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Allgemeine Zeitung, Nr. 133, 20. März 1908.

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München, Freitag Allgemeine Zeitung 20. März 1908. Nr. 133.
Münchener Stadtanzeiger.

Dem verstorbenen Gründungsmitgliede Herrn Bruno Fried-
rich
widmete der Vorsitzende einen Nachruf. An die Stelle des
ausgeschiedenen zweiten Vorstandes Herr Stadtschulinspektor Ig.
Schmid war Herr Ministerialrat Dr. Ferdinand Englert getreten,
die Kassaführung übernahm mit Januar 1908 Herr Oberlehrer
Lex und als erster Schriftführer ist Herr Max Fischer, Direktor,
eingetreten.

Der Materialverwalter des Vereins Herr A. Wöstermayr
berichtete über den Stand des Inventars und der Kassier Herr
Oberlehrer Lex gab Bericht über den Kassastand. Bei der dar-
auffolgenden Wahl der 12 aus dem Ausschuß auszuscheidenden
Mitglieder wurden dieselben per Akklamation wiedergewählt.

* Einführung in Wagners Dramen.

Die seit einigen Jahren
von Leo Geisberg veranstalteten, von weiten Kreisen ernster
Kunstfreunde mit dankbarem Interesse aufgenommenen Ein-
führungskurse in Wagners Dramen werden mit einem (zwölf
Vorträge umfassenden) Kursus über den "Ring" am Sams-
tag, 21. März, nachmittags 3 Uhr wieder aufgenommen. Ferner
sollen zur Verhandlung gelangen: Tannhäuser, Meistersinger,
Tristan und Parsifal, d. h. also die Werke, die in der nächsten
Zeit im Hoftheater und im Sommer 1908 im Prinzregenten-
theater und im Festspielhause zu Bayreuth zur Aufführung ge-
langen. Geisberg enthüllt den künstlerischen Gesamtorganismus,
in dem er das Organisch-Zusammengehörige nicht durch zu weites
Auseinanderreißen der einzelnen Teile seiner eigentlichen ein-
heitlichen Form entfremdet. Er deckt die innere Quelle der Ent-
stehung der Dramen auf, weist auf ihren inneren Zusammen-
hang, ihren Ideengehalt hin und knüpft hieran sofort die dichte-
risch-musikalische Vorführung (am Klavier) an, so daß der für
die Erzielung eines tieferen Erfassens unumgänglichen Zergliede-
rung gleich wieder der künstlerisch schaffende Aufbau folgt. An-
meldungen an Leo Geisberg, Kaulbachstraße 36/III.

mt. Bei den Osterhasen.

So betitelt sich ein äußerst nied-
liches Frühlingsidyll, das die treffliche Kinderfreundin Fräulein
Käte Joel aus Zürich, die Verfasserin der von den Auf-
führungen im hiesigen Volkstheater rühmlichst bekannten
Märchenspiele "Sonntagskinder", "Unter Christkindleins Schutz"
und "Das Goldkrönlein", der lieben Jugend neuerdings beschert
hat. Die Aufführung, die am Mittwoch Abend im Theatersaale
des Hotel Union stattfand, bot einen großen Genuß für alt und
jung. Die Verfasserin, die nicht nur Text und Musik zu dem
im Verlag des Art. Instituts von Orell Füßli Zürich erschienenen
Werkchens geschrieben, sondern auch das Ganze persönlich ein-
studiert und inßeniert hatte, wurde am Schlusse der Vorstellung
mit den Mitwirkenden, Kindern hiesiger Volksschulen, mit Bei-
fall überschüttet und durch Blumen ausgezeichnet. Ganz besonders
hervorgehoben zu werden verdienen die überraschenden Leistungen
der kleinen 12jährigen Toni Mark, die als Hanna die Haupt-
rolle spielte. Das Stückchen, das am Samstag, 21. ds., nachm.
4 Uhr, wiederholt wird, kann allen Eltern und Kinderfreunden
nicht genug empfohlen werden, um so mehr, als der Ertrag zum
Besten des "Vereins der Freundinnen junger Mädchen" be-
stimmt ist.


ch. Im Kunstgewerbeverein hielt am vergangenen Dienstag
Major Baumann einen Vortrag über seine Reise nach dem
Toten Meer und der Felsenstadt Petra im alten Nabatäerland.
Von Jerusalem aufbrechend, nahmen die Reisenden ihren Weg
über Bethlehem und die Bergfesten des Herodes nach dem Toten
Meer. Weder die Gegend zwischen Jerusalem und dem Salzsee,
noch auch dieser selbst ist nach dem Berichte des Reisenden so
reizlos, als man sie sich gewöhnlich vorzustellen pflegte. Die
üppigen Mohnfelder am Wege regten Bruno Piglhein zu seinem
bekannten Bilde: Die Blinde, an. Inmitten einer wunderbaren
Landschaft, die von Nachtigallen bevölkert war, eröffnete sich
den Reisenden der Blick auf den schönen, blauen, klaren Spiegel
des Meers, das freilich, von Fischen und Wasservögeln gänzlich
verlassen, seinen Namen "Totes Meer" wohl verdient. Petra,
einst die Heimat der Edomiter, der Nachkommen Esaus, wurde
später von dem Nomadenvolke der Nabatäer in Besitz genommen,
die hier ein Königreich "peträisches Arabien" gründeten. Von
der Stadt der Lebenden ist nichts mehr erhalten. Höchster Be-
wunderung aber ist die Nekropole wert, die Grabmäler von
klassischer Stilreinheit und Eleganz enthält. Die Besteigung des
Berges Schebel Harun, des Horeb, auf dessen Höhe Aaron starb,
wurde Major Baumann, wohl als letztem Europäer, von
fanatischen Moslems verboten. Der Vortrag war durch zahl-
reiche interessante Lichtbilder unterstützt und fand dankbare Auf-
nahme.


* Die Pensionsanstalt deutscher Journalisten und Schrift-
steller
veröffentlicht einen Auszug aus dem Geschäftsberichte für
1907, in dem die Erfolge des verflossenen Jahres ziffermäßigen
Ausdruck finden. Den Einnahmen an Beiträgen der Mitglieder

Bunte Chronik.

meter. Auf dieselbe Art habe ich festgestellt, daß Sperlinge und
ähnliche kleine Vögel mit Leichtigkeit 60 Kilometer in der Stunde
erreichen, Bussarde aber selbst einen mit 80 Kilometer Stunden-
geschwindigkeit fahrenden Kraftwagen rasch überholen. Ich hatte
schon das Vergnügen, all den genannten Tieren an einem Tage
zu begegnen, und konnte so in das Fahrtenbuch den Registrier-
streifen meines Geschwindigkeitsmessers einkleben mit den neuen
Bezeichnungen an den betreffenden Stellen: "Hasengeschwindig-
keit" (gesetzlich), "Spatzengeschwindigkeit" (unerlaubt) usw.

C. K. Kostspielige Erziehung.

Man hat unlängst eine Be-
rechnung aufgestellt, nach der die Ausbildung eines englischen
oder amerikanischen Knaben aus guter Familie zu einem gelehrten
Berufe, zum Arzt, Advokaten oder Ingenieur, einen Kostenauf-
wand von 100,000 bis 120,000 M erfordert. Im Gegensatz dazu
stellt sich die Erziehung einer Tochter für eine englische Familie
im allgemeinen ziemlich billig. Handelt es sich jedoch um ein
Mädchen aus den obersten Schichten des Bürgertums oder aus
der Aristokratie, so steigen die Kosten bisweilen zu ganz un-
glaublicher Höhe. Ein Korrespondent des Resto del Carlino führt
zum Beweise folgenden Fall an: Eine vornehme englische Dame
gab für ihr Töchterchen in den ersten acht Jahren für "nurses",
Kleidung und Unterhalt durchschnittlich 4400 M im Jahre aus.
Von ihrem neunten bis zum fünfzehnten Lebensjahre wurde das
junge Mädchen einer Erzieherin anvertraut und erhielt Unter-
richt in der Musik, im Zeichnen, im Tanzen usw.; die Ausgaben
stiegen dabei auf 5600 M im Jahre und betrugen für die sieben
Jahre also 39,200 M. Es folgten drei Studienjahre in einem
großen Pensionat, die 9400 M pro Jahr, also weitere 28,200 M
erforderten. Das nächste Jahr füllte ein Aufenthalt in Paris
und in Dresden zur praktischen Uebung der französischen und
der deutschen Sprache, und dieser kostete 15,000 M. Nach englischer
Anschauung kann ein junges Mädchen der guten Gesellschaft nicht
anders einen guten "start" für ihren Eintritt ins Leben haben,
als daß sie eine "season" in London verlebt und bei Hofe vor-
gestellt wird. Eine "season" von wenigstens drei Monaten in
London mit den Toiletten für die Vorstellung bei Hof, mit den
Festen, Theatervorstellungen usw., erfordert aber wenigstens
einen Aufwand von 60,000 M. Rechnet man von dieser letzten
Summe auch nur die Hälfte als Erziehungskosten für die Tochter,
so kommt man mit den vorhergehenden Posten doch auf die statt-
liche Gesamtsumme von 147,600 M, die eine wirklich standes-
gemäße Erziehung einer jungen Engländerin kostet.

[Spaltenumbruch]
Münchener Stadtanzeiger.

von 89,212 M stehen zur Seite 229,920 M an außerordentlichen
Einnahmen. Von der letztgenannten Summe treffen 119,352 M
auf den Ertrag der Lotterie zum Besten der Witwen- und
Waisenversorgung, 89,780 M auf Vermächtnisse und 18,859 M
auf Beiträge der unterstützenden Mitglieder und auf die aus Ver-
anstaltungen und Festlichkeiten erzielten Einnahmen. Die Bilanz
für das Geschäftsjahr 1907 verzeichnet an Prämienreserven
1,013,000 M und an Reserven und sogenannten freien Fonds --
Reservefonds, Zuschußfonds, Stiftungsfonds usw. -- 509,000 M.
Der Prämienreserve, die die Gesamtheit derjenigen Mittel um-
faßt, die zur Deckung der feststehenden rechnerischen Verpflich-
tungen notwendig sind, stehen somit mehr als 50 Prozent an
Reserven und sonstigen Fonds gegenüber. Mit dem Insleben-
treten der Witwen- und Waisenversicherung brachte das ver-
flossene Jahr wohl den größten und bedeutendsten Er-
folg,
den die Anstalt seit ihrer Gründung zu verzeichnen hatte.
-- Der Auszug wie die übrigen Drucksachen der Anstalt sind jeder-
zeit durch die Geschäftsstelle (München, Max Josephstraße 1/0)
kostenlos zu beziehen.


* Die Vorstellungen der Royal Bio Co. erfreuen sich fort-
gesetzt größten Interesses; das jetzige Programm bringt auch tat-
sächlich durchaus Gediegenes. Besonders sei auf Zeppelins lenk-
bares Luftschiff verwiesen. Jeden Mittwoch und Samstag Nach-
mittag finden Familienvorstellungen statt, die es ermöglichen, zu
billigem Preis auch den Kindern ein interessantes und lehrreiches
Vergnügen zu bieten.

* Sven Scholander.

Der berühmte schwedische Lautensänger
wird in seinem am 22. März im Museum stattfindenden Lieder-
abend eine Auswahl deutscher, englischer, französischer und schwe-
discher Volkslieder zum Vortrag bringen. (Karten bei Otto
Bauer, Maximilianstraße 5.)


* Dr. Helene Stöcker wird noch einen Vortragsabend ver-
anstalten, und zwar Samstag, den 21. März, im Richard Wagner-
Saale des Hotel Bayerischer Hof. (Karten bei Otto Bauer,
Maximilianstraße 5.)


* Lustspielhaus. Die Direktion hat für die nächste Zeit
mehrere Gastspiele vereinbart. Den Anfang macht Frl. Marga-
rete Walter mit ihrem Ensemble; zur Aufführung gelangt das
Dramolet "Er".


* Die Schlierseer im Deutschen Theater. Am Freitag, den
20. d. M., erscheint von Frau Hartl-Mitius das vieraktige ober-
bayerische Volksstück "Der Protzenbauer", dem Samstag die
Novität "Sherlock Holmes im Gebirge" folgt.

* Wohltätigkeits-Konzert.

Bei dem am 25. März (Maria
Verkündigung) abends 7 Uhr im großen Saal des Josephs-
hauses (Hochstraße 28 a) stattfindenden Konzert zugunsten der
St. Wolfgang-Kirche, zu dem hervorragende Kräfte ihre
gütige Mitwirkung zusagten, kommen im ersten Teil der "Prolog
aus Bajazzo", "Kirchenarie aus Stradella" sowie gemischte und
Frauenchöre von Goller, Fritz Weber, Deigendesch, Schumann,
Cursch-Bühren zum Vortrag. Im zweiten Teil gelangt (hier
zum erstenmal) die einaktige biblische Oper Das Götzenbild
Bel
von Karl Spöttel unter persönlicher Leitung des Kompo-
nisten zur Aufführung.

b. Todesfall.

Gravieranstaltsbesitzer F. X. Vogl ist gestern
gestorben. Als Vorstandsmitglied der Ortskrankenkasse München
sowie als Mitglied des Verwaltungsausschusses der Versicherungs-
anstalt für Oberbayern usw. hat er sich äußerst viele Verdienste
erworben.

Vereinsmitteilungen, Versammlungen, Vorträge.

Bayerischer Bezirks-Verein
Deutscher Ingenieure:
10. Vereinsversammlung. Vor-
trag des Herrn Ingenieur Alfred Schlomann: Die illustrier-
ten Technischen Wörterbücher, ihre Organisation und ihre Be-
deutung für die internationale Technik (mit zahlreichen Licht-
bildern).

Bayerische Chronik.
Oberrealschule und Gleichberechtigung.

Am 4. März 1908 fand in der sächsischen Zweiten Kammer
eine bemerkenswerte Debatte über die in jüngster Zeit auch in
der bayerischen Kammer der Abgeordneten erörterten Schulfragen
statt. Das Ergebnis der Verhandlungen war die einstimmige
Annahme nicht nur des Antrages auf Errichtung von Oberreal-
schulen, sondern auch des Antrages, "die Berechtigungen
der Oberrealschulen in Uebereinstimmung mit den in Preußen
geltenden Bestimmungen zu regeln und entgegenstehende Bestim-
mungen und Verordnungen baldmöglichst aufzuheben". Wenn
Sachsen hinsichtlich der Errichtung der Oberrealschulen Bayern
nachhinkt, macht es dies dadurch wett, daß es die neue Schul-
gattung von vornherein mit wesentlich erweiterten Berechtigungen
ausstattet. Es folgt hierin dem Zuge der Gegenwart und den
Verhältnissen, der Verteilung der einzelnen Schulgattungen im
Lande: es stehen in Sachsen 22 humanistischen Gymnasien mit
etwa 6600 Schülern und 13 Realgymnasien mit etwa 5500
Schülern 39 Realschulen mit etwa 10,000 Schülern gegenüber.

Wir exzerpieren das offizielle Protokoll.

Der Antragsteller Dr. Rühlmann erklärte, man werde
sich in Sachsen bei der Erledigung dieser Frage jedenfalls
nicht nach Bayern
richten, das sich zu reserviert verhalte,
und sprach sich dahin aus, eine weitere Ueberfüllung des juristi-
schen Studiums sei nicht zu befürchten. Bedeutsam war die
Stellungnahme des Kultusministers Dr. Beck. Er stellte sich
auf den Standpunkt, daß, wenn auch das humanistische Gym-
nasium die geeignetste Vorbereitung für Jus darstelle, doch den
Realanstalten die Berechtigung hierzu wohl gewährt werden
könne, da die Zahl der zum Rechtsstudium übergehenden Abi-
turienten nicht groß sein werde, wie die bisherigen Erfahrungen
bewiesen. Andrerseits müsse ein Realabiturient, der Jus studiere,
viel Tatkraft besitzen und eine willensstarke Persönlichkeit dar-
stellen, die ein zur Aufnahme in den Juristenstand
durchaus geeignetes Element
sein werde; ein solcher
Oberrealschüler werde gewiß ein geeigneterer Jurist werden als
Gymnasiasten, die mit Mühe und Not durch die Gymnasien ge-
schleppt wurden. Insbesondere sei auch auf dem Gebiete des
Unterrichtswesens eine Reichs- und Rechtseinheit ein dringendes
Bedürfnis, und in diesem Sinne die Haltung des bayerischen
Justizministers hoffnungerweckend. Die sächsischen Väter hätten
das Recht zu verlangen, daß auch ihre Söhne auf den Landes-
universitäten, zu deren Kosten sie mit beitragen, so
gut wie die Söhne anderer Bundesstaaten Jus studieren könnten.
Er sei zur Ueberzeugung gekommen, daß sich sehr wohl ein Modus
finden lasse, der auf der einen Seite die Gleichberechtigung aller
neunklassigen Mittelschulen ermögliche, auf der anderen Seite
die bisherige Vorbildung der Juristen auch für die Zukunft ver-
bürge.

Für die Zulassung der Realabiturienten zur Jurisprudenz
sprachen sich ohne Ausnahme sämtliche Teilnehmer an der
Debatte aus. Der Abg. Bär betonte, daß es namentlich die
energischen, befähigten Elemente seien, die sich von der Ober-
[Spaltenumbruch] realschule aus zum Studium von Jus oder Philologie entschließen
würden; sie brächten es sicher ebenso leicht fertig, das juristische
Studium aufzunehmen, wie die Abiturienten der humanistischen
Gymnasien zu den technischen Wissenschaften übergingen. Im
übrigen sie die bayerische Verordnung vom 14. Juni
1907 über die monatliche Zahlungsweise eines
verhältnismäßig niedrigen Schulgeldes ge-
radezu vorbildlich.
Der Vizepräsident Opitz wies dar-
auf hin, daß sich praktisch die Verhältnisse durch Zulassung der
Realabiturienten so gut wie gar nicht ändern würden. Ihm
stimmte der Abg. Enke bei, der ausführte, die Ueberfüllung
regle sich von selbst. Der Kultusminister ergriff nochmals
das Wort und erklärte u. a.:

"Ausdrücklich muß es als ein
ganz besonderer Gewinn für unser öffentliches Leben
bezeichnet werden, wenn nicht wie bisher nur die aus dem Gym-
nasium hervorgegangenen Juristen ihre Tätigkeit in Staat und
Gemeinde entfalten, sondern wenn möglichst Ergänzungen auch
von solchen Elementen mit hinzutreten, die ihren Bildungsgang
auf anderen Wegen genommen haben. Ich glaube, diese Be-
reicherung würde für unser öffentliches Leben nur von Vor-
teil
sein."

Das Ergebnis war die einstimmige Annahme sämtlicher
Punkte. Diese Verhandlungen unterscheiden sich sehr zu ihrem
Vorteile von denen im bayerischen Landtage. Wohltuend berührt
die Einmütigkeit von Regierung und Kammer in dem
Bestreben, die Söhne des Landes nicht schlechter zu stellen als die
anderer Bundesstaaten. Gewisse Argumente, die in Bayern er-
fahrungsgemäß Beifall seitens einzelner Partikularisten der
rechten Seite des Hauses auszulösen pflegen, sind in Sachsen,
dem Bildungsniveau der Kammer gemäß, von vornherein aus-
geschlossen. Der Hauptunterschied betrifft die Haltung der beiden
Kultusminister: während Dr. Beck entschlossen auf Seite der
Antragsteller stand und durch seine impulsive Schlußrede zur
Erzielung des einstimmigen Resultates wesentlich beitrug, ver-
hielt sich Dr. v. Wehner in den letzten bayerischen Debatten
passiv.

C. H. Berggewerbegericht Zweibrücken.

Das Gesetz-
und Verordnungsblatt veröffentlicht eine Bekannt-
machung, nach welcher für die Entscheidung von Streitig-
keiten aus dem Arbeitsverhältnisse zwischen den auf den
Bergwerken, unterirdischen Brüchen und Gräbereien des
Regierungsbezirkes der Pfalz beschäftigten Arbeitern einer-
seits und ihren Arbeitgebern andrerseits ein Gewerbegericht
errichtet wird. Dasselbe führt den Namen "Berggewerbe-
gericht Zweibrücken" und hat seinen Sitz in Zweibrücken.

* Strafanstalten.

In den nächsten Tagen werden in
Nürnberg die Vorstände der bayerischen Straf-
anstalten
unter dem Vorsitz des Justizministers zu Be-
ratungen
zusammentreten. Den Gegenstand dieser Be-
ratungen werden Fragen des inneren Dienstbetriebes bil-
den, insbesondere die Neuregelung des Dienstes des Auf-
sichtspersonals,
die Vereinfachung des Rechnungs-
wesens und die Vorbereitung derjenigen Aenderungen, die
die Eröffnung der neuen Strafanstalten in Aichach und
Landsberg mit sich bringen werden.

* Eine neue politische Korrespondenz.

Die Freie Vereini-
gung des Bayerischen Landtages gibt von den nächsten Tagen
an nach dem Vorgang der Liberalen und des Zentrums nunmehr
auch eine Parlaments-Korrespondenz heraus.

* Schürftätigkeit in Bayern.

Aus bergbaulichen
Kreisen wird uns geschrieben: Die Folgen des in Aussicht
stehenden, bis zum 1. Januar d. J. rückwirkenden Berg-
gesetzes
beginnen sich zu zeigen. Nachdem die Bohrungen
auf Steinkohlen bei Nürnberg eingestellt wurden, wird
eine weitere Gesellschaft, und zwar die Deutsch-Luxem-
burgische Bergwerksgesellschaft, noch in diesem Monat
Bayern verlassen, nachdem sie seit Jahresfrist eine größere
Anzahl Arbeiter zum Schürfen auf Erz bei Pegnitz ver-
wendete. Auch zwei bayerische Schürfgesellschaften haben
die Arbeiten aufgegeben und sämtliche Arbeiter entlassen.
Das Bergärar hat nun reichlich Gelegenheit, seine Schürf-
arbeiten mehr zu betätigen als bisher, um so mehr, als die
Aussichten auf die beabsichtigte Anschlußmutung infolge der
kaum nennenswerten Mutungen zu schlechten Hoffnungen
berechtigen.

* Zur Interpretation des stenographischen Berichts.

Soeben
ist der stenographische Bericht über die 100. öffentliche Sitzung
der bayerischen Kammer der Abgeordneten erschienen; der Bericht
lautet auf S. 887:

"2. Vizepräsident: ... M. H.! Es liegt mir nun
ein Antrag auf Vertagung der Sitzung vor, gestellt von den
Herren Abgeordneten Dr. Casselmann und Osel.

Ich glaube, in Anbetracht der besonderen Umstände,
die heute herrschen, wird die Vertagung jetzt gerechtfertigt sein."


Tausende und Abertausende von treuen und regelmäßigen
Lesern der interessanten stenographischen Berichte werden sich
fragen: Welcher Art mögen die "besonderen Umstände" sein, von
denen der verehrte Herr Vizepräsident spricht? Am nun eine
Lücke der bayerischen Parlamentsgeschichte auszufüllen, erlauben
wir uns, als Ergänzung des amtlichen Berichtes folgendes hübsche
Stimmungsbild wiederzugeben, das das Würzburger Journal von
der denkwürdigen Sitzung entwirft:

"Wie doch die Zeit in
München so schnell vergeht! Die hundertste Kammersitzung, ein
bedeutungsvoller Abschnitt in der sich schier endlos dehnenden
Session. Hundertmal gesessen und doch noch nichts Ordentliches
fertig gebracht! Der Tag erhielt eine besondere Weihe durch das
Wiedererscheinen Orterers am Präsidententisch. Dem neuen
Kontur, der doch von allen königlichen und prinzlichen Tellern
schon genascht hat, ist es plötzlich von der Hofkost übel geworden.
Man sieht, daß das Zentrum denn doch noch nicht ganz regie-
rungsfähig ist. Sein Empfang in der Kammer ermangelte nicht
der Feierlichheit. Ihm zu Ehren war sein Platz dekoriert und der
Referent illuminiert. Wo der Herr Landstand, der
über das brettreiche Innerliche des bayerischen Staates referieren
sollte, das exotische Tierchen her hatte, das er vor den Augen von
ganz Israel so nett tanzen ließ, daß es selbst den Neid des sach-
verständigen Dr. Deinhard erregt hätte, war nicht zu eruieren.
Doch zeigte er noch großes Interesse für das, was um ihn vor-
ging, und als sein "Korpsbruder" Gerstenberger des Langen und
des Breiten von einer besoffenen Mette, so in der See- und
Handelsstadt Lohr abgehalten wurde, erzählte, erglänzte auf
seinem Antlitz der Strahl lächelnden Verständnisses. Und im
ganzen Saal lachten Büchsenspanner und Minister, Deputati,
Türensteher, daß sie schier zu bersten dachten. Nur des Herrn Dr.
v. Orterers grämliche Visage blieb unberührt von der Komik
der Situation und als er mit saurer Miene "der heute gegebenen
[irrelevantes Material]
München, Freitag Allgemeine Zeitung 20. März 1908. Nr. 133.
Münchener Stadtanzeiger.

Dem verſtorbenen Gründungsmitgliede Herrn Bruno Fried-
rich
widmete der Vorſitzende einen Nachruf. An die Stelle des
ausgeſchiedenen zweiten Vorſtandes Herr Stadtſchulinſpektor Ig.
Schmid war Herr Miniſterialrat Dr. Ferdinand Englert getreten,
die Kaſſaführung übernahm mit Januar 1908 Herr Oberlehrer
Lex und als erſter Schriftführer iſt Herr Max Fiſcher, Direktor,
eingetreten.

Der Materialverwalter des Vereins Herr A. Wöſtermayr
berichtete über den Stand des Inventars und der Kaſſier Herr
Oberlehrer Lex gab Bericht über den Kaſſaſtand. Bei der dar-
auffolgenden Wahl der 12 aus dem Ausſchuß auszuſcheidenden
Mitglieder wurden dieſelben per Akklamation wiedergewählt.

* Einführung in Wagners Dramen.

Die ſeit einigen Jahren
von Leo Geisberg veranſtalteten, von weiten Kreiſen ernſter
Kunſtfreunde mit dankbarem Intereſſe aufgenommenen Ein-
führungskurſe in Wagners Dramen werden mit einem (zwölf
Vorträge umfaſſenden) Kurſus über den „Ring“ am Sams-
tag, 21. März, nachmittags 3 Uhr wieder aufgenommen. Ferner
ſollen zur Verhandlung gelangen: Tannhäuſer, Meiſterſinger,
Triſtan und Parſifal, d. h. alſo die Werke, die in der nächſten
Zeit im Hoftheater und im Sommer 1908 im Prinzregenten-
theater und im Feſtſpielhauſe zu Bayreuth zur Aufführung ge-
langen. Geisberg enthüllt den künſtleriſchen Geſamtorganismus,
in dem er das Organiſch-Zuſammengehörige nicht durch zu weites
Auseinanderreißen der einzelnen Teile ſeiner eigentlichen ein-
heitlichen Form entfremdet. Er deckt die innere Quelle der Ent-
ſtehung der Dramen auf, weiſt auf ihren inneren Zuſammen-
hang, ihren Ideengehalt hin und knüpft hieran ſofort die dichte-
riſch-muſikaliſche Vorführung (am Klavier) an, ſo daß der für
die Erzielung eines tieferen Erfaſſens unumgänglichen Zergliede-
rung gleich wieder der künſtleriſch ſchaffende Aufbau folgt. An-
meldungen an Leo Geisberg, Kaulbachſtraße 36/III.

mt. Bei den Oſterhaſen.

So betitelt ſich ein äußerſt nied-
liches Frühlingsidyll, das die treffliche Kinderfreundin Fräulein
Käte Joël aus Zürich, die Verfaſſerin der von den Auf-
führungen im hieſigen Volkstheater rühmlichſt bekannten
Märchenſpiele „Sonntagskinder“, „Unter Chriſtkindleins Schutz“
und „Das Goldkrönlein“, der lieben Jugend neuerdings beſchert
hat. Die Aufführung, die am Mittwoch Abend im Theaterſaale
des Hotel Union ſtattfand, bot einen großen Genuß für alt und
jung. Die Verfaſſerin, die nicht nur Text und Muſik zu dem
im Verlag des Art. Inſtituts von Orell Füßli Zürich erſchienenen
Werkchens geſchrieben, ſondern auch das Ganze perſönlich ein-
ſtudiert und inſzeniert hatte, wurde am Schluſſe der Vorſtellung
mit den Mitwirkenden, Kindern hieſiger Volksſchulen, mit Bei-
fall überſchüttet und durch Blumen ausgezeichnet. Ganz beſonders
hervorgehoben zu werden verdienen die überraſchenden Leiſtungen
der kleinen 12jährigen Toni Mark, die als Hanna die Haupt-
rolle ſpielte. Das Stückchen, das am Samstag, 21. ds., nachm.
4 Uhr, wiederholt wird, kann allen Eltern und Kinderfreunden
nicht genug empfohlen werden, um ſo mehr, als der Ertrag zum
Beſten des „Vereins der Freundinnen junger Mädchen“ be-
ſtimmt iſt.


ch. Im Kunſtgewerbeverein hielt am vergangenen Dienstag
Major Baumann einen Vortrag über ſeine Reiſe nach dem
Toten Meer und der Felſenſtadt Petra im alten Nabatäerland.
Von Jeruſalem aufbrechend, nahmen die Reiſenden ihren Weg
über Bethlehem und die Bergfeſten des Herodes nach dem Toten
Meer. Weder die Gegend zwiſchen Jeruſalem und dem Salzſee,
noch auch dieſer ſelbſt iſt nach dem Berichte des Reiſenden ſo
reizlos, als man ſie ſich gewöhnlich vorzuſtellen pflegte. Die
üppigen Mohnfelder am Wege regten Bruno Piglhein zu ſeinem
bekannten Bilde: Die Blinde, an. Inmitten einer wunderbaren
Landſchaft, die von Nachtigallen bevölkert war, eröffnete ſich
den Reiſenden der Blick auf den ſchönen, blauen, klaren Spiegel
des Meers, das freilich, von Fiſchen und Waſſervögeln gänzlich
verlaſſen, ſeinen Namen „Totes Meer“ wohl verdient. Petra,
einſt die Heimat der Edomiter, der Nachkommen Eſaus, wurde
ſpäter von dem Nomadenvolke der Nabatäer in Beſitz genommen,
die hier ein Königreich „peträiſches Arabien“ gründeten. Von
der Stadt der Lebenden iſt nichts mehr erhalten. Höchſter Be-
wunderung aber iſt die Nekropole wert, die Grabmäler von
klaſſiſcher Stilreinheit und Eleganz enthält. Die Beſteigung des
Berges Schebel Harun, des Horeb, auf deſſen Höhe Aaron ſtarb,
wurde Major Baumann, wohl als letztem Europäer, von
fanatiſchen Moslems verboten. Der Vortrag war durch zahl-
reiche intereſſante Lichtbilder unterſtützt und fand dankbare Auf-
nahme.


* Die Penſionsanſtalt deutſcher Journaliſten und Schrift-
ſteller
veröffentlicht einen Auszug aus dem Geſchäftsberichte für
1907, in dem die Erfolge des verfloſſenen Jahres ziffermäßigen
Ausdruck finden. Den Einnahmen an Beiträgen der Mitglieder

Bunte Chronik.

meter. Auf dieſelbe Art habe ich feſtgeſtellt, daß Sperlinge und
ähnliche kleine Vögel mit Leichtigkeit 60 Kilometer in der Stunde
erreichen, Buſſarde aber ſelbſt einen mit 80 Kilometer Stunden-
geſchwindigkeit fahrenden Kraftwagen raſch überholen. Ich hatte
ſchon das Vergnügen, all den genannten Tieren an einem Tage
zu begegnen, und konnte ſo in das Fahrtenbuch den Regiſtrier-
ſtreifen meines Geſchwindigkeitsmeſſers einkleben mit den neuen
Bezeichnungen an den betreffenden Stellen: „Haſengeſchwindig-
keit“ (geſetzlich), „Spatzengeſchwindigkeit“ (unerlaubt) uſw.

C. K. Koſtſpielige Erziehung.

Man hat unlängſt eine Be-
rechnung aufgeſtellt, nach der die Ausbildung eines engliſchen
oder amerikaniſchen Knaben aus guter Familie zu einem gelehrten
Berufe, zum Arzt, Advokaten oder Ingenieur, einen Koſtenauf-
wand von 100,000 bis 120,000 M erfordert. Im Gegenſatz dazu
ſtellt ſich die Erziehung einer Tochter für eine engliſche Familie
im allgemeinen ziemlich billig. Handelt es ſich jedoch um ein
Mädchen aus den oberſten Schichten des Bürgertums oder aus
der Ariſtokratie, ſo ſteigen die Koſten bisweilen zu ganz un-
glaublicher Höhe. Ein Korreſpondent des Reſto del Carlino führt
zum Beweiſe folgenden Fall an: Eine vornehme engliſche Dame
gab für ihr Töchterchen in den erſten acht Jahren für „nurses“,
Kleidung und Unterhalt durchſchnittlich 4400 M im Jahre aus.
Von ihrem neunten bis zum fünfzehnten Lebensjahre wurde das
junge Mädchen einer Erzieherin anvertraut und erhielt Unter-
richt in der Muſik, im Zeichnen, im Tanzen uſw.; die Ausgaben
ſtiegen dabei auf 5600 M im Jahre und betrugen für die ſieben
Jahre alſo 39,200 M. Es folgten drei Studienjahre in einem
großen Penſionat, die 9400 M pro Jahr, alſo weitere 28,200 M
erforderten. Das nächſte Jahr füllte ein Aufenthalt in Paris
und in Dresden zur praktiſchen Uebung der franzöſiſchen und
der deutſchen Sprache, und dieſer koſtete 15,000 M. Nach engliſcher
Anſchauung kann ein junges Mädchen der guten Geſellſchaft nicht
anders einen guten „start“ für ihren Eintritt ins Leben haben,
als daß ſie eine „season“ in London verlebt und bei Hofe vor-
geſtellt wird. Eine „season“ von wenigſtens drei Monaten in
London mit den Toiletten für die Vorſtellung bei Hof, mit den
Feſten, Theatervorſtellungen uſw., erfordert aber wenigſtens
einen Aufwand von 60,000 M. Rechnet man von dieſer letzten
Summe auch nur die Hälfte als Erziehungskoſten für die Tochter,
ſo kommt man mit den vorhergehenden Poſten doch auf die ſtatt-
liche Geſamtſumme von 147,600 M, die eine wirklich ſtandes-
gemäße Erziehung einer jungen Engländerin koſtet.

[Spaltenumbruch]
Münchener Stadtanzeiger.

von 89,212 M ſtehen zur Seite 229,920 M an außerordentlichen
Einnahmen. Von der letztgenannten Summe treffen 119,352 M
auf den Ertrag der Lotterie zum Beſten der Witwen- und
Waiſenverſorgung, 89,780 M auf Vermächtniſſe und 18,859 M
auf Beiträge der unterſtützenden Mitglieder und auf die aus Ver-
anſtaltungen und Feſtlichkeiten erzielten Einnahmen. Die Bilanz
für das Geſchäftsjahr 1907 verzeichnet an Prämienreſerven
1,013,000 M und an Reſerven und ſogenannten freien Fonds —
Reſervefonds, Zuſchußfonds, Stiftungsfonds uſw. — 509,000 M.
Der Prämienreſerve, die die Geſamtheit derjenigen Mittel um-
faßt, die zur Deckung der feſtſtehenden rechneriſchen Verpflich-
tungen notwendig ſind, ſtehen ſomit mehr als 50 Prozent an
Reſerven und ſonſtigen Fonds gegenüber. Mit dem Insleben-
treten der Witwen- und Waiſenverſicherung brachte das ver-
floſſene Jahr wohl den größten und bedeutendſten Er-
folg,
den die Anſtalt ſeit ihrer Gründung zu verzeichnen hatte.
— Der Auszug wie die übrigen Druckſachen der Anſtalt ſind jeder-
zeit durch die Geſchäftsſtelle (München, Max Joſephſtraße 1/0)
koſtenlos zu beziehen.


* Die Vorſtellungen der Royal Bio Co. erfreuen ſich fort-
geſetzt größten Intereſſes; das jetzige Programm bringt auch tat-
ſächlich durchaus Gediegenes. Beſonders ſei auf Zeppelins lenk-
bares Luftſchiff verwieſen. Jeden Mittwoch und Samstag Nach-
mittag finden Familienvorſtellungen ſtatt, die es ermöglichen, zu
billigem Preis auch den Kindern ein intereſſantes und lehrreiches
Vergnügen zu bieten.

* Sven Scholander.

Der berühmte ſchwediſche Lautenſänger
wird in ſeinem am 22. März im Muſeum ſtattfindenden Lieder-
abend eine Auswahl deutſcher, engliſcher, franzöſiſcher und ſchwe-
diſcher Volkslieder zum Vortrag bringen. (Karten bei Otto
Bauer, Maximilianſtraße 5.)


* Dr. Helene Stöcker wird noch einen Vortragsabend ver-
anſtalten, und zwar Samstag, den 21. März, im Richard Wagner-
Saale des Hotel Bayeriſcher Hof. (Karten bei Otto Bauer,
Maximilianſtraße 5.)


* Luſtſpielhaus. Die Direktion hat für die nächſte Zeit
mehrere Gaſtſpiele vereinbart. Den Anfang macht Frl. Marga-
rete Walter mit ihrem Enſemble; zur Aufführung gelangt das
Dramolet „Er“.


* Die Schlierſeer im Deutſchen Theater. Am Freitag, den
20. d. M., erſcheint von Frau Hartl-Mitius das vieraktige ober-
bayeriſche Volksſtück „Der Protzenbauer“, dem Samstag die
Novität „Sherlock Holmes im Gebirge“ folgt.

* Wohltätigkeits-Konzert.

Bei dem am 25. März (Maria
Verkündigung) abends 7 Uhr im großen Saal des Joſephs-
hauſes (Hochſtraße 28 a) ſtattfindenden Konzert zugunſten der
St. Wolfgang-Kirche, zu dem hervorragende Kräfte ihre
gütige Mitwirkung zuſagten, kommen im erſten Teil der „Prolog
aus Bajazzo“, „Kirchenarie aus Stradella“ ſowie gemiſchte und
Frauenchöre von Goller, Fritz Weber, Deigendeſch, Schumann,
Curſch-Bühren zum Vortrag. Im zweiten Teil gelangt (hier
zum erſtenmal) die einaktige bibliſche Oper Das Götzenbild
Bel
von Karl Spöttel unter perſönlicher Leitung des Kompo-
niſten zur Aufführung.

b. Todesfall.

Gravieranſtaltsbeſitzer F. X. Vogl iſt geſtern
geſtorben. Als Vorſtandsmitglied der Ortskrankenkaſſe München
ſowie als Mitglied des Verwaltungsausſchuſſes der Verſicherungs-
anſtalt für Oberbayern uſw. hat er ſich äußerſt viele Verdienſte
erworben.

Vereinsmitteilungen, Verſammlungen, Vorträge.

Bayeriſcher Bezirks-Verein
Deutſcher Ingenieure:
10. Vereinsverſammlung. Vor-
trag des Herrn Ingenieur Alfred Schlomann: Die illuſtrier-
ten Techniſchen Wörterbücher, ihre Organiſation und ihre Be-
deutung für die internationale Technik (mit zahlreichen Licht-
bildern).

Bayeriſche Chronik.
Oberrealſchule und Gleichberechtigung.

Am 4. März 1908 fand in der ſächſiſchen Zweiten Kammer
eine bemerkenswerte Debatte über die in jüngſter Zeit auch in
der bayeriſchen Kammer der Abgeordneten erörterten Schulfragen
ſtatt. Das Ergebnis der Verhandlungen war die einſtimmige
Annahme nicht nur des Antrages auf Errichtung von Oberreal-
ſchulen, ſondern auch des Antrages, „die Berechtigungen
der Oberrealſchulen in Uebereinſtimmung mit den in Preußen
geltenden Beſtimmungen zu regeln und entgegenſtehende Beſtim-
mungen und Verordnungen baldmöglichſt aufzuheben“. Wenn
Sachſen hinſichtlich der Errichtung der Oberrealſchulen Bayern
nachhinkt, macht es dies dadurch wett, daß es die neue Schul-
gattung von vornherein mit weſentlich erweiterten Berechtigungen
ausſtattet. Es folgt hierin dem Zuge der Gegenwart und den
Verhältniſſen, der Verteilung der einzelnen Schulgattungen im
Lande: es ſtehen in Sachſen 22 humaniſtiſchen Gymnaſien mit
etwa 6600 Schülern und 13 Realgymnaſien mit etwa 5500
Schülern 39 Realſchulen mit etwa 10,000 Schülern gegenüber.

Wir exzerpieren das offizielle Protokoll.

Der Antragſteller Dr. Rühlmann erklärte, man werde
ſich in Sachſen bei der Erledigung dieſer Frage jedenfalls
nicht nach Bayern
richten, das ſich zu reſerviert verhalte,
und ſprach ſich dahin aus, eine weitere Ueberfüllung des juriſti-
ſchen Studiums ſei nicht zu befürchten. Bedeutſam war die
Stellungnahme des Kultusminiſters Dr. Beck. Er ſtellte ſich
auf den Standpunkt, daß, wenn auch das humaniſtiſche Gym-
naſium die geeignetſte Vorbereitung für Jus darſtelle, doch den
Realanſtalten die Berechtigung hierzu wohl gewährt werden
könne, da die Zahl der zum Rechtsſtudium übergehenden Abi-
turienten nicht groß ſein werde, wie die bisherigen Erfahrungen
bewieſen. Andrerſeits müſſe ein Realabiturient, der Jus ſtudiere,
viel Tatkraft beſitzen und eine willensſtarke Perſönlichkeit dar-
ſtellen, die ein zur Aufnahme in den Juriſtenſtand
durchaus geeignetes Element
ſein werde; ein ſolcher
Oberrealſchüler werde gewiß ein geeigneterer Juriſt werden als
Gymnaſiaſten, die mit Mühe und Not durch die Gymnaſien ge-
ſchleppt wurden. Insbeſondere ſei auch auf dem Gebiete des
Unterrichtsweſens eine Reichs- und Rechtseinheit ein dringendes
Bedürfnis, und in dieſem Sinne die Haltung des bayeriſchen
Juſtizminiſters hoffnungerweckend. Die ſächſiſchen Väter hätten
das Recht zu verlangen, daß auch ihre Söhne auf den Landes-
univerſitäten, zu deren Koſten ſie mit beitragen, ſo
gut wie die Söhne anderer Bundesſtaaten Jus ſtudieren könnten.
Er ſei zur Ueberzeugung gekommen, daß ſich ſehr wohl ein Modus
finden laſſe, der auf der einen Seite die Gleichberechtigung aller
neunklaſſigen Mittelſchulen ermögliche, auf der anderen Seite
die bisherige Vorbildung der Juriſten auch für die Zukunft ver-
bürge.

Für die Zulaſſung der Realabiturienten zur Jurisprudenz
ſprachen ſich ohne Ausnahme ſämtliche Teilnehmer an der
Debatte aus. Der Abg. Bär betonte, daß es namentlich die
energiſchen, befähigten Elemente ſeien, die ſich von der Ober-
[Spaltenumbruch] realſchule aus zum Studium von Jus oder Philologie entſchließen
würden; ſie brächten es ſicher ebenſo leicht fertig, das juriſtiſche
Studium aufzunehmen, wie die Abiturienten der humaniſtiſchen
Gymnaſien zu den techniſchen Wiſſenſchaften übergingen. Im
übrigen ſie die bayeriſche Verordnung vom 14. Juni
1907 über die monatliche Zahlungsweiſe eines
verhältnismäßig niedrigen Schulgeldes ge-
radezu vorbildlich.
Der Vizepräſident Opitz wies dar-
auf hin, daß ſich praktiſch die Verhältniſſe durch Zulaſſung der
Realabiturienten ſo gut wie gar nicht ändern würden. Ihm
ſtimmte der Abg. Enke bei, der ausführte, die Ueberfüllung
regle ſich von ſelbſt. Der Kultusminiſter ergriff nochmals
das Wort und erklärte u. a.:

Ausdrücklich muß es als ein
ganz beſonderer Gewinn für unſer öffentliches Leben
bezeichnet werden, wenn nicht wie bisher nur die aus dem Gym-
naſium hervorgegangenen Juriſten ihre Tätigkeit in Staat und
Gemeinde entfalten, ſondern wenn möglichſt Ergänzungen auch
von ſolchen Elementen mit hinzutreten, die ihren Bildungsgang
auf anderen Wegen genommen haben. Ich glaube, dieſe Be-
reicherung würde für unſer öffentliches Leben nur von Vor-
teil
ſein.“

Das Ergebnis war die einſtimmige Annahme ſämtlicher
Punkte. Dieſe Verhandlungen unterſcheiden ſich ſehr zu ihrem
Vorteile von denen im bayeriſchen Landtage. Wohltuend berührt
die Einmütigkeit von Regierung und Kammer in dem
Beſtreben, die Söhne des Landes nicht ſchlechter zu ſtellen als die
anderer Bundesſtaaten. Gewiſſe Argumente, die in Bayern er-
fahrungsgemäß Beifall ſeitens einzelner Partikulariſten der
rechten Seite des Hauſes auszulöſen pflegen, ſind in Sachſen,
dem Bildungsniveau der Kammer gemäß, von vornherein aus-
geſchloſſen. Der Hauptunterſchied betrifft die Haltung der beiden
Kultusminiſter: während Dr. Beck entſchloſſen auf Seite der
Antragſteller ſtand und durch ſeine impulſive Schlußrede zur
Erzielung des einſtimmigen Reſultates weſentlich beitrug, ver-
hielt ſich Dr. v. Wehner in den letzten bayeriſchen Debatten
paſſiv.

C. H. Berggewerbegericht Zweibrücken.

Das Geſetz-
und Verordnungsblatt veröffentlicht eine Bekannt-
machung, nach welcher für die Entſcheidung von Streitig-
keiten aus dem Arbeitsverhältniſſe zwiſchen den auf den
Bergwerken, unterirdiſchen Brüchen und Gräbereien des
Regierungsbezirkes der Pfalz beſchäftigten Arbeitern einer-
ſeits und ihren Arbeitgebern andrerſeits ein Gewerbegericht
errichtet wird. Dasſelbe führt den Namen „Berggewerbe-
gericht Zweibrücken“ und hat ſeinen Sitz in Zweibrücken.

* Strafanſtalten.

In den nächſten Tagen werden in
Nürnberg die Vorſtände der bayeriſchen Straf-
anſtalten
unter dem Vorſitz des Juſtizminiſters zu Be-
ratungen
zuſammentreten. Den Gegenſtand dieſer Be-
ratungen werden Fragen des inneren Dienſtbetriebes bil-
den, insbeſondere die Neuregelung des Dienſtes des Auf-
ſichtsperſonals,
die Vereinfachung des Rechnungs-
weſens und die Vorbereitung derjenigen Aenderungen, die
die Eröffnung der neuen Strafanſtalten in Aichach und
Landsberg mit ſich bringen werden.

* Eine neue politiſche Korreſpondenz.

Die Freie Vereini-
gung des Bayeriſchen Landtages gibt von den nächſten Tagen
an nach dem Vorgang der Liberalen und des Zentrums nunmehr
auch eine Parlaments-Korreſpondenz heraus.

* Schürftätigkeit in Bayern.

Aus bergbaulichen
Kreiſen wird uns geſchrieben: Die Folgen des in Ausſicht
ſtehenden, bis zum 1. Januar d. J. rückwirkenden Berg-
geſetzes
beginnen ſich zu zeigen. Nachdem die Bohrungen
auf Steinkohlen bei Nürnberg eingeſtellt wurden, wird
eine weitere Geſellſchaft, und zwar die Deutſch-Luxem-
burgiſche Bergwerksgeſellſchaft, noch in dieſem Monat
Bayern verlaſſen, nachdem ſie ſeit Jahresfriſt eine größere
Anzahl Arbeiter zum Schürfen auf Erz bei Pegnitz ver-
wendete. Auch zwei bayeriſche Schürfgeſellſchaften haben
die Arbeiten aufgegeben und ſämtliche Arbeiter entlaſſen.
Das Bergärar hat nun reichlich Gelegenheit, ſeine Schürf-
arbeiten mehr zu betätigen als bisher, um ſo mehr, als die
Ausſichten auf die beabſichtigte Anſchlußmutung infolge der
kaum nennenswerten Mutungen zu ſchlechten Hoffnungen
berechtigen.

* Zur Interpretation des ſtenographiſchen Berichts.

Soeben
iſt der ſtenographiſche Bericht über die 100. öffentliche Sitzung
der bayeriſchen Kammer der Abgeordneten erſchienen; der Bericht
lautet auf S. 887:

2. Vizepräſident: ... M. H.! Es liegt mir nun
ein Antrag auf Vertagung der Sitzung vor, geſtellt von den
Herren Abgeordneten Dr. Caſſelmann und Oſel.

Ich glaube, in Anbetracht der beſonderen Umſtände,
die heute herrſchen, wird die Vertagung jetzt gerechtfertigt ſein.“


Tauſende und Abertauſende von treuen und regelmäßigen
Leſern der intereſſanten ſtenographiſchen Berichte werden ſich
fragen: Welcher Art mögen die „beſonderen Umſtände“ ſein, von
denen der verehrte Herr Vizepräſident ſpricht? Am nun eine
Lücke der bayeriſchen Parlamentsgeſchichte auszufüllen, erlauben
wir uns, als Ergänzung des amtlichen Berichtes folgendes hübſche
Stimmungsbild wiederzugeben, das das Würzburger Journal von
der denkwürdigen Sitzung entwirft:

„Wie doch die Zeit in
München ſo ſchnell vergeht! Die hundertſte Kammerſitzung, ein
bedeutungsvoller Abſchnitt in der ſich ſchier endlos dehnenden
Seſſion. Hundertmal geſeſſen und doch noch nichts Ordentliches
fertig gebracht! Der Tag erhielt eine beſondere Weihe durch das
Wiedererſcheinen Orterers am Präſidententiſch. Dem neuen
Kontur, der doch von allen königlichen und prinzlichen Tellern
ſchon genaſcht hat, iſt es plötzlich von der Hofkoſt übel geworden.
Man ſieht, daß das Zentrum denn doch noch nicht ganz regie-
rungsfähig iſt. Sein Empfang in der Kammer ermangelte nicht
der Feierlichheit. Ihm zu Ehren war ſein Platz dekoriert und der
Referent illuminiert. Wo der Herr Landſtand, der
über das brettreiche Innerliche des bayeriſchen Staates referieren
ſollte, das exotiſche Tierchen her hatte, das er vor den Augen von
ganz Israel ſo nett tanzen ließ, daß es ſelbſt den Neid des ſach-
verſtändigen Dr. Deinhard erregt hätte, war nicht zu eruieren.
Doch zeigte er noch großes Intereſſe für das, was um ihn vor-
ging, und als ſein „Korpsbruder“ Gerſtenberger des Langen und
des Breiten von einer beſoffenen Mette, ſo in der See- und
Handelsſtadt Lohr abgehalten wurde, erzählte, erglänzte auf
ſeinem Antlitz der Strahl lächelnden Verſtändniſſes. Und im
ganzen Saal lachten Büchſenſpanner und Miniſter, Deputati,
Türenſteher, daß ſie ſchier zu berſten dachten. Nur des Herrn Dr.
v. Orterers grämliche Viſage blieb unberührt von der Komik
der Situation und als er mit ſaurer Miene „der heute gegebenen
[irrelevantes Material]
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[Seite 4[4]/0004] München, Freitag Allgemeine Zeitung 20. März 1908. Nr. 133. Münchener Stadtanzeiger.Dem verſtorbenen Gründungsmitgliede Herrn Bruno Fried- rich widmete der Vorſitzende einen Nachruf. An die Stelle des ausgeſchiedenen zweiten Vorſtandes Herr Stadtſchulinſpektor Ig. Schmid war Herr Miniſterialrat Dr. Ferdinand Englert getreten, die Kaſſaführung übernahm mit Januar 1908 Herr Oberlehrer Lex und als erſter Schriftführer iſt Herr Max Fiſcher, Direktor, eingetreten. Der Materialverwalter des Vereins Herr A. Wöſtermayr berichtete über den Stand des Inventars und der Kaſſier Herr Oberlehrer Lex gab Bericht über den Kaſſaſtand. Bei der dar- auffolgenden Wahl der 12 aus dem Ausſchuß auszuſcheidenden Mitglieder wurden dieſelben per Akklamation wiedergewählt. * Einführung in Wagners Dramen. Die ſeit einigen Jahren von Leo Geisberg veranſtalteten, von weiten Kreiſen ernſter Kunſtfreunde mit dankbarem Intereſſe aufgenommenen Ein- führungskurſe in Wagners Dramen werden mit einem (zwölf Vorträge umfaſſenden) Kurſus über den „Ring“ am Sams- tag, 21. März, nachmittags 3 Uhr wieder aufgenommen. Ferner ſollen zur Verhandlung gelangen: Tannhäuſer, Meiſterſinger, Triſtan und Parſifal, d. h. alſo die Werke, die in der nächſten Zeit im Hoftheater und im Sommer 1908 im Prinzregenten- theater und im Feſtſpielhauſe zu Bayreuth zur Aufführung ge- langen. Geisberg enthüllt den künſtleriſchen Geſamtorganismus, in dem er das Organiſch-Zuſammengehörige nicht durch zu weites Auseinanderreißen der einzelnen Teile ſeiner eigentlichen ein- heitlichen Form entfremdet. Er deckt die innere Quelle der Ent- ſtehung der Dramen auf, weiſt auf ihren inneren Zuſammen- hang, ihren Ideengehalt hin und knüpft hieran ſofort die dichte- riſch-muſikaliſche Vorführung (am Klavier) an, ſo daß der für die Erzielung eines tieferen Erfaſſens unumgänglichen Zergliede- rung gleich wieder der künſtleriſch ſchaffende Aufbau folgt. An- meldungen an Leo Geisberg, Kaulbachſtraße 36/III. mt. Bei den Oſterhaſen. So betitelt ſich ein äußerſt nied- liches Frühlingsidyll, das die treffliche Kinderfreundin Fräulein Käte Joël aus Zürich, die Verfaſſerin der von den Auf- führungen im hieſigen Volkstheater rühmlichſt bekannten Märchenſpiele „Sonntagskinder“, „Unter Chriſtkindleins Schutz“ und „Das Goldkrönlein“, der lieben Jugend neuerdings beſchert hat. Die Aufführung, die am Mittwoch Abend im Theaterſaale des Hotel Union ſtattfand, bot einen großen Genuß für alt und jung. Die Verfaſſerin, die nicht nur Text und Muſik zu dem im Verlag des Art. Inſtituts von Orell Füßli Zürich erſchienenen Werkchens geſchrieben, ſondern auch das Ganze perſönlich ein- ſtudiert und inſzeniert hatte, wurde am Schluſſe der Vorſtellung mit den Mitwirkenden, Kindern hieſiger Volksſchulen, mit Bei- fall überſchüttet und durch Blumen ausgezeichnet. Ganz beſonders hervorgehoben zu werden verdienen die überraſchenden Leiſtungen der kleinen 12jährigen Toni Mark, die als Hanna die Haupt- rolle ſpielte. Das Stückchen, das am Samstag, 21. ds., nachm. 4 Uhr, wiederholt wird, kann allen Eltern und Kinderfreunden nicht genug empfohlen werden, um ſo mehr, als der Ertrag zum Beſten des „Vereins der Freundinnen junger Mädchen“ be- ſtimmt iſt. ch. Im Kunſtgewerbeverein hielt am vergangenen Dienstag Major Baumann einen Vortrag über ſeine Reiſe nach dem Toten Meer und der Felſenſtadt Petra im alten Nabatäerland. Von Jeruſalem aufbrechend, nahmen die Reiſenden ihren Weg über Bethlehem und die Bergfeſten des Herodes nach dem Toten Meer. Weder die Gegend zwiſchen Jeruſalem und dem Salzſee, noch auch dieſer ſelbſt iſt nach dem Berichte des Reiſenden ſo reizlos, als man ſie ſich gewöhnlich vorzuſtellen pflegte. Die üppigen Mohnfelder am Wege regten Bruno Piglhein zu ſeinem bekannten Bilde: Die Blinde, an. Inmitten einer wunderbaren Landſchaft, die von Nachtigallen bevölkert war, eröffnete ſich den Reiſenden der Blick auf den ſchönen, blauen, klaren Spiegel des Meers, das freilich, von Fiſchen und Waſſervögeln gänzlich verlaſſen, ſeinen Namen „Totes Meer“ wohl verdient. Petra, einſt die Heimat der Edomiter, der Nachkommen Eſaus, wurde ſpäter von dem Nomadenvolke der Nabatäer in Beſitz genommen, die hier ein Königreich „peträiſches Arabien“ gründeten. Von der Stadt der Lebenden iſt nichts mehr erhalten. Höchſter Be- wunderung aber iſt die Nekropole wert, die Grabmäler von klaſſiſcher Stilreinheit und Eleganz enthält. Die Beſteigung des Berges Schebel Harun, des Horeb, auf deſſen Höhe Aaron ſtarb, wurde Major Baumann, wohl als letztem Europäer, von fanatiſchen Moslems verboten. Der Vortrag war durch zahl- reiche intereſſante Lichtbilder unterſtützt und fand dankbare Auf- nahme. * Die Penſionsanſtalt deutſcher Journaliſten und Schrift- ſteller veröffentlicht einen Auszug aus dem Geſchäftsberichte für 1907, in dem die Erfolge des verfloſſenen Jahres ziffermäßigen Ausdruck finden. Den Einnahmen an Beiträgen der Mitglieder Bunte Chronik.meter. Auf dieſelbe Art habe ich feſtgeſtellt, daß Sperlinge und ähnliche kleine Vögel mit Leichtigkeit 60 Kilometer in der Stunde erreichen, Buſſarde aber ſelbſt einen mit 80 Kilometer Stunden- geſchwindigkeit fahrenden Kraftwagen raſch überholen. Ich hatte ſchon das Vergnügen, all den genannten Tieren an einem Tage zu begegnen, und konnte ſo in das Fahrtenbuch den Regiſtrier- ſtreifen meines Geſchwindigkeitsmeſſers einkleben mit den neuen Bezeichnungen an den betreffenden Stellen: „Haſengeſchwindig- keit“ (geſetzlich), „Spatzengeſchwindigkeit“ (unerlaubt) uſw. C. K. Koſtſpielige Erziehung. Man hat unlängſt eine Be- rechnung aufgeſtellt, nach der die Ausbildung eines engliſchen oder amerikaniſchen Knaben aus guter Familie zu einem gelehrten Berufe, zum Arzt, Advokaten oder Ingenieur, einen Koſtenauf- wand von 100,000 bis 120,000 M erfordert. Im Gegenſatz dazu ſtellt ſich die Erziehung einer Tochter für eine engliſche Familie im allgemeinen ziemlich billig. Handelt es ſich jedoch um ein Mädchen aus den oberſten Schichten des Bürgertums oder aus der Ariſtokratie, ſo ſteigen die Koſten bisweilen zu ganz un- glaublicher Höhe. Ein Korreſpondent des Reſto del Carlino führt zum Beweiſe folgenden Fall an: Eine vornehme engliſche Dame gab für ihr Töchterchen in den erſten acht Jahren für „nurses“, Kleidung und Unterhalt durchſchnittlich 4400 M im Jahre aus. Von ihrem neunten bis zum fünfzehnten Lebensjahre wurde das junge Mädchen einer Erzieherin anvertraut und erhielt Unter- richt in der Muſik, im Zeichnen, im Tanzen uſw.; die Ausgaben ſtiegen dabei auf 5600 M im Jahre und betrugen für die ſieben Jahre alſo 39,200 M. Es folgten drei Studienjahre in einem großen Penſionat, die 9400 M pro Jahr, alſo weitere 28,200 M erforderten. Das nächſte Jahr füllte ein Aufenthalt in Paris und in Dresden zur praktiſchen Uebung der franzöſiſchen und der deutſchen Sprache, und dieſer koſtete 15,000 M. Nach engliſcher Anſchauung kann ein junges Mädchen der guten Geſellſchaft nicht anders einen guten „start“ für ihren Eintritt ins Leben haben, als daß ſie eine „season“ in London verlebt und bei Hofe vor- geſtellt wird. Eine „season“ von wenigſtens drei Monaten in London mit den Toiletten für die Vorſtellung bei Hof, mit den Feſten, Theatervorſtellungen uſw., erfordert aber wenigſtens einen Aufwand von 60,000 M. Rechnet man von dieſer letzten Summe auch nur die Hälfte als Erziehungskoſten für die Tochter, ſo kommt man mit den vorhergehenden Poſten doch auf die ſtatt- liche Geſamtſumme von 147,600 M, die eine wirklich ſtandes- gemäße Erziehung einer jungen Engländerin koſtet. Münchener Stadtanzeiger.von 89,212 M ſtehen zur Seite 229,920 M an außerordentlichen Einnahmen. Von der letztgenannten Summe treffen 119,352 M auf den Ertrag der Lotterie zum Beſten der Witwen- und Waiſenverſorgung, 89,780 M auf Vermächtniſſe und 18,859 M auf Beiträge der unterſtützenden Mitglieder und auf die aus Ver- anſtaltungen und Feſtlichkeiten erzielten Einnahmen. Die Bilanz für das Geſchäftsjahr 1907 verzeichnet an Prämienreſerven 1,013,000 M und an Reſerven und ſogenannten freien Fonds — Reſervefonds, Zuſchußfonds, Stiftungsfonds uſw. — 509,000 M. Der Prämienreſerve, die die Geſamtheit derjenigen Mittel um- faßt, die zur Deckung der feſtſtehenden rechneriſchen Verpflich- tungen notwendig ſind, ſtehen ſomit mehr als 50 Prozent an Reſerven und ſonſtigen Fonds gegenüber. Mit dem Insleben- treten der Witwen- und Waiſenverſicherung brachte das ver- floſſene Jahr wohl den größten und bedeutendſten Er- folg, den die Anſtalt ſeit ihrer Gründung zu verzeichnen hatte. — Der Auszug wie die übrigen Druckſachen der Anſtalt ſind jeder- zeit durch die Geſchäftsſtelle (München, Max Joſephſtraße 1/0) koſtenlos zu beziehen. * Die Vorſtellungen der Royal Bio Co. erfreuen ſich fort- geſetzt größten Intereſſes; das jetzige Programm bringt auch tat- ſächlich durchaus Gediegenes. Beſonders ſei auf Zeppelins lenk- bares Luftſchiff verwieſen. Jeden Mittwoch und Samstag Nach- mittag finden Familienvorſtellungen ſtatt, die es ermöglichen, zu billigem Preis auch den Kindern ein intereſſantes und lehrreiches Vergnügen zu bieten. * Sven Scholander. Der berühmte ſchwediſche Lautenſänger wird in ſeinem am 22. März im Muſeum ſtattfindenden Lieder- abend eine Auswahl deutſcher, engliſcher, franzöſiſcher und ſchwe- diſcher Volkslieder zum Vortrag bringen. (Karten bei Otto Bauer, Maximilianſtraße 5.) * Dr. Helene Stöcker wird noch einen Vortragsabend ver- anſtalten, und zwar Samstag, den 21. März, im Richard Wagner- Saale des Hotel Bayeriſcher Hof. (Karten bei Otto Bauer, Maximilianſtraße 5.) * Luſtſpielhaus. Die Direktion hat für die nächſte Zeit mehrere Gaſtſpiele vereinbart. Den Anfang macht Frl. Marga- rete Walter mit ihrem Enſemble; zur Aufführung gelangt das Dramolet „Er“. * Die Schlierſeer im Deutſchen Theater. Am Freitag, den 20. d. M., erſcheint von Frau Hartl-Mitius das vieraktige ober- bayeriſche Volksſtück „Der Protzenbauer“, dem Samstag die Novität „Sherlock Holmes im Gebirge“ folgt. * Wohltätigkeits-Konzert. Bei dem am 25. März (Maria Verkündigung) abends 7 Uhr im großen Saal des Joſephs- hauſes (Hochſtraße 28 a) ſtattfindenden Konzert zugunſten der St. Wolfgang-Kirche, zu dem hervorragende Kräfte ihre gütige Mitwirkung zuſagten, kommen im erſten Teil der „Prolog aus Bajazzo“, „Kirchenarie aus Stradella“ ſowie gemiſchte und Frauenchöre von Goller, Fritz Weber, Deigendeſch, Schumann, Curſch-Bühren zum Vortrag. Im zweiten Teil gelangt (hier zum erſtenmal) die einaktige bibliſche Oper Das Götzenbild Bel von Karl Spöttel unter perſönlicher Leitung des Kompo- niſten zur Aufführung. b. Todesfall. Gravieranſtaltsbeſitzer F. X. Vogl iſt geſtern geſtorben. Als Vorſtandsmitglied der Ortskrankenkaſſe München ſowie als Mitglied des Verwaltungsausſchuſſes der Verſicherungs- anſtalt für Oberbayern uſw. hat er ſich äußerſt viele Verdienſte erworben. Vereinsmitteilungen, Verſammlungen, Vorträge. Freitag, 20. März: Bayeriſcher Bezirks-Verein Deutſcher Ingenieure: 10. Vereinsverſammlung. Vor- trag des Herrn Ingenieur Alfred Schlomann: Die illuſtrier- ten Techniſchen Wörterbücher, ihre Organiſation und ihre Be- deutung für die internationale Technik (mit zahlreichen Licht- bildern). Bayeriſche Chronik. Oberrealſchule und Gleichberechtigung. Am 4. März 1908 fand in der ſächſiſchen Zweiten Kammer eine bemerkenswerte Debatte über die in jüngſter Zeit auch in der bayeriſchen Kammer der Abgeordneten erörterten Schulfragen ſtatt. Das Ergebnis der Verhandlungen war die einſtimmige Annahme nicht nur des Antrages auf Errichtung von Oberreal- ſchulen, ſondern auch des Antrages, „die Berechtigungen der Oberrealſchulen in Uebereinſtimmung mit den in Preußen geltenden Beſtimmungen zu regeln und entgegenſtehende Beſtim- mungen und Verordnungen baldmöglichſt aufzuheben“. Wenn Sachſen hinſichtlich der Errichtung der Oberrealſchulen Bayern nachhinkt, macht es dies dadurch wett, daß es die neue Schul- gattung von vornherein mit weſentlich erweiterten Berechtigungen ausſtattet. Es folgt hierin dem Zuge der Gegenwart und den Verhältniſſen, der Verteilung der einzelnen Schulgattungen im Lande: es ſtehen in Sachſen 22 humaniſtiſchen Gymnaſien mit etwa 6600 Schülern und 13 Realgymnaſien mit etwa 5500 Schülern 39 Realſchulen mit etwa 10,000 Schülern gegenüber. Wir exzerpieren das offizielle Protokoll. Der Antragſteller Dr. Rühlmann erklärte, man werde ſich in Sachſen bei der Erledigung dieſer Frage jedenfalls nicht nach Bayern richten, das ſich zu reſerviert verhalte, und ſprach ſich dahin aus, eine weitere Ueberfüllung des juriſti- ſchen Studiums ſei nicht zu befürchten. Bedeutſam war die Stellungnahme des Kultusminiſters Dr. Beck. Er ſtellte ſich auf den Standpunkt, daß, wenn auch das humaniſtiſche Gym- naſium die geeignetſte Vorbereitung für Jus darſtelle, doch den Realanſtalten die Berechtigung hierzu wohl gewährt werden könne, da die Zahl der zum Rechtsſtudium übergehenden Abi- turienten nicht groß ſein werde, wie die bisherigen Erfahrungen bewieſen. Andrerſeits müſſe ein Realabiturient, der Jus ſtudiere, viel Tatkraft beſitzen und eine willensſtarke Perſönlichkeit dar- ſtellen, die ein zur Aufnahme in den Juriſtenſtand durchaus geeignetes Element ſein werde; ein ſolcher Oberrealſchüler werde gewiß ein geeigneterer Juriſt werden als Gymnaſiaſten, die mit Mühe und Not durch die Gymnaſien ge- ſchleppt wurden. Insbeſondere ſei auch auf dem Gebiete des Unterrichtsweſens eine Reichs- und Rechtseinheit ein dringendes Bedürfnis, und in dieſem Sinne die Haltung des bayeriſchen Juſtizminiſters hoffnungerweckend. Die ſächſiſchen Väter hätten das Recht zu verlangen, daß auch ihre Söhne auf den Landes- univerſitäten, zu deren Koſten ſie mit beitragen, ſo gut wie die Söhne anderer Bundesſtaaten Jus ſtudieren könnten. Er ſei zur Ueberzeugung gekommen, daß ſich ſehr wohl ein Modus finden laſſe, der auf der einen Seite die Gleichberechtigung aller neunklaſſigen Mittelſchulen ermögliche, auf der anderen Seite die bisherige Vorbildung der Juriſten auch für die Zukunft ver- bürge. Für die Zulaſſung der Realabiturienten zur Jurisprudenz ſprachen ſich ohne Ausnahme ſämtliche Teilnehmer an der Debatte aus. Der Abg. Bär betonte, daß es namentlich die energiſchen, befähigten Elemente ſeien, die ſich von der Ober- realſchule aus zum Studium von Jus oder Philologie entſchließen würden; ſie brächten es ſicher ebenſo leicht fertig, das juriſtiſche Studium aufzunehmen, wie die Abiturienten der humaniſtiſchen Gymnaſien zu den techniſchen Wiſſenſchaften übergingen. Im übrigen ſie die bayeriſche Verordnung vom 14. Juni 1907 über die monatliche Zahlungsweiſe eines verhältnismäßig niedrigen Schulgeldes ge- radezu vorbildlich. Der Vizepräſident Opitz wies dar- auf hin, daß ſich praktiſch die Verhältniſſe durch Zulaſſung der Realabiturienten ſo gut wie gar nicht ändern würden. Ihm ſtimmte der Abg. Enke bei, der ausführte, die Ueberfüllung regle ſich von ſelbſt. Der Kultusminiſter ergriff nochmals das Wort und erklärte u. a.: „Ausdrücklich muß es als ein ganz beſonderer Gewinn für unſer öffentliches Leben bezeichnet werden, wenn nicht wie bisher nur die aus dem Gym- naſium hervorgegangenen Juriſten ihre Tätigkeit in Staat und Gemeinde entfalten, ſondern wenn möglichſt Ergänzungen auch von ſolchen Elementen mit hinzutreten, die ihren Bildungsgang auf anderen Wegen genommen haben. Ich glaube, dieſe Be- reicherung würde für unſer öffentliches Leben nur von Vor- teil ſein.“ Das Ergebnis war die einſtimmige Annahme ſämtlicher Punkte. Dieſe Verhandlungen unterſcheiden ſich ſehr zu ihrem Vorteile von denen im bayeriſchen Landtage. Wohltuend berührt die Einmütigkeit von Regierung und Kammer in dem Beſtreben, die Söhne des Landes nicht ſchlechter zu ſtellen als die anderer Bundesſtaaten. Gewiſſe Argumente, die in Bayern er- fahrungsgemäß Beifall ſeitens einzelner Partikulariſten der rechten Seite des Hauſes auszulöſen pflegen, ſind in Sachſen, dem Bildungsniveau der Kammer gemäß, von vornherein aus- geſchloſſen. Der Hauptunterſchied betrifft die Haltung der beiden Kultusminiſter: während Dr. Beck entſchloſſen auf Seite der Antragſteller ſtand und durch ſeine impulſive Schlußrede zur Erzielung des einſtimmigen Reſultates weſentlich beitrug, ver- hielt ſich Dr. v. Wehner in den letzten bayeriſchen Debatten paſſiv. C. H. Berggewerbegericht Zweibrücken. Das Geſetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht eine Bekannt- machung, nach welcher für die Entſcheidung von Streitig- keiten aus dem Arbeitsverhältniſſe zwiſchen den auf den Bergwerken, unterirdiſchen Brüchen und Gräbereien des Regierungsbezirkes der Pfalz beſchäftigten Arbeitern einer- ſeits und ihren Arbeitgebern andrerſeits ein Gewerbegericht errichtet wird. Dasſelbe führt den Namen „Berggewerbe- gericht Zweibrücken“ und hat ſeinen Sitz in Zweibrücken. * Strafanſtalten. In den nächſten Tagen werden in Nürnberg die Vorſtände der bayeriſchen Straf- anſtalten unter dem Vorſitz des Juſtizminiſters zu Be- ratungen zuſammentreten. Den Gegenſtand dieſer Be- ratungen werden Fragen des inneren Dienſtbetriebes bil- den, insbeſondere die Neuregelung des Dienſtes des Auf- ſichtsperſonals, die Vereinfachung des Rechnungs- weſens und die Vorbereitung derjenigen Aenderungen, die die Eröffnung der neuen Strafanſtalten in Aichach und Landsberg mit ſich bringen werden. * Eine neue politiſche Korreſpondenz. Die Freie Vereini- gung des Bayeriſchen Landtages gibt von den nächſten Tagen an nach dem Vorgang der Liberalen und des Zentrums nunmehr auch eine Parlaments-Korreſpondenz heraus. * Schürftätigkeit in Bayern. Aus bergbaulichen Kreiſen wird uns geſchrieben: Die Folgen des in Ausſicht ſtehenden, bis zum 1. Januar d. J. rückwirkenden Berg- geſetzes beginnen ſich zu zeigen. Nachdem die Bohrungen auf Steinkohlen bei Nürnberg eingeſtellt wurden, wird eine weitere Geſellſchaft, und zwar die Deutſch-Luxem- burgiſche Bergwerksgeſellſchaft, noch in dieſem Monat Bayern verlaſſen, nachdem ſie ſeit Jahresfriſt eine größere Anzahl Arbeiter zum Schürfen auf Erz bei Pegnitz ver- wendete. Auch zwei bayeriſche Schürfgeſellſchaften haben die Arbeiten aufgegeben und ſämtliche Arbeiter entlaſſen. Das Bergärar hat nun reichlich Gelegenheit, ſeine Schürf- arbeiten mehr zu betätigen als bisher, um ſo mehr, als die Ausſichten auf die beabſichtigte Anſchlußmutung infolge der kaum nennenswerten Mutungen zu ſchlechten Hoffnungen berechtigen. * Zur Interpretation des ſtenographiſchen Berichts. Soeben iſt der ſtenographiſche Bericht über die 100. öffentliche Sitzung der bayeriſchen Kammer der Abgeordneten erſchienen; der Bericht lautet auf S. 887: „2. Vizepräſident: ... M. H.! Es liegt mir nun ein Antrag auf Vertagung der Sitzung vor, geſtellt von den Herren Abgeordneten Dr. Caſſelmann und Oſel. Ich glaube, in Anbetracht der beſonderen Umſtände, die heute herrſchen, wird die Vertagung jetzt gerechtfertigt ſein.“ Tauſende und Abertauſende von treuen und regelmäßigen Leſern der intereſſanten ſtenographiſchen Berichte werden ſich fragen: Welcher Art mögen die „beſonderen Umſtände“ ſein, von denen der verehrte Herr Vizepräſident ſpricht? Am nun eine Lücke der bayeriſchen Parlamentsgeſchichte auszufüllen, erlauben wir uns, als Ergänzung des amtlichen Berichtes folgendes hübſche Stimmungsbild wiederzugeben, das das Würzburger Journal von der denkwürdigen Sitzung entwirft: „Wie doch die Zeit in München ſo ſchnell vergeht! Die hundertſte Kammerſitzung, ein bedeutungsvoller Abſchnitt in der ſich ſchier endlos dehnenden Seſſion. Hundertmal geſeſſen und doch noch nichts Ordentliches fertig gebracht! Der Tag erhielt eine beſondere Weihe durch das Wiedererſcheinen Orterers am Präſidententiſch. Dem neuen Kontur, der doch von allen königlichen und prinzlichen Tellern ſchon genaſcht hat, iſt es plötzlich von der Hofkoſt übel geworden. Man ſieht, daß das Zentrum denn doch noch nicht ganz regie- rungsfähig iſt. Sein Empfang in der Kammer ermangelte nicht der Feierlichheit. Ihm zu Ehren war ſein Platz dekoriert und der Referent illuminiert. Wo der Herr Landſtand, der über das brettreiche Innerliche des bayeriſchen Staates referieren ſollte, das exotiſche Tierchen her hatte, das er vor den Augen von ganz Israel ſo nett tanzen ließ, daß es ſelbſt den Neid des ſach- verſtändigen Dr. Deinhard erregt hätte, war nicht zu eruieren. Doch zeigte er noch großes Intereſſe für das, was um ihn vor- ging, und als ſein „Korpsbruder“ Gerſtenberger des Langen und des Breiten von einer beſoffenen Mette, ſo in der See- und Handelsſtadt Lohr abgehalten wurde, erzählte, erglänzte auf ſeinem Antlitz der Strahl lächelnden Verſtändniſſes. Und im ganzen Saal lachten Büchſenſpanner und Miniſter, Deputati, Türenſteher, daß ſie ſchier zu berſten dachten. Nur des Herrn Dr. v. Orterers grämliche Viſage blieb unberührt von der Komik der Situation und als er mit ſaurer Miene „der heute gegebenen _

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-02-11T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 133, 20. März 1908, S. Seite 4[4]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine133_1908/4>, abgerufen am 15.06.2024.