Allgemeine Zeitung, Nr. 14, 17. Januar 1929."AZ am Abend" Nr. 14 Donnerstag, den 17. Januar Dreifaches Gaunerspiel EIN BANKNOTENROMAN (18. Fortsetzung) "Es knüpften sich angenehme Er- "Halt!" warf Morris ein, "was ist mit "Es hängt schon wohl verwahrt im "Das ist recht," lobte Morris liebens- Es ist das Verdienst von Sänger. Als "Wie?" fragte Steinmann sich und die Morris lächelte. "Sie sind noch nicht ganz "Vorerst nichts," entgegnete der Assessor. Der Ire griff, anstatt mit einer Rede zu "Braunes Wachs --? sagte er zweifelnd. "Richtig," bestätigte Morris. "Gefunden Lund fuhr zurück. "Unmöglich!" rief er "Das sage ich auch," stimmte Morris "Wie kommen Sie überhaupt zu diesem "Als ich gestern von Ihnen fortging, hing Steinmann hatte einen Gedanken auf den Morris spottete gutmütig: "Du machst "Das hätte ich nicht geglaubt -- von dem "Wenn dem so ist," sagte der Ire, "dann "Das glaube ich auch" pflichtete Lund "Ich vergaß vorhin," sagte Morris, "weil "Nein," erklärte der Assessor, "ich wollte "Gut," meinte Morris. "Und ich schlage "Aber wie lange sollen wir denn noch "Ich denke, gar nicht mehr lange," ent- Steinmann reckte sich in seinem Sessel. "Habt ihr das merkwürdige Gefühl, wie "Du willst wohl den Rahm von der Milch "Jawohl," nickte der Maler. "Ich habe sie "Nun, und wer heißt Alfred?" "Keiner außer Bloom," entgegnete Stein- Fortsetzung folgt [irrelevantes Material] „AZ am Abend“ Nr. 14 Donnerstag, den 17. Januar Dreifaches Gaunerspiel EIN BANKNOTENROMAN (18. Fortſetzung) „Es knüpften ſich angenehme Er- „Halt!“ warf Morris ein, „was iſt mit „Es hängt ſchon wohl verwahrt im „Das iſt recht,“ lobte Morris liebens- Es iſt das Verdienſt von Sänger. Als „Wie?“ fragte Steinmann ſich und die Morris lächelte. „Sie ſind noch nicht ganz „Vorerſt nichts,“ entgegnete der Aſſeſſor. Der Ire griff, anſtatt mit einer Rede zu „Braunes Wachs —? ſagte er zweifelnd. „Richtig,“ beſtätigte Morris. „Gefunden Lund fuhr zurück. „Unmöglich!“ rief er „Das ſage ich auch,“ ſtimmte Morris „Wie kommen Sie überhaupt zu dieſem „Als ich geſtern von Ihnen fortging, hing Steinmann hatte einen Gedanken auf den Morris ſpottete gutmütig: „Du machſt „Das hätte ich nicht geglaubt — von dem „Wenn dem ſo iſt,“ ſagte der Ire, „dann „Das glaube ich auch“ pflichtete Lund „Ich vergaß vorhin,“ ſagte Morris, „weil „Nein,“ erklärte der Aſſeſſor, „ich wollte „Gut,“ meinte Morris. „Und ich ſchlage „Aber wie lange ſollen wir denn noch „Ich denke, gar nicht mehr lange,“ ent- Steinmann reckte ſich in ſeinem Seſſel. „Habt ihr das merkwürdige Gefühl, wie „Du willſt wohl den Rahm von der Milch „Jawohl,“ nickte der Maler. „Ich habe ſie „Nun, und wer heißt Alfred?“ „Keiner außer Bloom,“ entgegnete Stein- Fortſetzung folgt [irrelevantes Material] <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0012" n="Seite 12[12]"/> <fw place="top" type="header">„AZ am Abend“ Nr. 14 Donnerstag, den 17. Januar</fw><lb/> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <head><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Dreifaches Gaunerspiel</hi><lb/> EIN BANKNOTENROMAN</hi><lb/> (18. Fortſetzung)</head><lb/> <byline> <hi rendition="#aq">von A. M. FREY</hi> </byline><lb/> <p>„Es knüpften ſich angenehme Er-<lb/> innerungen daran. Und vielleicht ſei es<lb/> überhaupt angebracht, daß es aus dem<lb/> Hauſe käme. Und kurz und gut, ſie wolle<lb/> nichts mehr damit zu ſchaffen haben. Und<lb/> deshalb ſei ihr auch der geringe Preis recht<lb/> und —“</p><lb/> <p>„Halt!“ warf Morris ein, „was iſt mit<lb/> dem Koſtüm geſchehen? Hat die Alte es im<lb/> Laden behalten?“</p><lb/> <p>„Es hängt ſchon wohl verwahrt im<lb/> Schrank meines Büros,“ entgegnete Lund<lb/> befriedigt.</p><lb/> <p>„Das iſt recht,“ lobte Morris liebens-<lb/> würdig.</p><lb/> <p>Es iſt das Verdienſt von Sänger. Als<lb/> nämlich unzweifelhaft für ihn feſtſtand, daß<lb/> die Trödlerin nichts zu ſchaffen hatte mit<lb/> der Villa Malſen und ihren Fragwürdigkei-<lb/> ten, legitimierte er ſich als Polizeibeamter.<lb/> Da brach natürlich das übliche Geplärr los:<lb/> ſie ſei ſo unſchuldig wie ein Neugeborenes,<lb/> und ſo weiter. Nun, in dieſer Angelegenheit<lb/> iſt ſie es beſtimmt. So beſtimmt, als im<lb/> übrigen ihr Gewiſſen als Aufkäuferin von<lb/> Dingen dunkler Herkunft nicht fleckenlos<lb/> ſein wird. — Sänger hat dann gleich das<lb/> Koſtüm an ſich genommen, die Frau be-<lb/> ruhigt und ihr eine entſprechende Entſchädi-<lb/> gung zugeſichert, die ſie bereits bekommen<lb/> hat. — Ueber die Tauſendkronendame habe<lb/> ich übrigens in Erfahrung gebracht, daß ſie<lb/> kurz vor der Demaskierung den Ball ſehr<lb/> aufgeregt verlaſſen hat und im Auto davon-<lb/> gefahren iſt. So berichtete mir ein Feſtgaſt,<lb/> dem ſie zu ſeinem Kummer entwiſcht iſt.<lb/> — Das war meine Erzählung, nun kommt<lb/> die Ihre, ich brenne darauf!“</p><lb/> <p>„Wie?“ fragte Steinmann ſich und die<lb/> anderen erſtaunt. „Der überkecke Page war<lb/> alſo ein Dienſtbote der Gräfin? Und rech-<lb/> nete ſich am Ballabend zu den Gäſten und<lb/> nicht zu den Domeſtiken? Wohl ein un-<lb/> verſchämter Schabernack. der da der Gräfin<lb/><cb/> geſpielt wurde, ohne daß ſie’s ahnte? Da-<lb/> her das wenig Damenhafte! Wie — und<lb/> Bloom hatte alſo mit jener irgend etwas<lb/> — eine Liebſchaft? Er, den man als Lieb-<lb/> haber der Malſen ausgab? Immer rätſel-<lb/> hafter!“ Er ſchüttelte den langmähnigen<lb/> Kopf in ehrlicher Verwirrung.</p><lb/> <p>Morris lächelte. „Sie ſind noch nicht ganz<lb/> fertig, Lund. Sie müſſen uns noch ſagen,<lb/> ob die Unterſuchung des Koſtüms etwas er-<lb/> geben hat.“</p><lb/> <p>„Vorerſt nichts,“ entgegnete der Aſſeſſor.<lb/> „An ihm ſelbſt war nichts zu finden. Wenn<lb/> Sie noch einmal nachſehen wollen — aber<lb/> jetzt, bitte, kommt Ihr Bericht!“</p><lb/> <p>Der Ire griff, anſtatt mit einer Rede zu<lb/> beginnen, in die äußere Rocktaſche, und holte<lb/> einen kleinen Klumpen heraus, den er Lund<lb/> hinreichte.</p><lb/> <p>„Braunes Wachs —? ſagte er zweifelnd.</p><lb/> <p>„Richtig,“ beſtätigte Morris. „Gefunden<lb/> in der Havelocktaſche des Kriminalſchutz-<lb/> mannes Laurids.“</p><lb/> <p>Lund fuhr zurück. „Unmöglich!“ rief er<lb/> aus. Dann faßte er ſich ſchnell. „Und<lb/> wenn auch. Das beweiſt noch nichts gegen<lb/> den Mann.“</p><lb/> <p>„Das ſage ich auch,“ ſtimmte Morris<lb/> bei. „Es beweiſt nichts gegen ihn. Aber<lb/> es iſt immerhin merkwürdig. Es macht ihn<lb/> verdächtig. Im allgemeinen pflegen doch<lb/> Kriminaler braunes Wachs nicht mit ſich<lb/> herumzutragen. Wachs von der gleichen<lb/> Farbe und Konſiſtenz, wie wir Spuren an<lb/> Schlüſſeln fanden.“</p><lb/> <p>„Wie kommen Sie überhaupt zu dieſem<lb/> Fund?“</p><lb/> <p>„Als ich geſtern von Ihnen fortging, hing<lb/> im Vorraum der Havelock von Laurids.<lb/> Ich erkannte ihn an ſeiner gelben verſchoſ-<lb/> ſenen Farbe. Der Raum war leer, nun, und<lb/> da — bekanntermaßen heiligt der Zweck die<lb/> Mittel — erlaubte ich mir eine ſchnelle Re-<lb/><cb/> viſion der Manteltaſchen dieſer mir verdäch-<lb/> tigen Perſönlichkeit.“</p><lb/> <p>Steinmann hatte einen Gedanken auf den<lb/> er ſtolz war. „War es eigentlich ſchlau,<lb/> Frank, dem Mann das Wachs wegzuneh-<lb/> men? Wenn er den Verluſt bemerkt?“</p><lb/> <p>Morris ſpottete gutmütig: „Du machſt<lb/> dich, Rupert! Ganz entſchieden! Aber zu<lb/> deinem Schmerz muß ich dir geſtehen, daß<lb/> ich daran ſelbſt gedacht habe. Ich habe von<lb/> einem größeren Klumpen nur dies bißchen<lb/> losgelöſt. Solche Verminderung wird ihm<lb/> keineswegs auffallen.“</p><lb/> <p>„Das hätte ich nicht geglaubt — von dem<lb/> hätt’ ich es nicht geglaubt!“ murmelte der<lb/> Aſſeſſor. „Freilich: jetzt beginnt mir ſein<lb/> großer Eifer in der ganzen Fälſchungsange-<lb/> legenheit verdächtig vorzukommen. Er<lb/> drängte ſich förmlich zum Dienſt, in gerade<lb/> dieſer Sache. Auffällig: denn ſonſt war er<lb/> — obwohl ein begabter Burſch — immer<lb/> reichlich bequem. Das ſchien mir früher ſein<lb/> einziger Fehler: Mangel an Dienſteifer.<lb/> Wahrhaftig, ſein gänzlich anderes Verhal-<lb/> ten in der Fälſcheraffäre erſcheint mir jetzt<lb/> recht bedenklich. — Morris, ich fürchte, Sie<lb/> treffen mit Ihrem Mißtrauen doch nicht<lb/> daneben.“</p><lb/> <p>„Wenn dem ſo iſt,“ ſagte der Ire, „dann<lb/> ja keine Uebereilung! Der Mann muß in<lb/> dem Glauben gelaſſen werden, durch nichts<lb/> unſere finſtere Fürſorge wachgerufen zu<lb/> haben. Beſchäftigen Sie ihn nach wie vor,<lb/> nur niemals in unſerer Sache. — Uebri-<lb/> gens,“ fügte er nach einer kleinen Pauſe<lb/> hinzu, „darin werden Sie mir wohl ohne<lb/> Vorbehalt zuſtimmen, daß wir es in der<lb/> Perſon von Laurids keineswegs mit dem<lb/> Haupt der Bande, ſondern mit einem Kom-<lb/> plicen zu tun haben.“</p><lb/> <p>„Das glaube ich auch“ pflichtete Lund<lb/> bei. „Wir vermuten ja den Anführer mit<lb/> gutem Grund unter den Mitgliedern der<lb/> erſten Geſellſchaft.“</p><lb/> <p>„Ich vergaß vorhin,“ ſagte Morris, „weil<lb/> Sie ſo ſehr auf meine Geſchichte drängten,<lb/> Sie zu fragen, ob Sie nach den Erhebungen<lb/> des Kriminalſchutzmannes Sänger ſchon<lb/> etwas gegen die Gräfin Malſen und ihr<lb/> Haus unternommen haben. Hoffentlich<lb/> nicht.“</p><lb/> <cb/> <p>„Nein,“ erklärte der Aſſeſſor, „ich wollte<lb/> mich erſt mit Ihnen beſprechen.“</p><lb/> <p>„Gut,“ meinte Morris. „Und ich ſchlage<lb/> vor, auch fürs erſte weder gegen die Her-<lb/> rin noch gegen die Zofe vorzugehen. — Wie<lb/> Sie am Anfang unſeres Geſprächs wohl be-<lb/> merkt haben, wollte ich einen Namen nen-<lb/> nen, deſſen Träger mir in letzter Zeit mehr<lb/> und mehr belaſtet vorkommt. Ich will aber<lb/> den Namen weiter für mich behalten, um<lb/> keinen von Ihnen befangen zu machen, und<lb/> freie Urteilskraft nicht zu hemmen. — Ich<lb/> ſchlage überhaupt die Taktik des Sichum-<lb/> ſtellens vor. Nur ſo werden wir der gerie-<lb/> benen Geſellſchaft beikommen. Deshalb auch<lb/> keine Schritte gegen die Villa Malſen! Ab-<lb/> warten, ruhig im Hinterhalt liegen! Grei-<lb/> fen wir zu früh zu, ſo greifen wir womög-<lb/> lich ins Leere.“</p><lb/> <p>„Aber wie lange ſollen wir denn noch<lb/> warten,“ rief der lebhafte Steinmann un-<lb/> geduldig.</p><lb/> <p>„Ich denke, gar nicht mehr lange,“ ent-<lb/> gegnete der Freund. „Doch müſſen wir<lb/> äußerſt vorſichtig ſein. Niemand darf er-<lb/> fahren — ich muß es nochmal betonen —<lb/> daß die Polizeibehörde davon überzeugt iſt,<lb/> in Blooms Tod keinen Selbſtmord, ſondern<lb/> Mord vor ſich zu haben. Wir müſſen die<lb/> Täter im Glauben ihrer unerſchütterten<lb/> Sicherheit laſſen. Nur ſo können wir ſie<lb/> packen.“</p><lb/> <p>Steinmann reckte ſich in ſeinem Seſſel.</p><lb/> <p>„Habt ihr das merkwürdige Gefühl, wie<lb/> ſich mehr und mehr ein Netz zuſammen-<lb/> zuziehen ſcheint, indes die Fiſche darin noch<lb/> ahnungslos für ſich und im Dunkeln für uns<lb/> bleiben? Das iſt ein großer prickelnder<lb/> Nervenreiz.“</p><lb/> <p>„Du willſt wohl den Rahm von der Milch<lb/> abſchöpfen,“ neckte Morris. „Wir arbeiten<lb/> im Schweiß unſeres Angeſichtes, und du<lb/> genießeſt Nervenreize. Sage uns lieber —<lb/> ich habe dich geſtern nicht mehr darüber ge-<lb/> ſprochen — ob es dir gelungen iſt, ſämtliche<lb/> Vornamen der männlichen Ballteilnehmer,<lb/> die auf deiner Liſte ſtanden, zu ermitteln?“</p><lb/> <p>„Jawohl,“ nickte der Maler. „Ich habe ſie<lb/> alle feſtgeſtellt.“</p><lb/> <p>„Nun, und wer heißt Alfred?“</p><lb/> <p>„Keiner außer Bloom,“ entgegnete Stein-<lb/> mann.</p><lb/> <p>Fortſetzung folgt</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jAnnouncements" n="1"> <gap reason="insignificant"/> </div> </body> </text> </TEI> [Seite 12[12]/0012]
„AZ am Abend“ Nr. 14 Donnerstag, den 17. Januar
Dreifaches Gaunerspiel
EIN BANKNOTENROMAN
(18. Fortſetzung)
von A. M. FREY
„Es knüpften ſich angenehme Er-
innerungen daran. Und vielleicht ſei es
überhaupt angebracht, daß es aus dem
Hauſe käme. Und kurz und gut, ſie wolle
nichts mehr damit zu ſchaffen haben. Und
deshalb ſei ihr auch der geringe Preis recht
und —“
„Halt!“ warf Morris ein, „was iſt mit
dem Koſtüm geſchehen? Hat die Alte es im
Laden behalten?“
„Es hängt ſchon wohl verwahrt im
Schrank meines Büros,“ entgegnete Lund
befriedigt.
„Das iſt recht,“ lobte Morris liebens-
würdig.
Es iſt das Verdienſt von Sänger. Als
nämlich unzweifelhaft für ihn feſtſtand, daß
die Trödlerin nichts zu ſchaffen hatte mit
der Villa Malſen und ihren Fragwürdigkei-
ten, legitimierte er ſich als Polizeibeamter.
Da brach natürlich das übliche Geplärr los:
ſie ſei ſo unſchuldig wie ein Neugeborenes,
und ſo weiter. Nun, in dieſer Angelegenheit
iſt ſie es beſtimmt. So beſtimmt, als im
übrigen ihr Gewiſſen als Aufkäuferin von
Dingen dunkler Herkunft nicht fleckenlos
ſein wird. — Sänger hat dann gleich das
Koſtüm an ſich genommen, die Frau be-
ruhigt und ihr eine entſprechende Entſchädi-
gung zugeſichert, die ſie bereits bekommen
hat. — Ueber die Tauſendkronendame habe
ich übrigens in Erfahrung gebracht, daß ſie
kurz vor der Demaskierung den Ball ſehr
aufgeregt verlaſſen hat und im Auto davon-
gefahren iſt. So berichtete mir ein Feſtgaſt,
dem ſie zu ſeinem Kummer entwiſcht iſt.
— Das war meine Erzählung, nun kommt
die Ihre, ich brenne darauf!“
„Wie?“ fragte Steinmann ſich und die
anderen erſtaunt. „Der überkecke Page war
alſo ein Dienſtbote der Gräfin? Und rech-
nete ſich am Ballabend zu den Gäſten und
nicht zu den Domeſtiken? Wohl ein un-
verſchämter Schabernack. der da der Gräfin
geſpielt wurde, ohne daß ſie’s ahnte? Da-
her das wenig Damenhafte! Wie — und
Bloom hatte alſo mit jener irgend etwas
— eine Liebſchaft? Er, den man als Lieb-
haber der Malſen ausgab? Immer rätſel-
hafter!“ Er ſchüttelte den langmähnigen
Kopf in ehrlicher Verwirrung.
Morris lächelte. „Sie ſind noch nicht ganz
fertig, Lund. Sie müſſen uns noch ſagen,
ob die Unterſuchung des Koſtüms etwas er-
geben hat.“
„Vorerſt nichts,“ entgegnete der Aſſeſſor.
„An ihm ſelbſt war nichts zu finden. Wenn
Sie noch einmal nachſehen wollen — aber
jetzt, bitte, kommt Ihr Bericht!“
Der Ire griff, anſtatt mit einer Rede zu
beginnen, in die äußere Rocktaſche, und holte
einen kleinen Klumpen heraus, den er Lund
hinreichte.
„Braunes Wachs —? ſagte er zweifelnd.
„Richtig,“ beſtätigte Morris. „Gefunden
in der Havelocktaſche des Kriminalſchutz-
mannes Laurids.“
Lund fuhr zurück. „Unmöglich!“ rief er
aus. Dann faßte er ſich ſchnell. „Und
wenn auch. Das beweiſt noch nichts gegen
den Mann.“
„Das ſage ich auch,“ ſtimmte Morris
bei. „Es beweiſt nichts gegen ihn. Aber
es iſt immerhin merkwürdig. Es macht ihn
verdächtig. Im allgemeinen pflegen doch
Kriminaler braunes Wachs nicht mit ſich
herumzutragen. Wachs von der gleichen
Farbe und Konſiſtenz, wie wir Spuren an
Schlüſſeln fanden.“
„Wie kommen Sie überhaupt zu dieſem
Fund?“
„Als ich geſtern von Ihnen fortging, hing
im Vorraum der Havelock von Laurids.
Ich erkannte ihn an ſeiner gelben verſchoſ-
ſenen Farbe. Der Raum war leer, nun, und
da — bekanntermaßen heiligt der Zweck die
Mittel — erlaubte ich mir eine ſchnelle Re-
viſion der Manteltaſchen dieſer mir verdäch-
tigen Perſönlichkeit.“
Steinmann hatte einen Gedanken auf den
er ſtolz war. „War es eigentlich ſchlau,
Frank, dem Mann das Wachs wegzuneh-
men? Wenn er den Verluſt bemerkt?“
Morris ſpottete gutmütig: „Du machſt
dich, Rupert! Ganz entſchieden! Aber zu
deinem Schmerz muß ich dir geſtehen, daß
ich daran ſelbſt gedacht habe. Ich habe von
einem größeren Klumpen nur dies bißchen
losgelöſt. Solche Verminderung wird ihm
keineswegs auffallen.“
„Das hätte ich nicht geglaubt — von dem
hätt’ ich es nicht geglaubt!“ murmelte der
Aſſeſſor. „Freilich: jetzt beginnt mir ſein
großer Eifer in der ganzen Fälſchungsange-
legenheit verdächtig vorzukommen. Er
drängte ſich förmlich zum Dienſt, in gerade
dieſer Sache. Auffällig: denn ſonſt war er
— obwohl ein begabter Burſch — immer
reichlich bequem. Das ſchien mir früher ſein
einziger Fehler: Mangel an Dienſteifer.
Wahrhaftig, ſein gänzlich anderes Verhal-
ten in der Fälſcheraffäre erſcheint mir jetzt
recht bedenklich. — Morris, ich fürchte, Sie
treffen mit Ihrem Mißtrauen doch nicht
daneben.“
„Wenn dem ſo iſt,“ ſagte der Ire, „dann
ja keine Uebereilung! Der Mann muß in
dem Glauben gelaſſen werden, durch nichts
unſere finſtere Fürſorge wachgerufen zu
haben. Beſchäftigen Sie ihn nach wie vor,
nur niemals in unſerer Sache. — Uebri-
gens,“ fügte er nach einer kleinen Pauſe
hinzu, „darin werden Sie mir wohl ohne
Vorbehalt zuſtimmen, daß wir es in der
Perſon von Laurids keineswegs mit dem
Haupt der Bande, ſondern mit einem Kom-
plicen zu tun haben.“
„Das glaube ich auch“ pflichtete Lund
bei. „Wir vermuten ja den Anführer mit
gutem Grund unter den Mitgliedern der
erſten Geſellſchaft.“
„Ich vergaß vorhin,“ ſagte Morris, „weil
Sie ſo ſehr auf meine Geſchichte drängten,
Sie zu fragen, ob Sie nach den Erhebungen
des Kriminalſchutzmannes Sänger ſchon
etwas gegen die Gräfin Malſen und ihr
Haus unternommen haben. Hoffentlich
nicht.“
„Nein,“ erklärte der Aſſeſſor, „ich wollte
mich erſt mit Ihnen beſprechen.“
„Gut,“ meinte Morris. „Und ich ſchlage
vor, auch fürs erſte weder gegen die Her-
rin noch gegen die Zofe vorzugehen. — Wie
Sie am Anfang unſeres Geſprächs wohl be-
merkt haben, wollte ich einen Namen nen-
nen, deſſen Träger mir in letzter Zeit mehr
und mehr belaſtet vorkommt. Ich will aber
den Namen weiter für mich behalten, um
keinen von Ihnen befangen zu machen, und
freie Urteilskraft nicht zu hemmen. — Ich
ſchlage überhaupt die Taktik des Sichum-
ſtellens vor. Nur ſo werden wir der gerie-
benen Geſellſchaft beikommen. Deshalb auch
keine Schritte gegen die Villa Malſen! Ab-
warten, ruhig im Hinterhalt liegen! Grei-
fen wir zu früh zu, ſo greifen wir womög-
lich ins Leere.“
„Aber wie lange ſollen wir denn noch
warten,“ rief der lebhafte Steinmann un-
geduldig.
„Ich denke, gar nicht mehr lange,“ ent-
gegnete der Freund. „Doch müſſen wir
äußerſt vorſichtig ſein. Niemand darf er-
fahren — ich muß es nochmal betonen —
daß die Polizeibehörde davon überzeugt iſt,
in Blooms Tod keinen Selbſtmord, ſondern
Mord vor ſich zu haben. Wir müſſen die
Täter im Glauben ihrer unerſchütterten
Sicherheit laſſen. Nur ſo können wir ſie
packen.“
Steinmann reckte ſich in ſeinem Seſſel.
„Habt ihr das merkwürdige Gefühl, wie
ſich mehr und mehr ein Netz zuſammen-
zuziehen ſcheint, indes die Fiſche darin noch
ahnungslos für ſich und im Dunkeln für uns
bleiben? Das iſt ein großer prickelnder
Nervenreiz.“
„Du willſt wohl den Rahm von der Milch
abſchöpfen,“ neckte Morris. „Wir arbeiten
im Schweiß unſeres Angeſichtes, und du
genießeſt Nervenreize. Sage uns lieber —
ich habe dich geſtern nicht mehr darüber ge-
ſprochen — ob es dir gelungen iſt, ſämtliche
Vornamen der männlichen Ballteilnehmer,
die auf deiner Liſte ſtanden, zu ermitteln?“
„Jawohl,“ nickte der Maler. „Ich habe ſie
alle feſtgeſtellt.“
„Nun, und wer heißt Alfred?“
„Keiner außer Bloom,“ entgegnete Stein-
mann.
Fortſetzung folgt
_
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2022-02-11T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |