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Allgemeine Zeitung, Nr. 12, 15. Januar 1929.

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Dienstag. den 15. Januar "AZ am Abend" Nr. 12
[Spaltenumbruch]
Immer neue Gaskatastrophen
Schwere Kanalexplosion
in Gelsenkirchen

Kanaldeckel in die Luft geflogen * 40 Meter hohe Stichflammen

[Spaltenumbruch]

Gestern früh gegen 8 Uhr erfolgten im
südlichen Stadtteil Ueckendorf zwischen
dom Bahnhof Gelsenkirchen-Wat-
tenscheid
bis hinauf zur Stadt Watten-
scheid kurz hintereinander
drei heftige Explosionen,
durch die die B[verlorenes Material - Zeichen fehlt] [Schreck-]
ken versetzt wurden. Wie sich herausstellte,
hatte sich in dem Hause Ueckendorferstr. 257
ein dort wohnender Stellwerksmeister in die
im Keller gelegene Waschküche begaben und
den Waschafen angeründet. Das Feuer
brannte bereits längere Zeit, als der Mann
zu seinem Schrecken plötzlich
eine blaue Flamme wahrnahm die sich
über den ganzen Boden der Waschküche
ausbreitete.

Kaum hatte er sich in Sicherheit gebracht,
als eine heftige Erplosion erfolgte, der bald
darauf zwei weitere folgten. Das Feuer
hatte sich durch das Abflußrohr in den kanal
fortgesetzt und dort hatten die Explesionen
stattgefunden. Mit gewaltigem Krachen
sprangen sämtliche Kellertüren auf und die
Fenster gingen in Trümmer.

Auf der ganzen Ueckendorfer Straße
flogen die gußeisernen schweren Kanal-
deckel haushoch in die Luft und aus
den freigewordenen Kanalöffnungen
schlugen gleichzeitig etwa 40 Meter
hohe Stichflammen empor.

Von dem gewaltigen Luftdruck zersprangen
sämtliche Fensterscheiben der angrenzenden
Häuser. Die städtische Feuerwehr und die
Polizei waren bald an der Unglücksstätte
und nahmen die Untersuchung auf.

Man vermutet, daß die Explosionen auf
die
Benzolabwässer der Zeche Holland
in Gelsenkirchen, die in die Kanalisation
abgeleitet werden, zurückzuführen sind. Da
die Straße in den frühen Morgenstunden
noch wenig belebt war, sind wie durch ein
Wunder keine Menschen zu Schaden ge-
kommen.



[irrelevantes Material]


Ein neues System
zum Herablassen von Rettungsbooten

[Abbildung]

wird zurzeit auf amerikanischen Ozeandampsern
erprobt. An Stelle der bisherigen Davits sind be-
wegliche, auf Rollen laufende Arme getreten, die
sich jeder Lage des Schiffes anpassen und die Boote
stets wagetecht zu Wasser bringen. Die neue Er-
findung, zu der die zahlreichen Schiffsunfälle der
letzten Zeit den Anstoß gaben, wird die Sicherheit
der Seereisen ohne Zweifel bedeutend erhöhen.

[Spaltenumbruch]
Haus in die Luft geflogen
Explosionsunglück in der Altmark

Heute früh gegen 4 Uhr ereignete sich in
dem benachbarten Reukirchen ein schweres
Explosionsunglück. Als der Gastwirt Erd-
mann
mit einer brennenden Zigarette
einen Raum im Rebengebäude seiner Wirt-
schaft, in dem Azetylen lagerte, betrat, er-
folgte plötzlich eine heftige Explosion. Das
Gebäude wurde völlig zerstört, der Gastwirt
selbst getötet.



Flugzeugkatastrophe in Amerika
[Abbildung]

Bei Middletown (Pennsylvanien) ist ein Armeegroßflugzeug des hier *gezeigten Typs mit
zehn Insassen abgestürzt, von denen fünf getötet und drei verletzt wurden.



Gewinnreiche Versicherungsgeschäfte
Regierungsräte und Versicherungsdirektor
der Bestechung beschuldigt

Schwere Verfehlungen beim Reichsentschädigungsamt

[Spaltenumbruch]

Das Reichsentschädigungsamt steht augen-
blicklich im Mittelpunkt einer staatsanwalt-
schaftlichen Untersuchung. Zwei Regierungs-
räten des Amtes ist, wie die "Vossische
Zeitung" meldet, von Geschädigten der Vor-
wurf der Bestechung gemacht worden. Den
zwei Beamten des Entschädigungsamtes,
von denen der eine nur aushilfsweise be-
schäftigt war, wird vorgeworfen, daß sie
Namen der Geschädigten, die dringend Geld
nötig haben,
ihres Vorleiles willen an eine Versiche-
rungsgesellschaft milgeteilt

haben, die dann die Realisierung der An-
teilscheine vorgenommen habe. Dem einen
Beamten soll später von der Versicherungs-
gesellschaft eine Einstellung in ihren Be-
trieb versprochen worden sein. Auf Grund
des Adressenmaterials, das die Versiche-
rungsgesellschaft von den Beamten hatte,
hat sie sich an die Geschädigten mit den
Vorschlägen über Geldauszahlung gewandt.

Als die Geschädigten beim Entschädigungs-
amt darüber Beschwerde erhoben, wodurch
ihre Namen bekannt geworden seien, leitete
die Kriminalpolizei eine Untersuchung ein.
Beide Beamte sind bereits nicht mehr im
Entschädigungsamt tätig.

[Spaltenumbruch]

Wie die gleiche Zeitung weiter mitteilt,
ist gegen die beiden beteiligten Regierungs-
räte und den Direktor der Versicherungs-
anstalt nunmehr die
Untersuchung wegen aktiver und passiver
Bestechung, Verrat von Amtsgeheim-
nissen und Untrene

bei der Staatsanwaltschaft eingeleitet wor-
den. Nach dem Ergebnis der bisherigen
Ermitelungen erhielten die beiden Beamten
für jede Adresse von Geschädigten mit vom
Reich anerkannten Entschädigungsforderun-
gen von der Versicherungsgesellschaft eine
Provision.
Außerdem wurde ihnen von der Versiche-
rungsgesellschaft für den Fall des Ausschei-
dens aus dem Reichsentschädigungsamt eine
Anstellung zugesichert.
Die Versicherungsgesellschaft trat sodann an
die Geschädigten heran und bot ihnen für
ihre Forderungen an das Reich die Hälfte
des wirklichen Wertes, der sofort in bar
zur Auszahlung gebracht werden sollte.
Einige Geschädigte, die sich in großer Not
befanden, haben tatsächlich dieses außer-
ordentlich verlustreiche "Geschäft" abgeschlos-
sen, das der Versicherungsgesellschaft in
wenigen Jahren einen absolut sicheren Ge-
winn von 100 Prozent einbringen mußte.



[irrelevantes Material]
[Spaltenumbruch]
Der Heiratsmarkt in der Philharmonie
Herr Gaberl hat auch an Frauen
ähnliche Briefe geschrieben

500 Mark Schmerzensgeld deponiert

[Spaltenumbruch]

Die Untersuchung gegen den Gatten der
Wiener Dirigentin Lisa Mayer, Gaberl,
wird weitergeführt, da sich inzwischen beim
Polizeiamt Kreuzberg mehrere Konzert-
besucherinnen gemeldet haben, die gleich-
falls auf Grund einer ähnlich formulierten
Heiratsannonce ihren Zukünftigen bei dem
Konzert in der Philharmonie in Augenschein
nehmen wollten. Gaberl wird heute über
die Anzeige der Heiratskandidatinnen ver-
hört werden.

Für die Entschädigung der "Rosen-
kavaliere" und ihrer Leidensgenossin-
nen sind inzwischen 500 Mark depo-
niert worden.

[Spaltenumbruch]

Frau Mayer behauptet nach wie vor,
daß sie von dem Streich ihres Mannes
nichts gewußt habe. Während sie zunächst
an eine Scheidung von ihrem Manne ge-
dacht habe, beurteile sie heute die Ange-
legenheit milder, denn ihr Mann sei nur
auf diese "verrückte Idee" gekommen, um
ihr ein volles Haus zu sichern und ihre Be-
sorgnis auf diesem Gebiete zu zerstreuen.
Die ganze Angelegenheit sei auch nur durch
das Versehen entstanden, daß ein Stoß der
Antwortschreiben
ohne Freikarten abgegangen
sei, während die übrigen Briefe mit beilie-
gendem Freibillett versandt worden seien.



Die "AZ" steht wie kaum eine
andere Zeitung Münchens in le-
bendiger Verbindung mit der
politischen Tatsachenweit.


Gasleitungsbrand
in Wien

Ein Arbeiter getötet


Im Bezirk Ottakring entstand gestern nach-
mittag ein Gasrohrbrand, durch den die
Fernkabelleitungen, besonders die nach
Westen führenden, in Mitleidenschaft ge-
zogen wurden.

Es wird weiter gemeldet, daß sich die
Explosion in einem Gasraum unterhalb der
Flötzersteigbrücke ereignete. Beim Suchen
nach den Ursachen einer Gasausströmung
dürfte ein Arbeiter durch einen Hieb auf
einen Stein eines Brückenpfeilers, wodurch
ein Funken entstand, den explosiven Brand
verursacht haben. Der schwerverletzte Ar-
beiter ist seinen Verletzungen erlegen. Der
Straßenverkehr mußte infolge des Brandes
umgeleitet werden.



[irrelevantes Material]
Die amerikanische Armee in Blau
[Abbildung]

Die Khakiunisorm der amerikanischen Armee
(links) wird durch eine blaue Friedensunisorm
(rechts) ersetzt. Bemerkeuswert ist, daß Amerika
hiermit den geschlossenen Uniformkragen ein-
führt, der in den meisten Armeen durch den
offenen Kragen mit Wäschekragen und Schlips
abgelöst wurde.

Dienstag. den 15. Januar „AZ am Abend“ Nr. 12
[Spaltenumbruch]
Immer neue Gaskatastrophen
Schwere Kanalexploſion
in Gelſenkirchen

Kanaldeckel in die Luft geflogen * 40 Meter hohe Stichflammen

[Spaltenumbruch]

Geſtern früh gegen 8 Uhr erfolgten im
ſüdlichen Stadtteil Ueckendorf zwiſchen
dom Bahnhof Gelſenkirchen-Wat-
tenſcheid
bis hinauf zur Stadt Watten-
ſcheid kurz hintereinander
drei heftige Exploſionen,
durch die die B[verlorenes Material – Zeichen fehlt] [Schreck-]
ken verſetzt wurden. Wie ſich herausſtellte,
hatte ſich in dem Hauſe Ueckendorferſtr. 257
ein dort wohnender Stellwerksmeiſter in die
im Keller gelegene Waſchküche begaben und
den Waſchafen angeründet. Das Feuer
brannte bereits längere Zeit, als der Mann
zu ſeinem Schrecken plötzlich
eine blaue Flamme wahrnahm die ſich
über den ganzen Boden der Waſchküche
ausbreitete.

Kaum hatte er ſich in Sicherheit gebracht,
als eine heftige Erploſion erfolgte, der bald
darauf zwei weitere folgten. Das Feuer
hatte ſich durch das Abflußrohr in den kanal
fortgeſetzt und dort hatten die Expleſionen
ſtattgefunden. Mit gewaltigem Krachen
ſprangen ſämtliche Kellertüren auf und die
Fenſter gingen in Trümmer.

Auf der ganzen Ueckendorfer Straße
flogen die gußeiſernen ſchweren Kanal-
deckel hauſhoch in die Luft und aus
den freigewordenen Kanalöffnungen
ſchlugen gleichzeitig etwa 40 Meter
hohe Stichflammen empor.

Von dem gewaltigen Luftdruck zerſprangen
ſämtliche Fenſterſcheiben der angrenzenden
Häuſer. Die ſtädtiſche Feuerwehr und die
Polizei waren bald an der Unglücksſtätte
und nahmen die Unterſuchung auf.

Man vermutet, daß die Exploſionen auf
die
Benzolabwäſſer der Zeche Holland
in Gelſenkirchen, die in die Kanaliſation
abgeleitet werden, zurückzuführen ſind. Da
die Straße in den frühen Morgenſtunden
noch wenig belebt war, ſind wie durch ein
Wunder keine Menſchen zu Schaden ge-
kommen.



[irrelevantes Material]


Ein neues Syſtem
zum Herablaſſen von Rettungsbooten

[Abbildung]

wird zurzeit auf amerikaniſchen Ozeandampſern
erprobt. An Stelle der bisherigen Davits ſind be-
wegliche, auf Rollen laufende Arme getreten, die
ſich jeder Lage des Schiffes anpaſſen und die Boote
ſtets wagetecht zu Waſſer bringen. Die neue Er-
findung, zu der die zahlreichen Schiffsunfälle der
letzten Zeit den Anſtoß gaben, wird die Sicherheit
der Seereiſen ohne Zweifel bedeutend erhöhen.

[Spaltenumbruch]
Haus in die Luft geflogen
Exploſionsunglück in der Altmark

Heute früh gegen 4 Uhr ereignete ſich in
dem benachbarten Reukirchen ein ſchweres
Exploſionsunglück. Als der Gaſtwirt Erd-
mann
mit einer brennenden Zigarette
einen Raum im Rebengebäude ſeiner Wirt-
ſchaft, in dem Azetylen lagerte, betrat, er-
folgte plötzlich eine heftige Exploſion. Das
Gebäude wurde völlig zerſtört, der Gaſtwirt
ſelbſt getötet.



Flugzeugkataſtrophe in Amerika
[Abbildung]

Bei Middletown (Pennſylvanien) iſt ein Armeegroßflugzeug des hier *gezeigten Typs mit
zehn Inſaſſen abgeſtürzt, von denen fünf getötet und drei verletzt wurden.



Gewinnreiche Versicherungsgeschäfte
Regierungsräte und Verſicherungsdirektor
der Beſtechung beſchuldigt

Schwere Verfehlungen beim Reichsentſchädigungsamt

[Spaltenumbruch]

Das Reichsentſchädigungsamt ſteht augen-
blicklich im Mittelpunkt einer ſtaatsanwalt-
ſchaftlichen Unterſuchung. Zwei Regierungs-
räten des Amtes iſt, wie die „Voſſiſche
Zeitung“ meldet, von Geſchädigten der Vor-
wurf der Beſtechung gemacht worden. Den
zwei Beamten des Entſchädigungsamtes,
von denen der eine nur aushilfsweiſe be-
ſchäftigt war, wird vorgeworfen, daß ſie
Namen der Geſchädigten, die dringend Geld
nötig haben,
ihres Vorleiles willen an eine Verſiche-
rungsgeſellſchaft milgeteilt

haben, die dann die Realiſierung der An-
teilſcheine vorgenommen habe. Dem einen
Beamten ſoll ſpäter von der Verſicherungs-
geſellſchaft eine Einſtellung in ihren Be-
trieb verſprochen worden ſein. Auf Grund
des Adreſſenmaterials, das die Verſiche-
rungsgeſellſchaft von den Beamten hatte,
hat ſie ſich an die Geſchädigten mit den
Vorſchlägen über Geldauszahlung gewandt.

Als die Geſchädigten beim Entſchädigungs-
amt darüber Beſchwerde erhoben, wodurch
ihre Namen bekannt geworden ſeien, leitete
die Kriminalpolizei eine Unterſuchung ein.
Beide Beamte ſind bereits nicht mehr im
Entſchädigungsamt tätig.

[Spaltenumbruch]

Wie die gleiche Zeitung weiter mitteilt,
iſt gegen die beiden beteiligten Regierungs-
räte und den Direktor der Verſicherungs-
anſtalt nunmehr die
Unterſuchung wegen aktiver und paſſiver
Beſtechung, Verrat von Amtsgeheim-
niſſen und Untrene

bei der Staatsanwaltſchaft eingeleitet wor-
den. Nach dem Ergebnis der bisherigen
Ermitelungen erhielten die beiden Beamten
für jede Adreſſe von Geſchädigten mit vom
Reich anerkannten Entſchädigungsforderun-
gen von der Verſicherungsgeſellſchaft eine
Proviſion.
Außerdem wurde ihnen von der Verſiche-
rungsgeſellſchaft für den Fall des Ausſchei-
dens aus dem Reichsentſchädigungsamt eine
Anſtellung zugeſichert.
Die Verſicherungsgeſellſchaft trat ſodann an
die Geſchädigten heran und bot ihnen für
ihre Forderungen an das Reich die Hälfte
des wirklichen Wertes, der ſofort in bar
zur Auszahlung gebracht werden ſollte.
Einige Geſchädigte, die ſich in großer Not
befanden, haben tatſächlich dieſes außer-
ordentlich verluſtreiche „Geſchäft“ abgeſchloſ-
ſen, das der Verſicherungsgeſellſchaft in
wenigen Jahren einen abſolut ſicheren Ge-
winn von 100 Prozent einbringen mußte.



[irrelevantes Material]
[Spaltenumbruch]
Der Heiratsmarkt in der Philharmonie
Herr Gaberl hat auch an Frauen
ähnliche Briefe geſchrieben

500 Mark Schmerzensgeld deponiert

[Spaltenumbruch]

Die Unterſuchung gegen den Gatten der
Wiener Dirigentin Liſa Mayer, Gaberl,
wird weitergeführt, da ſich inzwiſchen beim
Polizeiamt Kreuzberg mehrere Konzert-
beſucherinnen gemeldet haben, die gleich-
falls auf Grund einer ähnlich formulierten
Heiratsannonce ihren Zukünftigen bei dem
Konzert in der Philharmonie in Augenſchein
nehmen wollten. Gaberl wird heute über
die Anzeige der Heiratskandidatinnen ver-
hört werden.

Für die Entſchädigung der „Roſen-
kavaliere“ und ihrer Leidensgenoſſin-
nen ſind inzwiſchen 500 Mark depo-
niert worden.

[Spaltenumbruch]

Frau Mayer behauptet nach wie vor,
daß ſie von dem Streich ihres Mannes
nichts gewußt habe. Während ſie zunächſt
an eine Scheidung von ihrem Manne ge-
dacht habe, beurteile ſie heute die Ange-
legenheit milder, denn ihr Mann ſei nur
auf dieſe „verrückte Idee“ gekommen, um
ihr ein volles Haus zu ſichern und ihre Be-
ſorgnis auf dieſem Gebiete zu zerſtreuen.
Die ganze Angelegenheit ſei auch nur durch
das Verſehen entſtanden, daß ein Stoß der
Antwortſchreiben
ohne Freikarten abgegangen
ſei, während die übrigen Briefe mit beilie-
gendem Freibillett verſandt worden ſeien.



Die „AZ“ steht wie kaum eine
andere Zeitung Münchens in le-
bendiger Verbindung mit der
politischen Tatsachenweit.


Gasleitungsbrand
in Wien

Ein Arbeiter getötet


Im Bezirk Ottakring entſtand geſtern nach-
mittag ein Gasrohrbrand, durch den die
Fernkabelleitungen, beſonders die nach
Weſten führenden, in Mitleidenſchaft ge-
zogen wurden.

Es wird weiter gemeldet, daß ſich die
Exploſion in einem Gasraum unterhalb der
Flötzerſteigbrücke ereignete. Beim Suchen
nach den Urſachen einer Gasausſtrömung
dürfte ein Arbeiter durch einen Hieb auf
einen Stein eines Brückenpfeilers, wodurch
ein Funken entſtand, den exploſiven Brand
verurſacht haben. Der ſchwerverletzte Ar-
beiter iſt ſeinen Verletzungen erlegen. Der
Straßenverkehr mußte infolge des Brandes
umgeleitet werden.



[irrelevantes Material]
Die amerikaniſche Armee in Blau
[Abbildung]

Die Khakiuniſorm der amerikaniſchen Armee
(links) wird durch eine blaue Friedensuniſorm
(rechts) erſetzt. Bemerkeuswert iſt, daß Amerika
hiermit den geſchloſſenen Uniformkragen ein-
führt, der in den meiſten Armeen durch den
offenen Kragen mit Wäſchekragen und Schlips
abgelöſt wurde.

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[Seite 3[3]/0003] Dienstag. den 15. Januar „AZ am Abend“ Nr. 12 Immer neue Gaskatastrophen Schwere Kanalexploſion in Gelſenkirchen Kanaldeckel in die Luft geflogen * 40 Meter hohe Stichflammen Gelſenkirchen-Buer, 15. Januar. Geſtern früh gegen 8 Uhr erfolgten im ſüdlichen Stadtteil Ueckendorf zwiſchen dom Bahnhof Gelſenkirchen-Wat- tenſcheid bis hinauf zur Stadt Watten- ſcheid kurz hintereinander drei heftige Exploſionen, durch die die B_ Schreck- ken verſetzt wurden. Wie ſich herausſtellte, hatte ſich in dem Hauſe Ueckendorferſtr. 257 ein dort wohnender Stellwerksmeiſter in die im Keller gelegene Waſchküche begaben und den Waſchafen angeründet. Das Feuer brannte bereits längere Zeit, als der Mann zu ſeinem Schrecken plötzlich eine blaue Flamme wahrnahm die ſich über den ganzen Boden der Waſchküche ausbreitete. Kaum hatte er ſich in Sicherheit gebracht, als eine heftige Erploſion erfolgte, der bald darauf zwei weitere folgten. Das Feuer hatte ſich durch das Abflußrohr in den kanal fortgeſetzt und dort hatten die Expleſionen ſtattgefunden. Mit gewaltigem Krachen ſprangen ſämtliche Kellertüren auf und die Fenſter gingen in Trümmer. Auf der ganzen Ueckendorfer Straße flogen die gußeiſernen ſchweren Kanal- deckel hauſhoch in die Luft und aus den freigewordenen Kanalöffnungen ſchlugen gleichzeitig etwa 40 Meter hohe Stichflammen empor. Von dem gewaltigen Luftdruck zerſprangen ſämtliche Fenſterſcheiben der angrenzenden Häuſer. Die ſtädtiſche Feuerwehr und die Polizei waren bald an der Unglücksſtätte und nahmen die Unterſuchung auf. Man vermutet, daß die Exploſionen auf die Benzolabwäſſer der Zeche Holland in Gelſenkirchen, die in die Kanaliſation abgeleitet werden, zurückzuführen ſind. Da die Straße in den frühen Morgenſtunden noch wenig belebt war, ſind wie durch ein Wunder keine Menſchen zu Schaden ge- kommen. _ Ein neues Syſtem zum Herablaſſen von Rettungsbooten [Abbildung] wird zurzeit auf amerikaniſchen Ozeandampſern erprobt. An Stelle der bisherigen Davits ſind be- wegliche, auf Rollen laufende Arme getreten, die ſich jeder Lage des Schiffes anpaſſen und die Boote ſtets wagetecht zu Waſſer bringen. Die neue Er- findung, zu der die zahlreichen Schiffsunfälle der letzten Zeit den Anſtoß gaben, wird die Sicherheit der Seereiſen ohne Zweifel bedeutend erhöhen. Haus in die Luft geflogen Exploſionsunglück in der Altmark Seehauſen (Altmark), 15. Januar. Heute früh gegen 4 Uhr ereignete ſich in dem benachbarten Reukirchen ein ſchweres Exploſionsunglück. Als der Gaſtwirt Erd- mann mit einer brennenden Zigarette einen Raum im Rebengebäude ſeiner Wirt- ſchaft, in dem Azetylen lagerte, betrat, er- folgte plötzlich eine heftige Exploſion. Das Gebäude wurde völlig zerſtört, der Gaſtwirt ſelbſt getötet. Flugzeugkataſtrophe in Amerika [Abbildung] Bei Middletown (Pennſylvanien) iſt ein Armeegroßflugzeug des hier *gezeigten Typs mit zehn Inſaſſen abgeſtürzt, von denen fünf getötet und drei verletzt wurden. Gewinnreiche Versicherungsgeschäfte Regierungsräte und Verſicherungsdirektor der Beſtechung beſchuldigt Schwere Verfehlungen beim Reichsentſchädigungsamt Berlin, 15. Januar. Das Reichsentſchädigungsamt ſteht augen- blicklich im Mittelpunkt einer ſtaatsanwalt- ſchaftlichen Unterſuchung. Zwei Regierungs- räten des Amtes iſt, wie die „Voſſiſche Zeitung“ meldet, von Geſchädigten der Vor- wurf der Beſtechung gemacht worden. Den zwei Beamten des Entſchädigungsamtes, von denen der eine nur aushilfsweiſe be- ſchäftigt war, wird vorgeworfen, daß ſie Namen der Geſchädigten, die dringend Geld nötig haben, ihres Vorleiles willen an eine Verſiche- rungsgeſellſchaft milgeteilt haben, die dann die Realiſierung der An- teilſcheine vorgenommen habe. Dem einen Beamten ſoll ſpäter von der Verſicherungs- geſellſchaft eine Einſtellung in ihren Be- trieb verſprochen worden ſein. Auf Grund des Adreſſenmaterials, das die Verſiche- rungsgeſellſchaft von den Beamten hatte, hat ſie ſich an die Geſchädigten mit den Vorſchlägen über Geldauszahlung gewandt. Als die Geſchädigten beim Entſchädigungs- amt darüber Beſchwerde erhoben, wodurch ihre Namen bekannt geworden ſeien, leitete die Kriminalpolizei eine Unterſuchung ein. Beide Beamte ſind bereits nicht mehr im Entſchädigungsamt tätig. Wie die gleiche Zeitung weiter mitteilt, iſt gegen die beiden beteiligten Regierungs- räte und den Direktor der Verſicherungs- anſtalt nunmehr die Unterſuchung wegen aktiver und paſſiver Beſtechung, Verrat von Amtsgeheim- niſſen und Untrene bei der Staatsanwaltſchaft eingeleitet wor- den. Nach dem Ergebnis der bisherigen Ermitelungen erhielten die beiden Beamten für jede Adreſſe von Geſchädigten mit vom Reich anerkannten Entſchädigungsforderun- gen von der Verſicherungsgeſellſchaft eine Proviſion. Außerdem wurde ihnen von der Verſiche- rungsgeſellſchaft für den Fall des Ausſchei- dens aus dem Reichsentſchädigungsamt eine Anſtellung zugeſichert. Die Verſicherungsgeſellſchaft trat ſodann an die Geſchädigten heran und bot ihnen für ihre Forderungen an das Reich die Hälfte des wirklichen Wertes, der ſofort in bar zur Auszahlung gebracht werden ſollte. Einige Geſchädigte, die ſich in großer Not befanden, haben tatſächlich dieſes außer- ordentlich verluſtreiche „Geſchäft“ abgeſchloſ- ſen, das der Verſicherungsgeſellſchaft in wenigen Jahren einen abſolut ſicheren Ge- winn von 100 Prozent einbringen mußte. _ Der Heiratsmarkt in der Philharmonie Herr Gaberl hat auch an Frauen ähnliche Briefe geſchrieben 500 Mark Schmerzensgeld deponiert Berlin, 15. Januar. Die Unterſuchung gegen den Gatten der Wiener Dirigentin Liſa Mayer, Gaberl, wird weitergeführt, da ſich inzwiſchen beim Polizeiamt Kreuzberg mehrere Konzert- beſucherinnen gemeldet haben, die gleich- falls auf Grund einer ähnlich formulierten Heiratsannonce ihren Zukünftigen bei dem Konzert in der Philharmonie in Augenſchein nehmen wollten. Gaberl wird heute über die Anzeige der Heiratskandidatinnen ver- hört werden. Für die Entſchädigung der „Roſen- kavaliere“ und ihrer Leidensgenoſſin- nen ſind inzwiſchen 500 Mark depo- niert worden. Frau Mayer behauptet nach wie vor, daß ſie von dem Streich ihres Mannes nichts gewußt habe. Während ſie zunächſt an eine Scheidung von ihrem Manne ge- dacht habe, beurteile ſie heute die Ange- legenheit milder, denn ihr Mann ſei nur auf dieſe „verrückte Idee“ gekommen, um ihr ein volles Haus zu ſichern und ihre Be- ſorgnis auf dieſem Gebiete zu zerſtreuen. Die ganze Angelegenheit ſei auch nur durch das Verſehen entſtanden, daß ein Stoß der Antwortſchreiben ohne Freikarten abgegangen ſei, während die übrigen Briefe mit beilie- gendem Freibillett verſandt worden ſeien. Die „AZ“ steht wie kaum eine andere Zeitung Münchens in le- bendiger Verbindung mit der politischen Tatsachenweit. Gasleitungsbrand in Wien Ein Arbeiter getötet Wien, 15. Januar. Im Bezirk Ottakring entſtand geſtern nach- mittag ein Gasrohrbrand, durch den die Fernkabelleitungen, beſonders die nach Weſten führenden, in Mitleidenſchaft ge- zogen wurden. Es wird weiter gemeldet, daß ſich die Exploſion in einem Gasraum unterhalb der Flötzerſteigbrücke ereignete. Beim Suchen nach den Urſachen einer Gasausſtrömung dürfte ein Arbeiter durch einen Hieb auf einen Stein eines Brückenpfeilers, wodurch ein Funken entſtand, den exploſiven Brand verurſacht haben. Der ſchwerverletzte Ar- beiter iſt ſeinen Verletzungen erlegen. Der Straßenverkehr mußte infolge des Brandes umgeleitet werden. _ Die amerikaniſche Armee in Blau [Abbildung Die Khakiuniſorm der amerikaniſchen Armee (links) wird durch eine blaue Friedensuniſorm (rechts) erſetzt. Bemerkeuswert iſt, daß Amerika hiermit den geſchloſſenen Uniformkragen ein- führt, der in den meiſten Armeen durch den offenen Kragen mit Wäſchekragen und Schlips abgelöſt wurde.]

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 12, 15. Januar 1929, S. Seite 3[3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine12_1929/3>, abgerufen am 03.12.2024.