Allgemeine Zeitung, Nr. 14, 14. Januar 1872.[Spaltenumbruch]
lich schmecken läßt und ihre kirchlichen Angelegenheiten mit Geschäftsklugheit be- Jede Persönlichkeit ist wie aus dem Leben gegriffen. Man glaubt: man Graf Walram haßt gründlich jenes Weltbürgerthum, jene neue Zigeuner- Graf Walram aber haßt auch alles Parteiwesen, alles Parteigetriebe mit Schon aber hat die Rache begonnen. Walram hat, weil er an jenem Tage Nun ist das Lustige daß seine Feinde und Verderber echte Renegaten werden. Walram aber war von tiefer Schwermuth, von Lebensüberdruß und Ekel Tiefsinnig stellt der Dichter dem Flüchtling eine ganze Gesellschaft von Graf Walram findet hier seine innere Zucht und Heilung. Er sieht ein daß Wir sind hier dem geistvollen Roman in seinen Hauptzügen gefolgt: jedoch Manchmal freilich, und nicht gerade selten, könnten die Lichter weniger grell [Spaltenumbruch]
lich ſchmecken läßt und ihre kirchlichen Angelegenheiten mit Geſchäftsklugheit be- Jede Perſönlichkeit iſt wie aus dem Leben gegriffen. Man glaubt: man Graf Walram haßt gründlich jenes Weltbürgerthum, jene neue Zigeuner- Graf Walram aber haßt auch alles Parteiweſen, alles Parteigetriebe mit Schon aber hat die Rache begonnen. Walram hat, weil er an jenem Tage Nun iſt das Luſtige daß ſeine Feinde und Verderber echte Renegaten werden. Walram aber war von tiefer Schwermuth, von Lebensüberdruß und Ekel Tiefſinnig ſtellt der Dichter dem Flüchtling eine ganze Geſellſchaft von Graf Walram findet hier ſeine innere Zucht und Heilung. Er ſieht ein daß Wir ſind hier dem geiſtvollen Roman in ſeinen Hauptzügen gefolgt: jedoch Manchmal freilich, und nicht gerade ſelten, könnten die Lichter weniger grell <TEI> <text> <body> <div> <p> <floatingText> <body> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <p><pb facs="#f0010" n="202"/><cb/> lich ſchmecken läßt und ihre kirchlichen Angelegenheiten mit Geſchäftsklugheit be-<lb/> treibt — eine europäiſche Berühmtheit unter den Flüchtlingen im faltenreichen<lb/> ſchwarzen Radmantel und ſeine ungariſchen und polniſchen Genoſſen im National-<lb/> coſtüm — ein fremder verjagter Fürſt mit ſeinem Begleiter — ein durchtriebener<lb/> Fuchs von Buchhändler, Abgeordnete, Publiciſten, Beamte, Prediger, Künſtler.</p><lb/> <p>Jede Perſönlichkeit iſt wie aus dem Leben gegriffen. Man glaubt: man<lb/> ſei ihr nicht bloß begegnet, ſondern habe ſie auch geſprochen, entweder in München,<lb/> oder in Wien, oder in Stuttgart. Gleichwohl ſind die Charaktere, wie ſich der<lb/> Verfaſſer kaum zu verwahren brauchte, in keinerlei Sinn Porträtſtudien, ſie wol-<lb/> len nichts als freie Typen für ganze Menſchenclaſſen ſein. Die Satire des Buches<lb/> hat nur mit ſelbſtgeſchaffenen Geſtalten, mit erdichteten Vorfällen und Zuſtänden<lb/> zu thun, nichts mit der wirklichen Welt irgendeines Landes.</p><lb/> <p>Graf Walram haßt gründlich jenes Weltbürgerthum, jene neue Zigeuner-<lb/> religion welche fremdes Geſindel auf Koſten der Deutſchen füttert. „Es iſt Mode,<lb/> es iſt Manie geworden mit dieſen intereſſanten Polen, Tſchechen, Magyaren, Ita-<lb/> lienern zu cokettiren, Mode geworden die deutſchen Intereſſen ihnen preiszugeben,<lb/> Mode geworden das nicht ſehen zu wollen daß man für Zwecke ausgebeutet wird<lb/> die undeutſch, barbariſch und abſolutiſtiſch im ſchlimmſten Sinne ſind.“ Das paßt<lb/> ja auf Wien wie aufs Haar. Hoffentlich iſt man auch dort ſeit den Fundamen-<lb/> talartikeln der Tſchechen gründlich bekehrt, ſonſt werden die Magyaren ſchon weiter<lb/> dafür ſorgen. Die neue Roland aber beherbergt unter dem Namen der Völker-<lb/> brüderſchaft und Völkerfreiheit jene intereſſanten Fremdlinge, und gerade iſt ein<lb/> öffentliches Feſt zu Ehren jener europäiſchen Flüchtlingsberühmtheit auf ſeiner<lb/> Höhe, als Walram vortritt und den abgefeimten Betrüger als einen deutſchen<lb/> Schauſpieler entlarvt.</p><lb/> <p>Graf Walram aber haßt auch alles Parteiweſen, alles Parteigetriebe mit<lb/> ſeiner ſogenannten Diſciplin und Solidarität. „Wozu haben,“ fragt er, „die Bürger<lb/> und Bauern ihre Abgeordneten gewählt wenn ſie bloß wieder Heerde ſein ſollen<lb/> die einem beliebigen Leithammel folgen, und blind ins Feuer gehen ſoll, das ihr<lb/> und ihrer Wähler Wohl vernichten muß?“ Ob letzteres wirklich ſo arg, wäre doch<lb/> erſt in jedem einzelnen Falle zu unterſuchen. Wie aber ſoll denn etwas durchgeſetzt<lb/> werden wenn man ſich nicht zuſammenſchließt? Und wie ſoll eine Partei geſchloſ-<lb/> ſen handeln wenn ſie keine Zucht und Schule hat? Graf Walram aber ſchlägt<lb/> ohne weiteres ſeiner Partei ins Geſicht als es ſich in der Kammer um Aufhebung<lb/> der deutſchen Sprache in den Gerichtsverhandlungen und Schulen der nichtdeut-<lb/> ſchen Provinzen handelt. Seit dieſem Tag bleiben die Beſuche ſeiner Partei-<lb/> genoſſen aus, und Adel und Geiſtlichkeit geben einen Korb voll Viſitenkarten bei<lb/> ihm ab. Am wichtigſten Entſcheidungstag, als es ſich um Hebung des geſammten<lb/> Unterrichtsweſens handelt, als es nur eines einzigen kräftigen Schlages bedarf<lb/> um die noch ſchwankende Mittelpartei herüberzuziehen, da iſt der Abg. Graf Wal-<lb/> ram verreist, weil er am Sterbetage ſeiner Mutter an ihrem Grabe ſein ſoll.</p><lb/> <p>Schon aber hat die Rache begonnen. Walram hat, weil er an jenem Tage<lb/> nicht bei ſeiner Partei iſt, wenigſtens eine Rede für den Antrag geſchrieben die in<lb/> der Kammer von einem Freunde ſoll vorgetragen werden. Aus dem Couvert hat<lb/> der ſchlaue Hofrath Marquardſtein des Grafen Rede wegſtibitzt, und dafür ſein<lb/> eigenes Geiſteskind hineingethan. Des Grafen Freund beginnt, wird irre, will<lb/> aufhören, die Rechte zwingt zum Vortrag des ganzen Schriftſtücks. Es iſt eine<lb/> ſatiriſche Philippika gegen die Aufklärungsſucht der liberalen Partei mit ſtarken<lb/> Seitenhieben auf Halbwiſſen, Treibhauscultur, Ueberfütterung des Volkes mit<lb/> brodloſer Schöngeiſterei, auf das Uebertünchen ſeines naturwüchſigen Weſens mit<lb/> fremdem Kalk, der doch wieder herabfallen werde ſobald er trocken geworden. Der<lb/> Antrag, von welchem der freiſinnige Fürſt alles gehofft hat, fällt, und die ganze<lb/> liberale Welt iſt wüthend über den Grafen. Seiner Erklärung wird kaum geglaubt.<lb/> Durch den entlarvten Schauſpieler bringt man ſein Porträt mit Joppe, Stiefeln<lb/> und Bernhardinerhund, wie der Graf leibt und lebt, auf die Bühne in Kotzebue’s<lb/> „Landjunker in der Reſidenz.“ Ein ungeheurer Skandal entſteht, der Fluch des<lb/> Lächerlichen wirft ſich centnerſchwer auf den Grafen. Als er in der Kammer ſich<lb/> andern Tags erhebt, überſchüttet ihn die Gallerie mit Gelächter, er kommt nicht<lb/> mehr zu Wort und Anſehen. Ultramontane wie radicale Blätter zerfleiſchen ſeine<lb/> Ehre: er will nicht antworten, weil er erklärt die Stelle der einſtigen Hofnarren<lb/> nehmen jetzt die Redacteure von Witzblättern ein. Er will auch weder gegen das<lb/> Theater vorgehen noch jemanden fordern. Die öffentliche Meinung verurtheilt ihn<lb/> ſchonungslos, ſeine eigene Partei läßt ihn fallen. Denn iſt die Löwenhaut einem<lb/> politiſchen Helden einmal von den Schultern abgeriſſen, hat er gar ſchweren Stand.<lb/> Walrams einzige Hoffnung iſt eine Flugſchrift, in welcher er das Geſammte ſeiner<lb/> ſtaatsheilenden Jdeen mit hinreißender Friſche vorgetragen. Als die Schrift ſoll<lb/> ausgegeben werden, läßt man die ganze Auflage ſammt dem Manuſcript ver-<lb/> brennen, und als er wenigſtens die geretteten Aushängebogen dem Fürſten brin-<lb/> gen ſoll, hat auch dieſe der Hofrath ihm wegſtibitzt. „Er iſt ein Abtrünniger, ein<lb/> Renegat ſeines Standes, ein Renegat ſeiner einſtigen Jdeale“ — ſo erſchallt rings<lb/> und allgemein das Verdammungsurtheil, und über dem Geſtürzten reichen ſich die<lb/> Familien Kayſerling und Marquardſtein die Hände.</p><lb/> <p>Nun iſt das Luſtige daß ſeine Feinde und Verderber echte Renegaten werden.<lb/> Der dicke Häuptling der Radicalen übt ein ſchauriges Franzöſiſch ein, und gibt ſich<lb/> zu den lächerlichſten und erniedrigendſten Handlungen her, um eine Conſulats-<lb/> uniform von dem kleinen vertriebenen Fürſten zu gewinnen. Während er ſich bei<lb/> Tage die redlichſte Mühe gibt „der hohen Sache der Loyalität und Legitimität zu<lb/> dienen,“ kommen ihm im Traume die demokratiſchen Anwandlungen wieder. Er<lb/> macht ſich zuletzt ſo gemein und lächerlich, daß ſeine Frau, die ſtolze ſchöne Con-<lb/> ſtanze, mit jenem Fürſten durchgeht, deſſen Gemahlin wird und nun in Paris eine<lb/> andere politiſche Rolle ſpielt; ſie will eine Coalition im Sinne der Legitimität or-<lb/> ganiſiren. Sie findet ein plötzliches Ende, und zwar, wie man munkelt, durch die<lb/> von ihr verrathene Partei. Der Hofrath v. Marquardſtein aber, der größte eyniſche<lb/> Halunke auf Erden, beſolgt ſeine alte Regel: „Ein blöder Hund wird ſelten fett,<lb/> und wer an eine volle Krippe gebunden iſt und nicht ſatt wird, der capirt die zweite<lb/> Regel nie: Partei iſt Jntereſſe, habt ihr Witz dazu, ſo brandſchatzt alle Parteien,<lb/> ſie verdienen es nicht beſſer.“ Da in den höchſten Regionen anderer Wind zu wehen<lb/> beginnt, ſpringt die Katze raſch ſvieder auf die alten Füße. Er hebt ſeinen verſun-<lb/><cb/> kenen Nibelungenhort, die Jdeale der Jugend, wieder aus den Wellen, und über-<lb/> reicht dem Könige Walrams Reformſchrift, die er ihm geſtohlen, jetzt als ſein<lb/> eigenes Werk. Schon wird er als Miniſter begrüßt, da werden ſeine Schandthaten<lb/> offenbar. Vor der Verhaftung flüchtend, will er den großen Sprung ins Nichts<lb/> wagen, bedeckt ſich aber nur mit unauslöſchlicher Schande. Wir ſcheiden dennoch<lb/> ungern von dem alten Sünder, weil ſeine Ruchloſigkeiten mit nicht weniger Witz als<lb/> Cynismus auftreten. Nichts kann beluſtigender ſein als wenn er der Kloſter-Oberin<lb/> den Tert liest. Durch dieſe wird auch ſeiner adelsſtolzen Frau, der frömmelnden<lb/> Hofräthin, der Staar geſtochen. Denn als ſie in Armuth und Schande um Auf-<lb/> nahme in das Kloſter bittet, welches ſie ſo ſehr bereichert hat, ſchließt ihr die Oberin<lb/> die Thüre vor der Naſe zu.</p><lb/> <p>Walram aber war von tiefer Schwermuth, von Lebensüberdruß und Ekel<lb/> an den Menſchen überfallen. Als er nach weiten Reiſen zum erſtenmal in die<lb/> Hauptſtadt zurückgekehrt war, hatte er vermeint: eine Welt werde er umgeſtalten,<lb/> eine Welt finden die auf ihn warte: eine Hoffnung nach der anderen wurde ihm<lb/> vereitelt, er erreichte nichts und verlor alles. Da, in ſeinem tiefſten Elend, gab ihm<lb/> der Himmel Erſatz, er fand ein treues Herz, ein Frauenherz — das war ſeine ganze<lb/> Ausbeute von jener Menſchheit die ihn aufgegeben. Er hatte ſich in einen ein-<lb/> ſamen Garten der Vorſtadt zurückgezogen um ſein verlornes Werk noch einmal zu<lb/> ſchreben: da lernte er daß des alten Sondermann Tochter, ein edles und ſchönes<lb/> Mädchen, ihn liebe, und wieder neu webte Maienglanz und Roſenduft ihm die<lb/> ganze Schöpfung. Noch einen zweiten Troſt fand er auf ſeiner Flucht vor der<lb/> Welt, nämlich durch Theilnahme am Geſchick der Verſtoßenen, die ſich unter Trüm-<lb/> mern ein Leben voll Frieden, voll Reinheit und Güte auferbaut haben.</p><lb/> <p>Tiefſinnig ſtellt der Dichter dem Flüchtling eine ganze Geſellſchaft von<lb/> Männern gegenüber die ohne moraliſche Schuld aus dem bürgerlichen Leben her-<lb/> ausgedrängt, ins Dunkel hinabgeſtoßen, nutzlos gemacht waren für die menſchliche<lb/> Geſellſchaft. Es iſt ſo der Lauf der Welt daß die Wellen der Geſellſchaft fort-<lb/> während Trümmer und Todte an den Strand ſpülen wie das wirkliche Meer.<lb/> Solche Geſcheiterte und Geſtrandete gibt es in jeder größeren Stadt, in jedem<lb/> Staat, und vielleicht in den kleinen Staaten am meiſten, denn ein Großſtaat ge-<lb/> währt leichter die Möglichkeit wieder emporzukommen. Da iſt ein würdiger Super-<lb/> intendent, ein edler Rath und früherer Miniſter, ein alter liebenswürdiger Major,<lb/> ein genialer Ingenieur, ein früher berühmter Maler u. ſ. w. Sie haben ſich zu-<lb/> ſammengefunden zu einer freien Geſellſchaft, in welcher abſolute Gleichheit und<lb/> geiſtige Freiheit herrſcht. Wer für ſie reif iſt, findet ſich auch von ſelbſt zu ihnen.<lb/> In demſelben Saal aber hält ihren Spieltiſch und ihre Bankets eine andere Geſell-<lb/> ſchaft, die gleichſam das verjüngte Spiegelbild der erſteren. Auch ihre Mitglieder<lb/> ſind in der Geſellſchaft geſtrandet, ihr Ruf iſt befleckt, aber ſie haben die Welt<lb/> unter ihre Füße bekommen und lachen ſie aus im Wohlleben. Es iſt der männliche<lb/> Demimonde, geſucht und gemieden zu gleicher Zeit. Der Hofrath v. Marquard-<lb/> ſtein, jener alte Fuchs von Buchhändler, der Redacteur eines ultramontanen<lb/> Schimpfblattes, verſchwenderiſche Cavaliere, geheime politiſche Agenten bilden<lb/> dieſe zweite Geſellſchaft, und es gibt ſeltſame Händel.</p><lb/> <p>Graf Walram findet hier ſeine innere Zucht und Heilung. Er ſieht ein daß<lb/> er Unglück hat, und Unglück ſtiftet wo er ſich einmiſcht, obgleich er das Beſte im<lb/> Sinne hat. Er ſlieht „die Stadt und ihre Dämpfe,“ und zieht auf ſeine Güter,<lb/> wo Sabine ihn glücklich macht. Ihr Bruder Friedel wird ſein Nachbar und erfolg-<lb/> reicher Schriftſteller: in ihm hatte Walram, als er ihn zu ſeinem Secretär machte,<lb/> ein ſchmutzig Entlein aus dem Elend errettet und zufällig einen jungen Schwan<lb/> erwiſcht. Die eine edle Hälfte der Geſtrandeten aber zieht zu ihm ins Schloß und<lb/> bildet eine Art idylliſcher Akademie in Genuß und Arbeit. Während die glücklich<lb/> vom Menſchenhaß Geneſenen attiſche Tage feiern, klatſchen Adel und Geiſtlichkeit:<lb/> Graf Walram habe ſich den Freimaurern ergeben, hege und pflege Atheiſten und<lb/> Projectenmacher, halte zigeunerhafte Orgien mit ſeiner Bande, und habe ſogar<lb/> den berüchtigten Superintendenten wieder angeſtellt, der ſich die Keckheit wollte<lb/> beikommen laſſen die chriſtlichen Confeſſionen in <hi rendition="#g">eine</hi> Kirche zu verſchmelzen. Der<lb/> König aber kommt öfter herüber, um an den akademiſchen Geſprächen und Spielen<lb/> theil- und in zweifelhaften Fällen Walrams Nath und Hülfe in Anſpruch zu nehmen.<lb/> Vergebens hat er ihn erſucht Miniſter zu werden. Walram will nicht eines deutſchen<lb/> Kleinſtaates gezwungener Todtengräber werden, und fühlt daß ihm jede unbefangene<lb/> Begeiſterung abhanden gekommen. Er antwortet dem drängenden Fürſten:<lb/> „Majeſtät, ich bin alt geworden, ſeit ich mit Schrecken gelernt habe daß es keine<lb/> reinen ſogenannten Ideale gibt, ſondern nur Fragen des Intereſſes. Einſtweilen<lb/> aber dominiren materielle Intereſſen, materielle Parte ifragen. Große Ideen werden<lb/> nur von denen unterſtützt denen ſie nützen; man macht ein Partei-Intereſſe daraus,<lb/> aber zum Lohn ihrer Anerkennung verlangt die Partei daß ich auch ihre übrigen<lb/> Intereſſen durchführen helfe. Keine Partei in der Welt erlaubt mir der Gegenpartei<lb/> da Recht zu geben wo ſie geſunden Menſchenverſtand zeigt, denn mit ſolcher An-<lb/> erkennung würde ſie ihre eigenen Intereſſen gefährden, würde ſie inconſequent ſein.<lb/> Den Kühnen der ſich über die Parteien ſtellen, der ſich einbilden könnte er allein<lb/> vermöge dem <hi rendition="#aq">common sense</hi> unter allen Umſtänden zu folgen, wird man als Träumer<lb/> und Idealiſten verlachen. Man wird eine Weile zuſehen wie er gegen den Strom<lb/> ſchwimmt, und dann geht man wieder an ſeine eigene Arbeit. Mag er ſchwimmen.<lb/> Ich bin zu alt und müde dazu.“ Würde Graf Walram noch heutzutage auch denen<lb/> welche für eine macht- und weihevolle Verjüngung des deutſchen Volkes in Reich<lb/> und Kirche kämpfen, bloß engherzige Intereſſenpolitik vorwerfen?</p><lb/> <p>Wir ſind hier dem geiſtvollen Roman in ſeinen Hauptzügen gefolgt: jedoch<lb/> nur hindeuten können wir auf die Reihenfolge draſtiſcher Scenen, in denen er ſich<lb/> abſpielt. Eine wahre Fülle von komiſcher Kraft wie von Urſprünglichkeit zeichnet<lb/> den Dichter aus.</p><lb/> <p>Manchmal freilich, und nicht gerade ſelten, könnten die Lichter weniger grell<lb/> aufgeſetzt und die Abſätze mehr zuſammengedrängt ſein. Die ganze verwickelte<lb/> Geſchichte aber von des Helden Mutter und ihren Verwandten hat mit dem eigent-<lb/> lichen Kern des Romans gar zu wenig zu thun. Auch ließen ſich Fremdwörter, wie<lb/> minaudiren, desavouiren, Embonpoint und dergleichen, wohl von einem Dichter<lb/> vermeiden der unſere edle ſchöne Sprache ſo in der Gewalt hat, daß ſie ihm mit<lb/> Leichtigkeit das Höchſte wie das Feinſte ausdrückt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </floatingText> </p> </div> </body> </text> </TEI> [202/0010]
lich ſchmecken läßt und ihre kirchlichen Angelegenheiten mit Geſchäftsklugheit be-
treibt — eine europäiſche Berühmtheit unter den Flüchtlingen im faltenreichen
ſchwarzen Radmantel und ſeine ungariſchen und polniſchen Genoſſen im National-
coſtüm — ein fremder verjagter Fürſt mit ſeinem Begleiter — ein durchtriebener
Fuchs von Buchhändler, Abgeordnete, Publiciſten, Beamte, Prediger, Künſtler.
Jede Perſönlichkeit iſt wie aus dem Leben gegriffen. Man glaubt: man
ſei ihr nicht bloß begegnet, ſondern habe ſie auch geſprochen, entweder in München,
oder in Wien, oder in Stuttgart. Gleichwohl ſind die Charaktere, wie ſich der
Verfaſſer kaum zu verwahren brauchte, in keinerlei Sinn Porträtſtudien, ſie wol-
len nichts als freie Typen für ganze Menſchenclaſſen ſein. Die Satire des Buches
hat nur mit ſelbſtgeſchaffenen Geſtalten, mit erdichteten Vorfällen und Zuſtänden
zu thun, nichts mit der wirklichen Welt irgendeines Landes.
Graf Walram haßt gründlich jenes Weltbürgerthum, jene neue Zigeuner-
religion welche fremdes Geſindel auf Koſten der Deutſchen füttert. „Es iſt Mode,
es iſt Manie geworden mit dieſen intereſſanten Polen, Tſchechen, Magyaren, Ita-
lienern zu cokettiren, Mode geworden die deutſchen Intereſſen ihnen preiszugeben,
Mode geworden das nicht ſehen zu wollen daß man für Zwecke ausgebeutet wird
die undeutſch, barbariſch und abſolutiſtiſch im ſchlimmſten Sinne ſind.“ Das paßt
ja auf Wien wie aufs Haar. Hoffentlich iſt man auch dort ſeit den Fundamen-
talartikeln der Tſchechen gründlich bekehrt, ſonſt werden die Magyaren ſchon weiter
dafür ſorgen. Die neue Roland aber beherbergt unter dem Namen der Völker-
brüderſchaft und Völkerfreiheit jene intereſſanten Fremdlinge, und gerade iſt ein
öffentliches Feſt zu Ehren jener europäiſchen Flüchtlingsberühmtheit auf ſeiner
Höhe, als Walram vortritt und den abgefeimten Betrüger als einen deutſchen
Schauſpieler entlarvt.
Graf Walram aber haßt auch alles Parteiweſen, alles Parteigetriebe mit
ſeiner ſogenannten Diſciplin und Solidarität. „Wozu haben,“ fragt er, „die Bürger
und Bauern ihre Abgeordneten gewählt wenn ſie bloß wieder Heerde ſein ſollen
die einem beliebigen Leithammel folgen, und blind ins Feuer gehen ſoll, das ihr
und ihrer Wähler Wohl vernichten muß?“ Ob letzteres wirklich ſo arg, wäre doch
erſt in jedem einzelnen Falle zu unterſuchen. Wie aber ſoll denn etwas durchgeſetzt
werden wenn man ſich nicht zuſammenſchließt? Und wie ſoll eine Partei geſchloſ-
ſen handeln wenn ſie keine Zucht und Schule hat? Graf Walram aber ſchlägt
ohne weiteres ſeiner Partei ins Geſicht als es ſich in der Kammer um Aufhebung
der deutſchen Sprache in den Gerichtsverhandlungen und Schulen der nichtdeut-
ſchen Provinzen handelt. Seit dieſem Tag bleiben die Beſuche ſeiner Partei-
genoſſen aus, und Adel und Geiſtlichkeit geben einen Korb voll Viſitenkarten bei
ihm ab. Am wichtigſten Entſcheidungstag, als es ſich um Hebung des geſammten
Unterrichtsweſens handelt, als es nur eines einzigen kräftigen Schlages bedarf
um die noch ſchwankende Mittelpartei herüberzuziehen, da iſt der Abg. Graf Wal-
ram verreist, weil er am Sterbetage ſeiner Mutter an ihrem Grabe ſein ſoll.
Schon aber hat die Rache begonnen. Walram hat, weil er an jenem Tage
nicht bei ſeiner Partei iſt, wenigſtens eine Rede für den Antrag geſchrieben die in
der Kammer von einem Freunde ſoll vorgetragen werden. Aus dem Couvert hat
der ſchlaue Hofrath Marquardſtein des Grafen Rede wegſtibitzt, und dafür ſein
eigenes Geiſteskind hineingethan. Des Grafen Freund beginnt, wird irre, will
aufhören, die Rechte zwingt zum Vortrag des ganzen Schriftſtücks. Es iſt eine
ſatiriſche Philippika gegen die Aufklärungsſucht der liberalen Partei mit ſtarken
Seitenhieben auf Halbwiſſen, Treibhauscultur, Ueberfütterung des Volkes mit
brodloſer Schöngeiſterei, auf das Uebertünchen ſeines naturwüchſigen Weſens mit
fremdem Kalk, der doch wieder herabfallen werde ſobald er trocken geworden. Der
Antrag, von welchem der freiſinnige Fürſt alles gehofft hat, fällt, und die ganze
liberale Welt iſt wüthend über den Grafen. Seiner Erklärung wird kaum geglaubt.
Durch den entlarvten Schauſpieler bringt man ſein Porträt mit Joppe, Stiefeln
und Bernhardinerhund, wie der Graf leibt und lebt, auf die Bühne in Kotzebue’s
„Landjunker in der Reſidenz.“ Ein ungeheurer Skandal entſteht, der Fluch des
Lächerlichen wirft ſich centnerſchwer auf den Grafen. Als er in der Kammer ſich
andern Tags erhebt, überſchüttet ihn die Gallerie mit Gelächter, er kommt nicht
mehr zu Wort und Anſehen. Ultramontane wie radicale Blätter zerfleiſchen ſeine
Ehre: er will nicht antworten, weil er erklärt die Stelle der einſtigen Hofnarren
nehmen jetzt die Redacteure von Witzblättern ein. Er will auch weder gegen das
Theater vorgehen noch jemanden fordern. Die öffentliche Meinung verurtheilt ihn
ſchonungslos, ſeine eigene Partei läßt ihn fallen. Denn iſt die Löwenhaut einem
politiſchen Helden einmal von den Schultern abgeriſſen, hat er gar ſchweren Stand.
Walrams einzige Hoffnung iſt eine Flugſchrift, in welcher er das Geſammte ſeiner
ſtaatsheilenden Jdeen mit hinreißender Friſche vorgetragen. Als die Schrift ſoll
ausgegeben werden, läßt man die ganze Auflage ſammt dem Manuſcript ver-
brennen, und als er wenigſtens die geretteten Aushängebogen dem Fürſten brin-
gen ſoll, hat auch dieſe der Hofrath ihm wegſtibitzt. „Er iſt ein Abtrünniger, ein
Renegat ſeines Standes, ein Renegat ſeiner einſtigen Jdeale“ — ſo erſchallt rings
und allgemein das Verdammungsurtheil, und über dem Geſtürzten reichen ſich die
Familien Kayſerling und Marquardſtein die Hände.
Nun iſt das Luſtige daß ſeine Feinde und Verderber echte Renegaten werden.
Der dicke Häuptling der Radicalen übt ein ſchauriges Franzöſiſch ein, und gibt ſich
zu den lächerlichſten und erniedrigendſten Handlungen her, um eine Conſulats-
uniform von dem kleinen vertriebenen Fürſten zu gewinnen. Während er ſich bei
Tage die redlichſte Mühe gibt „der hohen Sache der Loyalität und Legitimität zu
dienen,“ kommen ihm im Traume die demokratiſchen Anwandlungen wieder. Er
macht ſich zuletzt ſo gemein und lächerlich, daß ſeine Frau, die ſtolze ſchöne Con-
ſtanze, mit jenem Fürſten durchgeht, deſſen Gemahlin wird und nun in Paris eine
andere politiſche Rolle ſpielt; ſie will eine Coalition im Sinne der Legitimität or-
ganiſiren. Sie findet ein plötzliches Ende, und zwar, wie man munkelt, durch die
von ihr verrathene Partei. Der Hofrath v. Marquardſtein aber, der größte eyniſche
Halunke auf Erden, beſolgt ſeine alte Regel: „Ein blöder Hund wird ſelten fett,
und wer an eine volle Krippe gebunden iſt und nicht ſatt wird, der capirt die zweite
Regel nie: Partei iſt Jntereſſe, habt ihr Witz dazu, ſo brandſchatzt alle Parteien,
ſie verdienen es nicht beſſer.“ Da in den höchſten Regionen anderer Wind zu wehen
beginnt, ſpringt die Katze raſch ſvieder auf die alten Füße. Er hebt ſeinen verſun-
kenen Nibelungenhort, die Jdeale der Jugend, wieder aus den Wellen, und über-
reicht dem Könige Walrams Reformſchrift, die er ihm geſtohlen, jetzt als ſein
eigenes Werk. Schon wird er als Miniſter begrüßt, da werden ſeine Schandthaten
offenbar. Vor der Verhaftung flüchtend, will er den großen Sprung ins Nichts
wagen, bedeckt ſich aber nur mit unauslöſchlicher Schande. Wir ſcheiden dennoch
ungern von dem alten Sünder, weil ſeine Ruchloſigkeiten mit nicht weniger Witz als
Cynismus auftreten. Nichts kann beluſtigender ſein als wenn er der Kloſter-Oberin
den Tert liest. Durch dieſe wird auch ſeiner adelsſtolzen Frau, der frömmelnden
Hofräthin, der Staar geſtochen. Denn als ſie in Armuth und Schande um Auf-
nahme in das Kloſter bittet, welches ſie ſo ſehr bereichert hat, ſchließt ihr die Oberin
die Thüre vor der Naſe zu.
Walram aber war von tiefer Schwermuth, von Lebensüberdruß und Ekel
an den Menſchen überfallen. Als er nach weiten Reiſen zum erſtenmal in die
Hauptſtadt zurückgekehrt war, hatte er vermeint: eine Welt werde er umgeſtalten,
eine Welt finden die auf ihn warte: eine Hoffnung nach der anderen wurde ihm
vereitelt, er erreichte nichts und verlor alles. Da, in ſeinem tiefſten Elend, gab ihm
der Himmel Erſatz, er fand ein treues Herz, ein Frauenherz — das war ſeine ganze
Ausbeute von jener Menſchheit die ihn aufgegeben. Er hatte ſich in einen ein-
ſamen Garten der Vorſtadt zurückgezogen um ſein verlornes Werk noch einmal zu
ſchreben: da lernte er daß des alten Sondermann Tochter, ein edles und ſchönes
Mädchen, ihn liebe, und wieder neu webte Maienglanz und Roſenduft ihm die
ganze Schöpfung. Noch einen zweiten Troſt fand er auf ſeiner Flucht vor der
Welt, nämlich durch Theilnahme am Geſchick der Verſtoßenen, die ſich unter Trüm-
mern ein Leben voll Frieden, voll Reinheit und Güte auferbaut haben.
Tiefſinnig ſtellt der Dichter dem Flüchtling eine ganze Geſellſchaft von
Männern gegenüber die ohne moraliſche Schuld aus dem bürgerlichen Leben her-
ausgedrängt, ins Dunkel hinabgeſtoßen, nutzlos gemacht waren für die menſchliche
Geſellſchaft. Es iſt ſo der Lauf der Welt daß die Wellen der Geſellſchaft fort-
während Trümmer und Todte an den Strand ſpülen wie das wirkliche Meer.
Solche Geſcheiterte und Geſtrandete gibt es in jeder größeren Stadt, in jedem
Staat, und vielleicht in den kleinen Staaten am meiſten, denn ein Großſtaat ge-
währt leichter die Möglichkeit wieder emporzukommen. Da iſt ein würdiger Super-
intendent, ein edler Rath und früherer Miniſter, ein alter liebenswürdiger Major,
ein genialer Ingenieur, ein früher berühmter Maler u. ſ. w. Sie haben ſich zu-
ſammengefunden zu einer freien Geſellſchaft, in welcher abſolute Gleichheit und
geiſtige Freiheit herrſcht. Wer für ſie reif iſt, findet ſich auch von ſelbſt zu ihnen.
In demſelben Saal aber hält ihren Spieltiſch und ihre Bankets eine andere Geſell-
ſchaft, die gleichſam das verjüngte Spiegelbild der erſteren. Auch ihre Mitglieder
ſind in der Geſellſchaft geſtrandet, ihr Ruf iſt befleckt, aber ſie haben die Welt
unter ihre Füße bekommen und lachen ſie aus im Wohlleben. Es iſt der männliche
Demimonde, geſucht und gemieden zu gleicher Zeit. Der Hofrath v. Marquard-
ſtein, jener alte Fuchs von Buchhändler, der Redacteur eines ultramontanen
Schimpfblattes, verſchwenderiſche Cavaliere, geheime politiſche Agenten bilden
dieſe zweite Geſellſchaft, und es gibt ſeltſame Händel.
Graf Walram findet hier ſeine innere Zucht und Heilung. Er ſieht ein daß
er Unglück hat, und Unglück ſtiftet wo er ſich einmiſcht, obgleich er das Beſte im
Sinne hat. Er ſlieht „die Stadt und ihre Dämpfe,“ und zieht auf ſeine Güter,
wo Sabine ihn glücklich macht. Ihr Bruder Friedel wird ſein Nachbar und erfolg-
reicher Schriftſteller: in ihm hatte Walram, als er ihn zu ſeinem Secretär machte,
ein ſchmutzig Entlein aus dem Elend errettet und zufällig einen jungen Schwan
erwiſcht. Die eine edle Hälfte der Geſtrandeten aber zieht zu ihm ins Schloß und
bildet eine Art idylliſcher Akademie in Genuß und Arbeit. Während die glücklich
vom Menſchenhaß Geneſenen attiſche Tage feiern, klatſchen Adel und Geiſtlichkeit:
Graf Walram habe ſich den Freimaurern ergeben, hege und pflege Atheiſten und
Projectenmacher, halte zigeunerhafte Orgien mit ſeiner Bande, und habe ſogar
den berüchtigten Superintendenten wieder angeſtellt, der ſich die Keckheit wollte
beikommen laſſen die chriſtlichen Confeſſionen in eine Kirche zu verſchmelzen. Der
König aber kommt öfter herüber, um an den akademiſchen Geſprächen und Spielen
theil- und in zweifelhaften Fällen Walrams Nath und Hülfe in Anſpruch zu nehmen.
Vergebens hat er ihn erſucht Miniſter zu werden. Walram will nicht eines deutſchen
Kleinſtaates gezwungener Todtengräber werden, und fühlt daß ihm jede unbefangene
Begeiſterung abhanden gekommen. Er antwortet dem drängenden Fürſten:
„Majeſtät, ich bin alt geworden, ſeit ich mit Schrecken gelernt habe daß es keine
reinen ſogenannten Ideale gibt, ſondern nur Fragen des Intereſſes. Einſtweilen
aber dominiren materielle Intereſſen, materielle Parte ifragen. Große Ideen werden
nur von denen unterſtützt denen ſie nützen; man macht ein Partei-Intereſſe daraus,
aber zum Lohn ihrer Anerkennung verlangt die Partei daß ich auch ihre übrigen
Intereſſen durchführen helfe. Keine Partei in der Welt erlaubt mir der Gegenpartei
da Recht zu geben wo ſie geſunden Menſchenverſtand zeigt, denn mit ſolcher An-
erkennung würde ſie ihre eigenen Intereſſen gefährden, würde ſie inconſequent ſein.
Den Kühnen der ſich über die Parteien ſtellen, der ſich einbilden könnte er allein
vermöge dem common sense unter allen Umſtänden zu folgen, wird man als Träumer
und Idealiſten verlachen. Man wird eine Weile zuſehen wie er gegen den Strom
ſchwimmt, und dann geht man wieder an ſeine eigene Arbeit. Mag er ſchwimmen.
Ich bin zu alt und müde dazu.“ Würde Graf Walram noch heutzutage auch denen
welche für eine macht- und weihevolle Verjüngung des deutſchen Volkes in Reich
und Kirche kämpfen, bloß engherzige Intereſſenpolitik vorwerfen?
Wir ſind hier dem geiſtvollen Roman in ſeinen Hauptzügen gefolgt: jedoch
nur hindeuten können wir auf die Reihenfolge draſtiſcher Scenen, in denen er ſich
abſpielt. Eine wahre Fülle von komiſcher Kraft wie von Urſprünglichkeit zeichnet
den Dichter aus.
Manchmal freilich, und nicht gerade ſelten, könnten die Lichter weniger grell
aufgeſetzt und die Abſätze mehr zuſammengedrängt ſein. Die ganze verwickelte
Geſchichte aber von des Helden Mutter und ihren Verwandten hat mit dem eigent-
lichen Kern des Romans gar zu wenig zu thun. Auch ließen ſich Fremdwörter, wie
minaudiren, desavouiren, Embonpoint und dergleichen, wohl von einem Dichter
vermeiden der unſere edle ſchöne Sprache ſo in der Gewalt hat, daß ſie ihm mit
Leichtigkeit das Höchſte wie das Feinſte ausdrückt.
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Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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