Allgemeine Zeitung, Nr. 12, 13. Januar 1924.Allgemeine Zeitung. Nr. 12 Sonntag, den 13. Januar 1924 [Spaltenumbruch]
Wählerschaft entspricht. Aber man soll ja Manche gehen weiter und wollen den Auch der letzte Ausweg einer Ersetzung Diese mittlere Linie, die im Grunde nie- Die Erneuerung Deutschlands muß ganz Außenpolitische Aussprache in * Paris, 12. Jan.der französischen Kammer Die Kammer setzte gestern die Die logische Folge sei, daß die Alliierten eine Die Mißverständnisse, die im Augen- Herriot wendet sich weiter gegen die Po- Poincare erklärte hierzu: Die Sachverstän- Herriot spricht sodann von dem Vorschlag Col- Herriot spricht sodann über die Arbeit der Sach- Die Kammer vertagt die weitere Diskussion Die Konferenz der Kleinen Entente Belgrad, 12. Jan.Der eigentliche Beginn der Das endgültige griechische Kabinett * Athen, 12. Jan.Das Kabinett setzt sich Die englische Thronrede London, 12. JanDas britische Kabinett Die Thronrede wird sich ferner mit den Be- Die Sanierung der Reichsbahn Berlin, 12. Jan.Auf die in einigen Berliner Unabhängig davon aber sei der Reichsverkehrs- Die Ermäßigung der Gütertarife Verschärfung im Bergbau Köln, 12. Jan.Die Lage im Kölner Wirt- Man rechnet mit einem großen Ausstand In Gelsenkirchen sind die Verhand- Die Ortsverwaltung Gelsenkirchen des Deut- Brückensperre über den Rhein * Heidelberg, 12. Jan.Die Brücken- Dagegen verkehren die Personenzüge zwischen LETZTE TELEGRAMME Die Antwort in Berlin eingetroffen * Paris, 12. Jan.Die französische Der Geschäftsträger wird aber bestimmt Gleichzeitig mit Herrn von Hoesch wird Der Reichsverkehrsminister in München. München. 12. Jan.Der Reichsverkehrs- Definitive Ergebnisse sind bei der Bespre- Die Ententekontrolle in Stuttgart. Stuttgart, 12. JanuarBei einem Kon- Die Menge nahm beim Eintreffen der drei Die Kontrolloffiziere setzten nach durch- Der Nachfolger Petersens im Reichstag * Hamburg, 12. Jan.Für den Fall, daß Amerikanischer Radiobetrieb "Broadcasting" nennt der Engländer und Wenn man daraus schließen wollte, daß So sind die amerikanischen Broadcastingfirmen Das fängt bei der Politik an und endigt bei An die politische Propaganda durch Die größte Einnahmequelle für die Gesell- Große Zeitungen benutzen übrigens jetzt den Ob die Radioreklame dazu gelangen wird, den Die "Wagner-Opera-Co." verkracht Unter den Dirigenten Möricke und Hötzlin hat Wieder eine Warnung! Derartige Unterneh- Allgemeine Zeitung. Nr. 12 Sonntag, den 13. Januar 1924 [Spaltenumbruch]
Wählerſchaft entſpricht. Aber man ſoll ja Manche gehen weiter und wollen den Auch der letzte Ausweg einer Erſetzung Dieſe mittlere Linie, die im Grunde nie- Die Erneuerung Deutſchlands muß ganz Außenpolitiſche Ausſprache in * Paris, 12. Jan.der franzöſiſchen Kammer Die Kammer ſetzte geſtern die Die logiſche Folge ſei, daß die Alliierten eine Die Mißverſtändniſſe, die im Augen- Herriot wendet ſich weiter gegen die Po- Poincaré erklärte hierzu: Die Sachverſtän- Herriot ſpricht ſodann von dem Vorſchlag Col- Herriot ſpricht ſodann über die Arbeit der Sach- Die Kammer vertagt die weitere Diskuſſion Die Konferenz der Kleinen Entente Belgrad, 12. Jan.Der eigentliche Beginn der Das endgültige griechiſche Kabinett * Athen, 12. Jan.Das Kabinett ſetzt ſich Die engliſche Thronrede London, 12. JanDas britiſche Kabinett Die Thronrede wird ſich ferner mit den Be- Die Sanierung der Reichsbahn Berlin, 12. Jan.Auf die in einigen Berliner Unabhängig davon aber ſei der Reichsverkehrs- Die Ermäßigung der Gütertarife Verſchärfung im Bergbau Köln, 12. Jan.Die Lage im Kölner Wirt- Man rechnet mit einem großen Ausſtand In Gelſenkirchen ſind die Verhand- Die Ortsverwaltung Gelſenkirchen des Deut- Brückenſperre über den Rhein * Heidelberg, 12. Jan.Die Brücken- Dagegen verkehren die Perſonenzüge zwiſchen LETZTE TELEGRAMME Die Antwort in Berlin eingetroffen * Paris, 12. Jan.Die franzöſiſche Der Geſchäftsträger wird aber beſtimmt Gleichzeitig mit Herrn von Hoeſch wird Der Reichsverkehrsminiſter in München. München. 12. Jan.Der Reichsverkehrs- Definitive Ergebniſſe ſind bei der Beſpre- Die Ententekontrolle in Stuttgart. Stuttgart, 12. JanuarBei einem Kon- Die Menge nahm beim Eintreffen der drei Die Kontrolloffiziere ſetzten nach durch- Der Nachfolger Peterſens im Reichstag * Hamburg, 12. Jan.Für den Fall, daß Amerikaniſcher Radiobetrieb „Broadcaſting“ nennt der Engländer und Wenn man daraus ſchließen wollte, daß So ſind die amerikaniſchen Broadcaſtingfirmen Das fängt bei der Politik an und endigt bei An die politiſche Propaganda durch Die größte Einnahmequelle für die Geſell- Große Zeitungen benutzen übrigens jetzt den Ob die Radioreklame dazu gelangen wird, den Die „Wagner-Opera-Co.“ verkracht Unter den Dirigenten Möricke und Hötzlin hat Wieder eine Warnung! Derartige Unterneh- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Allgemeine Zeitung</hi>. Nr. 12 Sonntag, den 13. Januar 1924</hi> </fw><lb/> <cb/> <p>Wählerſchaft entſpricht. Aber man ſoll ja<lb/> nicht meinen, daß bei Neuwahlen etwas<lb/> weſentlich anderes herauskäme. Die Flü-<lb/> gelparteien würden wohl eine Stärkung,<lb/> die Mitte eine Schwächung erfahren. Aber<lb/> iſt damit etwas anderes erreicht als eine<lb/><hi rendition="#g">Verſchärfung der Gegenſätze,</hi> an<lb/> denen jetzt ſchon unſer Volk und unſer Reich<lb/> zu zerbrechen droht? Die Rechte würde nicht<lb/> ſo ſtark werden, daß ſie allein die Regie-<lb/> rung bilden könnte. Die Gefahr einer Ent-<lb/> feſſelung aller politiſchen Leidenſchaften in<lb/> dieſen Monaten der Kälte, des Hungers, der<lb/> Arbeitsloſigkeit iſt größer als der zu erhof-<lb/> fende Gewinn — wenn man aufs Ganze und<lb/> nicht auf Parteiintereſſen ſieht.</p><lb/> <p>Manche gehen weiter und wollen den<lb/> Reichstag ganz beiſeite ſchieben. Aber <hi rendition="#g">Dik-<lb/> tatur</hi> ſetzt eine überragende Macht (und<lb/> eine ſtarke Perſönlichkeit) voraus. Wo iſt<lb/> ſie in Deutſchland? Ohne ſie aber führt der<lb/> Verſuch der Vergewaltigung eines Teiles<lb/> des Volkes durch den anderen unfehlbar<lb/> zum Bürgerkriege.</p><lb/> <p>Auch der letzte Ausweg einer Erſetzung<lb/> des parteipolitiſchen Vertretungsſyſtems<lb/> durch ein <hi rendition="#g">berufsſtändiſches</hi> verſagt<lb/> heute. Von einer grundſätzlichen Entſchei-<lb/> dung der Frage nach dem Wirtſchaftsparla-<lb/> ment mag hier ganz abgeſehen werden.<lb/> Heute iſt keine geſchloſſene einheitliche<lb/> Macht vorhanden, die beſſer als ein Reichs-<lb/> tag die Volkskräfte zuſammenhalten könnte.<lb/> Die Gegenſätze zwiſchen Arbeitgebern<lb/> und Arbeitnehmern, zwiſchen Stadt und<lb/> Land, zwiſchen Fabrikanten, Händlern und<lb/> Verbrauchern ſind mindeſtens ſo ſtark wie<lb/> die zwiſchen den politiſchen Parteien (die<lb/> ſich ja vielfach mit den Wirtſchaftsgrupen<lb/> decken). Auch ein Wirtſchaftsparlament<lb/> würde kaum etwas anderes als eine <hi rendition="#g">Kom-<lb/> promißpolitik auſ mittlerer Li-<lb/> nie</hi> zuwege bringen.</p><lb/> <p>Dieſe mittlere Linie, die im Grunde nie-<lb/> manden befriedigt, richtig zu erkennen und<lb/> der Geſamtheit ſchmackhaft zu machen, das<lb/> iſt die Hauptkunſt, die wir von unſeren Mi-<lb/> niſtern verlangen müſſen. Sie ſetzt voraus,<lb/> daß die Regierenden die Grenzen des <hi rendition="#g">Mög-<lb/> lichen</hi> ebenſo klar erkennen wie die des<lb/><hi rendition="#g">Notwendigen</hi>; daß ſie von vornherein<lb/> darauf verzichten, dem Volke Hoffnungen<lb/> vorzuſpiegeln, die ſich nicht erfüllen können;<lb/> daß ſie den Mut zur <hi rendition="#g">Wahrheit</hi> haben,<lb/> auch wenn dieſe Wahrheit recht bitter iſt.</p><lb/> <p>Die Erneuerung Deutſchlands muß ganz<lb/> von innen heraus kommen, aus dem Wan-<lb/> del der Geſinnung bei Millionen Einzener,<lb/> die uns das Menſchenmaterial liefert, ohne<lb/> das die erſtrebte ſoziale Ordnung nicht<lb/> denkbar iſt. Das <hi rendition="#g">Beiſpiel</hi> dazu muß<lb/> von <hi rendition="#g">oben</hi> kommen — ebenſo wie das Bei-<lb/> ſpiel zum Schlechten, die Ausnutzung des<lb/> Krieges als Geſchäftskonjunktur, oben be-<lb/> gonnen hat. Hier liegen unbegrenzte Mög-<lb/> lichkeiten des ſofortigen Wirkens; ſie mö-<lb/> gen die tatenluſtigen Politiker entſchädigen<lb/> für die beſcheidenen Möglichkeiten, die<lb/> ihnen auf rein politiſchem Gebiete heute<lb/> gegeben ſind.</p><lb/> <byline> <hi rendition="#aq">Dr. <hi rendition="#g">Heinz Potthoff</hi>.</hi> </byline><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Außenpolitiſche Ausſprache in<lb/> der franzöſiſchen Kammer</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">* Paris,</hi> 12. Jan.</dateline><lb/> <p>Die Kammer ſetzte geſtern die<lb/> Erörterung der Interpellationen über die<lb/><hi rendition="#g">Außenpolitik</hi> fort. Der Führer der Radi-<lb/> kalen, <hi rendition="#g">Herriot,</hi> erklärte, ſelbſt diejenigen,<lb/> welche die Ruhrpolitik für notwendig erklärt hät-<lb/> ten, könnten ſie heute nicht mehr als befriedigend<lb/> anſehen. Frankreich und Deutſchland könnten ſich<lb/> jetzt über einen Lieferungsvertrag verſtändigen.<lb/> Wenn man eine Milliarde Gold aus dem Ruhr-<lb/> gebiet herausziehen wolle, ſo müſſe man die ge-<lb/> ſamten Beſatzungskoſten des linken Rheinufers<lb/> abziehen. Das Ruhrgebiet ſei allein nicht ge-<lb/> nügend produktiv, um die Reparationen ſicher zu<lb/> ſtellen.</p><lb/> <p>Die logiſche Folge ſei, daß die Alliierten eine<lb/> gemeinſame Front herſtellen müßten, um die Re-<lb/> parationsfrage zu löſen. Es ſei falſch, wenn man<lb/> in England glaube, Frankreich verfolge mit der<lb/> Beſetzung des Ruhrgebiets <hi rendition="#g">annexioniſtiſche<lb/> Abſichten</hi> und die Ruhrbeſetzung habe Arbeits-<lb/> loſenkriſis verſtärkt.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Mißverſtändniſſe</hi>, die im Augen-<lb/> blick Frankreich und England trennen, müßten<lb/> alsbald beſeitigt werden. Die Beziehungn Frank-<lb/> reichs zu <hi rendition="#g">Amerika</hi> müſſen beſſer werden.</p><lb/> <p>Herriot wendet ſich weiter <hi rendition="#g">gegen die Po-<lb/> litik der Separatiſten</hi> und der Requi-<lb/> ſitionen, bekämpfte den Plan Rechbergs und be-<lb/> ſprach die <hi rendition="#g">Währungsfrage</hi>. Jedesmal, wenn<lb/> irgend eine Verhandlung ſtattgefunden habe, habe<lb/> dieſe auch eine Wirkung auf die franzöſiſche Wäh-<lb/> rung ausgeübt.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Poincaré</hi> erklärte hierzu: Die Sachverſtän-<lb/> digen könnten in keiner Weiſe die <hi rendition="#g">Schuld<lb/> Deutſchlands</hi> herabſetzen; ſie hätten den<lb/> Verſailler Vertrag zu reſpektieren.</p><lb/> <p>Herriot ſpricht ſodann von dem Vorſchlag Col-<lb/> ſons, der die Emiſſion einer großen <hi rendition="#g">interna-<lb/> tionalen Anleihe</hi> vorgeſchlagen habe. Poin-<lb/> caré ſagt, Colſon ſetze aber die Herabſetzung der<lb/> deutſchen Schuld als Kompenſation für die inter-<lb/> alliierten Schulden voraus. Alle Bemühungen<lb/> nach dieſer Richtung ſeien jedoch zwecklos geweſen.</p><lb/> <p>Herriot ſpricht ſodann über die Arbeit der Sach-<lb/> verſtändigen bei Feſtſtellung der Hilfsquellen<lb/> Deutſchlands. Wenn der Sachverſtändigenausſchuß<lb/> von Frankreich einen Veweis der Mäßigung ver-<lb/> lange, dann müſſe Frankreich Ja ſagen, allerdings<lb/> nur unter der Bedingung, daß auch die anderen<lb/> Nationen die gleiche Mäßigung zeigten.</p><lb/> <p>Die Kammer <hi rendition="#g">vertagt</hi> die weitere Diskuſſion<lb/> auf kommenden Freitag.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Konferenz der Kleinen Entente</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Belgrad,</hi> 12. Jan.</dateline><lb/> <p>Der eigentliche Beginn der<lb/><hi rendition="#g">Konferenz der Kleinen Entente</hi><lb/> mußte um mehrere Stunden verſchoben werden,<lb/> da der Sonderzug, welchen die Regierung zur<lb/> Einholung des rumäniſchen Miniſters des<lb/> Aeußern, <hi rendition="#g">Duca</hi>, an die Grenze ſandte, auf der<lb/> Rückfahrt nach Belgrad eine mehrſtündige Ver-<lb/> ſpätung erlitt. Im ganzen Lande herrſchen ge-<lb/> waltige Schneeſtürme und die Strecken ſind ſtel-<lb/> lenweiſe gänzlich unpaſſierbar. Auch Telegraphen-<lb/> und Telephonleitungen ſind vielfach geſtört und<lb/> zum Teile unterbochen. Der tſchechoſlowakiſche Mi-<lb/> niſter des Aeußern, Dr. <hi rendition="#g">Beneſch</hi>, iſt programm-<lb/> mäßig eingetroffen und hatte mit dem Miniſter<lb/> des Aeußern Dr. <hi rendition="#g">Nintſchitſch</hi> eine zweiſtün-<lb/> dige Unterredung. Zur ſelben Zeit tagte die Kon-<lb/> ferenz der Archivfachleute der Staaten der Kleinen<lb/> Entente, welche im Sinne der Paragraphen 170<lb/> und 171 des Friedensvertrages von Neuilly die auf<lb/> die einzelnen Nationalſtaaten entfallenden Archiv-<lb/> teile beſtimmte. — Nachmittag überreichte der<lb/> tſchechoſlowakiſche Geſandte Dr. <hi rendition="#g">Seba</hi> der Kö-<lb/> nigin anläßlich ihres Geburtstages ein Collier,<lb/> das Geſchenk der tſchechoſlowakiſchen Republik, ein<lb/> Kunſtwerk tſchechiſcher Heimarbeit. Anläßlich der<lb/> Konferenz ſind in Belgrad etwa 40 Journaliſten<lb/> als Vertreter der Auslandspreſſe eingetroffen. Es<lb/> ſind darunter drei engliſche, ſieben ſchweizeriſche,<lb/> drei italieniſche, fünf franzöſiſche, vier amerika-<lb/> niſche, mehrere öſterreichiſche und zwei bulgariſche<lb/> Blätter vertreten.</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das endgültige griechiſche Kabinett</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">* Athen,</hi> 12. Jan.</dateline><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">Kabinett</hi> ſetzt ſich<lb/> endgiltig wie folgt zuſammen: <hi rendition="#g">Venizelos</hi>, der<lb/> kein Miniſterportefeuille erhält, übernimmt den<lb/> Vorſitz, Sofulis das Innere Ruſſos die auswär-<lb/> tigen Angelegenheiten, Kafandaris die Juſtiz,<lb/> Gondikas Krieg, Canavos Marine, Spyridis<lb/> Volkswirtchaft. Suderos Verkehr, Mylonas Land-<lb/> wirtſchaft, Michalacopulos Finanzen, Valalas<lb/> Unterricht. Die Miniſter werden heute den Eid<lb/> ablegen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die engliſche Thronrede</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 12. Jan</dateline><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">britiſche Kabinett</hi><lb/> hat geſtern die <hi rendition="#g">Thronrede</hi> fertiggeſtellt; um<lb/> ſo viel wie möglich die Verantwortung für die zu<lb/> erwartende Niederlage der Regierung auf As-<lb/> quith zu werfen, wird ſich die Thronrede haupt-<lb/> ſächlich mit Vorſchlägen befaſſen, bei denen die<lb/> Liberalen durch ihre bisherige Politik zur Unter-<lb/> ſtützung verpflichtet wären.</p><lb/> <p>Die Thronrede wird ſich ferner mit den Be-<lb/> ſchlüſſen aus dem Arbeitsprogramm der britiſchen<lb/> Reichskonferenz befaſſen, das jetzt dem Parlament<lb/> unterbreitet wird, und wird durch einen Hinweis<lb/> auf die Einſetzung der Kommiſſionen enthalten,<lb/> welche die deutſche Zahlungsfähigkeit unterſuchen<lb/> ſollen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Sanierung der Reichsbahn</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 12. Jan.</dateline><lb/> <p>Auf die in einigen Berliner<lb/> Morgenzeitungen verzeichnete Nachricht über die<lb/><hi rendition="#g">Sanierung der Reichsbahn</hi> wird von<lb/> zuſtändiger Seite mitgeteilt. Die Vorbereitungen<lb/> zur Umwandlung der Reichshahn in ein nach<lb/><hi rendition="#g">privatwirtſchaftlichen</hi> Grundſätzen ar-<lb/> beitendes Unternehmen ſeien im Gang. Voraus-<lb/> ſichtlich wird demnächſt Näheres mitgeteilt wer-<lb/> den können.</p><lb/> <p>Unabhängig davon aber ſei der Reichsverkehrs-<lb/> miniſter ſofort daran gegangen, die innere Wirt-<lb/> ſchaft des Unternehmens ſoweit möglich zu kon-<lb/> ſolidieren und der gegenwärtigen Finanzlage<lb/> anzupaſſen. Man könne ſchon heute den Erfolg<lb/> der Sparmaßnahmen überblicken. Die auf den<lb/><cb/> ordentlichen Haushalt entfallenden Betriebsaus-<lb/> gaben einſchließlich des Schuldendienſtes würden<lb/> ab 1. Januar durch den neuen Perſonen- und<lb/> Gütertarif vollkommen gedeckt.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Ermäßigung der Gütertarife</hi><lb/> um 8 Prozent erfolgte in der Hoffnung, daß der<lb/> hierin liegende Anreiz für die Belebung des<lb/> Güterverkehrs die Einnahmen im ganzen günſtig<lb/> beeinfluſſen werde.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Verſchärfung im Bergbau</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Köln,</hi> 12. Jan.</dateline><lb/> <p>Die Lage im Kölner Wirt-<lb/> ſchaftsbezirk hat ſich allgemein <hi rendition="#g">verſchärft</hi>.<lb/> Die beiden großen Gewerkſchaftsverbände, der<lb/> Chriſtliche und der Freie, ſind ſich einig über die<lb/> Ablehnung des Schiedsſpruchs für die <hi rendition="#g">rhei-<lb/> niſche Braunkohleninduſtrie,</hi> wo die<lb/> Zwölfſtundenſchicht und ein Lohnabzug von<lb/> 33 Prozent vorgeſehen ſind.</p><lb/> <p>Man rechnet mit einem <hi rendition="#g">großen Ausſtand</hi><lb/> im rheiniſchen Braunkohlenrevier. Auch in der<lb/> Metallinduſtrie und in der chemiſchen Induſtrie<lb/> hat ſich die Lage verſchärft.</p><lb/> <p>In <hi rendition="#g">Gelſenkirchen</hi> ſind die Verhand-<lb/> lungen der Metallarbeitergewerkſchaften vor<lb/> dem Schlichter des Schlichtungsbezirks über die<lb/> Lohnverhältniſſe und Arbeitszeit <hi rendition="#g">ergebnis-<lb/> los</hi> verlaufen und wurden verlagt.</p><lb/> <p>Die Ortsverwaltung Gelſenkirchen des Deut-<lb/> ſchen <hi rendition="#g">Metallarbeiterverbandes</hi> hat<lb/> ſich geſtern einſtimmig für den <hi rendition="#g">Metall-<lb/> arbeiterſtreik</hi> erklärt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Brückenſperre über den Rhein</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">* Heidelberg,</hi> 12. Jan.</dateline><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Brücken-<lb/> ſperre über den Rhein in die Pfalz</hi><lb/> iſt auf Befehl der Rheinlandskommiſſion ver-<lb/> hängt worden. Die Dauer der Sperre iſt nicht<lb/> bekannt. Der Fußgängerverkehr iſt, ausgenom-<lb/> men für Ausländer und Saarländer, voll-<lb/> kommen unterbunden.</p><lb/> <p>Dagegen verkehren die Perſonenzüge zwiſchen<lb/> Mannheim und Ludwigshafen. Die dadurch ge-<lb/> gebene Möglichkeit mit der Bahn in die Pfalz zu<lb/> gelangen, bringt es mit ſich, daß die Züge<lb/> zwiſchen Mannheim und Ludwigshafen außer-<lb/> ordentlich überfüllt ſind</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">LETZTE TELEGRAMME</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Antwort in Berlin eingetroffen</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">* Paris,</hi> 12. Jan.</dateline><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">franzöſiſche<lb/> Antwortnote</hi> iſt geſtern abend mit dem<lb/> Botſchafterkurier nach Berlin abgegangen.<lb/> Die Reiſe des Herrn von <hi rendition="#g">Hoeſch</hi> nach<lb/> Berlin wird ſich wegen einer leichten <hi rendition="#g">Er-<lb/> krankung</hi> etwas verzögern.</p><lb/> <p>Der Geſchäftsträger wird aber beſtimmt<lb/> am Montag in Berlin erwartet. Bei der<lb/> Zuſammenkunft am Quai d’Orſai ſind ihm<lb/> keinerlei ſchriftliche Aufzeichnungen über-<lb/> reicht worden.</p><lb/> <p>Gleichzeitig mit Herrn von Hoeſch wird<lb/> der deutſche Geſchäftsträger in Brüſſel<lb/> v. <hi rendition="#g">Ruedinger</hi> in Berlin eintreffen.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Reichsverkehrsminiſter in München.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">München.</hi> 12. Jan.</dateline><lb/> <p>Der Reichsverkehrs-<lb/> miniſter <hi rendition="#g">Oeſer</hi> hat geſtern in München<lb/> geweilt, um mit dem Miniſterpräſidenten<lb/> und den beteiligten Fachminiſtern über die<lb/> nächſte <hi rendition="#g">Zukunft der Reichsbahnen</hi><lb/> eine vorläufige Rückſprache zu nehmen.</p><lb/> <p>Definitive Ergebniſſe ſind bei der Beſpre-<lb/> chung ihrem Charakter entſprechend noch<lb/> nicht erzielt worden Der Reichsverkehrs-<lb/> miniſter iſt von München nach Stuttgart<lb/> weitergereiſt.</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die Ententekontrolle in Stuttgart.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Stuttgart,</hi> 12. Januar</dateline><lb/> <p>Bei einem <hi rendition="#g">Kon-<lb/> trollbeſuch,</hi> der heute in den Vormit-<lb/> tagsſtunden von den ausländiſchen Kontroll-<lb/> offizieren beim Wehrkreiskommando <hi rendition="#aq">V</hi> vor-<lb/> genommen wurde, kam es vor dem Gebäude<lb/> des Wehrkreiskommandos zu <hi rendition="#g">großen<lb/> Anſammlungen</hi>.</p><lb/> <p>Die Menge nahm beim Eintreffen der drei<lb/> Kontrollautos gegen die Kontrolloffiziere<lb/> eine drohende Haltung ein, wurde aber durch<lb/> die bereitgeſtellte Polizei im Zaum gehal-<lb/> ten. Bedauerlicherweiſe wurde bei dem An-<lb/> drängen der erregten Menge ein Kraftwagen<lb/> der Kontrollkommiſſion, während die In-<lb/> ſaſſen im Gebäude ſich aufhielten, leicht be-<lb/> ſchädigt.</p><lb/> <p>Die Kontrolloffiziere ſetzten nach durch-<lb/> geführter Kontrolle ihre Fahrt unter dem<lb/> Schutze eines ſtarken Polizeiaufgebotes fort.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Nachfolger Peterſens im Reichstag</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">* Hamburg,</hi> 12. Jan.</dateline><lb/> <p>Für den Fall, daß<lb/> Bürgermeiſter Dr. <hi rendition="#g">Peterſen</hi> ſein Reichs-<lb/> tagsmandat noch vor den Reichstagswahlen<lb/> niederlegen ſollte, was er kurz nach ſeiner Wahl<lb/> als notwendig bezeichnet hat, würde als ſein<lb/> Nachfolger Kaufmann Johannes <hi rendition="#g">Buell,</hi> Mit-<lb/> glied der Hamburger Bürgerſchaft, in die demo-<lb/> kratiſche Reichstagsfraktion eintreten.</p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Amerikaniſcher Radiobetrieb</hi> </head><lb/> <p>„Broadcaſting“ nennt der Engländer und<lb/> Amerikaner das, was wir in Deutſchland den<lb/> „Rundfunk“ nennen. Nur daß der deutſche<lb/> Rundfunk eine behördlich monopoliſierte Ange-<lb/> legenheit iſt, während in Amerika im Jahre<lb/> 1923 nicht weniger als 850 Firmen die Lizenz<lb/> beſeſſen haben, drahtlos Nachrichten in die Welt<lb/> zu ſenden.</p><lb/> <p>Wenn man daraus ſchließen wollte, daß<lb/> Broadcaſting ein gutes Geſchäft ſei, ſo würde<lb/> man ſich irren. Rund 400 von den konzeſſionier-<lb/> ten Firmen haben ſehr bald aufgehört, ihr<lb/> Recht auszuüben: die Koſten erwieſen ſich als<lb/> zu hoch, und die Einnahmen waren ſpärlich. Die<lb/> Amerikaner lieben es nämlich, beim Broad-<lb/> caſting zu „naſſauern“. Für das, was ihnen<lb/> durch den Aether übermittelt wird, etwas zu<lb/> zahlen, erſcheint ihnen eine unberechtigte Forde-<lb/> rung. Es iſt auch kaum möglich, heute da<lb/> Wandel zu ſchaffen. Bei dem außerordentlich<lb/> hohen Stand der Radio-Amateurtechnik wäre es<lb/> in Amerika ein vergeblicher Verſuch, die In-<lb/> haber von Empfängerſtationen zu regiſtrieren<lb/> und zu einer Art Radioſteuer heranzuziehen.<lb/> Zu viele Apparate werden von ihren Eigen-<lb/> tümern ſelbſt gebaut und gehen niemals durch<lb/> die Buchführung einer Fabrik.</p><lb/> <p>So ſind die amerikaniſchen Broadcaſtingfirmen<lb/> dazu übergegangen, ihre Einnahmen nicht von<lb/> denen zu verlangen, die Botſchaft zu empfangen,<lb/> ſondern von denen, die Botſchaft zu ſenden<lb/> wünſchen. Sie ſind auf dem beſten Wege dazu,<lb/> die Radiotelephonie zu einem neuen techniſchen<lb/> Hilfsmittel der <hi rendition="#g">Reklame</hi> zu machen. Sie<lb/> „verkaufen Luft“, b. h. mit Radiowellen erfüllte<lb/><cb/> Luft, an jeden Zahlenden. Die Taxe iſt ziem-<lb/> lich einheitlich: 100 Dollar für zehn Minuten,<lb/> 400 Dollar für die Stunde.</p><lb/> <p>Das fängt bei der Politik an und endigt bei<lb/> der Anzeige, daß die Kräuterpillen des Miſter<lb/> Smith die beſten der Welt ſind. Aber die Sache<lb/> hat doch ihre verſchiedenen Haken. Die Broad-<lb/> caſtingreklame muß Rückſicht nehmen auf ihr<lb/> Publikum. Den Anzeigenteil einer Zeitung<lb/> braucht niemand zu leſen, nicht einmal für Leit-<lb/> artikel beſteht ein Zwang dazu. Wer aber vor<lb/> ſeinem Empfänger ſitzt, muß geduldig und wehr-<lb/> los hinnehmer, was ihm aus dem Mikrophon<lb/> entgegenſchallt. Gewiß, er kann den Apparat<lb/> abſtellen, wenn ihm das Uebermittelte nicht zu-<lb/> ſagt, aber dann läuft er Gefahr, auch das nicht<lb/> zu hören, was ihm gefällt. Merkt er aber, daß<lb/> eine beſtimmte Geſellſchaft ihn dauernd mit Re-<lb/> klamen langweilt, dann wird er ihre Wellenlänge<lb/> überhaupt nicht mehr einſtellen, ſondern bei einer<lb/> anderen hören. Damit iſt aber wieder dem nicht<lb/> gedient, der ſeine hundert Dollar gezahlt hat,<lb/> um zehn Minuten lang das Ohr einiger hun-<lb/> derttauſend Amerikaner zu beſitzen.</p><lb/> <p>An die <hi rendition="#g">politiſche Propaganda</hi> durch<lb/> Rundfunk, die jetzt bei der Präſidentenwahl eine<lb/> bedeutende Rolle ſpielen wird, würde man ſich<lb/> kaum heranwagen, wenn nicht auf dieſem Ge-<lb/> biete bereits einige Erfahrungen vorlägen. Schon<lb/> ſeit einiger Zeit werden alle bedeutenden politi-<lb/> ſchen Reden amtlicher Perſönlichkeiten über das<lb/> ganze Gebiet der Union gefunkt. So hat man die<lb/> Antrittsrede des Präſidenten Coolidge in ganz<lb/> Amerika hören können. Aber auch die Führer<lb/> der großen Parteien verkünden ſeit einiger Zeit<lb/> ihre Grundſätze drahtlos. Das gilt aber nur für<lb/> die beiden großen Parteien: die Republikaner<lb/><cb/> und die Demokraten. Die Minderheiten haben<lb/> zu geringe Anhängerſchaft, und wenn ihre Red-<lb/> ner ſich des neuen Werbemittels bedienen wollen,<lb/> ſo hagelt es Einſprüche der Zuhörerſchaft (die<lb/> allerdings erſt nachher und nur ſchriftlich erfol-<lb/> gen können). Insbeſondere die radikalen Par-<lb/> teien, an erſter Stelle die Sozialiſten, ſind vom<lb/> Rundfunk ausgeſchloſſen. Wenigſtens war es bis-<lb/> her ſo. Theoretiſch ſind die Geſellſchaften be-<lb/> ſtrebt, politiſche Redner einer Zenſur zu unter-<lb/> werfen, und verlangen von den Rednern, daß ſie<lb/> das Manuſkript vorher einreichen. Das geſchieht<lb/> aber faſt nie, außerdem nützt das ſanfteſte Manu-<lb/> ſkript nichts, wenn das Temperament mit dem<lb/> Redner durchgeht. Uebrigens wird auch bereits<lb/> eine ſehr eifrige <hi rendition="#g">religiöſe</hi> Rundfunkpropa-<lb/> ganda betrieben. Als die erſten proteſtantiſchen<lb/> Radiogottesdienſte in den Empfängern von Ka-<lb/> tholiken gehört wurden, gab es eine Reihe von<lb/> Einſprüchen. Heute kann der Amerikaner am<lb/> Sonntagvormittag in ſeinem Zimmer nachein-<lb/> ander den Gottesdienſten ſo ziemlich ſämtlicher<lb/> größeren Sekten beiwohnen, die es im Lande gibt.</p><lb/> <p>Die größte Einnahmequelle für die Geſell-<lb/> ſchaften wird aber die in vollem Ausbau begrif-<lb/> fene Uebermittlung geſchäftlicher Anzeigen dar-<lb/> ſtellen. Es iſt ſozuſagen der <hi rendition="#g">Anzeigenteil<lb/> der Radiozeitung</hi>. Nur daß dieſer In-<lb/> ſeratenteil einer ganz beſonders geſchickten Re-<lb/> daktion bedarf. Die Geſchäftsempfehlung muß<lb/> ſtets in eine Form gekleidet werden, die dem<lb/> Hörer etwas für ihn Wiſſenswertes bietet. Man<lb/> nennt das das Syſtem der induſtriellen Anzeige.<lb/> So läßt eine große Zigarrenfabrik an fünf Ta-<lb/> gen der Woche Sportberichte funken, die mit den<lb/> Worten beginnen: „Wir geben jetzt die Sport-<lb/> berichte der X-Zigarrenfabrik“. Eine Konkurrenz-<lb/><cb/> firma funkt täglich das ſogenannte „Tabak-Kon-<lb/> zert“. Automobilfabriken laſſen kleine techniſche<lb/> Vorträge halten. Ein großes Neuyorker Spiel-<lb/> warengeſchäft erzählte in der Weihnachtswoche<lb/> den Kindern Radiomärchen.</p><lb/> <p>Große Zeitungen benutzen übrigens jetzt den<lb/> Rundfunk, um die Aktuallität ihrer Blätter zu<lb/> erhöhen. So gibt die Zeitung Star in Kanſas-<lb/> City jeden Morgen die neueſten Depeſchen für<lb/> diejenigen Bezieher in der Provinz, deren Aus-<lb/> gabe bereits um Mitternacht abgeſchloſſen werden<lb/> muß, um rechtzeitig in ihre Hände zu gelangen.</p><lb/> <p>Ob die Radioreklame dazu gelangen wird, den<lb/> Rundfunk ertragreich zu machen, kann heute mit<lb/> Beſtimmtheit noch nicht geſagt werden. Jeden-<lb/> falls bildet ſie die letzte Hoffnung, die man in<lb/> Amerika nach dieſer Richtung hin hegt. Die hier<lb/> gemachten Erfahrungen aber werden ſicherlich da-<lb/> zu beitragen, den Ausbau der jungen deutſchen<lb/> Radiotelephonie vor Fehlern zu bewahren.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die „Wagner-Opera-Co.“ verkracht</hi> </head><lb/> <p>Unter den Dirigenten Möricke und Hötzlin hat<lb/> dieſe „<hi rendition="#g">Deutſche Operngeſellſchaft</hi>“<lb/> Amerika bereiſt, um dort Wagner-Aufführungen<lb/> zu veranſtalten. Mit ihnen wollte man der Me-<lb/> tropolitan-Opera-Co. in Newyork Konkurrenz<lb/> machen. Dies iſt gründlich mißlungen. In der<lb/> letzten Zeit wurde das Fiasko durch eine „echt<lb/> amerikaniſche“ Senſation hinausgeſchoben. Die<lb/> ſchöne Mrs. Mac Cormik, Multimtllionärsgattin,<lb/> wirkte in Mozart-Opern mit. Doch auch das<lb/> konnte nicht retten. Mit einem Defizit von 80 000<lb/> Dollar hat nun die „Wagner-Opera-Co.“ geendet.<lb/> Das Rückreiſegeld für ihre Mitglieder wird nun<lb/> wohl durch Sammlung aufzubringen ſein.</p><lb/> <p>Wieder eine Warnung! Derartige Unterneh-<lb/> men können dem Anſehen deutſcher Kunſt im<lb/> Auslande nur ſchaden.</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Allgemeine Zeitung. Nr. 12 Sonntag, den 13. Januar 1924
Wählerſchaft entſpricht. Aber man ſoll ja
nicht meinen, daß bei Neuwahlen etwas
weſentlich anderes herauskäme. Die Flü-
gelparteien würden wohl eine Stärkung,
die Mitte eine Schwächung erfahren. Aber
iſt damit etwas anderes erreicht als eine
Verſchärfung der Gegenſätze, an
denen jetzt ſchon unſer Volk und unſer Reich
zu zerbrechen droht? Die Rechte würde nicht
ſo ſtark werden, daß ſie allein die Regie-
rung bilden könnte. Die Gefahr einer Ent-
feſſelung aller politiſchen Leidenſchaften in
dieſen Monaten der Kälte, des Hungers, der
Arbeitsloſigkeit iſt größer als der zu erhof-
fende Gewinn — wenn man aufs Ganze und
nicht auf Parteiintereſſen ſieht.
Manche gehen weiter und wollen den
Reichstag ganz beiſeite ſchieben. Aber Dik-
tatur ſetzt eine überragende Macht (und
eine ſtarke Perſönlichkeit) voraus. Wo iſt
ſie in Deutſchland? Ohne ſie aber führt der
Verſuch der Vergewaltigung eines Teiles
des Volkes durch den anderen unfehlbar
zum Bürgerkriege.
Auch der letzte Ausweg einer Erſetzung
des parteipolitiſchen Vertretungsſyſtems
durch ein berufsſtändiſches verſagt
heute. Von einer grundſätzlichen Entſchei-
dung der Frage nach dem Wirtſchaftsparla-
ment mag hier ganz abgeſehen werden.
Heute iſt keine geſchloſſene einheitliche
Macht vorhanden, die beſſer als ein Reichs-
tag die Volkskräfte zuſammenhalten könnte.
Die Gegenſätze zwiſchen Arbeitgebern
und Arbeitnehmern, zwiſchen Stadt und
Land, zwiſchen Fabrikanten, Händlern und
Verbrauchern ſind mindeſtens ſo ſtark wie
die zwiſchen den politiſchen Parteien (die
ſich ja vielfach mit den Wirtſchaftsgrupen
decken). Auch ein Wirtſchaftsparlament
würde kaum etwas anderes als eine Kom-
promißpolitik auſ mittlerer Li-
nie zuwege bringen.
Dieſe mittlere Linie, die im Grunde nie-
manden befriedigt, richtig zu erkennen und
der Geſamtheit ſchmackhaft zu machen, das
iſt die Hauptkunſt, die wir von unſeren Mi-
niſtern verlangen müſſen. Sie ſetzt voraus,
daß die Regierenden die Grenzen des Mög-
lichen ebenſo klar erkennen wie die des
Notwendigen; daß ſie von vornherein
darauf verzichten, dem Volke Hoffnungen
vorzuſpiegeln, die ſich nicht erfüllen können;
daß ſie den Mut zur Wahrheit haben,
auch wenn dieſe Wahrheit recht bitter iſt.
Die Erneuerung Deutſchlands muß ganz
von innen heraus kommen, aus dem Wan-
del der Geſinnung bei Millionen Einzener,
die uns das Menſchenmaterial liefert, ohne
das die erſtrebte ſoziale Ordnung nicht
denkbar iſt. Das Beiſpiel dazu muß
von oben kommen — ebenſo wie das Bei-
ſpiel zum Schlechten, die Ausnutzung des
Krieges als Geſchäftskonjunktur, oben be-
gonnen hat. Hier liegen unbegrenzte Mög-
lichkeiten des ſofortigen Wirkens; ſie mö-
gen die tatenluſtigen Politiker entſchädigen
für die beſcheidenen Möglichkeiten, die
ihnen auf rein politiſchem Gebiete heute
gegeben ſind.
Dr. Heinz Potthoff.
Außenpolitiſche Ausſprache in
der franzöſiſchen Kammer
* Paris, 12. Jan.
Die Kammer ſetzte geſtern die
Erörterung der Interpellationen über die
Außenpolitik fort. Der Führer der Radi-
kalen, Herriot, erklärte, ſelbſt diejenigen,
welche die Ruhrpolitik für notwendig erklärt hät-
ten, könnten ſie heute nicht mehr als befriedigend
anſehen. Frankreich und Deutſchland könnten ſich
jetzt über einen Lieferungsvertrag verſtändigen.
Wenn man eine Milliarde Gold aus dem Ruhr-
gebiet herausziehen wolle, ſo müſſe man die ge-
ſamten Beſatzungskoſten des linken Rheinufers
abziehen. Das Ruhrgebiet ſei allein nicht ge-
nügend produktiv, um die Reparationen ſicher zu
ſtellen.
Die logiſche Folge ſei, daß die Alliierten eine
gemeinſame Front herſtellen müßten, um die Re-
parationsfrage zu löſen. Es ſei falſch, wenn man
in England glaube, Frankreich verfolge mit der
Beſetzung des Ruhrgebiets annexioniſtiſche
Abſichten und die Ruhrbeſetzung habe Arbeits-
loſenkriſis verſtärkt.
Die Mißverſtändniſſe, die im Augen-
blick Frankreich und England trennen, müßten
alsbald beſeitigt werden. Die Beziehungn Frank-
reichs zu Amerika müſſen beſſer werden.
Herriot wendet ſich weiter gegen die Po-
litik der Separatiſten und der Requi-
ſitionen, bekämpfte den Plan Rechbergs und be-
ſprach die Währungsfrage. Jedesmal, wenn
irgend eine Verhandlung ſtattgefunden habe, habe
dieſe auch eine Wirkung auf die franzöſiſche Wäh-
rung ausgeübt.
Poincaré erklärte hierzu: Die Sachverſtän-
digen könnten in keiner Weiſe die Schuld
Deutſchlands herabſetzen; ſie hätten den
Verſailler Vertrag zu reſpektieren.
Herriot ſpricht ſodann von dem Vorſchlag Col-
ſons, der die Emiſſion einer großen interna-
tionalen Anleihe vorgeſchlagen habe. Poin-
caré ſagt, Colſon ſetze aber die Herabſetzung der
deutſchen Schuld als Kompenſation für die inter-
alliierten Schulden voraus. Alle Bemühungen
nach dieſer Richtung ſeien jedoch zwecklos geweſen.
Herriot ſpricht ſodann über die Arbeit der Sach-
verſtändigen bei Feſtſtellung der Hilfsquellen
Deutſchlands. Wenn der Sachverſtändigenausſchuß
von Frankreich einen Veweis der Mäßigung ver-
lange, dann müſſe Frankreich Ja ſagen, allerdings
nur unter der Bedingung, daß auch die anderen
Nationen die gleiche Mäßigung zeigten.
Die Kammer vertagt die weitere Diskuſſion
auf kommenden Freitag.
Die Konferenz der Kleinen Entente
Belgrad, 12. Jan.
Der eigentliche Beginn der
Konferenz der Kleinen Entente
mußte um mehrere Stunden verſchoben werden,
da der Sonderzug, welchen die Regierung zur
Einholung des rumäniſchen Miniſters des
Aeußern, Duca, an die Grenze ſandte, auf der
Rückfahrt nach Belgrad eine mehrſtündige Ver-
ſpätung erlitt. Im ganzen Lande herrſchen ge-
waltige Schneeſtürme und die Strecken ſind ſtel-
lenweiſe gänzlich unpaſſierbar. Auch Telegraphen-
und Telephonleitungen ſind vielfach geſtört und
zum Teile unterbochen. Der tſchechoſlowakiſche Mi-
niſter des Aeußern, Dr. Beneſch, iſt programm-
mäßig eingetroffen und hatte mit dem Miniſter
des Aeußern Dr. Nintſchitſch eine zweiſtün-
dige Unterredung. Zur ſelben Zeit tagte die Kon-
ferenz der Archivfachleute der Staaten der Kleinen
Entente, welche im Sinne der Paragraphen 170
und 171 des Friedensvertrages von Neuilly die auf
die einzelnen Nationalſtaaten entfallenden Archiv-
teile beſtimmte. — Nachmittag überreichte der
tſchechoſlowakiſche Geſandte Dr. Seba der Kö-
nigin anläßlich ihres Geburtstages ein Collier,
das Geſchenk der tſchechoſlowakiſchen Republik, ein
Kunſtwerk tſchechiſcher Heimarbeit. Anläßlich der
Konferenz ſind in Belgrad etwa 40 Journaliſten
als Vertreter der Auslandspreſſe eingetroffen. Es
ſind darunter drei engliſche, ſieben ſchweizeriſche,
drei italieniſche, fünf franzöſiſche, vier amerika-
niſche, mehrere öſterreichiſche und zwei bulgariſche
Blätter vertreten.
Das endgültige griechiſche Kabinett
* Athen, 12. Jan.
Das Kabinett ſetzt ſich
endgiltig wie folgt zuſammen: Venizelos, der
kein Miniſterportefeuille erhält, übernimmt den
Vorſitz, Sofulis das Innere Ruſſos die auswär-
tigen Angelegenheiten, Kafandaris die Juſtiz,
Gondikas Krieg, Canavos Marine, Spyridis
Volkswirtchaft. Suderos Verkehr, Mylonas Land-
wirtſchaft, Michalacopulos Finanzen, Valalas
Unterricht. Die Miniſter werden heute den Eid
ablegen.
Die engliſche Thronrede
London, 12. Jan
Das britiſche Kabinett
hat geſtern die Thronrede fertiggeſtellt; um
ſo viel wie möglich die Verantwortung für die zu
erwartende Niederlage der Regierung auf As-
quith zu werfen, wird ſich die Thronrede haupt-
ſächlich mit Vorſchlägen befaſſen, bei denen die
Liberalen durch ihre bisherige Politik zur Unter-
ſtützung verpflichtet wären.
Die Thronrede wird ſich ferner mit den Be-
ſchlüſſen aus dem Arbeitsprogramm der britiſchen
Reichskonferenz befaſſen, das jetzt dem Parlament
unterbreitet wird, und wird durch einen Hinweis
auf die Einſetzung der Kommiſſionen enthalten,
welche die deutſche Zahlungsfähigkeit unterſuchen
ſollen.
Die Sanierung der Reichsbahn
Berlin, 12. Jan.
Auf die in einigen Berliner
Morgenzeitungen verzeichnete Nachricht über die
Sanierung der Reichsbahn wird von
zuſtändiger Seite mitgeteilt. Die Vorbereitungen
zur Umwandlung der Reichshahn in ein nach
privatwirtſchaftlichen Grundſätzen ar-
beitendes Unternehmen ſeien im Gang. Voraus-
ſichtlich wird demnächſt Näheres mitgeteilt wer-
den können.
Unabhängig davon aber ſei der Reichsverkehrs-
miniſter ſofort daran gegangen, die innere Wirt-
ſchaft des Unternehmens ſoweit möglich zu kon-
ſolidieren und der gegenwärtigen Finanzlage
anzupaſſen. Man könne ſchon heute den Erfolg
der Sparmaßnahmen überblicken. Die auf den
ordentlichen Haushalt entfallenden Betriebsaus-
gaben einſchließlich des Schuldendienſtes würden
ab 1. Januar durch den neuen Perſonen- und
Gütertarif vollkommen gedeckt.
Die Ermäßigung der Gütertarife
um 8 Prozent erfolgte in der Hoffnung, daß der
hierin liegende Anreiz für die Belebung des
Güterverkehrs die Einnahmen im ganzen günſtig
beeinfluſſen werde.
Verſchärfung im Bergbau
Köln, 12. Jan.
Die Lage im Kölner Wirt-
ſchaftsbezirk hat ſich allgemein verſchärft.
Die beiden großen Gewerkſchaftsverbände, der
Chriſtliche und der Freie, ſind ſich einig über die
Ablehnung des Schiedsſpruchs für die rhei-
niſche Braunkohleninduſtrie, wo die
Zwölfſtundenſchicht und ein Lohnabzug von
33 Prozent vorgeſehen ſind.
Man rechnet mit einem großen Ausſtand
im rheiniſchen Braunkohlenrevier. Auch in der
Metallinduſtrie und in der chemiſchen Induſtrie
hat ſich die Lage verſchärft.
In Gelſenkirchen ſind die Verhand-
lungen der Metallarbeitergewerkſchaften vor
dem Schlichter des Schlichtungsbezirks über die
Lohnverhältniſſe und Arbeitszeit ergebnis-
los verlaufen und wurden verlagt.
Die Ortsverwaltung Gelſenkirchen des Deut-
ſchen Metallarbeiterverbandes hat
ſich geſtern einſtimmig für den Metall-
arbeiterſtreik erklärt.
Brückenſperre über den Rhein
* Heidelberg, 12. Jan.
Die Brücken-
ſperre über den Rhein in die Pfalz
iſt auf Befehl der Rheinlandskommiſſion ver-
hängt worden. Die Dauer der Sperre iſt nicht
bekannt. Der Fußgängerverkehr iſt, ausgenom-
men für Ausländer und Saarländer, voll-
kommen unterbunden.
Dagegen verkehren die Perſonenzüge zwiſchen
Mannheim und Ludwigshafen. Die dadurch ge-
gebene Möglichkeit mit der Bahn in die Pfalz zu
gelangen, bringt es mit ſich, daß die Züge
zwiſchen Mannheim und Ludwigshafen außer-
ordentlich überfüllt ſind
LETZTE TELEGRAMME
Die Antwort in Berlin eingetroffen
* Paris, 12. Jan.
Die franzöſiſche
Antwortnote iſt geſtern abend mit dem
Botſchafterkurier nach Berlin abgegangen.
Die Reiſe des Herrn von Hoeſch nach
Berlin wird ſich wegen einer leichten Er-
krankung etwas verzögern.
Der Geſchäftsträger wird aber beſtimmt
am Montag in Berlin erwartet. Bei der
Zuſammenkunft am Quai d’Orſai ſind ihm
keinerlei ſchriftliche Aufzeichnungen über-
reicht worden.
Gleichzeitig mit Herrn von Hoeſch wird
der deutſche Geſchäftsträger in Brüſſel
v. Ruedinger in Berlin eintreffen.
Der Reichsverkehrsminiſter in München.
München. 12. Jan.
Der Reichsverkehrs-
miniſter Oeſer hat geſtern in München
geweilt, um mit dem Miniſterpräſidenten
und den beteiligten Fachminiſtern über die
nächſte Zukunft der Reichsbahnen
eine vorläufige Rückſprache zu nehmen.
Definitive Ergebniſſe ſind bei der Beſpre-
chung ihrem Charakter entſprechend noch
nicht erzielt worden Der Reichsverkehrs-
miniſter iſt von München nach Stuttgart
weitergereiſt.
Die Ententekontrolle in Stuttgart.
Stuttgart, 12. Januar
Bei einem Kon-
trollbeſuch, der heute in den Vormit-
tagsſtunden von den ausländiſchen Kontroll-
offizieren beim Wehrkreiskommando V vor-
genommen wurde, kam es vor dem Gebäude
des Wehrkreiskommandos zu großen
Anſammlungen.
Die Menge nahm beim Eintreffen der drei
Kontrollautos gegen die Kontrolloffiziere
eine drohende Haltung ein, wurde aber durch
die bereitgeſtellte Polizei im Zaum gehal-
ten. Bedauerlicherweiſe wurde bei dem An-
drängen der erregten Menge ein Kraftwagen
der Kontrollkommiſſion, während die In-
ſaſſen im Gebäude ſich aufhielten, leicht be-
ſchädigt.
Die Kontrolloffiziere ſetzten nach durch-
geführter Kontrolle ihre Fahrt unter dem
Schutze eines ſtarken Polizeiaufgebotes fort.
Der Nachfolger Peterſens im Reichstag
* Hamburg, 12. Jan.
Für den Fall, daß
Bürgermeiſter Dr. Peterſen ſein Reichs-
tagsmandat noch vor den Reichstagswahlen
niederlegen ſollte, was er kurz nach ſeiner Wahl
als notwendig bezeichnet hat, würde als ſein
Nachfolger Kaufmann Johannes Buell, Mit-
glied der Hamburger Bürgerſchaft, in die demo-
kratiſche Reichstagsfraktion eintreten.
Amerikaniſcher Radiobetrieb
„Broadcaſting“ nennt der Engländer und
Amerikaner das, was wir in Deutſchland den
„Rundfunk“ nennen. Nur daß der deutſche
Rundfunk eine behördlich monopoliſierte Ange-
legenheit iſt, während in Amerika im Jahre
1923 nicht weniger als 850 Firmen die Lizenz
beſeſſen haben, drahtlos Nachrichten in die Welt
zu ſenden.
Wenn man daraus ſchließen wollte, daß
Broadcaſting ein gutes Geſchäft ſei, ſo würde
man ſich irren. Rund 400 von den konzeſſionier-
ten Firmen haben ſehr bald aufgehört, ihr
Recht auszuüben: die Koſten erwieſen ſich als
zu hoch, und die Einnahmen waren ſpärlich. Die
Amerikaner lieben es nämlich, beim Broad-
caſting zu „naſſauern“. Für das, was ihnen
durch den Aether übermittelt wird, etwas zu
zahlen, erſcheint ihnen eine unberechtigte Forde-
rung. Es iſt auch kaum möglich, heute da
Wandel zu ſchaffen. Bei dem außerordentlich
hohen Stand der Radio-Amateurtechnik wäre es
in Amerika ein vergeblicher Verſuch, die In-
haber von Empfängerſtationen zu regiſtrieren
und zu einer Art Radioſteuer heranzuziehen.
Zu viele Apparate werden von ihren Eigen-
tümern ſelbſt gebaut und gehen niemals durch
die Buchführung einer Fabrik.
So ſind die amerikaniſchen Broadcaſtingfirmen
dazu übergegangen, ihre Einnahmen nicht von
denen zu verlangen, die Botſchaft zu empfangen,
ſondern von denen, die Botſchaft zu ſenden
wünſchen. Sie ſind auf dem beſten Wege dazu,
die Radiotelephonie zu einem neuen techniſchen
Hilfsmittel der Reklame zu machen. Sie
„verkaufen Luft“, b. h. mit Radiowellen erfüllte
Luft, an jeden Zahlenden. Die Taxe iſt ziem-
lich einheitlich: 100 Dollar für zehn Minuten,
400 Dollar für die Stunde.
Das fängt bei der Politik an und endigt bei
der Anzeige, daß die Kräuterpillen des Miſter
Smith die beſten der Welt ſind. Aber die Sache
hat doch ihre verſchiedenen Haken. Die Broad-
caſtingreklame muß Rückſicht nehmen auf ihr
Publikum. Den Anzeigenteil einer Zeitung
braucht niemand zu leſen, nicht einmal für Leit-
artikel beſteht ein Zwang dazu. Wer aber vor
ſeinem Empfänger ſitzt, muß geduldig und wehr-
los hinnehmer, was ihm aus dem Mikrophon
entgegenſchallt. Gewiß, er kann den Apparat
abſtellen, wenn ihm das Uebermittelte nicht zu-
ſagt, aber dann läuft er Gefahr, auch das nicht
zu hören, was ihm gefällt. Merkt er aber, daß
eine beſtimmte Geſellſchaft ihn dauernd mit Re-
klamen langweilt, dann wird er ihre Wellenlänge
überhaupt nicht mehr einſtellen, ſondern bei einer
anderen hören. Damit iſt aber wieder dem nicht
gedient, der ſeine hundert Dollar gezahlt hat,
um zehn Minuten lang das Ohr einiger hun-
derttauſend Amerikaner zu beſitzen.
An die politiſche Propaganda durch
Rundfunk, die jetzt bei der Präſidentenwahl eine
bedeutende Rolle ſpielen wird, würde man ſich
kaum heranwagen, wenn nicht auf dieſem Ge-
biete bereits einige Erfahrungen vorlägen. Schon
ſeit einiger Zeit werden alle bedeutenden politi-
ſchen Reden amtlicher Perſönlichkeiten über das
ganze Gebiet der Union gefunkt. So hat man die
Antrittsrede des Präſidenten Coolidge in ganz
Amerika hören können. Aber auch die Führer
der großen Parteien verkünden ſeit einiger Zeit
ihre Grundſätze drahtlos. Das gilt aber nur für
die beiden großen Parteien: die Republikaner
und die Demokraten. Die Minderheiten haben
zu geringe Anhängerſchaft, und wenn ihre Red-
ner ſich des neuen Werbemittels bedienen wollen,
ſo hagelt es Einſprüche der Zuhörerſchaft (die
allerdings erſt nachher und nur ſchriftlich erfol-
gen können). Insbeſondere die radikalen Par-
teien, an erſter Stelle die Sozialiſten, ſind vom
Rundfunk ausgeſchloſſen. Wenigſtens war es bis-
her ſo. Theoretiſch ſind die Geſellſchaften be-
ſtrebt, politiſche Redner einer Zenſur zu unter-
werfen, und verlangen von den Rednern, daß ſie
das Manuſkript vorher einreichen. Das geſchieht
aber faſt nie, außerdem nützt das ſanfteſte Manu-
ſkript nichts, wenn das Temperament mit dem
Redner durchgeht. Uebrigens wird auch bereits
eine ſehr eifrige religiöſe Rundfunkpropa-
ganda betrieben. Als die erſten proteſtantiſchen
Radiogottesdienſte in den Empfängern von Ka-
tholiken gehört wurden, gab es eine Reihe von
Einſprüchen. Heute kann der Amerikaner am
Sonntagvormittag in ſeinem Zimmer nachein-
ander den Gottesdienſten ſo ziemlich ſämtlicher
größeren Sekten beiwohnen, die es im Lande gibt.
Die größte Einnahmequelle für die Geſell-
ſchaften wird aber die in vollem Ausbau begrif-
fene Uebermittlung geſchäftlicher Anzeigen dar-
ſtellen. Es iſt ſozuſagen der Anzeigenteil
der Radiozeitung. Nur daß dieſer In-
ſeratenteil einer ganz beſonders geſchickten Re-
daktion bedarf. Die Geſchäftsempfehlung muß
ſtets in eine Form gekleidet werden, die dem
Hörer etwas für ihn Wiſſenswertes bietet. Man
nennt das das Syſtem der induſtriellen Anzeige.
So läßt eine große Zigarrenfabrik an fünf Ta-
gen der Woche Sportberichte funken, die mit den
Worten beginnen: „Wir geben jetzt die Sport-
berichte der X-Zigarrenfabrik“. Eine Konkurrenz-
firma funkt täglich das ſogenannte „Tabak-Kon-
zert“. Automobilfabriken laſſen kleine techniſche
Vorträge halten. Ein großes Neuyorker Spiel-
warengeſchäft erzählte in der Weihnachtswoche
den Kindern Radiomärchen.
Große Zeitungen benutzen übrigens jetzt den
Rundfunk, um die Aktuallität ihrer Blätter zu
erhöhen. So gibt die Zeitung Star in Kanſas-
City jeden Morgen die neueſten Depeſchen für
diejenigen Bezieher in der Provinz, deren Aus-
gabe bereits um Mitternacht abgeſchloſſen werden
muß, um rechtzeitig in ihre Hände zu gelangen.
Ob die Radioreklame dazu gelangen wird, den
Rundfunk ertragreich zu machen, kann heute mit
Beſtimmtheit noch nicht geſagt werden. Jeden-
falls bildet ſie die letzte Hoffnung, die man in
Amerika nach dieſer Richtung hin hegt. Die hier
gemachten Erfahrungen aber werden ſicherlich da-
zu beitragen, den Ausbau der jungen deutſchen
Radiotelephonie vor Fehlern zu bewahren.
Die „Wagner-Opera-Co.“ verkracht
Unter den Dirigenten Möricke und Hötzlin hat
dieſe „Deutſche Operngeſellſchaft“
Amerika bereiſt, um dort Wagner-Aufführungen
zu veranſtalten. Mit ihnen wollte man der Me-
tropolitan-Opera-Co. in Newyork Konkurrenz
machen. Dies iſt gründlich mißlungen. In der
letzten Zeit wurde das Fiasko durch eine „echt
amerikaniſche“ Senſation hinausgeſchoben. Die
ſchöne Mrs. Mac Cormik, Multimtllionärsgattin,
wirkte in Mozart-Opern mit. Doch auch das
konnte nicht retten. Mit einem Defizit von 80 000
Dollar hat nun die „Wagner-Opera-Co.“ geendet.
Das Rückreiſegeld für ihre Mitglieder wird nun
wohl durch Sammlung aufzubringen ſein.
Wieder eine Warnung! Derartige Unterneh-
men können dem Anſehen deutſcher Kunſt im
Auslande nur ſchaden.
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