Allgemeine Zeitung, Nr. 14, 14. Januar 1872.[Spaltenumbruch]
Pfarrern gegenüber als Museumshäretiker bekannt, und sind vom Gnadenschatz München, 13 Jan. In der heutigen Sitzung der Kammer der Darmstadt, 11 Jan. Die "Darmst. Ztg." zeigt heute amtlich an daß Berlin, 12 Jan. Die "N. A. Z." schreibt: "Prinz Reuß hat am 4 d. M. Dresden, 12 Jan. Die zweite Kammer beschloß die Frage: ob die von Sun Athen, 6 Jan. Heute Morgens legte das neue Ministerium seinen New-York, 10 Jan. Die Legislatur von Ohio hat Hr. John Sherman Calcutta, 9 Jan. General Bourchier telegraphirt vom 4 Januar: Calcutta, 10 Jan. Der Vicekönig traf am Montag Morgen im Lager Industrie, Handel und Verkehr. Berlin, 12 Jan. Die Börse begann heute fest, wurde aber später durch Rea- Wien, 12 Jan. Die dem Reichsrath vorzulegende Regierungsvorlage betreffs London, 12 Jan. Unsere Actienbanken haben ihre Dividenden erklärt, und Telegraphische Curs- und Handelsberichte. (*) Lindan, 13 Jan. Die Stimmung ist anhaltend flan. Hoch prima ungari- (*) Berlin, 13 Jan. Productenmarkt. (Schlußbericht) Roggen per Jan. 561/2. (*) Köln, 13 Jan. Productenmarkt. (Schlußbericht.) Weizen matt, hiesiger loco 9, (*) Hamburg, 13 Jan. Productenmarkt. (Schlußbericht.) Weizen loco fest, auf * London, 13 Jan. Eröffnungscurse. 3proc. Censols 923/4, 1882er Amerikaner * Liverpool, 13 Jan. Anfangsbericht. Muthmaßlicher Umsatz 30,000 B., Tendenz- * Paris, 13 Jan. Erössnungscurse. 3proc. Rente 56.40, 5proc. Anl. 91.45, * Paris, 13 Jan. Schlußcurse. 5proc. Anl. 91.22, 41/2proc. Rente 81.25, 3proc. (*) Paris, 13 Jan. Productenmarkt. (Schlußbericht.) Mehl 8 Marken per Jan 80, [Spaltenumbruch]
Pfarrern gegenüber als Muſeumshäretiker bekannt, und ſind vom Gnadenſchatz ⫪ München, 13 Jan. In der heutigen Sitzung der Kammer der Darmſtadt, 11 Jan. Die „Darmſt. Ztg.“ zeigt heute amtlich an daß Berlin, 12 Jan. Die „N. A. Z.“ ſchreibt: „Prinz Reuß hat am 4 d. M. Dresden, 12 Jan. Die zweite Kammer beſchloß die Frage: ob die von ☉ Athen, 6 Jan. Heute Morgens legte das neue Miniſterium ſeinen New-York, 10 Jan. Die Legislatur von Ohio hat Hr. John Sherman Calcutta, 9 Jan. General Bourchier telegraphirt vom 4 Januar: Calcutta, 10 Jan. Der Vicekönig traf am Montag Morgen im Lager Induſtrie, Handel und Verkehr. Berlin, 12 Jan. Die Börſe begann heute feſt, wurde aber ſpäter durch Rea- Wien, 12 Jan. Die dem Reichsrath vorzulegende Regierungsvorlage betreffs London, 12 Jan. Unſere Actienbanken haben ihre Dividenden erklärt, und Telegraphiſche Curs- und Handelsberichte. (*) Lindan, 13 Jan. Die Stimmung iſt anhaltend flan. Hoch prima ungari- (*) Berlin, 13 Jan. Productenmarkt. (Schlußbericht) Roggen per Jan. 56½. (*) Köln, 13 Jan. Productenmarkt. (Schlußbericht.) Weizen matt, hieſiger loco 9, (*) Hamburg, 13 Jan. Productenmarkt. (Schlußbericht.) Weizen loco feſt, auf * London, 13 Jan. Eröffnungscurſe. 3proc. Cenſols 92¾, 1882er Amerikaner * Liverpool, 13 Jan. Anfangsbericht. Muthmaßlicher Umſatz 30,000 B., Tendenz- * Paris, 13 Jan. Eröſſnungscurſe. 3proc. Rente 56.40, 5proc. Anl. 91.45, * Paris, 13 Jan. Schlußcurſe. 5proc. Anl. 91.22, 4½proc. Rente 81.25, 3proc. (*) Paris, 13 Jan. Productenmarkt. (Schlußbericht.) Mehl 8 Marken per Jan 80, <TEI> <text> <body> <div> <p> <floatingText> <body> <div type="jVarious" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <p><pb facs="#f0013" n="205"/><cb/> Pfarrern gegenüber als Muſeumshäretiker bekannt, und ſind vom Gnadenſchatz<lb/> doch nicht ausgeſchloſſen worden, aber das genirt keinen großen Geiſt. Für die<lb/> Oberpfälzer wirds in der Ewigkeit einmal ſo gehalten wie Hr. Rußwurm ſagt, und<lb/> deßhalb — kein Gemurmel. Als aber Hr. v. Lutz, unmittelbar antwortend, erklärte:<lb/> daß die Darſtellung welche die Jnterpellation von dem Verhalten der Kreisregierung<lb/> in Regensburg gibt, „nahezu vollſtändig falſch“ ſei, da brach die Jnquiſitionspartei in<lb/> ein entrüſtetes „Oho!“ aus, was den ſchlagfertigen Miniſter veranlaßte den Herren<lb/> unter allgemeiner Heiterkeit ebenfalls ein: „Jch bitte mich nicht zu unterbrechen,“<lb/> zuzurufen. Das naive Verlangen, auf die miniſterielle Antwort mit einer „facti-<lb/> ſchen Berichtigung“ repliciren zu dürfen, mußte natürlich vom Präſidium ſelbſt ab-<lb/> gewieſen werden. Es gibt aber kaum eine beſſere Charakteriſtik für das Gebahren<lb/> der Jnfallibiliſten als die heutige Landtagsſcene.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>⫪ <hi rendition="#b">München,</hi> 13 Jan.</dateline> <p>In der heutigen <hi rendition="#g">Sitzung der Kammer der<lb/> Reichsräthe</hi> erſtattete Graf <hi rendition="#g">Lerchenſeld</hi> Bericht über den Geſetzentwurf bezüglich<lb/> einiger Aenderungen an dem Geſetze über Heimath, Verehelichung und Aufenthalt.<lb/> Ohne Debatte werden die Art. 1, 2 (dieſer nur mit einer redactionellen Aenderung),<lb/> 3 und 4 (dieſer unter Weglaſſung der Worte „ohne Erlangung der Heimath,“ was<lb/> Frhr. v. Schrenk im Ausſchuß beantragt und letzterer angenommen hatte) in der Faſ-<lb/> ſung der zweiten Kammer angenommen. Art. 5 beſtimmt daß künftig eine ohne das<lb/> vorgeſchriebene diſtrictspolizeiliche Zeugniß eingegangene Ehe, die nach bayeriſchem<lb/> Geſetze bürgerlich ungültig wäre, die bürgerliche Gültigkeit erlangen ſoll <hi rendition="#aq">a</hi>) ſobald die<lb/> Ausſtellung jenes Zeugniſſes nachträglich erwirkt wurde, oder <hi rendition="#aq">b</hi>) wenn ſie von<lb/> einem außerhalb Europa’s wohnenden Bayern in einer nach den Geſetzen des<lb/> betreffenden Landes gültigen Weiſe eingegangen wurde. Im Ausſchuß hatte<lb/> Biſchof Dinkel das Bedenken erhoben, ob hienach nicht etwa, wenn ein Mann, der<lb/> Weib und Kind in Europa zurückgelaſſen und in Amerika Wohnſitz genommen, dort<lb/> eine neue Ehe (Bigamie) eingehe, letztere in Bayern als gültig angeſehen werden würde.<lb/> Der <hi rendition="#g">Miniſter des Innern</hi> verneint dieß, wie er ſchon im Ausſchuß gethan, indem<lb/> er darauf hinwies daß das diſtrictspolizeiliche Zeugniß die kirchenrechtlichen und civil-<lb/> rechtlichen Bedingungen der Gültigkeit der Ehe nicht berühre, ebenſo wenig alſo der<lb/> dieſes Zeugniß ſupplirende Art. 5 dieſelben berühren könne. In dem gegebenen Fall<lb/> liege nach wie vor eine ſtrafbare Bigamie vor. Die Art. 5, 6, 7, 8 wurden in der<lb/> Faſſung der Abgeordnetenkammer angenommen. Vor Art. 9 aber wurde in Folge<lb/> eines von Frhrn. v. Schrenk im Ausſchuß erhobenen Bedenkens zur Vermeidung von<lb/> Zweifeln und Mißverſtändniſſen ein von der kgl. Staatsregierung formulirter neuer Ar-<lb/> tikel eingeſchaltet, welcher alſo lautet: „Art. 43 des Geſetzes über Heimath, Verehe-<lb/> lichung und Aufenthalt hat zu lauten: Gegen Angehörige des bayeriſchen oder eines<lb/> anderen deutſchen Bundesſtaates ſind Aufenthaltsbeſchränkungen auf Grund des §. 3 Abſ. 1<lb/> des Reichsgeſetzes über die Freizügigkeit vom 1 Nov. 1867 nur nach Maßgabe des<lb/> Art. 45 Ziff. 5, 6 und 9, dann Art. 46—49 zuläſſig. Auch Ausländern iſt vorbehaltlich<lb/> der in den nachfolgenden Artikeln zugelaſſenen Beſchränkungen der Aufenthalt in jeder Ge-<lb/> meinde des Königreichs geſtattet, wenn ſie ſich über ihre Staatsangehörigkeit und Hei-<lb/> math genügend ausweiſen und ihrem Aufenthalt ein ſonſtiges geſetzliches Hinderniß<lb/> nicht im Wege ſteht. Ausländer welchen in Bayern eine vorläufige Heimath angewie-<lb/> ſen iſt, ſind bezüglich des Aufenthalts wie Inländer zu behandeln.“ Die urſprüng-<lb/> lichen Art. 9, 10 und 11 werden demnach jetzt als Art. 10, 11 und 12 numerirt, und<lb/> mit geringen redactionellen Aenderungen gleichfalls ohne Debatte angenommen. Schließ-<lb/> lich wurden die Urlaubsgeſuche mehrerer Mitglieder der hohen Kammer, ſo des Erz-<lb/> biſchofs von Bamberg, des Fürſten Löwenſtein-Freudenberg, des Grafen Waldbott-<lb/> Baſſenheim, des Grafen Ortenburg ꝛc. genehmigt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Darmſtadt,</hi> 11 Jan.</dateline> <p>Die „Darmſt. Ztg.“ zeigt heute amtlich an daß<lb/> der Großherzog den wirklichen Geheimrath Heinrich v. Gagern auf ſein Nachſuchen<lb/> und unter Anerkennung ſeiner treuen und vorzüglichen Dienſte, ſowie unter Ver-<lb/> leihung des Großkreuzes des Ludwigs-Ordens in ſeiner Eigenſchaft als außeror-<lb/> dentlicher Geſandter und bevollmächtigter Miniſter am öſterreichiſchen Hofe in den<lb/> Ruheſtand verſetzt habe. (Schw. M.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 12 Jan.</dateline> <p>Die „N. A. Z.“ ſchreibt:</p> <cit> <quote>„Prinz Reuß hat am 4 d. M.<lb/> in ſeiner nunmehrigen Eigenſchaft als Botſchafter am kaiſerlich ruſſiſchen Hofe,<lb/> nachdem er ſein Beglaubigungsſchreiben dem Kaiſer überreicht und dann bei dem<lb/> Großfürſten-Thronfolger und deſſen Gemahlin in beſonderer Audienz empfangen<lb/> worden, gemäß der beſtehenden Etikette die dortige officielle Welt bei ſich geſehen.<lb/> Der Beſuch war ganz beſonders zahlreich. Sämmtliche Miniſter und hohen Wür-<lb/> denträger der Krone waren erſchienen. Der Großfürſt-Thronfolger und die Frau<lb/> Großfürſtin hatten einen Adjutanten beſonders beauftragt ihre Grüße und Glück-<lb/> wünſche zu der neuen Stellung dem Prinzen zu übermitteln. Das „J. de St.<lb/> P<hi rendition="#aq">é</hi>tersbourg“ widmet der Ceremonie des Empfangs freundliche Worte. Es hebt<lb/> hervor daß der Botſchafter Deutſchlands und die Geſellſchaft von St. Petersburg<lb/> einander ſeit längerer Zeit bekannt ſind, und daß, wenn die Beeiferung, den Prin-<lb/> zen begrüßen zu kommen, groß war, dieß der Fall geweſen iſt, weil alle Welt dar-<lb/> auf hielt bei dieſer Gelegenheit dem würdigen Vertreter Sr. Maj. des Kaiſers<lb/> Wilhelm Sympathie und Ehrerbietung zu bezeugen.“</quote> </cit> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Dresden,</hi> 12 Jan.</dateline> <p>Die zweite Kammer beſchloß die Frage: ob die von<lb/> der Synode beſchloſſene Einſetzung eines Landes-Conſiſtoriums ohne Zuſtimmung<lb/> der Stände rechtsgültig ſei, durch eine Deputation prüfen zu laſſen. Die Berathung<lb/> des Patronatsgeſetzes, welches auf der heutigen Tagesordnung der zweiten Kammer<lb/> ſtand, iſt bis zum Austrag der Frage wegen des Landes-Conſiſtoriums vertagt<lb/> worden. (T. N.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>☉ <hi rendition="#b">Athen,</hi> 6 Jan.</dateline> <p>Heute Morgens legte das neue Miniſterium ſeinen<lb/> Dienſteid ab und beendigte dadurch die Kriſis. Als vor 12 Tagen das Miniſterium<lb/> Zaïmis in der erſten Sitzung der Kammer ſeine Mehrheit eingebüßt hatte, begab<lb/> ſich, wie wir ſchon berichteten, der Cabinetspräſident Zaïmis zum König, und ver-<lb/> langte entweder ſeine Entlaſſung oder die Auflöſung der Kammer. Der König,<lb/> dem einerſeits die Einhaltung der Verfaſſung, andrerſeits aber das Wohl ſeines<lb/> Volkes am Herzen liegt, konnte ſich nicht ſogleich dazu bequemen eine mit ſo vielen<lb/> Ausgaben und Störungen im öffentlichen Leben verbundene Auflöſung des geſetz-<lb/> gebenden Körpers zu gewähren, und nahm einſtweilen nur Notiz von des Präſiden-<lb/> ten Verlangen. Er war bemüht einen Mittelweg ausfindig zu machen, wodurch<lb/> es den drei der vier beſtehenden Kammerparteien unmöglich gemacht werden ſollte<lb/> die vierte zur Regierung berufene mit vereinten Kräften zu ſtürzen. Während<lb/> dieſer Zeit war das Miniſterium ſelbſt in Ungewißheit über ſeine Zukunft, erſchien<lb/> in der Kammer und legte derſelben ſogar den Haushalts-Etat für 1872 vor, der —<lb/> beiläufig geſagt — ein Deficit von mehr als 3 Millionen Drachmen aufweist.<lb/> Der Finanzminiſter Th. Delijannis reichte 32 Geſetzvorſchläge ein, und unter-<lb/> ließ dabet nicht das Miniſterium Kumunduros in vielen Punkten zu kritiſiren. In<lb/><cb/> jener Kammerſitzung interpellirte Lombardos die Regierung: ob ſie als ſolche noch<lb/> beſtehe, worauf in der nächſten Sitzung Zaïmis erklärte: er habe ſein Portefeuille<lb/> niedergelegt und der König ſeinen Nücktritt gutgeheißen. Es war dieß an jenem<lb/> Tage wirklich erfolgt, da es den Bemühungen des Königs gelungen war, was<lb/> bisher für unmöglich gegolten hatte, die Parteien Kumunduros und Bulgaris mit-<lb/> einander auszuſöhnen und zu vereinigen. Der dritte Fractionschef, Deligeorgis,<lb/> an den auch der Antrag ergangen war an dieſer Vereinigung theilzunehmen, wei-<lb/> gerte ſich mit den beiden übrigen Parteien in Verbindung zu treten. Seit vorigem<lb/> Dienſtag nun iſt Bulgaris, der den Auftrag erhalten hatte ein neues Cabinet zu<lb/> bilden, beſchäftigt geweſen dasſelbe zur Hälfte aus ſeinen Anhängern, zur andern<lb/> Hälfte aus Kumunduriſten zuſammenzuſetzen, und heute trat denn das neue<lb/> Miniſterium ſeinen Dienſt an. Es iſt wie folgt zuſammengeſetzt: Bulgaris,<lb/> Präſident und Miniſter des Aeußern; Nikolopulos, deſſen Schwiegerſohn,<lb/> Miniſter des Innern; Drakos (deſſen Sohn bei Sedan tödtlich ver-<lb/> wundet worden war), Kriegsminiſter; Papamichalopulos, Finanzminiſter.<lb/> Dieſe Herren ſind Anhänger Bulgaris, während die folgenden zur Partei Kum-<lb/> munduros gehören: Bubulis, Marineminiſter, Notaras, für Cultus und Unterricht,<lb/> und <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Agamemnon Metaxas (Deputirter von Cephalonien, ein in Heidelberg aus-<lb/> gebildeter Juriſt), Juſtizminiſter. Obwohl von vornherein nicht vorauszuſehen iſt<lb/> welche Politik das neue, aus dieſer Combination hervorgegangene Miniſterium<lb/> wandeln wird, ſo herrſcht doch eine allgemeine Zufriedenheit über die Gewißheit<lb/> daß nunmehr in der Kammer ſtatt vier Parteien nur deren zwei ſich gegenüber<lb/> ſtehen werden, indem anzunehmen iſt daß Deligeorgis ſich jetzt mit Zaïmis verbin-<lb/> den wird. So viel bis jetzt verlautet, ſteht es feſt daß das neue Miniſterium die Auf-<lb/> löſung der Kammer in der Taſche hat, daß es aber davon erſt Gebrauch machen<lb/> wird ſobald die Kammer offenſive Gelüſte gegen dasſelbe laut werden laſſen will.<lb/> Nach andern wird die Negierung übermorgen, Montag, in der Kammer erſcheinen,<lb/> verſchiedene Credite verlangen und ſodann die Auflöſung derſelben decretiren.<lb/> (Dieſelbe iſt mittlerweile erfolgt. D. R.) — Dem König iſt von Seite des<lb/> Königs von Spanien das goldene Vließ durch den ſpaniſchen Bevollmächtigten<lb/> Gaspard verliehen worden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">New-York,</hi> 10 Jan.</dateline> <p>Die Legislatur von Ohio hat Hr. John Sherman<lb/> als Senator wiedergewählt. (T. N.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Calcutta,</hi> 9 Jan.</dateline> <p>General Bourchier telegraphirt vom 4 Januar:<lb/> Weitere ſieben Meilen nach Oſten vorgerückt. Die Anhöhen ſind ſehr ſteil und<lb/> Waſſer iſt rar, aber eine Anzahl von Looſchais kam mit Geflügel und Gemüſe<lb/> ins Lager um Salz dagegen einzutauſchen. Sie ſind höflich und ſtill, und keines-<lb/> wegs die Wilden für welche man ſie gehalten hat. (T. N.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Calcutta,</hi> 10 Jan.</dateline> <p>Der Vicekönig traf am Montag Morgen im Lager<lb/> von Delhi ein. Er wurde vom ſtellvertretenden Gouverneur des Pendſchab, dem<lb/> Maharadſchah Scindia und andern eingeborenen Häuptlingen empfangen. Eine Pa-<lb/> rade mit 1500 Mann Truppen fand ſtatt. Darauf folgten Feldmanöver, welche<lb/> jeden Tag wiederholt werden ſollen. Der König von Siam iſt in Calcutta einge-<lb/> troffen. Die Woche wird mit Feſtlichkeiten hingehen. (T. N.)</p> </div> </div><lb/> <div type="jFinancialNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Induſtrie, Handel und Verkehr.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 12 Jan.</dateline> <p>Die <hi rendition="#g">Börſe</hi> begann heute feſt, wurde aber ſpäter durch Rea-<lb/> liſationen etwas gedrückt, doch erſtreckte ſich dieß nur auf einzelne Papiere, und nur wenige<lb/> waren im Curſe niedriger. Lebhaft waren wieder Papier- und Silberrente. Auch Fran-<lb/> zoſen und Credit waren ziemlich belebt. Eiſenbahnen waren feſt, zum Theil höher, die<lb/> Hauptdeviſen, auch Limburg-Lütticher und Vereinigte Schweizer in gutem Verkehr. Von<lb/> Barken waren Maklerbanken beledt, auch Darmſtädter, Union, Mecktenburger, Prov. Dis-<lb/> conto, Disconto belebt; ſehr belebt waren auch Gewerbebank Schuſter, welche ſtark in die<lb/> Bewegung eingreifen und das Verſänmte nachholen zu wollen ſcheinen. Induſtriepapiere<lb/> waren ſtill, aber feſt. Inländ. und deutſche Fonds lebhaft; Prioritäten feſt, öſterr. belebt,<lb/> beſonders Kaſchau-Oderb., 3½, 4- und 4½proc. inländiſche zum Theil höher, ruſſ. ſtill.<lb/> Breſt-Grajewo-Prior. 80½ bezahlt und Geld. Der Erſcheinungstag der 4½proc. Boden-<lb/> Credit-Pfandbriefe iſt heute.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 12 Jan.</dateline> <p>Die dem Reichsrath vorzulegende Regierungsvorlage betreffs<lb/> Abänderung des §. 14 der Statuten der <hi rendition="#g">Nationalbank</hi> beftimmt daß jener Betrag, um<lb/> welgen die Summe der umlaufenden Noten 200 Mill. Gulden überſteigt, in Silber oder<lb/> Gold gemünzt, oder in Barren vorhanden ſein müſſe, und daß ebenſo jener Betrag um<lb/> welchen die umlaufenden Noten zuzüglich der in der Nationalbank befindlichen fremden Gel-<lb/> der den vorhandenen Baarvorrath überſteigen, mit escomptirten oder beliehenen Eſſecten<lb/> oder mit Wechſeln auf auswärtige Plätze gedeckt ſein müſſe. (T. N.)</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 12 Jan.</dateline> <p>Unſere <hi rendition="#g">Actienbanken</hi> haben ihre Dividenden erklärt, und<lb/> zwar: die London and Weſtminſter 9% pr. halbes Jahr, mit einem Saldo von 1700 Pfd.<lb/> Sterl.; die Union 10% mit einem Saldo von 31,949 Pf. St.; die Alliance 2½% mit<lb/> einem Saldo von 8375 Pf. St., und die United Discount Corporation 4½% mit einem<lb/> Saldo von 4310 Pf. St. <hi rendition="#g">Fondsbörſe</hi> matt, zumal für Spanier, wegen der wieder-<lb/> auftauchenden Frage der Conponbeſteuerung; Notirung wich ¼.</p> </div> </div><lb/> <div type="jFinancialNews" n="1"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Telegraphiſche Curs- und Handelsberichte.</hi> </hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>(*) <hi rendition="#b">Lindan,</hi> 13 Jan.</dateline> <p>Die Stimmung iſt anhaltend flan. Hoch prima ungari-<lb/> ſcher Weizen etwas belebter. Tendenz: weichend. Prima ungariſcher Weizen 36—36¾.<lb/> feinſte Sorten 37—37½.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>(*) <hi rendition="#b">Berlin,</hi> 13 Jan.</dateline> <p>Productenmarkt. (Schlußbericht) Roggen per Jan. 56½.<lb/> per Januar-Februar 56⅜, per April-Mai 56½, per Mai-Juni 56¾. — Weizen per<lb/> Jan. 79, per April-Mai 80½ — Rüböl per Jan. 27<formula notation="TeX">\frac{11}{12}</formula>, per April-Mai 28⅙. —<lb/> Spiritus per Jan. 23.11, per April-Mai 23.25. Wetter: Froſt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>(*) <hi rendition="#b">Köln,</hi> 13 Jan.</dateline> <p>Productenmarkt. (Schlußbericht.) Weizen matt, hieſiger loco 9,<lb/> fremder loco 8.5, per März 8.4, per Mai 8.6½, per Juli 8.8½. Roggen matt. loco<lb/> 6.7½, per März 6.20½, per Mai 5.25, per Juli 5.27. Wetter: klar.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>(*) <hi rendition="#b">Hamburg,</hi> 13 Jan.</dateline> <p>Productenmarkt. (Schlußbericht.) Weizen loco feſt, auf<lb/> Termine mait, per Jan.-Febr. 160, per Febr.-März 163, per April-Mai 165. Roggen<lb/> loco feſt, auf Termine matt, per Jan.-Febr. 112½, per Febr.-März 113, April-Mai 114.<lb/> Hafer ruhig. Gerſte ruhig.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>* <hi rendition="#b">London,</hi> 13 Jan.</dateline> <p>Eröffnungscurſe. 3proc. Cenſols 92¾, 1882er Amerikaner<lb/> 92⅛, Türken 50 ex, Spanier 31<formula notation="TeX">\frac{15}{16}</formula>.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>* <hi rendition="#b">Liverpool,</hi> 13 Jan.</dateline> <p>Anfangsbericht. Muthmaßlicher Umſatz 30,000 B., Tendenz-<lb/> theurer. Tagesimport 4000 B.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>* <hi rendition="#b">Paris,</hi> 13 Jan.</dateline> <p>Eröſſnungscurſe. 3proc. Rente 56.40, 5proc. Anl. 91.45,<lb/> öſterr.-franz. Staatsbahn 902, Lombarden —, 5proc. ital. Anl. 68.40, Türken 51 10. Feſt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>* <hi rendition="#b">Paris,</hi> 13 Jan.</dateline> <p>Schlußcurſe. 5proc. Anl. 91.22, 4½proc. Rente 81.25, 3proc.<lb/> Rente 56.35, Credit nonveau 515, Staatsbahn —, Lombarden 482, 5proc. Italiener<lb/> 68.30, 1882er Amerikaner 106.12, Spanier 32¼, Türken 51.40, Pariſer Anleihe 255,<lb/> Cr<hi rendition="#aq">é</hi>dit foncier 937. Wechſel: Frankfurt 215½, London 25.56. Goldagio per Mille 7.<lb/> Unentſchieden,</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline>(*) <hi rendition="#b">Paris,</hi> 13 Jan.</dateline> <p>Productenmarkt. (Schlußbericht.) Mehl 8 Marken per Jan 80,<lb/> per März-April 82, per Mai-Aug. fehlt. Tendenz: matt. Rüböl per Jan. 106.50, vom<lb/> März-April 106, vom Mai-Aug. 105. Zucker 69.25. Tendenz: ſtill.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </floatingText> </p> </div> </body> </text> </TEI> [205/0013]
Pfarrern gegenüber als Muſeumshäretiker bekannt, und ſind vom Gnadenſchatz
doch nicht ausgeſchloſſen worden, aber das genirt keinen großen Geiſt. Für die
Oberpfälzer wirds in der Ewigkeit einmal ſo gehalten wie Hr. Rußwurm ſagt, und
deßhalb — kein Gemurmel. Als aber Hr. v. Lutz, unmittelbar antwortend, erklärte:
daß die Darſtellung welche die Jnterpellation von dem Verhalten der Kreisregierung
in Regensburg gibt, „nahezu vollſtändig falſch“ ſei, da brach die Jnquiſitionspartei in
ein entrüſtetes „Oho!“ aus, was den ſchlagfertigen Miniſter veranlaßte den Herren
unter allgemeiner Heiterkeit ebenfalls ein: „Jch bitte mich nicht zu unterbrechen,“
zuzurufen. Das naive Verlangen, auf die miniſterielle Antwort mit einer „facti-
ſchen Berichtigung“ repliciren zu dürfen, mußte natürlich vom Präſidium ſelbſt ab-
gewieſen werden. Es gibt aber kaum eine beſſere Charakteriſtik für das Gebahren
der Jnfallibiliſten als die heutige Landtagsſcene.
⫪ München, 13 Jan. In der heutigen Sitzung der Kammer der
Reichsräthe erſtattete Graf Lerchenſeld Bericht über den Geſetzentwurf bezüglich
einiger Aenderungen an dem Geſetze über Heimath, Verehelichung und Aufenthalt.
Ohne Debatte werden die Art. 1, 2 (dieſer nur mit einer redactionellen Aenderung),
3 und 4 (dieſer unter Weglaſſung der Worte „ohne Erlangung der Heimath,“ was
Frhr. v. Schrenk im Ausſchuß beantragt und letzterer angenommen hatte) in der Faſ-
ſung der zweiten Kammer angenommen. Art. 5 beſtimmt daß künftig eine ohne das
vorgeſchriebene diſtrictspolizeiliche Zeugniß eingegangene Ehe, die nach bayeriſchem
Geſetze bürgerlich ungültig wäre, die bürgerliche Gültigkeit erlangen ſoll a) ſobald die
Ausſtellung jenes Zeugniſſes nachträglich erwirkt wurde, oder b) wenn ſie von
einem außerhalb Europa’s wohnenden Bayern in einer nach den Geſetzen des
betreffenden Landes gültigen Weiſe eingegangen wurde. Im Ausſchuß hatte
Biſchof Dinkel das Bedenken erhoben, ob hienach nicht etwa, wenn ein Mann, der
Weib und Kind in Europa zurückgelaſſen und in Amerika Wohnſitz genommen, dort
eine neue Ehe (Bigamie) eingehe, letztere in Bayern als gültig angeſehen werden würde.
Der Miniſter des Innern verneint dieß, wie er ſchon im Ausſchuß gethan, indem
er darauf hinwies daß das diſtrictspolizeiliche Zeugniß die kirchenrechtlichen und civil-
rechtlichen Bedingungen der Gültigkeit der Ehe nicht berühre, ebenſo wenig alſo der
dieſes Zeugniß ſupplirende Art. 5 dieſelben berühren könne. In dem gegebenen Fall
liege nach wie vor eine ſtrafbare Bigamie vor. Die Art. 5, 6, 7, 8 wurden in der
Faſſung der Abgeordnetenkammer angenommen. Vor Art. 9 aber wurde in Folge
eines von Frhrn. v. Schrenk im Ausſchuß erhobenen Bedenkens zur Vermeidung von
Zweifeln und Mißverſtändniſſen ein von der kgl. Staatsregierung formulirter neuer Ar-
tikel eingeſchaltet, welcher alſo lautet: „Art. 43 des Geſetzes über Heimath, Verehe-
lichung und Aufenthalt hat zu lauten: Gegen Angehörige des bayeriſchen oder eines
anderen deutſchen Bundesſtaates ſind Aufenthaltsbeſchränkungen auf Grund des §. 3 Abſ. 1
des Reichsgeſetzes über die Freizügigkeit vom 1 Nov. 1867 nur nach Maßgabe des
Art. 45 Ziff. 5, 6 und 9, dann Art. 46—49 zuläſſig. Auch Ausländern iſt vorbehaltlich
der in den nachfolgenden Artikeln zugelaſſenen Beſchränkungen der Aufenthalt in jeder Ge-
meinde des Königreichs geſtattet, wenn ſie ſich über ihre Staatsangehörigkeit und Hei-
math genügend ausweiſen und ihrem Aufenthalt ein ſonſtiges geſetzliches Hinderniß
nicht im Wege ſteht. Ausländer welchen in Bayern eine vorläufige Heimath angewie-
ſen iſt, ſind bezüglich des Aufenthalts wie Inländer zu behandeln.“ Die urſprüng-
lichen Art. 9, 10 und 11 werden demnach jetzt als Art. 10, 11 und 12 numerirt, und
mit geringen redactionellen Aenderungen gleichfalls ohne Debatte angenommen. Schließ-
lich wurden die Urlaubsgeſuche mehrerer Mitglieder der hohen Kammer, ſo des Erz-
biſchofs von Bamberg, des Fürſten Löwenſtein-Freudenberg, des Grafen Waldbott-
Baſſenheim, des Grafen Ortenburg ꝛc. genehmigt.
Darmſtadt, 11 Jan. Die „Darmſt. Ztg.“ zeigt heute amtlich an daß
der Großherzog den wirklichen Geheimrath Heinrich v. Gagern auf ſein Nachſuchen
und unter Anerkennung ſeiner treuen und vorzüglichen Dienſte, ſowie unter Ver-
leihung des Großkreuzes des Ludwigs-Ordens in ſeiner Eigenſchaft als außeror-
dentlicher Geſandter und bevollmächtigter Miniſter am öſterreichiſchen Hofe in den
Ruheſtand verſetzt habe. (Schw. M.)
Berlin, 12 Jan. Die „N. A. Z.“ ſchreibt:
„Prinz Reuß hat am 4 d. M.
in ſeiner nunmehrigen Eigenſchaft als Botſchafter am kaiſerlich ruſſiſchen Hofe,
nachdem er ſein Beglaubigungsſchreiben dem Kaiſer überreicht und dann bei dem
Großfürſten-Thronfolger und deſſen Gemahlin in beſonderer Audienz empfangen
worden, gemäß der beſtehenden Etikette die dortige officielle Welt bei ſich geſehen.
Der Beſuch war ganz beſonders zahlreich. Sämmtliche Miniſter und hohen Wür-
denträger der Krone waren erſchienen. Der Großfürſt-Thronfolger und die Frau
Großfürſtin hatten einen Adjutanten beſonders beauftragt ihre Grüße und Glück-
wünſche zu der neuen Stellung dem Prinzen zu übermitteln. Das „J. de St.
Pétersbourg“ widmet der Ceremonie des Empfangs freundliche Worte. Es hebt
hervor daß der Botſchafter Deutſchlands und die Geſellſchaft von St. Petersburg
einander ſeit längerer Zeit bekannt ſind, und daß, wenn die Beeiferung, den Prin-
zen begrüßen zu kommen, groß war, dieß der Fall geweſen iſt, weil alle Welt dar-
auf hielt bei dieſer Gelegenheit dem würdigen Vertreter Sr. Maj. des Kaiſers
Wilhelm Sympathie und Ehrerbietung zu bezeugen.“
Dresden, 12 Jan. Die zweite Kammer beſchloß die Frage: ob die von
der Synode beſchloſſene Einſetzung eines Landes-Conſiſtoriums ohne Zuſtimmung
der Stände rechtsgültig ſei, durch eine Deputation prüfen zu laſſen. Die Berathung
des Patronatsgeſetzes, welches auf der heutigen Tagesordnung der zweiten Kammer
ſtand, iſt bis zum Austrag der Frage wegen des Landes-Conſiſtoriums vertagt
worden. (T. N.)
☉ Athen, 6 Jan. Heute Morgens legte das neue Miniſterium ſeinen
Dienſteid ab und beendigte dadurch die Kriſis. Als vor 12 Tagen das Miniſterium
Zaïmis in der erſten Sitzung der Kammer ſeine Mehrheit eingebüßt hatte, begab
ſich, wie wir ſchon berichteten, der Cabinetspräſident Zaïmis zum König, und ver-
langte entweder ſeine Entlaſſung oder die Auflöſung der Kammer. Der König,
dem einerſeits die Einhaltung der Verfaſſung, andrerſeits aber das Wohl ſeines
Volkes am Herzen liegt, konnte ſich nicht ſogleich dazu bequemen eine mit ſo vielen
Ausgaben und Störungen im öffentlichen Leben verbundene Auflöſung des geſetz-
gebenden Körpers zu gewähren, und nahm einſtweilen nur Notiz von des Präſiden-
ten Verlangen. Er war bemüht einen Mittelweg ausfindig zu machen, wodurch
es den drei der vier beſtehenden Kammerparteien unmöglich gemacht werden ſollte
die vierte zur Regierung berufene mit vereinten Kräften zu ſtürzen. Während
dieſer Zeit war das Miniſterium ſelbſt in Ungewißheit über ſeine Zukunft, erſchien
in der Kammer und legte derſelben ſogar den Haushalts-Etat für 1872 vor, der —
beiläufig geſagt — ein Deficit von mehr als 3 Millionen Drachmen aufweist.
Der Finanzminiſter Th. Delijannis reichte 32 Geſetzvorſchläge ein, und unter-
ließ dabet nicht das Miniſterium Kumunduros in vielen Punkten zu kritiſiren. In
jener Kammerſitzung interpellirte Lombardos die Regierung: ob ſie als ſolche noch
beſtehe, worauf in der nächſten Sitzung Zaïmis erklärte: er habe ſein Portefeuille
niedergelegt und der König ſeinen Nücktritt gutgeheißen. Es war dieß an jenem
Tage wirklich erfolgt, da es den Bemühungen des Königs gelungen war, was
bisher für unmöglich gegolten hatte, die Parteien Kumunduros und Bulgaris mit-
einander auszuſöhnen und zu vereinigen. Der dritte Fractionschef, Deligeorgis,
an den auch der Antrag ergangen war an dieſer Vereinigung theilzunehmen, wei-
gerte ſich mit den beiden übrigen Parteien in Verbindung zu treten. Seit vorigem
Dienſtag nun iſt Bulgaris, der den Auftrag erhalten hatte ein neues Cabinet zu
bilden, beſchäftigt geweſen dasſelbe zur Hälfte aus ſeinen Anhängern, zur andern
Hälfte aus Kumunduriſten zuſammenzuſetzen, und heute trat denn das neue
Miniſterium ſeinen Dienſt an. Es iſt wie folgt zuſammengeſetzt: Bulgaris,
Präſident und Miniſter des Aeußern; Nikolopulos, deſſen Schwiegerſohn,
Miniſter des Innern; Drakos (deſſen Sohn bei Sedan tödtlich ver-
wundet worden war), Kriegsminiſter; Papamichalopulos, Finanzminiſter.
Dieſe Herren ſind Anhänger Bulgaris, während die folgenden zur Partei Kum-
munduros gehören: Bubulis, Marineminiſter, Notaras, für Cultus und Unterricht,
und Dr. Agamemnon Metaxas (Deputirter von Cephalonien, ein in Heidelberg aus-
gebildeter Juriſt), Juſtizminiſter. Obwohl von vornherein nicht vorauszuſehen iſt
welche Politik das neue, aus dieſer Combination hervorgegangene Miniſterium
wandeln wird, ſo herrſcht doch eine allgemeine Zufriedenheit über die Gewißheit
daß nunmehr in der Kammer ſtatt vier Parteien nur deren zwei ſich gegenüber
ſtehen werden, indem anzunehmen iſt daß Deligeorgis ſich jetzt mit Zaïmis verbin-
den wird. So viel bis jetzt verlautet, ſteht es feſt daß das neue Miniſterium die Auf-
löſung der Kammer in der Taſche hat, daß es aber davon erſt Gebrauch machen
wird ſobald die Kammer offenſive Gelüſte gegen dasſelbe laut werden laſſen will.
Nach andern wird die Negierung übermorgen, Montag, in der Kammer erſcheinen,
verſchiedene Credite verlangen und ſodann die Auflöſung derſelben decretiren.
(Dieſelbe iſt mittlerweile erfolgt. D. R.) — Dem König iſt von Seite des
Königs von Spanien das goldene Vließ durch den ſpaniſchen Bevollmächtigten
Gaspard verliehen worden.
New-York, 10 Jan. Die Legislatur von Ohio hat Hr. John Sherman
als Senator wiedergewählt. (T. N.)
Calcutta, 9 Jan. General Bourchier telegraphirt vom 4 Januar:
Weitere ſieben Meilen nach Oſten vorgerückt. Die Anhöhen ſind ſehr ſteil und
Waſſer iſt rar, aber eine Anzahl von Looſchais kam mit Geflügel und Gemüſe
ins Lager um Salz dagegen einzutauſchen. Sie ſind höflich und ſtill, und keines-
wegs die Wilden für welche man ſie gehalten hat. (T. N.)
Calcutta, 10 Jan. Der Vicekönig traf am Montag Morgen im Lager
von Delhi ein. Er wurde vom ſtellvertretenden Gouverneur des Pendſchab, dem
Maharadſchah Scindia und andern eingeborenen Häuptlingen empfangen. Eine Pa-
rade mit 1500 Mann Truppen fand ſtatt. Darauf folgten Feldmanöver, welche
jeden Tag wiederholt werden ſollen. Der König von Siam iſt in Calcutta einge-
troffen. Die Woche wird mit Feſtlichkeiten hingehen. (T. N.)
Induſtrie, Handel und Verkehr.
Berlin, 12 Jan. Die Börſe begann heute feſt, wurde aber ſpäter durch Rea-
liſationen etwas gedrückt, doch erſtreckte ſich dieß nur auf einzelne Papiere, und nur wenige
waren im Curſe niedriger. Lebhaft waren wieder Papier- und Silberrente. Auch Fran-
zoſen und Credit waren ziemlich belebt. Eiſenbahnen waren feſt, zum Theil höher, die
Hauptdeviſen, auch Limburg-Lütticher und Vereinigte Schweizer in gutem Verkehr. Von
Barken waren Maklerbanken beledt, auch Darmſtädter, Union, Mecktenburger, Prov. Dis-
conto, Disconto belebt; ſehr belebt waren auch Gewerbebank Schuſter, welche ſtark in die
Bewegung eingreifen und das Verſänmte nachholen zu wollen ſcheinen. Induſtriepapiere
waren ſtill, aber feſt. Inländ. und deutſche Fonds lebhaft; Prioritäten feſt, öſterr. belebt,
beſonders Kaſchau-Oderb., 3½, 4- und 4½proc. inländiſche zum Theil höher, ruſſ. ſtill.
Breſt-Grajewo-Prior. 80½ bezahlt und Geld. Der Erſcheinungstag der 4½proc. Boden-
Credit-Pfandbriefe iſt heute.
Wien, 12 Jan. Die dem Reichsrath vorzulegende Regierungsvorlage betreffs
Abänderung des §. 14 der Statuten der Nationalbank beftimmt daß jener Betrag, um
welgen die Summe der umlaufenden Noten 200 Mill. Gulden überſteigt, in Silber oder
Gold gemünzt, oder in Barren vorhanden ſein müſſe, und daß ebenſo jener Betrag um
welchen die umlaufenden Noten zuzüglich der in der Nationalbank befindlichen fremden Gel-
der den vorhandenen Baarvorrath überſteigen, mit escomptirten oder beliehenen Eſſecten
oder mit Wechſeln auf auswärtige Plätze gedeckt ſein müſſe. (T. N.)
London, 12 Jan. Unſere Actienbanken haben ihre Dividenden erklärt, und
zwar: die London and Weſtminſter 9% pr. halbes Jahr, mit einem Saldo von 1700 Pfd.
Sterl.; die Union 10% mit einem Saldo von 31,949 Pf. St.; die Alliance 2½% mit
einem Saldo von 8375 Pf. St., und die United Discount Corporation 4½% mit einem
Saldo von 4310 Pf. St. Fondsbörſe matt, zumal für Spanier, wegen der wieder-
auftauchenden Frage der Conponbeſteuerung; Notirung wich ¼.
Telegraphiſche Curs- und Handelsberichte.
(*) Lindan, 13 Jan. Die Stimmung iſt anhaltend flan. Hoch prima ungari-
ſcher Weizen etwas belebter. Tendenz: weichend. Prima ungariſcher Weizen 36—36¾.
feinſte Sorten 37—37½.
(*) Berlin, 13 Jan. Productenmarkt. (Schlußbericht) Roggen per Jan. 56½.
per Januar-Februar 56⅜, per April-Mai 56½, per Mai-Juni 56¾. — Weizen per
Jan. 79, per April-Mai 80½ — Rüböl per Jan. 27[FORMEL], per April-Mai 28⅙. —
Spiritus per Jan. 23.11, per April-Mai 23.25. Wetter: Froſt.
(*) Köln, 13 Jan. Productenmarkt. (Schlußbericht.) Weizen matt, hieſiger loco 9,
fremder loco 8.5, per März 8.4, per Mai 8.6½, per Juli 8.8½. Roggen matt. loco
6.7½, per März 6.20½, per Mai 5.25, per Juli 5.27. Wetter: klar.
(*) Hamburg, 13 Jan. Productenmarkt. (Schlußbericht.) Weizen loco feſt, auf
Termine mait, per Jan.-Febr. 160, per Febr.-März 163, per April-Mai 165. Roggen
loco feſt, auf Termine matt, per Jan.-Febr. 112½, per Febr.-März 113, April-Mai 114.
Hafer ruhig. Gerſte ruhig.
* London, 13 Jan. Eröffnungscurſe. 3proc. Cenſols 92¾, 1882er Amerikaner
92⅛, Türken 50 ex, Spanier 31[FORMEL].
* Liverpool, 13 Jan. Anfangsbericht. Muthmaßlicher Umſatz 30,000 B., Tendenz-
theurer. Tagesimport 4000 B.
* Paris, 13 Jan. Eröſſnungscurſe. 3proc. Rente 56.40, 5proc. Anl. 91.45,
öſterr.-franz. Staatsbahn 902, Lombarden —, 5proc. ital. Anl. 68.40, Türken 51 10. Feſt.
* Paris, 13 Jan. Schlußcurſe. 5proc. Anl. 91.22, 4½proc. Rente 81.25, 3proc.
Rente 56.35, Credit nonveau 515, Staatsbahn —, Lombarden 482, 5proc. Italiener
68.30, 1882er Amerikaner 106.12, Spanier 32¼, Türken 51.40, Pariſer Anleihe 255,
Crédit foncier 937. Wechſel: Frankfurt 215½, London 25.56. Goldagio per Mille 7.
Unentſchieden,
(*) Paris, 13 Jan. Productenmarkt. (Schlußbericht.) Mehl 8 Marken per Jan 80,
per März-April 82, per Mai-Aug. fehlt. Tendenz: matt. Rüböl per Jan. 106.50, vom
März-April 106, vom Mai-Aug. 105. Zucker 69.25. Tendenz: ſtill.
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(2022-04-08T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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