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Allgemeine Zeitung, Nr. 15, 16. Januar 1924.

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Mittwoch, den 16. Januar 1924. Allgemeine Zeitung Nr. 15
[Spaltenumbruch]
Aenderungen im diplomattschen Dienst

Im Zusammenhang mit
der Neubesetzung des Botschafterpostens
in Paris werden einige Aenderungen
im diplomatischen Dienst
geplant.
Für den Brüsseler Gesandtenposten
wird der bisherige Gesandte in Belgrad,
Keller, in Aussicht genommen. Gleich-
zeitig dürfte die Besetzung des deutschen
Botschafterpostens in London akut wer-
den, da der jetzige Botschafter Senator
Sthamer unter das Ueberalterungs-
gesetz fällt. Für den Londoner Posten ist
ein Diplomat in Aussicht genommen, der
bisher die Interessen der rheinischen Be-
völkerung im besetzten Gebiet vertreten
hat, und zwar Fürst von Hatzfeld.
Schließlich soll der deutsche Vertreterposten
in Mexiko durch den Reorganisator des
Auswärtigen Amtes, Ministerialdirektor
Schueler besetzt werden.

Minderung der Arbeitslosigkeit

Die Beruhigung
der Währung
hat bereits einen kleinen
Rückgang der Arbeitslosigkeit herbei-
geführt. Während die Zahl der Arbeits-
losen und Kurzarbeiter im November noch
78 Prozent aller Mitglieder der Gewerk-
schaften betrug, sinkt diese Zahl im De-
zember auf 50 Prozent herab. Die Zahl
der Vollarbeiter stieg
gegenüber
dem Vormonat auf mehr als das
Doppelte
.

Die neue sächsische Regierung

In der Sitzung des sächsi-
schen Landtages stellte der neue Ministerpräsident
Heldt dem Hause das neue Kabinett vor,
das sich, wie folgt, zusammensetzt: Müller (Soz.)
Inneres, Kaiser (Deutsche Volkspartei) Volksbil-
dung, Bürger (D. V.) Justiz, Reinhold (Dem.)
Finanzen, Elsner (Soz.) Arbeit. Bis zu der noch
ausstehenden Ernennung des Wirtschaftsministers
werde der Ministerpräsident selbst dieses Porte-
feuille übernehmen.

Sämtliche Minister hätten den Eid auf die
Reichs- und Staatsverfassung geleistet. Die Re-
gierung sei das erste Kabinett der Mitte, das für
Sachsen gebildet wurde, aber es sei in Verkennung
der tatsächlichen Verhältnisse bereits von verschie-
densten Seiten angegriffen worden. Die aus der
zwangsläufigen Entwicklung gebildete Regierung
werde das Ihrige dazu beitragen, daß die so be-
gründete Arbeitsgemeinschaft länger zusammen-
gehalten werde, als die Regierungen der letzten
Zeit.

Die Beschwerden gegen Thüringen

Ueber das Ergebnis der
Beratungen der Reichsregierung und der thürin-
gischen Regierung wird amtlich folgendes mitge-
teilt:

Die zahlreichen Beschwerden, die bei der Reichs-
regierung über die thüringische Landesregierung
aus dem Lande Thüringen eingegangen sind, so-
wie das immer dringlicher von dort gestellte
Verlangen nach Einsetzung eines
Reichskommissars
haben die Reichsregie-
rung veranlaßt, auf Grund des Artikels 15 der
Reichsverfassung Beauftragte zu den thü-
ringischen Landeszentralbehörden zu entsenden.
Die Berichte der Beauftragten sind in eingehen-
den Verhandlungen mit den thüringischen Mini-
stern erörtert worden. Die thüringische Lan-
desregierung entspricht
in ihrer gegen-
wärtigen Zusammensetzung objektiv nicht den
Vorschriften der thüringischen Lan-
desverfassung
. Die gegen die thüringische
Landesregierung erhobenen Beschwerden
[Spaltenumbruch] haben sich auch nach der eingehenden Aussprache
mit den Vertretern der Landesregierung zu einem
erheblichen Teil als begründet erwiesen.
Namentlich gibt die Beamtenpolitik der
thüringischen Landesregierung der Reichsregie-
rung zu schweren Bedenken Anlaß, weil
die Grundsätze des Artikels 130 der Reichsregie-
rung vielfach außer Acht gelassen worden sind.

Die thüringische Landesregierung nimmt von
diesen Erklärungen Kenntnis und erklärt dazu
folgendes:

Die thüringische Landesregierung
bestreitet
nach wie vor, daß die gegen sie er-
hobenen Vorwürfe begründet sind und daß An-
laß vorliege, mit Maßnahmen auf Grund des Ar-
tikels 48 der Reichsverfassung gegen sie vorzu-
gehen. Die Landesregierung ist verfassungs-
mäßig, obwohl sie in der Zahl ihrer Mitglieder
der Landesverfassung zurzeit nicht ganz genügt.
Es ist aber vor der Neuwahl des Landtags nicht
möglich, eine Ergänzungswahl vorzunehmen, oder
eine Vertrauenskundgebung der jetzigen Regie-
rung durch den Landtag herbeizuführen. Die
Tätigkeit der Landesregierung hat die breite Oef-
fentlichkeit nicht zu scheuen. Die Landesregierung
hat deshalb folgende Maßnahmen be-
schlossen:
1. Die thüringische Landesregierung wird An-
stellungen,
Beförderungen, Entlassungen
(Versetzungen in den Wartestand oder Ruhestand),
die Versetzungen von Beamten, einschließlich der
Hochschullehrer und Lehrer bis zur Neubildung
der Landesregierung nur mit Zustimmung
eines Ausschusses
von fünf Mitgliedern
vornehmen und die nach dem thüringischen Not-
gesetz über die Herabminderung der Personal-
ausgaben vom 28. Dezember 1923 im Staats-
ministerium oder einem einzelnen Ministerium
zustehenden Befugnisse nur mit Zustimmung die-
ses Ausschusses ausüben. Vorsitzender des Aus-
schusses ist der Präsident des Oberlandesgerichts
in Jena. Von den übrigen Mitgliedern des Aus-
schusses werden zwei von den vereinigten bürger-
lichen Parteien, zwei von der Vereinigten Sozial-
demokratischen Partei des Landes Thüringen be-
nannt. Kommt der Ausschuß in dieser Zusam-
mensetzung nicht zustande, so werden zwei Mit-
glieder von der Reichsregierung, zwei von der
thüringischen Regierung ernannt. Der Ausschuß
faßt seine Beschlüsse mit Stimmenmehrheit.
2. Das thüringische Finanzministerium
wird beauftragt, mit Beschleunigung für die Zeit
vom 16. Januar bis 31. März 1924 den Be-
darfsnachweis
aufzustellen und den ordent-
lichen und außerordentlichen Bedarf aller Mini-
sterien auf eine festbegrenzte Summe abzu-
grenzen. Es wird Sorge getragen, daß der Zu-
griff der Behörden auf die öffentlichen Kassen auf
die Höhe eines für die Dauer von 14 Tagen vor-
auszuberechnenden Bedarfs begrenzt wird. Das
thüringische Staatsministerium wird dem Finanz-
minister erweiterte Vollmachten über-
tragen. Gegen den Einspruch des Finanzministers
oder seines Beauftragten dürfen Ausgaben nicht
geleistet und finanzielle Verpflichtungen nicht
übernommen werden.
Das thüringische Staatsministerium wird der
Reichsregierung über die in Ausführung dieser
Beschlüsse getroffenen Maßnahmen Mitteilung
zugehen lassen und ihr den aufgestellten Bedarfs-
nachweis zur Kenntnisnahme vorlegen.
Die Reichsregierung nimmt von den
Erklärungen der thüringischen Landesregierung
Kenntnis und sieht davon ab, dem Herrn
Reichspräsidenten Maßnahmen auf Grund
des Artikels 48 der Reichsverfassung vorzu-
schlagen.

Die thüringische Landesregierung gibt der Er-
wartung Ausdruck, daß der Militärbefehls-
haber in Weimar
durch Vermittlung der
Reichsregierung veranlaßt werde, in den im Zu-
sammenwirken der Landesregierung und des
Ausschusses unter Nummer 1 vorbehaltenen Auf-
gabenkreis nicht einzugreifen.

Die Reichstagswahlen werden voraussichtlich erst
im Monat Mai stattfinden.

[Spaltenumbruch]
Zur Lage in Bayern

Auf den Beschluß des Verfassungsaus-
schusses hin, wonach die Zahl der
künftig zu wählenden Abge-
ordneten
voraussichtlich auf 114 fest-
gesetzt werden wird, hat das Staatsmini-
sterium des Innern dem Landtag einen
neuen Entwurf einer Stimmkreis-
einteilung
vorgelegt. Die durch-
schnittliche Einwohnerzahl der neuen
Stimmkreise beträgt 60--65 000. Diese
Ziffer konnte nur erreicht werden durch
Zerreißung einer Reihe von Amtsgerichts-
bezirken, was die erste Regierungsvorlage
zu vermeiden suchte.

Gegen die neue Stimmkreiseinteilung
machen sich innerhalb der Parteien leb-
hafte Bedenken geltend. Vor allem wünscht
die deutschnationale Mittel-
partei
eine Beibehaltung der Einteilung
nach dem alten Landeswahlgesetz und setzt
dem neuen Regierungsvorschlag nachdrück-
lichen Widerstand entgegen.

Neben dieser Frage sind einige weitere
Punkte im Komplex "Landtagsneuwahlen"
noch völlig ungeklärt. Es wird
nötig sein, daß auf allen Seiten durch
weitgehendste Nachgiebigkeit schließlich ein
tragbares Kompromiß zustande kommt,
um überhaupt die mit so großem Aufwande
von agiratorischen Schlagwörtern verkün-
dete Durchführung der Wahlreform und
der Neuwahl des Landtags "entsprechend
der herrschenden Volksstimmung" zur
Durchführung bringen zu können.

[Spaltenumbruch]
Vermischte Nachrichten

Der Lokomotivführer der
Betriebswerkstätte Rosenheim. Josef Müller,
wollte während der Fahrt von Rosenheim nach
Salzburg auf der Lokomotive außerhalb des Füh-
rerstandes eine Reparatur vornehmen. Er glitt
ab und kam unter die Räder des nachfahrenden
Zuges. Er war auf der Stelle tot.


Auf einer Fahrt mit einem Baum-
fuhrwerk ist der verheiratete Dienstknecht
Bacherl
schwer verunglückt. Der Wagenschlitten
kam ins Rutschen. Dadurch wurde der Kopf des
Fuhrmannes mit solcher Kraft an eine Mauer
gedrückt, daß er schwere Verletzungen davontrug,
an deren Folgen er gestorben ist.


Frau Catani ist auf dem Wege
zur Kirche in der Nähe des Pfarrhofes ausgeglit-
ten und sehr unglücklich gestürzt. Sie mußte den
Gottesdienst infolge beginnenden Unwohlseins
frühzeitig verlassen. Zu Hause angekommen, ist
sie wenige Stunden darauf an den Folgen des
Sturzes gestorben.


Außerhalb Zusum ist der verhei-
ratete Kulturaufseher Anton Nellen-
bacher
mit seinem Rad von der Kanalbrücke
4 Meter hoch auf die Eisdecke gestürzt und war
sofort tot.


Am Sonntag vormittag wurde zwischen
Groschlattengrün und Wiesau der Zugführer
Konrad Buschka
aus Hof von einer leer-
fahrenden Lokomotive überfahren und getötet.


Der in weiten Kreisen bekannte
Weltreisende Emmerich von Fiebin-
ger,
der vor kurzem Kufstein durchzog, wurde
im Oberinntal von einer Gendarmeriepatrouille
in bewußtlosem Zustande halb erfroren aufge-
funden. Fiebinger hatte bereits eine Strecke von
62 000 Kilometer hinter sich. Bei der guten Pflege
im sogenannten Gschnallenhof bei Imsterau hat
sich der Weltreisende bald erholt.



LETZTE TELEGRAMME
Ein Anschlag auf General
Seeckt geplant?

Heute hat in einem
Berliner Kaffee am Potsdamer Platz durch
die politische Polizei eine Verhaftung statt-
gefunden, die weitere Folgen haben dürfte.

Es handelt sich dabei um eine rechtsradi-
kale Persönlichkeit, wie es heißt, einen
ehemaligen Offizier, der unter dem drin-
genden Verdacht steht, gegen den Ge-
neral Seeckt ein Attentat
beab-
sichtigt zu haben.

Die Verhaftung konnte vorgenommen
werden, nachdem zwei Leute aus dem
Kreise um Roßbach, die mit an dem Plane
zur Ermordung des Generals Seeckt be-
teiligt waren, sich selbst denunzierten.

Die Anzeige ging beim Staatskom-
missar für oeffentliche Sicher-
heit
ein, der sofort im Einverständnis
mit dem Militäroberbefehlshaber die er-
forderlichen Schritte unternahm.

Der Reichsbankpräsident nach Paris
eingeladen

Der Sachverstän-
digenausschuß, der unter dem Vorsitze des
Generals Dawes heute vor- und nach-
mittag tagte, hat einen vom deutschen
[Spaltenumbruch] Standpunkt überaus wichtigen Beschluß
gefaßt:

Der Reichsbankpräsident Dr. Schacht
wurde zur Teilnahme an einer der nächsten
Sitzungen eingeladen.

Ein vom Sachverständigenausschuß aus-
gegebene amtliche Mitteilung über die
Sitzung besagt:

In der heutigen Beratung beschloß der
Sachverständigenausschuß, daß seine Pro-
tokolle vertraulich
zu behandeln
sind, daß alle Mitglieder auf Informierung
der Presse verzichten und daß öffentliche
Mitteilungen nur durch den Generalsekre-
tär der Konferenz verbreitet werden
dürfen.

Ein Ministerrat zum Frankensturz

Der unter dem Vorsitze
Millerands heute zusammengetretene fran-
zösische Ministerrat hat beschlossen,
zur Stützung der französischen Währung
folgende Vorschläge der Kammer zu unter-
breiten:

1. Unterdrückung aller Steuer-
hinterziehungen,

2. äußerste Sparsamkeit,

3. Vertagung aller Projekte, die neue
Ausgaben
nötig machen,

4. Vorauszahlung von zwei Zehn-
tel der Steuern.



[Spaltenumbruch]
Das kunsthistorische Institut in Florenz

Seit dem 6. Oktober vorigen Jahres ist das
deutsche kunsthistorische Institut in Florenz wieder
eröffnet. In diesen wenigen Monaten hat es be-
reits rege Tätigkeit entwickelt. Der kunstliebende
Deutsche, welcher jetzt nach Florenz kommt, wird
wieder wie vor dem Kriege seine Schritte zum
heimatlichen Institut hinlenken, welches heute an
bevorzugter Stelle, in dem Gebäudekomplex
der Uffizien
, untergebracht ist. Hier wird er
alle dem Kunstfreund wichtigen Hilfs- und Stu-
dienmittel finden, eine umfangreiche Bibliothek --
die größte dieser Art in Italien --, eine zirka
30 000 Aufnahmen umfassende Photographien-
sammlung, Projektions- und Lichtbildapparate,
kurzum das ganze wissenschaftliche Rüstzeug, wel-
ches zur Erforschung italienischer Kunst nötig ist.

Jede Frage, auch die belangloseste, wird von
den dortigen akademisch gebildeten Kunsthistorikern
beantwortet -- zu dieser Auskunft sind die Be-
amten des Institutes verpflichtet -- und dabei er-
fährt man gar manches, was dem eiligen Reisen-
den entgeht.

Die Leitung des Institutes liegt in den Händen
eines jüngeren Kunsthistorikers, Dr. Heinrich
Bodmer, eines gründlichen Kenners Italiens.
Als erster Assistent steht ihm Dr. Curt Weigelt,
der bekannte Biograph Duccios, zur Seite, dem die
Sieneser Akademie vor dem Kriege für seine Ver-
dienste um die Erforschung der Sieneser Malerei
die Ehrung der Mitgliedschaft zuteil werden ließ.
Daneben wirken einige tüchtige jüngere Hilfs-
kräfte. In diesem Jahre sollen vom Institute
aus die während einer Reihe von Jahren suspen-
dierten Forschungen über italienische Kunstge-
schichte wieder aufgenommen werden, womit
Deutschland auch in Italien wieder in die Reihe
der selbständig forschenden Länder tritt.

Das kunsthistorische Institut, dessen Entwicklung
in erfreulicher Weise nach vorwärts weist, war
nicht immer in derselben guten Lage. Bibliothek
und Sammlungen standen nach dem Kriege, wie
alles deutsche Eigentum in Italien, unter dem
Sequester der Behörden. Seinen alten Sitz im
[Spaltenumbruch] Palazzo Guadagni an der Piazza S. Spirito, wo-
hin mancher Deutsche täglich hinausgewandert,
hatte es verloren. Und wie sollte der deutsche
Staat, der selbst für die heimischen Bildungs-
stätten nicht mehr die nötigen finanziellen Mittel
aufbringen konnte, in der Lage sein, für ein Aus-
landsinstitut, auch wenn dasselbe noch so wichtig
war, etwas zu tun. Hier ist Wilhelm von
Bode
eingesprungen. Mit einer bewunderns-
würdigen Energie hat er, der beinahe 78jährige,
sich für die Sache eingesetzt, die Verhandlungen
mit der italienischen Regierung geführt, und seiner
Tatkraft und diplomatischem Geschick verdanken
wir es in erster Linie, wenn das Florentiner
Institut heute wieder lebt und arbeitet. Das In-
stitut kann heute ruhig der Zukunft entgegensehen
und wir haben alle Ursache, seine Tätigkeit auch
weiterhin mit Interesse zu verfolgen.

Eine neue Insel über Nacht.

Nach Meldungen
des Dampfers "Chakdina", der in der Nacht vom
11. zum 12. November von Akyab nach Chittagong
und dann wieder zurückfuhr, entdeckte der Kapitän
auf der Rückfahrt am Morgen des 14. November
an einer Stelle, wo bei der Hinfahrt im Meer
noch nicht das geringste zu sehen gewesen war,
eine neue Insel. Dieses über Nacht aufgetauchte
Eiland liegt in der Nähe einer Stelle, an der man
im Jahre 1914 einen Schlammvulkan entdeckt
hatte. Das Schiff fuhr bis auf 8 Kilometer an
die neue Insel heran und stellte fest, daß sie aus
festem Fels bestand. Am nächsten Tage näherte
sich ein anderer Dampfer der Insel bis auf 4 Kilo-
meter, und nach den Angaben der Beobachter war
sie 15 000 Fuß lang, 1000 Fuß breit und 30 Fuß
hoch. Die Insel befindet sich etwa 10 Kilometer
südlich von Baronga Point; ringsherum sind Ko-
rallenriffe, und südlich von der neuen Hauptinsel
ist noch eine kleinere Insel, die sich augenscheinlich
von ihr losgelöst hat, vielleicht aber unter Wasser
noch mit ihr verbunden ist. Man nimmt an, daß
die neue Insel durch den Ausbruch des bereits
früher festgestellten Vulkans über Nacht entstan-
den ist.

[Spaltenumbruch]
Kleine Nachrichten
Auswärts
Die Schinkelsche "Zauberflöte".

Nachdem mit
bisherigen Mitteln es noch immer nicht gelang,
der "Zauberflöte" eine befriedigende Bühne zu
schaffen, hat man in Berlin die gute Idee gehabt,
auf die berühmten Bühnenbilder Schinkels zurück-
zugreifen. Man gab die neue Zauberflöte als
Festvorstellung, deren Ertrag den Wohlfahrtskas-
sen des Vereines Berliner Presse zufließt. Die
Inßenierung ging geschickt auf den Geist Schinkel-
scher Dekorationskunst ein, auch die Regie war
stilistisch angepaßt. So kam endlich -- ist es nicht
eigentlich beschämend? -- eine Aufführung zu-
stande, in der man nicht von Absurditäten und
realistischem Kleinkram gestört wird. Die in Ein-
heit geschlossene Aufführung machte starken Ein-
druck und fand dankbaren Beifall.

Musikwissenschaftlicher Kongreß 1924.

Zur Feier
des 25jährigen Bestehens der Neuen Schwei-
zerischen Musikgesellschaft, Orts-
gruppe Basel,
wird der diesjährige musik-
wissenschaftliche Kongreß in Basel, und zwar
am 27. und 28. September stattfinden. Er wird
eine Reihe wichtiger Vorträge sowie besondere
Konzertveranstaltungen umfassen.

(Alle Anfragen sind zu richten an Dr. W. Merian.
Holbeinstraße 59, Basel.)

München
Prinzregententheater.

Wegen eines Unfalles
des Herrn Ulmer wird Mittwoch, den 16. Januar,
an Stelle von "Spielereien einer Kaiserin" "Die
deutschen Kleinstädter
", Donnerstag, den
17. Januar, an Stelle von "Othello" "Die Kin-
der
" gegeben. Die im öffentlichen Verkauf ge-
lösten Eintrittskarten bleiben gültig oder können
bis spätestens Beginn der Vorstellungen an der
Kasse der Staatstheater zurückgegeben werden.

Nationaltheater.

In der Aufführung "Der
Troubadour" am Freitag, den 18. Januar
fingt Herr Fritz Fitzau vom Friedrich-Theater
in Dessau als Gast auf Anstellung die Partie des
[Spaltenumbruch] "Manrico". In der gleichen Aufführung singt
Frl. Marie Schulz-Dornburg vom Stadt-
theater in Hannover die Partie der "Azu-
zema
".

Münchener Kammerspiele.

Karl Valentin
und Lisl Karlstadt wurden für Mittwoch,
den 16. und Samstag, den 19. Januar zu
einem als Nachtvorstellung stattfindenden
Gastspiel in der Valentinschen Posse "Theater
in der Vorstadt
" gewonnen. Beginn 10 Uhr.


Walter Braunfels hat die musikalische Leitung
seiner Oper "Die Vögel" am Samstag, den
19. Januar, übernommen.


Heute Mittwoch, 16. Januar: Odeon (71/2):
"Eine heitere Soiree in Alt-Wien".


Am kommenden Samstag, den 19. Januar,
gelangt die Operette "1001 Nacht" von Johann
Strauß im Münchener Lustspielhaus
Operettenbühne
zur Erstaufführung. Trotz-
dem diese Operette schon einige Semester alt ist,
ist dieselbe für München "Novität".


Sonntag, 20. Januar, vormittags 11 Uhr
im Volkstheater: Volkstümliche Mor-
genaufführung
, veranstaltet vom Neuen
Casino
(E. V.). Mitwirkende: Chari Lindis
(Tanz), Konzertsängerin Berta Manz, Philipp
Braun-Plendl (Violine), Hofopernsänger
August Kleffner (Staats-Oper), und Ludwig
Kusche (Klavier).

Karten bei Bauer, im Volkstheater und dessen
Vorverkaufsstellen.


Sonntag, 20. Januar, 71/2 Uhr im
Odeon: Uraufführung der Legende "Hei-
lige Nacht
" von Ludwig Thoma für Soli,
Frauenchor, Orgel und Gitarrenchor von Mat-
thäus Römer. Leitung: Christian Steg-
mann
. Ausführende: Friedr. Ulmer (Staats-
theater-Sprecher), Martha Schellmann (So-
pran), Emmy Wutz (Alt), Dr. Matthäus Rö-
mer
(Tenor), Dr. Hans Stadler (Baß),
Musikdirektor Josef Schmid (Orgel), der Steg-
mannsche Frauenchor, Gitarristische
Vereinigung München
.

Karten bei Bauer und Hieben.

Mittwoch, den 16. Januar 1924. Allgemeine Zeitung Nr. 15
[Spaltenumbruch]
Aenderungen im diplomattſchen Dienſt

Im Zuſammenhang mit
der Neubeſetzung des Botſchafterpoſtens
in Paris werden einige Aenderungen
im diplomatiſchen Dienſt
geplant.
Für den Brüſſeler Geſandtenpoſten
wird der bisherige Geſandte in Belgrad,
Keller, in Ausſicht genommen. Gleich-
zeitig dürfte die Beſetzung des deutſchen
Botſchafterpoſtens in London akut wer-
den, da der jetzige Botſchafter Senator
Sthamer unter das Ueberalterungs-
geſetz fällt. Für den Londoner Poſten iſt
ein Diplomat in Ausſicht genommen, der
bisher die Intereſſen der rheiniſchen Be-
völkerung im beſetzten Gebiet vertreten
hat, und zwar Fürſt von Hatzfeld.
Schließlich ſoll der deutſche Vertreterpoſten
in Mexiko durch den Reorganiſator des
Auswärtigen Amtes, Miniſterialdirektor
Schueler beſetzt werden.

Minderung der Arbeitsloſigkeit

Die Beruhigung
der Währung
hat bereits einen kleinen
Rückgang der Arbeitsloſigkeit herbei-
geführt. Während die Zahl der Arbeits-
loſen und Kurzarbeiter im November noch
78 Prozent aller Mitglieder der Gewerk-
ſchaften betrug, ſinkt dieſe Zahl im De-
zember auf 50 Prozent herab. Die Zahl
der Vollarbeiter ſtieg
gegenüber
dem Vormonat auf mehr als das
Doppelte
.

Die neue ſächſiſche Regierung

In der Sitzung des ſächſi-
ſchen Landtages ſtellte der neue Miniſterpräſident
Heldt dem Hauſe das neue Kabinett vor,
das ſich, wie folgt, zuſammenſetzt: Müller (Soz.)
Inneres, Kaiſer (Deutſche Volkspartei) Volksbil-
dung, Bürger (D. V.) Juſtiz, Reinhold (Dem.)
Finanzen, Elsner (Soz.) Arbeit. Bis zu der noch
ausſtehenden Ernennung des Wirtſchaftsminiſters
werde der Miniſterpräſident ſelbſt dieſes Porte-
feuille übernehmen.

Sämtliche Miniſter hätten den Eid auf die
Reichs- und Staatsverfaſſung geleiſtet. Die Re-
gierung ſei das erſte Kabinett der Mitte, das für
Sachſen gebildet wurde, aber es ſei in Verkennung
der tatſächlichen Verhältniſſe bereits von verſchie-
denſten Seiten angegriffen worden. Die aus der
zwangsläufigen Entwicklung gebildete Regierung
werde das Ihrige dazu beitragen, daß die ſo be-
gründete Arbeitsgemeinſchaft länger zuſammen-
gehalten werde, als die Regierungen der letzten
Zeit.

Die Beſchwerden gegen Thüringen

Ueber das Ergebnis der
Beratungen der Reichsregierung und der thürin-
giſchen Regierung wird amtlich folgendes mitge-
teilt:

Die zahlreichen Beſchwerden, die bei der Reichs-
regierung über die thüringiſche Landesregierung
aus dem Lande Thüringen eingegangen ſind, ſo-
wie das immer dringlicher von dort geſtellte
Verlangen nach Einſetzung eines
Reichskommiſſars
haben die Reichsregie-
rung veranlaßt, auf Grund des Artikels 15 der
Reichsverfaſſung Beauftragte zu den thü-
ringiſchen Landeszentralbehörden zu entſenden.
Die Berichte der Beauftragten ſind in eingehen-
den Verhandlungen mit den thüringiſchen Mini-
ſtern erörtert worden. Die thüringiſche Lan-
desregierung entſpricht
in ihrer gegen-
wärtigen Zuſammenſetzung objektiv nicht den
Vorſchriften der thüringiſchen Lan-
desverfaſſung
. Die gegen die thüringiſche
Landesregierung erhobenen Beſchwerden
[Spaltenumbruch] haben ſich auch nach der eingehenden Ausſprache
mit den Vertretern der Landesregierung zu einem
erheblichen Teil als begründet erwieſen.
Namentlich gibt die Beamtenpolitik der
thüringiſchen Landesregierung der Reichsregie-
rung zu ſchweren Bedenken Anlaß, weil
die Grundſätze des Artikels 130 der Reichsregie-
rung vielfach außer Acht gelaſſen worden ſind.

Die thüringiſche Landesregierung nimmt von
dieſen Erklärungen Kenntnis und erklärt dazu
folgendes:

Die thüringiſche Landesregierung
beſtreitet
nach wie vor, daß die gegen ſie er-
hobenen Vorwürfe begründet ſind und daß An-
laß vorliege, mit Maßnahmen auf Grund des Ar-
tikels 48 der Reichsverfaſſung gegen ſie vorzu-
gehen. Die Landesregierung iſt verfaſſungs-
mäßig, obwohl ſie in der Zahl ihrer Mitglieder
der Landesverfaſſung zurzeit nicht ganz genügt.
Es iſt aber vor der Neuwahl des Landtags nicht
möglich, eine Ergänzungswahl vorzunehmen, oder
eine Vertrauenskundgebung der jetzigen Regie-
rung durch den Landtag herbeizuführen. Die
Tätigkeit der Landesregierung hat die breite Oef-
fentlichkeit nicht zu ſcheuen. Die Landesregierung
hat deshalb folgende Maßnahmen be-
ſchloſſen:
1. Die thüringiſche Landesregierung wird An-
ſtellungen,
Beförderungen, Entlaſſungen
(Verſetzungen in den Warteſtand oder Ruheſtand),
die Verſetzungen von Beamten, einſchließlich der
Hochſchullehrer und Lehrer bis zur Neubildung
der Landesregierung nur mit Zuſtimmung
eines Ausſchuſſes
von fünf Mitgliedern
vornehmen und die nach dem thüringiſchen Not-
geſetz über die Herabminderung der Perſonal-
ausgaben vom 28. Dezember 1923 im Staats-
miniſterium oder einem einzelnen Miniſterium
zuſtehenden Befugniſſe nur mit Zuſtimmung die-
ſes Ausſchuſſes ausüben. Vorſitzender des Aus-
ſchuſſes iſt der Präſident des Oberlandesgerichts
in Jena. Von den übrigen Mitgliedern des Aus-
ſchuſſes werden zwei von den vereinigten bürger-
lichen Parteien, zwei von der Vereinigten Sozial-
demokratiſchen Partei des Landes Thüringen be-
nannt. Kommt der Ausſchuß in dieſer Zuſam-
menſetzung nicht zuſtande, ſo werden zwei Mit-
glieder von der Reichsregierung, zwei von der
thüringiſchen Regierung ernannt. Der Ausſchuß
faßt ſeine Beſchlüſſe mit Stimmenmehrheit.
2. Das thüringiſche Finanzminiſterium
wird beauftragt, mit Beſchleunigung für die Zeit
vom 16. Januar bis 31. März 1924 den Be-
darfsnachweis
aufzuſtellen und den ordent-
lichen und außerordentlichen Bedarf aller Mini-
ſterien auf eine feſtbegrenzte Summe abzu-
grenzen. Es wird Sorge getragen, daß der Zu-
griff der Behörden auf die öffentlichen Kaſſen auf
die Höhe eines für die Dauer von 14 Tagen vor-
auszuberechnenden Bedarfs begrenzt wird. Das
thüringiſche Staatsminiſterium wird dem Finanz-
miniſter erweiterte Vollmachten über-
tragen. Gegen den Einſpruch des Finanzminiſters
oder ſeines Beauftragten dürfen Ausgaben nicht
geleiſtet und finanzielle Verpflichtungen nicht
übernommen werden.
Das thüringiſche Staatsminiſterium wird der
Reichsregierung über die in Ausführung dieſer
Beſchlüſſe getroffenen Maßnahmen Mitteilung
zugehen laſſen und ihr den aufgeſtellten Bedarfs-
nachweis zur Kenntnisnahme vorlegen.
Die Reichsregierung nimmt von den
Erklärungen der thüringiſchen Landesregierung
Kenntnis und ſieht davon ab, dem Herrn
Reichspräſidenten Maßnahmen auf Grund
des Artikels 48 der Reichsverfaſſung vorzu-
ſchlagen.

Die thüringiſche Landesregierung gibt der Er-
wartung Ausdruck, daß der Militärbefehls-
haber in Weimar
durch Vermittlung der
Reichsregierung veranlaßt werde, in den im Zu-
ſammenwirken der Landesregierung und des
Ausſchuſſes unter Nummer 1 vorbehaltenen Auf-
gabenkreis nicht einzugreifen.

Die Reichstagswahlen werden vorausſichtlich erſt
im Monat Mai ſtattfinden.

[Spaltenumbruch]
Zur Lage in Bayern

Auf den Beſchluß des Verfaſſungsaus-
ſchuſſes hin, wonach die Zahl der
künftig zu wählenden Abge-
ordneten
vorausſichtlich auf 114 feſt-
geſetzt werden wird, hat das Staatsmini-
ſterium des Innern dem Landtag einen
neuen Entwurf einer Stimmkreis-
einteilung
vorgelegt. Die durch-
ſchnittliche Einwohnerzahl der neuen
Stimmkreiſe beträgt 60—65 000. Dieſe
Ziffer konnte nur erreicht werden durch
Zerreißung einer Reihe von Amtsgerichts-
bezirken, was die erſte Regierungsvorlage
zu vermeiden ſuchte.

Gegen die neue Stimmkreiseinteilung
machen ſich innerhalb der Parteien leb-
hafte Bedenken geltend. Vor allem wünſcht
die deutſchnationale Mittel-
partei
eine Beibehaltung der Einteilung
nach dem alten Landeswahlgeſetz und ſetzt
dem neuen Regierungsvorſchlag nachdrück-
lichen Widerſtand entgegen.

Neben dieſer Frage ſind einige weitere
Punkte im Komplex „Landtagsneuwahlen“
noch völlig ungeklärt. Es wird
nötig ſein, daß auf allen Seiten durch
weitgehendſte Nachgiebigkeit ſchließlich ein
tragbares Kompromiß zuſtande kommt,
um überhaupt die mit ſo großem Aufwande
von agiratoriſchen Schlagwörtern verkün-
dete Durchführung der Wahlreform und
der Neuwahl des Landtags „entſprechend
der herrſchenden Volksſtimmung“ zur
Durchführung bringen zu können.

[Spaltenumbruch]
Vermiſchte Nachrichten

Der Lokomotivführer der
Betriebswerkſtätte Roſenheim. Joſef Müller,
wollte während der Fahrt von Roſenheim nach
Salzburg auf der Lokomotive außerhalb des Füh-
rerſtandes eine Reparatur vornehmen. Er glitt
ab und kam unter die Räder des nachfahrenden
Zuges. Er war auf der Stelle tot.


Auf einer Fahrt mit einem Baum-
fuhrwerk iſt der verheiratete Dienſtknecht
Bacherl
ſchwer verunglückt. Der Wagenſchlitten
kam ins Rutſchen. Dadurch wurde der Kopf des
Fuhrmannes mit ſolcher Kraft an eine Mauer
gedrückt, daß er ſchwere Verletzungen davontrug,
an deren Folgen er geſtorben iſt.


Frau Catani iſt auf dem Wege
zur Kirche in der Nähe des Pfarrhofes ausgeglit-
ten und ſehr unglücklich geſtürzt. Sie mußte den
Gottesdienſt infolge beginnenden Unwohlſeins
frühzeitig verlaſſen. Zu Hauſe angekommen, iſt
ſie wenige Stunden darauf an den Folgen des
Sturzes geſtorben.


Außerhalb Zuſum iſt der verhei-
ratete Kulturaufſeher Anton Nellen-
bacher
mit ſeinem Rad von der Kanalbrücke
4 Meter hoch auf die Eisdecke geſtürzt und war
ſofort tot.


Am Sonntag vormittag wurde zwiſchen
Groſchlattengrün und Wieſau der Zugführer
Konrad Buſchka
aus Hof von einer leer-
fahrenden Lokomotive überfahren und getötet.


Der in weiten Kreiſen bekannte
Weltreiſende Emmerich von Fiebin-
ger,
der vor kurzem Kufſtein durchzog, wurde
im Oberinntal von einer Gendarmeriepatrouille
in bewußtloſem Zuſtande halb erfroren aufge-
funden. Fiebinger hatte bereits eine Strecke von
62 000 Kilometer hinter ſich. Bei der guten Pflege
im ſogenannten Gſchnallenhof bei Imſterau hat
ſich der Weltreiſende bald erholt.



LETZTE TELEGRAMME
Ein Anſchlag auf General
Seeckt geplant?

Heute hat in einem
Berliner Kaffee am Potsdamer Platz durch
die politiſche Polizei eine Verhaftung ſtatt-
gefunden, die weitere Folgen haben dürfte.

Es handelt ſich dabei um eine rechtsradi-
kale Perſönlichkeit, wie es heißt, einen
ehemaligen Offizier, der unter dem drin-
genden Verdacht ſteht, gegen den Ge-
neral Seeckt ein Attentat
beab-
ſichtigt zu haben.

Die Verhaftung konnte vorgenommen
werden, nachdem zwei Leute aus dem
Kreiſe um Roßbach, die mit an dem Plane
zur Ermordung des Generals Seeckt be-
teiligt waren, ſich ſelbſt denunzierten.

Die Anzeige ging beim Staatskom-
miſſar für oeffentliche Sicher-
heit
ein, der ſofort im Einverſtändnis
mit dem Militäroberbefehlshaber die er-
forderlichen Schritte unternahm.

Der Reichsbankpräſident nach Paris
eingeladen

Der Sachverſtän-
digenausſchuß, der unter dem Vorſitze des
Generals Dawes heute vor- und nach-
mittag tagte, hat einen vom deutſchen
[Spaltenumbruch] Standpunkt überaus wichtigen Beſchluß
gefaßt:

Der Reichsbankpräſident Dr. Schacht
wurde zur Teilnahme an einer der nächſten
Sitzungen eingeladen.

Ein vom Sachverſtändigenausſchuß aus-
gegebene amtliche Mitteilung über die
Sitzung beſagt:

In der heutigen Beratung beſchloß der
Sachverſtändigenausſchuß, daß ſeine Pro-
tokolle vertraulich
zu behandeln
ſind, daß alle Mitglieder auf Informierung
der Preſſe verzichten und daß öffentliche
Mitteilungen nur durch den Generalſekre-
tär der Konferenz verbreitet werden
dürfen.

Ein Miniſterrat zum Frankenſturz

Der unter dem Vorſitze
Millerands heute zuſammengetretene fran-
zöſiſche Miniſterrat hat beſchloſſen,
zur Stützung der franzöſiſchen Währung
folgende Vorſchläge der Kammer zu unter-
breiten:

1. Unterdrückung aller Steuer-
hinterziehungen,

2. äußerſte Sparſamkeit,

3. Vertagung aller Projekte, die neue
Ausgaben
nötig machen,

4. Vorauszahlung von zwei Zehn-
tel der Steuern.



[Spaltenumbruch]
Das kunſthiſtoriſche Inſtitut in Florenz

Seit dem 6. Oktober vorigen Jahres iſt das
deutſche kunſthiſtoriſche Inſtitut in Florenz wieder
eröffnet. In dieſen wenigen Monaten hat es be-
reits rege Tätigkeit entwickelt. Der kunſtliebende
Deutſche, welcher jetzt nach Florenz kommt, wird
wieder wie vor dem Kriege ſeine Schritte zum
heimatlichen Inſtitut hinlenken, welches heute an
bevorzugter Stelle, in dem Gebäudekomplex
der Uffizien
, untergebracht iſt. Hier wird er
alle dem Kunſtfreund wichtigen Hilfs- und Stu-
dienmittel finden, eine umfangreiche Bibliothek —
die größte dieſer Art in Italien —, eine zirka
30 000 Aufnahmen umfaſſende Photographien-
ſammlung, Projektions- und Lichtbildapparate,
kurzum das ganze wiſſenſchaftliche Rüſtzeug, wel-
ches zur Erforſchung italieniſcher Kunſt nötig iſt.

Jede Frage, auch die belangloſeſte, wird von
den dortigen akademiſch gebildeten Kunſthiſtorikern
beantwortet — zu dieſer Auskunft ſind die Be-
amten des Inſtitutes verpflichtet — und dabei er-
fährt man gar manches, was dem eiligen Reiſen-
den entgeht.

Die Leitung des Inſtitutes liegt in den Händen
eines jüngeren Kunſthiſtorikers, Dr. Heinrich
Bodmer, eines gründlichen Kenners Italiens.
Als erſter Aſſiſtent ſteht ihm Dr. Curt Weigelt,
der bekannte Biograph Duccios, zur Seite, dem die
Sieneſer Akademie vor dem Kriege für ſeine Ver-
dienſte um die Erforſchung der Sieneſer Malerei
die Ehrung der Mitgliedſchaft zuteil werden ließ.
Daneben wirken einige tüchtige jüngere Hilfs-
kräfte. In dieſem Jahre ſollen vom Inſtitute
aus die während einer Reihe von Jahren ſuſpen-
dierten Forſchungen über italieniſche Kunſtge-
ſchichte wieder aufgenommen werden, womit
Deutſchland auch in Italien wieder in die Reihe
der ſelbſtändig forſchenden Länder tritt.

Das kunſthiſtoriſche Inſtitut, deſſen Entwicklung
in erfreulicher Weiſe nach vorwärts weiſt, war
nicht immer in derſelben guten Lage. Bibliothek
und Sammlungen ſtanden nach dem Kriege, wie
alles deutſche Eigentum in Italien, unter dem
Sequeſter der Behörden. Seinen alten Sitz im
[Spaltenumbruch] Palazzo Guadagni an der Piazza S. Spirito, wo-
hin mancher Deutſche täglich hinausgewandert,
hatte es verloren. Und wie ſollte der deutſche
Staat, der ſelbſt für die heimiſchen Bildungs-
ſtätten nicht mehr die nötigen finanziellen Mittel
aufbringen konnte, in der Lage ſein, für ein Aus-
landsinſtitut, auch wenn dasſelbe noch ſo wichtig
war, etwas zu tun. Hier iſt Wilhelm von
Bode
eingeſprungen. Mit einer bewunderns-
würdigen Energie hat er, der beinahe 78jährige,
ſich für die Sache eingeſetzt, die Verhandlungen
mit der italieniſchen Regierung geführt, und ſeiner
Tatkraft und diplomatiſchem Geſchick verdanken
wir es in erſter Linie, wenn das Florentiner
Inſtitut heute wieder lebt und arbeitet. Das In-
ſtitut kann heute ruhig der Zukunft entgegenſehen
und wir haben alle Urſache, ſeine Tätigkeit auch
weiterhin mit Intereſſe zu verfolgen.

Eine neue Inſel über Nacht.

Nach Meldungen
des Dampfers „Chakdina“, der in der Nacht vom
11. zum 12. November von Akyab nach Chittagong
und dann wieder zurückfuhr, entdeckte der Kapitän
auf der Rückfahrt am Morgen des 14. November
an einer Stelle, wo bei der Hinfahrt im Meer
noch nicht das geringſte zu ſehen geweſen war,
eine neue Inſel. Dieſes über Nacht aufgetauchte
Eiland liegt in der Nähe einer Stelle, an der man
im Jahre 1914 einen Schlammvulkan entdeckt
hatte. Das Schiff fuhr bis auf 8 Kilometer an
die neue Inſel heran und ſtellte feſt, daß ſie aus
feſtem Fels beſtand. Am nächſten Tage näherte
ſich ein anderer Dampfer der Inſel bis auf 4 Kilo-
meter, und nach den Angaben der Beobachter war
ſie 15 000 Fuß lang, 1000 Fuß breit und 30 Fuß
hoch. Die Inſel befindet ſich etwa 10 Kilometer
ſüdlich von Baronga Point; ringsherum ſind Ko-
rallenriffe, und ſüdlich von der neuen Hauptinſel
iſt noch eine kleinere Inſel, die ſich augenſcheinlich
von ihr losgelöſt hat, vielleicht aber unter Waſſer
noch mit ihr verbunden iſt. Man nimmt an, daß
die neue Inſel durch den Ausbruch des bereits
früher feſtgeſtellten Vulkans über Nacht entſtan-
den iſt.

[Spaltenumbruch]
Kleine Nachrichten
Auswärts
Die Schinkelſche „Zauberflöte“.

Nachdem mit
bisherigen Mitteln es noch immer nicht gelang,
der „Zauberflöte“ eine befriedigende Bühne zu
ſchaffen, hat man in Berlin die gute Idee gehabt,
auf die berühmten Bühnenbilder Schinkels zurück-
zugreifen. Man gab die neue Zauberflöte als
Feſtvorſtellung, deren Ertrag den Wohlfahrtskaſ-
ſen des Vereines Berliner Preſſe zufließt. Die
Inſzenierung ging geſchickt auf den Geiſt Schinkel-
ſcher Dekorationskunſt ein, auch die Regie war
ſtiliſtiſch angepaßt. So kam endlich — iſt es nicht
eigentlich beſchämend? — eine Aufführung zu-
ſtande, in der man nicht von Abſurditäten und
realiſtiſchem Kleinkram geſtört wird. Die in Ein-
heit geſchloſſene Aufführung machte ſtarken Ein-
druck und fand dankbaren Beifall.

Muſikwiſſenſchaftlicher Kongreß 1924.

Zur Feier
des 25jährigen Beſtehens der Neuen Schwei-
zeriſchen Muſikgeſellſchaft, Orts-
gruppe Baſel,
wird der diesjährige muſik-
wiſſenſchaftliche Kongreß in Baſel, und zwar
am 27. und 28. September ſtattfinden. Er wird
eine Reihe wichtiger Vorträge ſowie beſondere
Konzertveranſtaltungen umfaſſen.

(Alle Anfragen ſind zu richten an Dr. W. Merian.
Holbeinſtraße 59, Baſel.)

München
Prinzregententheater.

Wegen eines Unfalles
des Herrn Ulmer wird Mittwoch, den 16. Januar,
an Stelle von „Spielereien einer Kaiſerin“ „Die
deutſchen Kleinſtädter
“, Donnerstag, den
17. Januar, an Stelle von „Othello“ „Die Kin-
der
“ gegeben. Die im öffentlichen Verkauf ge-
löſten Eintrittskarten bleiben gültig oder können
bis ſpäteſtens Beginn der Vorſtellungen an der
Kaſſe der Staatstheater zurückgegeben werden.

Nationaltheater.

In der Aufführung „Der
Troubadour“ am Freitag, den 18. Januar
fingt Herr Fritz Fitzau vom Friedrich-Theater
in Deſſau als Gaſt auf Anſtellung die Partie des
[Spaltenumbruch]Manrico“. In der gleichen Aufführung ſingt
Frl. Marie Schulz-Dornburg vom Stadt-
theater in Hannover die Partie der „Azu-
zema
“.

Münchener Kammerſpiele.

Karl Valentin
und Liſl Karlſtadt wurden für Mittwoch,
den 16. und Samstag, den 19. Januar zu
einem als Nachtvorſtellung ſtattfindenden
Gaſtſpiel in der Valentinſchen Poſſe „Theater
in der Vorſtadt
“ gewonnen. Beginn 10 Uhr.


Walter Braunfels hat die muſikaliſche Leitung
ſeiner Oper „Die Vögel“ am Samstag, den
19. Januar, übernommen.


Heute Mittwoch, 16. Januar: Odeon (7½):
„Eine heitere Soiree in Alt-Wien“.


Am kommenden Samstag, den 19. Januar,
gelangt die Operette „1001 Nacht“ von Johann
Strauß im Münchener Luſtſpielhaus
Operettenbühne
zur Erſtaufführung. Trotz-
dem dieſe Operette ſchon einige Semeſter alt iſt,
iſt dieſelbe für München „Novität“.


Sonntag, 20. Januar, vormittags 11 Uhr
im Volkstheater: Volkstümliche Mor-
genaufführung
, veranſtaltet vom Neuen
Caſino
(E. V.). Mitwirkende: Chari Lindis
(Tanz), Konzertſängerin Berta Manz, Philipp
Braun-Plendl (Violine), Hofopernſänger
Auguſt Kleffner (Staats-Oper), und Ludwig
Kuſche (Klavier).

Karten bei Bauer, im Volkstheater und deſſen
Vorverkaufsſtellen.


Sonntag, 20. Januar, 7½ Uhr im
Odeon: Uraufführung der Legende „Hei-
lige Nacht
“ von Ludwig Thoma für Soli,
Frauenchor, Orgel und Gitarrenchor von Mat-
thäus Römer. Leitung: Chriſtian Steg-
mann
. Ausführende: Friedr. Ulmer (Staats-
theater-Sprecher), Martha Schellmann (So-
pran), Emmy Wutz (Alt), Dr. Matthäus Rö-
mer
(Tenor), Dr. Hans Stadler (Baß),
Muſikdirektor Joſef Schmid (Orgel), der Steg-
mannſche Frauenchor, Gitarriſtiſche
Vereinigung München
.

Karten bei Bauer und Hieben.

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[3/0003] Mittwoch, den 16. Januar 1924. Allgemeine Zeitung Nr. 15 Aenderungen im diplomattſchen Dienſt Berlin, 15. Jan. Im Zuſammenhang mit der Neubeſetzung des Botſchafterpoſtens in Paris werden einige Aenderungen im diplomatiſchen Dienſt geplant. Für den Brüſſeler Geſandtenpoſten wird der bisherige Geſandte in Belgrad, Keller, in Ausſicht genommen. Gleich- zeitig dürfte die Beſetzung des deutſchen Botſchafterpoſtens in London akut wer- den, da der jetzige Botſchafter Senator Sthamer unter das Ueberalterungs- geſetz fällt. Für den Londoner Poſten iſt ein Diplomat in Ausſicht genommen, der bisher die Intereſſen der rheiniſchen Be- völkerung im beſetzten Gebiet vertreten hat, und zwar Fürſt von Hatzfeld. Schließlich ſoll der deutſche Vertreterpoſten in Mexiko durch den Reorganiſator des Auswärtigen Amtes, Miniſterialdirektor Schueler beſetzt werden. Minderung der Arbeitsloſigkeit Berlin, 15. Jan. Die Beruhigung der Währung hat bereits einen kleinen Rückgang der Arbeitsloſigkeit herbei- geführt. Während die Zahl der Arbeits- loſen und Kurzarbeiter im November noch 78 Prozent aller Mitglieder der Gewerk- ſchaften betrug, ſinkt dieſe Zahl im De- zember auf 50 Prozent herab. Die Zahl der Vollarbeiter ſtieg gegenüber dem Vormonat auf mehr als das Doppelte. Die neue ſächſiſche Regierung * Dresden, 15. Jan. In der Sitzung des ſächſi- ſchen Landtages ſtellte der neue Miniſterpräſident Heldt dem Hauſe das neue Kabinett vor, das ſich, wie folgt, zuſammenſetzt: Müller (Soz.) Inneres, Kaiſer (Deutſche Volkspartei) Volksbil- dung, Bürger (D. V.) Juſtiz, Reinhold (Dem.) Finanzen, Elsner (Soz.) Arbeit. Bis zu der noch ausſtehenden Ernennung des Wirtſchaftsminiſters werde der Miniſterpräſident ſelbſt dieſes Porte- feuille übernehmen. Sämtliche Miniſter hätten den Eid auf die Reichs- und Staatsverfaſſung geleiſtet. Die Re- gierung ſei das erſte Kabinett der Mitte, das für Sachſen gebildet wurde, aber es ſei in Verkennung der tatſächlichen Verhältniſſe bereits von verſchie- denſten Seiten angegriffen worden. Die aus der zwangsläufigen Entwicklung gebildete Regierung werde das Ihrige dazu beitragen, daß die ſo be- gründete Arbeitsgemeinſchaft länger zuſammen- gehalten werde, als die Regierungen der letzten Zeit. Die Beſchwerden gegen Thüringen Berlin, 15. Januar. Ueber das Ergebnis der Beratungen der Reichsregierung und der thürin- giſchen Regierung wird amtlich folgendes mitge- teilt: Die zahlreichen Beſchwerden, die bei der Reichs- regierung über die thüringiſche Landesregierung aus dem Lande Thüringen eingegangen ſind, ſo- wie das immer dringlicher von dort geſtellte Verlangen nach Einſetzung eines Reichskommiſſars haben die Reichsregie- rung veranlaßt, auf Grund des Artikels 15 der Reichsverfaſſung Beauftragte zu den thü- ringiſchen Landeszentralbehörden zu entſenden. Die Berichte der Beauftragten ſind in eingehen- den Verhandlungen mit den thüringiſchen Mini- ſtern erörtert worden. Die thüringiſche Lan- desregierung entſpricht in ihrer gegen- wärtigen Zuſammenſetzung objektiv nicht den Vorſchriften der thüringiſchen Lan- desverfaſſung. Die gegen die thüringiſche Landesregierung erhobenen Beſchwerden haben ſich auch nach der eingehenden Ausſprache mit den Vertretern der Landesregierung zu einem erheblichen Teil als begründet erwieſen. Namentlich gibt die Beamtenpolitik der thüringiſchen Landesregierung der Reichsregie- rung zu ſchweren Bedenken Anlaß, weil die Grundſätze des Artikels 130 der Reichsregie- rung vielfach außer Acht gelaſſen worden ſind. Die thüringiſche Landesregierung nimmt von dieſen Erklärungen Kenntnis und erklärt dazu folgendes: Die thüringiſche Landesregierung beſtreitet nach wie vor, daß die gegen ſie er- hobenen Vorwürfe begründet ſind und daß An- laß vorliege, mit Maßnahmen auf Grund des Ar- tikels 48 der Reichsverfaſſung gegen ſie vorzu- gehen. Die Landesregierung iſt verfaſſungs- mäßig, obwohl ſie in der Zahl ihrer Mitglieder der Landesverfaſſung zurzeit nicht ganz genügt. Es iſt aber vor der Neuwahl des Landtags nicht möglich, eine Ergänzungswahl vorzunehmen, oder eine Vertrauenskundgebung der jetzigen Regie- rung durch den Landtag herbeizuführen. Die Tätigkeit der Landesregierung hat die breite Oef- fentlichkeit nicht zu ſcheuen. Die Landesregierung hat deshalb folgende Maßnahmen be- ſchloſſen: 1. Die thüringiſche Landesregierung wird An- ſtellungen, Beförderungen, Entlaſſungen (Verſetzungen in den Warteſtand oder Ruheſtand), die Verſetzungen von Beamten, einſchließlich der Hochſchullehrer und Lehrer bis zur Neubildung der Landesregierung nur mit Zuſtimmung eines Ausſchuſſes von fünf Mitgliedern vornehmen und die nach dem thüringiſchen Not- geſetz über die Herabminderung der Perſonal- ausgaben vom 28. Dezember 1923 im Staats- miniſterium oder einem einzelnen Miniſterium zuſtehenden Befugniſſe nur mit Zuſtimmung die- ſes Ausſchuſſes ausüben. Vorſitzender des Aus- ſchuſſes iſt der Präſident des Oberlandesgerichts in Jena. Von den übrigen Mitgliedern des Aus- ſchuſſes werden zwei von den vereinigten bürger- lichen Parteien, zwei von der Vereinigten Sozial- demokratiſchen Partei des Landes Thüringen be- nannt. Kommt der Ausſchuß in dieſer Zuſam- menſetzung nicht zuſtande, ſo werden zwei Mit- glieder von der Reichsregierung, zwei von der thüringiſchen Regierung ernannt. Der Ausſchuß faßt ſeine Beſchlüſſe mit Stimmenmehrheit. 2. Das thüringiſche Finanzminiſterium wird beauftragt, mit Beſchleunigung für die Zeit vom 16. Januar bis 31. März 1924 den Be- darfsnachweis aufzuſtellen und den ordent- lichen und außerordentlichen Bedarf aller Mini- ſterien auf eine feſtbegrenzte Summe abzu- grenzen. Es wird Sorge getragen, daß der Zu- griff der Behörden auf die öffentlichen Kaſſen auf die Höhe eines für die Dauer von 14 Tagen vor- auszuberechnenden Bedarfs begrenzt wird. Das thüringiſche Staatsminiſterium wird dem Finanz- miniſter erweiterte Vollmachten über- tragen. Gegen den Einſpruch des Finanzminiſters oder ſeines Beauftragten dürfen Ausgaben nicht geleiſtet und finanzielle Verpflichtungen nicht übernommen werden. Das thüringiſche Staatsminiſterium wird der Reichsregierung über die in Ausführung dieſer Beſchlüſſe getroffenen Maßnahmen Mitteilung zugehen laſſen und ihr den aufgeſtellten Bedarfs- nachweis zur Kenntnisnahme vorlegen. Die Reichsregierung nimmt von den Erklärungen der thüringiſchen Landesregierung Kenntnis und ſieht davon ab, dem Herrn Reichspräſidenten Maßnahmen auf Grund des Artikels 48 der Reichsverfaſſung vorzu- ſchlagen. Die thüringiſche Landesregierung gibt der Er- wartung Ausdruck, daß der Militärbefehls- haber in Weimar durch Vermittlung der Reichsregierung veranlaßt werde, in den im Zu- ſammenwirken der Landesregierung und des Ausſchuſſes unter Nummer 1 vorbehaltenen Auf- gabenkreis nicht einzugreifen. Die Reichstagswahlen werden vorausſichtlich erſt im Monat Mai ſtattfinden. Zur Lage in Bayern Auf den Beſchluß des Verfaſſungsaus- ſchuſſes hin, wonach die Zahl der künftig zu wählenden Abge- ordneten vorausſichtlich auf 114 feſt- geſetzt werden wird, hat das Staatsmini- ſterium des Innern dem Landtag einen neuen Entwurf einer Stimmkreis- einteilung vorgelegt. Die durch- ſchnittliche Einwohnerzahl der neuen Stimmkreiſe beträgt 60—65 000. Dieſe Ziffer konnte nur erreicht werden durch Zerreißung einer Reihe von Amtsgerichts- bezirken, was die erſte Regierungsvorlage zu vermeiden ſuchte. Gegen die neue Stimmkreiseinteilung machen ſich innerhalb der Parteien leb- hafte Bedenken geltend. Vor allem wünſcht die deutſchnationale Mittel- partei eine Beibehaltung der Einteilung nach dem alten Landeswahlgeſetz und ſetzt dem neuen Regierungsvorſchlag nachdrück- lichen Widerſtand entgegen. Neben dieſer Frage ſind einige weitere Punkte im Komplex „Landtagsneuwahlen“ noch völlig ungeklärt. Es wird nötig ſein, daß auf allen Seiten durch weitgehendſte Nachgiebigkeit ſchließlich ein tragbares Kompromiß zuſtande kommt, um überhaupt die mit ſo großem Aufwande von agiratoriſchen Schlagwörtern verkün- dete Durchführung der Wahlreform und der Neuwahl des Landtags „entſprechend der herrſchenden Volksſtimmung“ zur Durchführung bringen zu können. Vermiſchte Nachrichten Roſenheim. Der Lokomotivführer der Betriebswerkſtätte Roſenheim. Joſef Müller, wollte während der Fahrt von Roſenheim nach Salzburg auf der Lokomotive außerhalb des Füh- rerſtandes eine Reparatur vornehmen. Er glitt ab und kam unter die Räder des nachfahrenden Zuges. Er war auf der Stelle tot. Hohenfels. Auf einer Fahrt mit einem Baum- fuhrwerk iſt der verheiratete Dienſtknecht Bacherl ſchwer verunglückt. Der Wagenſchlitten kam ins Rutſchen. Dadurch wurde der Kopf des Fuhrmannes mit ſolcher Kraft an eine Mauer gedrückt, daß er ſchwere Verletzungen davontrug, an deren Folgen er geſtorben iſt. Waſſerburg. Frau Catani iſt auf dem Wege zur Kirche in der Nähe des Pfarrhofes ausgeglit- ten und ſehr unglücklich geſtürzt. Sie mußte den Gottesdienſt infolge beginnenden Unwohlſeins frühzeitig verlaſſen. Zu Hauſe angekommen, iſt ſie wenige Stunden darauf an den Folgen des Sturzes geſtorben. Mertingen. Außerhalb Zuſum iſt der verhei- ratete Kulturaufſeher Anton Nellen- bacher mit ſeinem Rad von der Kanalbrücke 4 Meter hoch auf die Eisdecke geſtürzt und war ſofort tot. Wieſau. Am Sonntag vormittag wurde zwiſchen Groſchlattengrün und Wieſau der Zugführer Konrad Buſchka aus Hof von einer leer- fahrenden Lokomotive überfahren und getötet. Kufſtein. Der in weiten Kreiſen bekannte Weltreiſende Emmerich von Fiebin- ger, der vor kurzem Kufſtein durchzog, wurde im Oberinntal von einer Gendarmeriepatrouille in bewußtloſem Zuſtande halb erfroren aufge- funden. Fiebinger hatte bereits eine Strecke von 62 000 Kilometer hinter ſich. Bei der guten Pflege im ſogenannten Gſchnallenhof bei Imſterau hat ſich der Weltreiſende bald erholt. LETZTE TELEGRAMME Ein Anſchlag auf General Seeckt geplant? * Berlin, 15. Jan. Heute hat in einem Berliner Kaffee am Potsdamer Platz durch die politiſche Polizei eine Verhaftung ſtatt- gefunden, die weitere Folgen haben dürfte. Es handelt ſich dabei um eine rechtsradi- kale Perſönlichkeit, wie es heißt, einen ehemaligen Offizier, der unter dem drin- genden Verdacht ſteht, gegen den Ge- neral Seeckt ein Attentat beab- ſichtigt zu haben. Die Verhaftung konnte vorgenommen werden, nachdem zwei Leute aus dem Kreiſe um Roßbach, die mit an dem Plane zur Ermordung des Generals Seeckt be- teiligt waren, ſich ſelbſt denunzierten. Die Anzeige ging beim Staatskom- miſſar für oeffentliche Sicher- heit ein, der ſofort im Einverſtändnis mit dem Militäroberbefehlshaber die er- forderlichen Schritte unternahm. Der Reichsbankpräſident nach Paris eingeladen * Paris, 15. Jan. Der Sachverſtän- digenausſchuß, der unter dem Vorſitze des Generals Dawes heute vor- und nach- mittag tagte, hat einen vom deutſchen Standpunkt überaus wichtigen Beſchluß gefaßt: Der Reichsbankpräſident Dr. Schacht wurde zur Teilnahme an einer der nächſten Sitzungen eingeladen. Ein vom Sachverſtändigenausſchuß aus- gegebene amtliche Mitteilung über die Sitzung beſagt: In der heutigen Beratung beſchloß der Sachverſtändigenausſchuß, daß ſeine Pro- tokolle vertraulich zu behandeln ſind, daß alle Mitglieder auf Informierung der Preſſe verzichten und daß öffentliche Mitteilungen nur durch den Generalſekre- tär der Konferenz verbreitet werden dürfen. Ein Miniſterrat zum Frankenſturz * Paris 15. Jan. Der unter dem Vorſitze Millerands heute zuſammengetretene fran- zöſiſche Miniſterrat hat beſchloſſen, zur Stützung der franzöſiſchen Währung folgende Vorſchläge der Kammer zu unter- breiten: 1. Unterdrückung aller Steuer- hinterziehungen, 2. äußerſte Sparſamkeit, 3. Vertagung aller Projekte, die neue Ausgaben nötig machen, 4. Vorauszahlung von zwei Zehn- tel der Steuern. Das kunſthiſtoriſche Inſtitut in Florenz Seit dem 6. Oktober vorigen Jahres iſt das deutſche kunſthiſtoriſche Inſtitut in Florenz wieder eröffnet. In dieſen wenigen Monaten hat es be- reits rege Tätigkeit entwickelt. Der kunſtliebende Deutſche, welcher jetzt nach Florenz kommt, wird wieder wie vor dem Kriege ſeine Schritte zum heimatlichen Inſtitut hinlenken, welches heute an bevorzugter Stelle, in dem Gebäudekomplex der Uffizien, untergebracht iſt. Hier wird er alle dem Kunſtfreund wichtigen Hilfs- und Stu- dienmittel finden, eine umfangreiche Bibliothek — die größte dieſer Art in Italien —, eine zirka 30 000 Aufnahmen umfaſſende Photographien- ſammlung, Projektions- und Lichtbildapparate, kurzum das ganze wiſſenſchaftliche Rüſtzeug, wel- ches zur Erforſchung italieniſcher Kunſt nötig iſt. Jede Frage, auch die belangloſeſte, wird von den dortigen akademiſch gebildeten Kunſthiſtorikern beantwortet — zu dieſer Auskunft ſind die Be- amten des Inſtitutes verpflichtet — und dabei er- fährt man gar manches, was dem eiligen Reiſen- den entgeht. Die Leitung des Inſtitutes liegt in den Händen eines jüngeren Kunſthiſtorikers, Dr. Heinrich Bodmer, eines gründlichen Kenners Italiens. Als erſter Aſſiſtent ſteht ihm Dr. Curt Weigelt, der bekannte Biograph Duccios, zur Seite, dem die Sieneſer Akademie vor dem Kriege für ſeine Ver- dienſte um die Erforſchung der Sieneſer Malerei die Ehrung der Mitgliedſchaft zuteil werden ließ. Daneben wirken einige tüchtige jüngere Hilfs- kräfte. In dieſem Jahre ſollen vom Inſtitute aus die während einer Reihe von Jahren ſuſpen- dierten Forſchungen über italieniſche Kunſtge- ſchichte wieder aufgenommen werden, womit Deutſchland auch in Italien wieder in die Reihe der ſelbſtändig forſchenden Länder tritt. Das kunſthiſtoriſche Inſtitut, deſſen Entwicklung in erfreulicher Weiſe nach vorwärts weiſt, war nicht immer in derſelben guten Lage. Bibliothek und Sammlungen ſtanden nach dem Kriege, wie alles deutſche Eigentum in Italien, unter dem Sequeſter der Behörden. Seinen alten Sitz im Palazzo Guadagni an der Piazza S. Spirito, wo- hin mancher Deutſche täglich hinausgewandert, hatte es verloren. Und wie ſollte der deutſche Staat, der ſelbſt für die heimiſchen Bildungs- ſtätten nicht mehr die nötigen finanziellen Mittel aufbringen konnte, in der Lage ſein, für ein Aus- landsinſtitut, auch wenn dasſelbe noch ſo wichtig war, etwas zu tun. Hier iſt Wilhelm von Bode eingeſprungen. Mit einer bewunderns- würdigen Energie hat er, der beinahe 78jährige, ſich für die Sache eingeſetzt, die Verhandlungen mit der italieniſchen Regierung geführt, und ſeiner Tatkraft und diplomatiſchem Geſchick verdanken wir es in erſter Linie, wenn das Florentiner Inſtitut heute wieder lebt und arbeitet. Das In- ſtitut kann heute ruhig der Zukunft entgegenſehen und wir haben alle Urſache, ſeine Tätigkeit auch weiterhin mit Intereſſe zu verfolgen. Eine neue Inſel über Nacht. Nach Meldungen des Dampfers „Chakdina“, der in der Nacht vom 11. zum 12. November von Akyab nach Chittagong und dann wieder zurückfuhr, entdeckte der Kapitän auf der Rückfahrt am Morgen des 14. November an einer Stelle, wo bei der Hinfahrt im Meer noch nicht das geringſte zu ſehen geweſen war, eine neue Inſel. Dieſes über Nacht aufgetauchte Eiland liegt in der Nähe einer Stelle, an der man im Jahre 1914 einen Schlammvulkan entdeckt hatte. Das Schiff fuhr bis auf 8 Kilometer an die neue Inſel heran und ſtellte feſt, daß ſie aus feſtem Fels beſtand. Am nächſten Tage näherte ſich ein anderer Dampfer der Inſel bis auf 4 Kilo- meter, und nach den Angaben der Beobachter war ſie 15 000 Fuß lang, 1000 Fuß breit und 30 Fuß hoch. Die Inſel befindet ſich etwa 10 Kilometer ſüdlich von Baronga Point; ringsherum ſind Ko- rallenriffe, und ſüdlich von der neuen Hauptinſel iſt noch eine kleinere Inſel, die ſich augenſcheinlich von ihr losgelöſt hat, vielleicht aber unter Waſſer noch mit ihr verbunden iſt. Man nimmt an, daß die neue Inſel durch den Ausbruch des bereits früher feſtgeſtellten Vulkans über Nacht entſtan- den iſt. Kleine Nachrichten Auswärts Die Schinkelſche „Zauberflöte“. Nachdem mit bisherigen Mitteln es noch immer nicht gelang, der „Zauberflöte“ eine befriedigende Bühne zu ſchaffen, hat man in Berlin die gute Idee gehabt, auf die berühmten Bühnenbilder Schinkels zurück- zugreifen. Man gab die neue Zauberflöte als Feſtvorſtellung, deren Ertrag den Wohlfahrtskaſ- ſen des Vereines Berliner Preſſe zufließt. Die Inſzenierung ging geſchickt auf den Geiſt Schinkel- ſcher Dekorationskunſt ein, auch die Regie war ſtiliſtiſch angepaßt. So kam endlich — iſt es nicht eigentlich beſchämend? — eine Aufführung zu- ſtande, in der man nicht von Abſurditäten und realiſtiſchem Kleinkram geſtört wird. Die in Ein- heit geſchloſſene Aufführung machte ſtarken Ein- druck und fand dankbaren Beifall. Muſikwiſſenſchaftlicher Kongreß 1924. Zur Feier des 25jährigen Beſtehens der Neuen Schwei- zeriſchen Muſikgeſellſchaft, Orts- gruppe Baſel, wird der diesjährige muſik- wiſſenſchaftliche Kongreß in Baſel, und zwar am 27. und 28. September ſtattfinden. Er wird eine Reihe wichtiger Vorträge ſowie beſondere Konzertveranſtaltungen umfaſſen. (Alle Anfragen ſind zu richten an Dr. W. Merian. Holbeinſtraße 59, Baſel.) München Prinzregententheater. Wegen eines Unfalles des Herrn Ulmer wird Mittwoch, den 16. Januar, an Stelle von „Spielereien einer Kaiſerin“ „Die deutſchen Kleinſtädter“, Donnerstag, den 17. Januar, an Stelle von „Othello“ „Die Kin- der“ gegeben. Die im öffentlichen Verkauf ge- löſten Eintrittskarten bleiben gültig oder können bis ſpäteſtens Beginn der Vorſtellungen an der Kaſſe der Staatstheater zurückgegeben werden. Nationaltheater. In der Aufführung „Der Troubadour“ am Freitag, den 18. Januar fingt Herr Fritz Fitzau vom Friedrich-Theater in Deſſau als Gaſt auf Anſtellung die Partie des „Manrico“. In der gleichen Aufführung ſingt Frl. Marie Schulz-Dornburg vom Stadt- theater in Hannover die Partie der „Azu- zema“. Münchener Kammerſpiele. Karl Valentin und Liſl Karlſtadt wurden für Mittwoch, den 16. und Samstag, den 19. Januar zu einem als Nachtvorſtellung ſtattfindenden Gaſtſpiel in der Valentinſchen Poſſe „Theater in der Vorſtadt“ gewonnen. Beginn 10 Uhr. Walter Braunfels hat die muſikaliſche Leitung ſeiner Oper „Die Vögel“ am Samstag, den 19. Januar, übernommen. Heute Mittwoch, 16. Januar: Odeon (7½): „Eine heitere Soiree in Alt-Wien“. Am kommenden Samstag, den 19. Januar, gelangt die Operette „1001 Nacht“ von Johann Strauß im Münchener Luſtſpielhaus Operettenbühne zur Erſtaufführung. Trotz- dem dieſe Operette ſchon einige Semeſter alt iſt, iſt dieſelbe für München „Novität“. Sonntag, 20. Januar, vormittags 11 Uhr im Volkstheater: Volkstümliche Mor- genaufführung, veranſtaltet vom Neuen Caſino (E. V.). Mitwirkende: Chari Lindis (Tanz), Konzertſängerin Berta Manz, Philipp Braun-Plendl (Violine), Hofopernſänger Auguſt Kleffner (Staats-Oper), und Ludwig Kuſche (Klavier). Karten bei Bauer, im Volkstheater und deſſen Vorverkaufsſtellen. Sonntag, 20. Januar, 7½ Uhr im Odeon: Uraufführung der Legende „Hei- lige Nacht“ von Ludwig Thoma für Soli, Frauenchor, Orgel und Gitarrenchor von Mat- thäus Römer. Leitung: Chriſtian Steg- mann. Ausführende: Friedr. Ulmer (Staats- theater-Sprecher), Martha Schellmann (So- pran), Emmy Wutz (Alt), Dr. Matthäus Rö- mer (Tenor), Dr. Hans Stadler (Baß), Muſikdirektor Joſef Schmid (Orgel), der Steg- mannſche Frauenchor, Gitarriſtiſche Vereinigung München. Karten bei Bauer und Hieben.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-12-19T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 15, 16. Januar 1924, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine15_1924/3>, abgerufen am 21.11.2024.