Allgemeine Zeitung, Nr. 13, 14. Januar 1924.Montag, den 14. Januar 1924 Allgemeine Zeitung. Nr. 18 [Spaltenumbruch]
Personalabbau oder Verwal- tungsabbau? Die Personalabbauverordnung der Reichsregie- Es gehörte nicht viel Weitblick dazu, das Un- Schon ist man wieder glücklich auf der Suche Die Schuldfrage ist zwecklos. Entscheidend ist Politische Rundschau Der Führer der Landespolizei in Zum Vorsteher der Berliner Stadt- Vermischte Nachrichten München. Die Arbeiten an der Fernkabel- Pasing. Am Dienstag ist der Senior des Con- Raisling. Beim Holzfällen im Staats- Endorf. Vor nicht ganz einem Jahre wurde Traunstein. Verhaftet wurde eine Bande, be- Passau. Eine von der Bezirksbauern- Regensburg. Auf dem Wege von Gehrs- Nürnberg. Für eine Jagdpacht, für die er Berneck. Aufgrund der Verhandlungen mit den Isny. Der vom Ruhrgebiet gekommene Eisen- Der Ursprung der Farben "Schwarz- Rot-Gold" Merkwürdigerweise ist der geschichtliche Ur- "Das Band ist zerschnitten, Aber woher nahmen denn die Lützower Jäger Die Entstehung der Farben "Schwarz-Rot- Die Kaiserstandarte des Römischen Reiches Aus den Parteien Der Ortsverein München der Deutschen Das Ermächtigungsgesetz ist eine un- Im Verlaufe der sich anschließenden regen Rechtsanwalt Dr. Beutner beleuchtete die LETZTE TELEGRAMME Das Ergebnis der sächsischen * Dresden, 14. Januar.Gemeindewahlen Das bisherige Er- Die Sozialdemokraten haben im all- Auch die Deutsche Volkspartei hat be- In Dresden werden die bürgerlichen Par- In Leipzig haben die bürgerlichen Parteien Das politische Ergebnis der Gemeindewahlen Kardinal Bertram für die Hypotheken- aufwertung. * Breslau, 13. Januar. Kardinalfürst- Die Bemühungen der Separatisten. * Ludwigshafen, 14. Januar.Als Gegenkund- Schwierigkeiten der englischen Regierungs- * London, 14. Januar.bildung. Die Streikbewe- Die Liberalen suchen angesichts der [irrelevantes Material] Montag, den 14. Januar 1924 Allgemeine Zeitung. Nr. 18 [Spaltenumbruch]
Perſonalabbau oder Verwal- tungsabbau? Die Perſonalabbauverordnung der Reichsregie- Es gehörte nicht viel Weitblick dazu, das Un- Schon iſt man wieder glücklich auf der Suche Die Schuldfrage iſt zwecklos. Entſcheidend iſt Politiſche Rundſchau Der Führer der Landespolizei in Zum Vorſteher der Berliner Stadt- Vermiſchte Nachrichten München. Die Arbeiten an der Fernkabel- Paſing. Am Dienstag iſt der Senior des Con- Raiſling. Beim Holzfällen im Staats- Endorf. Vor nicht ganz einem Jahre wurde Traunſtein. Verhaftet wurde eine Bande, be- Paſſau. Eine von der Bezirksbauern- Regensburg. Auf dem Wege von Gehrs- Nürnberg. Für eine Jagdpacht, für die er Berneck. Aufgrund der Verhandlungen mit den Isny. Der vom Ruhrgebiet gekommene Eiſen- Der Urſprung der Farben „Schwarz- Rot-Gold“ Merkwürdigerweiſe iſt der geſchichtliche Ur- „Das Band iſt zerſchnitten, Aber woher nahmen denn die Lützower Jäger Die Entſtehung der Farben „Schwarz-Rot- Die Kaiſerſtandarte des Römiſchen Reiches Aus den Parteien Der Ortsverein München der Deutſchen Das Ermächtigungsgeſetz iſt eine un- Im Verlaufe der ſich anſchließenden regen Rechtsanwalt Dr. Beutner beleuchtete die LETZTE TELEGRAMME Das Ergebnis der ſächſiſchen * Dresden, 14. Januar.Gemeindewahlen Das bisherige Er- Die Sozialdemokraten haben im all- Auch die Deutſche Volkspartei hat be- In Dresden werden die bürgerlichen Par- In Leipzig haben die bürgerlichen Parteien Das politiſche Ergebnis der Gemeindewahlen Kardinal Bertram für die Hypotheken- aufwertung. * Breslau, 13. Januar. Kardinalfürſt- Die Bemühungen der Separatiſten. * Ludwigshafen, 14. Januar.Als Gegenkund- Schwierigkeiten der engliſchen Regierungs- * London, 14. Januar.bildung. Die Streikbewe- Die Liberalen ſuchen angeſichts der [irrelevantes Material] <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0005" n="Seite 5[5]"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Montag, den 14. Januar 1924 <hi rendition="#g">Allgemeine Zeitung.</hi> Nr. 18</hi> </fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Perſonalabbau oder Verwal-<lb/> tungsabbau?</hi> </head><lb/> <byline>Von<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Dr. P. Krinnel.</hi></hi></byline><lb/> <p>Die Perſonalabbauverordnung der Reichsregie-<lb/> rung vom 27. Oktober 1923 und die ihr entſpre-<lb/> chenden Maßnahmen der Länder ſind kein Ruh-<lb/> mesblatt der deutſchen Verwaltungsgeſchichte. Sie<lb/> beſagen nicht mehr und nicht weniger, als daß<lb/> die verantwortlichen Stellen 5 Jahre lang ent-<lb/> weder den Ernſt der Lage nicht erkannten oder<lb/> aber daß es ihnen an Mut oder Tatkraft gebrach,<lb/> erkannte Notwendigkeiten in die Tat umzuſetzen.<lb/> Wäre es anders, ſo wäre die Verordnung über-<lb/> flüſſig und unmöglich. Nach dem Frieden von<lb/> Tilſit kürzte das beſiegte Preußen die Ausgaben<lb/> für ſeine Beamten erheblich. Deutſchland ſteigerte<lb/> nach 1918 die Zahl der öffentlich Angeſtellten<lb/> außerordentlich. In der geſamten <hi rendition="#g">Reichs</hi> ver-<lb/> waltung (einſchließlich der inzwiſchen verreichlich-<lb/> ten Verwaltungen: Eiſenbahn, Poſt und Finanz)<lb/> betrug die Geſamtzahl der Beamten 1914: 542 936,<lb/> 1920: 688 023, 1923: 764 000, mithin eine Zu-<lb/> nahme 1914—1920 von 26,7 Prozent, 1914—1923<lb/> von 40,7 Prozent. (Berückſichtigt man, daß das<lb/> Reich durch Gebietsabtretungen etwa 10 Prozent<lb/> ſeiner Bevölkerung verloren hat, ſo beziffert ſich<lb/> die Zunahme für 1914—1920 auf 40,8 Prozent,<lb/> für 1914—1923 auf 56,4 Prozent.) Man ſieht,<lb/> daß die Vermehrung der Beamtenſtellen nicht<lb/> etwa nur im erſten Trubel der Revolution, ſon-<lb/> dern noch zu einent weſentlichen Teil viel ſpäter<lb/> erfolgte. Wohlverſtanden: die Zahlen geben nur<lb/> die planmäßigen Beamtenſtellen an. Zu ihnen<lb/> kommen im Jahre 1923 noch 122 579 beamtete<lb/> und 679 543 nichtbeamtete Hilfskräfte, ſo daß die<lb/> Geſamtzahl der Reichsangeſtellten 1923 1 566 122<lb/> Köpfe betrug. Die Zahlen der beamteten und<lb/> nichtbeamteten Hilfskräfte aus der Vorkriegszeit<lb/> ſtehen mir leider nicht zur Verfügung. Sie liegen<lb/> aber beſtimmt ganz erheblich unter jenen des<lb/> Jahres 1923. Ebenſo fehlen die Angaben über die<lb/> Zahl der Beamten, Angeſtellten und Arbeiter in<lb/> den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen<lb/> Körperſchaften. Auch hier iſt zweifellos eine ganz<lb/> erhebliche Perſonalvermehrung feſtzuſtellen. Be-<lb/> rückſichtigt muß ferner wegen der Wirkungen auf<lb/> den Perſonalhaushalt die Tatſache werden, daß<lb/> in Reich und Ländern weit über das ſachliche Be-<lb/> dürfnis hinaus Beförderungsgelegenheiten und<lb/> Spitzenſtellungen in einer Zahl geſchaffen wurden,<lb/> die ſich die Beamtenorganiſationen vor dem Kriege<lb/> nie hätten träumen laſſen. Namentlich gaben die<lb/> Länder ihren in den Reichsdienſt übertretenden<lb/> Verkehrs- und Finanzbeamten in dieſer Richtung<lb/> ſehr noble Abſchiedsgeſchenke.</p><lb/> <p>Es gehörte nicht viel Weitblick dazu, das Un-<lb/> ſinnige dieſer Entwicklung von der erſten Stunde<lb/> an zu erkennen. Ich für meine Perſon habe ſeit<lb/> 5 Jahren immer wieder Beamte und Beamten-<lb/> führer, Gewerkſchaftsfunktionäre und maßgebende<lb/> Perſönlichkeiten des politiſchen Lebens darauf hin-<lb/> gewieſen, daß hier eine ſich am Geſamtperſonal<lb/> ſchwer rächende Beamtenpolitik getrieben werde,<lb/> daß eines Tages Reich und Länder einfach nicht<lb/> mehr in der Lage ſein werden, dieſem Rieſenheer<lb/> ausreichende Gehälter zu zahlen, und daß die not-<lb/> wendig werdende Operation um ſo ſchmerzlicher<lb/> und gefährlicher ſein werde, je ſpäter ſie erfolge.<lb/> Nun iſt das vorhergeſagte bittere Ende da. Eine<lb/> in ihren Wirkungen notwendig brutale Perſonal-<lb/> abbauverordnung ſtreift hart an die Grundrechte<lb/> des Berufsbeamtentums, und eine unzureichende<lb/> Notbeſoldung öffnet auch dem bisher Blinden die<lb/> Augen.</p><lb/> <p>Schon iſt man wieder glücklich auf der Suche<lb/> nach einem Schuldigen. Unſere antimarxiſtiſchen<lb/> Monomanen erklären den Marxismus auch hier-<lb/> für für verantwortlich. Ich habe keine Veranlaſ-<lb/> ſung, dieſen zu verteidigen, muß aber aus Grün-<lb/> den der hiſtoriſchen Wahrheit feſtſtellen, daß die<lb/> marxiſtenreinen Beamtenorganiſationen den freien<lb/> Gewerkſchaften da in keiner Weiſe nachſtanden,<lb/> wo es galt, für die Mitglieder Vorteile zu er-<lb/> ringen. Und ſchließlich iſt in dem Land, in dem<lb/> der Marxismus nichts zu ſagen hat, in Bayern,<lb/> der vor geraumer Zeit mit großen Reden einge-<lb/> leitete Verſuch einer Vereinfachung der Staats-<lb/> verwaltung bisher um keinen Schritt weiter ge-<lb/> kommen.</p><lb/> <p>Die Schuldfrage iſt zwecklos. Entſcheidend iſt<lb/> die Frage: Was nun? Hier muß mit aller Deut-<lb/> lichkeit geſagt werden, daß es nicht damit getan<lb/> iſt, durch eine mehr oder weniger rigoroſe An-<lb/> wendung der Abbauverordnung möglichſt viele<lb/> Leute von der Staatskrippe ganz wegzubekommen<lb/> oder wenigſtens in den Ruheſtand zu ſchicken. Ein<lb/> ſolches Verfahren mag wohl ein freundlicheres<lb/> Bild der nächſten Haushaltpläne hervorrufen, mag<lb/> die Sanierung einleiten, wird aber für ſich allein<lb/> niemals die dauernde Geſundung des ernſtlich<lb/> erkrankten Verwaltungskörpers bringen. Der<lb/> Außenſtehende glaube ja nicht, daß das gewaltige<lb/> Beamtenheer bisher faulenzend ſeine aus der<lb/> emſigen Notenpreſſe geſpeiſten Einkünfte verzehrt<lb/> habe. Daß dem nicht ſo war, daß die Tauſende<lb/> und Abertauſende in einer ſteten, wenn auch noch<lb/> ſo unproduktiven Beſchäftigung gehalten wurden,<lb/> dafür ſorgten die zahlloſen Geſetze, Verordnungen,<lb/> Erlaſſe und Verfügungen, die die Zentralſtellen<lb/> der Hauptſtädte Tag für Tag in üppiger Frucht-<lb/> barkeit gebaren. Es iſt ganz typiſch, daß z. B. in<lb/> den Verkehrsbetrieben bei ſtarkem Verkehrsrück-<lb/> gang das Perſonal des Verwaltungsdienſtes (im<lb/> Gegenſatz zum Betriebsdienſt) gegenüber der Vor-<lb/> kriegszeit ganz bedeutend vermehrt werden mußte.<lb/> Hier fließen die Quellen des Uebels. Der Per-<lb/> ſonalabbau wird in dem Umfang durchführbar<lb/> ſein, in dem die Produktivität der Zentralſtellen<lb/> abnimmt und das Schlagwort von der Dezentrali-<lb/> ſation ernſtlich in vernünftigem Umfang Wirklich-<lb/> keit wird. Bleibt es beim Alten, ſo wird die Per-<lb/> ſonalabbauverordnung ein Schlag ins Waſſer ſein<lb/> und die Verwaltungsmaſchine über kurz oder lang<lb/> zum Stillſtand kommen. Denn ſchließlich hat jeder<lb/> Perſonalabbau ſeine Grenzen in der durch die<lb/> Arbeitsmenge bedingten Leiſtungsfähigkeit des<lb/> Perſonals. Jene Minderung der Produktivität<lb/> fällt freilich nicht leicht. Sie muß eine freiwillige<lb/> ſein und erfordert ein Maß von Selbſtbeſchrän-<lb/> kung, das fleißigen und ehrgeizigen Köpfen von<lb/> ſonſt mittelmäßigen geiſtigen Qualitäten nicht<lb/><cb/> allzu oft eignet. Auch die Dezentraliſation bedarf<lb/> einer feinfühligen Hand und eines über den Durch-<lb/> ſchnitt hinausragenden pſychologiſchen Verſtänd-<lb/> niſſes an leitender Stelle. Sonſt bleiben die ſchön-<lb/> ſten Zuſtändigkeitsordnungen totes Papier. Es<lb/> iſt daher ganz falſch, dieſe Dinge durch Verein-<lb/> fachungsausſchüſſe und ſonſtige Kommiſſionen<lb/> meiſtern zu wollen. Wenn man ſich nicht zu hel-<lb/> fen weiß, bildet man eine Kommiſſion. In Wirk-<lb/> lichkeit macht’s immer nur einer. Es muß nur<lb/> ein ganzer Kerl ſein.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Politiſche Rundſchau</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"><lb/> <p>Der <hi rendition="#g">Führer der Landespolizei in<lb/> Thüringen,</hi> der bisher ſozialiſtiſche <hi rendition="#g">Poli-<lb/> zeioderſt Müller-Brandenburg</hi> in<lb/> Weimar, iſt aus der <hi rendition="#g">ſozialdemokratiſchen<lb/> Partei ausgetreten.</hi></p><lb/> <p>Zum <hi rendition="#g">Vorſteher der Berliner Stadt-<lb/> verordnetenverſammlung</hi> wurde der<lb/> Kandidat der vereinigten bürgerlichen Parteien<lb/> Dr. <hi rendition="#g">Caſpari</hi> (D. D.-P.) mit 100 gegen 94<lb/> Stimmen der Sozialdemokraten und Kommuni-<lb/> ſten gewählt. Dr. Caſpari hat ſein Amt jedoch<lb/><hi rendition="#g">niedergelegt,</hi> da die anderen Fraktionen eine<lb/> Beteiligung an der Wahl der übrigen Vorſtands-<lb/> mitglieder verweigerten und es der D. V. P. nicht<lb/> möglich iſt, von ſich aus alle Poſten zu beſetzen.</p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Vermiſchte Nachrichten</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline> <hi rendition="#b">München.</hi> </dateline><lb/> <p>Die Arbeiten an der <hi rendition="#g">Fernkabel-<lb/> ſtrecke München-Nürnberg-Leipzig-<lb/> Berlin</hi> ſind ſoweit fortgeſchritten, daß geſtern<lb/> Abend bereits <hi rendition="#g">Verſuchsgeſpräche</hi> ſtattfin-<lb/> den konnten. Die neue <hi rendition="#g">unterirdiſche Fern-<lb/> ſprechlinie</hi> wird für weite Kreiſe des Han-<lb/> dels, der Induſtrie, der Preſſe uſw. von großer<lb/> Bedeutung werden, da es fortan möglich iſt, un-<lb/> abhängig von allen Witterungsverhältniſſen die<lb/> gewünſchten Verbindungen raſch und zuverläſſig<lb/> herzuſtellen. Das deutſche Kabelnetz wird ein<lb/> leiſtungsfähiges Glied des großen europäiſchen<lb/> Fernſprechnetzes werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline> <hi rendition="#b">Paſing.</hi> </dateline><lb/> <p>Am Dienstag iſt der Senior des Con-<lb/> vents, der <hi rendition="#g">Ordensbruder Roman Bader,</hi><lb/> 82jährig, <hi rendition="#g">geſtorben.</hi> Der Verſtorbene hatte<lb/> erſt vor kurzem ſein goldenes Prieſterjubiläum<lb/> gefeiert. In den <hi rendition="#g">Wallfahrerkreiſen</hi> war<lb/> der Verſtorbene eine bekannte und beliebte Per-<lb/> ſönlichkeit. Ihm unterſtand lange Zeit die Für-<lb/> ſorge für die Beherbergung der Wallfahrer.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline> <hi rendition="#b">Raiſling.</hi> </dateline><lb/> <p><hi rendition="#g">Beim Holzfällen</hi> im Staats-<lb/> wald fiel dem 30jährigen Mathias <hi rendition="#g">Merkl</hi> ein<lb/> Baum mit ſolcher Wucht auf den Kopf, daß er<lb/> ihm <hi rendition="#g">völlig zerſchmettert</hi> wurde und der<lb/> Unglückliche ſofort eine Leiche war.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline> <hi rendition="#b">Endorf.</hi> </dateline><lb/> <p>Vor nicht ganz einem Jahre wurde<lb/> der ſtille Ort <hi rendition="#g">Mauerkirchen</hi> bei Endorf, der<lb/> Wallfahrtsort von Profeſſoren, Ingenieuren,<lb/> Geldmenſchen u. a. eifrig beſucht. Dort war ein<lb/> ſchlichter Bauernſohn mit dem noch ſchlichteren<lb/> Namen <hi rendition="#g">Joſef Maier</hi> erſtanden, der vorgab,<lb/> durch ſeine Erfindung mit einem kleinen Appa-<lb/> rat <hi rendition="#g">„Elektrizität aus der Erde“</hi> zu ge-<lb/> winnen und alle Kraftwerke uſw. überflüſſig zu<lb/> machen. Kapitaliſten boten ihm große Summen<lb/> zur Ausnützung der Erfindung an. Er begann<lb/> dann auch in Endorf eine eigene Anlage herzu-<lb/> ſtellen. Da ihm aber von Traunſtein die elektriſche<lb/> Kraft verſagt wurde, verſchwand er mit ſeiner<lb/> Erfindung nach München und ſtellte ſie nach<lb/> ſeiner Weiſe in einer freigeweſenen Werkſtätte<lb/> auf. Bei genauer Nachprüfung der Maierſchen<lb/> Erfindung kam der Schwindel auf, daß Maier<lb/> ſeine Kraft nicht aus der Erde ſchöpfe, ſondern<lb/> durch Anſchluß mittels Militärlabels, verbunden<lb/> mit Nägeln, auf denen der Apparat ſtand, mit<lb/> der Elektriſchen Leitung gewonnen wurde.<lb/> Wenn Maier den Apparat bediente, funktionierte<lb/> die Kraftgewinnung tadellos. Als aber ein<lb/> Techniker mit der Polizei kam und den Apparat<lb/> vom Zuſtrom verſchob, war die Maſchine tot.<lb/> Maier wurde in Haft genommen, da er mit<lb/> ſeiner Erfindung zwei Münchener Bürgers-<lb/> leuten 20 000 Goldmark abgeknüpft hatte.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline> <hi rendition="#b">Traunſtein.</hi> </dateline><lb/> <p>Verhaftet wurde eine Bande, be-<lb/> ſtehend aus dem Metzger Johann <hi rendition="#g">Eichner</hi><lb/> von Oberpailau, dem Metzger Peter <hi rendition="#g">Herzin-<lb/> ger</hi> von Siegsdorf und einem Taglöhner von<lb/> Paſenbach, die gemeinſam mit dem noch flüch-<lb/> tigen Taglöhner und Koch Michael <hi rendition="#g">Hermann</hi><lb/> in der Gegend von Traunſtein und Dachau<lb/><hi rendition="#g">Viehdiebſtähle</hi> im Großen machten und in<lb/> München ein eigenes Schlachthaus mieteten, wo<lb/> ſie die Beute ſchlachteten.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline> <hi rendition="#b">Paſſau.</hi> </dateline><lb/> <p>Eine von der <hi rendition="#g">Bezirksbauern-<lb/> kammer</hi> Paſſau und vom <hi rendition="#g">Niederbayeri-<lb/> ſchen Bauernverein</hi> einberufene Verſamm-<lb/> lung geſtaltete ſich zu einer <hi rendition="#g">Proteſtkundge-<lb/> bung gegen die</hi> ungeheuren <hi rendition="#g">Steuer-<lb/> laſten.</hi> Wer natürlich aus böſem Willen keine<lb/> Steuern bezahlen wolle, der dürfe <hi rendition="#g">nicht in<lb/> Schutz genommen</hi> werden. Zu beanſtanden<lb/> ſei auch, daß an verſchiedenen Finanzämtern nur<lb/><hi rendition="#g">rein juriſtiſch</hi> geaerbeitet werde, während<lb/><hi rendition="#g">das allgemeine volkswirtſchaft-<lb/> liche Intereſſe</hi> vollkommen fehle.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline> <hi rendition="#b">Regensburg.</hi> </dateline><lb/> <p>Auf dem Wege von <hi rendition="#g">Gehrs-<lb/> richt</hi> nach <hi rendition="#g">Einsricht</hi> iſt die 73jährige <hi rendition="#g">Güt-<lb/> lerswitwe Hartmann,</hi> die Flachs für ihr<lb/> Spinnrad beſorgen wollte, von einem Geiſtlichen<lb/> ſich wahrſcheinlich vor Ermattnug auf einen ſchnee<lb/> tot aufgefunden worden. Das Mütterlein hatte<lb/> bedeckten Abhang geſetzt und iſt dabei <hi rendition="#g">erfro-<lb/> ren.</hi></p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline> <hi rendition="#b">Nürnberg.</hi> </dateline><lb/> <p>Für eine <hi rendition="#g">Jagdpacht,</hi> für die er<lb/> im Jahre 1918 bei einem Dollarkurs von 8 Mk.<lb/> an die <hi rendition="#g">Stadt Roth</hi> 2500 Mark jährlich zu ent-<lb/> richten hatte, ſandte ein hieſiget <hi rendition="#g">Fabrikbe-<lb/> ſitzer</hi> am 3. Januar an beſagten Stadtrat in<lb/> einem Brief den Betrag von <hi rendition="#g">8000 Papier-<lb/> mark.</hi></p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline> <hi rendition="#b">Berneck.</hi> </dateline><lb/> <p>Aufgrund der Verhandlungen mit den<lb/> maßgebenden Stellen gilt die Genehmigung zum<lb/><hi rendition="#g">Ausbau der Waſſerkraftſtufe am<lb/> Weißen Main</hi> bei Lanzendorf als geſichert.<lb/> Mit dem Bau des <hi rendition="#g">Kraftwerkes,</hi> des unter<lb/> Ausnütznug der vorhandenen Speicherungsfähig-<lb/> keit 600 PS. leiſtet, ſoll ſofort nach Eintritt gün-<lb/> ſtiger Witterung begonnen werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline> <hi rendition="#b">Isny.</hi> </dateline><lb/> <p>Der vom Ruhrgebiet gekommene <hi rendition="#g">Eiſen-<lb/> bahnbeamte Tyyſſen</hi> machte mit ſeiner<lb/><cb/> hier wohnenden Gattin einen <hi rendition="#g">Skiausflug.</hi><lb/> Auf dem Heimweg überſchritten ſie ein Bahnge-<lb/> leiſe und bemerkten im Nebel nicht den von Ro-<lb/> tenbach kommenden Zug. Tyyſſen wurde von der<lb/><hi rendition="#g">Lokomotive erfaßt</hi> und in drei Stücke<lb/> zerriſſen, die man erſt zuſammenſuchen mußte.<lb/> Seine Frau kam mit leichten Wunden davon.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Urſprung der Farben „Schwarz-<lb/> Rot-Gold“</hi> </head><lb/> <p>Merkwürdigerweiſe iſt der geſchichtliche Ur-<lb/> ſprung der Farbendreiheit „Schwarz-Rot-Gold“<lb/> in weiten Kreiſen unbekannt. Wir wiſſen nur,<lb/> daß Schwarz-Rot-Gold die Farben der Lützower<lb/> Jäger und der deutſchen Burſchenſchaften waren.<lb/> Wir kennen die Tragik der Farben, die der Met-<lb/> ternichſchen Autokratie weichen mußten, aus Bin-<lb/> zers Burſchenlied:</p><lb/> <cit> <quote>„Das Band iſt zerſchnitten,<lb/> War Schwarz-Rot und Gold.“</quote> </cit><lb/> <p>Aber woher nahmen denn die Lützower Jäger<lb/> und die Burſchenſchaftler den Farbendreiklang<lb/> als Symbol des Reichsgedankens und der Reichs-<lb/> einheit? Sie konnten doch dieſe Zuſammenſtel-<lb/> lung nicht willkürlich aus der Luft greifen. Die<lb/> Erklärung einiger Hiſtoriker, die Lützower hätten<lb/> dieſe Farben nur getragen, weil ſie zufällig kein<lb/> anderes Stoffmaterial hatten, will mir zu banal<lb/> erſcheinen. Dagegen ſpricht ſchon der Geiſt der<lb/> Romantik, die in „Lützows wilder Jagd“ leben-<lb/> dig war.</p><lb/> <p>Die Entſtehung der Farben „Schwarz-Rot-<lb/> Gold“ als Symbol des Reichsgedankens geht zu-<lb/> rück ins Mittelalter, und zwar ſind ſie auf <hi rendition="#g">baye-<lb/> riſchem</hi> Boden erſtanden zur Regierungszeit<lb/> Kaiſer Ludwigs des Bayern.</p><lb/> <p>Die Kaiſerſtandarte des Römiſchen Reiches<lb/> Deutſcher Nation war der ſchwarze Adler auf<lb/> goldenem Lappen. Kaiſer Ludwig der Bayer ließ<lb/> nach der Schlacht bei Mühldorf und Ampfing 1322<lb/> in den bayeriſch-öſterreichiſchen Grenzlanden zum<lb/> Zeichen des Blutbannes den ſchwarzen Adler auf<lb/> goldenem Lappen, den in der Schlacht ſelbſt Kon-<lb/> rad von Schlüſſelburg als „Reichsſturmfahne“<lb/> getragen hatte, an einem roten Querholz befe-<lb/> ſtigen. Später wurde das rote Querholz durch<lb/> einen oder mehrere rote Wimpel erſetzt. So ent-<lb/> ſtand aus dieſer Zuſammenſtellung allmählich der<lb/> Farbendreiklang „Schwarz-Rot-Gold“ als Sym-<lb/> bol des Reichsgedankens, das in vielen Quellen<lb/> wiederkehrt.</p><lb/> <byline> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">Eduard Herold</hi> </hi> </byline> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Aus den Parteien</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p><hi rendition="#b">Der Ortsverein München der Deutſchen<lb/> Volkspartei</hi> (Nationalliberale Partei) eröffnete<lb/> ſeine Tätigkeit im neuen Jahr mit einer ſehr<lb/> ſtark beſuchten Mitgliederverſammlung im Par-<lb/> teiheim. Landtagsabgeordnete Frl. Dr. Gertraud<lb/><cb/> <hi rendition="#g">Wolf</hi> hielt ein ausführliches Referat über die<lb/> jüngſten Vorgänge im bayeriſchen Landtag:<lb/> „Landtagsauflöſung und Volksentſcheid“.</p><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">Ermächtigungsgeſetz</hi> iſt eine un-<lb/> bedingte Staatsnotwendigkeit. Da ſeit Mitte No-<lb/> vember infolge der Stillegung der Notenpreſſe<lb/> vom Reich den Ländern keine finanzielle Unter-<lb/> ſtützung gewährt werden kann, ſind dieſe genö-<lb/> tigt, ihren Haushalt ſelbſt in Ordnung zu brin-<lb/> gen. Hauptaufgabe des Ermächtigungsgeſetzes iſt<lb/> daher Einſparung auf allen Gebieten der Staats-<lb/> verwaltung, Erhöhung der Einnahmen, beſon-<lb/> ders durch intenſive Ausnützung der Forſten,<lb/> neue Steuern und Abgaben. Daß das Geſetz<lb/> eigentlich durch zwei Mitglieder des Landtags<lb/> zu Fall gebracht werden konnte, ſei entſchieden<lb/> ein Fehler in der Verfaſſung. Die von der Baye-<lb/> riſchen Volkspartei übereifrig betriebene ſofortige<lb/> Auflöſung des Landtages und Neuwahlen iſt<lb/> von den ſämtlichen Parteien abgelehnt worden,<lb/> da es notwendig war, dazu erſt die notwendigen<lb/> Vorausſetzungen zu ſchaffen. Es mußte erſt vor<lb/> allem die Wahlfreiheit geſichert werden, um eine<lb/> Begünſtigung oder Benachteiligung von Par-<lb/> teien in der Durchführung der Neuwahl durch<lb/> den Ausnahmezuſtand auszuſchließen. Es iſt<lb/> nicht zu leugnen, daß die Bayeriſche Volkspartei,<lb/> die immer mehr nach der Alleinherrſchaft ſtrebt,<lb/> anſcheinend ein großes Intereſſe habe, unter<lb/> dem Ausnahmezuſtand zu wählen. Wie dann die<lb/> Wahl durchgeführt werde, zeige das empörende<lb/> Verbot der vom Abg. Dirr erwähnten Ver-<lb/> ſammlung in Nürnberg. Als unerläßliche Vor-<lb/> ausſetzung der Neuwahlen müſſe daher <hi rendition="#g">Frei-<lb/> heit der Perſon,</hi> der <hi rendition="#g">Preſſe</hi> und der<lb/><hi rendition="#g">Verſammlungen</hi> gefordert werden. Zum<lb/> Schluß ihrer mit lebhaftem Beifall aufgenom-<lb/> menen Ausführungen bedauerte die Vortragende<lb/> die geradezu perverſe Zerſplitterung der bürger-<lb/> lichen Parteien bei den kommenden Wahlen, be-<lb/> ſonders wegen des drohenden Verluſtes der bür-<lb/> gerlichen Reſtſtimmen, und forderte eine <hi rendition="#g">Zu-<lb/> ſammenfaſſung bürgerlicher Par-<lb/> teien durch Liſtenverbindung.</hi></p><lb/> <p>Im Verlaufe der ſich anſchließenden regen<lb/> Ausſprache forderte u. a. der Wahlkreisvorſitzende<lb/><hi rendition="#g">Pfarrer Hell</hi> eine <hi rendition="#g">baldige Durch-<lb/> führung des Hochverratsprozeſſes,</hi><lb/> um noch vor den Wahlen über die Vorgänge des<lb/> 8. und 9. November die unbedingt nötige Klä-<lb/> rung herbeizuführen. Gegenüber der Bayeriſchen<lb/> Volkspartei und der aus der Uneinigkeit der<lb/> Bürgerlichen gewinnenden Sozialdemokratie<lb/> gelte es einen <hi rendition="#g">ſtarken nationalen und<lb/> liberalen Block</hi> zu bilden.</p><lb/> <p>Rechtsanwalt Dr. <hi rendition="#g">Beutner</hi> beleuchtete die<lb/> Politik der Bayeriſchen Volkspartei und befür-<lb/> wortete unter lebhafter Zuſtimmung der Ver-<lb/> ſammlung eine <hi rendition="#g">Zuſammenfaſſung der<lb/> auf nationalem und freiheitlichem<lb/> Boden ſtehenden bürgerlichen Par-<lb/> teien.</hi></p> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">LETZTE TELEGRAMME</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Das Ergebnis der ſächſiſchen<lb/> Gemeindewahlen</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">* Dresden,</hi> 14. Januar.</dateline><lb/> <p>Das bisherige <hi rendition="#g">Er-<lb/> gebnis der ſächſiſchen Gemeinde-<lb/> wahlen</hi> läßt bedeutende Erfolge der bürger-<lb/> lichen und der kommuniſtiſchen Partei erkennen.</p><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Sozialdemokraten</hi> haben im all-<lb/> gemeinen einen großen Stimmenverluſt erlitten<lb/> und viele Stimmen an die Kommuniſten und an<lb/> die Unabhängigen abgeben müſſen.</p><lb/> <p>Auch die <hi rendition="#g">Deutſche Volkspartei</hi> hat be-<lb/> trächtliche Stimmenzahlen an die Deutſchnatio-<lb/> nalen und an die Deutſchvölkiſchen verloren. Da<lb/> die Völkiſchen aber z. B. in Leipzig zwei ge-<lb/> trennte Liſten aufgeſtellt haben, und zwar eine<lb/> deutſch-ſozialiſtiſche und eine völkiſch-ſozialiſtiſche,<lb/> ſo zerſplitterten ſie ihre Reihen erheblich.</p><lb/> <p>In <hi rendition="#g">Dresden</hi> werden die bürgerlichen Par-<lb/> teien 38—39 Mandate haben, wozu noch 4<lb/> Deutſchſoziale kommen. Die Linksparteien wer-<lb/> den dort nur 32—33 Mandate erringen gegen-<lb/> über dem bisherigen Verhältnis von 42:42. 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Montag, den 14. Januar 1924 Allgemeine Zeitung. Nr. 18
Perſonalabbau oder Verwal-
tungsabbau?
Von
Dr. P. Krinnel.
Die Perſonalabbauverordnung der Reichsregie-
rung vom 27. Oktober 1923 und die ihr entſpre-
chenden Maßnahmen der Länder ſind kein Ruh-
mesblatt der deutſchen Verwaltungsgeſchichte. Sie
beſagen nicht mehr und nicht weniger, als daß
die verantwortlichen Stellen 5 Jahre lang ent-
weder den Ernſt der Lage nicht erkannten oder
aber daß es ihnen an Mut oder Tatkraft gebrach,
erkannte Notwendigkeiten in die Tat umzuſetzen.
Wäre es anders, ſo wäre die Verordnung über-
flüſſig und unmöglich. Nach dem Frieden von
Tilſit kürzte das beſiegte Preußen die Ausgaben
für ſeine Beamten erheblich. Deutſchland ſteigerte
nach 1918 die Zahl der öffentlich Angeſtellten
außerordentlich. In der geſamten Reichs ver-
waltung (einſchließlich der inzwiſchen verreichlich-
ten Verwaltungen: Eiſenbahn, Poſt und Finanz)
betrug die Geſamtzahl der Beamten 1914: 542 936,
1920: 688 023, 1923: 764 000, mithin eine Zu-
nahme 1914—1920 von 26,7 Prozent, 1914—1923
von 40,7 Prozent. (Berückſichtigt man, daß das
Reich durch Gebietsabtretungen etwa 10 Prozent
ſeiner Bevölkerung verloren hat, ſo beziffert ſich
die Zunahme für 1914—1920 auf 40,8 Prozent,
für 1914—1923 auf 56,4 Prozent.) Man ſieht,
daß die Vermehrung der Beamtenſtellen nicht
etwa nur im erſten Trubel der Revolution, ſon-
dern noch zu einent weſentlichen Teil viel ſpäter
erfolgte. Wohlverſtanden: die Zahlen geben nur
die planmäßigen Beamtenſtellen an. Zu ihnen
kommen im Jahre 1923 noch 122 579 beamtete
und 679 543 nichtbeamtete Hilfskräfte, ſo daß die
Geſamtzahl der Reichsangeſtellten 1923 1 566 122
Köpfe betrug. Die Zahlen der beamteten und
nichtbeamteten Hilfskräfte aus der Vorkriegszeit
ſtehen mir leider nicht zur Verfügung. Sie liegen
aber beſtimmt ganz erheblich unter jenen des
Jahres 1923. Ebenſo fehlen die Angaben über die
Zahl der Beamten, Angeſtellten und Arbeiter in
den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen
Körperſchaften. Auch hier iſt zweifellos eine ganz
erhebliche Perſonalvermehrung feſtzuſtellen. Be-
rückſichtigt muß ferner wegen der Wirkungen auf
den Perſonalhaushalt die Tatſache werden, daß
in Reich und Ländern weit über das ſachliche Be-
dürfnis hinaus Beförderungsgelegenheiten und
Spitzenſtellungen in einer Zahl geſchaffen wurden,
die ſich die Beamtenorganiſationen vor dem Kriege
nie hätten träumen laſſen. Namentlich gaben die
Länder ihren in den Reichsdienſt übertretenden
Verkehrs- und Finanzbeamten in dieſer Richtung
ſehr noble Abſchiedsgeſchenke.
Es gehörte nicht viel Weitblick dazu, das Un-
ſinnige dieſer Entwicklung von der erſten Stunde
an zu erkennen. Ich für meine Perſon habe ſeit
5 Jahren immer wieder Beamte und Beamten-
führer, Gewerkſchaftsfunktionäre und maßgebende
Perſönlichkeiten des politiſchen Lebens darauf hin-
gewieſen, daß hier eine ſich am Geſamtperſonal
ſchwer rächende Beamtenpolitik getrieben werde,
daß eines Tages Reich und Länder einfach nicht
mehr in der Lage ſein werden, dieſem Rieſenheer
ausreichende Gehälter zu zahlen, und daß die not-
wendig werdende Operation um ſo ſchmerzlicher
und gefährlicher ſein werde, je ſpäter ſie erfolge.
Nun iſt das vorhergeſagte bittere Ende da. Eine
in ihren Wirkungen notwendig brutale Perſonal-
abbauverordnung ſtreift hart an die Grundrechte
des Berufsbeamtentums, und eine unzureichende
Notbeſoldung öffnet auch dem bisher Blinden die
Augen.
Schon iſt man wieder glücklich auf der Suche
nach einem Schuldigen. Unſere antimarxiſtiſchen
Monomanen erklären den Marxismus auch hier-
für für verantwortlich. Ich habe keine Veranlaſ-
ſung, dieſen zu verteidigen, muß aber aus Grün-
den der hiſtoriſchen Wahrheit feſtſtellen, daß die
marxiſtenreinen Beamtenorganiſationen den freien
Gewerkſchaften da in keiner Weiſe nachſtanden,
wo es galt, für die Mitglieder Vorteile zu er-
ringen. Und ſchließlich iſt in dem Land, in dem
der Marxismus nichts zu ſagen hat, in Bayern,
der vor geraumer Zeit mit großen Reden einge-
leitete Verſuch einer Vereinfachung der Staats-
verwaltung bisher um keinen Schritt weiter ge-
kommen.
Die Schuldfrage iſt zwecklos. Entſcheidend iſt
die Frage: Was nun? Hier muß mit aller Deut-
lichkeit geſagt werden, daß es nicht damit getan
iſt, durch eine mehr oder weniger rigoroſe An-
wendung der Abbauverordnung möglichſt viele
Leute von der Staatskrippe ganz wegzubekommen
oder wenigſtens in den Ruheſtand zu ſchicken. Ein
ſolches Verfahren mag wohl ein freundlicheres
Bild der nächſten Haushaltpläne hervorrufen, mag
die Sanierung einleiten, wird aber für ſich allein
niemals die dauernde Geſundung des ernſtlich
erkrankten Verwaltungskörpers bringen. Der
Außenſtehende glaube ja nicht, daß das gewaltige
Beamtenheer bisher faulenzend ſeine aus der
emſigen Notenpreſſe geſpeiſten Einkünfte verzehrt
habe. Daß dem nicht ſo war, daß die Tauſende
und Abertauſende in einer ſteten, wenn auch noch
ſo unproduktiven Beſchäftigung gehalten wurden,
dafür ſorgten die zahlloſen Geſetze, Verordnungen,
Erlaſſe und Verfügungen, die die Zentralſtellen
der Hauptſtädte Tag für Tag in üppiger Frucht-
barkeit gebaren. Es iſt ganz typiſch, daß z. B. in
den Verkehrsbetrieben bei ſtarkem Verkehrsrück-
gang das Perſonal des Verwaltungsdienſtes (im
Gegenſatz zum Betriebsdienſt) gegenüber der Vor-
kriegszeit ganz bedeutend vermehrt werden mußte.
Hier fließen die Quellen des Uebels. Der Per-
ſonalabbau wird in dem Umfang durchführbar
ſein, in dem die Produktivität der Zentralſtellen
abnimmt und das Schlagwort von der Dezentrali-
ſation ernſtlich in vernünftigem Umfang Wirklich-
keit wird. Bleibt es beim Alten, ſo wird die Per-
ſonalabbauverordnung ein Schlag ins Waſſer ſein
und die Verwaltungsmaſchine über kurz oder lang
zum Stillſtand kommen. Denn ſchließlich hat jeder
Perſonalabbau ſeine Grenzen in der durch die
Arbeitsmenge bedingten Leiſtungsfähigkeit des
Perſonals. Jene Minderung der Produktivität
fällt freilich nicht leicht. Sie muß eine freiwillige
ſein und erfordert ein Maß von Selbſtbeſchrän-
kung, das fleißigen und ehrgeizigen Köpfen von
ſonſt mittelmäßigen geiſtigen Qualitäten nicht
allzu oft eignet. Auch die Dezentraliſation bedarf
einer feinfühligen Hand und eines über den Durch-
ſchnitt hinausragenden pſychologiſchen Verſtänd-
niſſes an leitender Stelle. Sonſt bleiben die ſchön-
ſten Zuſtändigkeitsordnungen totes Papier. Es
iſt daher ganz falſch, dieſe Dinge durch Verein-
fachungsausſchüſſe und ſonſtige Kommiſſionen
meiſtern zu wollen. Wenn man ſich nicht zu hel-
fen weiß, bildet man eine Kommiſſion. In Wirk-
lichkeit macht’s immer nur einer. Es muß nur
ein ganzer Kerl ſein.
Politiſche Rundſchau
Der Führer der Landespolizei in
Thüringen, der bisher ſozialiſtiſche Poli-
zeioderſt Müller-Brandenburg in
Weimar, iſt aus der ſozialdemokratiſchen
Partei ausgetreten.
Zum Vorſteher der Berliner Stadt-
verordnetenverſammlung wurde der
Kandidat der vereinigten bürgerlichen Parteien
Dr. Caſpari (D. D.-P.) mit 100 gegen 94
Stimmen der Sozialdemokraten und Kommuni-
ſten gewählt. Dr. Caſpari hat ſein Amt jedoch
niedergelegt, da die anderen Fraktionen eine
Beteiligung an der Wahl der übrigen Vorſtands-
mitglieder verweigerten und es der D. V. P. nicht
möglich iſt, von ſich aus alle Poſten zu beſetzen.
Vermiſchte Nachrichten
München.
Die Arbeiten an der Fernkabel-
ſtrecke München-Nürnberg-Leipzig-
Berlin ſind ſoweit fortgeſchritten, daß geſtern
Abend bereits Verſuchsgeſpräche ſtattfin-
den konnten. Die neue unterirdiſche Fern-
ſprechlinie wird für weite Kreiſe des Han-
dels, der Induſtrie, der Preſſe uſw. von großer
Bedeutung werden, da es fortan möglich iſt, un-
abhängig von allen Witterungsverhältniſſen die
gewünſchten Verbindungen raſch und zuverläſſig
herzuſtellen. Das deutſche Kabelnetz wird ein
leiſtungsfähiges Glied des großen europäiſchen
Fernſprechnetzes werden.
Paſing.
Am Dienstag iſt der Senior des Con-
vents, der Ordensbruder Roman Bader,
82jährig, geſtorben. Der Verſtorbene hatte
erſt vor kurzem ſein goldenes Prieſterjubiläum
gefeiert. In den Wallfahrerkreiſen war
der Verſtorbene eine bekannte und beliebte Per-
ſönlichkeit. Ihm unterſtand lange Zeit die Für-
ſorge für die Beherbergung der Wallfahrer.
Raiſling.
Beim Holzfällen im Staats-
wald fiel dem 30jährigen Mathias Merkl ein
Baum mit ſolcher Wucht auf den Kopf, daß er
ihm völlig zerſchmettert wurde und der
Unglückliche ſofort eine Leiche war.
Endorf.
Vor nicht ganz einem Jahre wurde
der ſtille Ort Mauerkirchen bei Endorf, der
Wallfahrtsort von Profeſſoren, Ingenieuren,
Geldmenſchen u. a. eifrig beſucht. Dort war ein
ſchlichter Bauernſohn mit dem noch ſchlichteren
Namen Joſef Maier erſtanden, der vorgab,
durch ſeine Erfindung mit einem kleinen Appa-
rat „Elektrizität aus der Erde“ zu ge-
winnen und alle Kraftwerke uſw. überflüſſig zu
machen. Kapitaliſten boten ihm große Summen
zur Ausnützung der Erfindung an. Er begann
dann auch in Endorf eine eigene Anlage herzu-
ſtellen. Da ihm aber von Traunſtein die elektriſche
Kraft verſagt wurde, verſchwand er mit ſeiner
Erfindung nach München und ſtellte ſie nach
ſeiner Weiſe in einer freigeweſenen Werkſtätte
auf. Bei genauer Nachprüfung der Maierſchen
Erfindung kam der Schwindel auf, daß Maier
ſeine Kraft nicht aus der Erde ſchöpfe, ſondern
durch Anſchluß mittels Militärlabels, verbunden
mit Nägeln, auf denen der Apparat ſtand, mit
der Elektriſchen Leitung gewonnen wurde.
Wenn Maier den Apparat bediente, funktionierte
die Kraftgewinnung tadellos. Als aber ein
Techniker mit der Polizei kam und den Apparat
vom Zuſtrom verſchob, war die Maſchine tot.
Maier wurde in Haft genommen, da er mit
ſeiner Erfindung zwei Münchener Bürgers-
leuten 20 000 Goldmark abgeknüpft hatte.
Traunſtein.
Verhaftet wurde eine Bande, be-
ſtehend aus dem Metzger Johann Eichner
von Oberpailau, dem Metzger Peter Herzin-
ger von Siegsdorf und einem Taglöhner von
Paſenbach, die gemeinſam mit dem noch flüch-
tigen Taglöhner und Koch Michael Hermann
in der Gegend von Traunſtein und Dachau
Viehdiebſtähle im Großen machten und in
München ein eigenes Schlachthaus mieteten, wo
ſie die Beute ſchlachteten.
Paſſau.
Eine von der Bezirksbauern-
kammer Paſſau und vom Niederbayeri-
ſchen Bauernverein einberufene Verſamm-
lung geſtaltete ſich zu einer Proteſtkundge-
bung gegen die ungeheuren Steuer-
laſten. Wer natürlich aus böſem Willen keine
Steuern bezahlen wolle, der dürfe nicht in
Schutz genommen werden. Zu beanſtanden
ſei auch, daß an verſchiedenen Finanzämtern nur
rein juriſtiſch geaerbeitet werde, während
das allgemeine volkswirtſchaft-
liche Intereſſe vollkommen fehle.
Regensburg.
Auf dem Wege von Gehrs-
richt nach Einsricht iſt die 73jährige Güt-
lerswitwe Hartmann, die Flachs für ihr
Spinnrad beſorgen wollte, von einem Geiſtlichen
ſich wahrſcheinlich vor Ermattnug auf einen ſchnee
tot aufgefunden worden. Das Mütterlein hatte
bedeckten Abhang geſetzt und iſt dabei erfro-
ren.
Nürnberg.
Für eine Jagdpacht, für die er
im Jahre 1918 bei einem Dollarkurs von 8 Mk.
an die Stadt Roth 2500 Mark jährlich zu ent-
richten hatte, ſandte ein hieſiget Fabrikbe-
ſitzer am 3. Januar an beſagten Stadtrat in
einem Brief den Betrag von 8000 Papier-
mark.
Berneck.
Aufgrund der Verhandlungen mit den
maßgebenden Stellen gilt die Genehmigung zum
Ausbau der Waſſerkraftſtufe am
Weißen Main bei Lanzendorf als geſichert.
Mit dem Bau des Kraftwerkes, des unter
Ausnütznug der vorhandenen Speicherungsfähig-
keit 600 PS. leiſtet, ſoll ſofort nach Eintritt gün-
ſtiger Witterung begonnen werden.
Isny.
Der vom Ruhrgebiet gekommene Eiſen-
bahnbeamte Tyyſſen machte mit ſeiner
hier wohnenden Gattin einen Skiausflug.
Auf dem Heimweg überſchritten ſie ein Bahnge-
leiſe und bemerkten im Nebel nicht den von Ro-
tenbach kommenden Zug. Tyyſſen wurde von der
Lokomotive erfaßt und in drei Stücke
zerriſſen, die man erſt zuſammenſuchen mußte.
Seine Frau kam mit leichten Wunden davon.
Der Urſprung der Farben „Schwarz-
Rot-Gold“
Merkwürdigerweiſe iſt der geſchichtliche Ur-
ſprung der Farbendreiheit „Schwarz-Rot-Gold“
in weiten Kreiſen unbekannt. Wir wiſſen nur,
daß Schwarz-Rot-Gold die Farben der Lützower
Jäger und der deutſchen Burſchenſchaften waren.
Wir kennen die Tragik der Farben, die der Met-
ternichſchen Autokratie weichen mußten, aus Bin-
zers Burſchenlied:
„Das Band iſt zerſchnitten,
War Schwarz-Rot und Gold.“
Aber woher nahmen denn die Lützower Jäger
und die Burſchenſchaftler den Farbendreiklang
als Symbol des Reichsgedankens und der Reichs-
einheit? Sie konnten doch dieſe Zuſammenſtel-
lung nicht willkürlich aus der Luft greifen. Die
Erklärung einiger Hiſtoriker, die Lützower hätten
dieſe Farben nur getragen, weil ſie zufällig kein
anderes Stoffmaterial hatten, will mir zu banal
erſcheinen. Dagegen ſpricht ſchon der Geiſt der
Romantik, die in „Lützows wilder Jagd“ leben-
dig war.
Die Entſtehung der Farben „Schwarz-Rot-
Gold“ als Symbol des Reichsgedankens geht zu-
rück ins Mittelalter, und zwar ſind ſie auf baye-
riſchem Boden erſtanden zur Regierungszeit
Kaiſer Ludwigs des Bayern.
Die Kaiſerſtandarte des Römiſchen Reiches
Deutſcher Nation war der ſchwarze Adler auf
goldenem Lappen. Kaiſer Ludwig der Bayer ließ
nach der Schlacht bei Mühldorf und Ampfing 1322
in den bayeriſch-öſterreichiſchen Grenzlanden zum
Zeichen des Blutbannes den ſchwarzen Adler auf
goldenem Lappen, den in der Schlacht ſelbſt Kon-
rad von Schlüſſelburg als „Reichsſturmfahne“
getragen hatte, an einem roten Querholz befe-
ſtigen. Später wurde das rote Querholz durch
einen oder mehrere rote Wimpel erſetzt. So ent-
ſtand aus dieſer Zuſammenſtellung allmählich der
Farbendreiklang „Schwarz-Rot-Gold“ als Sym-
bol des Reichsgedankens, das in vielen Quellen
wiederkehrt.
Eduard Herold
Aus den Parteien
Der Ortsverein München der Deutſchen
Volkspartei (Nationalliberale Partei) eröffnete
ſeine Tätigkeit im neuen Jahr mit einer ſehr
ſtark beſuchten Mitgliederverſammlung im Par-
teiheim. Landtagsabgeordnete Frl. Dr. Gertraud
Wolf hielt ein ausführliches Referat über die
jüngſten Vorgänge im bayeriſchen Landtag:
„Landtagsauflöſung und Volksentſcheid“.
Das Ermächtigungsgeſetz iſt eine un-
bedingte Staatsnotwendigkeit. Da ſeit Mitte No-
vember infolge der Stillegung der Notenpreſſe
vom Reich den Ländern keine finanzielle Unter-
ſtützung gewährt werden kann, ſind dieſe genö-
tigt, ihren Haushalt ſelbſt in Ordnung zu brin-
gen. Hauptaufgabe des Ermächtigungsgeſetzes iſt
daher Einſparung auf allen Gebieten der Staats-
verwaltung, Erhöhung der Einnahmen, beſon-
ders durch intenſive Ausnützung der Forſten,
neue Steuern und Abgaben. Daß das Geſetz
eigentlich durch zwei Mitglieder des Landtags
zu Fall gebracht werden konnte, ſei entſchieden
ein Fehler in der Verfaſſung. Die von der Baye-
riſchen Volkspartei übereifrig betriebene ſofortige
Auflöſung des Landtages und Neuwahlen iſt
von den ſämtlichen Parteien abgelehnt worden,
da es notwendig war, dazu erſt die notwendigen
Vorausſetzungen zu ſchaffen. Es mußte erſt vor
allem die Wahlfreiheit geſichert werden, um eine
Begünſtigung oder Benachteiligung von Par-
teien in der Durchführung der Neuwahl durch
den Ausnahmezuſtand auszuſchließen. Es iſt
nicht zu leugnen, daß die Bayeriſche Volkspartei,
die immer mehr nach der Alleinherrſchaft ſtrebt,
anſcheinend ein großes Intereſſe habe, unter
dem Ausnahmezuſtand zu wählen. Wie dann die
Wahl durchgeführt werde, zeige das empörende
Verbot der vom Abg. Dirr erwähnten Ver-
ſammlung in Nürnberg. Als unerläßliche Vor-
ausſetzung der Neuwahlen müſſe daher Frei-
heit der Perſon, der Preſſe und der
Verſammlungen gefordert werden. Zum
Schluß ihrer mit lebhaftem Beifall aufgenom-
menen Ausführungen bedauerte die Vortragende
die geradezu perverſe Zerſplitterung der bürger-
lichen Parteien bei den kommenden Wahlen, be-
ſonders wegen des drohenden Verluſtes der bür-
gerlichen Reſtſtimmen, und forderte eine Zu-
ſammenfaſſung bürgerlicher Par-
teien durch Liſtenverbindung.
Im Verlaufe der ſich anſchließenden regen
Ausſprache forderte u. a. der Wahlkreisvorſitzende
Pfarrer Hell eine baldige Durch-
führung des Hochverratsprozeſſes,
um noch vor den Wahlen über die Vorgänge des
8. und 9. November die unbedingt nötige Klä-
rung herbeizuführen. Gegenüber der Bayeriſchen
Volkspartei und der aus der Uneinigkeit der
Bürgerlichen gewinnenden Sozialdemokratie
gelte es einen ſtarken nationalen und
liberalen Block zu bilden.
Rechtsanwalt Dr. Beutner beleuchtete die
Politik der Bayeriſchen Volkspartei und befür-
wortete unter lebhafter Zuſtimmung der Ver-
ſammlung eine Zuſammenfaſſung der
auf nationalem und freiheitlichem
Boden ſtehenden bürgerlichen Par-
teien.
LETZTE TELEGRAMME
Das Ergebnis der ſächſiſchen
Gemeindewahlen
* Dresden, 14. Januar.
Das bisherige Er-
gebnis der ſächſiſchen Gemeinde-
wahlen läßt bedeutende Erfolge der bürger-
lichen und der kommuniſtiſchen Partei erkennen.
Die Sozialdemokraten haben im all-
gemeinen einen großen Stimmenverluſt erlitten
und viele Stimmen an die Kommuniſten und an
die Unabhängigen abgeben müſſen.
Auch die Deutſche Volkspartei hat be-
trächtliche Stimmenzahlen an die Deutſchnatio-
nalen und an die Deutſchvölkiſchen verloren. Da
die Völkiſchen aber z. B. in Leipzig zwei ge-
trennte Liſten aufgeſtellt haben, und zwar eine
deutſch-ſozialiſtiſche und eine völkiſch-ſozialiſtiſche,
ſo zerſplitterten ſie ihre Reihen erheblich.
In Dresden werden die bürgerlichen Par-
teien 38—39 Mandate haben, wozu noch 4
Deutſchſoziale kommen. Die Linksparteien wer-
den dort nur 32—33 Mandate erringen gegen-
über dem bisherigen Verhältnis von 42:42. Von
den 32 Mandaten der Linksparteien entfallen auf
die Kommuniſten 10, auf die Sozialdemokraten
22, während das Verhältnis bisher 5:38 war.
In Leipzig haben die bürgerlichen Parteien
gegenüber den Kommuniſten und den Sozial-
demokraten keine Mehrheit; dagegen ſind bür-
gerliche Mehrheiten in Chemnitz,
der bisherigen Hochburg der Sozialdemokraten, in
Zwickau, Plauen, Reichenbach und in vielen an-
deren Städten erzielt worden.
Das politiſche Ergebnis der Gemeindewahlen
dürfte darin zu ſehen ſein, daß der radikale
Flügel der ſächſiſchen Sozialdemokraten weniger
energiſch als bisher Neuwahlen für den Landtag
verlangen wird, ſodaß der gemäßigte ſozialiſtiſche
Flügel die Zuſammenarbeit mit De-
mokraten und Volspartei wahrſchein-
lich wird fortſetzen können.
Kardinal Bertram für die Hypotheken-
aufwertung.
* Breslau, 13. Januar.
Kardinalfürſt-
biſchof Bertram hat an den Reichskanz-
ler ein Schreiben gerichtet, worin er für
die Aufwertung der Hypothe-
ken Stellung nimmt und erklärt, er müſſe
vom Standpunkt des allgemeinen menſch-
lichen Rechtes und der kirchlichen Vermö-
gen aus gegen die Auffaſſung, keine Auf-
wertung zuzulaſſen, Widerſpruch erheben.
Die Bemühungen der Separatiſten.
* Ludwigshafen, 14. Januar.
Als Gegenkund-
gebung gegen die kürzlich von der Ludwigshafe-
ner Bevölkerung gegen den ſeparatiſtiſchen Ter-
ror veranſtaltete Rieſenkundgebung, verſuchte
geſtern der berüchtigte, in Marſeille geborene
pfälziſche Sonderbündler und Bolſchewiſt Kund
einen Demonſtrationszug zu veranſtalten. Wäh-
rend an der Kundgebung der Ludwigshafener
Bevölkerung gegen die _
waltherrſchaft ſeinerzeit 40 000 Perſonen bei-
derlei Geſchlechts teilnahmen, brachte Kund, trotz
verzweifelter Bemühungen, nur etwa 40 Demon-
ſtranten zuſammen, die noch vor Beginn des
Zuges auseinanderliefen.
Schwierigkeiten der engliſchen Regierungs-
bildung.
* London, 14. Januar.
Die Streikbewe-
gung innerhalb der engliſchen Arbeiter-
ſchaft verſchlechtert die Ausſichten für
Macdonald. Morgen wird die Thron-
rede im Parlament verleſen werden und
am Mittwoch wird dann der parlamenta-
riſche Kampf beginnen.
Die Liberalen ſuchen angeſichts der
Streikbewegung nach irgendwelchen Grün-
den, die ſie dafür anführen könnten, einen
Antrag der Labour Party gegen das Kabi-
nett Baldwin nicht zu unterſtützen. Die Si-
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(2022-12-19T12:00:00Z)
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