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Allgemeine Zeitung, Nr. 13, 13. Januar 1830.

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[Spaltenumbruch] Leiden des Landes hätten. Nach kurzer Berathung wurden die
Angeklagten auch in dieser Sache von der Jury für schuldig er-
klärt.

Rußland.

Die Nordische Biene enthält folgendes Schreiben eines
Offiziers der russischen Flotte, datirt aus dem Meerbusen von
Vurla, vom 10 (22) Okt.: "Seit vierzehn Tagen befinden wir
uns hier mit den Linienschiffen Asoff, Hesekiel, Czar Konstantin,
der Fregatte Alexander und der Schaluppe Navarin. Der Hafen
ist schön und geräumig, das Trinkwasser im Ueberfluß und außer-
ordentlich gut. Nach der gewöhnlichen türkischen Saumseligkeit in
allen Dingen hat man in Morea den Friedensferman des besieg-
ten Sultans bis jezt noch nicht empfangen; dis veranlaßt uns, die
reiche Stadt Smyrna inkognito und in bürgerlicher Kleidung zu be-
suchen. Unser Kontreadmiral Ricord brachte dort vier Tage im
Hause des dänischen Konsuls zu, wo er äußerst gastfrei aufgenom-
men wurde. Auch haben wir die Bekanntschaft des östreichischen
Kontreadmirals Dandolo gemacht, der sehr angenehm im Umgange
ist. Er stattete unserm Admirale den ersten Besuch ab. In diesen
Tagen kam hier einer der Helden von Navarin, Graf v. Rigny an,
und wurde in fünf Minuten mit unserm Chef bekannt. Admiral
Rigny hat dadurch, daß er den ihm angetragenen Posten eines See-
ministers ausgeschlagen, das allgemeine Interesse erregt. Graf
Heyden steht mit ihm sowol, als mit Sir P. Malcolm in den eng-
sten Verhältnissen. Ein äußerst anziehendes Schauspiel gewährte
uns die Zusammenkunft unsers Admirals mit dem Pascha von Te-
nedos. Dem 65jährigen ehrwürdigen Greise leuchtete die Freude
aus dem Gesicht, und er konnte es sich nicht versagen, mitten in
dem Gespräche den Admiral mehrmals zu umarmen und ihn auf
gut russisch zu küssen. Lezterer, so wie Graf Heyden und alle an-
wesenden Kapitaine aßen bei ihm auf türkische Weise. Sie wur-
den bei ihrer Landung am Ufer jeder einzeln mit Kanonenschüssen
begrüßt, weshalb man schon früher zu verstehen gegeben hatte, daß
jeder in einer besondern Schaluppe ankommen möchte. Zur Be-
sichtigung der Insel gab uns der Pascha seine Paradepferde, und
that überhaupt alles Mögliche, um uns gut aufzunehmen. Er ge-
hört zu den ältesten Pascha's des türkischen Reichs, bekleidet diese
Würde bereits 35 Jahre, und herrschte in vielen Provinzen als un-
umschränkter Herr. Tages darauf gab ihm zu Ehren Graf Heyden
ein Mittagsmahl am Bord des Asoff, wo er mit 17 Salutschüssen
empfangen wurde. Bei dieser Gelegenheit erfuhren wir, daß er
auch Befehlshaber einer Flotte gewesen war. Recht sehr bedauer-
ten wir, daß er Tenedos schon am nächsten Tage verlassen mußte.
Auffallend war es uns im Allgemeinen, in den meisten höheren
türkischen Beamten achtungswerthe, wohlwollende und zum Theil
gebildete Männer zu finden. Auch in Smyrna ist der Pascha von
Allen geliebt und von den dortigen Europäern geachtet. (Bekannt-
lich ist Haffan-Pascha seitdem gestorben.) Diese Stadt ist, als
eine türkische betrachtet, sehr interessant und verdient gesehen zu
werden, nur behüte Einen der Himmel dafür, sie zum Aufent-
haltsorte zu wählen. Es gibt dort zwar genug Europäer von allen
Nationen, sie leben aber Alle auf türkische Weise. Kommt man
hin, es sey zu welcher Tageszeit es wolle, so wird Kaffee gebracht,
den die älteste Tochter des Hauses in kleinen türkischen Tassen selbst
überreicht. Dem gefeierten Gast wird auf dem Divan ein Plaz
zwischen den Damen angewiesen; die Unterhaltung ist lebendig ge-
nug und bewegt sich in fast allen europäischen Sprachen. In großen,
[Spaltenumbruch] mit schönen Bäumen und Pflanzen, die das Klima mit sich bringt,
reich ausgestatteten Gärten wächst Alles in ungebundener Freiheit;
Blumenstüke und Wege sieht man nicht; überall folgt die Natur ihren
Launen und streut die schönsten Blumen an Orte hin, wo man sie am
wenigsten erwartete. Ganz besonders zeichnen sich die hiesigen Tu-
berosen aus; ihres starken Wohlgeruchs wegen werden sie gewöhnlich
zur Verzierung der Speisetische benuzt. Schon seit drei Tagen wer-
den wir von einem heftigen Sturme heimgesucht, doch ist er nicht
so arg, als er bei den Dardanellen zu seyn pflegt; an zwei An-
kern liegen wir ruhig genug. Admiral Malcolm, der uns bei den
Dardanellen verlassen hatte, war von dort auf einer Brigg nach
Konstantinopel gesegelt. Er hat eine Privatandienz bei dem Sul-
tan gehabt, bei welcher dieser merklich niedergeschlagen gewesen
seyn, sich jedoch ohne sichtbaren Zwang unterhalten haben soll.
Der Admiral empfing von ihm eine mit Brillanten verzierte Ta-
baksdose und für seine Gemahlin zwei Shawls; der Kapudan-
Pascha schenkte ihm einen kostbaren Säbel; nach seiner Rükkehr
habe ich Gelegenheit gehabt, diese Geschenke zu sehen."

Die St. Petersburger akademische Zeitung macht auf die Wich-
tigkeit des kaspischen Meeres für den Handel aufmerksam. Sie
sagt unter Anderm: "Das kaukasische Gebiet, von dem kaspischen
und dem schwarzen Meere bespült, erhält durch beide eine leichte
Verbindung mit dem Innern des Reichs. In Hinsicht des Han-
dels verbindet das kaspische Meer uns unmittelbar mit Persien,
und könnte vielleicht auch den Handel mit China und der Bucharei
befördern. Auf der andern Seite bringt das schwarze Meer uns
mit der europäischen und asiatischen Türkei und mit Griechenland
in Berührung, während es uns zugleich den Weg nach Aegypten
und allen Ländern am mittelländischen Meere öfnet. Diese so
ausgedehnten Verbindungen zu Wasser gewähren dem Handel des
kaukasischen Gebiets die günstigsten Aussichten, welches Land viel-
leicht mit der Zeit einmal der Mittelpunkt des Handels zwischen
Asien und Rußland werden kan; -- wenigstens ist es keinem Zwei-
fel unterworfen, daß Rußland für den Absaz seiner Produkte, so-
wol nach dem nördlichen Persien, als nach dem türkischen Arme-
nien und selbst nach Anatolien, ein entschiedenes Uebergewicht über
ganz Europa erhalten kan und muß. Der natürliche, gerade und
bequeme Weg auf dem kaspischen Meere bietet uns so viele Vor-
theile dar, daß hierin keine Nation mit uns konkurriren kan. Das
westliche Ufer des kaspischen Meeres zerfällt in den Theil dessel-
ben, der Rußland gehört, und in den, der unter persischer Bot-
mäßigkeit steht. Der erstere erstrekt sich von Astrachan bis zur
Gränze des Chanats Talyschin und hat außer Astrachan sechs gute
Landungspläze; der leztere geht von dort bis zu den Gränzen von
Turkmenien, und bietet 5 mehr oder minder günstige Landungs-
pläze dar. Die Hauptvereinigungspunkte unserer Transportmittel
auf dem kaspischen Meere sind Astrachan und Baku. Astrachan
hat 11 Kron- und 42 Kauffahrteischiffe, zusammen mit einer
Lastengröße von 64,000 Pud. Außerdem sind daselbst noch 232
Fischerböte und 10 andere Fahrzeuge. Baku hat 8 größere Fahr-
zeuge, mit einer Lastengröße von 24,200 Pud und 36 kleinere
von 52,700 Pud; außerdem befinden sich in Saljan, einem der
Landungspläze auf russischem Gebiete, 5 Kron- und 44 Privat-
fahrzeuge."



[Spaltenumbruch] Leiden des Landes hätten. Nach kurzer Berathung wurden die
Angeklagten auch in dieſer Sache von der Jury für ſchuldig er-
klärt.

Rußland.

Die Nordiſche Biene enthält folgendes Schreiben eines
Offiziers der ruſſiſchen Flotte, datirt aus dem Meerbuſen von
Vurla, vom 10 (22) Okt.: „Seit vierzehn Tagen befinden wir
uns hier mit den Linienſchiffen Aſoff, Heſekiel, Czar Konſtantin,
der Fregatte Alexander und der Schaluppe Navarin. Der Hafen
iſt ſchön und geräumig, das Trinkwaſſer im Ueberfluß und außer-
ordentlich gut. Nach der gewöhnlichen türkiſchen Saumſeligkeit in
allen Dingen hat man in Morea den Friedensferman des beſieg-
ten Sultans bis jezt noch nicht empfangen; dis veranlaßt uns, die
reiche Stadt Smyrna inkognito und in bürgerlicher Kleidung zu be-
ſuchen. Unſer Kontreadmiral Ricord brachte dort vier Tage im
Hauſe des däniſchen Konſuls zu, wo er äußerſt gaſtfrei aufgenom-
men wurde. Auch haben wir die Bekanntſchaft des öſtreichiſchen
Kontreadmirals Dandolo gemacht, der ſehr angenehm im Umgange
iſt. Er ſtattete unſerm Admirale den erſten Beſuch ab. In dieſen
Tagen kam hier einer der Helden von Navarin, Graf v. Rigny an,
und wurde in fünf Minuten mit unſerm Chef bekannt. Admiral
Rigny hat dadurch, daß er den ihm angetragenen Poſten eines See-
miniſters ausgeſchlagen, das allgemeine Intereſſe erregt. Graf
Heyden ſteht mit ihm ſowol, als mit Sir P. Malcolm in den eng-
ſten Verhältniſſen. Ein äußerſt anziehendes Schauſpiel gewährte
uns die Zuſammenkunft unſers Admirals mit dem Paſcha von Te-
nedos. Dem 65jährigen ehrwürdigen Greiſe leuchtete die Freude
aus dem Geſicht, und er konnte es ſich nicht verſagen, mitten in
dem Geſpräche den Admiral mehrmals zu umarmen und ihn auf
gut ruſſiſch zu küſſen. Lezterer, ſo wie Graf Heyden und alle an-
weſenden Kapitaine aßen bei ihm auf türkiſche Weiſe. Sie wur-
den bei ihrer Landung am Ufer jeder einzeln mit Kanonenſchüſſen
begrüßt, weshalb man ſchon früher zu verſtehen gegeben hatte, daß
jeder in einer beſondern Schaluppe ankommen möchte. Zur Be-
ſichtigung der Inſel gab uns der Paſcha ſeine Paradepferde, und
that überhaupt alles Mögliche, um uns gut aufzunehmen. Er ge-
hört zu den älteſten Paſcha’s des türkiſchen Reichs, bekleidet dieſe
Würde bereits 35 Jahre, und herrſchte in vielen Provinzen als un-
umſchränkter Herr. Tages darauf gab ihm zu Ehren Graf Heyden
ein Mittagsmahl am Bord des Aſoff, wo er mit 17 Salutſchüſſen
empfangen wurde. Bei dieſer Gelegenheit erfuhren wir, daß er
auch Befehlshaber einer Flotte geweſen war. Recht ſehr bedauer-
ten wir, daß er Tenedos ſchon am nächſten Tage verlaſſen mußte.
Auffallend war es uns im Allgemeinen, in den meiſten höheren
türkiſchen Beamten achtungswerthe, wohlwollende und zum Theil
gebildete Männer zu finden. Auch in Smyrna iſt der Paſcha von
Allen geliebt und von den dortigen Europäern geachtet. (Bekannt-
lich iſt Haffan-Paſcha ſeitdem geſtorben.) Dieſe Stadt iſt, als
eine türkiſche betrachtet, ſehr intereſſant und verdient geſehen zu
werden, nur behüte Einen der Himmel dafür, ſie zum Aufent-
haltsorte zu wählen. Es gibt dort zwar genug Europäer von allen
Nationen, ſie leben aber Alle auf türkiſche Weiſe. Kommt man
hin, es ſey zu welcher Tageszeit es wolle, ſo wird Kaffee gebracht,
den die älteſte Tochter des Hauſes in kleinen türkiſchen Taſſen ſelbſt
überreicht. Dem gefeierten Gaſt wird auf dem Divan ein Plaz
zwiſchen den Damen angewieſen; die Unterhaltung iſt lebendig ge-
nug und bewegt ſich in faſt allen europäiſchen Sprachen. In großen,
[Spaltenumbruch] mit ſchönen Bäumen und Pflanzen, die das Klima mit ſich bringt,
reich ausgeſtatteten Gärten wächst Alles in ungebundener Freiheit;
Blumenſtüke und Wege ſieht man nicht; überall folgt die Natur ihren
Launen und ſtreut die ſchönſten Blumen an Orte hin, wo man ſie am
wenigſten erwartete. Ganz beſonders zeichnen ſich die hieſigen Tu-
beroſen aus; ihres ſtarken Wohlgeruchs wegen werden ſie gewöhnlich
zur Verzierung der Speiſetiſche benuzt. Schon ſeit drei Tagen wer-
den wir von einem heftigen Sturme heimgeſucht, doch iſt er nicht
ſo arg, als er bei den Dardanellen zu ſeyn pflegt; an zwei An-
kern liegen wir ruhig genug. Admiral Malcolm, der uns bei den
Dardanellen verlaſſen hatte, war von dort auf einer Brigg nach
Konſtantinopel geſegelt. Er hat eine Privatandienz bei dem Sul-
tan gehabt, bei welcher dieſer merklich niedergeſchlagen geweſen
ſeyn, ſich jedoch ohne ſichtbaren Zwang unterhalten haben ſoll.
Der Admiral empfing von ihm eine mit Brillanten verzierte Ta-
baksdoſe und für ſeine Gemahlin zwei Shawls; der Kapudan-
Paſcha ſchenkte ihm einen koſtbaren Säbel; nach ſeiner Rükkehr
habe ich Gelegenheit gehabt, dieſe Geſchenke zu ſehen.“

Die St. Petersburger akademiſche Zeitung macht auf die Wich-
tigkeit des kaspiſchen Meeres für den Handel aufmerkſam. Sie
ſagt unter Anderm: „Das kaukaſiſche Gebiet, von dem kaspiſchen
und dem ſchwarzen Meere beſpült, erhält durch beide eine leichte
Verbindung mit dem Innern des Reichs. In Hinſicht des Han-
dels verbindet das kaspiſche Meer uns unmittelbar mit Perſien,
und könnte vielleicht auch den Handel mit China und der Bucharei
befördern. Auf der andern Seite bringt das ſchwarze Meer uns
mit der europäiſchen und aſiatiſchen Türkei und mit Griechenland
in Berührung, während es uns zugleich den Weg nach Aegypten
und allen Ländern am mittelländiſchen Meere öfnet. Dieſe ſo
ausgedehnten Verbindungen zu Waſſer gewähren dem Handel des
kaukaſiſchen Gebiets die günſtigſten Ausſichten, welches Land viel-
leicht mit der Zeit einmal der Mittelpunkt des Handels zwiſchen
Aſien und Rußland werden kan; — wenigſtens iſt es keinem Zwei-
fel unterworfen, daß Rußland für den Abſaz ſeiner Produkte, ſo-
wol nach dem nördlichen Perſien, als nach dem türkiſchen Arme-
nien und ſelbſt nach Anatolien, ein entſchiedenes Uebergewicht über
ganz Europa erhalten kan und muß. Der natürliche, gerade und
bequeme Weg auf dem kaspiſchen Meere bietet uns ſo viele Vor-
theile dar, daß hierin keine Nation mit uns konkurriren kan. Das
weſtliche Ufer des kaspiſchen Meeres zerfällt in den Theil deſſel-
ben, der Rußland gehört, und in den, der unter perſiſcher Bot-
mäßigkeit ſteht. Der erſtere erſtrekt ſich von Aſtrachan bis zur
Gränze des Chanats Talyſchin und hat außer Aſtrachan ſechs gute
Landungspläze; der leztere geht von dort bis zu den Gränzen von
Turkmenien, und bietet 5 mehr oder minder günſtige Landungs-
pläze dar. Die Hauptvereinigungspunkte unſerer Transportmittel
auf dem kaspiſchen Meere ſind Aſtrachan und Baku. Aſtrachan
hat 11 Kron- und 42 Kauffahrteiſchiffe, zuſammen mit einer
Laſtengröße von 64,000 Pud. Außerdem ſind daſelbſt noch 232
Fiſcherböte und 10 andere Fahrzeuge. Baku hat 8 größere Fahr-
zeuge, mit einer Laſtengröße von 24,200 Pud und 36 kleinere
von 52,700 Pud; außerdem befinden ſich in Saljan, einem der
Landungspläze auf ruſſiſchem Gebiete, 5 Kron- und 44 Privat-
fahrzeuge.“



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[51/0007] Leiden des Landes hätten. Nach kurzer Berathung wurden die Angeklagten auch in dieſer Sache von der Jury für ſchuldig er- klärt. Rußland. Die Nordiſche Biene enthält folgendes Schreiben eines Offiziers der ruſſiſchen Flotte, datirt aus dem Meerbuſen von Vurla, vom 10 (22) Okt.: „Seit vierzehn Tagen befinden wir uns hier mit den Linienſchiffen Aſoff, Heſekiel, Czar Konſtantin, der Fregatte Alexander und der Schaluppe Navarin. Der Hafen iſt ſchön und geräumig, das Trinkwaſſer im Ueberfluß und außer- ordentlich gut. Nach der gewöhnlichen türkiſchen Saumſeligkeit in allen Dingen hat man in Morea den Friedensferman des beſieg- ten Sultans bis jezt noch nicht empfangen; dis veranlaßt uns, die reiche Stadt Smyrna inkognito und in bürgerlicher Kleidung zu be- ſuchen. Unſer Kontreadmiral Ricord brachte dort vier Tage im Hauſe des däniſchen Konſuls zu, wo er äußerſt gaſtfrei aufgenom- men wurde. Auch haben wir die Bekanntſchaft des öſtreichiſchen Kontreadmirals Dandolo gemacht, der ſehr angenehm im Umgange iſt. Er ſtattete unſerm Admirale den erſten Beſuch ab. In dieſen Tagen kam hier einer der Helden von Navarin, Graf v. Rigny an, und wurde in fünf Minuten mit unſerm Chef bekannt. Admiral Rigny hat dadurch, daß er den ihm angetragenen Poſten eines See- miniſters ausgeſchlagen, das allgemeine Intereſſe erregt. Graf Heyden ſteht mit ihm ſowol, als mit Sir P. Malcolm in den eng- ſten Verhältniſſen. Ein äußerſt anziehendes Schauſpiel gewährte uns die Zuſammenkunft unſers Admirals mit dem Paſcha von Te- nedos. Dem 65jährigen ehrwürdigen Greiſe leuchtete die Freude aus dem Geſicht, und er konnte es ſich nicht verſagen, mitten in dem Geſpräche den Admiral mehrmals zu umarmen und ihn auf gut ruſſiſch zu küſſen. Lezterer, ſo wie Graf Heyden und alle an- weſenden Kapitaine aßen bei ihm auf türkiſche Weiſe. Sie wur- den bei ihrer Landung am Ufer jeder einzeln mit Kanonenſchüſſen begrüßt, weshalb man ſchon früher zu verſtehen gegeben hatte, daß jeder in einer beſondern Schaluppe ankommen möchte. Zur Be- ſichtigung der Inſel gab uns der Paſcha ſeine Paradepferde, und that überhaupt alles Mögliche, um uns gut aufzunehmen. Er ge- hört zu den älteſten Paſcha’s des türkiſchen Reichs, bekleidet dieſe Würde bereits 35 Jahre, und herrſchte in vielen Provinzen als un- umſchränkter Herr. Tages darauf gab ihm zu Ehren Graf Heyden ein Mittagsmahl am Bord des Aſoff, wo er mit 17 Salutſchüſſen empfangen wurde. Bei dieſer Gelegenheit erfuhren wir, daß er auch Befehlshaber einer Flotte geweſen war. Recht ſehr bedauer- ten wir, daß er Tenedos ſchon am nächſten Tage verlaſſen mußte. Auffallend war es uns im Allgemeinen, in den meiſten höheren türkiſchen Beamten achtungswerthe, wohlwollende und zum Theil gebildete Männer zu finden. Auch in Smyrna iſt der Paſcha von Allen geliebt und von den dortigen Europäern geachtet. (Bekannt- lich iſt Haffan-Paſcha ſeitdem geſtorben.) Dieſe Stadt iſt, als eine türkiſche betrachtet, ſehr intereſſant und verdient geſehen zu werden, nur behüte Einen der Himmel dafür, ſie zum Aufent- haltsorte zu wählen. Es gibt dort zwar genug Europäer von allen Nationen, ſie leben aber Alle auf türkiſche Weiſe. Kommt man hin, es ſey zu welcher Tageszeit es wolle, ſo wird Kaffee gebracht, den die älteſte Tochter des Hauſes in kleinen türkiſchen Taſſen ſelbſt überreicht. Dem gefeierten Gaſt wird auf dem Divan ein Plaz zwiſchen den Damen angewieſen; die Unterhaltung iſt lebendig ge- nug und bewegt ſich in faſt allen europäiſchen Sprachen. In großen, mit ſchönen Bäumen und Pflanzen, die das Klima mit ſich bringt, reich ausgeſtatteten Gärten wächst Alles in ungebundener Freiheit; Blumenſtüke und Wege ſieht man nicht; überall folgt die Natur ihren Launen und ſtreut die ſchönſten Blumen an Orte hin, wo man ſie am wenigſten erwartete. Ganz beſonders zeichnen ſich die hieſigen Tu- beroſen aus; ihres ſtarken Wohlgeruchs wegen werden ſie gewöhnlich zur Verzierung der Speiſetiſche benuzt. Schon ſeit drei Tagen wer- den wir von einem heftigen Sturme heimgeſucht, doch iſt er nicht ſo arg, als er bei den Dardanellen zu ſeyn pflegt; an zwei An- kern liegen wir ruhig genug. Admiral Malcolm, der uns bei den Dardanellen verlaſſen hatte, war von dort auf einer Brigg nach Konſtantinopel geſegelt. Er hat eine Privatandienz bei dem Sul- tan gehabt, bei welcher dieſer merklich niedergeſchlagen geweſen ſeyn, ſich jedoch ohne ſichtbaren Zwang unterhalten haben ſoll. Der Admiral empfing von ihm eine mit Brillanten verzierte Ta- baksdoſe und für ſeine Gemahlin zwei Shawls; der Kapudan- Paſcha ſchenkte ihm einen koſtbaren Säbel; nach ſeiner Rükkehr habe ich Gelegenheit gehabt, dieſe Geſchenke zu ſehen.“ Die St. Petersburger akademiſche Zeitung macht auf die Wich- tigkeit des kaspiſchen Meeres für den Handel aufmerkſam. Sie ſagt unter Anderm: „Das kaukaſiſche Gebiet, von dem kaspiſchen und dem ſchwarzen Meere beſpült, erhält durch beide eine leichte Verbindung mit dem Innern des Reichs. In Hinſicht des Han- dels verbindet das kaspiſche Meer uns unmittelbar mit Perſien, und könnte vielleicht auch den Handel mit China und der Bucharei befördern. Auf der andern Seite bringt das ſchwarze Meer uns mit der europäiſchen und aſiatiſchen Türkei und mit Griechenland in Berührung, während es uns zugleich den Weg nach Aegypten und allen Ländern am mittelländiſchen Meere öfnet. Dieſe ſo ausgedehnten Verbindungen zu Waſſer gewähren dem Handel des kaukaſiſchen Gebiets die günſtigſten Ausſichten, welches Land viel- leicht mit der Zeit einmal der Mittelpunkt des Handels zwiſchen Aſien und Rußland werden kan; — wenigſtens iſt es keinem Zwei- fel unterworfen, daß Rußland für den Abſaz ſeiner Produkte, ſo- wol nach dem nördlichen Perſien, als nach dem türkiſchen Arme- nien und ſelbſt nach Anatolien, ein entſchiedenes Uebergewicht über ganz Europa erhalten kan und muß. Der natürliche, gerade und bequeme Weg auf dem kaspiſchen Meere bietet uns ſo viele Vor- theile dar, daß hierin keine Nation mit uns konkurriren kan. Das weſtliche Ufer des kaspiſchen Meeres zerfällt in den Theil deſſel- ben, der Rußland gehört, und in den, der unter perſiſcher Bot- mäßigkeit ſteht. Der erſtere erſtrekt ſich von Aſtrachan bis zur Gränze des Chanats Talyſchin und hat außer Aſtrachan ſechs gute Landungspläze; der leztere geht von dort bis zu den Gränzen von Turkmenien, und bietet 5 mehr oder minder günſtige Landungs- pläze dar. Die Hauptvereinigungspunkte unſerer Transportmittel auf dem kaspiſchen Meere ſind Aſtrachan und Baku. Aſtrachan hat 11 Kron- und 42 Kauffahrteiſchiffe, zuſammen mit einer Laſtengröße von 64,000 Pud. Außerdem ſind daſelbſt noch 232 Fiſcherböte und 10 andere Fahrzeuge. Baku hat 8 größere Fahr- zeuge, mit einer Laſtengröße von 24,200 Pud und 36 kleinere von 52,700 Pud; außerdem befinden ſich in Saljan, einem der Landungspläze auf ruſſiſchem Gebiete, 5 Kron- und 44 Privat- fahrzeuge.“

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 13, 13. Januar 1830, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine13_1830/7>, abgerufen am 23.11.2024.