p>Georg lächelte ein wenig verlegen. Dem alten Herrn<lb/> konnte und durfte er eine ſolche Frage nicht übelnehmen.</p><lb/> <p>„Ja, lieber Herr von Halbach“ — entgegnete er des-<lb/> halb freundlich — „ich denke, wir haben ſchon einmal da-<lb/> von geſprochen. Entſinnen Sie ſich noch, bei meinem erſten<lb/> Beſuche, den ich Ihnen ſeinerzeit machte, als ich aus Ame-<lb/> rika zurückgekommen war und Sie mich einen „Leute-<lb/> beglücker“ und Gott weiß was ſonſt noch nannten? ...<lb/> Nun „beglücke ich eben meine Leute“ ... ſieht die Sache</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0002]
München, Montag Allgemeine-Zeitung 16. März 1968. Nr. 126.
Aeußerungen in dem Plädoyer des Angeklagten Harden
und des Juſtizrates Bernſtein. Die lange Spanne Zeit
zwiſchen Erſtattung der Anzeige und dem heutigen Datum
hat die Neue Geſellſchaftliche Korreſpondenz veranlaßt, ſo-
wohl beim Fürſten Eulenburg wie bei Maximilian Harden
anzufragen, wie die Angelegenheit gegenwärtig ſteht. Herr
Harden hat der Neuen Geſellſchaftlichen Korreſpondenz ge-
antwortet, er habe bis zum heutigen Tage keine weitere
Nachricht hierüber erhalten. Weder ſei ihm eine Anklage
zugeſtellt, noch ſei er vernommen worden. Auf die gleich-
lautende Anfrage an den Fürſten Eulenburg iſt, wie die
Nationalzeitung ſchreibt, der Neuen Geſellſchaftlichen Kor-
reſpondenz von einem Sohne des Fürſten Eulenburg die
folgende Antwort zugegangen:
Liebenberg, 9. März.
In Vertretung meines Vaters, des Fürſten Eulen-
burg, deſſen ſehr angegriffene Geſundheit ihm nicht ge-
ſtattet, ſeine Korreſpondenz ſelbſt zu erledigen, geſtatte
ich mir Euer Hochwohlgeboren ergebenſt mitzuteilen, daß
mir über den augenblicklichen Stand der von Ihnen be-
rührten Angelegenheit nichts Näheres bekannt iſt.
Mit vorzüglicher Hochachtung ganz ergebenſt
gez. Graf Eulenburg.
Hierzu bemerkt die Neue Geſellſchaftliche Korreſpon-
denz:
Eine Entſcheidung ſcheint alſo immer noch nicht ge-
fallen zu ſein, denn auch von einer Ablehnung des Straf-
antrages hätte zum mindeſten dem Kläger Kenntnis ge-
geben werden müſſen. Bisher durfte doch wohl jeder
Staatsbürger, der ſich beleidigt fühlte, darauf rechnen,
etwas ſchneller zu ſeinem Rechte oder zur Aufklärung über
ſeinen Irrtum zu gelangen. Es ſcheint daher im allge-
meinen Intereſſe zu liegen, auf dieſe Säumigkeit öffent-
lich aufmerkſam zu machen.
Die Feier des 18. März.
n. Berlin, 14. März. 10.44 N. (Privattelegramm.)
Zum 18. März d. J. hat die Polizei, wie die Tägliche Rund-
ſchau ſchreibt, ſchon umfaſſende Vorkehrungen getrof-
fen. Dem Vorgehen der vereinigten Verbände der Berliner Holz-
induſtrie, die überein gekommen ſind, die Arbeiter, welche am
18. März willkürlich feiern, zu entlaſſen, haben ſich zahlreiche
Unternehmer-Organiſationen in Berlin und den Vororten an-
geſchloſſen. Da mehrere Gewerkſchaften beſchloſſen haben, es
ihren Mitgliedern anheim zu ſtellen, ob ſie am 18. März feiern
wollen oder nicht, wird die Arbeitseinſtellung vorausſichtlich
keine größere Ausdehnung annehmen.
Aufhebung amerikaniſcher Konſulate in Deutſchland.
* Waſhington, 14. März. (Auf deutſch-atlantiſchem Kabel.)
Der Kongreß-Ausſchuß für die auswärtigen Angelegenheiten
empfahl die Annahme der Geſetzesvorlage über die Reorgani-
ſation des Konſulardienſtes. Dieſelbe ſieht die Auf-
hebung von 38 Konſulaten vor, darunter die Konſulate
in Krefeld, Düſſeldorf, Glauchau, Freiberg,
Annaberg, Zittau, Bamberg, Mainz und Eiben-
ſtock.
Kaiſer Franz Joſeph unpäßlich.
n. Wien, 14. März. 10.22 N. (Privattelegramm.)
Der Kaiſer hat auf Anraten ſeiner Aerzte heute das Schön-
brunner Schloß nicht verlaſſen und wird auch morgen nicht in
die Stadt fahren. Deshalb fand das Familiendejeuner
für Großfürſt Sergius heute in Schönbrunn ſtatt und
bei dem morgigen Diner in der Hofburg wird Erzherzog
Franz Ferdinand den Kaiſer vertreten. Den Anlaß zu
dieſer Abänderung gab ein Schnupfen, von dem man hofft, der
Kaiſer werde in wenigen Tagen davon befreit ſein. Großfürſt
Sergius dejeuniert morgen bei Erzherzog Friedrich und reiſt
abends nach Rom ab.
Die Lage in Marokko.
k. Tanger, 14. März. 8.05 N. (Privattelegramm.)
Faſt alle Kabylen um Rabat gingen zu Muley Hafid
über und ſandten ihm Hilfstruppen. Der Weg nach Fez iſt für
Muley Hafid frei. Abd ul Aſis lößt die Rabater Stadttore ſtark
bewachen, um einen weiteren Uebergang der Rabater zu Muley
Hafid zu verhindern.
* Algier, 14. März. Aus Brechar in Süd-Oran wird
gemeldet: Eine Truppenabteilung, die einen Streifzug in das
Gebiet der Saaira unternahm, ſtieß auf eine Berberſchar,
mit der ſie in ein Gefecht verwickelt wurde. Im Verlaufe des-
ſelben ſollen ein Offizier getötet und zwei Soldaten verwundet
worden ſein. Genaue Nachrichten fehlen noch.
l. Breslau, 14. März. 4.00 N. (Privattelegramm.)
In dem Beleidigungsprozeß Dr. Karl Peters (vertreten durch
R.-A. Dr. Roſenthal-München) gegen den Redakteur der ſozial-
demokratiſchen Zeitung die Volkswart, Hugo Wolff, wurde der
letztere zu 200 M Geldſtrafe, Koſtentragung und Urteilsver-
kündung verurteilt.
Hof und Geſellſchaft.
München, 14. März.
— Prinz Georg, der von der Erkrankung an den Maſern
geneſen iſt, trat heute abend inkognito eine auf mehrere Wochen
berechnete Reiſe nach Italien an. — Prinz Heinrich reiſte
heute abend nach Meran ab, wo er für einige Zeit Erholungs-
aufenthalt nimmt.
— Bei dem engliſchen Miniſterreſidenten Mr. Cart-
wright fand heute abend 6 Uhr eine größere Tafel ſtatt,
zu welcher geladen waren: Fürſt und Fürſtin Oettingen-
Spielberg mit Tochter, Fürſt und Fürſtin Wrede, Graf
Buttler, Gräfin Almeida, Graf Sandizell, Baron
und Baronin Fiedler, Gräſin Ella Tattenbach, Gräfin
Wanda Voißky, Graf Hoyos, Baronin Viola Riederer
und andere.
Münchener Stadtanzeiger.
München, 14. März.
V Zu der Bogenhauſer Erpreſſungsaffäre. Das Ge-
rücht, der Bogenhauſer Erpreſſer ſei verhaftet worden, ver-
urſachte am Samstag gegen Abend überall große Senſation.
Wie wir auf unſere Erkundigungen erfahren, liegt dem
Gerücht folgender Vorfall zugrunde: Gegen halb 5 Uhr
abends fiel einem Herrn in der Bayerſtraße nächſt
dem Südbau des Hauptbahnhofes ein Mann auf, auf den
die Beſchreibung der Polizei zu paſſen ſchien. Er trug einen
— allerdings ſteifen — braunen Hut, hatte ein kleines,
dunkles, nach aufwärts gedrehtes Schnurrbärtchen und an
den beiden Wangen Pockennarben. Der Herr folgte dem
ſtadteinwärts gehenden Unbekannten, der zunächſt ein
Haus an der Schützenſtraße betrat, dort bis zum vierten
Stockwerk ſtieg, dann aber wieder zurückkehrte. Am Stachus
machte der Verfolger den Schutzmannspoſten auf den Mann
aufmerkſam und erſuchte ihn, an die Polizei zu telepho-
nieren, es möchten Kriminalbeamte entgegengeſchickt wer-
den. In der Neuhauſerſtraße verſchwand der Verdächtige
plötzlich wieder in einem Hauſe. Er hatte ſich, wie ſich ſein
Verfolger überzeugte, in ein im zweiten Stockwerk ge-
legenes Schreibbureau begeben. Als er nach reichlich einer
Viertelſtunde wieder aus dem Hauſe kam, hatten ſich be-
reits drei Kriminalſchutzleute mit einem Kommiſſär ein-
gefunden, die den Mann nun weiter verfolgten. Dieſer
bog in die Eiſenmannſtraße ein und hier fiel er einem
zweiten Herrn auf, der ſofort einem der ihm perſönlich be-
kannten Polizeibeamten zurief: „Das iſt der Bogenhauſer
Erpreſſer!“ Nun traten zwei der Beamten auf den Unbe-
kannten zu, der ſofort, als ihm einer an den Arm langte,
um ihn zu ſtellen, rief: „Laſſen Sie mich los! Was wollen
Sie?“ Er beachtete nicht, daß ſich die Polizeibeamten legi-
timierten, und begann, laut um Hilfe ſchreiend, mit den
Armen um ſich zu ſchlagen. Die Poliziſten drängten ihn in
einen Hausgang. Hier zogen ſie ihm ſeine Papiere aus
der Bruſttaſche, er ſuchte ſie ihnen zu entreißen und wollte,
da er inzwiſchen an beiden Handgelenken die Schließzange
angelegt bekam, mit den Zähnen die Papiere zerfetzen.
Schließlich wurde er in einer Droſchke zur Polizei gebracht
und dem Oberregierungsrat Dillmann vorgeführt.
Nachdem ſich die Erregung des Feſtgenommenen einiger-
maßen gelegt, ſtellte ſich heraus, daß er ein 34jähriger Stu-
dent aus Italien ſei, der ſeit mehreren Jahren hier wohnt
und tatſächlich mit der Erpreſſeraffäre nichts zu tun hat.
Die Perſonalbeſchreibung, die der Dienſtmann von ſeinem
Auftraggeber gab, paßt auch nur ſehr oberflächlich auf den
Studenten, der nach einem einſtündigen Verhör wieder
entlaſſen wurde. Die Geſchichte hatte ſich raſch herum-
geſprochen und es tauchte alsbald ein weiteres Gerücht auf,
es ſei der wirkliche Erpreſſer am Bahnhofplatz verhaftet
worden. Dieſe Erzählung entbehrt aber jeder tatſächlichen
Grundlage. Der Polizei gingen nach der Veröffentlichung
des letzten Steckbriefes eine Reihe von Mitteilungen über
Perſönlichkeiten zu, auf die die Signalements ſtimmen
ſollen; alle dieſe Nachrichten beruhen jedoch auf Ver-
mutungen, und die Angelegenheit iſt für die Polizei heute
noch ebenſo unaufgeklärt wie von Anfang an.
tz. Zum Streik der Droſchkenkutſcher und Chauſſeure. Be-
kanntlich haben die ſtreikenden Droſchkenkutſcher und Chauffeure
bei ihrem letzten Streikappell am Freitag beſchloſſen, den Streik
für beendet zu erklären und die Arbeit ohne Tarifabſchluß zu
den alten Bedingungen wieder aufzunehmen. Damit ſind jedoch
die Arbeitgeber nicht einverſtanden, denn die Lohn-
kutſcher-Innung hat im Einvernehmen mit der Kraft-
droſchken-Vereinigung heute beſchloſſen, die ſtreiken-
den Kutſcher und Chauffeure erſt dann einzuſtellen,
wenn der Gehilfen-Ausſchuß die vor dem Einigungs-
amt des Gewerbegerichtes feſtgelegten proviſoriſchen Tarifver-
einbarungen anerkannt hat und unterzeichnet, was
dieſer jedoch verweigert, da die ſtreikenden Kutſcher und Chauf-
feure dieſe proviſoriſchen Tarifvereinbarungen in ihrer Verſamm-
lung mit überwiegender Majorität abgelehnt haben. Der Be-
ſchluß der Arbeitgeber, die ſtreikenden Droſchkenkutſcher und
Chauffeure vorerſt nicht einzuſtellen, wurde in der Erwägung
gefaßt, daß wahrſcheinlich bei der nächſten paſſenden Gelegenheit,
ſo bei Beginn der Ausſtellung uſw., der Streik neuer-
dings ausbrechen würde. Behufs Anberaumung neuer-
licher Einigungsperhandlungen haben die Arbeitgeber-Organiſa-
tionen beſchloſſen, das Einigungsamt des Gewerbegerichtes an-
zurufen.
* Eine Kundgebung gegen die geplante Erhöhung der
Telephongebühren wird vom Demokratiſchen Ver-
ein am Montag Abend halb 9 Uhr im großen Kollergarten,
Schwanthalerſtraße, veranſtaltet. Referenten die Herren
Gemeindebevollmächtigter Th. Scholl und Rechtsanwalt
Dr. Ad. Strauß.
Da die geplante Reform des Telephontarifs tief in das
wirtſchaftliche Leben und in alle, auch private, Verkehrs-
verhältniſſe, insl ondere der Großſtadt, einſchneidet, iſt
eine Klärung der Frage und rechtzeitige Stellungnahme
des intereſſierten Publikums dringend zu wünſchen.
* „In Treue ſeſt.“ Die Calderon-Geſellſchaft veranſtaltet
am Montag, den 16. März, zur Ehrung Sr. kgl. Hoheit des
Prinzregenten eine Aufführung des von Bruno Graf v. Holnſtein
aus Bayern verfaßten patriotiſchen Feſtſpieles „In Treue
feſt“, hiſtoriſche Bilder aus Bayerns ruhmvoller Vergangen-
heit, im Feſtſaal des Hotel Union (Barerſtraße 7). Das
Stück wird von Damen und Herren der Geſellſchaft aufgeführt.
Hoffchauſpieler a. D. Stury hat die Regie, Kunſtmaler Graf
Courten die Stellung der lebenden Bilder übernommen. Am
Feſtabend ſpielt die Kapelle des Infanterie-Leib-Regiments
unter Leitung des Muſikdirektors Högg. Die Einübung der
Reigentänze hat Miß Rice. Karten zu der Feſtvorſtellung
à 4, 3, 2 Mark (Stehplätze à 1 Mark) bei Seyfferth, Amalien-
ſtraße 17; Stuffler, Photographiehandlung, gegenüber der Haupt-
poſt; Dr. H. Lüneburg (Franz Gais), Buchhandlung, Karl-
ſtraße 4; Fr. Ant. Prantl, kgl. bayer. Hoflieſerant, Odeons-
platz 15; beim Portier des Hotel Union und im Theaterbilletten-
Kiosk am Lenbachplatz.
C. S. Der Todesſturz von der Großheffeloher Brücke. Im
Oeſtlichen Friedhof wurde heute Samstag nachmittag unter Be-
gleitung der nächſten Verwandten und Bekannten die Leiche des
kgl. Reallehrers a. D. Fritz Rheude beigeſetzt. Bekanntlich
ſuchte der geiſteskranke Mann vor ein paar Tagen den Tod, in-
dem er ſich von der Brüſtung der Großheſſeloher Brücke auf die
Kaimauer herabſtürzte, wo er zerſchmettert liegen blieb. Der
Geiſtliche widmete dem Verſtorbenen einen ehrenden Nachruf,
indem er mit Bedauern hervorhob, daß der früher ſo fleißige
und ſtrebſame Schulmann die Tat in einem Anfall geiſtiger
Umnachtung beging. Zahlreiche Kränze zierten Sarg und Grab,
darunter von der Familie v. Ow.
ν. Verhaftung einer Diebsgeſellſchaft. In der Nacht zum
Samstag verſuchten zwei junge Burſchen einen Auslagekaſten
eines Geſchäftes an der Damenſtiftſtraße zu erbrechen,
während vier andere in der Nähe Spähe ſtanden. Ein Schutz-
mann beobachtete die Diebe und es gelang ihm auch, alle ſechs
mit Hilfe einiger weiterer Schutzleute feſtzunehmen. Die Ver-
hafteten, ſämtliche wegen Eigentumsdelikten vorbeſtraft, haben,
wie bereits feſtgeſtellt iſt, in den letzten Wochen mehrfach Dieb-
ſtähle verübt, u. a. iſt nachgewieſen, daß ſie in hieſigen anrüchigen
Lokalen einen ſchwunghaften Handel mit geſtohlenen Schuhen,
von einem Auslagediebſtahl an der Reichenbachſtraße her-
rührend, betrieben haben. Auch ſcheinen ſie den in der Nacht zum
Mittwoch bei einem Tändler in der Roſenheimerſtraße verübten
Einbruch, bei dem Uhren und Ringe im Werte von mehreren
hundert Mark geſtohlen wurden, begangen zu haben.
Heimliche Liebe.
Roman von Konrad Remling.
(29)
(Nachdruck verboten.)
Der Sommer ging vorüber, und nachdem Georg von
Helldorf ſich wieder eingelebt hatte, begann er plötzlich
einen lebhaften Beſchäftigungsdrang zu entwickeln.
Vom frühen Morgen an ſchon ging er auf ſeiner Be-
ſitzung umher, prüfte, beſichtigte und hatte tauſend Verbeſſe-
rungsvorſchläge, die dem alten Inſpektor Grundmann ein
Kopfſchütteln nach dem anderen abnötigten.
Aber diesmal ließ ſich ſein Herr von ihm nicht beein-
fluſſen, und der alte Mann mußte wohl oder übel nach-
geben.
„Die Leute müſſen menſchlicher wohnen,“ hatte Georg
eines Tages geſagt und dabei auf die beiden langgeſtreckten,
niedrigen und noch mit Schindeln gedeckten Geſindehäuſer
gedeutet, während der Inſpektor erſtaunt aufhorchte und
beim beſten Willen nicht herausfinden konnte, was denn
eigentlich „unmenſchlich“ an dieſen Behauſungen ſein
ſollte.
„Wie der Herr Baron meinen,“ entgegnete er deshalb
nach einer Pauſe mit der Reſignation, die er ſich in den
letzten Wochen angeeignet hatte, „aber“ ...
„Kein „Aber“, lieber Grundmann,“ unterbrach ihn
jedoch Georg ſofort, „die Stuben ſind eng und niedrig,
mangelhaft geheizt im Winter und ohne Lüftung im Som-
mer. ... Allein dieſe vorſintflutlichen Dächer ſind eine
ſtändige Feuersgefahr.“
„Die Leute ſind ja auch nicht an Paläſte gewöhnt, Herr
Baron.“
„Aber wir wollen ſie daran gewöhnen, Herr Grund-
mann. Wenn auch nicht an Paläſte, ſo doch an helle, luftige
Zimmer und an ein Heim, in dem ſie ſich wirklich wohl
fühlen und erholen können nach ihrer ſchweren Arbeit.“
Damit ſtand ſein Entſchluß feſt, und er ließ ſich einen
Baumeiſter kommen, mit dem er lange Beratungen hatte,
Ausmeſſungen vornahm und Zeichnungen entwarf.
Dann wurde mit dem Bauen begonnen, als ſchon der
Winter vor der Tür ſtand, zu einer Jahreszeit, die — für
ländliche Verhältniſſe — wenig geeignet dazu war.
Aber die Arbeit ſchritt rüſtig vorwärts; mit den
Löhnen wurde nicht geſpart, und Georg überzeugte ſich täg-
lich von den Fortſchritten. Die Leute waren zufrieden
damit; es gab Arbeit in der ſonſt ſo ruhigen Winterzeit,
und ein gutes Stück Geld wurde verdient.
Als die Mauern bereits in Manneshöhe aus der Erde
gewachſen waren, kam ihm ein neuer Gedanke: Helldorf
ſollte auch ein Krankenhaus haben — für die Gutsleute
unentgeltliche Aufnahme und Behandlung, für die übrigen
Dorfbewohner gegen eine möglichſt niedrig zu bemeſſende
Bezahlung.
Es lag etwas Großzügiges in ſeinen Unternehmungen;
er durchdachte und erwog dieſe Pläne nicht nur mit dem
Kopfe, ſondern auch mit dem Herzen. Und wer ihn arbeiten
und inſpizieren ſah, mußte zugeben, daß es ihm heiliger
Ernſt war und daß es ſich bei ihm in der Tat um mehr
handelte als um die bloße Spielerei eines wohlhabenden
Mannes.
Zu Beginn des Frühlings ſchon wurden die Wohn-
häuſer für das Geſinde „gerichtet“ und gleichzeitig der
Grundſtein für das Krankenhaus gelegt, für das er mitten
im Walde und doch nicht allzuweit vom Dorfe einen Platz
angewieſen hatte.
Nun kamen wieder neue Verhandlungen für ihn mit
dem alten Sanitätsrat aus der nahen Kreisſtadt und
deſſen jüngerem Kollegen, die ſich in Zukunft in die Be-
handlung teilen ſollten.
Während dieſer ganzen Zeit hatte Georg nur ſelten,
auf wenige Tage und zumeiſt in geſchäftlichen Angelegen-
heiten Helldorf verlaſſen.
Er vernachläſſigte ſich ſogar in ſeinem Aeußeren jetzt
ein wenig, trug ſchwere, plumpe Stiefel, derbe, rauhe An-
züge und aß ſein Frühſtück oftmals „aus der bloßen Fauſt“,
auf dem „Bau“, zwiſchen den Maurern und Handwerkern,
oder gar im Dorfkrug in Geſellſchaft des Bauführers, den
er, gut gelaunt, immer wieder zur Eile antrieb.
Frau von Helldorf ſah dieſem Treiben ruhig zu und
ließ es geſchehen, ohne jemals einen ernſtlichen Einſpruch zu
erheben.
Sie verſtand ihren Sohn nicht ganz, hatte ſeine Pläne
im Anfang nur für eine — etwas koſtſpielige — Laune an-
geſehen und mußte ihm ſchließlich doch ſtillſchweigend dieſes
Unrecht abbitten, als ſie ſah, daß in der Tat „etwas daraus
wurde“ und daß ſein Eifer trotz der langen Zeit und trotz
mancherlei Schwierigkeiten nicht erlahmte.
Aber Georg ruhte noch immer nicht; ſeine Leute ſollten
ſich in jeder Beziehung als freie, ſelbſtändige Menſchen füh-
len und die Abhängigkeit von ihm als Gutsherrn ſo wenig
wie möglich empfinden. Er richtete eine Sparkaſſe und in
Verbindung damit eine Darlehenskaſſe ein, zu der er ſelbſt
ein kleines Kapital als Grundlage ſtiftete. Gegen einen
geringen Beitrag und zu niedrig bemeſſenen Zinſen konnte
jeder eine Summe leihen, falls einmal notwendige und un-
vorhergeſehene Ausgaben es erforderten; die Rückzahlung
geſchah in kleinen Raten, den Lohnverhältniſſen des ein-
zelnen entſprechend.
Allmählich wurden die Gutsnachbarn aufmerkſam, und
einer nach dem anderen kamen ſie, um die „Wunder“ in
Helldorf zu beſichtigen und zu kritiſieren. Allerlei Urteile
wurden laut: vorſichtig-ſkeptiſche, gutmütig-ſpöttiſche, auf-
richtig bewundernde und hin und wieder auch einmal ein
unzarter, höhniſcher Scherz.
Georg achtete nicht darauf; er ging ſeinen Weg, unbe-
kümmert um die Meinung der Leute, und zog ſich nur noch
immer mehr in ſein eigenes Inneres zurück.
Da war eines Tages Herr von Halbach aus Gatow ge-
kommen, hatte ſich von Georg umherführen laſſen und alles
eingehend beſichtigt mit ſeinen klugen, hellen Augen, hatte
die Stirn in tauſend Falten gezogen und „Hm, hm — ei, ei
und ſo, ſo“ geſagt zu allem, was er ſah und hörte.
Und endlich, als er mit Georg im Wohnzimmer bei
einem wohlſchmeckenden Frühſtück und einer Flaſche Rot-
wein ſaß, hatte er gefragt:
„Sagen Sie mal, lieber Georg — wenn man fragen
darf: was hat Sie, zum Teufel, zu all dieſen Dingen ver-
anlaßt, die — wenn ich ehrlich ſein ſoll — wirklich eine
recht tüchtige und achtenswerte Leiſtung ſind?“
Georg lächelte ein wenig verlegen. Dem alten Herrn
konnte und durfte er eine ſolche Frage nicht übelnehmen.
„Ja, lieber Herr von Halbach“ — entgegnete er des-
halb freundlich — „ich denke, wir haben ſchon einmal da-
von geſprochen. Entſinnen Sie ſich noch, bei meinem erſten
Beſuche, den ich Ihnen ſeinerzeit machte, als ich aus Ame-
rika zurückgekommen war und Sie mich einen „Leute-
beglücker“ und Gott weiß was ſonſt noch nannten? ...
Nun „beglücke ich eben meine Leute“ ... ſieht die Sache
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(2022-04-08T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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