Allgemeine Zeitung, Nr. 12, 12. Januar 1872.[Spaltenumbruch]
bis jetzt erst in den seineren Abdrücken publicirt, macht diesseits wie jenseits des Oceaus Posen, 8 Jan. Unsere Stadt war gestern Zeugin einer echt mittelalterlichen * (Ludolf Wienbarg +.) Dieses einst vielgenannte Mitglied des "Jungen * Wien, 10 Jan.(Brauer-Strike.) Gestern hatten die Gehülfen Paris, 9 Jan. Gestern Abend wurde die hinterlassene Bibliothek des * (Concilsliteratur.) Der auch in weiteren Kreisen bekannte Pariser prote- Industrie, Handel und Verkehr. § Paris, 9 Jan. Die Börse ist ersichtlich unter dem Eindruck der Provincial- Kopenhagen, 7 Jan. "Dagbladet" bringt heut am Sonntag eine Extranummer, # New-York, 23 Dec. Das Goldagio fiel in dieser Woche auf 1081/2, und * New-York, 5 Jan. Das Postdampfschiff des Nordd. Lloyd "Weser" ist (Ueber die ungarische Ostbahn) schreibt die "Presse" aus Wien vom 5 Jan.: Neueste Posten. London, 10 Jan. Hier eingetroffenen Nachrichten zufolge ist die deutsche New-York, 9 Jan. Der commandirende General der Militärdivision [Spaltenumbruch]
bis jetzt erſt in den ſeineren Abdrücken publicirt, macht dieſſeits wie jenſeits des Oceaus Poſen, 8 Jan. Unſere Stadt war geſtern Zeugin einer echt mittelalterlichen * (Ludolf Wienbarg †.) Dieſes einſt vielgenannte Mitglied des „Jungen * Wien, 10 Jan.(Brauer-Strike.) Geſtern hatten die Gehülfen Paris, 9 Jan. Geſtern Abend wurde die hinterlaſſene Bibliothek des * (Concilsliteratur.) Der auch in weiteren Kreiſen bekannte Pariſer prote- Induſtrie, Handel und Verkehr. § Paris, 9 Jan. Die Börſe iſt erſichtlich unter dem Eindruck der Provincial- Kopenhagen, 7 Jan. „Dagbladet“ bringt heut am Sonntag eine Extranummer, □ New-York, 23 Dec. Das Goldagio fiel in dieſer Woche auf 108½, und * New-York, 5 Jan. Das Poſtdampfſchiff des Nordd. Lloyd „Weſer“ iſt (Ueber die ungariſche Oſtbahn) ſchreibt die „Preſſe“ aus Wien vom 5 Jan.: Neueſte Poſten. London, 10 Jan. Hier eingetroffenen Nachrichten zufolge iſt die deutſche New-York, 9 Jan. Der commandirende General der Militärdiviſion <TEI> <text> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0008" n="168"/><cb/> bis jetzt erſt in den ſeineren Abdrücken publicirt, macht dieſſeits wie jenſeits des Oceaus<lb/> gerechtes Aufſehen. (K. Z.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Poſen,</hi> 8 Jan.</dateline> <p>Unſere Stadt war geſtern Zeugin einer echt mittelalterlichen<lb/> Kirchenmanifeſtation, nämlich eines ſogenannten <hi rendition="#g">Sühnegottesdienſtes,</hi> den der<lb/> Erzbiſchof Graf Ledochowski wegen des in der hieſigen Dominicanerkirche verſuchten<lb/> Diebſtahls in dieſer Kirche angeordnet hatte, „um — wie es in dem betreffenden Paſto-<lb/> ralſchreiben heißt — die göttlichen Strafen welche tempelſchänderiſchen Verbrechen zu<lb/> folgen pflegen von der Stadt Poſen abzuwenden.“ Daß eine ſolche der chriſtlichen<lb/> Gotteserkenntniß ſchnurſtracks widerſprechende Manifeſtation ſich auch noch in unſerer Zeit<lb/> mit allem Pomp in Scene ſetzen läßt, bewies die große Menge der Andächtigen mit der<lb/> die Kirche und die bei derſelben vorüberführenden Straße dicht gefüllt waren. Freilich<lb/> hatten das Hauptcontingent zu der andächtigen Verſammlung die Geiſtlichkeit und die<lb/> ungebildeten Claſſen geliefert, aber auch die gebildeten Stände und namentlich der pol-<lb/> niſche Adel waren zahlreich genug vertreten. Die Equipagen des letztern ſtanden in<lb/> langer Reihe vor der Kirche aufgefahren. Von der ſtädtiſchen Geiſtlichkeit waren mehr<lb/> als 100 Perſonen anweſend. Leider hätte der Kirchengottesdienſt, der ein großes Un-<lb/> glück von unſerer Stadt abwenden ſollte, leicht ein ſolches für ſie herbeiführen können. In-<lb/> mitten der Predigt erſcholl nämlich plötzlich der wiederholte durchdringende Ruf „Feuer!“ Er<lb/> verbreitete einen ſolchen Schrecken, daß das Publicum mit Gewalt nach den engen Ausgän-<lb/> gen drängte, die ſich bald gänzlich verſtopften. In dem furchtbaren Gedränge erlitten<lb/> mehrere Frauen und Kinder ſo ſchwere Verletzungen, daß ſie bewußtlos hinweggetragen<lb/> wurden. Wäre es den Bemühungen eines Geiſtlichen nicht gelungen die erſchreckte<lb/> Menge bald zu beruhigen, ſo hätte das Unglück leicht ſehr große Dimenſionen annehmen<lb/> können. Der Feuerlärm erwies ſich als völlig grundlos. Das von hieſigen Blättern<lb/> verbreitete Gerücht: daß die beiden Kirchendiebinnen, die übrigens der polniſchen Natio-<lb/> nalität und dem katholiſchen Bekenntniß angehören, vorzugsweiſe die Abſicht gehabt hätten<lb/> im Auftrag eines Juden geweihte Hoſtien zu ſtehlen, hat ſich nicht beſtätigt. Im Gegen-<lb/> theil hat die Unterſuchung herausgeſtellt daßein Hoſtiendiebſtahl weder begangen worden<lb/> iſt noch beabſichtigt war. Auch die bereits zuſammengeſtellten ſilbernen Gefäße konnten<lb/> wegen der Ueberraſchung der Diebinnen nicht mit hinweggenommen werden. (Oſtſ.-Z.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>* (<hi rendition="#g">Ludolf Wienbarg</hi> †.)</head> <p>Dieſes einſt vielgenannte Mitglied des „Jungen<lb/> Deutſchland“ iſt am 2 Jan. in ſeiner Geburtsſtadt Altona, gerade 70 Jahre alt, ge-<lb/> ſtorben. In ſeiner Jugend Docent der Aeſthetik in Kiel, verband er ſich Anfangs der<lb/> dreißiger Jahre mit Gutzkow zur Herausgabe der „Deutſchen Revue“ in Frankfurt,<lb/> die aber bald unterdrückt wurde. Die Proſcribirung des „Jungen Deutſchland“ traf<lb/> hauptſächlich ihn, und er war, nach mehrjähriger Thätigkeit als Journaliſt in Hamburg,<lb/> eben im Begriff nach Amerika auszuwandern, als der ſchleswig-holſteiniſche Befreiungs-<lb/> kampf ausbrach, an dem ſich Wienbarg 1848 als Adjutant im Freicorps und 1849 als<lb/> freiwilliger Jäger betheiligte. Er ſchrieb hierauf Darſtellungen aus dieſen Feldzügen, und<lb/> eine Geſchichte Schleswigs. Seit der Befreiung der Elbherzogthümer von der däniſchen<lb/> Herrſchaft gehörte Wienbarg bis zu ſeinem Tode zu den fleißigſten Mitarbeitern der<lb/> deutſch-nationalen „Altonaer Nachrichten.“ Sein Hauptwerk als Schriftſteller ſind die<lb/> in glänzendem Style geſchriebenen, dem „Jungen Deutſchland“ gewidmeten „Aeſtheti-<lb/> ſchen Feldzüge,“ welche 1834 bei Hoffmann u. Campe in Hamburg erſchienen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>* <hi rendition="#b">Wien,</hi> 10 Jan.</dateline> <head>(<hi rendition="#g">Brauer-Strike.</hi>)</head> <p>Geſtern hatten die Gehülfen<lb/> aller größeren Brauereien, die von Schwechat, Hietzing und St. Marx voran, 4000 an<lb/> der Zahl, die Arbeit eingeſtellt: Verminderung der Arbeitszeit und gleichzeitige Er-<lb/> höhung des Arbeitslohnes ſind auch dießmal die weſentlichſten Forderungen. Das bier-<lb/> trinkende Publicum iſt in einer Aufregung die man bei Ihnen in Bayern am beſten zu<lb/> würdigen wiſſen wird. Für Fortführung übrigens der ganz unaufſchieblichen Arbeiten<lb/> ſind von den Brauereibeſitzern Soldaten in Anſpruch genommen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 9 Jan.</dateline> <p>Geſtern Abend wurde die hinterlaſſene <hi rendition="#g">Bibliothek des<lb/> Commune-Mitglieds Delescluze,</hi> ehemaligen Chefredacteurs des R<hi rendition="#aq">é</hi>veil,<lb/> öffentlich verſteigert. Die 400 Bände trugen ungefähr 2000 Frcs. ein. Einzelne mit<lb/> eigenhändigen Widmungen der Verfaſſer verſehene Bücher und Broſchüren erzielten<lb/> beſonders hohe Preiſe. So die „Politique radicale“ vom jetzigen Unterrichtsminiſter<lb/> Jules Simon; die „Orientfrage und die kretiſche Revolution“ von Flourens erzielten je<lb/> 21 Frcs. Ein Brief Tony Moilins, des erſchoſſenen Commune-Mitglieds, die Broſchüre<lb/> „Paris im Jahr 2000“ begleitend, wurde auf 30 Frcs. geſteigert. Ein Buch des be-<lb/> kannten bonapartiſtiſchen Induſtriellen Devinck mit den Worten: „Als Zeugniß für die<lb/> aufrichtige Bewunderung des Verfaſſers,“ erzielte 8 Frcs.“ Die „Stimmen des Exils“<lb/> von Etienne Arago mit den Worten: „An Karl Delescluze als Erinnerung an die<lb/> ſchlimmen Tage und als Beweis meiner alten Freundſchaft, E. Arago,“ wurde dagegen<lb/> bis 35 Frcs. getrieben. Die Bibliothek enthielt im übrigen nur ſehr wenige complete<lb/> Werke. (Frz. Corr.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head>* (<hi rendition="#g">Concilsliteratur.</hi>)</head> <p>Der auch in weiteren Kreiſen bekannte Pariſer prote-<lb/> ſtantiſche Pfarrer Hr. E. <hi rendition="#g">de Preſſenſ<hi rendition="#aq">é</hi></hi> hat ſo eben, unter dem Titel <hi rendition="#aq">„Le Concile<lb/> du Vaticain, son histoire et ses conséquences politiques et religieuses,“</hi> bei<lb/> Sandoz und Fiſchbacher in Paris eine Schrift erſcheinen laſſen die auch bei uns Beach-<lb/> tung verdient. Um einen Begriff von dem Inhalt des Buches zu geben, genügt es die<lb/> Capitelüberſchriften anzuführen: Cap. 1. Die alten Concilien und das Papſtthum.<lb/> Cap. 2. Der Zuſtand des Katholicismus in Frankreich vor dem Concil. Cap. 3. Die<lb/> Vorbereitung zum Concil. Cap. 4. Die Stadt des Concils. Cap. 5. Die Eröffnung<lb/> und Conſtituirung des Concils. Cap. 6. Die erſten Beſchlüſſe des Concils. Cap. 7.<lb/> Die Berathung über die Unfehlbarkeit des Papſtes in- und außerhalb des Concils.<lb/> Cap. 8. Die letzte Stunde des Concils und die Verkündung des neuen Dogma’s.<lb/> Cap. 9. Die politiſchen und religiöſen Folgen des Concils. Der Congreß von München.<lb/> Cap. 10. Jeſus Chriſtus, unſere Autorität. Cap. 11. Jeſus Chriſtus und die heilige<lb/> Schrift. Cap. 12. Jeſus Chriſtus und die Tradition. Cap. 13. Jeſus Chriſtus und<lb/> die Kirche.</p> </div> </div><lb/> <div type="jFinancialNews" n="1"> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Induſtrie, Handel und Verkehr.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>§ <hi rendition="#b">Paris,</hi> 9 Jan.</dateline> <p>Die <hi rendition="#g">Börſe</hi> iſt erſichtlich unter dem Eindruck der Provincial-<lb/> wahlen, welche ſie zu radical ausgefallen findet. Aus dieſem Grund erklärt ſich der Rück-<lb/> gang der leitenden Papiere. Rente verliert den Curs von 56, um mit nahezu 20 C.<lb/> Baiſſe 55 95 zu ſchließen Anlehen verliert den von 91, und ſchließt offerirt 90 90, Ita-<lb/> liener gehen gleich von Anfang der Börſe auf 68.95 zurück, ſteigen aber faſt ſofort auf<lb/> 69.15, um ohne jede Reaction 69.20 zu ſchließen. Antrichiens 837, Lombarden 431,<lb/> Foncier 930, Mobilier 490, ſpan. Mobilier 437, Lyon 878, Banque des Pays-Bas 917.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">Kopenhagen,</hi> 7 Jan.</dateline> <p>„Dagbladet“ bringt heut am Sonntag eine Extranummer,<lb/> worin ſich ein ſehr ausführlicher fünf Spalten langer Artikel über den Geldmarkt des Jahrs<lb/> 1871 findet. Was den däniſchen <hi rendition="#g">Fondsmarkt</hi> betrifft, ſo hat er, ſagt das Blatt, in<lb/> der erſten Hälfte des Jahrs Feſtigkeit gezeigt und iſt in der Folgezeit in einer ruhig ſtei-<lb/> genden Bewegung geweſen. Eine reiche Ernte, hohe Preiſe der Landeeproducte und eine<lb/> ſtarke Ausfuhr haben namentlich im letzten Theile des Jahrs dazu beigetragen das Steigen<lb/> däniſcher Fonds zu beſchleunigen. Es iſt die erfreulichſte Erſcheinung daß unſere inländi-<lb/> ſchen 4proc. Obligationen ſich endlich über den niedrigen Stand auf dem ſie ſich lange be-<lb/> funden zu heben vermocht haben. Sie ſtehen ſeit 10 Jahren zum erſtenmal bei Schluß<lb/> des Jahrs höher als bei deſſen Anfang, und zwar beträgt der höhere Preis etwa 5½ Points<lb/> oder ungefähr 6¾ Proc. Mit Ausnahme der ſeeländiſchen Eifenbahnactien ſind alle in-<lb/> ländiſchen Fonds und Actien bedeutend geſtiegen. — Was die in Deutſchland eingeführte<lb/><cb/> <hi rendition="#g">Goldwährung</hi> betrifft, ſo ſagt der Artikel daß für Dänemark kaum anderes zu thun<lb/> ſei als ſchleunigſt dem gegebenen Beiſpiele zu folgen. Die Direction der Nationalbank habe<lb/> bereits, um den Realiſationsfonds zu bewahren, die Erlanbniß nachgeſucht Goldbarren und<lb/> Goldmünzen zu dem Preiſe zu welchem ſie erworben würden bei dem Fonds niederzulegen,<lb/> doch ſo daß ſtets wenigſtens die Hälfte des dazu geſetzlichen Barrenbehalts in Silber ver-<lb/> bleibe. Ferner daß die Beſtimmung außer Kraft geſetzt werde welcher zufolge die Bank<lb/> verpflichtet iſt einem jeden Silberbarren zu einem Preiſe von 18½ Rdl. pr. Mark Köln.<lb/> gegen Erlegung einer gewiſſen Gebühr abzukaufen. Es ſei kaum zweifelhaft daß dieſe<lb/> Geſuche bewilligt würden, und daß die Regierung eheſtens in Erwägung ziehen werde was<lb/> in Betreff der Münzſache weiter zu thun ſei.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>□ <hi rendition="#b">New-York,</hi> 23 Dec.</dateline> <p>Das Goldagio fiel in dieſer Woche auf 108½, und<lb/> das fortwährende Weichen desſelben führt in Wallſtreet zu der eifrigen Beſchäftigung mit<lb/> der Frage: ob dasſelbe noch weiter fallen, oder ſeinen jetzigen niedrigen Standpunkt beibe-<lb/> halten wird. Nicht recht klar iſt warum Finanzminiſter Boutwell in der gegenwärtigen<lb/> Periode, in der die Handelsbilanz zwiſchen den Vereinigten Staaten und dem Auslande zu<lb/> Gunſten des letzteren ſteht, mit der Einberufung der Fünfzwanziger, die zum großen Theil<lb/> im Auslande ſich befinden, fortfährt, und ſo dazu beiträgt dieſe bereits ungünſtige Bilanz noch<lb/> ungünſtiger zu geſtalten. Sollte dieß der Weg ſein, wie von einigen Seiten angenommen<lb/> wird, auf dem der Finanzminiſter den Preis des Goldes dem des Papiergeldes gleich bringen<lb/> will, ſo müßte man in der That an Boutwells finanzieller Capacität auch noch den letzten Glau-<lb/> ben verlieren. So ſehr die ſchnelle Rückkehr zur Speciezahlung zu empfehlen iſt, ſo müßte<lb/> doch jedes Mittel bedauert werden mit dem nicht zugleich der Werth des Papiergeldes auf<lb/> eine feſte Baſis geſtellt wird. Die vom Schatzamt bis jetzt zur Einlöſung der Fünfzwan-<lb/> ziger Bonds ausgegebenen 22 Millionen haben in keiner Weiſe ihren Weg in die Banken<lb/> gefunden, ſind vielmehr ganz aus der Circulation verſchwunden, alſo zweifelsohne nach<lb/> Europa gegangen; im andern Fall würde das Goldagio noch unter weit größerem Druck<lb/> leiden. Zu der gemeldeten Einberuſung von 20,000,000 Dollars Fünfzwanziger auf den<lb/> 7 März 1872 hat nämlich der Finanzminiſter noch eine weitere Aufkündigung von Fünf-<lb/> zwanzigern der 2. Serie des Geſetzes vom 25 Febr. 1862, <hi rendition="#aq">dd.</hi> 1 Mai 1862, auf den<lb/> 20 März geſellt (S. Allg Z., Nr. 360, S. 6396.) Die auf den 7 und 20 März einbe-<lb/> rufeuen Couponbonds befinden ſich, nach beinahe übereinſtimmender Annahme, ausſchließlich<lb/> in Europa, und es werden auf dieſe Weiſe 32 Millionen Gold nach Europa wandern;<lb/> alſo wie bei den bereits erwähnten 22 Millionen wahrzunehmen iſt, nicht in die hieſigen<lb/> Banken fließen. Dagegen aber beginnen am nächſten Dienſtag die Auszahlungen der<lb/> Januar-Zinſen auf Regierungsbonds im ungefähren Betrag von 25,000,000 Dollars, der<lb/> Bedarf für Importeurs iſt gering, und Gold wird überhaupt außer den obigen 32 Mill.<lb/> keinen genügenden Abfluß haben. Vorausſichtlich wird daher das Goldagio ſeine wei-<lb/> chende Tendenz beibehalten, auch wenn es nicht die Abſicht des Finanzminiſters iſt das<lb/> Gold auf den Currency-Werth niederzudrücken Der Markt in Regierungsbonds iſt ſtill;<lb/> die Goldbonds wichen geſtern faſt durchgängig um ⅛ Proc., während die Currency-Bonds<lb/> um ¼ Proc. ſtiegen. Der Fondsmarkt im übrigen verläugnet den Einfluß der Geldknapp-<lb/> heit nicht. Die Preiſe ſind regellos, und Käufer wie Verkäufer mißvergnügt. Am Schluſſe<lb/> der Woche ſchien allerdings der Curs der Actien ſich mehr befeſtigen zu wollen; aber wie<lb/> die Erfahrung der letzten Wochen lehrt, iſt nicht darauf zu bauen daß dieß auf eine Wen-<lb/> dung zum Beſſern deutet. Bemerkenswerth mag immerhin ſein daß die Erie-Actien ſteigende<lb/> Tendenz zeigen, und mit 32⅜ ſchließen, ſeit davon die Rede iſt daß die engliſchen Actio-<lb/> näre ernſtlich darauf hinarbeiten die HH. James Fisk und Jay Gould, die ſog. Erie-<lb/> Schwindler, aus dem Directorium der Erie-Bahn hinauszutreiben. (Nach einem kürzlich<lb/> eingetroffenen Telegramm iſt Fisk von einem gewiſſen Stokes durch einen Piſtolenſchuß<lb/> tödtlich verwundet worden; Erie-Actien ſind deßhalb geſtiegen. D. Red.) Die gegenwärtige Be-<lb/> wegung in den Südſtaaten gegen die ſog. „Carpetbagger,“ welche man der betrügeriſchen<lb/> Ausbeutung der Staatsfonds und des Staatscredits zu ihrem perſönlichen Vortheile be-<lb/> ſchuldigt, führte bereits zu einigen Maßregeln welche eher zur Erſchütterung als zur Befeſti-<lb/> gung des öffentlichen Credits beitragen müſſen. Dieß gilt in erſter Linie von Virginia, in<lb/> welchem Staat der geſetzgebende Körper die Fundirung der öffentlichen Schuld einzuſtellen<lb/> befahl. Die bereits in Ausſicht geſtellte Bezahlung der Januar-Zinſen unterbleibt auf dieſe<lb/> Weiſe. Die Bonds dieſes Staates fielen auf 51. In Georgia ſteht der abgetretene Gou-<lb/> verneur Bullock im Verdacht Staats- und vom Staat indoſſirte Eiſenbahn-Bonds als<lb/> „Collaterals“ gegen Geldvorſchüſſe bei New-Yorker Bankiers verſetzt zu haben. Um dem<lb/> wahren Sachverhalt auf den Grund zu kommen, erhob die Legielatur in Georgia noch in<lb/> der letzten Stunde vor ihrer Vertagung, und trotz dem Veto des derzeitigen Gouverneurs, einen<lb/> Beſchluß zum Geſetz das eine neue Regiſtrirung der ausgegebenen Bonds anordnet, die Bezahlung<lb/> der Zinſen bis nach vorgenommener Regiſtrirung einſtellt, und Verwahrung gegen eine Ver-<lb/> pflichtung zur Bezahlung von Capital und Zinſen illegal emittirter Bonds erhebt Dieſe<lb/> Maßregel wird ohne Zweifel eine große Beunruhigung unter den Beſitzern von Georgia-<lb/> Bonds in Deutſchland hervorrufen. Das Geſetz iſt jedenfalls ein übereiltes, und man erwartet daß<lb/> nach ruhiger Ueberlegung die Legislatur bei ihrem nächſten Wiederzuſammentritt im Januar<lb/> eine Abänderung des Geſetzes treffen, namentlich aber in Bezug auf die Regiſtrirung der<lb/> im Ausland gehaltenen Bonds wenigſtens ein Bankhaus in Frankfurt a. M. und London<lb/> aufſtellen wird, welches die Vermittlung der Regiſtrirung für die Bondsbeſitzer zu übernehmen hat.<lb/> Gegen die Unterſuchung der Beſchuldigungen wider den Gouverneur ſelbſt iſt nichts auszu-<lb/> ſetzen, ſo hart die Maßregel der Regiſtrirung für die auswärtigen Bondsbeſitzer auch er-<lb/> ſcheinen mag. An eine Repudiation der legalen Bonds glaubt in den hieſigen Kreiſen nie-<lb/> mand, und die hieſigen Finanz-Agenten des Staats Georgia haben mir verſichert daß für<lb/> die Bezahlung der Januar-Zinſen der Staaten-Bonds bereits Vorſorge getroffen ſei. Das<lb/> Regiſtrirungsgeſetz mit ſammt dem Veto des Gouverneurs wird nach Section 3 desſelben<lb/> auch in einer Zeitung in Frankfurt a. M., ſowie in zwei Zeitungen in London veröffent-<lb/> licht werden. — In Süd-Carolina hat die Unterſuchung der Finanzen durch das hiezu von<lb/> der Legislatur beauftragte Comit<hi rendition="#aq">é</hi> eine illegale Mehrausgabe von 6,314,000 Dollars<lb/> Staat-Bonds ergeben, und dieſes Comit<hi rendition="#aq">é</hi> empfiehlt in ſeinem dem Hauſe darüber vorgeleg-<lb/> ten Bericht diejenigen Perſonen welche das Geſetz umgiengen dafür verantwortlich zu hal-<lb/> ten. Dieſe Vorgänge in den Südſtaaten erweiſen aufs neue die Nothwendigkeit die emitti-<lb/> renden Häuſer fremder Securitäten in Deutſchland für die Bezahlung von Capital und<lb/> Zinſen den Käufern gegenüber perſönlich verantwortlich zu machen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">New-York,</hi> 5 Jan.</dateline> <p>Das Poſtdampfſchiff des Nordd. Lloyd „Weſer“ iſt<lb/> geſtern Abends 10 Uhr hier angekommen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head>(<hi rendition="#g">Ueber die ungariſche Oſtbahn</hi>)</head> <p>ſchreibt die „Preſſe“ aus Wien vom 5 Jan.:<lb/> „Was einſichtige Leute immer gefürchtet haben, das wird jetzt officiell beſtätigt: der noch<lb/> vorhandene Erlös aus den Actien und Prioritäten reicht nicht aus zur Vollendung des<lb/> Bahnnetzes, und wie wir den übereinſtimmenden Berichten Peſter Blätter entnehmen, iſt<lb/> der Verwaltungsrath bereits in Verhandlung mit der ungariſchen Regierung getreten, um<lb/> eine Erhöhung des ſtaatlich garantirten Anlagecapitals zu erlangen. Wie die Sache jetzt<lb/> ſteht, kommt alles darauf an ob die ungariſche Regierung und das Parlament auf die<lb/> Anforderung des Verwaltungsraths eingehen werden; ſind dieſe Factoren nicht geneigt eine<lb/> Erhöhung des Anlagecapitals eintreten zu laſſen, dann wird der Anglobank, welche das<lb/> Unternehmen bei der Geldbeſchaffung in ſo unerhörter Weiſe ausgebeutet hat, wohl nichts<lb/> übrig bleiben als einen Theil ihres Gewinnes wieder herauszugeben, wie ſie dieß bekannt-<lb/> lich auch bei dem Bau der Strecke Rottenmann-Weyer thun mußte.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Neueſte Poſten.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 10 Jan.</dateline> <p>Hier eingetroffenen Nachrichten zufolge iſt die deutſche<lb/> Fregatte „Niobe“ am 11 Dec. in Barbados und die Corvette „Gazelle“ an dem-<lb/> ſelben Tag in Port-au-Prince angekommen. — Der bisherige Generalconſul in<lb/> St. Miguel (Azoren), E. J. Monſon, iſt zum Generalconſul für das geſammte<lb/> Königreich Ungarn mit dem Sitz in Peſt ernannt. (T. N.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline><hi rendition="#b">New-York,</hi> 9 Jan.</dateline> <p>Der commandirende General der Militärdiviſion<lb/> des Südens, Generalmajor H. W. Halleck, iſt geſtorben. — Meldungen aus Mexico<lb/> zufolge ſoll der Anführer der Inſurgenten, General Porfirio Diaz, in zwei größeren<lb/> Gefechten Niederlagen erlitten haben. (T. N.)</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [168/0008]
bis jetzt erſt in den ſeineren Abdrücken publicirt, macht dieſſeits wie jenſeits des Oceaus
gerechtes Aufſehen. (K. Z.)
Poſen, 8 Jan. Unſere Stadt war geſtern Zeugin einer echt mittelalterlichen
Kirchenmanifeſtation, nämlich eines ſogenannten Sühnegottesdienſtes, den der
Erzbiſchof Graf Ledochowski wegen des in der hieſigen Dominicanerkirche verſuchten
Diebſtahls in dieſer Kirche angeordnet hatte, „um — wie es in dem betreffenden Paſto-
ralſchreiben heißt — die göttlichen Strafen welche tempelſchänderiſchen Verbrechen zu
folgen pflegen von der Stadt Poſen abzuwenden.“ Daß eine ſolche der chriſtlichen
Gotteserkenntniß ſchnurſtracks widerſprechende Manifeſtation ſich auch noch in unſerer Zeit
mit allem Pomp in Scene ſetzen läßt, bewies die große Menge der Andächtigen mit der
die Kirche und die bei derſelben vorüberführenden Straße dicht gefüllt waren. Freilich
hatten das Hauptcontingent zu der andächtigen Verſammlung die Geiſtlichkeit und die
ungebildeten Claſſen geliefert, aber auch die gebildeten Stände und namentlich der pol-
niſche Adel waren zahlreich genug vertreten. Die Equipagen des letztern ſtanden in
langer Reihe vor der Kirche aufgefahren. Von der ſtädtiſchen Geiſtlichkeit waren mehr
als 100 Perſonen anweſend. Leider hätte der Kirchengottesdienſt, der ein großes Un-
glück von unſerer Stadt abwenden ſollte, leicht ein ſolches für ſie herbeiführen können. In-
mitten der Predigt erſcholl nämlich plötzlich der wiederholte durchdringende Ruf „Feuer!“ Er
verbreitete einen ſolchen Schrecken, daß das Publicum mit Gewalt nach den engen Ausgän-
gen drängte, die ſich bald gänzlich verſtopften. In dem furchtbaren Gedränge erlitten
mehrere Frauen und Kinder ſo ſchwere Verletzungen, daß ſie bewußtlos hinweggetragen
wurden. Wäre es den Bemühungen eines Geiſtlichen nicht gelungen die erſchreckte
Menge bald zu beruhigen, ſo hätte das Unglück leicht ſehr große Dimenſionen annehmen
können. Der Feuerlärm erwies ſich als völlig grundlos. Das von hieſigen Blättern
verbreitete Gerücht: daß die beiden Kirchendiebinnen, die übrigens der polniſchen Natio-
nalität und dem katholiſchen Bekenntniß angehören, vorzugsweiſe die Abſicht gehabt hätten
im Auftrag eines Juden geweihte Hoſtien zu ſtehlen, hat ſich nicht beſtätigt. Im Gegen-
theil hat die Unterſuchung herausgeſtellt daßein Hoſtiendiebſtahl weder begangen worden
iſt noch beabſichtigt war. Auch die bereits zuſammengeſtellten ſilbernen Gefäße konnten
wegen der Ueberraſchung der Diebinnen nicht mit hinweggenommen werden. (Oſtſ.-Z.)
* (Ludolf Wienbarg †.)Dieſes einſt vielgenannte Mitglied des „Jungen
Deutſchland“ iſt am 2 Jan. in ſeiner Geburtsſtadt Altona, gerade 70 Jahre alt, ge-
ſtorben. In ſeiner Jugend Docent der Aeſthetik in Kiel, verband er ſich Anfangs der
dreißiger Jahre mit Gutzkow zur Herausgabe der „Deutſchen Revue“ in Frankfurt,
die aber bald unterdrückt wurde. Die Proſcribirung des „Jungen Deutſchland“ traf
hauptſächlich ihn, und er war, nach mehrjähriger Thätigkeit als Journaliſt in Hamburg,
eben im Begriff nach Amerika auszuwandern, als der ſchleswig-holſteiniſche Befreiungs-
kampf ausbrach, an dem ſich Wienbarg 1848 als Adjutant im Freicorps und 1849 als
freiwilliger Jäger betheiligte. Er ſchrieb hierauf Darſtellungen aus dieſen Feldzügen, und
eine Geſchichte Schleswigs. Seit der Befreiung der Elbherzogthümer von der däniſchen
Herrſchaft gehörte Wienbarg bis zu ſeinem Tode zu den fleißigſten Mitarbeitern der
deutſch-nationalen „Altonaer Nachrichten.“ Sein Hauptwerk als Schriftſteller ſind die
in glänzendem Style geſchriebenen, dem „Jungen Deutſchland“ gewidmeten „Aeſtheti-
ſchen Feldzüge,“ welche 1834 bei Hoffmann u. Campe in Hamburg erſchienen.
* Wien, 10 Jan.(Brauer-Strike.)Geſtern hatten die Gehülfen
aller größeren Brauereien, die von Schwechat, Hietzing und St. Marx voran, 4000 an
der Zahl, die Arbeit eingeſtellt: Verminderung der Arbeitszeit und gleichzeitige Er-
höhung des Arbeitslohnes ſind auch dießmal die weſentlichſten Forderungen. Das bier-
trinkende Publicum iſt in einer Aufregung die man bei Ihnen in Bayern am beſten zu
würdigen wiſſen wird. Für Fortführung übrigens der ganz unaufſchieblichen Arbeiten
ſind von den Brauereibeſitzern Soldaten in Anſpruch genommen.
Paris, 9 Jan. Geſtern Abend wurde die hinterlaſſene Bibliothek des
Commune-Mitglieds Delescluze, ehemaligen Chefredacteurs des Réveil,
öffentlich verſteigert. Die 400 Bände trugen ungefähr 2000 Frcs. ein. Einzelne mit
eigenhändigen Widmungen der Verfaſſer verſehene Bücher und Broſchüren erzielten
beſonders hohe Preiſe. So die „Politique radicale“ vom jetzigen Unterrichtsminiſter
Jules Simon; die „Orientfrage und die kretiſche Revolution“ von Flourens erzielten je
21 Frcs. Ein Brief Tony Moilins, des erſchoſſenen Commune-Mitglieds, die Broſchüre
„Paris im Jahr 2000“ begleitend, wurde auf 30 Frcs. geſteigert. Ein Buch des be-
kannten bonapartiſtiſchen Induſtriellen Devinck mit den Worten: „Als Zeugniß für die
aufrichtige Bewunderung des Verfaſſers,“ erzielte 8 Frcs.“ Die „Stimmen des Exils“
von Etienne Arago mit den Worten: „An Karl Delescluze als Erinnerung an die
ſchlimmen Tage und als Beweis meiner alten Freundſchaft, E. Arago,“ wurde dagegen
bis 35 Frcs. getrieben. Die Bibliothek enthielt im übrigen nur ſehr wenige complete
Werke. (Frz. Corr.)
* (Concilsliteratur.) Der auch in weiteren Kreiſen bekannte Pariſer prote-
ſtantiſche Pfarrer Hr. E. de Preſſenſé hat ſo eben, unter dem Titel „Le Concile
du Vaticain, son histoire et ses conséquences politiques et religieuses,“ bei
Sandoz und Fiſchbacher in Paris eine Schrift erſcheinen laſſen die auch bei uns Beach-
tung verdient. Um einen Begriff von dem Inhalt des Buches zu geben, genügt es die
Capitelüberſchriften anzuführen: Cap. 1. Die alten Concilien und das Papſtthum.
Cap. 2. Der Zuſtand des Katholicismus in Frankreich vor dem Concil. Cap. 3. Die
Vorbereitung zum Concil. Cap. 4. Die Stadt des Concils. Cap. 5. Die Eröffnung
und Conſtituirung des Concils. Cap. 6. Die erſten Beſchlüſſe des Concils. Cap. 7.
Die Berathung über die Unfehlbarkeit des Papſtes in- und außerhalb des Concils.
Cap. 8. Die letzte Stunde des Concils und die Verkündung des neuen Dogma’s.
Cap. 9. Die politiſchen und religiöſen Folgen des Concils. Der Congreß von München.
Cap. 10. Jeſus Chriſtus, unſere Autorität. Cap. 11. Jeſus Chriſtus und die heilige
Schrift. Cap. 12. Jeſus Chriſtus und die Tradition. Cap. 13. Jeſus Chriſtus und
die Kirche.
Induſtrie, Handel und Verkehr.
§ Paris, 9 Jan. Die Börſe iſt erſichtlich unter dem Eindruck der Provincial-
wahlen, welche ſie zu radical ausgefallen findet. Aus dieſem Grund erklärt ſich der Rück-
gang der leitenden Papiere. Rente verliert den Curs von 56, um mit nahezu 20 C.
Baiſſe 55 95 zu ſchließen Anlehen verliert den von 91, und ſchließt offerirt 90 90, Ita-
liener gehen gleich von Anfang der Börſe auf 68.95 zurück, ſteigen aber faſt ſofort auf
69.15, um ohne jede Reaction 69.20 zu ſchließen. Antrichiens 837, Lombarden 431,
Foncier 930, Mobilier 490, ſpan. Mobilier 437, Lyon 878, Banque des Pays-Bas 917.
Kopenhagen, 7 Jan. „Dagbladet“ bringt heut am Sonntag eine Extranummer,
worin ſich ein ſehr ausführlicher fünf Spalten langer Artikel über den Geldmarkt des Jahrs
1871 findet. Was den däniſchen Fondsmarkt betrifft, ſo hat er, ſagt das Blatt, in
der erſten Hälfte des Jahrs Feſtigkeit gezeigt und iſt in der Folgezeit in einer ruhig ſtei-
genden Bewegung geweſen. Eine reiche Ernte, hohe Preiſe der Landeeproducte und eine
ſtarke Ausfuhr haben namentlich im letzten Theile des Jahrs dazu beigetragen das Steigen
däniſcher Fonds zu beſchleunigen. Es iſt die erfreulichſte Erſcheinung daß unſere inländi-
ſchen 4proc. Obligationen ſich endlich über den niedrigen Stand auf dem ſie ſich lange be-
funden zu heben vermocht haben. Sie ſtehen ſeit 10 Jahren zum erſtenmal bei Schluß
des Jahrs höher als bei deſſen Anfang, und zwar beträgt der höhere Preis etwa 5½ Points
oder ungefähr 6¾ Proc. Mit Ausnahme der ſeeländiſchen Eifenbahnactien ſind alle in-
ländiſchen Fonds und Actien bedeutend geſtiegen. — Was die in Deutſchland eingeführte
Goldwährung betrifft, ſo ſagt der Artikel daß für Dänemark kaum anderes zu thun
ſei als ſchleunigſt dem gegebenen Beiſpiele zu folgen. Die Direction der Nationalbank habe
bereits, um den Realiſationsfonds zu bewahren, die Erlanbniß nachgeſucht Goldbarren und
Goldmünzen zu dem Preiſe zu welchem ſie erworben würden bei dem Fonds niederzulegen,
doch ſo daß ſtets wenigſtens die Hälfte des dazu geſetzlichen Barrenbehalts in Silber ver-
bleibe. Ferner daß die Beſtimmung außer Kraft geſetzt werde welcher zufolge die Bank
verpflichtet iſt einem jeden Silberbarren zu einem Preiſe von 18½ Rdl. pr. Mark Köln.
gegen Erlegung einer gewiſſen Gebühr abzukaufen. Es ſei kaum zweifelhaft daß dieſe
Geſuche bewilligt würden, und daß die Regierung eheſtens in Erwägung ziehen werde was
in Betreff der Münzſache weiter zu thun ſei.
□ New-York, 23 Dec. Das Goldagio fiel in dieſer Woche auf 108½, und
das fortwährende Weichen desſelben führt in Wallſtreet zu der eifrigen Beſchäftigung mit
der Frage: ob dasſelbe noch weiter fallen, oder ſeinen jetzigen niedrigen Standpunkt beibe-
halten wird. Nicht recht klar iſt warum Finanzminiſter Boutwell in der gegenwärtigen
Periode, in der die Handelsbilanz zwiſchen den Vereinigten Staaten und dem Auslande zu
Gunſten des letzteren ſteht, mit der Einberufung der Fünfzwanziger, die zum großen Theil
im Auslande ſich befinden, fortfährt, und ſo dazu beiträgt dieſe bereits ungünſtige Bilanz noch
ungünſtiger zu geſtalten. Sollte dieß der Weg ſein, wie von einigen Seiten angenommen
wird, auf dem der Finanzminiſter den Preis des Goldes dem des Papiergeldes gleich bringen
will, ſo müßte man in der That an Boutwells finanzieller Capacität auch noch den letzten Glau-
ben verlieren. So ſehr die ſchnelle Rückkehr zur Speciezahlung zu empfehlen iſt, ſo müßte
doch jedes Mittel bedauert werden mit dem nicht zugleich der Werth des Papiergeldes auf
eine feſte Baſis geſtellt wird. Die vom Schatzamt bis jetzt zur Einlöſung der Fünfzwan-
ziger Bonds ausgegebenen 22 Millionen haben in keiner Weiſe ihren Weg in die Banken
gefunden, ſind vielmehr ganz aus der Circulation verſchwunden, alſo zweifelsohne nach
Europa gegangen; im andern Fall würde das Goldagio noch unter weit größerem Druck
leiden. Zu der gemeldeten Einberuſung von 20,000,000 Dollars Fünfzwanziger auf den
7 März 1872 hat nämlich der Finanzminiſter noch eine weitere Aufkündigung von Fünf-
zwanzigern der 2. Serie des Geſetzes vom 25 Febr. 1862, dd. 1 Mai 1862, auf den
20 März geſellt (S. Allg Z., Nr. 360, S. 6396.) Die auf den 7 und 20 März einbe-
rufeuen Couponbonds befinden ſich, nach beinahe übereinſtimmender Annahme, ausſchließlich
in Europa, und es werden auf dieſe Weiſe 32 Millionen Gold nach Europa wandern;
alſo wie bei den bereits erwähnten 22 Millionen wahrzunehmen iſt, nicht in die hieſigen
Banken fließen. Dagegen aber beginnen am nächſten Dienſtag die Auszahlungen der
Januar-Zinſen auf Regierungsbonds im ungefähren Betrag von 25,000,000 Dollars, der
Bedarf für Importeurs iſt gering, und Gold wird überhaupt außer den obigen 32 Mill.
keinen genügenden Abfluß haben. Vorausſichtlich wird daher das Goldagio ſeine wei-
chende Tendenz beibehalten, auch wenn es nicht die Abſicht des Finanzminiſters iſt das
Gold auf den Currency-Werth niederzudrücken Der Markt in Regierungsbonds iſt ſtill;
die Goldbonds wichen geſtern faſt durchgängig um ⅛ Proc., während die Currency-Bonds
um ¼ Proc. ſtiegen. Der Fondsmarkt im übrigen verläugnet den Einfluß der Geldknapp-
heit nicht. Die Preiſe ſind regellos, und Käufer wie Verkäufer mißvergnügt. Am Schluſſe
der Woche ſchien allerdings der Curs der Actien ſich mehr befeſtigen zu wollen; aber wie
die Erfahrung der letzten Wochen lehrt, iſt nicht darauf zu bauen daß dieß auf eine Wen-
dung zum Beſſern deutet. Bemerkenswerth mag immerhin ſein daß die Erie-Actien ſteigende
Tendenz zeigen, und mit 32⅜ ſchließen, ſeit davon die Rede iſt daß die engliſchen Actio-
näre ernſtlich darauf hinarbeiten die HH. James Fisk und Jay Gould, die ſog. Erie-
Schwindler, aus dem Directorium der Erie-Bahn hinauszutreiben. (Nach einem kürzlich
eingetroffenen Telegramm iſt Fisk von einem gewiſſen Stokes durch einen Piſtolenſchuß
tödtlich verwundet worden; Erie-Actien ſind deßhalb geſtiegen. D. Red.) Die gegenwärtige Be-
wegung in den Südſtaaten gegen die ſog. „Carpetbagger,“ welche man der betrügeriſchen
Ausbeutung der Staatsfonds und des Staatscredits zu ihrem perſönlichen Vortheile be-
ſchuldigt, führte bereits zu einigen Maßregeln welche eher zur Erſchütterung als zur Befeſti-
gung des öffentlichen Credits beitragen müſſen. Dieß gilt in erſter Linie von Virginia, in
welchem Staat der geſetzgebende Körper die Fundirung der öffentlichen Schuld einzuſtellen
befahl. Die bereits in Ausſicht geſtellte Bezahlung der Januar-Zinſen unterbleibt auf dieſe
Weiſe. Die Bonds dieſes Staates fielen auf 51. In Georgia ſteht der abgetretene Gou-
verneur Bullock im Verdacht Staats- und vom Staat indoſſirte Eiſenbahn-Bonds als
„Collaterals“ gegen Geldvorſchüſſe bei New-Yorker Bankiers verſetzt zu haben. Um dem
wahren Sachverhalt auf den Grund zu kommen, erhob die Legielatur in Georgia noch in
der letzten Stunde vor ihrer Vertagung, und trotz dem Veto des derzeitigen Gouverneurs, einen
Beſchluß zum Geſetz das eine neue Regiſtrirung der ausgegebenen Bonds anordnet, die Bezahlung
der Zinſen bis nach vorgenommener Regiſtrirung einſtellt, und Verwahrung gegen eine Ver-
pflichtung zur Bezahlung von Capital und Zinſen illegal emittirter Bonds erhebt Dieſe
Maßregel wird ohne Zweifel eine große Beunruhigung unter den Beſitzern von Georgia-
Bonds in Deutſchland hervorrufen. Das Geſetz iſt jedenfalls ein übereiltes, und man erwartet daß
nach ruhiger Ueberlegung die Legislatur bei ihrem nächſten Wiederzuſammentritt im Januar
eine Abänderung des Geſetzes treffen, namentlich aber in Bezug auf die Regiſtrirung der
im Ausland gehaltenen Bonds wenigſtens ein Bankhaus in Frankfurt a. M. und London
aufſtellen wird, welches die Vermittlung der Regiſtrirung für die Bondsbeſitzer zu übernehmen hat.
Gegen die Unterſuchung der Beſchuldigungen wider den Gouverneur ſelbſt iſt nichts auszu-
ſetzen, ſo hart die Maßregel der Regiſtrirung für die auswärtigen Bondsbeſitzer auch er-
ſcheinen mag. An eine Repudiation der legalen Bonds glaubt in den hieſigen Kreiſen nie-
mand, und die hieſigen Finanz-Agenten des Staats Georgia haben mir verſichert daß für
die Bezahlung der Januar-Zinſen der Staaten-Bonds bereits Vorſorge getroffen ſei. Das
Regiſtrirungsgeſetz mit ſammt dem Veto des Gouverneurs wird nach Section 3 desſelben
auch in einer Zeitung in Frankfurt a. M., ſowie in zwei Zeitungen in London veröffent-
licht werden. — In Süd-Carolina hat die Unterſuchung der Finanzen durch das hiezu von
der Legislatur beauftragte Comité eine illegale Mehrausgabe von 6,314,000 Dollars
Staat-Bonds ergeben, und dieſes Comité empfiehlt in ſeinem dem Hauſe darüber vorgeleg-
ten Bericht diejenigen Perſonen welche das Geſetz umgiengen dafür verantwortlich zu hal-
ten. Dieſe Vorgänge in den Südſtaaten erweiſen aufs neue die Nothwendigkeit die emitti-
renden Häuſer fremder Securitäten in Deutſchland für die Bezahlung von Capital und
Zinſen den Käufern gegenüber perſönlich verantwortlich zu machen.
* New-York, 5 Jan. Das Poſtdampfſchiff des Nordd. Lloyd „Weſer“ iſt
geſtern Abends 10 Uhr hier angekommen.
(Ueber die ungariſche Oſtbahn)ſchreibt die „Preſſe“ aus Wien vom 5 Jan.:
„Was einſichtige Leute immer gefürchtet haben, das wird jetzt officiell beſtätigt: der noch
vorhandene Erlös aus den Actien und Prioritäten reicht nicht aus zur Vollendung des
Bahnnetzes, und wie wir den übereinſtimmenden Berichten Peſter Blätter entnehmen, iſt
der Verwaltungsrath bereits in Verhandlung mit der ungariſchen Regierung getreten, um
eine Erhöhung des ſtaatlich garantirten Anlagecapitals zu erlangen. Wie die Sache jetzt
ſteht, kommt alles darauf an ob die ungariſche Regierung und das Parlament auf die
Anforderung des Verwaltungsraths eingehen werden; ſind dieſe Factoren nicht geneigt eine
Erhöhung des Anlagecapitals eintreten zu laſſen, dann wird der Anglobank, welche das
Unternehmen bei der Geldbeſchaffung in ſo unerhörter Weiſe ausgebeutet hat, wohl nichts
übrig bleiben als einen Theil ihres Gewinnes wieder herauszugeben, wie ſie dieß bekannt-
lich auch bei dem Bau der Strecke Rottenmann-Weyer thun mußte.
Neueſte Poſten.
London, 10 Jan. Hier eingetroffenen Nachrichten zufolge iſt die deutſche
Fregatte „Niobe“ am 11 Dec. in Barbados und die Corvette „Gazelle“ an dem-
ſelben Tag in Port-au-Prince angekommen. — Der bisherige Generalconſul in
St. Miguel (Azoren), E. J. Monſon, iſt zum Generalconſul für das geſammte
Königreich Ungarn mit dem Sitz in Peſt ernannt. (T. N.)
New-York, 9 Jan. Der commandirende General der Militärdiviſion
des Südens, Generalmajor H. W. Halleck, iſt geſtorben. — Meldungen aus Mexico
zufolge ſoll der Anführer der Inſurgenten, General Porfirio Diaz, in zwei größeren
Gefechten Niederlagen erlitten haben. (T. N.)
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(2022-04-08T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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