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Allgemeine Zeitung, Nr. 159, 7. Juni 1860.

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Man liest in der Patrie: Die Nachricht der Kampf in Palermo habe
von neuem begonnen, hat sich glücklicherweise nicht bestätigt; wir erfahren
auf sicherm Weg daß der Kampf nicht erneuert wurde. Beim Abgang der
letzten Rachrichten war die Capitulation zwar noch nicht unterzeichnet, aber
der Waffenstillstand war bis zum 12 Jun. verlängert worden. Man hoffte
durch Vermittlung der Commandanten der fremden Schiffe zu einer für beide
Parteien ehrenvollen Lösung zu gelangen. Am 2 Juni waren in Palermo
Aerzte und barmherzige Schwestern der Gesellschaft des St. Vincenz von
Paula angekommen um die Verwundeten zu pflegen.

Der Siecle sagt in seinem Courier: die Aufregung in Preußen scheine
sich zu legen, anders in Hannover. Er erwähnt dann das Verlangen des
Hrn. v. Bennigsen nach einer Coalition, und sagt am Schluß: da niemand
den deutschen Bund bedroht, so tragen diese Aufreizungen einen offensiven
Charakter der nur lächerlich ist.

Der Monde setzt auseinander daß der Prinz-Regent in Saarbrücken
die bekannte Aeußerung zwar nicht gethan, sondern der Redner der Bürger-
schaft, daß aber der Prinz-Regent diese Anrede entschieden gebilligt habe. Die
Patrie habe, solange dem Prinz-Regenten noch jene Aeußerung untergeschoben
wurde, von europäischem Scandal gesprochen, ob denn der Sachverhalt nach
jener Berichtigung sich wesentlich geändert habe?


Der Kaiser und die Kaiserin werden, wie der Mo-
niteur
meldet, einige Wochen in Fontainebleau zubringen. Die Nachricht vom
Wiederbeginn des Bombardements von Palermo ist unrichtig. (T. Schw. M.)


Honkong, 25 April. Das Ultimatum an
die chinesische Regierung ist nicht absolut verworfen worden. Die Bevoll-
mächtigten hatten ein zweites modisicirtes Ultimatum zurückgesandt; sie er-
warteten die Antwort. (Pariser Bl.)


Berichte aus Neapel vom 2 d. melden daß nach
Briefen des vor Palermo liegenden französischen Geschwaders der Waffenstill-
stand bis zum 5 Jun. danern sollte. Die Wuth des Volks während des
Kampfes war unbeschreiblich. Die Einwohner schleuderten ihre kostbarsten
Möbel auf die Truppen. Aus Rom vom 2 Jun. wird gemeldet: Der nea-
politanische Gesandte in Rom sey vom König nach Neapel berufen worden.
Man glaubt, er sey bestimmt ins Ministerium einzutreten. Seit dem Siege
Garibaldt's befürchtet man eine Demonstration in Rom. Starke französische
Patrouillen durchziehen die Stadt. (T. H.)


Officiell. Am 1 d. haben 4000 Insurgenten mit
Geschützen Catania angegriffen, wurden aber tapfer unter Befehl des Gene-
rals Clary vom fünften Jägerbataillon, den Lanciers und der Artillerie zu-
rückgeworfen, welche an verschiedenen Punkten kämpften, und nach achtstündi-
gem Feuern drei Kanonen und zwei Fahnen genommen haben. Die Stadt
ist im Belagerungszustand. Die Colonne des Marschalls Afan di Riviera,
welche herbeikam, hat an dem Gefecht nicht Theil genommen. (Oest. Bl.)


Der Waffenstillstand in Palermo ist auf unbestimmte
Zeit verlängert. General Letizia ist in Neapel angekommen als Ueberbrin-
ger einer neuen Capitulation. Er macht die Regierung aufmerksam daß die
Soldaten verweigern werden sich zu schlagen. Desertionen begannen häufig
zu werden. Der Enthusiasmus für Garibaldi gewinnt Boden im Heer. In
Sicilien predigt der Klerus offen den Kreuzzug gegen die Regierumg. (T.
Schw. M.)

Man schreibt dem Constitutionnel aus Turin, 2 Jun.: "Die
Schwierigkeiten bezüglich der Gränzfeststellung welche sich der Ausführung des
Vertrags vom 24 März entgegenstellten, werden nun definitiv beseitigt. Wie
man versichert gab die piemontesische Regierung ihrem Commissär unbe-
schränkte Vollmacht zur Schlichtung dieser Angelegenheit. Hiedurch wäre
abermals eine Schwierigkeit, und zwar nicht die geringste, beseitigt. Es ist
zu hoffen daß es die letzte ist, denn der angeblich von der piemontesischen Re-
gierung erhobenen Prätention ihre Ehren-Souveränitätsrechte über das Für-
stenthum Monaco aufrecht zu erhalten, kann man keinerlei Wichtigkeit bei-
legen. Uebrigens scheint es ganz und gar unmöglich daß sich in diesem Au-
genblick auch nur die geringste Uneinigkeit zwischen Frankreich und Piemont
erheben könne. Nie zeigte unsere Regierung innigern Wunsch einen Weg
zu gehen mit der kaiserlichen Politik, und ich glaube nicht daß Hr. v. Cavour
von dieser Bahn abwich, indem er gestern dem sardinischen Minister am
neapolitanischen Hof die Weisung ertheilte sofort gegen jede militärische In-
tervention irgendeiner auswärtigen Macht in den italienischen Angelegenheiten
zu protestiren, und indem er überdieß Hrn. v. Billamarina vorschrieb sich nach
diesem Protest von jeder Handlung fern zu halten welche einen Druck auf die
Borgänge in Neapel ausüben könnte. Dieses kluge und energische Benehmen
wird sicherlich in London und in Paris gebilligt werden."


Die in Ferrara angeblich wegen Unterstützung
der Truppendesertionen verhafteten Mönche sind für unschuldig erkannt wor-
den. (Oest. Bl.)


Die "Perseveranza," welche neuerdings Details
über die Einnahme von Palermo bringt, meldet daß General Salzano gefan-
gen wurde. (Oest. Bl.)


Briefe vom 24 Mai von da sprechen von zahlreichen Mord-
anfällen und fortwährenden Herausforderungen zwischen den Drusen und
den Christen. In Alexandria gieng am 30 Mai das Gerücht, der Bürger-
krieg sey im Libanon ausgebrochen, und der Pascha von Beyrut vermöge der
Anarchie nicht Einhalt zu thun. (C. H.)

Handels- und Börsennachrichten.

Württemb. 41/2proc. Oblig. b. R. 1041/2 G.;
31/2proc. 95 7/8 G.; bad. 41/2proc. Obl. 103 P.; 4proc. 1001/4 P.; 31/2proc. von 1842
931/2 P.; 41/2proc. Pf. Max.-E.-A. b. R. 951/4 G.; Rhein-Rahe-B. 431/2 P.; bad.
50fl.-L. 88 1/8 P.; 35fl.-L. 523/4 P.; durh. 40Thlr.-L. b. R. 421/2 G.; gr. heff-
50fl.-L. b. R. 1221/4 P.; 25fl.-L. 331/2 G.; naff. 25fl.-L. b. R. 33 G.; Ansb.-Gunzenh.
7fl.-L. 9 5/8 P.; prenß. Friedrichsd'or fl. 9.561/2-571/2; holl. 10fl.-Stücke fl. 9.381/2-
391/2; Randducaten fl. 5.29-30; 20Fr.-St. fl. 9.181/2-191/2; engl. Sov. fl. 11.38-42

Das "Abendblatt zur N. Münch. Ztg." enthielt
durch drei Nummern hindurch jüngst einen längeren Aufsatz über die Wirkungen
der englischen Freihandelspolitik, dessen Data, entnommen einer unterm 18 Febr.
l. J. von dem englischen Handelsministerium (Board of Trade) veröffentlichten,
nur in sehr wenigen Exemplaren ins Ausland gelangten statistischen Erhebungen
für die Jahre 1842 bis 1858, von so großer Wichtigkeit sind daß ich glaubte ein
kurzer Auszug hieraus werde auch Ihren Lesern nicht unwillkommen seyn. Der
officielle Werth der Waareneinfuhr war nämlich innerhalb der sechzehnjährigen Pe-
riode von 1842 bis 1858 dort um das doppelte gestiegen; 1842 belief sich der-
selbe auf 65,200,000 Pf. St., 1858 aber auf 138,100,000 Pf. St.; noch be-
deutender war die Zunahme des Ausfuhrverthes, welcher von 47,300,000 auf
116,600,000 Pf. St. gestiegen war. Der Gesammttonnengehalt der in brittische
Häfen ein- und von da ausgelaufenen Schiffe war in gleicher Periode von 7,346,804
auf 18,759,961 Tonnen gestiegen. Trotz der namhaften Herabsetzung von Zöllen
und Accisen für gewisse Waaren hatte sich doch die Einnahme aus diesen Gefällen
von 33,542,791 auf 40,087,703 Pf. St. gehoben. Die Nationalschuld, die 1842
sich auf 791,250,440 Pf. St. belief, betrug 1853 nur 771,335,801 Pf. St.; in
Folge des Krieges mit Rußland war sie auf 808 Millionen Pf. St. angewachsen,
konnte aber schon 1858 wieder um 31/2 Mill. Pf. St. vermindert werden. Eben
so günstig war der Stand der Nationalfinanzen, indem der Ueberschuß der Ein-
nahmen in Friedenszeiten fast jährlich 2 bis 3 Mill. Pf. St. betrug, während 1842
die Ausgaben um fast 4 Mill. Pf. St. höher waren als die Einnahmen. Die in
der Bank von England hinterlegten Gelder betrugen 1842 nur 9,063,000 Pf. St.,
während dieselben Ende 1858 auf 20,490,000 Mill. Pf. St. sich belaufen haben.
Was man ihre Assets nennt, wuchs in derselben Zeit von 30,890,000 auf
45,083,000 Pf. Sterl. Das Capital der Sparcassen betrug 1842 im ganzen
25,319,336, 1858 aber 36,193,400 Pf. St.; während die im J. 1842 in Eng-
land gebauten Schiffe nur 129,929 Tonnengehalt hatten, worunter 13,716 Tonnen
Dampsschiffe, hatten die 1858 gebauten Schiffe 208,080 Tonnen, darunter 53,130
Tonnen Dampfer. Die Armensteuer betrug 1842 bis 1843 bei 16,194,000 Ein-
wohner für einen Kopf 6 Shill. 53/4 Pence, 1858 aber bei einer Bevölkerung von
19,578,000 Seelen doch nur für einen Kopf 5 Shill. 81/4 P.; in ersteren Jahren
waren 5,208,027, im letzteren bei vermehrter Bevölkerung aber 5,558,689 Pf. St.
zur Unterstützung der Armen verwendet worden. Während 1842 unter 100,000
Personen 193 Personen wegen schwerer Gesetzesverletzungen zur Aburtheilung ge-
kommen waren, trafen 1858 trotz gewachsener Bevölkerung auf gleiche Zahl doch
nur 91 Personen, immerhin noch eine höchst erfreuliche Erscheinung, auch wenn
man einen Theil dieser Abnahme der veränderten Gesetzgebung zuzuschreiben hat.
Auf den englischen Märkten war 1842 an einheimischem Weizen 4,091,235 Quar-
ters verkauft worden, 1858 aber 5,203,948 Quarters. Der Werth der Ausfuhr
von englischen Seidenwaaren belief sich 1842 auf nur 590,189 Pf. St., war aber
bis 1858 auf 2,096,300 Pf. St. gestiegen; in den Jahren 1856 und 1857 hatte
sich die Ansfuhr fogar auf 2,900,000 Pf. St. gehoben. Im J. 1842 war die auslän-
dische Wolle bei der Ausfuhr in England noch mit einem Zoll von 1/2 P. bis 1 P. für
1 Pfund belegt, während die Wolle aus den englischen Colonien zollfrei eingeführt
werden konnte; 1844 wurde der Schutzzoll ganz beseitigt. Was zeigte sich nun? 1842
wurden nach England aus seinen Colonien 18,486,719 Pfd., aus dem Auslande
27,394,920, zusammen 45,881,639 Pfd. eingefübrt, 1858 aber kamen nach Eng-
land von ausländischer Wolle 41,527,642, aus den Colonien 85,211,099, d. h.
zusammen 126,738,723 Pfund Wolle. In der Periode 1842 bis 1858 stieg die
Ausfuhr von englischen Wollwaren von 5,185,045 auf 9,776,944 Pf. St. Der
Verbrauch von Zucker stieg von 193,423 auf 424,523 Tonnen. Wir geben hier
einfach die Zahlen; sie sprechen von selbst so verständlich daß ein weiterer Commen-
tar hierzu überflüssig erscheint. Die Aufhebung der Schutzzölle hat die Waaren
nicht vertheuert und auch die einheimischen Fabriken nicht ruinirt, wie von gewisser
Seite war vorher verkündet worden, vielmehr stieg ihre Production und überflügelte
sogar die frühere stärkere Einfuhr vom Auslande (wie dieß z. B. auch beim Zucker
der Fall war), der Handel, die Schissfahrt wuchs, die Armuth nahm ab, das Ein-
kommen und die Gesittung des Volkes hoben sich. Wer möchte bei diesen neuen Be-
weisen, die noch vielseitig vermehrt werden könnten, läugnen daß Verkehr und In-
dustrie nur in einer naturgemäßen Freiheit zur Blüthe kommen können, jede staat-
liche Einmischung auf diesen naturgesetzlichen Gang nur störende Wirkungen hinter
sich ließ!


3proc. 69.95; 41/2proc. 96; landw. Creditbunk 885; Credit
mobilier 667.50; piem. 5proc. 84; röm. 82; span. äußere 48; innere Schuld
46 5/8 ; innere 3proc. 471/4; Zaragoza 523.75; Röm. 330; schweiz. Westbahn
232.50; Centralbahn 420; Orleans 1332.50; Nord 980; Ost 598.75; Dauphine
596.25; Paris-Lyon-Mittelmeer 875; Süd 515; West 571.25; Grand-Central
303.75; Lyon-Geuf 405; österr. Gesellschaft 513.75; Victor-Emmanuel 412.50;
gr. ruff. Comp. 460.


Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges.
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

Man liest in der Patrie: Die Nachricht der Kampf in Palermo habe
von neuem begonnen, hat ſich glücklicherweiſe nicht beſtätigt; wir erfahren
auf ſicherm Weg daß der Kampf nicht erneuert wurde. Beim Abgang der
letzten Rachrichten war die Capitulation zwar noch nicht unterzeichnet, aber
der Waffenſtillſtand war bis zum 12 Jun. verlängert worden. Man hoffte
durch Vermittlung der Commandanten der fremden Schiffe zu einer für beide
Parteien ehrenvollen Löſung zu gelangen. Am 2 Juni waren in Palermo
Aerzte und barmherzige Schweſtern der Geſellſchaft des St. Vincenz von
Paula angekommen um die Verwundeten zu pflegen.

Der Siècle ſagt in ſeinem Courier: die Aufregung in Preußen ſcheine
ſich zu legen, anders in Hannover. Er erwähnt dann das Verlangen des
Hrn. v. Bennigſen nach einer Coalition, und ſagt am Schluß: da niemand
den deutſchen Bund bedroht, ſo tragen dieſe Aufreizungen einen offenſiven
Charakter der nur lächerlich iſt.

Der Monde ſetzt auseinander daß der Prinz-Regent in Saarbrücken
die bekannte Aeußerung zwar nicht gethan, ſondern der Redner der Bürger-
ſchaft, daß aber der Prinz-Regent dieſe Anrede entſchieden gebilligt habe. Die
Patrie habe, ſolange dem Prinz-Regenten noch jene Aeußerung untergeſchoben
wurde, von europäiſchem Scandal geſprochen, ob denn der Sachverhalt nach
jener Berichtigung ſich weſentlich geändert habe?


Der Kaiſer und die Kaiſerin werden, wie der Mo-
niteur
meldet, einige Wochen in Fontainebleau zubringen. Die Nachricht vom
Wiederbeginn des Bombardements von Palermo iſt unrichtig. (T. Schw. M.)


Honkong, 25 April. Das Ultimatum an
die chineſiſche Regierung iſt nicht abſolut verworfen worden. Die Bevoll-
mächtigten hatten ein zweites modiſicirtes Ultimatum zurückgeſandt; ſie er-
warteten die Antwort. (Pariſer Bl.)


Berichte aus Neapel vom 2 d. melden daß nach
Briefen des vor Palermo liegenden franzöſiſchen Geſchwaders der Waffenſtill-
ſtand bis zum 5 Jun. danern ſollte. Die Wuth des Volks während des
Kampfes war unbeſchreiblich. Die Einwohner ſchleuderten ihre koſtbarſten
Möbel auf die Truppen. Aus Rom vom 2 Jun. wird gemeldet: Der nea-
politaniſche Geſandte in Rom ſey vom König nach Neapel berufen worden.
Man glaubt, er ſey beſtimmt ins Miniſterium einzutreten. Seit dem Siege
Garibaldt’s befürchtet man eine Demonſtration in Rom. Starke franzöſiſche
Patrouillen durchziehen die Stadt. (T. H.)


Officiell. Am 1 d. haben 4000 Inſurgenten mit
Geſchützen Catania angegriffen, wurden aber tapfer unter Befehl des Gene-
rals Clary vom fünften Jägerbataillon, den Lanciers und der Artillerie zu-
rückgeworfen, welche an verſchiedenen Punkten kämpften, und nach achtſtündi-
gem Feuern drei Kanonen und zwei Fahnen genommen haben. Die Stadt
iſt im Belagerungszuſtand. Die Colonne des Marſchalls Afan di Riviera,
welche herbeikam, hat an dem Gefecht nicht Theil genommen. (Oeſt. Bl.)


Der Waffenſtillſtand in Palermo iſt auf unbeſtimmte
Zeit verlängert. General Letizia iſt in Neapel angekommen als Ueberbrin-
ger einer neuen Capitulation. Er macht die Regierung aufmerkſam daß die
Soldaten verweigern werden ſich zu ſchlagen. Deſertionen begannen häufig
zu werden. Der Enthuſiasmus für Garibaldi gewinnt Boden im Heer. In
Sicilien predigt der Klerus offen den Kreuzzug gegen die Regierumg. (T.
Schw. M.)

Man ſchreibt dem Conſtitutionnel aus Turin, 2 Jun.: „Die
Schwierigkeiten bezüglich der Gränzfeſtſtellung welche ſich der Ausführung des
Vertrags vom 24 März entgegenſtellten, werden nun definitiv beſeitigt. Wie
man verſichert gab die piemonteſiſche Regierung ihrem Commiſſär unbe-
ſchränkte Vollmacht zur Schlichtung dieſer Angelegenheit. Hiedurch wäre
abermals eine Schwierigkeit, und zwar nicht die geringſte, beſeitigt. Es iſt
zu hoffen daß es die letzte iſt, denn der angeblich von der piemonteſiſchen Re-
gierung erhobenen Prätention ihre Ehren-Souveränitätsrechte über das Für-
ſtenthum Monaco aufrecht zu erhalten, kann man keinerlei Wichtigkeit bei-
legen. Uebrigens ſcheint es ganz und gar unmöglich daß ſich in dieſem Au-
genblick auch nur die geringſte Uneinigkeit zwiſchen Frankreich und Piemont
erheben könne. Nie zeigte unſere Regierung innigern Wunſch einen Weg
zu gehen mit der kaiſerlichen Politik, und ich glaube nicht daß Hr. v. Cavour
von dieſer Bahn abwich, indem er geſtern dem ſardiniſchen Miniſter am
neapolitaniſchen Hof die Weiſung ertheilte ſofort gegen jede militäriſche In-
tervention irgendeiner auswärtigen Macht in den italieniſchen Angelegenheiten
zu proteſtiren, und indem er überdieß Hrn. v. Billamarina vorſchrieb ſich nach
dieſem Proteſt von jeder Handlung fern zu halten welche einen Druck auf die
Borgänge in Neapel ausüben könnte. Dieſes kluge und energiſche Benehmen
wird ſicherlich in London und in Paris gebilligt werden.“


Die in Ferrara angeblich wegen Unterſtützung
der Truppendeſertionen verhafteten Mönche ſind für unſchuldig erkannt wor-
den. (Oeſt. Bl.)


Die „Perſeveranza,“ welche neuerdings Details
über die Einnahme von Palermo bringt, meldet daß General Salzano gefan-
gen wurde. (Oeſt. Bl.)


Briefe vom 24 Mai von da ſprechen von zahlreichen Mord-
anfällen und fortwährenden Herausforderungen zwiſchen den Druſen und
den Chriſten. In Alexandria gieng am 30 Mai das Gerücht, der Bürger-
krieg ſey im Libanon ausgebrochen, und der Paſcha von Beyrut vermöge der
Anarchie nicht Einhalt zu thun. (C. H.)

Handels- und Börſennachrichten.

Württemb. 4½proc. Oblig. b. R. 104½ G.;
3½proc. 95⅞ G.; bad. 4½proc. Obl. 103 P.; 4proc. 100¼ P.; 3½proc. von 1842
93½ P.; 4½proc. Pf. Max.-E.-A. b. R. 95¼ G.; Rhein-Rahe-B. 43½ P.; bad.
50fl.-L. 88⅛ P.; 35fl.-L. 52¾ P.; durh. 40Thlr.-L. b. R. 42½ G.; gr. heff-
50fl.-L. b. R. 122¼ P.; 25fl.-L. 33½ G.; naff. 25fl.-L. b. R. 33 G.; Ansb.-Gunzenh.
7fl.-L. 9⅝ P.; prenß. Friedrichsd’or fl. 9.56½-57½; holl. 10fl.-Stücke fl. 9.38½-
39½; Randducaten fl. 5.29-30; 20Fr.-St. fl. 9.18½-19½; engl. Sov. fl. 11.38-42

Das „Abendblatt zur N. Münch. Ztg.“ enthielt
durch drei Nummern hindurch jüngſt einen längeren Aufſatz über die Wirkungen
der engliſchen Freihandelspolitik, deſſen Data, entnommen einer unterm 18 Febr.
l. J. von dem engliſchen Handelsminiſterium (Board of Trade) veröffentlichten,
nur in ſehr wenigen Exemplaren ins Ausland gelangten ſtatiſtiſchen Erhebungen
für die Jahre 1842 bis 1858, von ſo großer Wichtigkeit ſind daß ich glaubte ein
kurzer Auszug hieraus werde auch Ihren Leſern nicht unwillkommen ſeyn. Der
officielle Werth der Waareneinfuhr war nämlich innerhalb der ſechzehnjährigen Pe-
riode von 1842 bis 1858 dort um das doppelte geſtiegen; 1842 belief ſich der-
ſelbe auf 65,200,000 Pf. St., 1858 aber auf 138,100,000 Pf. St.; noch be-
deutender war die Zunahme des Ausfuhrverthes, welcher von 47,300,000 auf
116,600,000 Pf. St. geſtiegen war. Der Geſammttonnengehalt der in brittiſche
Häfen ein- und von da ausgelaufenen Schiffe war in gleicher Periode von 7,346,804
auf 18,759,961 Tonnen geſtiegen. Trotz der namhaften Herabſetzung von Zöllen
und Acciſen für gewiſſe Waaren hatte ſich doch die Einnahme aus dieſen Gefällen
von 33,542,791 auf 40,087,703 Pf. St. gehoben. Die Nationalſchuld, die 1842
ſich auf 791,250,440 Pf. St. belief, betrug 1853 nur 771,335,801 Pf. St.; in
Folge des Krieges mit Rußland war ſie auf 808 Millionen Pf. St. angewachſen,
konnte aber ſchon 1858 wieder um 3½ Mill. Pf. St. vermindert werden. Eben
ſo günſtig war der Stand der Nationalfinanzen, indem der Ueberſchuß der Ein-
nahmen in Friedenszeiten faſt jährlich 2 bis 3 Mill. Pf. St. betrug, während 1842
die Ausgaben um faſt 4 Mill. Pf. St. höher waren als die Einnahmen. Die in
der Bank von England hinterlegten Gelder betrugen 1842 nur 9,063,000 Pf. St.,
während dieſelben Ende 1858 auf 20,490,000 Mill. Pf. St. ſich belaufen haben.
Was man ihre Assets nennt, wuchs in derſelben Zeit von 30,890,000 auf
45,083,000 Pf. Sterl. Das Capital der Sparcaſſen betrug 1842 im ganzen
25,319,336, 1858 aber 36,193,400 Pf. St.; während die im J. 1842 in Eng-
land gebauten Schiffe nur 129,929 Tonnengehalt hatten, worunter 13,716 Tonnen
Dampſſchiffe, hatten die 1858 gebauten Schiffe 208,080 Tonnen, darunter 53,130
Tonnen Dampfer. Die Armenſteuer betrug 1842 bis 1843 bei 16,194,000 Ein-
wohner für einen Kopf 6 Shill. 5¾ Pence, 1858 aber bei einer Bevölkerung von
19,578,000 Seelen doch nur für einen Kopf 5 Shill. 8¼ P.; in erſteren Jahren
waren 5,208,027, im letzteren bei vermehrter Bevölkerung aber 5,558,689 Pf. St.
zur Unterſtützung der Armen verwendet worden. Während 1842 unter 100,000
Perſonen 193 Perſonen wegen ſchwerer Geſetzesverletzungen zur Aburtheilung ge-
kommen waren, trafen 1858 trotz gewachſener Bevölkerung auf gleiche Zahl doch
nur 91 Perſonen, immerhin noch eine höchſt erfreuliche Erſcheinung, auch wenn
man einen Theil dieſer Abnahme der veränderten Geſetzgebung zuzuſchreiben hat.
Auf den engliſchen Märkten war 1842 an einheimiſchem Weizen 4,091,235 Quar-
ters verkauft worden, 1858 aber 5,203,948 Quarters. Der Werth der Ausfuhr
von engliſchen Seidenwaaren belief ſich 1842 auf nur 590,189 Pf. St., war aber
bis 1858 auf 2,096,300 Pf. St. geſtiegen; in den Jahren 1856 und 1857 hatte
ſich die Ansfuhr fogar auf 2,900,000 Pf. St. gehoben. Im J. 1842 war die auslän-
diſche Wolle bei der Ausfuhr in England noch mit einem Zoll von ½ P. bis 1 P. für
1 Pfund belegt, während die Wolle aus den engliſchen Colonien zollfrei eingeführt
werden konnte; 1844 wurde der Schutzzoll ganz beſeitigt. Was zeigte ſich nun? 1842
wurden nach England aus ſeinen Colonien 18,486,719 Pfd., aus dem Auslande
27,394,920, zuſammen 45,881,639 Pfd. eingefübrt, 1858 aber kamen nach Eng-
land von ausländiſcher Wolle 41,527,642, aus den Colonien 85,211,099, d. h.
zuſammen 126,738,723 Pfund Wolle. In der Periode 1842 bis 1858 ſtieg die
Ausfuhr von engliſchen Wollwaren von 5,185,045 auf 9,776,944 Pf. St. Der
Verbrauch von Zucker ſtieg von 193,423 auf 424,523 Tonnen. Wir geben hier
einfach die Zahlen; ſie ſprechen von ſelbſt ſo verſtändlich daß ein weiterer Commen-
tar hierzu überflüſſig erſcheint. Die Aufhebung der Schutzzölle hat die Waaren
nicht vertheuert und auch die einheimiſchen Fabriken nicht ruinirt, wie von gewiſſer
Seite war vorher verkündet worden, vielmehr ſtieg ihre Production und überflügelte
ſogar die frühere ſtärkere Einfuhr vom Auslande (wie dieß z. B. auch beim Zucker
der Fall war), der Handel, die Schiſſfahrt wuchs, die Armuth nahm ab, das Ein-
kommen und die Geſittung des Volkes hoben ſich. Wer möchte bei dieſen neuen Be-
weiſen, die noch vielſeitig vermehrt werden könnten, läugnen daß Verkehr und In-
duſtrie nur in einer naturgemäßen Freiheit zur Blüthe kommen können, jede ſtaat-
liche Einmiſchung auf dieſen naturgeſetzlichen Gang nur ſtörende Wirkungen hinter
ſich ließ!


3proc. 69.95; 4½proc. 96; landw. Creditbunk 885; Credit
mobilier 667.50; piem. 5proc. 84; röm. 82; ſpan. äußere 48; innere Schuld
46⅝; innere 3proc. 47¼; Zaragoza 523.75; Röm. 330; ſchweiz. Weſtbahn
232.50; Centralbahn 420; Orleans 1332.50; Nord 980; Oſt 598.75; Dauphine
596.25; Paris-Lyon-Mittelmeer 875; Süd 515; Weſt 571.25; Grand-Central
303.75; Lyon-Geuf 405; öſterr. Geſellſchaft 513.75; Victor-Emmanuel 412.50;
gr. ruff. Comp. 460.


Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges.
Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.
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[2657/0013] Man liest in der Patrie: Die Nachricht der Kampf in Palermo habe von neuem begonnen, hat ſich glücklicherweiſe nicht beſtätigt; wir erfahren auf ſicherm Weg daß der Kampf nicht erneuert wurde. Beim Abgang der letzten Rachrichten war die Capitulation zwar noch nicht unterzeichnet, aber der Waffenſtillſtand war bis zum 12 Jun. verlängert worden. Man hoffte durch Vermittlung der Commandanten der fremden Schiffe zu einer für beide Parteien ehrenvollen Löſung zu gelangen. Am 2 Juni waren in Palermo Aerzte und barmherzige Schweſtern der Geſellſchaft des St. Vincenz von Paula angekommen um die Verwundeten zu pflegen. Der Siècle ſagt in ſeinem Courier: die Aufregung in Preußen ſcheine ſich zu legen, anders in Hannover. Er erwähnt dann das Verlangen des Hrn. v. Bennigſen nach einer Coalition, und ſagt am Schluß: da niemand den deutſchen Bund bedroht, ſo tragen dieſe Aufreizungen einen offenſiven Charakter der nur lächerlich iſt. Der Monde ſetzt auseinander daß der Prinz-Regent in Saarbrücken die bekannte Aeußerung zwar nicht gethan, ſondern der Redner der Bürger- ſchaft, daß aber der Prinz-Regent dieſe Anrede entſchieden gebilligt habe. Die Patrie habe, ſolange dem Prinz-Regenten noch jene Aeußerung untergeſchoben wurde, von europäiſchem Scandal geſprochen, ob denn der Sachverhalt nach jener Berichtigung ſich weſentlich geändert habe? Paris, 6 Jun. Der Kaiſer und die Kaiſerin werden, wie der Mo- niteur meldet, einige Wochen in Fontainebleau zubringen. Die Nachricht vom Wiederbeginn des Bombardements von Palermo iſt unrichtig. (T. Schw. M.) Marſeille, 4 Jun. Honkong, 25 April. Das Ultimatum an die chineſiſche Regierung iſt nicht abſolut verworfen worden. Die Bevoll- mächtigten hatten ein zweites modiſicirtes Ultimatum zurückgeſandt; ſie er- warteten die Antwort. (Pariſer Bl.) Marſeille, 5 Jun. Berichte aus Neapel vom 2 d. melden daß nach Briefen des vor Palermo liegenden franzöſiſchen Geſchwaders der Waffenſtill- ſtand bis zum 5 Jun. danern ſollte. Die Wuth des Volks während des Kampfes war unbeſchreiblich. Die Einwohner ſchleuderten ihre koſtbarſten Möbel auf die Truppen. Aus Rom vom 2 Jun. wird gemeldet: Der nea- politaniſche Geſandte in Rom ſey vom König nach Neapel berufen worden. Man glaubt, er ſey beſtimmt ins Miniſterium einzutreten. Seit dem Siege Garibaldt’s befürchtet man eine Demonſtration in Rom. Starke franzöſiſche Patrouillen durchziehen die Stadt. (T. H.) Neapel, 3 Jun. Officiell. Am 1 d. haben 4000 Inſurgenten mit Geſchützen Catania angegriffen, wurden aber tapfer unter Befehl des Gene- rals Clary vom fünften Jägerbataillon, den Lanciers und der Artillerie zu- rückgeworfen, welche an verſchiedenen Punkten kämpften, und nach achtſtündi- gem Feuern drei Kanonen und zwei Fahnen genommen haben. Die Stadt iſt im Belagerungszuſtand. Die Colonne des Marſchalls Afan di Riviera, welche herbeikam, hat an dem Gefecht nicht Theil genommen. (Oeſt. Bl.) Turin, 5 Jun. Der Waffenſtillſtand in Palermo iſt auf unbeſtimmte Zeit verlängert. General Letizia iſt in Neapel angekommen als Ueberbrin- ger einer neuen Capitulation. Er macht die Regierung aufmerkſam daß die Soldaten verweigern werden ſich zu ſchlagen. Deſertionen begannen häufig zu werden. Der Enthuſiasmus für Garibaldi gewinnt Boden im Heer. In Sicilien predigt der Klerus offen den Kreuzzug gegen die Regierumg. (T. Schw. M.) Man ſchreibt dem Conſtitutionnel aus Turin, 2 Jun.: „Die Schwierigkeiten bezüglich der Gränzfeſtſtellung welche ſich der Ausführung des Vertrags vom 24 März entgegenſtellten, werden nun definitiv beſeitigt. Wie man verſichert gab die piemonteſiſche Regierung ihrem Commiſſär unbe- ſchränkte Vollmacht zur Schlichtung dieſer Angelegenheit. Hiedurch wäre abermals eine Schwierigkeit, und zwar nicht die geringſte, beſeitigt. Es iſt zu hoffen daß es die letzte iſt, denn der angeblich von der piemonteſiſchen Re- gierung erhobenen Prätention ihre Ehren-Souveränitätsrechte über das Für- ſtenthum Monaco aufrecht zu erhalten, kann man keinerlei Wichtigkeit bei- legen. Uebrigens ſcheint es ganz und gar unmöglich daß ſich in dieſem Au- genblick auch nur die geringſte Uneinigkeit zwiſchen Frankreich und Piemont erheben könne. Nie zeigte unſere Regierung innigern Wunſch einen Weg zu gehen mit der kaiſerlichen Politik, und ich glaube nicht daß Hr. v. Cavour von dieſer Bahn abwich, indem er geſtern dem ſardiniſchen Miniſter am neapolitaniſchen Hof die Weiſung ertheilte ſofort gegen jede militäriſche In- tervention irgendeiner auswärtigen Macht in den italieniſchen Angelegenheiten zu proteſtiren, und indem er überdieß Hrn. v. Billamarina vorſchrieb ſich nach dieſem Proteſt von jeder Handlung fern zu halten welche einen Druck auf die Borgänge in Neapel ausüben könnte. Dieſes kluge und energiſche Benehmen wird ſicherlich in London und in Paris gebilligt werden.“ Bologna, 1 Jun. Die in Ferrara angeblich wegen Unterſtützung der Truppendeſertionen verhafteten Mönche ſind für unſchuldig erkannt wor- den. (Oeſt. Bl.) Mailand, 3 Jun. Die „Perſeveranza,“ welche neuerdings Details über die Einnahme von Palermo bringt, meldet daß General Salzano gefan- gen wurde. (Oeſt. Bl.) Beyrut. Briefe vom 24 Mai von da ſprechen von zahlreichen Mord- anfällen und fortwährenden Herausforderungen zwiſchen den Druſen und den Chriſten. In Alexandria gieng am 30 Mai das Gerücht, der Bürger- krieg ſey im Libanon ausgebrochen, und der Paſcha von Beyrut vermöge der Anarchie nicht Einhalt zu thun. (C. H.) Handels- und Börſennachrichten. Frankfurt a. M., 5 Jun. Württemb. 4½proc. Oblig. b. R. 104½ G.; 3½proc. 95⅞ G.; bad. 4½proc. Obl. 103 P.; 4proc. 100¼ P.; 3½proc. von 1842 93½ P.; 4½proc. Pf. Max.-E.-A. b. R. 95¼ G.; Rhein-Rahe-B. 43½ P.; bad. 50fl.-L. 88⅛ P.; 35fl.-L. 52¾ P.; durh. 40Thlr.-L. b. R. 42½ G.; gr. heff- 50fl.-L. b. R. 122¼ P.; 25fl.-L. 33½ G.; naff. 25fl.-L. b. R. 33 G.; Ansb.-Gunzenh. 7fl.-L. 9⅝ P.; prenß. Friedrichsd’or fl. 9.56½-57½; holl. 10fl.-Stücke fl. 9.38½- 39½; Randducaten fl. 5.29-30; 20Fr.-St. fl. 9.18½-19½; engl. Sov. fl. 11.38-42 .ff. München, 2 Jun. Das „Abendblatt zur N. Münch. Ztg.“ enthielt durch drei Nummern hindurch jüngſt einen längeren Aufſatz über die Wirkungen der engliſchen Freihandelspolitik, deſſen Data, entnommen einer unterm 18 Febr. l. J. von dem engliſchen Handelsminiſterium (Board of Trade) veröffentlichten, nur in ſehr wenigen Exemplaren ins Ausland gelangten ſtatiſtiſchen Erhebungen für die Jahre 1842 bis 1858, von ſo großer Wichtigkeit ſind daß ich glaubte ein kurzer Auszug hieraus werde auch Ihren Leſern nicht unwillkommen ſeyn. Der officielle Werth der Waareneinfuhr war nämlich innerhalb der ſechzehnjährigen Pe- riode von 1842 bis 1858 dort um das doppelte geſtiegen; 1842 belief ſich der- ſelbe auf 65,200,000 Pf. St., 1858 aber auf 138,100,000 Pf. St.; noch be- deutender war die Zunahme des Ausfuhrverthes, welcher von 47,300,000 auf 116,600,000 Pf. St. geſtiegen war. Der Geſammttonnengehalt der in brittiſche Häfen ein- und von da ausgelaufenen Schiffe war in gleicher Periode von 7,346,804 auf 18,759,961 Tonnen geſtiegen. Trotz der namhaften Herabſetzung von Zöllen und Acciſen für gewiſſe Waaren hatte ſich doch die Einnahme aus dieſen Gefällen von 33,542,791 auf 40,087,703 Pf. St. gehoben. Die Nationalſchuld, die 1842 ſich auf 791,250,440 Pf. St. belief, betrug 1853 nur 771,335,801 Pf. St.; in Folge des Krieges mit Rußland war ſie auf 808 Millionen Pf. St. angewachſen, konnte aber ſchon 1858 wieder um 3½ Mill. Pf. St. vermindert werden. Eben ſo günſtig war der Stand der Nationalfinanzen, indem der Ueberſchuß der Ein- nahmen in Friedenszeiten faſt jährlich 2 bis 3 Mill. Pf. St. betrug, während 1842 die Ausgaben um faſt 4 Mill. Pf. St. höher waren als die Einnahmen. Die in der Bank von England hinterlegten Gelder betrugen 1842 nur 9,063,000 Pf. St., während dieſelben Ende 1858 auf 20,490,000 Mill. Pf. St. ſich belaufen haben. Was man ihre Assets nennt, wuchs in derſelben Zeit von 30,890,000 auf 45,083,000 Pf. Sterl. Das Capital der Sparcaſſen betrug 1842 im ganzen 25,319,336, 1858 aber 36,193,400 Pf. St.; während die im J. 1842 in Eng- land gebauten Schiffe nur 129,929 Tonnengehalt hatten, worunter 13,716 Tonnen Dampſſchiffe, hatten die 1858 gebauten Schiffe 208,080 Tonnen, darunter 53,130 Tonnen Dampfer. Die Armenſteuer betrug 1842 bis 1843 bei 16,194,000 Ein- wohner für einen Kopf 6 Shill. 5¾ Pence, 1858 aber bei einer Bevölkerung von 19,578,000 Seelen doch nur für einen Kopf 5 Shill. 8¼ P.; in erſteren Jahren waren 5,208,027, im letzteren bei vermehrter Bevölkerung aber 5,558,689 Pf. St. zur Unterſtützung der Armen verwendet worden. Während 1842 unter 100,000 Perſonen 193 Perſonen wegen ſchwerer Geſetzesverletzungen zur Aburtheilung ge- kommen waren, trafen 1858 trotz gewachſener Bevölkerung auf gleiche Zahl doch nur 91 Perſonen, immerhin noch eine höchſt erfreuliche Erſcheinung, auch wenn man einen Theil dieſer Abnahme der veränderten Geſetzgebung zuzuſchreiben hat. Auf den engliſchen Märkten war 1842 an einheimiſchem Weizen 4,091,235 Quar- ters verkauft worden, 1858 aber 5,203,948 Quarters. Der Werth der Ausfuhr von engliſchen Seidenwaaren belief ſich 1842 auf nur 590,189 Pf. St., war aber bis 1858 auf 2,096,300 Pf. St. geſtiegen; in den Jahren 1856 und 1857 hatte ſich die Ansfuhr fogar auf 2,900,000 Pf. St. gehoben. Im J. 1842 war die auslän- diſche Wolle bei der Ausfuhr in England noch mit einem Zoll von ½ P. bis 1 P. für 1 Pfund belegt, während die Wolle aus den engliſchen Colonien zollfrei eingeführt werden konnte; 1844 wurde der Schutzzoll ganz beſeitigt. Was zeigte ſich nun? 1842 wurden nach England aus ſeinen Colonien 18,486,719 Pfd., aus dem Auslande 27,394,920, zuſammen 45,881,639 Pfd. eingefübrt, 1858 aber kamen nach Eng- land von ausländiſcher Wolle 41,527,642, aus den Colonien 85,211,099, d. h. zuſammen 126,738,723 Pfund Wolle. In der Periode 1842 bis 1858 ſtieg die Ausfuhr von engliſchen Wollwaren von 5,185,045 auf 9,776,944 Pf. St. Der Verbrauch von Zucker ſtieg von 193,423 auf 424,523 Tonnen. Wir geben hier einfach die Zahlen; ſie ſprechen von ſelbſt ſo verſtändlich daß ein weiterer Commen- tar hierzu überflüſſig erſcheint. Die Aufhebung der Schutzzölle hat die Waaren nicht vertheuert und auch die einheimiſchen Fabriken nicht ruinirt, wie von gewiſſer Seite war vorher verkündet worden, vielmehr ſtieg ihre Production und überflügelte ſogar die frühere ſtärkere Einfuhr vom Auslande (wie dieß z. B. auch beim Zucker der Fall war), der Handel, die Schiſſfahrt wuchs, die Armuth nahm ab, das Ein- kommen und die Geſittung des Volkes hoben ſich. Wer möchte bei dieſen neuen Be- weiſen, die noch vielſeitig vermehrt werden könnten, läugnen daß Verkehr und In- duſtrie nur in einer naturgemäßen Freiheit zur Blüthe kommen können, jede ſtaat- liche Einmiſchung auf dieſen naturgeſetzlichen Gang nur ſtörende Wirkungen hinter ſich ließ! Paris, 5 Jun. 3proc. 69.95; 4½proc. 96; landw. Creditbunk 885; Credit mobilier 667.50; piem. 5proc. 84; röm. 82; ſpan. äußere 48; innere Schuld 46⅝; innere 3proc. 47¼; Zaragoza 523.75; Röm. 330; ſchweiz. Weſtbahn 232.50; Centralbahn 420; Orleans 1332.50; Nord 980; Oſt 598.75; Dauphine 596.25; Paris-Lyon-Mittelmeer 875; Süd 515; Weſt 571.25; Grand-Central 303.75; Lyon-Geuf 405; öſterr. Geſellſchaft 513.75; Victor-Emmanuel 412.50; gr. ruff. Comp. 460. Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges. Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 159, 7. Juni 1860, S. 2657. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine159_1860/13>, abgerufen am 21.11.2024.