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Allgemeine Zeitung. Nr. 129. München, 18. März 1908.

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Nr. 129. München, Mittwoch Allgemeine Zeitung 18. März 1908.
[Spaltenumbruch]
Hof und Gesellschaft.

-- Se. kgl. Hoh. der Prinzregent besichtigte heute
mittag im Beisein des Ministers Dr. v. Wehner und des
Geheimrats Professors v. Reber die in der Residenz auf-
gestellten Werke Adolph v. Menzels, die durch die
hochherzige Stiftung der Nichte des Meisters, Fräulein
Krigar-Menzel, in bayerischen Staatsbesitz überge-
gangen sind. Der Regent sprach sich hocherfreut über die
(im heutigen Feuilleton der Allg. Ztg. ausführlich be-
sprochene) Kollektion aus.

-- Prinz Rupprecht begab sich heute früh zur Truppen-
besichtigung nach Ingolstadt. Die Rückkehr erfolgt heute nach-
mittag 41/2 Uhr.

-- Der König von Sachsen trifft am 23. d. M., nach-
mittags 5 Uhr 6 Min., von Sigmaringen hier ein und setzt in
Begleitung des hiesigen sächsischen Gesandten Frhrn. v. Friesen
die Reise nach Brixen zu eintägigem Besuch der Prinzessin Anna
(Pia Monika) fort. Von dort aus tritt der König via Genua
eine mehrwöchige Mittelmeerreise an.

-- Bei der kgl. Palastdame Freifrau v. Ritter zu Grün-
stein fand gestern abend eine größere Soiree statt, bei welcher
mehrere Mitglieder der Hofgesellschaft eine Theateraufführung
veranstalteten. Dazu waren Prinz und Prinzessin Ludwig mit
den Prinzessinnen-Töchtern sowie mehrere Mitglieder der könig-
lichen Familie erschienen.

-- Hofrat Dr. Fastenrath, der Begründer der Kölner
Blumenspiele, ist gestern abend gestorben.



Münchener Stadtanzeiger.

mt. Kaiserliches Geschenk.

Bekanntlich hat der Deutsche
Kaiser dem 6. bayerischen Infanterie-Regiment, dessen Inhaber
er ist, ein für das Offizierskasino bestimmtes größeres Gemälde
zum Geschenk gemacht. Das Bild, von dem Berliner Kunstmaler
C. Röchling gemalt, stellt eine Schlachtenepisode aus den blutigen
Septembertagen des Jahres 1870 vor, bei denen Bataillone des
6. Regiments ganz besonders engagiert waren. Das äußerst
lebendig gehaltene, farbenfrische Bild befindet sich augenblicklich
zum Zwecke photographischer Reproduktion im Atelier des Hanf-
staenglschen Kunstverlags.

* Städtische Straßenbahn.

Wegen Gleisumbauten auf dem
Sendlingertor-Platz verkehren die Wagen der Linie 18 bis auf
weiteres zwischen Holzapfelkreuth und Forstenriederstraße, wes-
halb an letztgenannter Haltstelle auf den Linien 6 oder 16 um-
gestiegen werden muß.

ps. Ruth St. Denis.

Eine junge Dame aus alter Schule.
Ihr Auftreten steht trotz der Verschmähung des Trikots in
vollem Gegensatz zu dem der Duncan. Diese war von je in der
Theorie wirksamer denn in der Praxis. Ihre Kunst war immer
mehr eine Kunstanschauung, die mit anderen neuzeitlichen
Bühnengedanken im Einklang sich befand. Isadora Duncan
wollte und will Schule machen. Ruth St. Denis stammt zwar
-- wie man sagt -- aus Amerika, ihre Kunst aber stammt aus
der Pariser Großen Oper. Allzu schöne Kulissen, Lichteffekte.
Statisterie stellen sich im ersten Augenblick unserem Genießen
entgegen und halten unsere Bedenken bis zum letzten Augenblick
wach. Innerhalb dieses fast altmodischen Rahmens aber gibt
diese Tänzerin ganz Wundervolles. Indische Tänze -- meist zu
Delibes Lakme-Musik getanzt. Von feierlicher Anmut bis zum
wildesten Taumel -- zuweilen nichts als ein Sichneigen. Dann
wieder gibt sie in virtuosester Weise die Finessen der alten
Schule -- den Spitzentanz -- mit nackten Füßen. Ihr Körper
bietet oft Bilder von entzückendem Reiz -- so der eigenartige
Cobratanz, in dem die ringgeschmückten Hände als Schlangen-
köpfe auf dem Boden kriechen. Es ist das Besondere ihrer Kunst,
daß sie in feinster Weise den Anregungen der Musik folgt. Der
Beifall setzte erst zögernd ein, gestaltete sich aber dann zum Schluß
zu sehr lebhaften Kundgebungen des Beifalls. -- Das Gastspiel
fand im Gärtnerplatztheater statt, das dem Auftreten
der Dame eine Aufführung des 2. Aktes der Fledermaus voraus-
schickte. Heute abend tanzt Ruth St. Denis zum letztenmal.

* Polizeistunde.

Rechtsrat Schöner gab heute im
Magistrat den bekannten Entwurf neuer ortspolizeilicher
Vorschriften über die Regelung der Polizeistunde bekannt
und erklärte sich im großen ganzen mit dem Entwurf ein-
verstanden.
Er beantragte hierzu noch, den kleinen
Kaffeeschenken zu gestatten, abends 10 Uhr zu schließen und
um 4 Uhr morgens zu öffnen. Ferner sollen in der
[Spaltenumbruch] Nähe des Bahnhofes
zwei bis drei, in der Nähe des
Schlachthofes ein Restaurant mit Nachtbetrieb zugelassen
werden. Diese letzteren erhalten die Auflage, von 2 Uhr
morgens ab nur Flaschenbier zu verabreichen.

* Versorgung des dritten Krankenhauses mit Wärme
und Elektrizität.

Bei dem großen Verbrauche an Heiz- und
elektrischer Energie im neuen Krankenhause empfiehlt es
sich, im Krankenhausareal eine elektrische Dampfreserve zu
erbauen, die auf das städtische Kabelnetz arbeitet und eine
Verstärkung der Dampfreserve an der Thalkirchnerstraße
darstellt. Der Dampf der Anlage wird nach der Arbeits-
leistung in die Wärmeanlagen des Krankenhauses über-
geführt. Der Magistrat beschloß, zur Herbeiführung einer
rationellen Dampfanlage das Direktorium der Elektrizi-
tätswerke mit der Ausarbeitung von Kostenvoranschlägen
und Detailplänen zu beauftragen.

* "Der Kampf um die Ehe" war das Thema, das Frau
Dr. Helene Stöcker im Spiegelsaal des "Bayerischen Hofes"
gestern vor einem sehr zahlreichen illustren Publikum behandelte.
In fesselnder Weise stellte sie die Umgestaltung des Verhältnisses
von Mann und Weib der alten Moral gegenüber, die nur die
Wahl zwischen Ehe und völliger Enthaltsamkeit lasse. Dadurch
werde vornehmlich die Prostitution mit ihren Begleiterscheinun-
gen (Geschlechtskrankheiten usw.) gezüchtet. Die Einsicht in den
Widersinn der heutigen Zustände, die von der Frau ein unnötiges
Zölibat fordern, zu verbreiten, die Menschen zu höherer Verant-
wortlichkeit zu erziehen, sei die Aufgabe von Vereinen, die sich
unter dem Namen Mutterschutz u. a. in den meisten Staaten
Europas und Amerikas gebildet haben. Ihre praktischen Ziele
bilden vor allem die Gleichstellung der Unehelichen mit den Ehe-
lichen, wirtschaftliche Hilfe, Uebung der Hebammenbildung, Auf-
hebung des Zölibats, des Unterschiedes zwischen "Frau" und
"Fräulein" usw.), vor allem aber die Herbeiführung von Zu-
ständen, die eine frühe Ehe ermöglichen. Nie habe der Bund für
Mutterschutz diese verworfen, nie das uneheliche Kind dem ehe-
lichen vorangestellt, wenn ihm auch ehelich und glücklich nicht
immer gleichbedeutend mit sittlich sei. An den Vortrag schloß sich
eine angeregte Diskussion.

* Regelung der Postschalterstunden.

Die Postverwaltung hat
an den Magistrat die Anfrage gerichtet, ob es tunlich sei, die
Schalter statt um 8 Uhr künftig um 7 Uhr zu schließen.
Der Magistrat beantwortete die Frage dahin, daß amtlicherseits
nichts einzuwenden sei. Dagegen müßten die Vertreter von
Handel, Industrie und Gewerbe um ein Gutachten aufgefordert
werden, ob nicht die Interessen der Geschäftskreise durch den
früheren Schluß zu Schaden kämen.

* Volkshochschul-Verein.

Der Zyklus des Herrn Prosektors
Dr. Hermann Hahn: "Der Atemapparat des menschlichen
Körpers" wird nicht in der Technischen Hochschule, sondern im
großen Hörsaal der neuen Anatomie, Pettenkoferstraße 11, abge-
halten werden. Beginn 2. April, abends 81/2 Uhr.

dr. Oeffentliche Dienstmädchen-Versammlung.

Am Sonntag
Nachmittag fand eine Dienstmädchen-Versammlung statt, in der
Frau Lachenmeyer über das Thema sprach: "Haben die
die Dienstmädchen an jedem Sonntag Nachmit-
tag ein Anrecht auf einen halben Ruhetag?"
Die
Rednerin führte aus: Vielen jungen Frauen fehlt das Verständ-
nis für die Führung eines Haushalts, sie sind nur zum Befehlen
erzogen, und wenn die Dienstmädchen unter den Launen der
Frauen zu leiden haben, so genügt das oft nicht, selbst die Kinder
lassen den Dienstboten ihre abhängige Stellung fühlen. Häufig
müssen die Mädchen schwerste körperliche Arbeiten besorgen, und
wie armselig sei oft der Lohn! Unerfahrene Mädchen werden
häufig unter falschen Vorspiegelungen durch Verdinggeschäfte in
schlechte Stellen verhandelt. Die Forderung des freien Sonntag-
nachmittags sei gewiß bescheiden, da die Dienstmädchen nicht ein-
mal die genügende Zeit finden, ihre Sachen in Ordnung zu
halten. Nachdem die Referentin noch auf Mißstände im Inva-
liden- und Krankenkassenangelegenheiten hingewiesen hatte,
schloß sie unter Beifall ihre Darlegungen. Zum Schlusse wurde
eine Resolution angenommen, in der ausgedrückt wird, daß nur
durch eine Festigung der Organisation eine Verbesserung
der Lage des dienenden Standes herbeigeführt werden kann.
Hauptsächlich ist die Ruhezeit der Dienstmädchen so gering, daß
es endlich an der Zeit sei, schon aus gesundheitlichen Gründen,
eine Besserung herbeizuführen. Die Anwesenden erklärten, der
Organisation der Dienstmädchen, dem Hausangestelltenverband,
beizutreten, um für die Dienstmädchen eine einheitliche Ruhezeit,
zum mindesten jeden Sonntag nachmittag ab 2 Uhr, herbei-
zuführen.

* Lehrlingspreise und Stipendien für Fortbildungs- und
Gewerbeschüler.

Am Donnerstag, den 19. März (Josephitag),
vormittags 111/2 Uhr, erfolgt im Sitzungssaale der Gemeinde-
bevollmächtigten die feierliche Verteilung der aus Gemeinde-
[Spaltenumbruch] mitteln pro 1907 gewährten Geldpreise und Stipendien
an Schüler der fachlichen Fortbildungsschulen und Gewerbe-
schulen durch den technischen Schulreferenten Stadtschulrat Dr.
Kerschensteiner.

* 26. Münchener Pferdemarkt vom 7. mit 10. April. Die
Geldpreise für die Pferdeprämiierungen sind heuer bedeutend er-
höht worden. Es gelangen gegen 15,000 M Prämien zur Ver-
teilung, außerdem mehrere Zuschlagpreise für Zuchtstuten, die sich
besonders zur Zucht von Artilleriestangenpferden eignen. Für die
Pferde-Lotterie werden auf dem Pferdemarkt angekauft:
1 Viererzug, 5 weitere Gespanne, 2 Reitpferde, 6 starke und
6 leichte Zuchtstuten sowie 20 einzelne Luxus- und Gebrauchs-
pferde. Nach den vorliegenden Anmeldungen kommen heuer
gegen 1500 Pferde aller Schläge zur Ausstellung. Programme,
Verlosungspläne usw. sind durch das Sekretariat des Pferdezucht-
vereins, München, Herrnstraße 9/0, zu beziehen.

m. Neue Erdbebenregistrierungen.

Am 15. März folgten
abermals zwischen 101/2 Uhr und 121/2 Uhr vormittags neue Er-
schütterungen, die nach den Aufzeichnungen des registrierenden
Seismometers der Münchener Erdbebenwarte von sehr entfernten
Herden herrühren. Es lassen sich dabei gut zwei Beben unterschei-
den, nämlich um 10 Uhr 28 Min. 16 Sek. und um 11 Uhr 19 Min.
42 Sekunden. Am Montag früh traten neue Erschütterungen
um 5 Uhr 38 Min., 6 Uhr 2 Min. und 6 Uhr 20 Min. auf, die
ebenfalls von schwachen Fernerdbeben herrühren.

* Säuglingsfürsorge.

Rechtsrat Hörburger gab heute
im Magistrate ein anschauliches Bild von der Tätigkeit der Ge-
meinde auf dem Gebiete der Säuglingsfürsorge. Die Erfolge
seien hocherfreulich. Mit Hilfe der Beratungsstellen und mit
Hilfe der Stillprämien und Unterstützungen an Wöchnerinnen sei
es gelungen, die Kindersterblichkeit ganz bedeutend zu
vermindern. Unter den Kindern, die gestillt und den Be-
ratungsstellen zugeführt wurden, kamen nur 15 Sterbefälle vor.
Die Behauptung einer hiesigen Monatsschrift, daß München mit
2 Pfg. Ausgaben pro Säugling und Jahr an letzter Stelle
in Deutschland steht, sei unrichtig. München nimmt mit 1.76 M
pro Säugling und Jahr im Gegenteil den ersten Rang ein.

--lt. Hebbel-Abend.

Der 6. Volkstümlich-literarische Unter-
haltungsabend, den der "Südbayerische Verband zur Verbreitung
von Volksbildung" veranstaltete, war Friedrich Hebbel ge-
widmet. Einleitend gab Herr Dr. Kutscher einen kurzen Bei-
trag zum Verständnis Hebbels, dessen Geistesverwandtschaft mit
Schiller und -- Richard Dehmel er nach der lyrischen und dra-
matischen Seite hin zergliederte. Den Vortrag verschiedener
Hebbelscher Gedichte hatte Hans Brandenburg übernom-
men. Frl. Elsa Jäger sang recht wirkungsvoll von Brahms,
Cornelius und Hugo Wolf vertonte Dichtungen Hebbels unter
dem vortrefflichen Alkompagnement des Domorganisten Herrn
Joseph Schmid.

V Zum Fall Moschel.

Die Strafkammer hat heute die
Eröffnung des Verfahrens gegen den Schutzmann Schauer
wegen Körperverletzung mit Todesfolge beschlossen.

* Eine neue Erpressung?

Acht Tage nach dem Atten-
tat auf die Söhne des Kommerzienrats Ludowici wurde ein
ähnliches Attentat auf einen zwölfjährigen Majorssohn
im Lehel ausgeführt. Damals lockte ein der Beschreibung
nach auf den Erpresser an der Familie Ludowici passender
Mann den Knaben mit sich, ließ sich eingehend die Ver-
hältnisse der Majorsfamilie erzählen und zog den Knaben
in einen Hausgang, wo er ihm unter Drohungen eine
Stichverletzung am linken Arm beibrachte.
Heute morgen gegen 8 Uhr, als der angefallene Knabe zur
Schule ging, bemerkte dieser den betreffenden Mann. Der
Knabe schlich sich hinter dem Manne nach, um in der Wein-
straße einen Kriminalbeamten zu holen und den Mann
verhaften zu lassen. Der Unbekannte verschwand aber,
ehe er in die Hände der Polizei fiel.

eh. Einen unbesonnenen Streich verübten vier Aspiranten
des kgl. Hoforchesters, die bei einer Prüfung auf feste Anstellung
schlecht abgeschnitten hatten und aus Aerger darüber die Geigen
älterer Kollegen
vor dem Spiel absichtlich verstimmten.
Es wurde ihnen nahegelegt, sich nach einer anderen Stelle um-
zusehen, da sie auf Anstellung im kgl. Hoforchester keine Aussicht
mehr hätten.



Vereinsmitteilungen, Versammlungen, Vorträge.

Süddeutscher Photographen-
Verein. J. Kirchner
über: Der Photograph als Förderer
der Landeskunde und Kunstgeschichte. Fachlehrer H. Spörl
über Linhof-Kameras. Es kommt ferner eine Serie Diapositive
des Malers Karl v. Zamboni-Budapest zur Vorführung. Gäste
willkommen.

[Spaltenumbruch]

einer Bühnendekoration gedient haben mag. Eine nach-
denklich sinnende Frauengestalt (Aquarell von 1866):
Menzels Schwester, am Klavier stehend, ist in dem beweg-
ten Flusse der Linien wie in der diskreten Farbengebung
gleich lebensvoll aufgefaßt. Die ganze Meisterschaft seiner
späteren Guaschetechnik, die oft mit Aquarellmalerei kom-
biniert ist, zeigt das Blatt: Chorgestühl im Mainzer Dom.

Nur die äußerliche, künftige Bestimmung der genann-
ten Werke für die neue Pinakothek hat deren gesonderte
Erwähnung veranlaßt. Einen nicht minder kostbaren Besitz
stellen die Zeichnungen dar, die der kgl. Graphischen
Sammlung einverleibt werden sollen. Wenn von manchen
Seiten der Zeichner in Menzel höher gewertet wird als
der Maler, so wird diese These angesichts unseres neuen
Gemäldeschatzes wohl noch einer Ueberprüfung bedürfen.
Wir können uns vorerst auf den Vermittlungsstandpunkt
stellen, daß der Zeichner Menzel eben auch mit den ein-
fachen Mitteln der Schwarz-Weißkunst malerische Wirkung
zu erzielen wußte.

Auch in dieser zweiten Abteilung nehmen die Dar-
stellungen aus Menzels Familienkreis einen breiteren
Raum ein. An erster Stelle muß das sonnige Gruppenbild
der Schwester Menzels mit ihrer Freundin vom Jahre 1851
genannt werden. Wie hier das Licht die lieblichen Gestal-
ten der beiden jugendlichen Frauen umwebt und in hun-
dertfältiger Nuancierung von den gegen das Fenster ge-
sehenen Gewändern zurückstrahlt, dieses Problem hat der
Meister später wohl kaum selbst je besser gelöst.

Mehr eine Augenblicksstudie ist die frische Darstellung
seines Schwagers (1859), der angekleidet auf einem Bette
in lässiger Stellung liegt, ein Bild, in dem sich die ganze
Behaglichkeit eines sommerlichen Erholungsaufenthaltes
widerspiegelt. Eine ältere Dame, bei Lampenschein lesend,
ein junges Mädchen (Menzels Schwester) mit aufgestütztem
Kopfe in Kissen ruhend, Menzels Schwager, die Hände ge-
mütlich hinterm Rücken verschlungen, das sind Motive, wie
sie sich seinem nimmermüden Zeichenstifte im engsten Kreise
täglich darboten.

Ein paar flüchtige Skizzen, auf Programme von Hof-
festlichkeiten gezeichnet -- u. a. Kaiser Wilhelm 1. und
König Viktor Emanuel in der Hofloge -- zeigen, wie dem
Meister selbst bei solchen Anlässen das künstlerische Fest-
[Spaltenumbruch] halten des Gesehenen die Hauptsache war. Und aus solchen
Erinnerungsblättchen, die ihm im Moment nur Selbst-
zweck sind, entstehen dann oft in späteren Jahren noch
größere Kompositionen. Ein Beispiel hiefür bietet die
kleine Skizze (1867): Meissonier in seinem Gartenatelier
in Poissy, die in dem Oelbild von 1869 getreue Verwen-
dung fand.

Reiches Material führten ihm seine jährlichen Reisen
zu. Der Zufall will es, daß unter den überwiesenen Stu-
dienblättern der weitaus größere Teil dem deutschen Süden
entstammt. Einen der alten Würzburger Höfe mit Fach-
werkhäusern, der jetzt wohl der Domfreiheit zum Opfer ge-
fallen ist, schildert ein in breiten Strichen hingeschriebenes
Blatt. Ein Straßenprospekt, dessen Vordergrund der
Treppenaufgang zu einer Kirche abschließt, mag einer frän-
kischen Stadt entnommen sein. Ein Blick über eine Park-
partie hinweg in eine sonnendurchglühte Straße ist von
dem Fenster der Wohnung des Künstlers in Kissingen
(1889) aufgenommen. In keinem dieser Blätter offenbart
sich die Meisterschaft, mit der Menzel die Wischtechnik hand-
habte, mit solcher Klarheit als in der künstlerisch am höchsten
zu wertenden Zeichnung "Verfallener Hof mit Stiegen-
eingang", einem Motive, das wohl aus Südtirol stammt.

An die heimischen Gestade des Starnberger Sees führt
uns ein das leicht bewegte Wasser mit sicherstem Erfassen
wiedergebender Naturausschnitt. Und was der Meister
mit dem einfachen Zimmermannsstifte an farbiger Wir-
kung erreichen konnte, das geht aus dem Blättchen mit
den Gasteiner Bergen hervor, deren Gipfel in Neuschnee
erstrahlen, während der Talgrund in Dämmerung gehüllt
ist. Dem Gasteiner Tale dürften wohl auch die beiden
reizvollen Studien entstammen: Altane an einem Bauern-
haus und schmaler Durchblick zwischen zwei Dorfhäusern,
nicht zu vergessen des in seinem Lichtspiel besonders gelun-
genen Blattes: Schreiner in einem Hofraum arbeitend.

Die Vorliebe des Meisters für die Darstellung kirch-
licher Innenräume findet auch in einigen guten Beispielen
charakteristische Vertretung. Bei dem Blick von der Empore
einer Barockkirche auf die Kanzel und den lichten Chor-
raum ist man versucht, an eine der Münchener Kirchen zu
denken. Daß es ihm bei solchen Studien fast nur auf die
Abstufung der Tonwerte ankommt, zeigt ein gegenständlich
[Spaltenumbruch] so nüchternes und trotzdem malerisch wirkendes Motiv, wie
"der obere Treppenflur in Mozarts Geburtshaus".

Aus der ansehnlichen Reihe von Detailstudien können
hier nur einige wenige Blätter hervorgehoben werden, die
allerdings als erstrangige Arbeiten bezeichnet werden
müssen. Welche Kraft der Charakteristik spricht aus den
runzeligen, zum Gebet gefalteten Händen des Alten; und
wie lebenswahr lugen die Physiognomien der beiden
Klosterbrüder aus ihren Kapuzen! Ja selbst eine so sach-
liche Studie, wie die von rückwärts gesehene Struktur einer
modernen Frauenfrisur wird unter Menzels Händen zu
einem glanzerfüllten Meisterwerk.

Einige Proben aus des Künstlers letzten Lebensjahren
lassen erkennen, daß seine scharfe zeichnerische Formauffas-
sung allmählich ganz einer breiten malerischen Farbenwir-
kung weicht. Während noch bei dem im Lehnstuhl sitzenden
Alten (vom 8. Februar 1902) mit breitem Strich neben der
Wischtechnik gearbeitet ist, ist in dem prächtigen Blatte von
1903 "Schlüssig, unschlüssig" bereits alles auf weiche Ton-
wirkung gestimmt, die schließlich in der wohl aus der letzten
Lebenszeit stammenden Studie eines Herrn in Schlapphut
ganz in einer etwa der Carriereschen Manier vergleich-
baren Verschwommenheit untergeht.

Die kurze Erwähnung der hervorragendsten Werke
unserer Schenkung mag vorerst ein ungefähres Bild ihrer
Reichhaltigkeit geben. Daß in ihr die verschiedenen Rich-
tungen in Menzels Kunst in der glücklichsten Weise ver-
treten sind, wird aus einer größeren wissenschaftlichen
Publikation hervorgehen, die bereits von einem Mün-
chener Kunstverlag in Aussicht genommen ist. Um dem
momentanen freudigen Interesse der Münchener Kunst-
kreise baldigst entgegenzukommen, werden die Zeichnungen
vom Donnerstag, den 19. März, an im mittleren Saale
der Graphischen Sammlung der Oeffentlichkeit zu-
gänglich gemacht werden; die Oelbilder und Aquarelle kön-
nen erst nach Beendigung der nötigen Rahmungsarbeiten
in ca. 14 Tagen in der Neuen Pinakothek zur Aufstellung
gelangen.

Nr. 129. München, Mittwoch Allgemeine Zeitung 18. März 1908.
[Spaltenumbruch]
Hof und Geſellſchaft.

— Se. kgl. Hoh. der Prinzregent beſichtigte heute
mittag im Beiſein des Miniſters Dr. v. Wehner und des
Geheimrats Profeſſors v. Reber die in der Reſidenz auf-
geſtellten Werke Adolph v. Menzels, die durch die
hochherzige Stiftung der Nichte des Meiſters, Fräulein
Krigar-Menzel, in bayeriſchen Staatsbeſitz überge-
gangen ſind. Der Regent ſprach ſich hocherfreut über die
(im heutigen Feuilleton der Allg. Ztg. ausführlich be-
ſprochene) Kollektion aus.

— Prinz Rupprecht begab ſich heute früh zur Truppen-
beſichtigung nach Ingolſtadt. Die Rückkehr erfolgt heute nach-
mittag 4½ Uhr.

— Der König von Sachſen trifft am 23. d. M., nach-
mittags 5 Uhr 6 Min., von Sigmaringen hier ein und ſetzt in
Begleitung des hieſigen ſächſiſchen Geſandten Frhrn. v. Frieſen
die Reiſe nach Brixen zu eintägigem Beſuch der Prinzeſſin Anna
(Pia Monika) fort. Von dort aus tritt der König via Genua
eine mehrwöchige Mittelmeerreiſe an.

— Bei der kgl. Palaſtdame Freifrau v. Ritter zu Grün-
ſtein fand geſtern abend eine größere Soiree ſtatt, bei welcher
mehrere Mitglieder der Hofgeſellſchaft eine Theateraufführung
veranſtalteten. Dazu waren Prinz und Prinzeſſin Ludwig mit
den Prinzeſſinnen-Töchtern ſowie mehrere Mitglieder der könig-
lichen Familie erſchienen.

— Hofrat Dr. Faſtenrath, der Begründer der Kölner
Blumenſpiele, iſt geſtern abend geſtorben.



Münchener Stadtanzeiger.

mt. Kaiſerliches Geſchenk.

Bekanntlich hat der Deutſche
Kaiſer dem 6. bayeriſchen Infanterie-Regiment, deſſen Inhaber
er iſt, ein für das Offizierskaſino beſtimmtes größeres Gemälde
zum Geſchenk gemacht. Das Bild, von dem Berliner Kunſtmaler
C. Röchling gemalt, ſtellt eine Schlachtenepiſode aus den blutigen
Septembertagen des Jahres 1870 vor, bei denen Bataillone des
6. Regiments ganz beſonders engagiert waren. Das äußerſt
lebendig gehaltene, farbenfriſche Bild befindet ſich augenblicklich
zum Zwecke photographiſcher Reproduktion im Atelier des Hanf-
ſtaenglſchen Kunſtverlags.

* Städtiſche Straßenbahn.

Wegen Gleisumbauten auf dem
Sendlingertor-Platz verkehren die Wagen der Linie 18 bis auf
weiteres zwiſchen Holzapfelkreuth und Forſtenriederſtraße, wes-
halb an letztgenannter Haltſtelle auf den Linien 6 oder 16 um-
geſtiegen werden muß.

ps. Ruth St. Denis.

Eine junge Dame aus alter Schule.
Ihr Auftreten ſteht trotz der Verſchmähung des Trikots in
vollem Gegenſatz zu dem der Duncan. Dieſe war von je in der
Theorie wirkſamer denn in der Praxis. Ihre Kunſt war immer
mehr eine Kunſtanſchauung, die mit anderen neuzeitlichen
Bühnengedanken im Einklang ſich befand. Iſadora Duncan
wollte und will Schule machen. Ruth St. Denis ſtammt zwar
— wie man ſagt — aus Amerika, ihre Kunſt aber ſtammt aus
der Pariſer Großen Oper. Allzu ſchöne Kuliſſen, Lichteffekte.
Statiſterie ſtellen ſich im erſten Augenblick unſerem Genießen
entgegen und halten unſere Bedenken bis zum letzten Augenblick
wach. Innerhalb dieſes faſt altmodiſchen Rahmens aber gibt
dieſe Tänzerin ganz Wundervolles. Indiſche Tänze — meiſt zu
Délibes Lakmé-Muſik getanzt. Von feierlicher Anmut bis zum
wildeſten Taumel — zuweilen nichts als ein Sichneigen. Dann
wieder gibt ſie in virtuoſeſter Weiſe die Fineſſen der alten
Schule — den Spitzentanz — mit nackten Füßen. Ihr Körper
bietet oft Bilder von entzückendem Reiz — ſo der eigenartige
Cobratanz, in dem die ringgeſchmückten Hände als Schlangen-
köpfe auf dem Boden kriechen. Es iſt das Beſondere ihrer Kunſt,
daß ſie in feinſter Weiſe den Anregungen der Muſik folgt. Der
Beifall ſetzte erſt zögernd ein, geſtaltete ſich aber dann zum Schluß
zu ſehr lebhaften Kundgebungen des Beifalls. — Das Gaſtſpiel
fand im Gärtnerplatztheater ſtatt, das dem Auftreten
der Dame eine Aufführung des 2. Aktes der Fledermaus voraus-
ſchickte. Heute abend tanzt Ruth St. Denis zum letztenmal.

* Polizeiſtunde.

Rechtsrat Schöner gab heute im
Magiſtrat den bekannten Entwurf neuer ortspolizeilicher
Vorſchriften über die Regelung der Polizeiſtunde bekannt
und erklärte ſich im großen ganzen mit dem Entwurf ein-
verſtanden.
Er beantragte hierzu noch, den kleinen
Kaffeeſchenken zu geſtatten, abends 10 Uhr zu ſchließen und
um 4 Uhr morgens zu öffnen. Ferner ſollen in der
[Spaltenumbruch] Nähe des Bahnhofes
zwei bis drei, in der Nähe des
Schlachthofes ein Reſtaurant mit Nachtbetrieb zugelaſſen
werden. Dieſe letzteren erhalten die Auflage, von 2 Uhr
morgens ab nur Flaſchenbier zu verabreichen.

* Verſorgung des dritten Krankenhauſes mit Wärme
und Elektrizität.

Bei dem großen Verbrauche an Heiz- und
elektriſcher Energie im neuen Krankenhauſe empfiehlt es
ſich, im Krankenhausareal eine elektriſche Dampfreſerve zu
erbauen, die auf das ſtädtiſche Kabelnetz arbeitet und eine
Verſtärkung der Dampfreſerve an der Thalkirchnerſtraße
darſtellt. Der Dampf der Anlage wird nach der Arbeits-
leiſtung in die Wärmeanlagen des Krankenhauſes über-
geführt. Der Magiſtrat beſchloß, zur Herbeiführung einer
rationellen Dampfanlage das Direktorium der Elektrizi-
tätswerke mit der Ausarbeitung von Koſtenvoranſchlägen
und Detailplänen zu beauftragen.

* „Der Kampf um die Ehe“ war das Thema, das Frau
Dr. Helene Stöcker im Spiegelſaal des „Bayeriſchen Hofes“
geſtern vor einem ſehr zahlreichen illuſtren Publikum behandelte.
In feſſelnder Weiſe ſtellte ſie die Umgeſtaltung des Verhältniſſes
von Mann und Weib der alten Moral gegenüber, die nur die
Wahl zwiſchen Ehe und völliger Enthaltſamkeit laſſe. Dadurch
werde vornehmlich die Proſtitution mit ihren Begleiterſcheinun-
gen (Geſchlechtskrankheiten uſw.) gezüchtet. Die Einſicht in den
Widerſinn der heutigen Zuſtände, die von der Frau ein unnötiges
Zölibat fordern, zu verbreiten, die Menſchen zu höherer Verant-
wortlichkeit zu erziehen, ſei die Aufgabe von Vereinen, die ſich
unter dem Namen Mutterſchutz u. a. in den meiſten Staaten
Europas und Amerikas gebildet haben. Ihre praktiſchen Ziele
bilden vor allem die Gleichſtellung der Unehelichen mit den Ehe-
lichen, wirtſchaftliche Hilfe, Uebung der Hebammenbildung, Auf-
hebung des Zölibats, des Unterſchiedes zwiſchen „Frau“ und
„Fräulein“ uſw.), vor allem aber die Herbeiführung von Zu-
ſtänden, die eine frühe Ehe ermöglichen. Nie habe der Bund für
Mutterſchutz dieſe verworfen, nie das uneheliche Kind dem ehe-
lichen vorangeſtellt, wenn ihm auch ehelich und glücklich nicht
immer gleichbedeutend mit ſittlich ſei. An den Vortrag ſchloß ſich
eine angeregte Diskuſſion.

* Regelung der Poſtſchalterſtunden.

Die Poſtverwaltung hat
an den Magiſtrat die Anfrage gerichtet, ob es tunlich ſei, die
Schalter ſtatt um 8 Uhr künftig um 7 Uhr zu ſchließen.
Der Magiſtrat beantwortete die Frage dahin, daß amtlicherſeits
nichts einzuwenden ſei. Dagegen müßten die Vertreter von
Handel, Induſtrie und Gewerbe um ein Gutachten aufgefordert
werden, ob nicht die Intereſſen der Geſchäftskreiſe durch den
früheren Schluß zu Schaden kämen.

* Volkshochſchul-Verein.

Der Zyklus des Herrn Proſektors
Dr. Hermann Hahn: „Der Atemapparat des menſchlichen
Körpers“ wird nicht in der Techniſchen Hochſchule, ſondern im
großen Hörſaal der neuen Anatomie, Pettenkoferſtraße 11, abge-
halten werden. Beginn 2. April, abends 8½ Uhr.

dr. Oeffentliche Dienſtmädchen-Verſammlung.

Am Sonntag
Nachmittag fand eine Dienſtmädchen-Verſammlung ſtatt, in der
Frau Lachenmeyer über das Thema ſprach: „Haben die
die Dienſtmädchen an jedem Sonntag Nachmit-
tag ein Anrecht auf einen halben Ruhetag?“
Die
Rednerin führte aus: Vielen jungen Frauen fehlt das Verſtänd-
nis für die Führung eines Haushalts, ſie ſind nur zum Befehlen
erzogen, und wenn die Dienſtmädchen unter den Launen der
Frauen zu leiden haben, ſo genügt das oft nicht, ſelbſt die Kinder
laſſen den Dienſtboten ihre abhängige Stellung fühlen. Häufig
müſſen die Mädchen ſchwerſte körperliche Arbeiten beſorgen, und
wie armſelig ſei oft der Lohn! Unerfahrene Mädchen werden
häufig unter falſchen Vorſpiegelungen durch Verdinggeſchäfte in
ſchlechte Stellen verhandelt. Die Forderung des freien Sonntag-
nachmittags ſei gewiß beſcheiden, da die Dienſtmädchen nicht ein-
mal die genügende Zeit finden, ihre Sachen in Ordnung zu
halten. Nachdem die Referentin noch auf Mißſtände im Inva-
liden- und Krankenkaſſenangelegenheiten hingewieſen hatte,
ſchloß ſie unter Beifall ihre Darlegungen. Zum Schluſſe wurde
eine Reſolution angenommen, in der ausgedrückt wird, daß nur
durch eine Feſtigung der Organiſation eine Verbeſſerung
der Lage des dienenden Standes herbeigeführt werden kann.
Hauptſächlich iſt die Ruhezeit der Dienſtmädchen ſo gering, daß
es endlich an der Zeit ſei, ſchon aus geſundheitlichen Gründen,
eine Beſſerung herbeizuführen. Die Anweſenden erklärten, der
Organiſation der Dienſtmädchen, dem Hausangeſtelltenverband,
beizutreten, um für die Dienſtmädchen eine einheitliche Ruhezeit,
zum mindeſten jeden Sonntag nachmittag ab 2 Uhr, herbei-
zuführen.

* Lehrlingspreiſe und Stipendien für Fortbildungs- und
Gewerbeſchüler.

Am Donnerstag, den 19. März (Joſephitag),
vormittags 11½ Uhr, erfolgt im Sitzungsſaale der Gemeinde-
bevollmächtigten die feierliche Verteilung der aus Gemeinde-
[Spaltenumbruch] mitteln pro 1907 gewährten Geldpreiſe und Stipendien
an Schüler der fachlichen Fortbildungsſchulen und Gewerbe-
ſchulen durch den techniſchen Schulreferenten Stadtſchulrat Dr.
Kerſchenſteiner.

* 26. Münchener Pferdemarkt vom 7. mit 10. April. Die
Geldpreiſe für die Pferdeprämiierungen ſind heuer bedeutend er-
höht worden. Es gelangen gegen 15,000 M Prämien zur Ver-
teilung, außerdem mehrere Zuſchlagpreiſe für Zuchtſtuten, die ſich
beſonders zur Zucht von Artillerieſtangenpferden eignen. Für die
Pferde-Lotterie werden auf dem Pferdemarkt angekauft:
1 Viererzug, 5 weitere Geſpanne, 2 Reitpferde, 6 ſtarke und
6 leichte Zuchtſtuten ſowie 20 einzelne Luxus- und Gebrauchs-
pferde. Nach den vorliegenden Anmeldungen kommen heuer
gegen 1500 Pferde aller Schläge zur Ausſtellung. Programme,
Verloſungspläne uſw. ſind durch das Sekretariat des Pferdezucht-
vereins, München, Herrnſtraße 9/0, zu beziehen.

m. Neue Erdbebenregiſtrierungen.

Am 15. März folgten
abermals zwiſchen 10½ Uhr und 12½ Uhr vormittags neue Er-
ſchütterungen, die nach den Aufzeichnungen des regiſtrierenden
Seismometers der Münchener Erdbebenwarte von ſehr entfernten
Herden herrühren. Es laſſen ſich dabei gut zwei Beben unterſchei-
den, nämlich um 10 Uhr 28 Min. 16 Sek. und um 11 Uhr 19 Min.
42 Sekunden. Am Montag früh traten neue Erſchütterungen
um 5 Uhr 38 Min., 6 Uhr 2 Min. und 6 Uhr 20 Min. auf, die
ebenfalls von ſchwachen Fernerdbeben herrühren.

* Säuglingsfürſorge.

Rechtsrat Hörburger gab heute
im Magiſtrate ein anſchauliches Bild von der Tätigkeit der Ge-
meinde auf dem Gebiete der Säuglingsfürſorge. Die Erfolge
ſeien hocherfreulich. Mit Hilfe der Beratungsſtellen und mit
Hilfe der Stillprämien und Unterſtützungen an Wöchnerinnen ſei
es gelungen, die Kinderſterblichkeit ganz bedeutend zu
vermindern. Unter den Kindern, die geſtillt und den Be-
ratungsſtellen zugeführt wurden, kamen nur 15 Sterbefälle vor.
Die Behauptung einer hieſigen Monatsſchrift, daß München mit
2 Pfg. Ausgaben pro Säugling und Jahr an letzter Stelle
in Deutſchland ſteht, ſei unrichtig. München nimmt mit 1.76 M
pro Säugling und Jahr im Gegenteil den erſten Rang ein.

lt. Hebbel-Abend.

Der 6. Volkstümlich-literariſche Unter-
haltungsabend, den der „Südbayeriſche Verband zur Verbreitung
von Volksbildung“ veranſtaltete, war Friedrich Hebbel ge-
widmet. Einleitend gab Herr Dr. Kutſcher einen kurzen Bei-
trag zum Verſtändnis Hebbels, deſſen Geiſtesverwandtſchaft mit
Schiller und — Richard Dehmel er nach der lyriſchen und dra-
matiſchen Seite hin zergliederte. Den Vortrag verſchiedener
Hebbelſcher Gedichte hatte Hans Brandenburg übernom-
men. Frl. Elſa Jäger ſang recht wirkungsvoll von Brahms,
Cornelius und Hugo Wolf vertonte Dichtungen Hebbels unter
dem vortrefflichen Alkompagnement des Domorganiſten Herrn
Joſeph Schmid.

V Zum Fall Moſchel.

Die Strafkammer hat heute die
Eröffnung des Verfahrens gegen den Schutzmann Schauer
wegen Körperverletzung mit Todesfolge beſchloſſen.

* Eine neue Erpreſſung?

Acht Tage nach dem Atten-
tat auf die Söhne des Kommerzienrats Ludowici wurde ein
ähnliches Attentat auf einen zwölfjährigen Majorsſohn
im Lehel ausgeführt. Damals lockte ein der Beſchreibung
nach auf den Erpreſſer an der Familie Ludowici paſſender
Mann den Knaben mit ſich, ließ ſich eingehend die Ver-
hältniſſe der Majorsfamilie erzählen und zog den Knaben
in einen Hausgang, wo er ihm unter Drohungen eine
Stichverletzung am linken Arm beibrachte.
Heute morgen gegen 8 Uhr, als der angefallene Knabe zur
Schule ging, bemerkte dieſer den betreffenden Mann. Der
Knabe ſchlich ſich hinter dem Manne nach, um in der Wein-
ſtraße einen Kriminalbeamten zu holen und den Mann
verhaften zu laſſen. Der Unbekannte verſchwand aber,
ehe er in die Hände der Polizei fiel.

eh. Einen unbeſonnenen Streich verübten vier Aſpiranten
des kgl. Hoforcheſters, die bei einer Prüfung auf feſte Anſtellung
ſchlecht abgeſchnitten hatten und aus Aerger darüber die Geigen
älterer Kollegen
vor dem Spiel abſichtlich verſtimmten.
Es wurde ihnen nahegelegt, ſich nach einer anderen Stelle um-
zuſehen, da ſie auf Anſtellung im kgl. Hoforcheſter keine Ausſicht
mehr hätten.



Vereinsmitteilungen, Verſammlungen, Vorträge.

Süddeutſcher Photographen-
Verein. J. Kirchner
über: Der Photograph als Förderer
der Landeskunde und Kunſtgeſchichte. Fachlehrer H. Spörl
über Linhof-Kameras. Es kommt ferner eine Serie Diapoſitive
des Malers Karl v. Zamboni-Budapeſt zur Vorführung. Gäſte
willkommen.

[Spaltenumbruch]

einer Bühnendekoration gedient haben mag. Eine nach-
denklich ſinnende Frauengeſtalt (Aquarell von 1866):
Menzels Schweſter, am Klavier ſtehend, iſt in dem beweg-
ten Fluſſe der Linien wie in der diskreten Farbengebung
gleich lebensvoll aufgefaßt. Die ganze Meiſterſchaft ſeiner
ſpäteren Guaſchetechnik, die oft mit Aquarellmalerei kom-
biniert iſt, zeigt das Blatt: Chorgeſtühl im Mainzer Dom.

Nur die äußerliche, künftige Beſtimmung der genann-
ten Werke für die neue Pinakothek hat deren geſonderte
Erwähnung veranlaßt. Einen nicht minder koſtbaren Beſitz
ſtellen die Zeichnungen dar, die der kgl. Graphiſchen
Sammlung einverleibt werden ſollen. Wenn von manchen
Seiten der Zeichner in Menzel höher gewertet wird als
der Maler, ſo wird dieſe Theſe angeſichts unſeres neuen
Gemäldeſchatzes wohl noch einer Ueberprüfung bedürfen.
Wir können uns vorerſt auf den Vermittlungsſtandpunkt
ſtellen, daß der Zeichner Menzel eben auch mit den ein-
fachen Mitteln der Schwarz-Weißkunſt maleriſche Wirkung
zu erzielen wußte.

Auch in dieſer zweiten Abteilung nehmen die Dar-
ſtellungen aus Menzels Familienkreis einen breiteren
Raum ein. An erſter Stelle muß das ſonnige Gruppenbild
der Schweſter Menzels mit ihrer Freundin vom Jahre 1851
genannt werden. Wie hier das Licht die lieblichen Geſtal-
ten der beiden jugendlichen Frauen umwebt und in hun-
dertfältiger Nuancierung von den gegen das Fenſter ge-
ſehenen Gewändern zurückſtrahlt, dieſes Problem hat der
Meiſter ſpäter wohl kaum ſelbſt je beſſer gelöſt.

Mehr eine Augenblicksſtudie iſt die friſche Darſtellung
ſeines Schwagers (1859), der angekleidet auf einem Bette
in läſſiger Stellung liegt, ein Bild, in dem ſich die ganze
Behaglichkeit eines ſommerlichen Erholungsaufenthaltes
widerſpiegelt. Eine ältere Dame, bei Lampenſchein leſend,
ein junges Mädchen (Menzels Schweſter) mit aufgeſtütztem
Kopfe in Kiſſen ruhend, Menzels Schwager, die Hände ge-
mütlich hinterm Rücken verſchlungen, das ſind Motive, wie
ſie ſich ſeinem nimmermüden Zeichenſtifte im engſten Kreiſe
täglich darboten.

Ein paar flüchtige Skizzen, auf Programme von Hof-
feſtlichkeiten gezeichnet — u. a. Kaiſer Wilhelm 1. und
König Viktor Emanuel in der Hofloge — zeigen, wie dem
Meiſter ſelbſt bei ſolchen Anläſſen das künſtleriſche Feſt-
[Spaltenumbruch] halten des Geſehenen die Hauptſache war. Und aus ſolchen
Erinnerungsblättchen, die ihm im Moment nur Selbſt-
zweck ſind, entſtehen dann oft in ſpäteren Jahren noch
größere Kompoſitionen. Ein Beiſpiel hiefür bietet die
kleine Skizze (1867): Meiſſonier in ſeinem Gartenatelier
in Poiſſy, die in dem Oelbild von 1869 getreue Verwen-
dung fand.

Reiches Material führten ihm ſeine jährlichen Reiſen
zu. Der Zufall will es, daß unter den überwieſenen Stu-
dienblättern der weitaus größere Teil dem deutſchen Süden
entſtammt. Einen der alten Würzburger Höfe mit Fach-
werkhäuſern, der jetzt wohl der Domfreiheit zum Opfer ge-
fallen iſt, ſchildert ein in breiten Strichen hingeſchriebenes
Blatt. Ein Straßenproſpekt, deſſen Vordergrund der
Treppenaufgang zu einer Kirche abſchließt, mag einer frän-
kiſchen Stadt entnommen ſein. Ein Blick über eine Park-
partie hinweg in eine ſonnendurchglühte Straße iſt von
dem Fenſter der Wohnung des Künſtlers in Kiſſingen
(1889) aufgenommen. In keinem dieſer Blätter offenbart
ſich die Meiſterſchaft, mit der Menzel die Wiſchtechnik hand-
habte, mit ſolcher Klarheit als in der künſtleriſch am höchſten
zu wertenden Zeichnung „Verfallener Hof mit Stiegen-
eingang“, einem Motive, das wohl aus Südtirol ſtammt.

An die heimiſchen Geſtade des Starnberger Sees führt
uns ein das leicht bewegte Waſſer mit ſicherſtem Erfaſſen
wiedergebender Naturausſchnitt. Und was der Meiſter
mit dem einfachen Zimmermannsſtifte an farbiger Wir-
kung erreichen konnte, das geht aus dem Blättchen mit
den Gaſteiner Bergen hervor, deren Gipfel in Neuſchnee
erſtrahlen, während der Talgrund in Dämmerung gehüllt
iſt. Dem Gaſteiner Tale dürften wohl auch die beiden
reizvollen Studien entſtammen: Altane an einem Bauern-
haus und ſchmaler Durchblick zwiſchen zwei Dorfhäuſern,
nicht zu vergeſſen des in ſeinem Lichtſpiel beſonders gelun-
genen Blattes: Schreiner in einem Hofraum arbeitend.

Die Vorliebe des Meiſters für die Darſtellung kirch-
licher Innenräume findet auch in einigen guten Beiſpielen
charakteriſtiſche Vertretung. Bei dem Blick von der Empore
einer Barockkirche auf die Kanzel und den lichten Chor-
raum iſt man verſucht, an eine der Münchener Kirchen zu
denken. Daß es ihm bei ſolchen Studien faſt nur auf die
Abſtufung der Tonwerte ankommt, zeigt ein gegenſtändlich
[Spaltenumbruch] ſo nüchternes und trotzdem maleriſch wirkendes Motiv, wie
„der obere Treppenflur in Mozarts Geburtshaus“.

Aus der anſehnlichen Reihe von Detailſtudien können
hier nur einige wenige Blätter hervorgehoben werden, die
allerdings als erſtrangige Arbeiten bezeichnet werden
müſſen. Welche Kraft der Charakteriſtik ſpricht aus den
runzeligen, zum Gebet gefalteten Händen des Alten; und
wie lebenswahr lugen die Phyſiognomien der beiden
Kloſterbrüder aus ihren Kapuzen! Ja ſelbſt eine ſo ſach-
liche Studie, wie die von rückwärts geſehene Struktur einer
modernen Frauenfriſur wird unter Menzels Händen zu
einem glanzerfüllten Meiſterwerk.

Einige Proben aus des Künſtlers letzten Lebensjahren
laſſen erkennen, daß ſeine ſcharfe zeichneriſche Formauffaſ-
ſung allmählich ganz einer breiten maleriſchen Farbenwir-
kung weicht. Während noch bei dem im Lehnſtuhl ſitzenden
Alten (vom 8. Februar 1902) mit breitem Strich neben der
Wiſchtechnik gearbeitet iſt, iſt in dem prächtigen Blatte von
1903 „Schlüſſig, unſchlüſſig“ bereits alles auf weiche Ton-
wirkung geſtimmt, die ſchließlich in der wohl aus der letzten
Lebenszeit ſtammenden Studie eines Herrn in Schlapphut
ganz in einer etwa der Carrièreſchen Manier vergleich-
baren Verſchwommenheit untergeht.

Die kurze Erwähnung der hervorragendſten Werke
unſerer Schenkung mag vorerſt ein ungefähres Bild ihrer
Reichhaltigkeit geben. Daß in ihr die verſchiedenen Rich-
tungen in Menzels Kunſt in der glücklichſten Weiſe ver-
treten ſind, wird aus einer größeren wiſſenſchaftlichen
Publikation hervorgehen, die bereits von einem Mün-
chener Kunſtverlag in Ausſicht genommen iſt. Um dem
momentanen freudigen Intereſſe der Münchener Kunſt-
kreiſe baldigſt entgegenzukommen, werden die Zeichnungen
vom Donnerstag, den 19. März, an im mittleren Saale
der Graphiſchen Sammlung der Oeffentlichkeit zu-
gänglich gemacht werden; die Oelbilder und Aquarelle kön-
nen erſt nach Beendigung der nötigen Rahmungsarbeiten
in ca. 14 Tagen in der Neuen Pinakothek zur Aufſtellung
gelangen.

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[3/0003] Nr. 129. München, Mittwoch Allgemeine Zeitung 18. März 1908. Hof und Geſellſchaft. * München, 17. März. — Se. kgl. Hoh. der Prinzregent beſichtigte heute mittag im Beiſein des Miniſters Dr. v. Wehner und des Geheimrats Profeſſors v. Reber die in der Reſidenz auf- geſtellten Werke Adolph v. Menzels, die durch die hochherzige Stiftung der Nichte des Meiſters, Fräulein Krigar-Menzel, in bayeriſchen Staatsbeſitz überge- gangen ſind. Der Regent ſprach ſich hocherfreut über die (im heutigen Feuilleton der Allg. Ztg. ausführlich be- ſprochene) Kollektion aus. — Prinz Rupprecht begab ſich heute früh zur Truppen- beſichtigung nach Ingolſtadt. Die Rückkehr erfolgt heute nach- mittag 4½ Uhr. — Der König von Sachſen trifft am 23. d. M., nach- mittags 5 Uhr 6 Min., von Sigmaringen hier ein und ſetzt in Begleitung des hieſigen ſächſiſchen Geſandten Frhrn. v. Frieſen die Reiſe nach Brixen zu eintägigem Beſuch der Prinzeſſin Anna (Pia Monika) fort. Von dort aus tritt der König via Genua eine mehrwöchige Mittelmeerreiſe an. — Bei der kgl. Palaſtdame Freifrau v. Ritter zu Grün- ſtein fand geſtern abend eine größere Soiree ſtatt, bei welcher mehrere Mitglieder der Hofgeſellſchaft eine Theateraufführung veranſtalteten. Dazu waren Prinz und Prinzeſſin Ludwig mit den Prinzeſſinnen-Töchtern ſowie mehrere Mitglieder der könig- lichen Familie erſchienen. — Hofrat Dr. Faſtenrath, der Begründer der Kölner Blumenſpiele, iſt geſtern abend geſtorben. Münchener Stadtanzeiger. * München, 17. März. mt. Kaiſerliches Geſchenk. Bekanntlich hat der Deutſche Kaiſer dem 6. bayeriſchen Infanterie-Regiment, deſſen Inhaber er iſt, ein für das Offizierskaſino beſtimmtes größeres Gemälde zum Geſchenk gemacht. Das Bild, von dem Berliner Kunſtmaler C. Röchling gemalt, ſtellt eine Schlachtenepiſode aus den blutigen Septembertagen des Jahres 1870 vor, bei denen Bataillone des 6. Regiments ganz beſonders engagiert waren. Das äußerſt lebendig gehaltene, farbenfriſche Bild befindet ſich augenblicklich zum Zwecke photographiſcher Reproduktion im Atelier des Hanf- ſtaenglſchen Kunſtverlags. * Städtiſche Straßenbahn. Wegen Gleisumbauten auf dem Sendlingertor-Platz verkehren die Wagen der Linie 18 bis auf weiteres zwiſchen Holzapfelkreuth und Forſtenriederſtraße, wes- halb an letztgenannter Haltſtelle auf den Linien 6 oder 16 um- geſtiegen werden muß. ps. Ruth St. Denis. Eine junge Dame aus alter Schule. Ihr Auftreten ſteht trotz der Verſchmähung des Trikots in vollem Gegenſatz zu dem der Duncan. Dieſe war von je in der Theorie wirkſamer denn in der Praxis. Ihre Kunſt war immer mehr eine Kunſtanſchauung, die mit anderen neuzeitlichen Bühnengedanken im Einklang ſich befand. Iſadora Duncan wollte und will Schule machen. Ruth St. Denis ſtammt zwar — wie man ſagt — aus Amerika, ihre Kunſt aber ſtammt aus der Pariſer Großen Oper. Allzu ſchöne Kuliſſen, Lichteffekte. Statiſterie ſtellen ſich im erſten Augenblick unſerem Genießen entgegen und halten unſere Bedenken bis zum letzten Augenblick wach. Innerhalb dieſes faſt altmodiſchen Rahmens aber gibt dieſe Tänzerin ganz Wundervolles. Indiſche Tänze — meiſt zu Délibes Lakmé-Muſik getanzt. Von feierlicher Anmut bis zum wildeſten Taumel — zuweilen nichts als ein Sichneigen. Dann wieder gibt ſie in virtuoſeſter Weiſe die Fineſſen der alten Schule — den Spitzentanz — mit nackten Füßen. Ihr Körper bietet oft Bilder von entzückendem Reiz — ſo der eigenartige Cobratanz, in dem die ringgeſchmückten Hände als Schlangen- köpfe auf dem Boden kriechen. Es iſt das Beſondere ihrer Kunſt, daß ſie in feinſter Weiſe den Anregungen der Muſik folgt. Der Beifall ſetzte erſt zögernd ein, geſtaltete ſich aber dann zum Schluß zu ſehr lebhaften Kundgebungen des Beifalls. — Das Gaſtſpiel fand im Gärtnerplatztheater ſtatt, das dem Auftreten der Dame eine Aufführung des 2. Aktes der Fledermaus voraus- ſchickte. Heute abend tanzt Ruth St. Denis zum letztenmal. * Polizeiſtunde. Rechtsrat Schöner gab heute im Magiſtrat den bekannten Entwurf neuer ortspolizeilicher Vorſchriften über die Regelung der Polizeiſtunde bekannt und erklärte ſich im großen ganzen mit dem Entwurf ein- verſtanden. Er beantragte hierzu noch, den kleinen Kaffeeſchenken zu geſtatten, abends 10 Uhr zu ſchließen und um 4 Uhr morgens zu öffnen. Ferner ſollen in der Nähe des Bahnhofes zwei bis drei, in der Nähe des Schlachthofes ein Reſtaurant mit Nachtbetrieb zugelaſſen werden. Dieſe letzteren erhalten die Auflage, von 2 Uhr morgens ab nur Flaſchenbier zu verabreichen. * Verſorgung des dritten Krankenhauſes mit Wärme und Elektrizität. Bei dem großen Verbrauche an Heiz- und elektriſcher Energie im neuen Krankenhauſe empfiehlt es ſich, im Krankenhausareal eine elektriſche Dampfreſerve zu erbauen, die auf das ſtädtiſche Kabelnetz arbeitet und eine Verſtärkung der Dampfreſerve an der Thalkirchnerſtraße darſtellt. Der Dampf der Anlage wird nach der Arbeits- leiſtung in die Wärmeanlagen des Krankenhauſes über- geführt. Der Magiſtrat beſchloß, zur Herbeiführung einer rationellen Dampfanlage das Direktorium der Elektrizi- tätswerke mit der Ausarbeitung von Koſtenvoranſchlägen und Detailplänen zu beauftragen. * „Der Kampf um die Ehe“ war das Thema, das Frau Dr. Helene Stöcker im Spiegelſaal des „Bayeriſchen Hofes“ geſtern vor einem ſehr zahlreichen illuſtren Publikum behandelte. In feſſelnder Weiſe ſtellte ſie die Umgeſtaltung des Verhältniſſes von Mann und Weib der alten Moral gegenüber, die nur die Wahl zwiſchen Ehe und völliger Enthaltſamkeit laſſe. Dadurch werde vornehmlich die Proſtitution mit ihren Begleiterſcheinun- gen (Geſchlechtskrankheiten uſw.) gezüchtet. Die Einſicht in den Widerſinn der heutigen Zuſtände, die von der Frau ein unnötiges Zölibat fordern, zu verbreiten, die Menſchen zu höherer Verant- wortlichkeit zu erziehen, ſei die Aufgabe von Vereinen, die ſich unter dem Namen Mutterſchutz u. a. in den meiſten Staaten Europas und Amerikas gebildet haben. Ihre praktiſchen Ziele bilden vor allem die Gleichſtellung der Unehelichen mit den Ehe- lichen, wirtſchaftliche Hilfe, Uebung der Hebammenbildung, Auf- hebung des Zölibats, des Unterſchiedes zwiſchen „Frau“ und „Fräulein“ uſw.), vor allem aber die Herbeiführung von Zu- ſtänden, die eine frühe Ehe ermöglichen. Nie habe der Bund für Mutterſchutz dieſe verworfen, nie das uneheliche Kind dem ehe- lichen vorangeſtellt, wenn ihm auch ehelich und glücklich nicht immer gleichbedeutend mit ſittlich ſei. An den Vortrag ſchloß ſich eine angeregte Diskuſſion. * Regelung der Poſtſchalterſtunden. Die Poſtverwaltung hat an den Magiſtrat die Anfrage gerichtet, ob es tunlich ſei, die Schalter ſtatt um 8 Uhr künftig um 7 Uhr zu ſchließen. Der Magiſtrat beantwortete die Frage dahin, daß amtlicherſeits nichts einzuwenden ſei. Dagegen müßten die Vertreter von Handel, Induſtrie und Gewerbe um ein Gutachten aufgefordert werden, ob nicht die Intereſſen der Geſchäftskreiſe durch den früheren Schluß zu Schaden kämen. * Volkshochſchul-Verein. Der Zyklus des Herrn Proſektors Dr. Hermann Hahn: „Der Atemapparat des menſchlichen Körpers“ wird nicht in der Techniſchen Hochſchule, ſondern im großen Hörſaal der neuen Anatomie, Pettenkoferſtraße 11, abge- halten werden. Beginn 2. April, abends 8½ Uhr. dr. Oeffentliche Dienſtmädchen-Verſammlung. Am Sonntag Nachmittag fand eine Dienſtmädchen-Verſammlung ſtatt, in der Frau Lachenmeyer über das Thema ſprach: „Haben die die Dienſtmädchen an jedem Sonntag Nachmit- tag ein Anrecht auf einen halben Ruhetag?“ Die Rednerin führte aus: Vielen jungen Frauen fehlt das Verſtänd- nis für die Führung eines Haushalts, ſie ſind nur zum Befehlen erzogen, und wenn die Dienſtmädchen unter den Launen der Frauen zu leiden haben, ſo genügt das oft nicht, ſelbſt die Kinder laſſen den Dienſtboten ihre abhängige Stellung fühlen. Häufig müſſen die Mädchen ſchwerſte körperliche Arbeiten beſorgen, und wie armſelig ſei oft der Lohn! Unerfahrene Mädchen werden häufig unter falſchen Vorſpiegelungen durch Verdinggeſchäfte in ſchlechte Stellen verhandelt. Die Forderung des freien Sonntag- nachmittags ſei gewiß beſcheiden, da die Dienſtmädchen nicht ein- mal die genügende Zeit finden, ihre Sachen in Ordnung zu halten. Nachdem die Referentin noch auf Mißſtände im Inva- liden- und Krankenkaſſenangelegenheiten hingewieſen hatte, ſchloß ſie unter Beifall ihre Darlegungen. Zum Schluſſe wurde eine Reſolution angenommen, in der ausgedrückt wird, daß nur durch eine Feſtigung der Organiſation eine Verbeſſerung der Lage des dienenden Standes herbeigeführt werden kann. Hauptſächlich iſt die Ruhezeit der Dienſtmädchen ſo gering, daß es endlich an der Zeit ſei, ſchon aus geſundheitlichen Gründen, eine Beſſerung herbeizuführen. Die Anweſenden erklärten, der Organiſation der Dienſtmädchen, dem Hausangeſtelltenverband, beizutreten, um für die Dienſtmädchen eine einheitliche Ruhezeit, zum mindeſten jeden Sonntag nachmittag ab 2 Uhr, herbei- zuführen. * Lehrlingspreiſe und Stipendien für Fortbildungs- und Gewerbeſchüler. Am Donnerstag, den 19. März (Joſephitag), vormittags 11½ Uhr, erfolgt im Sitzungsſaale der Gemeinde- bevollmächtigten die feierliche Verteilung der aus Gemeinde- mitteln pro 1907 gewährten Geldpreiſe und Stipendien an Schüler der fachlichen Fortbildungsſchulen und Gewerbe- ſchulen durch den techniſchen Schulreferenten Stadtſchulrat Dr. Kerſchenſteiner. * 26. Münchener Pferdemarkt vom 7. mit 10. April. Die Geldpreiſe für die Pferdeprämiierungen ſind heuer bedeutend er- höht worden. Es gelangen gegen 15,000 M Prämien zur Ver- teilung, außerdem mehrere Zuſchlagpreiſe für Zuchtſtuten, die ſich beſonders zur Zucht von Artillerieſtangenpferden eignen. Für die Pferde-Lotterie werden auf dem Pferdemarkt angekauft: 1 Viererzug, 5 weitere Geſpanne, 2 Reitpferde, 6 ſtarke und 6 leichte Zuchtſtuten ſowie 20 einzelne Luxus- und Gebrauchs- pferde. Nach den vorliegenden Anmeldungen kommen heuer gegen 1500 Pferde aller Schläge zur Ausſtellung. Programme, Verloſungspläne uſw. ſind durch das Sekretariat des Pferdezucht- vereins, München, Herrnſtraße 9/0, zu beziehen. m. Neue Erdbebenregiſtrierungen. Am 15. März folgten abermals zwiſchen 10½ Uhr und 12½ Uhr vormittags neue Er- ſchütterungen, die nach den Aufzeichnungen des regiſtrierenden Seismometers der Münchener Erdbebenwarte von ſehr entfernten Herden herrühren. Es laſſen ſich dabei gut zwei Beben unterſchei- den, nämlich um 10 Uhr 28 Min. 16 Sek. und um 11 Uhr 19 Min. 42 Sekunden. Am Montag früh traten neue Erſchütterungen um 5 Uhr 38 Min., 6 Uhr 2 Min. und 6 Uhr 20 Min. auf, die ebenfalls von ſchwachen Fernerdbeben herrühren. * Säuglingsfürſorge. Rechtsrat Hörburger gab heute im Magiſtrate ein anſchauliches Bild von der Tätigkeit der Ge- meinde auf dem Gebiete der Säuglingsfürſorge. Die Erfolge ſeien hocherfreulich. Mit Hilfe der Beratungsſtellen und mit Hilfe der Stillprämien und Unterſtützungen an Wöchnerinnen ſei es gelungen, die Kinderſterblichkeit ganz bedeutend zu vermindern. Unter den Kindern, die geſtillt und den Be- ratungsſtellen zugeführt wurden, kamen nur 15 Sterbefälle vor. Die Behauptung einer hieſigen Monatsſchrift, daß München mit 2 Pfg. Ausgaben pro Säugling und Jahr an letzter Stelle in Deutſchland ſteht, ſei unrichtig. München nimmt mit 1.76 M pro Säugling und Jahr im Gegenteil den erſten Rang ein. —lt. Hebbel-Abend. Der 6. Volkstümlich-literariſche Unter- haltungsabend, den der „Südbayeriſche Verband zur Verbreitung von Volksbildung“ veranſtaltete, war Friedrich Hebbel ge- widmet. Einleitend gab Herr Dr. Kutſcher einen kurzen Bei- trag zum Verſtändnis Hebbels, deſſen Geiſtesverwandtſchaft mit Schiller und — Richard Dehmel er nach der lyriſchen und dra- matiſchen Seite hin zergliederte. Den Vortrag verſchiedener Hebbelſcher Gedichte hatte Hans Brandenburg übernom- men. Frl. Elſa Jäger ſang recht wirkungsvoll von Brahms, Cornelius und Hugo Wolf vertonte Dichtungen Hebbels unter dem vortrefflichen Alkompagnement des Domorganiſten Herrn Joſeph Schmid. V Zum Fall Moſchel. Die Strafkammer hat heute die Eröffnung des Verfahrens gegen den Schutzmann Schauer wegen Körperverletzung mit Todesfolge beſchloſſen. * Eine neue Erpreſſung? Acht Tage nach dem Atten- tat auf die Söhne des Kommerzienrats Ludowici wurde ein ähnliches Attentat auf einen zwölfjährigen Majorsſohn im Lehel ausgeführt. Damals lockte ein der Beſchreibung nach auf den Erpreſſer an der Familie Ludowici paſſender Mann den Knaben mit ſich, ließ ſich eingehend die Ver- hältniſſe der Majorsfamilie erzählen und zog den Knaben in einen Hausgang, wo er ihm unter Drohungen eine Stichverletzung am linken Arm beibrachte. Heute morgen gegen 8 Uhr, als der angefallene Knabe zur Schule ging, bemerkte dieſer den betreffenden Mann. Der Knabe ſchlich ſich hinter dem Manne nach, um in der Wein- ſtraße einen Kriminalbeamten zu holen und den Mann verhaften zu laſſen. Der Unbekannte verſchwand aber, ehe er in die Hände der Polizei fiel. eh. Einen unbeſonnenen Streich verübten vier Aſpiranten des kgl. Hoforcheſters, die bei einer Prüfung auf feſte Anſtellung ſchlecht abgeſchnitten hatten und aus Aerger darüber die Geigen älterer Kollegen vor dem Spiel abſichtlich verſtimmten. Es wurde ihnen nahegelegt, ſich nach einer anderen Stelle um- zuſehen, da ſie auf Anſtellung im kgl. Hoforcheſter keine Ausſicht mehr hätten. Vereinsmitteilungen, Verſammlungen, Vorträge. Mittwoch, 18. März. Süddeutſcher Photographen- Verein. J. Kirchner über: Der Photograph als Förderer der Landeskunde und Kunſtgeſchichte. Fachlehrer H. Spörl über Linhof-Kameras. Es kommt ferner eine Serie Diapoſitive des Malers Karl v. Zamboni-Budapeſt zur Vorführung. Gäſte willkommen. einer Bühnendekoration gedient haben mag. Eine nach- denklich ſinnende Frauengeſtalt (Aquarell von 1866): Menzels Schweſter, am Klavier ſtehend, iſt in dem beweg- ten Fluſſe der Linien wie in der diskreten Farbengebung gleich lebensvoll aufgefaßt. Die ganze Meiſterſchaft ſeiner ſpäteren Guaſchetechnik, die oft mit Aquarellmalerei kom- biniert iſt, zeigt das Blatt: Chorgeſtühl im Mainzer Dom. Nur die äußerliche, künftige Beſtimmung der genann- ten Werke für die neue Pinakothek hat deren geſonderte Erwähnung veranlaßt. Einen nicht minder koſtbaren Beſitz ſtellen die Zeichnungen dar, die der kgl. Graphiſchen Sammlung einverleibt werden ſollen. Wenn von manchen Seiten der Zeichner in Menzel höher gewertet wird als der Maler, ſo wird dieſe Theſe angeſichts unſeres neuen Gemäldeſchatzes wohl noch einer Ueberprüfung bedürfen. Wir können uns vorerſt auf den Vermittlungsſtandpunkt ſtellen, daß der Zeichner Menzel eben auch mit den ein- fachen Mitteln der Schwarz-Weißkunſt maleriſche Wirkung zu erzielen wußte. Auch in dieſer zweiten Abteilung nehmen die Dar- ſtellungen aus Menzels Familienkreis einen breiteren Raum ein. An erſter Stelle muß das ſonnige Gruppenbild der Schweſter Menzels mit ihrer Freundin vom Jahre 1851 genannt werden. Wie hier das Licht die lieblichen Geſtal- ten der beiden jugendlichen Frauen umwebt und in hun- dertfältiger Nuancierung von den gegen das Fenſter ge- ſehenen Gewändern zurückſtrahlt, dieſes Problem hat der Meiſter ſpäter wohl kaum ſelbſt je beſſer gelöſt. Mehr eine Augenblicksſtudie iſt die friſche Darſtellung ſeines Schwagers (1859), der angekleidet auf einem Bette in läſſiger Stellung liegt, ein Bild, in dem ſich die ganze Behaglichkeit eines ſommerlichen Erholungsaufenthaltes widerſpiegelt. Eine ältere Dame, bei Lampenſchein leſend, ein junges Mädchen (Menzels Schweſter) mit aufgeſtütztem Kopfe in Kiſſen ruhend, Menzels Schwager, die Hände ge- mütlich hinterm Rücken verſchlungen, das ſind Motive, wie ſie ſich ſeinem nimmermüden Zeichenſtifte im engſten Kreiſe täglich darboten. Ein paar flüchtige Skizzen, auf Programme von Hof- feſtlichkeiten gezeichnet — u. a. Kaiſer Wilhelm 1. und König Viktor Emanuel in der Hofloge — zeigen, wie dem Meiſter ſelbſt bei ſolchen Anläſſen das künſtleriſche Feſt- halten des Geſehenen die Hauptſache war. Und aus ſolchen Erinnerungsblättchen, die ihm im Moment nur Selbſt- zweck ſind, entſtehen dann oft in ſpäteren Jahren noch größere Kompoſitionen. Ein Beiſpiel hiefür bietet die kleine Skizze (1867): Meiſſonier in ſeinem Gartenatelier in Poiſſy, die in dem Oelbild von 1869 getreue Verwen- dung fand. Reiches Material führten ihm ſeine jährlichen Reiſen zu. Der Zufall will es, daß unter den überwieſenen Stu- dienblättern der weitaus größere Teil dem deutſchen Süden entſtammt. Einen der alten Würzburger Höfe mit Fach- werkhäuſern, der jetzt wohl der Domfreiheit zum Opfer ge- fallen iſt, ſchildert ein in breiten Strichen hingeſchriebenes Blatt. Ein Straßenproſpekt, deſſen Vordergrund der Treppenaufgang zu einer Kirche abſchließt, mag einer frän- kiſchen Stadt entnommen ſein. Ein Blick über eine Park- partie hinweg in eine ſonnendurchglühte Straße iſt von dem Fenſter der Wohnung des Künſtlers in Kiſſingen (1889) aufgenommen. In keinem dieſer Blätter offenbart ſich die Meiſterſchaft, mit der Menzel die Wiſchtechnik hand- habte, mit ſolcher Klarheit als in der künſtleriſch am höchſten zu wertenden Zeichnung „Verfallener Hof mit Stiegen- eingang“, einem Motive, das wohl aus Südtirol ſtammt. An die heimiſchen Geſtade des Starnberger Sees führt uns ein das leicht bewegte Waſſer mit ſicherſtem Erfaſſen wiedergebender Naturausſchnitt. Und was der Meiſter mit dem einfachen Zimmermannsſtifte an farbiger Wir- kung erreichen konnte, das geht aus dem Blättchen mit den Gaſteiner Bergen hervor, deren Gipfel in Neuſchnee erſtrahlen, während der Talgrund in Dämmerung gehüllt iſt. Dem Gaſteiner Tale dürften wohl auch die beiden reizvollen Studien entſtammen: Altane an einem Bauern- haus und ſchmaler Durchblick zwiſchen zwei Dorfhäuſern, nicht zu vergeſſen des in ſeinem Lichtſpiel beſonders gelun- genen Blattes: Schreiner in einem Hofraum arbeitend. Die Vorliebe des Meiſters für die Darſtellung kirch- licher Innenräume findet auch in einigen guten Beiſpielen charakteriſtiſche Vertretung. Bei dem Blick von der Empore einer Barockkirche auf die Kanzel und den lichten Chor- raum iſt man verſucht, an eine der Münchener Kirchen zu denken. Daß es ihm bei ſolchen Studien faſt nur auf die Abſtufung der Tonwerte ankommt, zeigt ein gegenſtändlich ſo nüchternes und trotzdem maleriſch wirkendes Motiv, wie „der obere Treppenflur in Mozarts Geburtshaus“. Aus der anſehnlichen Reihe von Detailſtudien können hier nur einige wenige Blätter hervorgehoben werden, die allerdings als erſtrangige Arbeiten bezeichnet werden müſſen. Welche Kraft der Charakteriſtik ſpricht aus den runzeligen, zum Gebet gefalteten Händen des Alten; und wie lebenswahr lugen die Phyſiognomien der beiden Kloſterbrüder aus ihren Kapuzen! Ja ſelbſt eine ſo ſach- liche Studie, wie die von rückwärts geſehene Struktur einer modernen Frauenfriſur wird unter Menzels Händen zu einem glanzerfüllten Meiſterwerk. Einige Proben aus des Künſtlers letzten Lebensjahren laſſen erkennen, daß ſeine ſcharfe zeichneriſche Formauffaſ- ſung allmählich ganz einer breiten maleriſchen Farbenwir- kung weicht. Während noch bei dem im Lehnſtuhl ſitzenden Alten (vom 8. Februar 1902) mit breitem Strich neben der Wiſchtechnik gearbeitet iſt, iſt in dem prächtigen Blatte von 1903 „Schlüſſig, unſchlüſſig“ bereits alles auf weiche Ton- wirkung geſtimmt, die ſchließlich in der wohl aus der letzten Lebenszeit ſtammenden Studie eines Herrn in Schlapphut ganz in einer etwa der Carrièreſchen Manier vergleich- baren Verſchwommenheit untergeht. Die kurze Erwähnung der hervorragendſten Werke unſerer Schenkung mag vorerſt ein ungefähres Bild ihrer Reichhaltigkeit geben. Daß in ihr die verſchiedenen Rich- tungen in Menzels Kunſt in der glücklichſten Weiſe ver- treten ſind, wird aus einer größeren wiſſenſchaftlichen Publikation hervorgehen, die bereits von einem Mün- chener Kunſtverlag in Ausſicht genommen iſt. Um dem momentanen freudigen Intereſſe der Münchener Kunſt- kreiſe baldigſt entgegenzukommen, werden die Zeichnungen vom Donnerstag, den 19. März, an im mittleren Saale der Graphiſchen Sammlung der Oeffentlichkeit zu- gänglich gemacht werden; die Oelbilder und Aquarelle kön- nen erſt nach Beendigung der nötigen Rahmungsarbeiten in ca. 14 Tagen in der Neuen Pinakothek zur Aufſtellung gelangen. Dr. Weigmann.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2021-09-13T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 129. München, 18. März 1908, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine129_1908/3>, abgerufen am 10.12.2024.