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Allgemeine Zeitung, Nr. 157, 5. Juni 1860.

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Das J. des Debats gibt eine Uebersicht der Tagesereignisse, und
hält die Nachricht der Patrie von der Capitulation des Generals Lanza für
wahrscheinlich, wenn auch die Privatnachrichten des Journal des Debats dem-
selben noch nicht erlauben die Nachricht zu bestätigen.

Der Monde klagt über die Bedrückungen welche die polnische Na-
tionalität in Posen durch die preußische Bureaukratie erdulden müsse, und ver-
öffentlicht ausführlich die Interpellation des Abg. Niegolewski in der peußi-
schen Kammer; ob die französische Presse denn hievon aus Rücksicht gegen
Rußland oder weil etwa die polnische Frage für einen günstigen Zeitpunkt
aufgespart werde, keine Notiz nehme!

Der Siecle triumphirt über die Erfolge Garibaldi's, und spottet über
die ohnmächtigen Versuche die Contrerevolution in Rom zu organisiren. Die
Würfel seyen gefallen, die Revolution werde sich nicht auf den Süden Ita-
liens beschränken. Der Siecle fordert ferner die preußische Regierung Na-
mens der beleidigten Moral auf strenges Gericht in Posen zu halten wenn die
in der Interpellation des Abg. Niegolewski vorgebrachten Thatsachen sich be-
stätigen und bezügliche Untersuchungen einzuleiten.

Das Dampftransportschiff "Magenna" ist aus Genua in Toulon ange-
kommen, wohin es 1027 Mann vom 18. Fußjägerbataillon, 243 Artilleri-
sten, 15 Pferde, 8 Bagagewagen und 4000 der Armee gehörige Collis brachte.
Kaum angekommen, erhielt dieses Schiff Befehl Montag mit Artillerietrux-
pen nach Algier abzugehen. Der "Algesiras" gieng am 1 Jun. von Toulon
nach Genua ab um Truppen zu holen. (Moniteur de la Flotte.)


Neapel, 29 Mai. Die Regierung hat seit
dem Bulletin vom 27 d. worin gemeldet wurde, daß man die Insurgenten
über Corleone hinaus verfolgte, nichts veröffentlicht; dennoch sind der Auf-
stand und das Bombardement von Palermo bekannt. Fieberhaste Aufre-
gung herrscht in der Stadt. Im Cafe de l'Europa fand bereits eine Colli-
sion zwischen Officieren und Civilisten statt. In der Toledo-Straße rief
man: "Es lebe Palermo!" Garibaldi hatte einen Scheinrückzug ausgeführt
und als Palermo entwaffnet war, machte er einen Angriff. Die Bevölke-
rung hatte sich bereits erhoben. Der Kampf war furchtbar, verzweifelt, sogar
viele Weiber kämpften. Endlich zogen die Truppen sich zurück. Sodann
begann das Bombardement von der See aus. Man versichert daß der eng-
lische Admiral alle Officiere der auswärtigen Nationen, sogar die österreichi-
schen, versammelte; alle baten die neapolitanische Flotte das Feuer einzustel-
len. Eine officielle Note des Ministers Carafa in Erwiederung auf eine
Klage des Hrn. Elliot erklärt: daß er die englische Flotte nicht anschuldigen
wollte bei Marsala einverstanden gewesen zu seyn, er wollte nur die neapoli-
tanische Flottille rechtfertigen. (T. H.)


Der neapolitanischen Gesandtschaft in Wien gieng am 1
Jun. Nachmittags folgende Depesche aus Neapel zu: Garibaldi ist in Pa-
lermo. Unsere Truppen sind vor Palermo und in verschiedenen Punkten der
Insel concentrirt. Garibaldi hat Victor Emmanuel als König von Italien
proclamirt. Das Castell von Palermo und sämmtliche feste Plätze sind in un-
fern Händen. -- Das Bombardement ist auf Befehl des Königs eingestellt
worden.


Berichte aus Genua vom 30 v. M. schildern die
Lage der Insurgenten in Palermo als eine sehr schwierige. Die k. Truppen
umgeben die ganze Stadt. Die Insurgenten sind wahrscheinlich durch jene
breite am Abhang eines Hügels gelegene Straße eingedrungen, durch welche
die Aufständischen im Jahr 1848 in die Stadt gelangten. Zwei neapolitani-
sche Fregatten wurden derart im Hafen postirt, daß sie einen großen Theil der
langen und geraden Via del Cassero bestreichen können, wo die Insurgenten
Barricaden errichtet haben werden. Castellamare, nahe der Stadt, am Meeres-
ufer gelegen, beherrscht Palermo vollständig. Man weiß jedoch noch nicht ob
sich die Truppen nach Castellamare oder auf die Schiffe zurückziehen werden.
Die Mühlen und Wafferleitungen welche Palermo mit Trinkwasser versehen,
sind zerstört; es ist eine Hungers- und Waffersnoth zu befürchten. (Oest. Bl.)


Der Großwesir Kiprisli Mehemed Pascha ist auf
seiner Reise nach Rumelien hier eingetroffen. (Oest. Ztg.)


Der Präsident der Republik läßt im kleinen Fort
El Callao Vorkehrungen treffen, um die Angriffe zurückzuweisen welche die
Reclamationen des französischen Generalconsuls, Hrn. Edm. Lesseps, unter-
stützen sollen. Auch das Geschwader hat Befehl erhalten sich zum Wider-
stand bereit zu halten. Man versichert daß für den Fall einer Collision die
peruanische Regierung entschlossen sey gegen die zu Valparaiso wohnenden
Franzosen mit äußerster Strenge zu verfahren. Es herrscht große Besorgniß.
-- Nach Berichten aus Valparaiso ist Hr. v. Lesseps am 30 zu Callao er-
wartet. (C. Hav.)

Handels- und Börsennachrichten.

Ungeachtet der sich widersprechenden und
nach der bisherigen Auffassung der Börse zuletzt ungünstigen Berichte aus Sicilien
blieb die Börse während der letzten acht Tage doch so ziemlich in ihrer Haltung un-
erschüttert. Es ist dieß der gewöhnliche Lauf der Dinge an der Börse; es darf
[Spaltenumbruch] jedoch nicht als Maßstab zur Beurtheilung der nächsten Zukunft genommen werden,
man darf vielmehr besorgen daß, wenn die ficilianische und die noch im Hintergrund
schwebenden Fragen den Knoten der europäischen Politik demnächst enger schürzen
sollten, die bisherige Festigkeit der Börse dagegen nicht Stand halten wird. Vor-
läufig wird diese Festigkeit durch den beispiellosen Geldüberfluß, welcher namentlich
hier den Disconto unter 1 Procent herabgedrückt hat, und durch den Mangel an
sog. schwimmenden Börseneffecten unterstützt. Dieser machte sich besonders für den
bei den jüngsten Ultimo nöthigen Deckungskäufen sehr bemerkbar. In Paris tritt dazu
noch die bevorstehende Ablösung des Coupons, durch welche die Rente sich eigentlich
nicht über 68 stellt. Die Eröffnung des verstärkten Reichsraths in Oesterreich
konnte auf die Börse bisher nicht einwirken, da man die Vorlagen noch nicht kennt.
Sofern letztere, namentlich die finanziellen, der Erwartung nur einigermaßen ent-
sprechen, wird eine günstige Rückwirkung nicht ausbleiben.


Nachdem in der Generalversammlung der Westbahn-
gesellschaft der Präsident Graf Wickenburg in einem kurzen Resume die Finanz-
lage der Gesellschaft auseinandergesetzt, kam er auf die Thätigkeit des Comite's zu
sprechen das von der vorigen außerordentlichen Generalversammlung behufs der Auf-
nahme einer Prioritätsanleihe von 21 Millionen Gulden ö. W. erwählt wurde.
Die Staatsverwaltung hatte von dem fraglichen Beschluß der Generalversammlung
kaum Kenntniß genommen als sie auch sofort dem Verwaltungsrath unterm 21 Febr.
den finanzministeriellen Bescheid zugehen ließ, des Inhalts daß die Regierung aller-
dings ihre Zustimmung dazu gebe eine Anleihe, deren Ziffer jedoch auf 12 Mil-
lionen reducirt werden müßte, in Silber aufzunehmen und in gleicher Währung zu
verzinsen, allein nur unter der Bedingung daß dieselbe al pari aufgebracht werde,
in welchem Fall die Staatsgarantie auch nicht alterirt würde, indem der durch
das Silberagio bei der Verzinsung der erwähnten 12 Millionen sich ergebende Aus-
fall nach Vollendung des Baues durch einen Zuschlag auf den Tarif ersetzt werden
könnte. Zu größern Opfern wollte sich Frhr. v. Bruck nicht herbeilassen. Gegen
diese ministerielle Entscheidung, welche die Aufnahme einer Anleihe geradezu unmög-
lich macht, hat der Verwaltungsrath zwar zu verschiedenenmalen Einsprache erho-
ben, allein bis zum Tode des Frhrn. v. Bruck ist ihm kein weiterer Bescheid ge-
worden, als daß die Zeiten nicht geeignet seyen diese Angelegenheit jetzt in Erle-
digung zu bringen. Trotzdem anerkennt der Präsident des Verwaltungsraths die
großen Verdienste Brucks um dieses Unternehmen in dankbarster Weise, und widmet
diesem genialen Staatsmann einige tiefgefühlte Worte, die von der Versammlung
auch mit großem Beifall: aufgenommen wurden, und beweisen wie sehr Brucks
Andenken geehrt wird. Seitdem ist dem Verwaltungsrath unterm 29 Mai ein neuer
finanzministerieller Erlaß zugegangen, in welchem gesagt wird daß, im Fall bisher
keine Einigung über das Anlehen zu Stande gekommen, der Verwaltungsrath die
verschiedenen Offerte zur Kenntniß der Staatsverwaltung bringen möge, worauf so-
dann nach Kenntnißnahme der Vorlagen das weitere veranlaßt werden würde. --
Wenn ich recht verstanden, so ist in dieser Zuschrift ein wohlwollendes Entgegen-
kommen von Seiten der Staatsverwaltung ersichtlich, und wird das bisherige Fi-
nanzcomite nun die verschiedenen Propositionen zu prüfen haben, um die Annahme
des sowohl für die Actionäre als auch für die Staatsverwaltung zweckmäßigsten
Vorschlags befürworten zu können. Nachdem der Bericht verlesen worden war,
stellt der Präsident die Frage an die Versammlung ob irgend jemand eine Be-
merkung an den Geschäftsbericht zu knüpfen habe, worauf Hr. Warrens sich erhob,
und die Aufmerksamkeit der Actionäre auf den Umstand lenkte daß in dem ganzen
Bericht von einem Erneuerungsfonds keine Rede sey, obgleich alle Welt weiß daß
die Schwellen in der Regel nach 7 und die Schienen nach 16 Jahren erneuert
werden müssen. Anstatt nun den Actionären nach Jahren eine solche Last wie die
Erneuerung der Betriebsmittel aufzubürden, sey es viel zweckmäßiger von dem
Reinertrag jährlich eine gewisse Quote abzuziehen und für diesen Fall aufzusparen.
Dieser an und für sich praktische Vorschlag wird zwar von einzelnen Berwaltunge-
räthen, welche die Besorgniß ausprachen die Staatsverwaltung werde eine solche
Reduction des Reingewinnstes nicht zugeben, bekämpft, allein nach längerer Debatte
wird der Beschluß gefaßt, der nächsten Generalversammlung die leitenden Grundsätze
eines solchen Erneuerungsfonds vorzulegen, und diese für die Actionäre so hochwichtige
Angelegenheit nicht außer Acht zu lassen. Eine Interpellation des quiescirten bayerischen
Regierungsdirectors Lufft, der aus Karlsruhe gekommen war um die Interessen derfüd deut-
schen Actionäre zu wahren, wird mit einigen Worten des technischen Directorserledigt, wor-
auf ein anderer Actionär über die kostspieligen Bahnhofbauten u. s. w. Beschwerde führt, und
bei der noch im Bau befindlichen Strecke Wels-Passau billige Herstellung der be-
treffenden Baulichkeiten wünscht, die ihm auch zugesagt wird. Im Moment als
die Generalversammlung dazu schreiten will die Ersatzwahlen für den mit Tod ab-
gegangenen Hrn. v. Lindheim, sowie für den wegen überhäufter Geschäfte aus-
geschiedenen Hrn. v. Wodianer vorzunehmen, erhebt sich ein Actionär, und liest eine
Strafpredigt gegen die Stellenjäger vor, die so derbe Ausfälle enthält, daß sich
Verwaltungsrath Merck mit Heftigkeit gegen die weitere Verlesung dieser Philippika
erklärt und den Uebergang zur Tagesordnung verlangt, allein die Versammlung,
welche merkt wie sauer der gute alte Herr sichs' werden ließ um den Verwaltungs-
rath von allen derartigen Leuten zu säubern, und wie sehr es ihm wehe thun
würde seinen Vortrag unterbrechen zu müssen, entschließt sich mit großer Heiterkeit
für die weitere Anhörung der Zornesausbrüche des würdigen Herrn, worauf dieser
unter fortwährendem Gelächter der Versammlung seinen Vortrag zu Ende bringt.
Obgleich ein Hr. Dr. K. nur die Heiterkeit der Versammlung zu erregen verstand,
ist doch vieles von dem was er gegen die Stellenjäger u. s. w. vorbrachte, buch-
stäblich wahr, und werden seine Worte sicherlich ihre Wirkung nicht verfehlen.


Es soll hier im Plan seyn für eine französische Gesellschaft, welche eine
neue Dampferlinie nach dem Orient ins Leben rufen will, 10 Schiffe von je 6000
Tonnengehalt zu bauen. Das erforderliche Capital von 2,500,000 Pf. St. würde,
wie verlautet, von der französischen Regierung eine fünfprocentige Zinsengarantie
erhalten. Und die Schiffe, so ließe sich hinzufügen, würden später einmal
der französischen Regierung als Transportdampfer vielleicht sehr gelegen kommen.
Was eine französische Gesellschaft erkleckliches von einem derartigen Unternehmen er-
warten kann, und welches die Stationen der neuen Linie seyn sollen, ist nicht be-
kannt. Eben so wenig läßt sich heute schon bestimmen ob das Capital hier so leicht
zusammengebracht werden könne.



Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges.
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.
[Spaltenumbruch]

Das J. des Débats gibt eine Ueberſicht der Tagesereigniſſe, und
hält die Nachricht der Patrie von der Capitulation des Generals Lanza für
wahrſcheinlich, wenn auch die Privatnachrichten des Journal des Débats dem-
ſelben noch nicht erlauben die Nachricht zu beſtätigen.

Der Monde klagt über die Bedrückungen welche die polniſche Na-
tionalität in Poſen durch die preußiſche Bureaukratie erdulden müſſe, und ver-
öffentlicht ausführlich die Interpellation des Abg. Niegolewski in der peußi-
ſchen Kammer; ob die franzöſiſche Preſſe denn hievon aus Rückſicht gegen
Rußland oder weil etwa die polniſche Frage für einen günſtigen Zeitpunkt
aufgeſpart werde, keine Notiz nehme!

Der Siècle triumphirt über die Erfolge Garibaldi’s, und ſpottet über
die ohnmächtigen Verſuche die Contrerevolution in Rom zu organiſiren. Die
Würfel ſeyen gefallen, die Revolution werde ſich nicht auf den Süden Ita-
liens beſchränken. Der Siècle fordert ferner die preußiſche Regierung Na-
mens der beleidigten Moral auf ſtrenges Gericht in Poſen zu halten wenn die
in der Interpellation des Abg. Niegolewski vorgebrachten Thatſachen ſich be-
ſtätigen und bezügliche Unterſuchungen einzuleiten.

Das Dampftransportſchiff „Magenna“ iſt aus Genua in Toulon ange-
kommen, wohin es 1027 Mann vom 18. Fußjägerbataillon, 243 Artilleri-
ſten, 15 Pferde, 8 Bagagewagen und 4000 der Armee gehörige Collis brachte.
Kaum angekommen, erhielt dieſes Schiff Befehl Montag mit Artillerietrux-
pen nach Algier abzugehen. Der „Algeſiras“ gieng am 1 Jun. von Toulon
nach Genua ab um Truppen zu holen. (Moniteur de la Flotte.)


Neapel, 29 Mai. Die Regierung hat ſeit
dem Bulletin vom 27 d. worin gemeldet wurde, daß man die Inſurgenten
über Corleone hinaus verfolgte, nichts veröffentlicht; dennoch ſind der Auf-
ſtand und das Bombardement von Palermo bekannt. Fieberhaſte Aufre-
gung herrſcht in der Stadt. Im Café de l’Europa fand bereits eine Colli-
ſion zwiſchen Officieren und Civiliſten ſtatt. In der Toledo-Straße rief
man: „Es lebe Palermo!“ Garibaldi hatte einen Scheinrückzug ausgeführt
und als Palermo entwaffnet war, machte er einen Angriff. Die Bevölke-
rung hatte ſich bereits erhoben. Der Kampf war furchtbar, verzweifelt, ſogar
viele Weiber kämpften. Endlich zogen die Truppen ſich zurück. Sodann
begann das Bombardement von der See aus. Man verſichert daß der eng-
liſche Admiral alle Officiere der auswärtigen Nationen, ſogar die öſterreichi-
ſchen, verſammelte; alle baten die neapolitaniſche Flotte das Feuer einzuſtel-
len. Eine officielle Note des Miniſters Carafa in Erwiederung auf eine
Klage des Hrn. Elliot erklärt: daß er die engliſche Flotte nicht anſchuldigen
wollte bei Marſala einverſtanden geweſen zu ſeyn, er wollte nur die neapoli-
taniſche Flottille rechtfertigen. (T. H.)


Der neapolitaniſchen Geſandtſchaft in Wien gieng am 1
Jun. Nachmittags folgende Depeſche aus Neapel zu: Garibaldi iſt in Pa-
lermo. Unſere Truppen ſind vor Palermo und in verſchiedenen Punkten der
Inſel concentrirt. Garibaldi hat Victor Emmanuel als König von Italien
proclamirt. Das Caſtell von Palermo und ſämmtliche feſte Plätze ſind in un-
fern Händen. — Das Bombardement iſt auf Befehl des Königs eingeſtellt
worden.


Berichte aus Genua vom 30 v. M. ſchildern die
Lage der Inſurgenten in Palermo als eine ſehr ſchwierige. Die k. Truppen
umgeben die ganze Stadt. Die Inſurgenten ſind wahrſcheinlich durch jene
breite am Abhang eines Hügels gelegene Straße eingedrungen, durch welche
die Aufſtändiſchen im Jahr 1848 in die Stadt gelangten. Zwei neapolitani-
ſche Fregatten wurden derart im Hafen poſtirt, daß ſie einen großen Theil der
langen und geraden Via del Caſſero beſtreichen können, wo die Inſurgenten
Barricaden errichtet haben werden. Caſtellamare, nahe der Stadt, am Meeres-
ufer gelegen, beherrſcht Palermo vollſtändig. Man weiß jedoch noch nicht ob
ſich die Truppen nach Caſtellamare oder auf die Schiffe zurückziehen werden.
Die Mühlen und Wafferleitungen welche Palermo mit Trinkwaſſer verſehen,
ſind zerſtört; es iſt eine Hungers- und Waffersnoth zu befürchten. (Oeſt. Bl.)


Der Großweſir Kiprisli Mehemed Paſcha iſt auf
ſeiner Reiſe nach Rumelien hier eingetroffen. (Oeſt. Ztg.)


Der Präſident der Republik läßt im kleinen Fort
El Callao Vorkehrungen treffen, um die Angriffe zurückzuweiſen welche die
Reclamationen des franzöſiſchen Generalconſuls, Hrn. Edm. Leſſeps, unter-
ſtützen ſollen. Auch das Geſchwader hat Befehl erhalten ſich zum Wider-
ſtand bereit zu halten. Man verſichert daß für den Fall einer Colliſion die
peruaniſche Regierung entſchloſſen ſey gegen die zu Valparaiſo wohnenden
Franzoſen mit äußerſter Strenge zu verfahren. Es herrſcht große Beſorgniß.
— Nach Berichten aus Valparaiſo iſt Hr. v. Leſſeps am 30 zu Callao er-
wartet. (C. Hav.)

Handels- und Börſennachrichten.

Ungeachtet der ſich widerſprechenden und
nach der bisherigen Auffaſſung der Börſe zuletzt ungünſtigen Berichte aus Sicilien
blieb die Börſe während der letzten acht Tage doch ſo ziemlich in ihrer Haltung un-
erſchüttert. Es iſt dieß der gewöhnliche Lauf der Dinge an der Börſe; es darf
[Spaltenumbruch] jedoch nicht als Maßſtab zur Beurtheilung der nächſten Zukunft genommen werden,
man darf vielmehr beſorgen daß, wenn die ficilianiſche und die noch im Hintergrund
ſchwebenden Fragen den Knoten der europäiſchen Politik demnächſt enger ſchürzen
ſollten, die bisherige Feſtigkeit der Börſe dagegen nicht Stand halten wird. Vor-
läufig wird dieſe Feſtigkeit durch den beiſpielloſen Geldüberfluß, welcher namentlich
hier den Disconto unter 1 Procent herabgedrückt hat, und durch den Mangel an
ſog. ſchwimmenden Börſeneffecten unterſtützt. Dieſer machte ſich beſonders für den
bei den jüngſten Ultimo nöthigen Deckungskäufen ſehr bemerkbar. In Paris tritt dazu
noch die bevorſtehende Ablöſung des Coupons, durch welche die Rente ſich eigentlich
nicht über 68 ſtellt. Die Eröffnung des verſtärkten Reichsraths in Oeſterreich
konnte auf die Börſe bisher nicht einwirken, da man die Vorlagen noch nicht kennt.
Sofern letztere, namentlich die finanziellen, der Erwartung nur einigermaßen ent-
ſprechen, wird eine günſtige Rückwirkung nicht ausbleiben.


Nachdem in der Generalverſammlung der Weſtbahn-
geſellſchaft der Präſident Graf Wickenburg in einem kurzen Reſumé die Finanz-
lage der Geſellſchaft auseinandergeſetzt, kam er auf die Thätigkeit des Comité’s zu
ſprechen das von der vorigen außerordentlichen Generalverſammlung behufs der Auf-
nahme einer Prioritätsanleihe von 21 Millionen Gulden ö. W. erwählt wurde.
Die Staatsverwaltung hatte von dem fraglichen Beſchluß der Generalverſammlung
kaum Kenntniß genommen als ſie auch ſofort dem Verwaltungsrath unterm 21 Febr.
den finanzminiſteriellen Beſcheid zugehen ließ, des Inhalts daß die Regierung aller-
dings ihre Zuſtimmung dazu gebe eine Anleihe, deren Ziffer jedoch auf 12 Mil-
lionen reducirt werden müßte, in Silber aufzunehmen und in gleicher Währung zu
verzinſen, allein nur unter der Bedingung daß dieſelbe al pari aufgebracht werde,
in welchem Fall die Staatsgarantie auch nicht alterirt würde, indem der durch
das Silberagio bei der Verzinſung der erwähnten 12 Millionen ſich ergebende Aus-
fall nach Vollendung des Baues durch einen Zuſchlag auf den Tarif erſetzt werden
könnte. Zu größern Opfern wollte ſich Frhr. v. Bruck nicht herbeilaſſen. Gegen
dieſe miniſterielle Entſcheidung, welche die Aufnahme einer Anleihe geradezu unmög-
lich macht, hat der Verwaltungsrath zwar zu verſchiedenenmalen Einſprache erho-
ben, allein bis zum Tode des Frhrn. v. Bruck iſt ihm kein weiterer Beſcheid ge-
worden, als daß die Zeiten nicht geeignet ſeyen dieſe Angelegenheit jetzt in Erle-
digung zu bringen. Trotzdem anerkennt der Präſident des Verwaltungsraths die
großen Verdienſte Brucks um dieſes Unternehmen in dankbarſter Weiſe, und widmet
dieſem genialen Staatsmann einige tiefgefühlte Worte, die von der Verſammlung
auch mit großem Beifall: aufgenommen wurden, und beweiſen wie ſehr Brucks
Andenken geehrt wird. Seitdem iſt dem Verwaltungsrath unterm 29 Mai ein neuer
finanzminiſterieller Erlaß zugegangen, in welchem geſagt wird daß, im Fall bisher
keine Einigung über das Anlehen zu Stande gekommen, der Verwaltungsrath die
verſchiedenen Offerte zur Kenntniß der Staatsverwaltung bringen möge, worauf ſo-
dann nach Kenntnißnahme der Vorlagen das weitere veranlaßt werden würde. —
Wenn ich recht verſtanden, ſo iſt in dieſer Zuſchrift ein wohlwollendes Entgegen-
kommen von Seiten der Staatsverwaltung erſichtlich, und wird das bisherige Fi-
nanzcomité nun die verſchiedenen Propoſitionen zu prüfen haben, um die Annahme
des ſowohl für die Actionäre als auch für die Staatsverwaltung zweckmäßigſten
Vorſchlags befürworten zu können. Nachdem der Bericht verleſen worden war,
ſtellt der Präſident die Frage an die Verſammlung ob irgend jemand eine Be-
merkung an den Geſchäftsbericht zu knüpfen habe, worauf Hr. Warrens ſich erhob,
und die Aufmerkſamkeit der Actionäre auf den Umſtand lenkte daß in dem ganzen
Bericht von einem Erneuerungsfonds keine Rede ſey, obgleich alle Welt weiß daß
die Schwellen in der Regel nach 7 und die Schienen nach 16 Jahren erneuert
werden müſſen. Anſtatt nun den Actionären nach Jahren eine ſolche Laſt wie die
Erneuerung der Betriebsmittel aufzubürden, ſey es viel zweckmäßiger von dem
Reinertrag jährlich eine gewiſſe Quote abzuziehen und für dieſen Fall aufzuſparen.
Dieſer an und für ſich praktiſche Vorſchlag wird zwar von einzelnen Berwaltunge-
räthen, welche die Beſorgniß auſprachen die Staatsverwaltung werde eine ſolche
Reduction des Reingewinnſtes nicht zugeben, bekämpft, allein nach längerer Debatte
wird der Beſchluß gefaßt, der nächſten Generalverſammlung die leitenden Grundſätze
eines ſolchen Erneuerungsfonds vorzulegen, und dieſe für die Actionäre ſo hochwichtige
Angelegenheit nicht außer Acht zu laſſen. Eine Interpellation des quiescirten bayeriſchen
Regierungsdirectors Lufft, der aus Karlsruhe gekommen war um die Intereſſen derfüd deut-
ſchen Actionäre zu wahren, wird mit einigen Worten des techniſchen Directorserledigt, wor-
auf ein anderer Actionär über die koſtſpieligen Bahnhofbauten u. ſ. w. Beſchwerde führt, und
bei der noch im Bau befindlichen Strecke Wels-Paſſau billige Herſtellung der be-
treffenden Baulichkeiten wünſcht, die ihm auch zugeſagt wird. Im Moment als
die Generalverſammlung dazu ſchreiten will die Erſatzwahlen für den mit Tod ab-
gegangenen Hrn. v. Lindheim, ſowie für den wegen überhäufter Geſchäfte aus-
geſchiedenen Hrn. v. Wodianer vorzunehmen, erhebt ſich ein Actionär, und liest eine
Strafpredigt gegen die Stellenjäger vor, die ſo derbe Ausfälle enthält, daß ſich
Verwaltungsrath Merck mit Heftigkeit gegen die weitere Verleſung dieſer Philippika
erklärt und den Uebergang zur Tagesordnung verlangt, allein die Verſammlung,
welche merkt wie ſauer der gute alte Herr ſichs’ werden ließ um den Verwaltungs-
rath von allen derartigen Leuten zu ſäubern, und wie ſehr es ihm wehe thun
würde ſeinen Vortrag unterbrechen zu müſſen, entſchließt ſich mit großer Heiterkeit
für die weitere Anhörung der Zornesausbrüche des würdigen Herrn, worauf dieſer
unter fortwährendem Gelächter der Verſammlung ſeinen Vortrag zu Ende bringt.
Obgleich ein Hr. Dr. K. nur die Heiterkeit der Verſammlung zu erregen verſtand,
iſt doch vieles von dem was er gegen die Stellenjäger u. ſ. w. vorbrachte, buch-
ſtäblich wahr, und werden ſeine Worte ſicherlich ihre Wirkung nicht verfehlen.


Es ſoll hier im Plan ſeyn für eine franzöſiſche Geſellſchaft, welche eine
neue Dampferlinie nach dem Orient ins Leben rufen will, 10 Schiffe von je 6000
Tonnengehalt zu bauen. Das erforderliche Capital von 2,500,000 Pf. St. würde,
wie verlautet, von der franzöſiſchen Regierung eine fünfprocentige Zinſengarantie
erhalten. Und die Schiffe, ſo ließe ſich hinzufügen, würden ſpäter einmal
der franzöſiſchen Regierung als Transportdampfer vielleicht ſehr gelegen kommen.
Was eine franzöſiſche Geſellſchaft erkleckliches von einem derartigen Unternehmen er-
warten kann, und welches die Stationen der neuen Linie ſeyn ſollen, iſt nicht be-
kannt. Eben ſo wenig läßt ſich heute ſchon beſtimmen ob das Capital hier ſo leicht
zuſammengebracht werden könne.



Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges.
Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.
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Verwaltungsrath Merck mit Heftigkeit gegen die weitere Verle&#x017F;ung die&#x017F;er Philippika<lb/>
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[2625/0013] Das J. des Débats gibt eine Ueberſicht der Tagesereigniſſe, und hält die Nachricht der Patrie von der Capitulation des Generals Lanza für wahrſcheinlich, wenn auch die Privatnachrichten des Journal des Débats dem- ſelben noch nicht erlauben die Nachricht zu beſtätigen. Der Monde klagt über die Bedrückungen welche die polniſche Na- tionalität in Poſen durch die preußiſche Bureaukratie erdulden müſſe, und ver- öffentlicht ausführlich die Interpellation des Abg. Niegolewski in der peußi- ſchen Kammer; ob die franzöſiſche Preſſe denn hievon aus Rückſicht gegen Rußland oder weil etwa die polniſche Frage für einen günſtigen Zeitpunkt aufgeſpart werde, keine Notiz nehme! Der Siècle triumphirt über die Erfolge Garibaldi’s, und ſpottet über die ohnmächtigen Verſuche die Contrerevolution in Rom zu organiſiren. Die Würfel ſeyen gefallen, die Revolution werde ſich nicht auf den Süden Ita- liens beſchränken. Der Siècle fordert ferner die preußiſche Regierung Na- mens der beleidigten Moral auf ſtrenges Gericht in Poſen zu halten wenn die in der Interpellation des Abg. Niegolewski vorgebrachten Thatſachen ſich be- ſtätigen und bezügliche Unterſuchungen einzuleiten. Das Dampftransportſchiff „Magenna“ iſt aus Genua in Toulon ange- kommen, wohin es 1027 Mann vom 18. Fußjägerbataillon, 243 Artilleri- ſten, 15 Pferde, 8 Bagagewagen und 4000 der Armee gehörige Collis brachte. Kaum angekommen, erhielt dieſes Schiff Befehl Montag mit Artillerietrux- pen nach Algier abzugehen. Der „Algeſiras“ gieng am 1 Jun. von Toulon nach Genua ab um Truppen zu holen. (Moniteur de la Flotte.) Marſeille, 2 Jun. Neapel, 29 Mai. Die Regierung hat ſeit dem Bulletin vom 27 d. worin gemeldet wurde, daß man die Inſurgenten über Corleone hinaus verfolgte, nichts veröffentlicht; dennoch ſind der Auf- ſtand und das Bombardement von Palermo bekannt. Fieberhaſte Aufre- gung herrſcht in der Stadt. Im Café de l’Europa fand bereits eine Colli- ſion zwiſchen Officieren und Civiliſten ſtatt. In der Toledo-Straße rief man: „Es lebe Palermo!“ Garibaldi hatte einen Scheinrückzug ausgeführt und als Palermo entwaffnet war, machte er einen Angriff. Die Bevölke- rung hatte ſich bereits erhoben. Der Kampf war furchtbar, verzweifelt, ſogar viele Weiber kämpften. Endlich zogen die Truppen ſich zurück. Sodann begann das Bombardement von der See aus. Man verſichert daß der eng- liſche Admiral alle Officiere der auswärtigen Nationen, ſogar die öſterreichi- ſchen, verſammelte; alle baten die neapolitaniſche Flotte das Feuer einzuſtel- len. Eine officielle Note des Miniſters Carafa in Erwiederung auf eine Klage des Hrn. Elliot erklärt: daß er die engliſche Flotte nicht anſchuldigen wollte bei Marſala einverſtanden geweſen zu ſeyn, er wollte nur die neapoli- taniſche Flottille rechtfertigen. (T. H.) Neapel. Der neapolitaniſchen Geſandtſchaft in Wien gieng am 1 Jun. Nachmittags folgende Depeſche aus Neapel zu: Garibaldi iſt in Pa- lermo. Unſere Truppen ſind vor Palermo und in verſchiedenen Punkten der Inſel concentrirt. Garibaldi hat Victor Emmanuel als König von Italien proclamirt. Das Caſtell von Palermo und ſämmtliche feſte Plätze ſind in un- fern Händen. — Das Bombardement iſt auf Befehl des Königs eingeſtellt worden. Mailand, 1 Jun. Berichte aus Genua vom 30 v. M. ſchildern die Lage der Inſurgenten in Palermo als eine ſehr ſchwierige. Die k. Truppen umgeben die ganze Stadt. Die Inſurgenten ſind wahrſcheinlich durch jene breite am Abhang eines Hügels gelegene Straße eingedrungen, durch welche die Aufſtändiſchen im Jahr 1848 in die Stadt gelangten. Zwei neapolitani- ſche Fregatten wurden derart im Hafen poſtirt, daß ſie einen großen Theil der langen und geraden Via del Caſſero beſtreichen können, wo die Inſurgenten Barricaden errichtet haben werden. Caſtellamare, nahe der Stadt, am Meeres- ufer gelegen, beherrſcht Palermo vollſtändig. Man weiß jedoch noch nicht ob ſich die Truppen nach Caſtellamare oder auf die Schiffe zurückziehen werden. Die Mühlen und Wafferleitungen welche Palermo mit Trinkwaſſer verſehen, ſind zerſtört; es iſt eine Hungers- und Waffersnoth zu befürchten. (Oeſt. Bl.) Varna, 1 Jun. Der Großweſir Kiprisli Mehemed Paſcha iſt auf ſeiner Reiſe nach Rumelien hier eingetroffen. (Oeſt. Ztg.) Lima, 27 April. Der Präſident der Republik läßt im kleinen Fort El Callao Vorkehrungen treffen, um die Angriffe zurückzuweiſen welche die Reclamationen des franzöſiſchen Generalconſuls, Hrn. Edm. Leſſeps, unter- ſtützen ſollen. Auch das Geſchwader hat Befehl erhalten ſich zum Wider- ſtand bereit zu halten. Man verſichert daß für den Fall einer Colliſion die peruaniſche Regierung entſchloſſen ſey gegen die zu Valparaiſo wohnenden Franzoſen mit äußerſter Strenge zu verfahren. Es herrſcht große Beſorgniß. — Nach Berichten aus Valparaiſo iſt Hr. v. Leſſeps am 30 zu Callao er- wartet. (C. Hav.) Handels- und Börſennachrichten. ‖ Frankfurt a. M., 3 Jun. Ungeachtet der ſich widerſprechenden und nach der bisherigen Auffaſſung der Börſe zuletzt ungünſtigen Berichte aus Sicilien blieb die Börſe während der letzten acht Tage doch ſo ziemlich in ihrer Haltung un- erſchüttert. Es iſt dieß der gewöhnliche Lauf der Dinge an der Börſe; es darf jedoch nicht als Maßſtab zur Beurtheilung der nächſten Zukunft genommen werden, man darf vielmehr beſorgen daß, wenn die ficilianiſche und die noch im Hintergrund ſchwebenden Fragen den Knoten der europäiſchen Politik demnächſt enger ſchürzen ſollten, die bisherige Feſtigkeit der Börſe dagegen nicht Stand halten wird. Vor- läufig wird dieſe Feſtigkeit durch den beiſpielloſen Geldüberfluß, welcher namentlich hier den Disconto unter 1 Procent herabgedrückt hat, und durch den Mangel an ſog. ſchwimmenden Börſeneffecten unterſtützt. Dieſer machte ſich beſonders für den bei den jüngſten Ultimo nöthigen Deckungskäufen ſehr bemerkbar. In Paris tritt dazu noch die bevorſtehende Ablöſung des Coupons, durch welche die Rente ſich eigentlich nicht über 68 ſtellt. Die Eröffnung des verſtärkten Reichsraths in Oeſterreich konnte auf die Börſe bisher nicht einwirken, da man die Vorlagen noch nicht kennt. Sofern letztere, namentlich die finanziellen, der Erwartung nur einigermaßen ent- ſprechen, wird eine günſtige Rückwirkung nicht ausbleiben. △ Wien, 31 Mai. Nachdem in der Generalverſammlung der Weſtbahn- geſellſchaft der Präſident Graf Wickenburg in einem kurzen Reſumé die Finanz- lage der Geſellſchaft auseinandergeſetzt, kam er auf die Thätigkeit des Comité’s zu ſprechen das von der vorigen außerordentlichen Generalverſammlung behufs der Auf- nahme einer Prioritätsanleihe von 21 Millionen Gulden ö. W. erwählt wurde. Die Staatsverwaltung hatte von dem fraglichen Beſchluß der Generalverſammlung kaum Kenntniß genommen als ſie auch ſofort dem Verwaltungsrath unterm 21 Febr. den finanzminiſteriellen Beſcheid zugehen ließ, des Inhalts daß die Regierung aller- dings ihre Zuſtimmung dazu gebe eine Anleihe, deren Ziffer jedoch auf 12 Mil- lionen reducirt werden müßte, in Silber aufzunehmen und in gleicher Währung zu verzinſen, allein nur unter der Bedingung daß dieſelbe al pari aufgebracht werde, in welchem Fall die Staatsgarantie auch nicht alterirt würde, indem der durch das Silberagio bei der Verzinſung der erwähnten 12 Millionen ſich ergebende Aus- fall nach Vollendung des Baues durch einen Zuſchlag auf den Tarif erſetzt werden könnte. Zu größern Opfern wollte ſich Frhr. v. Bruck nicht herbeilaſſen. Gegen dieſe miniſterielle Entſcheidung, welche die Aufnahme einer Anleihe geradezu unmög- lich macht, hat der Verwaltungsrath zwar zu verſchiedenenmalen Einſprache erho- ben, allein bis zum Tode des Frhrn. v. Bruck iſt ihm kein weiterer Beſcheid ge- worden, als daß die Zeiten nicht geeignet ſeyen dieſe Angelegenheit jetzt in Erle- digung zu bringen. Trotzdem anerkennt der Präſident des Verwaltungsraths die großen Verdienſte Brucks um dieſes Unternehmen in dankbarſter Weiſe, und widmet dieſem genialen Staatsmann einige tiefgefühlte Worte, die von der Verſammlung auch mit großem Beifall: aufgenommen wurden, und beweiſen wie ſehr Brucks Andenken geehrt wird. Seitdem iſt dem Verwaltungsrath unterm 29 Mai ein neuer finanzminiſterieller Erlaß zugegangen, in welchem geſagt wird daß, im Fall bisher keine Einigung über das Anlehen zu Stande gekommen, der Verwaltungsrath die verſchiedenen Offerte zur Kenntniß der Staatsverwaltung bringen möge, worauf ſo- dann nach Kenntnißnahme der Vorlagen das weitere veranlaßt werden würde. — Wenn ich recht verſtanden, ſo iſt in dieſer Zuſchrift ein wohlwollendes Entgegen- kommen von Seiten der Staatsverwaltung erſichtlich, und wird das bisherige Fi- nanzcomité nun die verſchiedenen Propoſitionen zu prüfen haben, um die Annahme des ſowohl für die Actionäre als auch für die Staatsverwaltung zweckmäßigſten Vorſchlags befürworten zu können. Nachdem der Bericht verleſen worden war, ſtellt der Präſident die Frage an die Verſammlung ob irgend jemand eine Be- merkung an den Geſchäftsbericht zu knüpfen habe, worauf Hr. Warrens ſich erhob, und die Aufmerkſamkeit der Actionäre auf den Umſtand lenkte daß in dem ganzen Bericht von einem Erneuerungsfonds keine Rede ſey, obgleich alle Welt weiß daß die Schwellen in der Regel nach 7 und die Schienen nach 16 Jahren erneuert werden müſſen. Anſtatt nun den Actionären nach Jahren eine ſolche Laſt wie die Erneuerung der Betriebsmittel aufzubürden, ſey es viel zweckmäßiger von dem Reinertrag jährlich eine gewiſſe Quote abzuziehen und für dieſen Fall aufzuſparen. Dieſer an und für ſich praktiſche Vorſchlag wird zwar von einzelnen Berwaltunge- räthen, welche die Beſorgniß auſprachen die Staatsverwaltung werde eine ſolche Reduction des Reingewinnſtes nicht zugeben, bekämpft, allein nach längerer Debatte wird der Beſchluß gefaßt, der nächſten Generalverſammlung die leitenden Grundſätze eines ſolchen Erneuerungsfonds vorzulegen, und dieſe für die Actionäre ſo hochwichtige Angelegenheit nicht außer Acht zu laſſen. Eine Interpellation des quiescirten bayeriſchen Regierungsdirectors Lufft, der aus Karlsruhe gekommen war um die Intereſſen derfüd deut- ſchen Actionäre zu wahren, wird mit einigen Worten des techniſchen Directorserledigt, wor- auf ein anderer Actionär über die koſtſpieligen Bahnhofbauten u. ſ. w. Beſchwerde führt, und bei der noch im Bau befindlichen Strecke Wels-Paſſau billige Herſtellung der be- treffenden Baulichkeiten wünſcht, die ihm auch zugeſagt wird. Im Moment als die Generalverſammlung dazu ſchreiten will die Erſatzwahlen für den mit Tod ab- gegangenen Hrn. v. Lindheim, ſowie für den wegen überhäufter Geſchäfte aus- geſchiedenen Hrn. v. Wodianer vorzunehmen, erhebt ſich ein Actionär, und liest eine Strafpredigt gegen die Stellenjäger vor, die ſo derbe Ausfälle enthält, daß ſich Verwaltungsrath Merck mit Heftigkeit gegen die weitere Verleſung dieſer Philippika erklärt und den Uebergang zur Tagesordnung verlangt, allein die Verſammlung, welche merkt wie ſauer der gute alte Herr ſichs’ werden ließ um den Verwaltungs- rath von allen derartigen Leuten zu ſäubern, und wie ſehr es ihm wehe thun würde ſeinen Vortrag unterbrechen zu müſſen, entſchließt ſich mit großer Heiterkeit für die weitere Anhörung der Zornesausbrüche des würdigen Herrn, worauf dieſer unter fortwährendem Gelächter der Verſammlung ſeinen Vortrag zu Ende bringt. Obgleich ein Hr. Dr. K. nur die Heiterkeit der Verſammlung zu erregen verſtand, iſt doch vieles von dem was er gegen die Stellenjäger u. ſ. w. vorbrachte, buch- ſtäblich wahr, und werden ſeine Worte ſicherlich ihre Wirkung nicht verfehlen. London. Es ſoll hier im Plan ſeyn für eine franzöſiſche Geſellſchaft, welche eine neue Dampferlinie nach dem Orient ins Leben rufen will, 10 Schiffe von je 6000 Tonnengehalt zu bauen. Das erforderliche Capital von 2,500,000 Pf. St. würde, wie verlautet, von der franzöſiſchen Regierung eine fünfprocentige Zinſengarantie erhalten. Und die Schiffe, ſo ließe ſich hinzufügen, würden ſpäter einmal der franzöſiſchen Regierung als Transportdampfer vielleicht ſehr gelegen kommen. Was eine franzöſiſche Geſellſchaft erkleckliches von einem derartigen Unternehmen er- warten kann, und welches die Stationen der neuen Linie ſeyn ſollen, iſt nicht be- kannt. Eben ſo wenig läßt ſich heute ſchon beſtimmen ob das Capital hier ſo leicht zuſammengebracht werden könne. Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges. Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 157, 5. Juni 1860, S. 2625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine157_1860/13>, abgerufen am 21.11.2024.