Allgemeine Zeitung, Nr. 14, 15. Januar 1924.Allgemeine Zeitung. Nr. 14 Dienstag, den 15. Januar 1924. [Spaltenumbruch]
sondern damit sie in Größe und Kraft wett- Wenn wir dies wollen, was müssen Auch hier sei versucht, fürs erste Ge- 1. Wir müssen den deutschen 2. Diese Treue kann bestehen nur auf dem Die Schulden Frankreichs Berlin, 14. Januar.In einer Wirt- Es ergibt sich also insgesamt eine Summe Kein Generalstreik Köln, 14. Jan.Die sozialistischen Kommunistenterror im Ruhrgebiet * Gelsenkirchen, 14. Jan.Nach dem Beschluß Hilfe für deutsche Kinder * Berlin, 12. Januar.Die Schweizer Die Zukunft der Abgebauten Das Reichsfinanzministerium hat Aburteilung von Straftaten Berlin, 14. Jan.Durch eine Verordnung des Um die notwendige schnelle Aburteilung dieser Ernster Zwischenfall Rom, 14. Jan.In Balona hat sich ein Zwi- [irrelevantes Material] Schweninger + In der Sonntagnacht ist der Geheime Medi- Als ich Schweninger zum letzten Male sah, war Sein Landhaus auf Prinz Ludwigshöhe, dessen Das Standbild Bismarcks, messingblank, be- Der Empfangsraum ist vollgestopft mit Er- Bei diesem letzten Zusammensein wirkte der alte Die gleiche bedingslose Verehrung, die Schwe- Mit diesen Zeiten, die Bismarcks prophet Wort Südlicher Charakter Sorrent, Januar 1924.Ein lebendiges, eiliges Land, heftig und heiter Allgemeine Zeitung. Nr. 14 Dienstag, den 15. Januar 1924. [Spaltenumbruch]
ſondern damit ſie in Größe und Kraft wett- Wenn wir dies wollen, was müſſen Auch hier ſei verſucht, fürs erſte Ge- 1. Wir müſſen den deutſchen 2. Dieſe Treue kann beſtehen nur auf dem Die Schulden Frankreichs Berlin, 14. Januar.In einer Wirt- Es ergibt ſich alſo insgeſamt eine Summe Kein Generalſtreik Köln, 14. Jan.Die ſozialiſtiſchen Kommuniſtenterror im Ruhrgebiet * Gelſenkirchen, 14. Jan.Nach dem Beſchluß Hilfe für deutſche Kinder * Berlin, 12. Januar.Die Schweizer Die Zukunft der Abgebauten Das Reichsfinanzminiſterium hat Aburteilung von Straftaten Berlin, 14. Jan.Durch eine Verordnung des Um die notwendige ſchnelle Aburteilung dieſer Ernſter Zwiſchenfall Rom, 14. Jan.In Balona hat ſich ein Zwi- [irrelevantes Material] Schweninger † In der Sonntagnacht iſt der Geheime Medi- Als ich Schweninger zum letzten Male ſah, war Sein Landhaus auf Prinz Ludwigshöhe, deſſen Das Standbild Bismarcks, meſſingblank, be- Der Empfangsraum iſt vollgeſtopft mit Er- Bei dieſem letzten Zuſammenſein wirkte der alte Die gleiche bedingsloſe Verehrung, die Schwe- Mit dieſen Zeiten, die Bismarcks prophet Wort Südlicher Charakter Sorrent, Januar 1924.Ein lebendiges, eiliges Land, heftig und heiter <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <pb facs="#f0002" n="Seite 2[2]"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Allgemeine Zeitung.</hi> Nr. 14 Dienstag, den 15. Januar 1924.</hi> </fw><lb/> <cb/> <p>ſondern damit ſie in Größe und Kraft wett-<lb/> eifern, jedes ſeine Art von Menſchentum ſo<lb/> ſtark und geſund auszuprägen als in ihm<lb/> liegt. Und wir wiſſen, daß keines der Völ-<lb/> ker mehr an herber, tiefer Kraft, mehr an<lb/> innerem Reichtum zu geben hat als das<lb/> deutſche Volk. Und indem wir um des<lb/> deutſchen <hi rendition="#g">Menſchen</hi> willen die Größe<lb/> unſeres <hi rendition="#g">Volkes</hi> wollen, wollen wir um<lb/> des deutſchen <hi rendition="#g">Volkes</hi> willen, daß in ihm<lb/> die einzelne <hi rendition="#g">Perſönlichkeit</hi> ſich ſo<lb/> tief und reich entfalte und ſo viel Glück<lb/> eigenen Weſens aufſteige, als Kraft in ſie<lb/> gelegt iſt: Perſönlichkeit des Volkes, Per-<lb/> ſönlichkeit des Einzelnen, als Volksdienſt<lb/> und Gotteswille.</p><lb/> <p>Wenn wir dies <hi rendition="#g">wollen,</hi> was <hi rendition="#g">müſſen</hi><lb/> wir dazu <hi rendition="#g">tun?</hi></p><lb/> <p>Auch hier ſei verſucht, fürs erſte <hi rendition="#g">Ge-<lb/> meinſames</hi> aufzuzeigen, auf deſſen<lb/> Grund allein auch Gegenſätzliches zu fried-<lb/> lichem Austrag entwickelt werden kann.</p><lb/> <p>1. <hi rendition="#g">Wir müſſen den deutſchen<lb/> Staat behaupten.</hi> Er und damit das<lb/> deutſche Volk ſind ſchlimmer als je bedroht,<lb/> ſeit das deutſche Volk bewußt deutſche Ge-<lb/> ſchichte erlebt. Wohl ſagt man, ein Volk<lb/> von 60 Millionen könne nicht ſterben. Das<lb/> iſt ruchloſer Optimismus. Auch ein großes<lb/> Volk kann ſterben, und beſonders das deut-<lb/> ſche Volk wird verkümmern, ſogar als<lb/> Summe von Einzelperſönlichkeiten, ſicher-<lb/> lich aber abſterben als geiſtige Perſönlich-<lb/> keit, wenn es den nationalen Staat nicht<lb/> behauptet, mit anderen Worten, wenn ſein<lb/> ſtaatlicher Lebenswille nicht ſtärker iſt als<lb/> der Vernichtungswille der Gegner. Dieſen<lb/> Willen zum Leben gilts ins ganze Volk zu<lb/> tragen, denn wir wollen nicht den Tod<lb/> Deutſchlands, auch nicht den Tod ſchönſter<lb/> heldiſcher Verzweiflungstat; denn ſchließ-<lb/> lich iſt die Antitheſe „lieber tot als Sklave“,<lb/> auf ein Volk bezogen, doch nur eine ſchil-<lb/> lernde Halbwahrheit, die ganze Wahrheit<lb/> aber einfach <hi rendition="#g">die Pflicht, weder zu<lb/> ſterben noch Sklave zu werden.</hi><lb/> Das nächſte deutſche Schickſal entſcheidet<lb/> ſich am Rhein. Jäh und zielbewußt drang<lb/> die franzöſiſche Beſatzungsmacht vor in der<lb/> Beherrſchung des Verkehrs, in der Aus-<lb/> höhlung der deutſchen Verwaltung, nun in<lb/> Verträgen mit wichtigen großen Wirt-<lb/> ſchaftsgruppen; der Separatiſtenterror des<lb/> Geſindels laſtet drüchend auf dem Lande<lb/> und die Pläne, denen er dient, ſind nicht<lb/> allzu ſchwer zu durchſchauen. Dabei iſt die<lb/> Wirtſchaftskraft des geſamten Reiches allzu<lb/> ſehr geſchwächt, als daß ſie unbegrenzt Kräfte<lb/> und Säfte in ein nimmermehr zu füllendes<lb/> Becken fremder Forderungen, die über die<lb/> weiteſten Grenzen des Vertrages hinaus-<lb/> gehen, abfließen laſſen könnte, ohne ſich zu<lb/> verbluten und damit beſetztes und unbeſetz-<lb/> tes Gebiet gleichermaßen zu Grunde gehen<lb/> zu laſſen. Ob Frankreich ſich zu einem<lb/> modus vivendi bereit findet, ob ſonſtwie<lb/> die Fremdherrſchaft am deutſchen Rhein in<lb/> die Grenzen des Vertrages von Verſailles<lb/> zurückgeführt werden wird, iſt die Sorge<lb/> der nächſten Monate. Wieviel oder wenig<lb/> wir erhoffen wollen — darüber müſſen wir<lb/><cb/> uns klar ſein, daß das Reich in dieſer ge-<lb/> ſchichtlichen Stunde, die nicht die letzte für<lb/> uns ſein <hi rendition="#g">darf,</hi> aber es werden könnte, wenn<lb/> wir nicht ihren furchtbaren Ernſt erfaſſen,<lb/> nur <hi rendition="#g">eine verläßliche Waffe hat,<lb/> die Treue ſeiner Bürger rechts<lb/> und links des Rheins.</hi></p><lb/> <p>2. Dieſe Treue kann beſtehen nur auf dem<lb/><hi rendition="#g">Boden des Geſetzes.</hi> Die <hi rendition="#g">Verfaſ-<lb/> ſung von Weimar</hi> braucht einem nicht<lb/> in allem zu gefallen. Aber wer über ſie<lb/> urteilt, der bedenke, daß in ihr das deutſche<lb/> Volk die Revolution überwunden und ſich<lb/> ein neues Grundgeſetz ſeines Zuſammen-<lb/> lebens gegeben hat. Die Autorität der Mon-<lb/> archie war zerbrochen; kein großer Mann<lb/> erſtand, der in ſich eine neue getragen hätte.<lb/> Was blieb, war als letztes die Hoheit des<lb/> ganzen Volkes. Im November und De-<lb/> zember 1918 wurde ſie von allen als die<lb/> einzige Rettung und die einzige Grundlage<lb/> neuer Rechtsſchöpfung begriffen. Wer<lb/> Aenderungen will, muß ſagen, was an die<lb/> Stelle der Demokratie treten ſoll, welcher<lb/> Art und Prägung etwa die Monarchie ſein<lb/> ſoll, ſei es die eines deutſchen Königs oder<lb/> Kaiſers allein, oder auch die der Teilfürſten;<lb/> muß wiſſen, durch welch beſſeres anerkann-<lb/> tes Syſtem er den Parlamentarismus er-<lb/> ſetzen will; und muß bei alledem bedenken,<lb/> daß die Verfaſſung eben dieſem deutſchen<lb/> Volke in ſeiner derzeitigen außen- und in-<lb/> nenpolitiſchen, wirtſchaftlichen und ſozialen<lb/> Lage angepaßt ſein muß; und vor allem<lb/> muß er jede Beſtimmung darnach werten,<lb/> was ſie beiträgt zur Einigung unſeres Vol-<lb/> kes in ſich und mit ſeinem Staat und zur<lb/> Ueberwindung innerer Zwietracht und<lb/> Schwäche. Wer ſo an dieſe verantwortlichen<lb/> Fragen herangeht, wird alsbald erkennen,<lb/> daß nur ein Weg offen iſt, der der <hi rendition="#g">orga-<lb/> niſchen verfaſſungsmäßigen<lb/> Entwicklung,</hi> und muß innerlich wie<lb/> öffentlich jeden Gedanken an gewaltſame<lb/> Aenderung ablehnen. Richtig iſt, daß der<lb/> Parlamentarismus nicht viel dazu getan<lb/> hat, das deutſche Volk an ſeine Kraft und<lb/> Würde glauben zu machen, und vor allem<lb/> den Sinn für Stil und Schickliches oft ver-<lb/> miſſen ließ. Viele im Reichstag geleiſtete<lb/> fleißige Arbeit iſt darüber vergeſſen wor-<lb/> den, auch das, daß die Gegenſätze dort, trotz<lb/> allem bei weitem nicht ſo heftig waren und<lb/> ſind, wie der lobenbe Kampf der Preſſe und<lb/> Parteiſekretäre im Lande draußen anneh-<lb/> men läßt; wer da nach Beſeitigung ruft, der<lb/> erwäge dies, prüfe die Möglichkeiten eines<lb/> beſſeren Erſatzes und frage ſich, ob etwa die<lb/> Auseinanderſetzungen im Lager ſo mancher<lb/> Verbände und parlamentsfeindlicher Par-<lb/> teien mehr an Willen zur Unterordnung<lb/> und Einordnung, mehr an realpolitiſcher<lb/> Abwägung, mehr an Eintracht erwarten<lb/> laſſen, oder ob nicht doch die demokratiſche<lb/> Volksvertretung zu erhalten und in den<lb/> Wahlen ebenſo geſtaltet werden muß, daß<lb/> die Parteien der Mitte zu innerem Aus-<lb/> gleich zu ſtärken ſind, damit aus beiter Ge-<lb/> meinſchaft die Regierung auf großer Linie<lb/> geführt werden kann.<lb/> (Fortſetzung folgt.)</p><lb/> <cb/> </div> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Schulden Frankreichs</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Berlin,</hi> 14. Januar.</dateline><lb/> <p>In einer Wirt-<lb/> ſchaftskorreſpondenz wird eine Zuſammen-<lb/> ſtellung der öffentlichen <hi rendition="#g">Schulden<lb/> Frankreichs</hi> veröffentlicht, aus der<lb/> ſich folgende Ziffern ergeben: Vorkriegs-<lb/> ſchulden 25 Milliarden Franken, Kriegs-<lb/> anleihen 133 Milliarden Franken, kurz-<lb/> friſtige Schulden in Schatzſcheinen uſw.<lb/> 70 Milliarden Fr., Anleihen bei der Bank<lb/> von Frankreich 23 Milliarden Fr., äußere<lb/> Anleihen 120 Milliarden Fr., Anleihen für<lb/> die Wiederherſtellung der befreiten Gebiete<lb/> 30 Milliarden Fr., Kriegsdarlehen an die<lb/> Verbündeten 4 Milliarden Fr., jährlicher<lb/> Zinſenauflauf 5—6 Milliarden Fr.</p><lb/> <p>Es ergibt ſich alſo insgeſamt eine Summe<lb/> von über 400 Milliarden Franken.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Kein Generalſtreik</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">Köln,</hi> 14. Jan.</dateline><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">ſozialiſtiſchen<lb/> Gewerkſchaften</hi> lehnen im ganzen<lb/> Weſten den Generalſtreik ab. Die <hi rendition="#g">chriſt-<lb/> lichen Gewerkſchaften</hi> ſind nach<lb/> wie vor weder für den Metallarbeiter-<lb/> kampf noch für den Generalſtreik zu haben,<lb/> ausgenommen ſind wenige Orte wie<lb/> Krefeld, Benrath und Hilden. — Der<lb/> Düſſeldorfer Kampf griff ſo gut wie gar<lb/> nicht ins engere Induſtriegebiet über,<lb/> außer in Opladen, wo es zwiſchen den<lb/> Streikenden und Arbeitsloſen zu Zu-<lb/> ſammenſtößen mit der Polizei kam. Aus-<lb/> ſchreitungen kamen nicht vor.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Kommuniſtenterror im Ruhrgebiet</hi> </head><lb/> <dateline>* <hi rendition="#b">Gelſenkirchen,</hi> 14. Jan.</dateline><lb/> <p>Nach dem Beſchluß<lb/> des Deutſchen Metallarbeiterverbandes, die ein-<lb/> zelnen Organiſationen die Frage des General-<lb/> ſtreikes ſelbſtändig entſcheiden zu laſſen, haben die<lb/> Kommuniſten in den einzelnen Ortsgruppen im<lb/> Ruhrgebiet die Herrſchaft an ſich genommen. Die<lb/> Kommuniſten wenden alle Mittel an, die Arbeits-<lb/> willigen an der Ausütbung ihrer Arbeit zu ver-<lb/> hindern. Die <hi rendition="#g">Polizei</hi> in Gelſenkirchen wurde<lb/> mehrfach gezwungen, <hi rendition="#g">mit blanker Waffe<lb/> einzugreifen,</hi> um den Beläſtigungen der<lb/> Arbeitswilligen entgegenzutreten. Von den De-<lb/> monſtranten wurden mehrere verwundet. Durch<lb/> die von den Streikenden auf die Blaue Polizei<lb/> abgegebenen Revolverſchüſſe wurde ein Polizei-<lb/> beamter verwundet. Die Ortsleitung des Deut-<lb/> ſchen Metallarbeiterverbandes in Gelſenkirchen<lb/> will alles verſuchen, um die reſtloſe Arbeitsnieder-<lb/> legung im ganzen Bezirk zu erzwingen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Hilfe für deutſche Kinder</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#b">* Berlin,</hi> 12. Januar.</dateline><lb/> <p>Die <hi rendition="#g">Schweizer<lb/> Eiſenbahner</hi> faßten den hochherzigen Ent-<lb/> ſchluß, in ihren Familien einer größeren Anzahl<lb/> erholungsbedürftiger und notleidender Kinder<lb/> deutſcher Reichsbahnbedienſteten unentgeltlichen<lb/> Erholungsaufenthalt zu gewähren. Es werden<lb/> für den erſten Transport nur Kinder aus dem<lb/> ſüdweſtlichen Reichsbahngebiet ausgewählt. Der<lb/> Reichsverkehrsminiſter ſprach der ſchweizeriſchen<lb/> Eiſenbahnerſchaft den Dank der deutſchen Reichs-<lb/> bahnverwaltung aus.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die Zukunft der Abgebauten</hi> </head><lb/> <p>Das <hi rendition="#g">Reichsfinanzminiſterium</hi> hat<lb/> die Beamtenorganiſationen für Donnerstag, den<lb/> 17. Januar, zu einer Beſprechung eingeladen, in<lb/> der die Frage der <hi rendition="#g">Exiſtenzmöglichkeit<lb/> nach erfolgtem Abbau</hi> behandelt werden<lb/> ſoll. In der Einladung zur Beſprechung heißt<lb/> es, daß zu prüfen ſei, wie die zahlreichen abge-<lb/> bauten Beamten einer produktiven Tätigkeit als<lb/> Neben- oder Vollerwerb zugeführt werden können.<lb/> Es wird dabei auf die dem Reichsfinanzmini-<lb/> ſterium gemachten Vorſchläge einer Beamten-<lb/><cb/> ſpitzenorganiſation verwieſen, in denen neben der<lb/> Inanſpruchnahme des allgemeinen Arrbeitsmark-<lb/> tes und der Ergreifung techniſcher und handwerks-<lb/> mäßiger Berufe insbeſondere die Siedlungsfrage<lb/> in den Vordergrund geſtellt wird. Dabei wird<lb/> weniger an eine rein bäuerliche als gärtneriſche<lb/> Kleinſiedlung auf genoſſenſchaftlicher Grundlage<lb/> gedacht. Die Mittel ſollen in erſter Linie <hi rendition="#g">bei<lb/> gemeinnützigen Bodenkreditanſtal-<lb/> ten</hi> aufgebracht werden. Ferner iſt zur Erleichte-<lb/> rung der Kapitalbeſchaffung und zur Sicherſtellung<lb/> der Verzinſung an die Umwandlung der Verſor-<lb/> gungsgebührniſſe (Penſionen, Wartegeld, Abfin-<lb/> dungsſummen) in eine Rente gedacht.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Aburteilung von Straftaten</hi> </head><lb/> <dateline>Berlin, 14. Jan.</dateline><lb/> <p>Durch eine Verordnung des<lb/> Reichspräſidenten über die <hi rendition="#g">beſchleunigte Ab-<lb/> urteilung von Straftaten</hi> vom 17. Dez.<lb/> 1923 wurden die Strafkammern für zuſtändig er-<lb/> klärt zur Aburteilung einer Reihe von Straftaten,<lb/> durch die die <hi rendition="#g">öffentliche Ordnung,</hi> zumal<lb/> in den <hi rendition="#g">Zeiten der Unruhen,</hi> beſonders<lb/> ſchwer beeinträchtigt wird.</p><lb/> <p>Um die notwendige ſchnelle Aburteilung dieſer<lb/> Straftaten ſicherzuſtellen, ſieht die Verordnung<lb/><hi rendition="#g">ein abgekürztes und vielfach verein-<lb/> fachtes Verfahren</hi> vor. Die Reichsjuſtiz-<lb/> verwaltung war beſtrebt, die zeitliche Geltungs-<lb/> dauer der Verordnung vom 17. Dez. 1923 mög-<lb/> lichſt abzukürzen. Nachdem nunmehr die Verord-<lb/> nung über die Gerichtsverfaſſung und Strafrechts-<lb/> pflege vom 4. Januar 1924 erlaſſen iſt, ſcheint der<lb/> Zeitpunkt nahegerückt, in welchem die Verordnung<lb/> vom 17. Dezember entbehrlich wird. Durch die<lb/> in ihr vorgeſchlagenen Maßnahmen wird ein Teil<lb/> der Gründe beſeitigt, die den Erlaß der Verord-<lb/> nung vom 17. Dezember notwendig erſcheinen<lb/> ließen. Es iſt auch zu erwarten, daß die Straf-<lb/> kammern die dringendſten unter dieſe Verordnung<lb/> fallenden Sachen <hi rendition="#g">bereits erledigten</hi> oder<lb/> doch bis zum Ablauf des Monats werden erledi-<lb/> gen können. Der Reichspräſident entſchloß ſich<lb/> deshalb auf Antrag des Reichsminiſters der<lb/> Juſtiz, die Verordnung vom 17. Dezember 1923<lb/><hi rendition="#g">zum 1. Februar außer Kraft zu ſetzen</hi></p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Ernſter Zwiſchenfall</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Rom,</hi> 14. Jan.</dateline><lb/> <p>In <hi rendition="#g">Balona</hi> hat ſich ein Zwi-<lb/> ſchenfall zwiſchen Albanien und Italien abgeſpielt.<lb/> Der erſte Offizier des italieniſchen Dampfers<lb/> „Serajewe“ wurde beim Betreten des Landes von<lb/> albaniſchen Offizieren und Gendarmen <hi rendition="#g">ſchwer<lb/> mißhandelt.</hi> Der italieniſche Geſandte ver-<lb/> langte ſofort Genugtnung.</p> </div><lb/> <div type="jAn" n="2"> <gap reason="insignificant"/> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Schweninger †</hi> </head><lb/> <p>In der Sonntagnacht iſt der Geheime Medi-<lb/> zinalrat Profeſſor Dr. Ernſt <hi rendition="#g">Schweninger,</hi><lb/> der langjährige Leibarzt des Fürſten <hi rendition="#g">Bismarck,</hi><lb/> in München geſtorben. Er ſtand im 74. Lebens-<lb/> jahr. Er hat namentlich durch die Wiederherſtel-<lb/> lung der Geſundheit des Reichskanzlers Bismarck<lb/> Weltruf erlangt. Später war er Leiter großer<lb/> Kliniken und Inhaber bedeutſamer Lehrſtühle in<lb/> Berlin. Nach ſeinem Rücktritt vom Lehramt<lb/> wohnte er in Prinz Ludwighöhe bei München.</p><lb/> <p>Als ich Schweninger zum letzten Male ſah, war<lb/> er ſchon leidend. Ein alter Beckenbruch bildete<lb/> Fiſteln, die ihn quälten. Aber ſein Ausſehen blieb<lb/> friſch und die Augenbrauen wuchteten ſchwarz und<lb/> mächtig über dem klugen Geſicht, das ein ſtark<lb/> angegrauter, doch nicht weißer Spitzbart nach<lb/> unten verjüngte.</p><lb/> <p>Sein Landhaus auf Prinz Ludwigshöhe, deſſen<lb/> Erkerturm über einen Tannenpark hinweg ins<lb/> Iſartal hinabſchaut, umhegt im vergangenen Stil<lb/> der Pſeudoromantik eine vergangene Zeit. Es<lb/> gibt den gleichen Eindruck, den in Bayreuth Haus<lb/> Wahnfried macht; das deutſche Genie ſtellt ſich,<lb/> maskulin und feminin, in ſeinen beiden ſeitlich<lb/> ſtärkſten Exponenten dar: Bismarck und Wagner.<lb/> Denn der 73 jährige Schweninger war in ſeinem<lb/> Hauſe nur der Wärter weltgeſchichtlicher Erinne-<lb/> rung, ehrfürchtiger Tempeldiener einer Tradition,<lb/> die des zweiten Wilhelm ehrgeiziger Schwarm-<lb/> geiſt verhängnisvoll verwarf.</p><lb/> <p>Das Standbild Bismarcks, meſſingblank, be-<lb/> wacht die Tür zu Schweningers Arbeitszimmer.<lb/> Das Meſſing iſt von Krupp und ſicher prima<lb/><cb/> Qualität; künſtleriſch iſt das große Knieſtück in<lb/> Oel, von Lenbachs Meiſterhand, entſchieden vor-<lb/> zuziehen. Bismarcks markanter Rundkopf, Knauf<lb/> auf einem ſchwarzen Turm, Blitz aus ſeinem<lb/> Augenpaar, beherrſcht den Raum. Die Hände,<lb/> aufeinandergelegt, leuchten nur ſchwach aus dem<lb/> Dunkel. Der alte Schweninger empfand das —<lb/> künſtleriſch zu unrecht — als einen Mangel, den<lb/> er ſeinem Freunde Lenbach nachtrug. Denn, ſagte<lb/> er, Bismarck hatte die ſchönſten Hände, die man<lb/> ſich denken kann, durchgeiſtigte Hände, die noch<lb/> in der Ruhe ſprachen. Sie zu betrachten, war<lb/> allein ſchon Genuß. Unter dem beherrſchenden<lb/> Bismarckbild drückt ſich eine mittelmäßige Bronze-<lb/> büſte beſcheiden in die Fenſterecke; ſie ſtellt den<lb/> jungen Prinzen Wilhelm dar, der damals noch<lb/> „in wärmſter Verehrung und treueſter Freund-<lb/> ſchaft“ für den Kanzler ſeines kaiſerlichen Groß-<lb/> vaters ſchwärmte.</p><lb/> <p>Der Empfangsraum iſt vollgeſtopft mit Er-<lb/> innerungen dieſer Art. Ein Bruſtſtück zeigt die<lb/> Fürſtin Bismarck in jungen Jahren, den roten<lb/> Mohnkranz im ebenholzſchwarzen Haar. Als<lb/> Symphonie in Rot und Schwarz iſt auch der<lb/> Hausherr ſelbſt gemalt: dämoniſch ſticht der<lb/> ſchwarze Bart aus dem Purpur des Kardinals-<lb/> gewandes, das ihm Lenbach umgetan hat.</p><lb/> <p>Bei dieſem letzten Zuſammenſein wirkte der alte<lb/> Geheimrat Schweninger auf mich weder dämoniſch<lb/> noch bajuwariſch. Sein zartgebauter Körper hatte<lb/> eher etwas von der Diſtinktion altfranzöſiſcher<lb/> Edelleute, und ſeine liebenswürdige Weltgewandt-<lb/> heit war weit von jener derben Geradheit, die man<lb/> ſeinen jüngeren Jahren nachgeſagt hat. Der Arzt<lb/> Schweninger zählte einunddreißig Jahre, als er<lb/> zu Bismarck gerufen wurde, und ſiebzehn Jahre<lb/><cb/> lang hat er Krankheit und Tod von dieſem koſt-<lb/> barſten Leben ferngehalten, das für Deutſchlands<lb/> Größe und Europas Frieden ſorgte. Bismarck<lb/> war kein bequemer Patient, aber Schweninger<lb/> wußte ihn zu nehmen, indem er ihn von vorn-<lb/> herein vor die Alternative ſtellte, ſich entweder<lb/> widerſpruchslos ſeinen ärztlichen Anordnungen zu<lb/> fügen, oder auf ſeine Dienſte zu verzichten. Dieſe<lb/> Entſchiedenheit gefiel dem eiſernen Kanzler, und<lb/> wenn er auch zu Anfang gelegentlich aufmuckte,<lb/> ſo kam er dann doch ſelbſt wieder zu Schweninger,<lb/> um die kleine Verſtimmung zu beheben. „Mein<lb/> Fürſt“, erzählte der alte Herr, „war einer der<lb/> liebenswürdigſten, beſorgteſten, vornehmſten Men-<lb/> ſchen, mit dem ich je zu tun hatte. Er war der<lb/> rückſichtsvollſte Patient, und wenn ich meinerſeits<lb/> einmal nicht ganz auf dem Damm war, ſo kam er<lb/> gleich mit einem Kognak oder einer anderen Herz-<lb/> ſtärkung zu mir aufs Zimmer und war rührend<lb/> um mich bemüht.“</p><lb/> <p>Die gleiche bedingsloſe Verehrung, die Schwe-<lb/> ninger dem Menſchen Bismarck entgegenbrachte,<lb/> hatte er für den Staatsmann. Die Kataſtrophe<lb/> des Weltkrieges erſchien dem Vertrauten Bis-<lb/> marcks als eine tragiſche Beſtätigung der Voraus-<lb/> ſicht, mit der der Alte vom Sachſenwald die Po-<lb/> litik Wilhelms <hi rendition="#aq">II.</hi> beobachtete. „Wie oft hat<lb/> ſich mein Fürſt die berühmten drei Haare gerauft<lb/> und geſtöhnt: „Schweninger, Schweninger, ich ſehe<lb/> es kommen, wir gehen einer furchtbaren Kata-<lb/> ſtrophe entgegen!“ Der Fürſt ſah die Einkrei-<lb/> ſung Deutſchlands kommen und er war überzeugt,<lb/> daß auch Rußland ein Kettenglied in dieſem Ring<lb/> bilden würde. Eines ſeiner letzten Worte an mich<lb/> lautete: „Schweninger, ich ſage Ihnen, Deutſch-<lb/> land geht ſchweren Zeiten entgegen.“</p><lb/> <cb/> <p>Mit dieſen Zeiten, die Bismarcks prophet Wort<lb/> wahr gemacht haben, wollte Geh.-Rat Schweninger<lb/> nichts gemein haben. Alles, was nach Bismarcks<lb/> Tode für ihn kam: die Berufung an das Lichter-<lb/> felder Krankenhaus in Berlin, die Mißhelligkeiten<lb/> dort, die ihn zum Rücktritt veranlaßten, die Ruhe-<lb/> jahre auf Burg Schwaneck, der Weltkrieg, der<lb/> ſeinen Aelteſten verwundet und in Feindeshand<lb/> ſah, der Zuſammenbruch des Bismarckſchen Kai-<lb/> ſerreiches, das Satyrſpiel der Münchener Räte-<lb/> helden, die den verächtlich abweiſenden Greis an<lb/> die Wand zu ſtellen drohten — all das lag tief<lb/> im Schatten der gewaltigen Erſcheinung, zu der<lb/> Ernſt Schweninger nun in die Ewigkeit einge-<lb/> gangen iſt.</p><lb/> <byline> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">Leonhard Adelt.</hi> </hi> </byline> </div><lb/> <div xml:id="a02a" next="#a02b" type="jComment" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Südlicher Charakter</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Sorrent,</hi> Januar 1924.</dateline><lb/> <p>Ein lebendiges, eiliges Land, heftig und heiter<lb/> in ſchnellſtem Wechſel, jedes nach kleinem, leichten<lb/> Gewinn die Hand raſch ausſtreckend und ſeine<lb/> vielen kleinen Enttäuſchungen ebenſo raſch über-<lb/> windend. Viel Freude am Wechſelſpiel der Rede,<lb/> an ſchlagender Argumentation, ſententiös zu-<lb/> rechtgemachter Lebensweisheit, und viel Ober-<lb/> flächlichkeit zufolge dieſer Freude. Ueberall iſt<lb/> ſchnelle, deutliche Stellungnahme erſtes Erforder-<lb/> nis des geſelligen Zuſammenlebens. Daher eher<lb/> theatraliſches Durchführen einer nicht ganz echten<lb/> Stellungnahme, als jene zurückhaltende, kühle<lb/> Art des Nordländers, der ſich alles Weitere für<lb/> ſpäter offen hält. Dies erſcheint dem Italiener<lb/> als ein Nicht-reagieren und als ſolches als für<lb/> Stumpfheit oder Dummheit, oder er empfindet es<lb/> als tückiſch. Er ſelbſt iſt im Grunde nur ſelten<lb/> tückiſch. Aber die Unverbindlichkeit ſeiner mo-<lb/> mentanen Erregungen läßt ihn dem Nordländer<lb/> ſo erſcheinen der zudem für die feineren Abſtu-<lb/> fungen der Ausdrucksformen, deren geringſte<lb/> ſchon ihm als Fortiſſimo erſcheint, nicht viel Emp-<lb/> findung hat. Der Italiener wird Verſprechungen.</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [Seite 2[2]/0002]
Allgemeine Zeitung. Nr. 14 Dienstag, den 15. Januar 1924.
ſondern damit ſie in Größe und Kraft wett-
eifern, jedes ſeine Art von Menſchentum ſo
ſtark und geſund auszuprägen als in ihm
liegt. Und wir wiſſen, daß keines der Völ-
ker mehr an herber, tiefer Kraft, mehr an
innerem Reichtum zu geben hat als das
deutſche Volk. Und indem wir um des
deutſchen Menſchen willen die Größe
unſeres Volkes wollen, wollen wir um
des deutſchen Volkes willen, daß in ihm
die einzelne Perſönlichkeit ſich ſo
tief und reich entfalte und ſo viel Glück
eigenen Weſens aufſteige, als Kraft in ſie
gelegt iſt: Perſönlichkeit des Volkes, Per-
ſönlichkeit des Einzelnen, als Volksdienſt
und Gotteswille.
Wenn wir dies wollen, was müſſen
wir dazu tun?
Auch hier ſei verſucht, fürs erſte Ge-
meinſames aufzuzeigen, auf deſſen
Grund allein auch Gegenſätzliches zu fried-
lichem Austrag entwickelt werden kann.
1. Wir müſſen den deutſchen
Staat behaupten. Er und damit das
deutſche Volk ſind ſchlimmer als je bedroht,
ſeit das deutſche Volk bewußt deutſche Ge-
ſchichte erlebt. Wohl ſagt man, ein Volk
von 60 Millionen könne nicht ſterben. Das
iſt ruchloſer Optimismus. Auch ein großes
Volk kann ſterben, und beſonders das deut-
ſche Volk wird verkümmern, ſogar als
Summe von Einzelperſönlichkeiten, ſicher-
lich aber abſterben als geiſtige Perſönlich-
keit, wenn es den nationalen Staat nicht
behauptet, mit anderen Worten, wenn ſein
ſtaatlicher Lebenswille nicht ſtärker iſt als
der Vernichtungswille der Gegner. Dieſen
Willen zum Leben gilts ins ganze Volk zu
tragen, denn wir wollen nicht den Tod
Deutſchlands, auch nicht den Tod ſchönſter
heldiſcher Verzweiflungstat; denn ſchließ-
lich iſt die Antitheſe „lieber tot als Sklave“,
auf ein Volk bezogen, doch nur eine ſchil-
lernde Halbwahrheit, die ganze Wahrheit
aber einfach die Pflicht, weder zu
ſterben noch Sklave zu werden.
Das nächſte deutſche Schickſal entſcheidet
ſich am Rhein. Jäh und zielbewußt drang
die franzöſiſche Beſatzungsmacht vor in der
Beherrſchung des Verkehrs, in der Aus-
höhlung der deutſchen Verwaltung, nun in
Verträgen mit wichtigen großen Wirt-
ſchaftsgruppen; der Separatiſtenterror des
Geſindels laſtet drüchend auf dem Lande
und die Pläne, denen er dient, ſind nicht
allzu ſchwer zu durchſchauen. Dabei iſt die
Wirtſchaftskraft des geſamten Reiches allzu
ſehr geſchwächt, als daß ſie unbegrenzt Kräfte
und Säfte in ein nimmermehr zu füllendes
Becken fremder Forderungen, die über die
weiteſten Grenzen des Vertrages hinaus-
gehen, abfließen laſſen könnte, ohne ſich zu
verbluten und damit beſetztes und unbeſetz-
tes Gebiet gleichermaßen zu Grunde gehen
zu laſſen. Ob Frankreich ſich zu einem
modus vivendi bereit findet, ob ſonſtwie
die Fremdherrſchaft am deutſchen Rhein in
die Grenzen des Vertrages von Verſailles
zurückgeführt werden wird, iſt die Sorge
der nächſten Monate. Wieviel oder wenig
wir erhoffen wollen — darüber müſſen wir
uns klar ſein, daß das Reich in dieſer ge-
ſchichtlichen Stunde, die nicht die letzte für
uns ſein darf, aber es werden könnte, wenn
wir nicht ihren furchtbaren Ernſt erfaſſen,
nur eine verläßliche Waffe hat,
die Treue ſeiner Bürger rechts
und links des Rheins.
2. Dieſe Treue kann beſtehen nur auf dem
Boden des Geſetzes. Die Verfaſ-
ſung von Weimar braucht einem nicht
in allem zu gefallen. Aber wer über ſie
urteilt, der bedenke, daß in ihr das deutſche
Volk die Revolution überwunden und ſich
ein neues Grundgeſetz ſeines Zuſammen-
lebens gegeben hat. Die Autorität der Mon-
archie war zerbrochen; kein großer Mann
erſtand, der in ſich eine neue getragen hätte.
Was blieb, war als letztes die Hoheit des
ganzen Volkes. Im November und De-
zember 1918 wurde ſie von allen als die
einzige Rettung und die einzige Grundlage
neuer Rechtsſchöpfung begriffen. Wer
Aenderungen will, muß ſagen, was an die
Stelle der Demokratie treten ſoll, welcher
Art und Prägung etwa die Monarchie ſein
ſoll, ſei es die eines deutſchen Königs oder
Kaiſers allein, oder auch die der Teilfürſten;
muß wiſſen, durch welch beſſeres anerkann-
tes Syſtem er den Parlamentarismus er-
ſetzen will; und muß bei alledem bedenken,
daß die Verfaſſung eben dieſem deutſchen
Volke in ſeiner derzeitigen außen- und in-
nenpolitiſchen, wirtſchaftlichen und ſozialen
Lage angepaßt ſein muß; und vor allem
muß er jede Beſtimmung darnach werten,
was ſie beiträgt zur Einigung unſeres Vol-
kes in ſich und mit ſeinem Staat und zur
Ueberwindung innerer Zwietracht und
Schwäche. Wer ſo an dieſe verantwortlichen
Fragen herangeht, wird alsbald erkennen,
daß nur ein Weg offen iſt, der der orga-
niſchen verfaſſungsmäßigen
Entwicklung, und muß innerlich wie
öffentlich jeden Gedanken an gewaltſame
Aenderung ablehnen. Richtig iſt, daß der
Parlamentarismus nicht viel dazu getan
hat, das deutſche Volk an ſeine Kraft und
Würde glauben zu machen, und vor allem
den Sinn für Stil und Schickliches oft ver-
miſſen ließ. Viele im Reichstag geleiſtete
fleißige Arbeit iſt darüber vergeſſen wor-
den, auch das, daß die Gegenſätze dort, trotz
allem bei weitem nicht ſo heftig waren und
ſind, wie der lobenbe Kampf der Preſſe und
Parteiſekretäre im Lande draußen anneh-
men läßt; wer da nach Beſeitigung ruft, der
erwäge dies, prüfe die Möglichkeiten eines
beſſeren Erſatzes und frage ſich, ob etwa die
Auseinanderſetzungen im Lager ſo mancher
Verbände und parlamentsfeindlicher Par-
teien mehr an Willen zur Unterordnung
und Einordnung, mehr an realpolitiſcher
Abwägung, mehr an Eintracht erwarten
laſſen, oder ob nicht doch die demokratiſche
Volksvertretung zu erhalten und in den
Wahlen ebenſo geſtaltet werden muß, daß
die Parteien der Mitte zu innerem Aus-
gleich zu ſtärken ſind, damit aus beiter Ge-
meinſchaft die Regierung auf großer Linie
geführt werden kann.
(Fortſetzung folgt.)
Die Schulden Frankreichs
Berlin, 14. Januar.
In einer Wirt-
ſchaftskorreſpondenz wird eine Zuſammen-
ſtellung der öffentlichen Schulden
Frankreichs veröffentlicht, aus der
ſich folgende Ziffern ergeben: Vorkriegs-
ſchulden 25 Milliarden Franken, Kriegs-
anleihen 133 Milliarden Franken, kurz-
friſtige Schulden in Schatzſcheinen uſw.
70 Milliarden Fr., Anleihen bei der Bank
von Frankreich 23 Milliarden Fr., äußere
Anleihen 120 Milliarden Fr., Anleihen für
die Wiederherſtellung der befreiten Gebiete
30 Milliarden Fr., Kriegsdarlehen an die
Verbündeten 4 Milliarden Fr., jährlicher
Zinſenauflauf 5—6 Milliarden Fr.
Es ergibt ſich alſo insgeſamt eine Summe
von über 400 Milliarden Franken.
Kein Generalſtreik
Köln, 14. Jan.
Die ſozialiſtiſchen
Gewerkſchaften lehnen im ganzen
Weſten den Generalſtreik ab. Die chriſt-
lichen Gewerkſchaften ſind nach
wie vor weder für den Metallarbeiter-
kampf noch für den Generalſtreik zu haben,
ausgenommen ſind wenige Orte wie
Krefeld, Benrath und Hilden. — Der
Düſſeldorfer Kampf griff ſo gut wie gar
nicht ins engere Induſtriegebiet über,
außer in Opladen, wo es zwiſchen den
Streikenden und Arbeitsloſen zu Zu-
ſammenſtößen mit der Polizei kam. Aus-
ſchreitungen kamen nicht vor.
Kommuniſtenterror im Ruhrgebiet
* Gelſenkirchen, 14. Jan.
Nach dem Beſchluß
des Deutſchen Metallarbeiterverbandes, die ein-
zelnen Organiſationen die Frage des General-
ſtreikes ſelbſtändig entſcheiden zu laſſen, haben die
Kommuniſten in den einzelnen Ortsgruppen im
Ruhrgebiet die Herrſchaft an ſich genommen. Die
Kommuniſten wenden alle Mittel an, die Arbeits-
willigen an der Ausütbung ihrer Arbeit zu ver-
hindern. Die Polizei in Gelſenkirchen wurde
mehrfach gezwungen, mit blanker Waffe
einzugreifen, um den Beläſtigungen der
Arbeitswilligen entgegenzutreten. Von den De-
monſtranten wurden mehrere verwundet. Durch
die von den Streikenden auf die Blaue Polizei
abgegebenen Revolverſchüſſe wurde ein Polizei-
beamter verwundet. Die Ortsleitung des Deut-
ſchen Metallarbeiterverbandes in Gelſenkirchen
will alles verſuchen, um die reſtloſe Arbeitsnieder-
legung im ganzen Bezirk zu erzwingen.
Hilfe für deutſche Kinder
* Berlin, 12. Januar.
Die Schweizer
Eiſenbahner faßten den hochherzigen Ent-
ſchluß, in ihren Familien einer größeren Anzahl
erholungsbedürftiger und notleidender Kinder
deutſcher Reichsbahnbedienſteten unentgeltlichen
Erholungsaufenthalt zu gewähren. Es werden
für den erſten Transport nur Kinder aus dem
ſüdweſtlichen Reichsbahngebiet ausgewählt. Der
Reichsverkehrsminiſter ſprach der ſchweizeriſchen
Eiſenbahnerſchaft den Dank der deutſchen Reichs-
bahnverwaltung aus.
Die Zukunft der Abgebauten
Das Reichsfinanzminiſterium hat
die Beamtenorganiſationen für Donnerstag, den
17. Januar, zu einer Beſprechung eingeladen, in
der die Frage der Exiſtenzmöglichkeit
nach erfolgtem Abbau behandelt werden
ſoll. In der Einladung zur Beſprechung heißt
es, daß zu prüfen ſei, wie die zahlreichen abge-
bauten Beamten einer produktiven Tätigkeit als
Neben- oder Vollerwerb zugeführt werden können.
Es wird dabei auf die dem Reichsfinanzmini-
ſterium gemachten Vorſchläge einer Beamten-
ſpitzenorganiſation verwieſen, in denen neben der
Inanſpruchnahme des allgemeinen Arrbeitsmark-
tes und der Ergreifung techniſcher und handwerks-
mäßiger Berufe insbeſondere die Siedlungsfrage
in den Vordergrund geſtellt wird. Dabei wird
weniger an eine rein bäuerliche als gärtneriſche
Kleinſiedlung auf genoſſenſchaftlicher Grundlage
gedacht. Die Mittel ſollen in erſter Linie bei
gemeinnützigen Bodenkreditanſtal-
ten aufgebracht werden. Ferner iſt zur Erleichte-
rung der Kapitalbeſchaffung und zur Sicherſtellung
der Verzinſung an die Umwandlung der Verſor-
gungsgebührniſſe (Penſionen, Wartegeld, Abfin-
dungsſummen) in eine Rente gedacht.
Aburteilung von Straftaten
Berlin, 14. Jan.
Durch eine Verordnung des
Reichspräſidenten über die beſchleunigte Ab-
urteilung von Straftaten vom 17. Dez.
1923 wurden die Strafkammern für zuſtändig er-
klärt zur Aburteilung einer Reihe von Straftaten,
durch die die öffentliche Ordnung, zumal
in den Zeiten der Unruhen, beſonders
ſchwer beeinträchtigt wird.
Um die notwendige ſchnelle Aburteilung dieſer
Straftaten ſicherzuſtellen, ſieht die Verordnung
ein abgekürztes und vielfach verein-
fachtes Verfahren vor. Die Reichsjuſtiz-
verwaltung war beſtrebt, die zeitliche Geltungs-
dauer der Verordnung vom 17. Dez. 1923 mög-
lichſt abzukürzen. Nachdem nunmehr die Verord-
nung über die Gerichtsverfaſſung und Strafrechts-
pflege vom 4. Januar 1924 erlaſſen iſt, ſcheint der
Zeitpunkt nahegerückt, in welchem die Verordnung
vom 17. Dezember entbehrlich wird. Durch die
in ihr vorgeſchlagenen Maßnahmen wird ein Teil
der Gründe beſeitigt, die den Erlaß der Verord-
nung vom 17. Dezember notwendig erſcheinen
ließen. Es iſt auch zu erwarten, daß die Straf-
kammern die dringendſten unter dieſe Verordnung
fallenden Sachen bereits erledigten oder
doch bis zum Ablauf des Monats werden erledi-
gen können. Der Reichspräſident entſchloß ſich
deshalb auf Antrag des Reichsminiſters der
Juſtiz, die Verordnung vom 17. Dezember 1923
zum 1. Februar außer Kraft zu ſetzen
Ernſter Zwiſchenfall
Rom, 14. Jan.
In Balona hat ſich ein Zwi-
ſchenfall zwiſchen Albanien und Italien abgeſpielt.
Der erſte Offizier des italieniſchen Dampfers
„Serajewe“ wurde beim Betreten des Landes von
albaniſchen Offizieren und Gendarmen ſchwer
mißhandelt. Der italieniſche Geſandte ver-
langte ſofort Genugtnung.
_
Schweninger †
In der Sonntagnacht iſt der Geheime Medi-
zinalrat Profeſſor Dr. Ernſt Schweninger,
der langjährige Leibarzt des Fürſten Bismarck,
in München geſtorben. Er ſtand im 74. Lebens-
jahr. Er hat namentlich durch die Wiederherſtel-
lung der Geſundheit des Reichskanzlers Bismarck
Weltruf erlangt. Später war er Leiter großer
Kliniken und Inhaber bedeutſamer Lehrſtühle in
Berlin. Nach ſeinem Rücktritt vom Lehramt
wohnte er in Prinz Ludwighöhe bei München.
Als ich Schweninger zum letzten Male ſah, war
er ſchon leidend. Ein alter Beckenbruch bildete
Fiſteln, die ihn quälten. Aber ſein Ausſehen blieb
friſch und die Augenbrauen wuchteten ſchwarz und
mächtig über dem klugen Geſicht, das ein ſtark
angegrauter, doch nicht weißer Spitzbart nach
unten verjüngte.
Sein Landhaus auf Prinz Ludwigshöhe, deſſen
Erkerturm über einen Tannenpark hinweg ins
Iſartal hinabſchaut, umhegt im vergangenen Stil
der Pſeudoromantik eine vergangene Zeit. Es
gibt den gleichen Eindruck, den in Bayreuth Haus
Wahnfried macht; das deutſche Genie ſtellt ſich,
maskulin und feminin, in ſeinen beiden ſeitlich
ſtärkſten Exponenten dar: Bismarck und Wagner.
Denn der 73 jährige Schweninger war in ſeinem
Hauſe nur der Wärter weltgeſchichtlicher Erinne-
rung, ehrfürchtiger Tempeldiener einer Tradition,
die des zweiten Wilhelm ehrgeiziger Schwarm-
geiſt verhängnisvoll verwarf.
Das Standbild Bismarcks, meſſingblank, be-
wacht die Tür zu Schweningers Arbeitszimmer.
Das Meſſing iſt von Krupp und ſicher prima
Qualität; künſtleriſch iſt das große Knieſtück in
Oel, von Lenbachs Meiſterhand, entſchieden vor-
zuziehen. Bismarcks markanter Rundkopf, Knauf
auf einem ſchwarzen Turm, Blitz aus ſeinem
Augenpaar, beherrſcht den Raum. Die Hände,
aufeinandergelegt, leuchten nur ſchwach aus dem
Dunkel. Der alte Schweninger empfand das —
künſtleriſch zu unrecht — als einen Mangel, den
er ſeinem Freunde Lenbach nachtrug. Denn, ſagte
er, Bismarck hatte die ſchönſten Hände, die man
ſich denken kann, durchgeiſtigte Hände, die noch
in der Ruhe ſprachen. Sie zu betrachten, war
allein ſchon Genuß. Unter dem beherrſchenden
Bismarckbild drückt ſich eine mittelmäßige Bronze-
büſte beſcheiden in die Fenſterecke; ſie ſtellt den
jungen Prinzen Wilhelm dar, der damals noch
„in wärmſter Verehrung und treueſter Freund-
ſchaft“ für den Kanzler ſeines kaiſerlichen Groß-
vaters ſchwärmte.
Der Empfangsraum iſt vollgeſtopft mit Er-
innerungen dieſer Art. Ein Bruſtſtück zeigt die
Fürſtin Bismarck in jungen Jahren, den roten
Mohnkranz im ebenholzſchwarzen Haar. Als
Symphonie in Rot und Schwarz iſt auch der
Hausherr ſelbſt gemalt: dämoniſch ſticht der
ſchwarze Bart aus dem Purpur des Kardinals-
gewandes, das ihm Lenbach umgetan hat.
Bei dieſem letzten Zuſammenſein wirkte der alte
Geheimrat Schweninger auf mich weder dämoniſch
noch bajuwariſch. Sein zartgebauter Körper hatte
eher etwas von der Diſtinktion altfranzöſiſcher
Edelleute, und ſeine liebenswürdige Weltgewandt-
heit war weit von jener derben Geradheit, die man
ſeinen jüngeren Jahren nachgeſagt hat. Der Arzt
Schweninger zählte einunddreißig Jahre, als er
zu Bismarck gerufen wurde, und ſiebzehn Jahre
lang hat er Krankheit und Tod von dieſem koſt-
barſten Leben ferngehalten, das für Deutſchlands
Größe und Europas Frieden ſorgte. Bismarck
war kein bequemer Patient, aber Schweninger
wußte ihn zu nehmen, indem er ihn von vorn-
herein vor die Alternative ſtellte, ſich entweder
widerſpruchslos ſeinen ärztlichen Anordnungen zu
fügen, oder auf ſeine Dienſte zu verzichten. Dieſe
Entſchiedenheit gefiel dem eiſernen Kanzler, und
wenn er auch zu Anfang gelegentlich aufmuckte,
ſo kam er dann doch ſelbſt wieder zu Schweninger,
um die kleine Verſtimmung zu beheben. „Mein
Fürſt“, erzählte der alte Herr, „war einer der
liebenswürdigſten, beſorgteſten, vornehmſten Men-
ſchen, mit dem ich je zu tun hatte. Er war der
rückſichtsvollſte Patient, und wenn ich meinerſeits
einmal nicht ganz auf dem Damm war, ſo kam er
gleich mit einem Kognak oder einer anderen Herz-
ſtärkung zu mir aufs Zimmer und war rührend
um mich bemüht.“
Die gleiche bedingsloſe Verehrung, die Schwe-
ninger dem Menſchen Bismarck entgegenbrachte,
hatte er für den Staatsmann. Die Kataſtrophe
des Weltkrieges erſchien dem Vertrauten Bis-
marcks als eine tragiſche Beſtätigung der Voraus-
ſicht, mit der der Alte vom Sachſenwald die Po-
litik Wilhelms II. beobachtete. „Wie oft hat
ſich mein Fürſt die berühmten drei Haare gerauft
und geſtöhnt: „Schweninger, Schweninger, ich ſehe
es kommen, wir gehen einer furchtbaren Kata-
ſtrophe entgegen!“ Der Fürſt ſah die Einkrei-
ſung Deutſchlands kommen und er war überzeugt,
daß auch Rußland ein Kettenglied in dieſem Ring
bilden würde. Eines ſeiner letzten Worte an mich
lautete: „Schweninger, ich ſage Ihnen, Deutſch-
land geht ſchweren Zeiten entgegen.“
Mit dieſen Zeiten, die Bismarcks prophet Wort
wahr gemacht haben, wollte Geh.-Rat Schweninger
nichts gemein haben. Alles, was nach Bismarcks
Tode für ihn kam: die Berufung an das Lichter-
felder Krankenhaus in Berlin, die Mißhelligkeiten
dort, die ihn zum Rücktritt veranlaßten, die Ruhe-
jahre auf Burg Schwaneck, der Weltkrieg, der
ſeinen Aelteſten verwundet und in Feindeshand
ſah, der Zuſammenbruch des Bismarckſchen Kai-
ſerreiches, das Satyrſpiel der Münchener Räte-
helden, die den verächtlich abweiſenden Greis an
die Wand zu ſtellen drohten — all das lag tief
im Schatten der gewaltigen Erſcheinung, zu der
Ernſt Schweninger nun in die Ewigkeit einge-
gangen iſt.
Leonhard Adelt.
Südlicher Charakter
Sorrent, Januar 1924.
Ein lebendiges, eiliges Land, heftig und heiter
in ſchnellſtem Wechſel, jedes nach kleinem, leichten
Gewinn die Hand raſch ausſtreckend und ſeine
vielen kleinen Enttäuſchungen ebenſo raſch über-
windend. Viel Freude am Wechſelſpiel der Rede,
an ſchlagender Argumentation, ſententiös zu-
rechtgemachter Lebensweisheit, und viel Ober-
flächlichkeit zufolge dieſer Freude. Ueberall iſt
ſchnelle, deutliche Stellungnahme erſtes Erforder-
nis des geſelligen Zuſammenlebens. Daher eher
theatraliſches Durchführen einer nicht ganz echten
Stellungnahme, als jene zurückhaltende, kühle
Art des Nordländers, der ſich alles Weitere für
ſpäter offen hält. Dies erſcheint dem Italiener
als ein Nicht-reagieren und als ſolches als für
Stumpfheit oder Dummheit, oder er empfindet es
als tückiſch. Er ſelbſt iſt im Grunde nur ſelten
tückiſch. Aber die Unverbindlichkeit ſeiner mo-
mentanen Erregungen läßt ihn dem Nordländer
ſo erſcheinen der zudem für die feineren Abſtu-
fungen der Ausdrucksformen, deren geringſte
ſchon ihm als Fortiſſimo erſcheint, nicht viel Emp-
findung hat. Der Italiener wird Verſprechungen.
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(2022-12-19T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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