Allgemeine Zeitung, Nr. 13, 14. Januar 1924.Allgemeine Zeitung. Nr. 13 Montag, den 14. Januar 1924 [Spaltenumbruch]
Pfalz, Bayern, Deutschland. Von besonderer Seite wird uns geschrieben: In Berlin fanden, wie gemeldet, vor einigen Um die Separationsbewegung in ihrer ganzen In Wirklichkeit aber ist gerade der Pfälzer, so Not tut vor allem, daß man, insbesondere in Dem wortfrohen Pfälzer ist es nicht an der Das Walchenseewerk Die maschinelle Einrichtung des Wal- Zunächst ist beabsichtigt, 2 für die Landeselek- Der Reichsverkehrsminister Dr. Zusammenlegung der Ministerien Das Präsidium des bayerischen Indu- Folgen des Abbaues Auch unter dem unständigen Lehrper- Die Mission Clives * München, 13. Januar.Heute morgen ist Schwere Mißhandlungen Pirmasens, 12. Jan.Die Separatisten Franzosen und Separatisten * Berlin, 13. Januar.im Bunde Aus Speyer wird der Nach derselben Quelle fand am Sonntag vor- General de Metz feierte den Getöteten in Dank an die Pfalz. * Berlin, 13. Januar.Die zur Beratung über Die Bevölkerung der Pfalz lebt nunmehr seit Beschwerden der Pfälzer Koblenz, 12. JanDie Vertreter der pfäl- Ludwigshafen, 12. Jan. In der französischen [irrelevantes Material] [irrelevantes Material] [Spaltenumbruch] Der Meiner des jüngsten Tages. 13 7. Ich stand und sah ihr nach, minutenlang hatte Im ersten Augenblick war ich ratlos und gren- Gewiß, es ist ein Unglück geschehen, ein großes Plötzlich kam mir ein Gedanke, ein ganz -- Lange kann es ja nicht dauern, sagte ich Ich trat geräuschlos ans Fenster, wie ein Dieb Da war auch schon der Schüttelfrost wieder da Da lag er in die Decke gehüllt, nichts war von Der Ingenieur stand hinter dem Schreibtisch Er stand breitspurig vor mir, die Hände in den "Das erstemal, daß Sie vor einer Leiche Ich schwieg. Er warf seine Zigarette mit "Ich bin Deutschbalte, wissen Sie das?" fuhr "Tschusima?" fragte ich. Ich weiß nicht, "Nein. Munho," gab er zur Antwort. "Haben Ich schüttelte den Kopf. "Munho. Das ist kein Ort, das ist ein Fluß. "Kontaktmine?" fragte ich. "Hochspannungsströme. Meine Arbeit. Zwölf- Er schwieg und blies den Rauch seiner Zigarette "Jetzt wollen sie den Krieg abschaffen," fuhr er Allgemeine Zeitung. Nr. 13 Montag, den 14. Januar 1924 [Spaltenumbruch]
Pfalz, Bayern, Deutſchland. Von beſonderer Seite wird uns geſchrieben: In Berlin fanden, wie gemeldet, vor einigen Um die Separationsbewegung in ihrer ganzen In Wirklichkeit aber iſt gerade der Pfälzer, ſo Not tut vor allem, daß man, insbeſondere in Dem wortfrohen Pfälzer iſt es nicht an der Das Walchenſeewerk Die maſchinelle Einrichtung des Wal- Zunächſt iſt beabſichtigt, 2 für die Landeselek- Der Reichsverkehrsminiſter Dr. Zuſammenlegung der Miniſterien Das Präſidium des bayeriſchen Indu- Folgen des Abbaues Auch unter dem unſtändigen Lehrper- Die Miſſion Clives * München, 13. Januar.Heute morgen iſt Schwere Mißhandlungen Pirmaſens, 12. Jan.Die Separatiſten Franzoſen und Separatiſten * Berlin, 13. Januar.im Bunde Aus Speyer wird der Nach derſelben Quelle fand am Sonntag vor- General de Metz feierte den Getöteten in Dank an die Pfalz. * Berlin, 13. Januar.Die zur Beratung über Die Bevölkerung der Pfalz lebt nunmehr ſeit Beſchwerden der Pfälzer Koblenz, 12. JanDie Vertreter der pfäl- Ludwigshafen, 12. Jan. In der franzöſiſchen [irrelevantes Material] [irrelevantes Material] [Spaltenumbruch] Der Meiner des jüngſten Tages. 13 7. Ich ſtand und ſah ihr nach, minutenlang hatte Im erſten Augenblick war ich ratlos und gren- Gewiß, es iſt ein Unglück geſchehen, ein großes Plötzlich kam mir ein Gedanke, ein ganz — Lange kann es ja nicht dauern, ſagte ich Ich trat geräuſchlos ans Fenſter, wie ein Dieb Da war auch ſchon der Schüttelfroſt wieder da Da lag er in die Decke gehüllt, nichts war von Der Ingenieur ſtand hinter dem Schreibtiſch Er ſtand breitſpurig vor mir, die Hände in den „Das erſtemal, daß Sie vor einer Leiche Ich ſchwieg. Er warf ſeine Zigarette mit „Ich bin Deutſchbalte, wiſſen Sie das?“ fuhr „Tſchuſima?“ fragte ich. Ich weiß nicht, „Nein. Munho,“ gab er zur Antwort. „Haben Ich ſchüttelte den Kopf. „Munho. Das iſt kein Ort, das iſt ein Fluß. „Kontaktmine?“ fragte ich. „Hochſpannungsſtröme. Meine Arbeit. Zwölf- Er ſchwieg und blies den Rauch ſeiner Zigarette „Jetzt wollen ſie den Krieg abſchaffen,“ fuhr er <TEI> <text> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <pb facs="#f0004" n="Seite 4[4]"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Allgemeine Zeitung.</hi> Nr. 13 Montag, den 14. Januar 1924</hi> </fw><lb/> <cb/> </div> </div> </div> </div> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Pfalz, Bayern, Deutſchland.</hi> </head><lb/> <p>Von beſonderer Seite wird uns geſchrieben:</p><lb/> <p>In Berlin fanden, wie gemeldet, vor einigen<lb/> Tagen Beſprechungen zwiſchen führenden Pfälzern<lb/> und den Reichsbehörden ſtatt, um Verhaltungs-<lb/> und Abwehrmaßregeln gegen ein befürchtetes<lb/> Wiederaufleben der Separatiſtenbewegung in der<lb/> Rheinpfalz zu beraten. Es iſt ſehr zu begrüßen,<lb/> daß man dem pfälziſchen Abwehrkampf in Berlin<lb/> beſondere Bedeutung beilegt und ihn unmittelbar<lb/> von dort aus aufs nachdrücklichſte unterſtützt. Denn<lb/> die Pfalz mit dem nunmehr franzöſiſchen Elſaß-<lb/> Lothringen im Süden und dem franzöſiſchen Ein-<lb/> flüſſen ſchutzlos preisgegebenen Saargebiet im<lb/> Oſten wird neuerdings von den Franzoſen als<lb/> leichteſte Beute eingeſchätzt und als Sprungbrett<lb/> betrachtet, um von da flußaufwärts das linke<lb/> Rheinufer zu ſeparieren, nachdem die Gewalt-<lb/> ſtreiche im Norden, in Düſſeldorf, Aachen, Koblenz<lb/> und Mainz allzu raſch zuſammengebrochen ſind.</p><lb/> <p>Um die Separationsbewegung in ihrer ganzen<lb/> Gefährlichkeit zu beurteilen, muß man die Pſycho-<lb/> logie der Franzoſen beherrſchen. Sie ſind, zumal<lb/> in ihren nachgeordneten Organen, heißblütige<lb/> Optimiſten und inſiſtente Advokatennaturen, die<lb/> Mißerfolge als Zufälle hinnehmen und das Be-<lb/> wußtſein von der Notwendigkeit der Separierung<lb/> des linken Rheinufers als nationales Dogma in<lb/> ſich tragen. Die ſeeliſchen Widerſtände ſeitens der<lb/> Rheinbevölkerung werden von ihnen unterſchätzt<lb/> oder ganz in ihrer egozentriſchen Ueberheblichkeit<lb/> für nichts geachtet. Ihre leichte Entflammbarkeit<lb/> ſieht in jedem Tag den Bringer einer neuen<lb/> Morgenröte für ihre gloire. Sie wollen die Pfalz<lb/> und alſo glauben ſie, daß ſie ihnen werden muß.<lb/> Skepſis in Fragen des nationalen Preſtiges kennt<lb/> der Franzoſe — im Gegenſatz zum Deutſchen —<lb/> kaum oder gar nicht. Und die Pfalz vollends iſt<lb/> ihm das geographiſch und hiſtoriſch-politiſch nächſte<lb/> Gebiet; demgemäß fühlt er ſich in ihr, dies iſt<lb/> ſein imperialiſtiſches Vorurteil, heimiſch und als<lb/> Herr. Hier ſieht er in Architektur und im Stra-<lb/> ßenbau noch die deutlichſten Spuren ehemaliger<lb/> franzöſiſcher Herrſchaft, hier erinnert er ſich der<lb/> Zuneigung der ehemaligen Herrſcher für Frank-<lb/> reich und Paris. Dies genügt ihm, um über die<lb/> fürchterlichen franzöſiſchen Zerſtörungen hinweg<lb/> imaginäre Fäden zu ſpinnen, die er nur dichter<lb/> und feſter glaubt geſtalten zu müſſen, um die<lb/> Pfalz von Deutſchland zu ſich herüberzuziehen.<lb/> Dazu kommt, daß die Pfalz das einzige links-<lb/> rheiniſche Gebiet iſt, das geographiſch und auch<lb/> durch ſeine Stammesart von ſeinem politiſchen<lb/> Verbande, alſo von Bayern, getrennt iſt. Hier iſt<lb/> für den politiſch beſchwingten Franzoſen Rhodus<lb/> genug, hier will er lanzen.</p><lb/> <p>In Wirklichkeit aber iſt gerade der Pfälzer, ſo<lb/> eigenbrötleriſch er veranlagt ſein mag, nichts<lb/> weniger als partikulariſtiſch geſtimmt. Seine Ver-<lb/> gangenheit hat ihn großdeutſch erzogen und ins-<lb/> beſondere gegenüber dem Franzoſen beſonders<lb/> ſtolz gemacht. Er ſagte zwar in ſeligen Friedens-<lb/> zeiten zum Gruß gern „Buſchur“ (bon jour) oder<lb/> beim Trinken „alle Gebot Santa“ (a votre ſante),<lb/> aber das waren nichts als fröhliche Bekundungen<lb/> eines aus ſchweren Aengſten vor dem franzöſiſchen<lb/> Bedrücker und Verwüſter Erwachten. So wie der<lb/> Gebirgsrücken der Pfalz nach Weſten zu abfällt,<lb/> ſo ſtand und ſteht der Pfälzer mit ſeiner Kehr-<lb/> ſeite gegen Frankreich und mit ſeinem zuverſicht-<lb/> lichen Geſicht gegen Deutſchland gewandt. Er läßt<lb/> ſich nicht — dick- und hartſchädelig, wie er iſt —<lb/> mit Gewalt umwenden, ſondern bietet eben in<lb/> der Not dem unſäglich verachteten Franzoſen zur<lb/> Ausführung der von Paris dirigierten Separa-<lb/> tions-Equilibriſtik nichts als ſeinen breiten, ge-<lb/> diegenen Rücken dar — in der Gewißheit, daß<lb/> ihm der, wenn auch noch ſo hartnäckige Franzoſe,<lb/> dabei das Kreuz nicht zertreten wird ....</p><lb/> <p>Not tut vor allem, daß man, insbeſondere in<lb/> München und Bayern, die Beſonderheiten des<lb/> Pfälzers auch verſteht. Bayern iſt auch nur ein<lb/> Teil des deutſchen Ganzen, und man ſoll vom<lb/> Pfälzer nicht verlangen, daß er den Teil über<lb/> das Ganze ſtelle. Der Pfälzer iſt, aus ſeinem<lb/> ſtark entwickelten Selbſtändigkeitsgefühl heraus,<lb/> iſt ihm und muß ihm fremd ſein. Er iſt, darüber<lb/> ſollte man ſich nicht täuſchen, erſt Pfälzer und<lb/><cb/> Deutſcher, dann Bayer. Und heute vollends bin-<lb/> det ihn die gemeinſame Not und das primitivſte<lb/> Solidaritätsgefühl notwendig mit dem heſſiſchen<lb/> und preußiſchen beſetzten Gebiet ſtärker zuſammen<lb/> als mit dem wenn auch noch ſo treuen und für-<lb/> ſorglichen Bayern. Der gemeinſame Abwehrkampf,<lb/> der das franzöſiſche Schlagwort vom Rhein als<lb/> Grenzlinie verabſcheut, will natürlich auch nichts<lb/> von einer Mainlinie wiſſen.</p><lb/> <p>Dem wortfrohen Pfälzer iſt es nicht an der<lb/> Wiege ſeiner Stammesart geſungen worden, daß<lb/> er ſich vor Fremdherrſchern ſtumm ducken muß.<lb/> Er wird das dem Franzoſen nie vergeſſen. Aber<lb/> es iſt ihm auch nicht gegeben, verſchwöreriſch und<lb/> verbiſſen hinter dem Eindringling herzuſchleichen,<lb/> vielmehr macht er leidlich gute Miene zum böſen<lb/> Spiel; wie gut aber ſein Abwehrſpiel iſt, beweiſen<lb/> die immer böſeren Mienen der Franzoſen. Als<lb/> unter dem Einfluß der hiſtoriſchen Zeit des Kriegs-<lb/> ausgangs und der Revolution eine Handvoll de-<lb/> ſperater Dilettanten von Landau aus das erſte<lb/> Attentat auf das Deutſchtum der Pfälzer ver-<lb/> übten, ſetzten ſich dieſe auf unzweideutige Art mit<lb/> jenen Konjunkturfritzen auseinander. Damit war<lb/> die franzöſiſche „Richtung“ in der Pfalz erledigt.<lb/> Was ſpäter und in jüngſter Zeit folgte und viel-<lb/> leicht noch folgen wird, iſt franzöſiſche Söldlings-<lb/> arbeit. Zuzug aus dem Elſaß, beſonders auch aus<lb/> Lothringen und dem Saargebiet und das bißchen<lb/> einheimiſche Hefe wird den guten deutſchen Wein<lb/> der pfälziſchen Geſinnung nicht mehr ernſtlich<lb/> trüben. Daß dieſe Geſinnung nicht durch franzö-<lb/> ſiſche Winkelzüge und Gewaltakte vergewaltigt<lb/> werde, dafür muß Berlin und München ſorgen.<lb/> Dazu aber gehört ein völlig ungeſtörtes, eifer-<lb/> ſuchtsloſes Zuſammenwirken zwiſchen München<lb/> und Berlin. Das beſetzte Rheinland verkörpert<lb/> und vertritt die Einigkeit Deutſchlands. Die Pfalz<lb/> kann daher heute weniger als je nur bayeriſch<lb/> eingeſtellt ſein. Sie braucht die ganze Ungebrochen-<lb/> heit des deutſchen Reichsgedankens und das große<lb/> Bewußtſein von der Unantaſtbarkeit und Unzer-<lb/> ſtörbarkeit der Reichseinheit, um ihren Vorpoſten-<lb/> und Sicherungsdienſt gegen Frankreich erfolgreich<lb/> zu tun. Jede Erſchütterung der Zuſammen-<lb/> gehörigkeit zwiſchen Süden und Norden muß ſich<lb/> im pfälziſchen Abwehrkampf ſeismographiſch aus-<lb/> drücken. Deutſchland iſt der Pfalz ein naher,<lb/> immer präſenter Vater, Bayern ein Bruder in<lb/> der Ferne, Man belaſte und verwirre nicht dieſes<lb/> in heutigen Zeitläuften äußerſt diffizile und emp-<lb/> findliche Familienverhältnis!</p><lb/> <byline><hi rendition="#aq">x.</hi>-</byline> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das Walchenſeewerk</hi> </head><lb/> <p>Die maſchinelle <hi rendition="#g">Einrichtung des Wal-<lb/> chenſeewerkes</hi> iſt jetzt ſo weit gediehen, daß<lb/> mit den Abnahmeverſuchen begonnen werden kann.</p><lb/> <p>Zunächſt iſt beabſichtigt, 2 für die Landeselek-<lb/> trizitätsverforgung des Bayernwerkes beſtimmte<lb/><hi rendition="#g">24000 PS-Maſchinenſätze</hi> in Be-<lb/> trieb übergehen zu laſſen. Die beiden zu<lb/> dieſen Maſchinenſätzen gehörigen <hi rendition="#g">Druck-<lb/> rohrleitungen der Waſſerzufüh-<lb/> rung</hi> wurden bereits unter Druck geſetzt.<lb/> und haben die Prüfung in baulicher und tech-<lb/> niſcher Hinſicht gut beſtanden. Daraufhin konnte<lb/> Freitag Abend 6 Uhr <hi rendition="#g">der erſte Walchen-<lb/> ſeegenerator</hi> verſuchsweiſe <hi rendition="#g">in Betrieb<lb/> geſetzt werden.</hi> Die nächſte Woche wird noch<lb/> beanſprucht ſein durch die Abnahmeverſuche, die<lb/> erforderlich ſind, bevor die Energielieferung durch<lb/> das Walchenſeewerk aufgenommen werden kann.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Reichsverkehrsminiſter Dr.<lb/> Oeſer</hi> hat am Freitag in München geweilt, um<lb/> mit dem Miniſterpräſidenten Dr. von Knilling<lb/> und den beteiligten Fachminiſtern über die nächſte<lb/><hi rendition="#g">Zukunft der Reichseiſenbahnen</hi> eine<lb/><hi rendition="#g">vorläufige Rückſprache</hi> zu nehmen. De-<lb/> finitive Ergebniſſe ſind bei der Beſprechung, ihrem<lb/> Charakter entſprechend, <hi rendition="#g">noch nicht erzielt</hi><lb/> worden. Der Reichsverkehrsminiſter reiſt von<lb/> München nach <hi rendition="#g">Stuttgart</hi> weiter.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Zuſammenlegung der Miniſterien</hi> </head><lb/> <p>Das Präſidium des bayeriſchen <hi rendition="#g">Indu-<lb/> ſtriellenverbandes</hi> befaßte ſich in ſeiner<lb/> letzten Sitzung mit der Frage der Zuſammen-<lb/> legung der Miniſterien und kam dabei zu folgen-<lb/> dem Beſchluß: Der Bayeriſche Induſtriellenver-<lb/><cb/> band begrüßt den Beſchluß auf Vereinfachung<lb/> der Staatsverwaltung durch Zuſammenlegung<lb/> von Miniſterien aus Gründen der Einſparung.<lb/> Er hält es für das zweckmäßigſte, die <hi rendition="#g">Reſſorts<lb/> für Handel, Induſtrie, Sozialpoli-<lb/> tik und öffentliche Arbeiten</hi> in einem<lb/> neuen <hi rendition="#g">Wirtſchaftsminiſterium</hi> zu-<lb/> ſammenzufaſſen. Unannehmbar wäre jedoch das<lb/> Weiterbeſtehen des Sozialminiſteriums bei gleich-<lb/> zeitiger Auflöſung des Handelsminiſteriums.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Folgen des Abbaues</hi> </head><lb/> <p>Auch unter dem <hi rendition="#g">unſtändigen Lehrper-<lb/> ſonal</hi> herrſcht wegen des Beamtenabbaues<lb/> große Beſorgnis. Die widerruflich angeſtellten<lb/> Lehrkräfte <hi rendition="#g">befürchten ihre Kündigung</hi><lb/> bezw. eine Zuſammenlegung von Schulabteilungen<lb/> Für die <hi rendition="#g">Schulamtsbewerber</hi> ſind die An-<lb/> geſtelltenverhältniſſe gleichfalls die <hi rendition="#g">denkbar<lb/> ſchlechteſten,</hi> weshalb ſich in Niederbayern<lb/> in Teil desſelben bereits zuſammengeſchloſſen hat,<lb/> um eventuell nach <hi rendition="#g">Amerika auszuwan-<lb/> dern.</hi></p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Miſſion Clives</hi> </head><lb/> <dateline> <hi rendition="#b">* <hi rendition="#g">München,</hi> 13. Januar.</hi> </dateline><lb/> <p>Heute morgen iſt<lb/> der engliſche Generalkonſul <hi rendition="#g">Clive</hi> im Auftrage<lb/> ſeiner Regierung nach Heidelberg abgereiſt, wo<lb/> er einen Tag bleiben und eine Ausſprache mit<lb/> den aus der Pfalz ausgewieſenen Beamten haben<lb/> wird. Er wird dann in die <hi rendition="#g">Pfalz</hi> weiterreiſen<lb/> und die dortigen Zuſtände ſtudieren. Am Don-<lb/> nerstag trifft er in <hi rendition="#g">Koblenz</hi> ein, wo er Lord<lb/><hi rendition="#g">Kilmanrock,</hi> dem engliſchen Mitglied der In-<lb/> teralliierten Rheinlandkommiſſion, Bericht erſtat-<lb/> ten wird.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Schwere Mißhandlungen</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Pirmaſens,</hi> 12. Jan.</dateline><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Separatiſten</hi><lb/> ſind ſeit einigen Tagen dazu übergegangen, ihre<lb/><hi rendition="#g">Gefangenen</hi> vielfach ſchwer zu- <hi rendition="#g">mißhan-<lb/> deln.</hi> Eine beſonders unmenſchliche Tat voll-<lb/> brachten ſie in der Nacht vom 6. bis 7. Januar.<lb/> Ein Pirmaſenſer namens <hi rendition="#g">Maſſa</hi> erhob Ein-<lb/> ſpruch gegen die Mißhandlnug des Kriegsanvali-<lb/> den <hi rendition="#g">Hermann Seebach,</hi> der den rechten<lb/> Arm verloren hat. Darauf wurde er ebenfalls<lb/> verhaftet und ſo zugerichtet, daß er in hoffnungs-<lb/> loſem Zuſtand in das Krankenhaus überführt<lb/> werden mußte.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Franzoſen und Separatiſten<lb/> im Bunde</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">* Berlin,</hi> 13. Januar.</dateline><lb/> <p>Aus <hi rendition="#g">Speyer</hi> wird der<lb/> „Montagpoſt“ gemeldet, daß der franzöſiſche<lb/> Oberdelegierte für die Pfalz, General <hi rendition="#g">de Metz,</hi><lb/> die Bekanntgabe der Erklärung <hi rendition="#g">verboten</hi> hat,<lb/> die am Sonntag in ſämtlichen katholiſchen Kir-<lb/> chen der Pfalz von der Kanzel herab verleſen<lb/> werden ſollte und die die Aufforderung an die<lb/> Katholiken der Pfalz enthält, der ungeſetzlichen<lb/> und unrechtmäßigen, ſogenannten autonomen<lb/> Regierung keinen Gehorſam zu leiſten.</p><lb/> <p>Nach derſelben Quelle fand am Sonntag vor-<lb/> mittag in <hi rendition="#g">Speyer</hi> die <hi rendition="#g">Trauerfeier</hi> für<lb/> den ermordeten Separatiſtenführer Heinz-Orbis<lb/> ſtatt, die ein neuer Beweis dafür war, wie<lb/> außerordentlich gering die zahlenmäßige Betei-<lb/> ligung der Pfälzer an der ſeparatiſtiſchen Bewe-<lb/> gung iſt, denn nur etwa 300 Perſonen, einſchließ-<lb/> lich der ſeparatiſtiſchen Truppen und der Fran-<lb/> zoſen, nahmen daran teil.</p><lb/> <p>General de Metz feierte den Getöteten in<lb/> einem in franzöſiſcher Sprache gehaltenen Nach-<lb/> ruf als einen Freund Frankreichs und legte dar-<lb/> auf an der Bahre im Namen Frankreichs einen<lb/> Kranz nieder. Nach der Feier wurde die Leiche<lb/> in ſeine Heimat übergeführt. Der Leichenzug<lb/> zum Bahnhof wurde durch die ſeparatiſtiſchen<lb/> Truppen geſchützt, die den Zug mit der ſepara-<lb/> tiſtiſchen Fahne eröffneten und auch die Nach-<lb/> hut bildeten, wobei ſie Pfeifen und Zigaretten<lb/> rauchten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Dank an die Pfalz.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">* Berlin,</hi> 13. Januar.</dateline><lb/> <p>Die zur Beratung über<lb/> die politiſche Lage in Berlin zuſammengetretene<lb/> Reichstagsfraktion der Deutſchen Volkspartei<lb/> nahm einſtimmig folgende Entſchließung an:</p><lb/> <cb/> <floatingText> <body> <div n="1"> <p>Die Bevölkerung der Pfalz lebt nunmehr ſeit<lb/> einem Jahr unter beſtändiger Bedrohung des<lb/> Eigentums, unter ärgſtem Druck der Kriegsge-<lb/> richte, Vertreibung aus der Heimat und völliger<lb/> Unterdrückung der Preſſe- und Verſammlungs-<lb/> freiheit. Dieſer ruhigen und ordnungsliebenden<lb/> Bevölkerung ſind ſämtliche im Rheinlandabkom-<lb/> men garantierten Rechte genommen. Seit vielen<lb/> Wochen iſt ſie von der Beſatzung und der Mehr-<lb/> heit der Interalliierten Kommiſſion dem Terror<lb/> zweifelhafteſter, landfremder Elemente und einem<lb/> Regime täglicher Rechtsbrüche, Erpreſſungen und<lb/> Bedrückungen ausgeliefert. Die Fraktion ſpricht<lb/> den Pfälzern ihren <hi rendition="#g">heißen Dank</hi> für den<lb/> heroiſchen Kampf um das Recht aus und ſichert<lb/> ihnen jede nur mögliche Unterſtützung zu.</p> </div> </body> </floatingText> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Beſchwerden der Pfälzer</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Koblenz,</hi> 12. Jan</dateline><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Vertreter der pfäl-<lb/> ziſchen Bevölkerung,</hi> die für die mittel-<lb/> baren und unmittelbaren Städte, ferner für über<lb/> 680 Landgemeinden der Pfalz, für die Wirt-<lb/> ſchafts- und Berufsverbände ſowie für die ſämt-<lb/> lichen Konfeſſionen ſprechen wollten, baten geſtern<lb/> die Interalliierte Rheinlandskommiſſion um eine<lb/> Audienz, die aber zurückgeſtellt wurde. Lediglich<lb/><hi rendition="#g">der Biſchof von Speyer wurde vom<lb/> franzöſiſchen Oberkommiſſar Ti-<lb/> rard</hi> empfangen und hatte Gelegenheit, die<lb/> durch die Separatiſtenherrſchaft herovrgerufenen<lb/> unhaltbaren Zuſtände in der Pfalz, welche von<lb/> der Bevölkerung einmütig abgelehnt werden, dar-<lb/> zulegen. Die pfälziſche Kommiſſion wird heute ihre<lb/> Bitte erneuern. In einem Punkte ſind die Sor-<lb/> gen der pfälziſchen Bevölkerung vorläufig be-<lb/> hoben, da es nach Lage der Dinge <hi rendition="#g">ausge-<lb/> ſchloſſen</hi> ſein dürfte, daß <hi rendition="#g">die von den<lb/> Separatiſten erlaſſenen Verord-<lb/> nungen anerkannt werden.</hi></p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Ludwigshafen,</hi> 12. Jan.</dateline><lb/> <p>In der franzöſiſchen<lb/> Preſſe erſchien ein vollſtändig unrichtiger Bericht<lb/> über den Empfang und die Ausſprache pfälziſcher<lb/><hi rendition="#g">Städtevertreter</hi> bei dem <hi rendition="#g">General de<lb/> Metz</hi> in Speyer In dieſen Zeitungen wurde die<lb/> Audienz dahin ausgelegt, als hätten die pfälziſchen<lb/> Städtevertreter hauptſächlich deswegen vorge-<lb/> ſprochen um ihrer Entrüſtung über die Ermor-<lb/> dung des Separatiſtenführers Heinz-Orbis Aus-<lb/> druck zu verleihen und den General zu veran-<lb/> laſſen, Maßnahmen gegen die verbrecheriſchen<lb/> Vorgänge zu ergreifen. Demgegenüber wird feſt-<lb/> geſtellt, daß die Städtevertreter beim General de<lb/> Metz erſchienen waren, um <hi rendition="#g">Einſpruch zu er-<lb/> heben gegen die Gewaltherrſchaft<lb/> von fremden Elementen in der Pfalz.</hi><lb/> Aus rein menſchlichen Gründen iſt die am Abend<lb/> vorher geſchehene Ermordung des Heinz-Orbis zur<lb/> Sprache gebracht und dabei dem Gedanken Aus-<lb/> druck verliehen worden, daß die Städtevertreter<lb/> den an Separatiſten begangenen Mord verur-<lb/> teilen.</p> </div><lb/> <div type="jAn" n="2"> <gap reason="insignificant"/> </div> <div type="jAn" n="2"> <gap reason="insignificant"/> </div> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Der Meiner des jüngſten Tages.</hi> </head><lb/> <argument> <p>13<lb/><hi rendition="#b">Roman</hi></p> </argument><lb/> <byline> <hi rendition="#b">von <hi rendition="#g">Leo Parutz.</hi></hi> </byline><lb/> <p> <hi rendition="#c">7.</hi> </p><lb/> <p>Ich ſtand und ſah ihr nach, minutenlang hatte<lb/> ich nur den Klang der geliebten Stimme im<lb/> Ohr, und erſt als Dina längſt verſchwunden<lb/> war, kam mir der Zuſammenhang ihrer Worte<lb/> zum Bewußtſein.</p><lb/> <p>Im erſten Augenblick war ich ratlos und gren-<lb/> zenlos beſtürzt, dann aber erwachte ein heftiger<lb/> Zorn in mir, ich lehnte mich voll Erbitterung<lb/> gegen den Sinn ihrer Worte auf, es war ein<lb/> Unrecht, das man mir zufügen wollte. Jetzt fort-<lb/> gehen? O, nein! Jetzt konnte ich ja nicht gehen.<lb/> Fieber und Schüttelfroſt und Müdigkeit waren<lb/> verſchwunden. — Man muß mir Rede ſtehen —<lb/> tobte es in mir, — ſie werden mir Aufklärung<lb/> geben, Felix und Doktor Gorski, darauf muß ich<lb/> beſtehen. Ich hab’ ihr doch nichts getan, lieber<lb/> Gott, was hab’ ich ihr denn getan? —</p><lb/> <p>Gewiß, es iſt ein Unglück geſchehen, ein großes<lb/> Unglück, eines, das ſich vielleicht hätte verhindern<lb/> laſſen können! Aber ich bin doch, um Gottes<lb/> willen, nicht ſchuld an dieſem Unglück, ich doch<lb/> nicht! Man hätte ihn nicht allein laſſen ſollen,<lb/> nicht eine Minute lang hätte er allein bleiben<lb/> dürfen, wie iſt er denn überhaupt in den Beſitz<lb/> des Revolvers gekommen? Und jetzt will man<lb/> etwa mir die Schuld geben? Ich verſtehe, daß<lb/> man in ſolch einem Augenblick ungerecht wird<lb/> und die Worte nicht wägt. Aber gerade des-<lb/> wegen muß, ich bleiben, man iſt mir Aufklärung<lb/> ſchuldig, ich muß —</p><lb/> <cb/> <p>Plötzlich kam mir ein Gedanke, ein ganz<lb/> ſelbſtverſtändlicher Gedanke, der mir meine Er-<lb/> regung lächerlich erſcheinen ließ. — Natürlich,<lb/> es war ein Mißverſtändnis. Zweifellos, es<lb/> konnte nur ein Mißverſtändnis geweſen ſein.<lb/> Ich hatte Dinas Worte falſch aufgefaßt, ganz<lb/> anders waren ſie gemeint geweſen. Daß ich nach<lb/> Hauſe gehen ſolle, weil ich hier nicht mehr helfen<lb/> könne, das hatte ſie ſagen wollen, nichts weiter,<lb/> das war ja klar. Sonnenklar. Niemand dachte<lb/> daran, mir die Schuld zu geben. Da hatten mir<lb/> meine überreizten Nerven einen Streich geſpielt.<lb/> Doktor Gorski war ja dabei geweſen, er hatte<lb/> alles mit angehört. Ich war entſchloſſen, auf<lb/> ihn zu warten, er ſollte mir beſtätigen, daß das<lb/> Ganze nur ein Mißverſtändnis war.</p><lb/> <p>— Lange kann es ja nicht dauern, ſagte ich<lb/> mir — Lange werde ich nicht zu warten haben.<lb/> Felix und Doktor Gorski müſſen bald wieder da<lb/> ſein, man kann doch den armen Eugen, — ſie<lb/> können ihn doch nicht die ganze Nacht hindurch<lb/> allein auf dem Fußboden liegen laſſen.</p><lb/> <p>Ich trat geräuſchlos ans Fenſter, wie ein Dieb<lb/> ſchlich ich mich hin und warf einen Blick ins<lb/> Zimmer. Er lag noch immer auf der Erde, aber<lb/> man hatte eine Decke über ihn gebreitet, ein<lb/> ſchottiſches Plaid. Einmal hatte ich ihn als<lb/> Macbeth geſehen, daran mußte ich jetzt denken<lb/> und ſogleich klangen mir die Worte der Lady ins<lb/> Ohr: — „<hi rendition="#aq">Here’s thes mell of the blood still. All<lb/> the parfumes of Arobla</hi> —“</p><lb/> <p>Da war auch ſchon der Schüttelfroſt wieder da<lb/> und die Müdigkeit und der kalte Schweiß und<lb/> das Fieber, aber ich überwand es, ich zwang es<lb/> nieder, — „Unſinn!“ ſagte ich mir, — „dieſe<lb/> Verſe, die paſſen doch wahrhaftig nicht hierher.“<lb/><cb/> — Und ich ſtieß entſchloſſen die Türe auf und<lb/> trat ein, aber dieſe Energie wich ſogleich einer<lb/> ängſtlichen Scheu, denn ich war nun zum erſten-<lb/> mal allein mit dem Toten.</p><lb/> <p>Da lag er in die Decke gehüllt, nichts war von<lb/> ihm zu ſehen als die rechte Hand. Sie hielt den<lb/> Revolver nicht mehr, irgendwer hatte ihn aufge-<lb/> hoben und auf den kleinen Tiſch gelegt, der in<lb/> der Mitte des Zimmers ſtand. Ich trat näher,<lb/> um mir die Waffe anzuſehen, und jetzt bemerkte<lb/> ich, daß ich nicht allein im Zimmer war.</p><lb/> <p>Der Ingenieur ſtand hinter dem Schreibtiſch<lb/> an der Wand, über irgend etwas, was ich nicht<lb/> ſah, gebeugt, es hatte den Anſchein, als ſei er<lb/> in die Betrachtung des Tapetenmuſters vertieft,<lb/> ſo aufmerkſam ſah er hin. Als er meine Schritte<lb/> hörte, wandte er ſich um. „Sie ſind es, Baron?<lb/> Wie ſehen Sie denn aus? Na! Sie hat die Sache<lb/> ordentlich hergenommen.“</p><lb/> <p>Er ſtand breitſpurig vor mir, die Hände in den<lb/> Hoſentaſchen, eine Zigarette zwiſchen den Lippen,<lb/> in dem Zimmer, in dem ein Toter lag, mit der<lb/> Zigarette im Mund! Die Bedenkenloſigkeit ſelbſt,<lb/> ſo ſtand er da.</p><lb/> <p>„Das erſtemal, daß Sie vor einer Leiche<lb/> ſtehen, wie? Wohl Ihnen, Baron. Ihr Offi-<lb/> ziere des Friedens! — Ich dachte mir’s ſogleich,<lb/> — Sie gehen ſo behutſam. Sie können feſter<lb/> auftreten, denn da wecken ſie nicht.“</p><lb/> <p>Ich ſchwieg. Er warf ſeine Zigarette mit<lb/> großer Sicherheit in die Aſchenſchale, die einige<lb/> Schritte von ihm entfernt auf dem Schreibtiſch<lb/> ſtand, und zündete ſich ſogleich eine neue an.</p><lb/> <p>„Ich bin Deutſchbalte, wiſſen Sie das?“ fuhr<lb/> er dann fort. „In Mitau geboren; ich habe den<lb/> ruſſiſch-japaniſchen Krieg mitgemacht.“</p><lb/> <cb/> <p>„Tſchuſima?“ fragte ich. Ich weiß nicht,<lb/> warum mir der Name gerade dieſer Seeſchlacht<lb/> einfiel. Ich dachte, daß er Schiffsingenieur oder<lb/> etwas Aehnliches geweſen ſein müſſe.</p><lb/> <p>„Nein. Munho,“ gab er zur Antwort. „Haben<lb/> Sie jemals davon gehört?“</p><lb/> <p>Ich ſchüttelte den Kopf.</p><lb/> <p>„Munho. Das iſt kein Ort, das iſt ein Fluß.<lb/> Gelbes Waſſer zwiſchen den Hügelketten. Es iſt<lb/> beſſer, nicht daran zu denken. Da lagen ſie eines<lb/> Morgens, fünfhundert oder mehr, einer neben<lb/> dem anderen, eine ganze Schützenkette, mit ver-<lb/> brannten Händen und verzerrten gelben Ge-<lb/> ſichtern — teufliſch. Es gibt kein anderes Wort.“</p><lb/> <p>„Kontaktmine?“ fragte ich.</p><lb/> <p>„Hochſpannungsſtröme. Meine Arbeit. Zwölf-<lb/> hundert Volt. Manchmal, wenn mir die Erinne-<lb/> rung kommt, dann ſage ich mir: Was willſt du<lb/> denn, Oſtaſien, zweitauſend Meilen von hier,<lb/> fünf Jahre ſind vergangen, Staub und Aſche iſt<lb/> heute alles, was du dort geſehen haſt. Hilft<lb/> nichts. So etwas bleibt, ſo etwas vergißt man nicht.</p><lb/> <p>Er ſchwieg und blies den Rauch ſeiner Zigarette<lb/> in prachtvoll kreisrunden Ringen in die Luft.<lb/> Alles, was mit dem Rauchen irgendwie zuſam-<lb/> menhing, hatte bei ihm den Charakter der Jong-<lb/> leurkunſt angenommen.</p><lb/> <p>„Jetzt wollen ſie den Krieg abſchaffen,“ fuhr er<lb/> nach einer Weile fort. „Den Krieg wollen ſie<lb/> abſchaffen! Was hilft das? Das da“ — er wies<lb/> mit einer Bewegung des Zeigefingers auf den<lb/> Revolver — „will man aus der Welt ſchaffen<lb/> und alles andere von der Art. Was hilft das?<lb/> Die menſchliche Niedertracht bleibt und die iſt<lb/> von allen Mordwaffen die mörderiſchſte.“<lb/> (Fortſetzung folgt.)</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [Seite 4[4]/0004]
Allgemeine Zeitung. Nr. 13 Montag, den 14. Januar 1924
Pfalz, Bayern, Deutſchland.
Von beſonderer Seite wird uns geſchrieben:
In Berlin fanden, wie gemeldet, vor einigen
Tagen Beſprechungen zwiſchen führenden Pfälzern
und den Reichsbehörden ſtatt, um Verhaltungs-
und Abwehrmaßregeln gegen ein befürchtetes
Wiederaufleben der Separatiſtenbewegung in der
Rheinpfalz zu beraten. Es iſt ſehr zu begrüßen,
daß man dem pfälziſchen Abwehrkampf in Berlin
beſondere Bedeutung beilegt und ihn unmittelbar
von dort aus aufs nachdrücklichſte unterſtützt. Denn
die Pfalz mit dem nunmehr franzöſiſchen Elſaß-
Lothringen im Süden und dem franzöſiſchen Ein-
flüſſen ſchutzlos preisgegebenen Saargebiet im
Oſten wird neuerdings von den Franzoſen als
leichteſte Beute eingeſchätzt und als Sprungbrett
betrachtet, um von da flußaufwärts das linke
Rheinufer zu ſeparieren, nachdem die Gewalt-
ſtreiche im Norden, in Düſſeldorf, Aachen, Koblenz
und Mainz allzu raſch zuſammengebrochen ſind.
Um die Separationsbewegung in ihrer ganzen
Gefährlichkeit zu beurteilen, muß man die Pſycho-
logie der Franzoſen beherrſchen. Sie ſind, zumal
in ihren nachgeordneten Organen, heißblütige
Optimiſten und inſiſtente Advokatennaturen, die
Mißerfolge als Zufälle hinnehmen und das Be-
wußtſein von der Notwendigkeit der Separierung
des linken Rheinufers als nationales Dogma in
ſich tragen. Die ſeeliſchen Widerſtände ſeitens der
Rheinbevölkerung werden von ihnen unterſchätzt
oder ganz in ihrer egozentriſchen Ueberheblichkeit
für nichts geachtet. Ihre leichte Entflammbarkeit
ſieht in jedem Tag den Bringer einer neuen
Morgenröte für ihre gloire. Sie wollen die Pfalz
und alſo glauben ſie, daß ſie ihnen werden muß.
Skepſis in Fragen des nationalen Preſtiges kennt
der Franzoſe — im Gegenſatz zum Deutſchen —
kaum oder gar nicht. Und die Pfalz vollends iſt
ihm das geographiſch und hiſtoriſch-politiſch nächſte
Gebiet; demgemäß fühlt er ſich in ihr, dies iſt
ſein imperialiſtiſches Vorurteil, heimiſch und als
Herr. Hier ſieht er in Architektur und im Stra-
ßenbau noch die deutlichſten Spuren ehemaliger
franzöſiſcher Herrſchaft, hier erinnert er ſich der
Zuneigung der ehemaligen Herrſcher für Frank-
reich und Paris. Dies genügt ihm, um über die
fürchterlichen franzöſiſchen Zerſtörungen hinweg
imaginäre Fäden zu ſpinnen, die er nur dichter
und feſter glaubt geſtalten zu müſſen, um die
Pfalz von Deutſchland zu ſich herüberzuziehen.
Dazu kommt, daß die Pfalz das einzige links-
rheiniſche Gebiet iſt, das geographiſch und auch
durch ſeine Stammesart von ſeinem politiſchen
Verbande, alſo von Bayern, getrennt iſt. Hier iſt
für den politiſch beſchwingten Franzoſen Rhodus
genug, hier will er lanzen.
In Wirklichkeit aber iſt gerade der Pfälzer, ſo
eigenbrötleriſch er veranlagt ſein mag, nichts
weniger als partikulariſtiſch geſtimmt. Seine Ver-
gangenheit hat ihn großdeutſch erzogen und ins-
beſondere gegenüber dem Franzoſen beſonders
ſtolz gemacht. Er ſagte zwar in ſeligen Friedens-
zeiten zum Gruß gern „Buſchur“ (bon jour) oder
beim Trinken „alle Gebot Santa“ (a votre ſante),
aber das waren nichts als fröhliche Bekundungen
eines aus ſchweren Aengſten vor dem franzöſiſchen
Bedrücker und Verwüſter Erwachten. So wie der
Gebirgsrücken der Pfalz nach Weſten zu abfällt,
ſo ſtand und ſteht der Pfälzer mit ſeiner Kehr-
ſeite gegen Frankreich und mit ſeinem zuverſicht-
lichen Geſicht gegen Deutſchland gewandt. Er läßt
ſich nicht — dick- und hartſchädelig, wie er iſt —
mit Gewalt umwenden, ſondern bietet eben in
der Not dem unſäglich verachteten Franzoſen zur
Ausführung der von Paris dirigierten Separa-
tions-Equilibriſtik nichts als ſeinen breiten, ge-
diegenen Rücken dar — in der Gewißheit, daß
ihm der, wenn auch noch ſo hartnäckige Franzoſe,
dabei das Kreuz nicht zertreten wird ....
Not tut vor allem, daß man, insbeſondere in
München und Bayern, die Beſonderheiten des
Pfälzers auch verſteht. Bayern iſt auch nur ein
Teil des deutſchen Ganzen, und man ſoll vom
Pfälzer nicht verlangen, daß er den Teil über
das Ganze ſtelle. Der Pfälzer iſt, aus ſeinem
ſtark entwickelten Selbſtändigkeitsgefühl heraus,
iſt ihm und muß ihm fremd ſein. Er iſt, darüber
ſollte man ſich nicht täuſchen, erſt Pfälzer und
Deutſcher, dann Bayer. Und heute vollends bin-
det ihn die gemeinſame Not und das primitivſte
Solidaritätsgefühl notwendig mit dem heſſiſchen
und preußiſchen beſetzten Gebiet ſtärker zuſammen
als mit dem wenn auch noch ſo treuen und für-
ſorglichen Bayern. Der gemeinſame Abwehrkampf,
der das franzöſiſche Schlagwort vom Rhein als
Grenzlinie verabſcheut, will natürlich auch nichts
von einer Mainlinie wiſſen.
Dem wortfrohen Pfälzer iſt es nicht an der
Wiege ſeiner Stammesart geſungen worden, daß
er ſich vor Fremdherrſchern ſtumm ducken muß.
Er wird das dem Franzoſen nie vergeſſen. Aber
es iſt ihm auch nicht gegeben, verſchwöreriſch und
verbiſſen hinter dem Eindringling herzuſchleichen,
vielmehr macht er leidlich gute Miene zum böſen
Spiel; wie gut aber ſein Abwehrſpiel iſt, beweiſen
die immer böſeren Mienen der Franzoſen. Als
unter dem Einfluß der hiſtoriſchen Zeit des Kriegs-
ausgangs und der Revolution eine Handvoll de-
ſperater Dilettanten von Landau aus das erſte
Attentat auf das Deutſchtum der Pfälzer ver-
übten, ſetzten ſich dieſe auf unzweideutige Art mit
jenen Konjunkturfritzen auseinander. Damit war
die franzöſiſche „Richtung“ in der Pfalz erledigt.
Was ſpäter und in jüngſter Zeit folgte und viel-
leicht noch folgen wird, iſt franzöſiſche Söldlings-
arbeit. Zuzug aus dem Elſaß, beſonders auch aus
Lothringen und dem Saargebiet und das bißchen
einheimiſche Hefe wird den guten deutſchen Wein
der pfälziſchen Geſinnung nicht mehr ernſtlich
trüben. Daß dieſe Geſinnung nicht durch franzö-
ſiſche Winkelzüge und Gewaltakte vergewaltigt
werde, dafür muß Berlin und München ſorgen.
Dazu aber gehört ein völlig ungeſtörtes, eifer-
ſuchtsloſes Zuſammenwirken zwiſchen München
und Berlin. Das beſetzte Rheinland verkörpert
und vertritt die Einigkeit Deutſchlands. Die Pfalz
kann daher heute weniger als je nur bayeriſch
eingeſtellt ſein. Sie braucht die ganze Ungebrochen-
heit des deutſchen Reichsgedankens und das große
Bewußtſein von der Unantaſtbarkeit und Unzer-
ſtörbarkeit der Reichseinheit, um ihren Vorpoſten-
und Sicherungsdienſt gegen Frankreich erfolgreich
zu tun. Jede Erſchütterung der Zuſammen-
gehörigkeit zwiſchen Süden und Norden muß ſich
im pfälziſchen Abwehrkampf ſeismographiſch aus-
drücken. Deutſchland iſt der Pfalz ein naher,
immer präſenter Vater, Bayern ein Bruder in
der Ferne, Man belaſte und verwirre nicht dieſes
in heutigen Zeitläuften äußerſt diffizile und emp-
findliche Familienverhältnis!
x.-
Das Walchenſeewerk
Die maſchinelle Einrichtung des Wal-
chenſeewerkes iſt jetzt ſo weit gediehen, daß
mit den Abnahmeverſuchen begonnen werden kann.
Zunächſt iſt beabſichtigt, 2 für die Landeselek-
trizitätsverforgung des Bayernwerkes beſtimmte
24000 PS-Maſchinenſätze in Be-
trieb übergehen zu laſſen. Die beiden zu
dieſen Maſchinenſätzen gehörigen Druck-
rohrleitungen der Waſſerzufüh-
rung wurden bereits unter Druck geſetzt.
und haben die Prüfung in baulicher und tech-
niſcher Hinſicht gut beſtanden. Daraufhin konnte
Freitag Abend 6 Uhr der erſte Walchen-
ſeegenerator verſuchsweiſe in Betrieb
geſetzt werden. Die nächſte Woche wird noch
beanſprucht ſein durch die Abnahmeverſuche, die
erforderlich ſind, bevor die Energielieferung durch
das Walchenſeewerk aufgenommen werden kann.
Der Reichsverkehrsminiſter Dr.
Oeſer hat am Freitag in München geweilt, um
mit dem Miniſterpräſidenten Dr. von Knilling
und den beteiligten Fachminiſtern über die nächſte
Zukunft der Reichseiſenbahnen eine
vorläufige Rückſprache zu nehmen. De-
finitive Ergebniſſe ſind bei der Beſprechung, ihrem
Charakter entſprechend, noch nicht erzielt
worden. Der Reichsverkehrsminiſter reiſt von
München nach Stuttgart weiter.
Zuſammenlegung der Miniſterien
Das Präſidium des bayeriſchen Indu-
ſtriellenverbandes befaßte ſich in ſeiner
letzten Sitzung mit der Frage der Zuſammen-
legung der Miniſterien und kam dabei zu folgen-
dem Beſchluß: Der Bayeriſche Induſtriellenver-
band begrüßt den Beſchluß auf Vereinfachung
der Staatsverwaltung durch Zuſammenlegung
von Miniſterien aus Gründen der Einſparung.
Er hält es für das zweckmäßigſte, die Reſſorts
für Handel, Induſtrie, Sozialpoli-
tik und öffentliche Arbeiten in einem
neuen Wirtſchaftsminiſterium zu-
ſammenzufaſſen. Unannehmbar wäre jedoch das
Weiterbeſtehen des Sozialminiſteriums bei gleich-
zeitiger Auflöſung des Handelsminiſteriums.
Folgen des Abbaues
Auch unter dem unſtändigen Lehrper-
ſonal herrſcht wegen des Beamtenabbaues
große Beſorgnis. Die widerruflich angeſtellten
Lehrkräfte befürchten ihre Kündigung
bezw. eine Zuſammenlegung von Schulabteilungen
Für die Schulamtsbewerber ſind die An-
geſtelltenverhältniſſe gleichfalls die denkbar
ſchlechteſten, weshalb ſich in Niederbayern
in Teil desſelben bereits zuſammengeſchloſſen hat,
um eventuell nach Amerika auszuwan-
dern.
Die Miſſion Clives
* München, 13. Januar.
Heute morgen iſt
der engliſche Generalkonſul Clive im Auftrage
ſeiner Regierung nach Heidelberg abgereiſt, wo
er einen Tag bleiben und eine Ausſprache mit
den aus der Pfalz ausgewieſenen Beamten haben
wird. Er wird dann in die Pfalz weiterreiſen
und die dortigen Zuſtände ſtudieren. Am Don-
nerstag trifft er in Koblenz ein, wo er Lord
Kilmanrock, dem engliſchen Mitglied der In-
teralliierten Rheinlandkommiſſion, Bericht erſtat-
ten wird.
Schwere Mißhandlungen
Pirmaſens, 12. Jan.
Die Separatiſten
ſind ſeit einigen Tagen dazu übergegangen, ihre
Gefangenen vielfach ſchwer zu- mißhan-
deln. Eine beſonders unmenſchliche Tat voll-
brachten ſie in der Nacht vom 6. bis 7. Januar.
Ein Pirmaſenſer namens Maſſa erhob Ein-
ſpruch gegen die Mißhandlnug des Kriegsanvali-
den Hermann Seebach, der den rechten
Arm verloren hat. Darauf wurde er ebenfalls
verhaftet und ſo zugerichtet, daß er in hoffnungs-
loſem Zuſtand in das Krankenhaus überführt
werden mußte.
Franzoſen und Separatiſten
im Bunde
* Berlin, 13. Januar.
Aus Speyer wird der
„Montagpoſt“ gemeldet, daß der franzöſiſche
Oberdelegierte für die Pfalz, General de Metz,
die Bekanntgabe der Erklärung verboten hat,
die am Sonntag in ſämtlichen katholiſchen Kir-
chen der Pfalz von der Kanzel herab verleſen
werden ſollte und die die Aufforderung an die
Katholiken der Pfalz enthält, der ungeſetzlichen
und unrechtmäßigen, ſogenannten autonomen
Regierung keinen Gehorſam zu leiſten.
Nach derſelben Quelle fand am Sonntag vor-
mittag in Speyer die Trauerfeier für
den ermordeten Separatiſtenführer Heinz-Orbis
ſtatt, die ein neuer Beweis dafür war, wie
außerordentlich gering die zahlenmäßige Betei-
ligung der Pfälzer an der ſeparatiſtiſchen Bewe-
gung iſt, denn nur etwa 300 Perſonen, einſchließ-
lich der ſeparatiſtiſchen Truppen und der Fran-
zoſen, nahmen daran teil.
General de Metz feierte den Getöteten in
einem in franzöſiſcher Sprache gehaltenen Nach-
ruf als einen Freund Frankreichs und legte dar-
auf an der Bahre im Namen Frankreichs einen
Kranz nieder. Nach der Feier wurde die Leiche
in ſeine Heimat übergeführt. Der Leichenzug
zum Bahnhof wurde durch die ſeparatiſtiſchen
Truppen geſchützt, die den Zug mit der ſepara-
tiſtiſchen Fahne eröffneten und auch die Nach-
hut bildeten, wobei ſie Pfeifen und Zigaretten
rauchten.
Dank an die Pfalz.
* Berlin, 13. Januar.
Die zur Beratung über
die politiſche Lage in Berlin zuſammengetretene
Reichstagsfraktion der Deutſchen Volkspartei
nahm einſtimmig folgende Entſchließung an:
Die Bevölkerung der Pfalz lebt nunmehr ſeit
einem Jahr unter beſtändiger Bedrohung des
Eigentums, unter ärgſtem Druck der Kriegsge-
richte, Vertreibung aus der Heimat und völliger
Unterdrückung der Preſſe- und Verſammlungs-
freiheit. Dieſer ruhigen und ordnungsliebenden
Bevölkerung ſind ſämtliche im Rheinlandabkom-
men garantierten Rechte genommen. Seit vielen
Wochen iſt ſie von der Beſatzung und der Mehr-
heit der Interalliierten Kommiſſion dem Terror
zweifelhafteſter, landfremder Elemente und einem
Regime täglicher Rechtsbrüche, Erpreſſungen und
Bedrückungen ausgeliefert. Die Fraktion ſpricht
den Pfälzern ihren heißen Dank für den
heroiſchen Kampf um das Recht aus und ſichert
ihnen jede nur mögliche Unterſtützung zu.
Beſchwerden der Pfälzer
Koblenz, 12. Jan
Die Vertreter der pfäl-
ziſchen Bevölkerung, die für die mittel-
baren und unmittelbaren Städte, ferner für über
680 Landgemeinden der Pfalz, für die Wirt-
ſchafts- und Berufsverbände ſowie für die ſämt-
lichen Konfeſſionen ſprechen wollten, baten geſtern
die Interalliierte Rheinlandskommiſſion um eine
Audienz, die aber zurückgeſtellt wurde. Lediglich
der Biſchof von Speyer wurde vom
franzöſiſchen Oberkommiſſar Ti-
rard empfangen und hatte Gelegenheit, die
durch die Separatiſtenherrſchaft herovrgerufenen
unhaltbaren Zuſtände in der Pfalz, welche von
der Bevölkerung einmütig abgelehnt werden, dar-
zulegen. Die pfälziſche Kommiſſion wird heute ihre
Bitte erneuern. In einem Punkte ſind die Sor-
gen der pfälziſchen Bevölkerung vorläufig be-
hoben, da es nach Lage der Dinge ausge-
ſchloſſen ſein dürfte, daß die von den
Separatiſten erlaſſenen Verord-
nungen anerkannt werden.
Ludwigshafen, 12. Jan.
In der franzöſiſchen
Preſſe erſchien ein vollſtändig unrichtiger Bericht
über den Empfang und die Ausſprache pfälziſcher
Städtevertreter bei dem General de
Metz in Speyer In dieſen Zeitungen wurde die
Audienz dahin ausgelegt, als hätten die pfälziſchen
Städtevertreter hauptſächlich deswegen vorge-
ſprochen um ihrer Entrüſtung über die Ermor-
dung des Separatiſtenführers Heinz-Orbis Aus-
druck zu verleihen und den General zu veran-
laſſen, Maßnahmen gegen die verbrecheriſchen
Vorgänge zu ergreifen. Demgegenüber wird feſt-
geſtellt, daß die Städtevertreter beim General de
Metz erſchienen waren, um Einſpruch zu er-
heben gegen die Gewaltherrſchaft
von fremden Elementen in der Pfalz.
Aus rein menſchlichen Gründen iſt die am Abend
vorher geſchehene Ermordung des Heinz-Orbis zur
Sprache gebracht und dabei dem Gedanken Aus-
druck verliehen worden, daß die Städtevertreter
den an Separatiſten begangenen Mord verur-
teilen.
_ _
Der Meiner des jüngſten Tages.
13
Roman
von Leo Parutz.
7.
Ich ſtand und ſah ihr nach, minutenlang hatte
ich nur den Klang der geliebten Stimme im
Ohr, und erſt als Dina längſt verſchwunden
war, kam mir der Zuſammenhang ihrer Worte
zum Bewußtſein.
Im erſten Augenblick war ich ratlos und gren-
zenlos beſtürzt, dann aber erwachte ein heftiger
Zorn in mir, ich lehnte mich voll Erbitterung
gegen den Sinn ihrer Worte auf, es war ein
Unrecht, das man mir zufügen wollte. Jetzt fort-
gehen? O, nein! Jetzt konnte ich ja nicht gehen.
Fieber und Schüttelfroſt und Müdigkeit waren
verſchwunden. — Man muß mir Rede ſtehen —
tobte es in mir, — ſie werden mir Aufklärung
geben, Felix und Doktor Gorski, darauf muß ich
beſtehen. Ich hab’ ihr doch nichts getan, lieber
Gott, was hab’ ich ihr denn getan? —
Gewiß, es iſt ein Unglück geſchehen, ein großes
Unglück, eines, das ſich vielleicht hätte verhindern
laſſen können! Aber ich bin doch, um Gottes
willen, nicht ſchuld an dieſem Unglück, ich doch
nicht! Man hätte ihn nicht allein laſſen ſollen,
nicht eine Minute lang hätte er allein bleiben
dürfen, wie iſt er denn überhaupt in den Beſitz
des Revolvers gekommen? Und jetzt will man
etwa mir die Schuld geben? Ich verſtehe, daß
man in ſolch einem Augenblick ungerecht wird
und die Worte nicht wägt. Aber gerade des-
wegen muß, ich bleiben, man iſt mir Aufklärung
ſchuldig, ich muß —
Plötzlich kam mir ein Gedanke, ein ganz
ſelbſtverſtändlicher Gedanke, der mir meine Er-
regung lächerlich erſcheinen ließ. — Natürlich,
es war ein Mißverſtändnis. Zweifellos, es
konnte nur ein Mißverſtändnis geweſen ſein.
Ich hatte Dinas Worte falſch aufgefaßt, ganz
anders waren ſie gemeint geweſen. Daß ich nach
Hauſe gehen ſolle, weil ich hier nicht mehr helfen
könne, das hatte ſie ſagen wollen, nichts weiter,
das war ja klar. Sonnenklar. Niemand dachte
daran, mir die Schuld zu geben. Da hatten mir
meine überreizten Nerven einen Streich geſpielt.
Doktor Gorski war ja dabei geweſen, er hatte
alles mit angehört. Ich war entſchloſſen, auf
ihn zu warten, er ſollte mir beſtätigen, daß das
Ganze nur ein Mißverſtändnis war.
— Lange kann es ja nicht dauern, ſagte ich
mir — Lange werde ich nicht zu warten haben.
Felix und Doktor Gorski müſſen bald wieder da
ſein, man kann doch den armen Eugen, — ſie
können ihn doch nicht die ganze Nacht hindurch
allein auf dem Fußboden liegen laſſen.
Ich trat geräuſchlos ans Fenſter, wie ein Dieb
ſchlich ich mich hin und warf einen Blick ins
Zimmer. Er lag noch immer auf der Erde, aber
man hatte eine Decke über ihn gebreitet, ein
ſchottiſches Plaid. Einmal hatte ich ihn als
Macbeth geſehen, daran mußte ich jetzt denken
und ſogleich klangen mir die Worte der Lady ins
Ohr: — „Here’s thes mell of the blood still. All
the parfumes of Arobla —“
Da war auch ſchon der Schüttelfroſt wieder da
und die Müdigkeit und der kalte Schweiß und
das Fieber, aber ich überwand es, ich zwang es
nieder, — „Unſinn!“ ſagte ich mir, — „dieſe
Verſe, die paſſen doch wahrhaftig nicht hierher.“
— Und ich ſtieß entſchloſſen die Türe auf und
trat ein, aber dieſe Energie wich ſogleich einer
ängſtlichen Scheu, denn ich war nun zum erſten-
mal allein mit dem Toten.
Da lag er in die Decke gehüllt, nichts war von
ihm zu ſehen als die rechte Hand. Sie hielt den
Revolver nicht mehr, irgendwer hatte ihn aufge-
hoben und auf den kleinen Tiſch gelegt, der in
der Mitte des Zimmers ſtand. Ich trat näher,
um mir die Waffe anzuſehen, und jetzt bemerkte
ich, daß ich nicht allein im Zimmer war.
Der Ingenieur ſtand hinter dem Schreibtiſch
an der Wand, über irgend etwas, was ich nicht
ſah, gebeugt, es hatte den Anſchein, als ſei er
in die Betrachtung des Tapetenmuſters vertieft,
ſo aufmerkſam ſah er hin. Als er meine Schritte
hörte, wandte er ſich um. „Sie ſind es, Baron?
Wie ſehen Sie denn aus? Na! Sie hat die Sache
ordentlich hergenommen.“
Er ſtand breitſpurig vor mir, die Hände in den
Hoſentaſchen, eine Zigarette zwiſchen den Lippen,
in dem Zimmer, in dem ein Toter lag, mit der
Zigarette im Mund! Die Bedenkenloſigkeit ſelbſt,
ſo ſtand er da.
„Das erſtemal, daß Sie vor einer Leiche
ſtehen, wie? Wohl Ihnen, Baron. Ihr Offi-
ziere des Friedens! — Ich dachte mir’s ſogleich,
— Sie gehen ſo behutſam. Sie können feſter
auftreten, denn da wecken ſie nicht.“
Ich ſchwieg. Er warf ſeine Zigarette mit
großer Sicherheit in die Aſchenſchale, die einige
Schritte von ihm entfernt auf dem Schreibtiſch
ſtand, und zündete ſich ſogleich eine neue an.
„Ich bin Deutſchbalte, wiſſen Sie das?“ fuhr
er dann fort. „In Mitau geboren; ich habe den
ruſſiſch-japaniſchen Krieg mitgemacht.“
„Tſchuſima?“ fragte ich. Ich weiß nicht,
warum mir der Name gerade dieſer Seeſchlacht
einfiel. Ich dachte, daß er Schiffsingenieur oder
etwas Aehnliches geweſen ſein müſſe.
„Nein. Munho,“ gab er zur Antwort. „Haben
Sie jemals davon gehört?“
Ich ſchüttelte den Kopf.
„Munho. Das iſt kein Ort, das iſt ein Fluß.
Gelbes Waſſer zwiſchen den Hügelketten. Es iſt
beſſer, nicht daran zu denken. Da lagen ſie eines
Morgens, fünfhundert oder mehr, einer neben
dem anderen, eine ganze Schützenkette, mit ver-
brannten Händen und verzerrten gelben Ge-
ſichtern — teufliſch. Es gibt kein anderes Wort.“
„Kontaktmine?“ fragte ich.
„Hochſpannungsſtröme. Meine Arbeit. Zwölf-
hundert Volt. Manchmal, wenn mir die Erinne-
rung kommt, dann ſage ich mir: Was willſt du
denn, Oſtaſien, zweitauſend Meilen von hier,
fünf Jahre ſind vergangen, Staub und Aſche iſt
heute alles, was du dort geſehen haſt. Hilft
nichts. So etwas bleibt, ſo etwas vergißt man nicht.
Er ſchwieg und blies den Rauch ſeiner Zigarette
in prachtvoll kreisrunden Ringen in die Luft.
Alles, was mit dem Rauchen irgendwie zuſam-
menhing, hatte bei ihm den Charakter der Jong-
leurkunſt angenommen.
„Jetzt wollen ſie den Krieg abſchaffen,“ fuhr er
nach einer Weile fort. „Den Krieg wollen ſie
abſchaffen! Was hilft das? Das da“ — er wies
mit einer Bewegung des Zeigefingers auf den
Revolver — „will man aus der Welt ſchaffen
und alles andere von der Art. Was hilft das?
Die menſchliche Niedertracht bleibt und die iſt
von allen Mordwaffen die mörderiſchſte.“
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(2022-12-19T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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